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Urteilskopf 117 IV 475 83. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Oktober 1991 i.S. G. gegen Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie und Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 18 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 24 lit. f und 25 MSchG ; Art. 13 lit. b aUWG ; Strafbarkeit des Täters nach dem aUWG bei Verjährung der Widerhandlung gegen das MSchG. Art. 18 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 24 lit. f und 25 MSchG ist gegenüber Art. 13 lit. b aUWG lex specialis (E. 1). Nach Eintritt der Verjährung in bezug auf die Widerhandlung gegen das MSchG kann der Täter nach dem aUWG bestraft werden, wobei die mildere Strafe gemäss MSchG nicht überschritten werden darf (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 475 BGE 117 IV 475 S. 475 A.- G. ist verantwortlich für zwei im November 1987 erschienene Zeitschrifteninserate. Darin wurden Uhren in einer Art und Weise angeboten, dass der Leser den Eindruck haben musste, es handle sich um solche schweizerischer Herkunft. In Wirklichkeit stammten die Uhren aus Hongkong. B.- Am 15. Dezember 1989 erklärte die Gerichtskommission Unterrheintal G. der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz BGE 117 IV 475 S. 476 betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen schuldig und verurteilte ihn im Zusatz zu einem Strafbescheid zu einer Busse von 2'000 Franken, bedingt löschbar bei einer Probezeit von einem Jahr. C.- Auf Berufung des G. sprach ihn die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen am 23. Januar 1991 der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb schuldig und verhängte die gleiche Strafe wie die erste Instanz. D.- G. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Das Verhalten des Beschwerdeführers wird erfasst sowohl von Art. 18 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 24 lit. f und 25 des Bundesgesetzes betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen vom 26. September 1890 (MSchG; SR 232.11) als auch von Art. 13 lit. b der zur Tatzeit noch in Kraft stehenden alten Fassung des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb vom 30. September 1943 (aUWG; SR 241). b) Zwischen diesen Strafbestimmungen besteht unechte Konkurrenz. Art. 18 Abs. 3 MSchG in Verbindung mit Art. 24 lit. f und 25 MSchG ist gegenüber Art. 13 lit. b aUWG lex specialis (vgl. BGE 117 IV 46 E. 2c). Soweit ein Schuldspruch nach MSchG erfolgt, scheidet eine Bestrafung nach dem aUWG demnach aus. 2. Das Kantonsgericht ist der Auffassung, der Beschwerdeführer könne wegen der Verletzung des MSchG infolge Eintritts der Verjährung nicht mehr belangt werden. a) Wer Art. 18 Abs. 3 MSchG zuwiderhandelt, wird gemäss Art. 24 lit. f in Verbindung mit Art. 25 MSchG mit einer Geldbusse von 30 bis 2'000 Franken oder mit Gefängnis von drei Tagen bis zu einem Jahr bestraft; gegen Rückfällige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden. Ein Verstoss gegen Art. 18 Abs. 3 MSchG ist somit ein Vergehen ( Art. 9 Abs. 2 StGB ). b) Gemäss Art. 28 Abs. 4 MSchG verjährt die strafrechtliche Klage bei Widerhandlungen gegen das MSchG nach zwei Jahren, vom Tag der letzten Übertretung an gerechnet. Damit regelt das MSchG die relative Verjährungsfrist. Zur Dauer der absoluten BGE 117 IV 475 S. 477 Verjährungsfrist äussert es sich nicht. Wie das Bundesgericht bereits in BGE 84 IV 94 f. E. 2 entschieden hat, ist deshalb gemäss Art. 333 Abs. 1 StGB für die Ermittlung dieser Frist Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 Satz 2 StGB massgebend. Danach tritt die absolute Strafverfolgungsverjährung bei Vergehen ein, wenn die relative Verjährungsfrist um die Hälfte überschritten ist; eine Ausnahme von dieser Regel gilt im Bereich der Vergehen nur bei den Ehrverletzungen. Die absolute Strafverfolgungsverjährung tritt bei Verstössen gegen Art. 18 Abs. 3 MSchG folglich nach drei Jahren ein. Zu Recht ist somit die Vorinstanz davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Fällung ihres Urteils nach den Bestimmungen des MSchG nicht mehr strafbar war. c) Noch nicht verjährt war damals dagegen die Widerhandlung gegen Art. 13 lit. b aUWG . Für diese Tat, die mit Gefängnis oder Busse zu ahnden und demnach ebenfalls ein Vergehen ist, gilt gemäss Art. 333 Abs. 1 StGB die im allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs festgelegte ordentliche Verjährungsfrist von fünf Jahren ( Art. 70 StGB ). Es erhebt sich die Frage, ob der Strafanspruch aus Art. 13 lit. b aUWG wiederauflebt, wenn jener aus dem MSchG infolge Verjährung untergegangen ist. 3. a) Die Gesetzeskonkurrenz entfaltet ihre Wirkungen grundsätzlich nur, wenn mehrere Straftatbestände erfüllt sind und der Täter für deren Verwirklichung bestraft werden kann. Ist die Bestrafung aus dem vorgehenden Gesetz nicht möglich, ist der Täter in der Regel nach dem zurücktretenden zu belangen (vgl. STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, § 19 N 13 ). So konsumiert etwa der bei einem Verkehrsunfall erfüllte Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung ( Art. 125 StGB ) die damit verbundene Verletzung der Verkehrsregeln nur, wenn eine Beurteilung wegen Körperverletzung tatsächlich erfolgt. Ist das nicht der Fall, beispielsweise weil ein Strafantrag fehlt, ist der Täter wegen Verletzung der Verkehrsregeln zur Rechenschaft zu ziehen (vgl. BGE 96 IV 39 ff.; BGE 76 IV 126 f.; BGE 68 IV 86 ). Ebenso verhält es sich, wenn eine Fundunterschlagung gemäss Art. 141 StGB mangels Strafantrags nicht verfolgt werden kann. Hier ist der Täter wegen Nichtanzeigens eines Fundes nach Art. 332 StGB strafbar (vgl. BGE 85 IV 191 f.; BGE 71 IV 93 ). b) Auch insoweit gibt es jedoch Ausnahmen, namentlich beim Vorrang eines milderen Gesetzes. So wäre es offensichtlich verfehlt, eine Tötung auf Verlangen ( Art. 114 StGB ) oder eine Kindestötung ( Art. 116 StGB ) nach Ablauf der bei diesen Vergehen BGE 117 IV 475 S. 478 gegebenen Verjährungsfrist von fünf Jahren als vorsätzliche Tötung ( Art. 111 StGB ), die als Verbrechen nach zehn Jahren verjährt, zu bestrafen. Der Unrechts- bzw. Schuldgehalt ist bei einer Tötung auf Verlangen oder einer Kindestötung im Vergleich zur vorsätzlichen Tötung deutlich geringer. Deshalb sieht das Gesetz für diese Taten einen tieferen Strafrahmen und eine kürzere Verjährungsfrist vor. Die gewollte Besserstellung des Täters würde in Fällen wie hier aufgehoben, wenn er nach Eintritt der Verjährung in bezug auf das mildere Spezialgesetz nach der allgemeinen Bestimmung bestraft werden könnte (vgl. STRATENWERTH, a.a.O., § 19 N 14 ). c) Für eine Widerhandlung gegen Art. 18 Abs. 3 MSchG droht das Gesetz eine mildere Strafe an als für eine solche gegen Art. 13 lit. b aUWG . Der Verstoss gegen das MSchG wird, wie dargelegt, geahndet mit einer Geldbusse von 30 bis 2'000 Franken oder mit Gefängnis von drei Tagen bis zu einem Jahr; gegen Rückfällige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden (Art. 24 lit. f in Verbindung mit 25 MSchG). Eine Verletzung von Art. 13 lit. b aUWG wird demgegenüber auf Antrag von Personen oder Verbänden, die zur Zivilklage berechtigt sind, mit Gefängnis von drei Tagen bis zu drei Jahren ( Art. 36 StGB ) oder mit Busse bis zu 40'000 Franken ( Art. 48 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) bestraft. Daraus, dass das MSchG einen tieferen Strafrahmen vorsieht als das aUWG, folgt jedoch nicht, dass nach Eintritt der Verjährung für die Widerhandlung gegen das MSchG eine Bestrafung nach dem aUWG ausgeschlossen sei. Denn eine Handlung, die nebst dem allgemeinen Tatbestand des aUWG auch den besonderen des MSchG verwirklicht, wiegt weder unter Unrechts- noch unter Schuldgesichtspunkten leichter als eine Tat, die allein unter die Strafbestimmungen des aUWG fällt. Die mildere Strafdrohung und die kürzere Verjährung nach MSchG sind denn auch nicht als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens nach einer Besserstellung des Täters anzusehen; sie sind vielmehr darauf zurückzuführen, dass das MSchG und das aUWG zu verschiedenen Zeiten geschaffen und die entsprechenden Bestimmungen nicht im erforderlichen Mass aufeinander abgestimmt wurden. d) Angesichts dessen steht in Fällen wie hier die Verjährung der Widerhandlung gegen das MSchG einer Bestrafung nach dem aUWG nicht entgegen (ebenso Obergericht Zürich, SMI 1988, S. 233 f. E. 4). Zu beachten ist allerdings die Sperrwirkung des MSchG als milderes Gesetzes. Der Täter darf nach dem aUWG BGE 117 IV 475 S. 479 nicht schwerer als nach dem MSchG bestraft werden. Insoweit wird eine Bundesrechtsverletzung jedoch nicht geltend gemacht. Eine solche ist auch auszuschliessen, da die Vorinstanz das Urteil der Gerichtskommission in bezug auf die Strafe nicht geändert hat.
null
nan
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1,991
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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f8568782-938c-4302-b40a-6720644f84df
Urteilskopf 97 IV 38 11. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 18 février 1971 dans la cause Fromaigeat contre Ministère public du Canton de Berne.
Regeste Fahren in angetrunkenem Zustand. Art. 91 Abs. 1 SVG . Wann kann dem angetrunkenen Fahrer, der sich erst unter dem Einfluss des Alkohols zum Führen eines Motorfahrzeugs entschlossen hat, der bedingte Strafvollzug gewährt werden?
Erwägungen ab Seite 38 BGE 97 IV 38 S. 38 La cour de céans a toujours admis que le sursis pouvait être exceptionnellement accordé, en cas de condamnation fondée sur l'art. 91 al. 1 LCR (auparavant sur l'art. 59 al. 1 LA), lorsque l'auteur ne s'est décidé à prendre le volant que sous l'influence de l'alcool (RO 76 IV 170, 80 IV 13, 88 IV 7, 90 IV 261, 95 IV 51). BGE 97 IV 38 S. 39 Le recourant se prévaut de cette exception. La cour bernoise veut en limiter la portée. A son avis, celui qui se met au volant sous l'effet de l'alcool ne saurait bénéficier automatiquement d'un traitement de faveur en matière de sursis; encore faut-il qu'une circonstance imprévue, ayant un certain caractère de contrainte, l'amène à utiliser son véhicule, ou que son état l'empêche de mesurer les conséquences de ses actes; il ne suffit pas que, par simple fantaisie, il monte dans sa voiture pour faire une tournée de cafés. La cour de céans se rallie à ces motifs. Sans doute a-t-elle jugé qu'on ne pouvait imputer un défaut de caractère à celui qui subit déjà les effets de l'alcool au moment où il se résout à piloter son véhicule. Mais ce principe n'est pas absolu. L'automobiliste qui, après avoir absorbé une petite quantité de boissons alcooliques, décide de faire avec sa voiture une tournée de cabarets ou qui continue de conduire, bien qu'il soit conscient de son alcoolémie, ou encore qui ne se soucie pas des exhortations de tiers témoigne d'un manque d'égards pour autrui qui légitime, même dans le cadre du pronostic d'ensemble à poser conformément à la jurisprudence la plus récente (RO 95 IV 57), une décision négative. Une solution différente entraînerait des abus et favoriserait les conducteurs peu scrupuleux, qui pourraient prendre des dispositions en vue de profiter de l'exception.
null
nan
fr
1,971
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f85ac691-f0d0-499c-9e1c-0cd73af2fc4e
Urteilskopf 107 Ia 107 21. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. September 1981 i.S. Imstepf gegen Kanton Wallis und Verwaltungsgericht des Kantons Wallis (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Erbschafts- und Schenkungssteuer. Muss nach den Umständen angenommen werden, zwischen dem Erblasser und der Vermächtnisnehmerin habe ein Arbeitsverhältnis nach Art. 320 Abs. 2 OR bestanden, so unterliegt ein Vermächtnis, das in Erfüllung einer nachträglichen Lohnzahlungspflicht ausgerichtet wurde nach Walliser Steuerrecht nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 107 Ia 107 S. 107 Am 12. September 1978 verstarb Rudolf Jossen, wohnhaft gewesen in Birgisch/VS. In seinem Testament vom 27. November 1971 hatte er Marie Imstepf für den Fall, dass "Ägerten" verkauft werde und der Kaufpreis von Fr. 85'000.-- eingehe, Fr. 80'000.-- vermacht, und zwar "in erster Linie als Entgelt für ihre 30jährige Mitarbeit im Haushalt und in der Landwirtschaft", und unter der Voraussetzung, dass sie bis zu seinem oder ihrem Tode bei ihm BGE 107 Ia 107 S. 108 bleibe. Für den Fall des Nichtverkaufes des Gutes hatte Rudolf Jossen Marie Imstepf das Landgut "Ägerten" vermacht. Mit Datum vom 21. November 1978 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Wallis für das Vermächtnis von Fr. 80'000.-- eine Erbschafts- und Schenkungssteuer von Fr. 20'000.--. Diese Veranlagung bestritt Marie Imstepf mit der Begründung, es handle sich hier nicht um eine Schenkung, sondern um das Entgelt für rückständigen Lohn. Die Steuerverwaltung anerkannte einen Teilbetrag von Fr. 10'000.-- als Lohn für die vermehrte Hilfe und Pflege während der Krankheit des Erblassers und reduzierte die Veranlagung auf Fr. 17'500.--. Dagegen reichte die Steuerpflichtige bei der kantonalen Steuerrekurskommission eine Beschwerde ein, welche mit Entscheid vom 21. März 1980 abgewiesen wurde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Wallis bestätigte diesen Entscheid am 17. Februar 1981. Der Erblasser und die Steuerpflichtige hätten über 35 Jahre lang miteinander einen gemeinsamen Haushalt geführt. Während all diesen Jahren habe die Steuerpflichtige niemals vom Erblasser ein Entgelt für ihre Arbeit im Haushalt und in der Landwirtschaft verlangt oder erwartet. Sie habe auch nie in ihrer Steuererklärung einen bar- oder Naturallohn deklariert. Daraus habe die Vorinstanz mit Recht geschlossen, dass kein Dientsverhältnis bestanden habe. Die Summe von Fr. 80'000.-- könne deshalb nicht nachträglich als Lohnzahlung anerkannt werden. Für das Nichtbestehen eines Dienstvertrages berief sich das Verwaltungsgericht auf BGE 87 II 164 , BGE 90 II 443 und BGE 95 II 126 . Die Steuerpflichtige führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV . Sie beantragt, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerin rügt, das Verwaltungsgericht habe ganz offensichtlich willkürlich gehandelt und dabei Art. 4 BV verletzt, indem es auf ein Konkubinatsverhältnis geschlossen habe. Im Urteil des Verwaltungsgerichts wird nirgends ausdrücklich von einem Konkubinatsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Erblasser gesprochen. Die Beschwerdeführerin musste aber nach den Umständen annehmen, das Verwaltungsgericht habe seinem Entscheid gleichwohl das Vorliegen eines Konkubinatsverhältnisses zugrunde gelegt, weil es hauptsächlich auf BGE 107 Ia 107 S. 109 BGE 87 II 164 verweist, dem ein Konkubinatsverhältnis zugrunde lag. Im vorliegenden Fall erklärt das Verwaltungsgericht aber in seiner Vernehmlassung selbst, dass nie von einem Konkubinatsverhältnis die Rede war. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass kein Konkubinatsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Erblasser bestand. 2. Die Beschwerdeführerin rügt zudem, das Verwaltungsgericht habe das Testament sowie Art. 112 Abs. 1 lit. c des Steuergesetzes des Kantons Wallis vom 10. März 1976 (StG) willkürlich ausgelegt. Nach Art. 320 Abs. 2 OR gelte ein Arbeitsvertrag als abgeschlossen, wenn die Arbeitsleistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten sei. Dies treffe im vorliegenden Fall zu, denn man arbeite nicht nur für Kost und Logis. a) Nach Art. 112 Abs. 1 lit. c StG unterliegen Leistungen aus einem Dienstverhältnis, sofern sie der Einkommenssteuer unterliegen, nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Damit werden Vermächtnisse privilegiert, die zur nachträglichen Erfüllung einer zu Lebzeiten nicht erfüllten Entgeltzahlungspflicht ausgesetzt werden. Das Verwaltungsgericht hat zwar erkannt, dass die Unterstellung des Vermächtnisses unter diese Bestimmung von der zivilrechtlichen Vorfrage abhängt, ob der Erblasser der Beschwerdeführerin einen Lohn nach Art. 320 Abs. 2 OR schuldete. Es hat jedoch diese Frage ohne vertiefte Abklärung im Lichte von Lehre und Rechtsprechung verneint. b) Massgebend für die Bejahung der Erfüllung einer Lohn- oder Entgeltforderung ist nicht der Umstand, dass der Erblasser als Motiv für sein Vermächtnis die 30jährige Mitarbeit der Beschwerdeführerin angab. Dies kann lediglich ein Indiz dafür sein, welches möglicherweise mit der Bestimmung des Testamentes, dass das Vermächtnis dahingefallen wäre, wenn die Beschwerdeführerin den Erblasser verlassen hätte, abgeschwächt wird. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beschwerdeführerin dann, wenn der Erblasser ihr kein Vermächtnis ausgesetzt hätte, eine Lohnforderung im Sinne von Art. 320 Abs. 2 OR gegen die Erben hätte durchsetzen können. Dies trifft nach Art. 320 Abs. 2 OR dann zu, wenn die Beschwerdeführerin Arbeit im Dienste des Erblassers leistete, die normalerweise nach den Umständen nur gegen Lohn oder mindestens gegen eine allfällige spätere Alterssicherung zu erwarten war. Die Frage, auf welche Umstände es bei der Anwendung von Art. 320 Abs. 2 OR ankommt, beurteilt sich dabei im BGE 107 Ia 107 S. 110 vorliegenden Fall nicht nach BGE 87 II 164 , sondern nach BGE 90 II 443 und 95 II 126. Das Verwaltungsgericht erwähnte zwar diese beiden Entscheide, setzte sich aber mit ihnen nicht näher auseinander. Insbesondere BGE 95 II 131 mit Hinweisen auf OSER/SCHÖNENBERGER (N. 3 bis 6 zu Art. 320 OR ) und VON TUHR (§ 21 Ziff. 7) geben klare Auskunft über Sinn und Tragweite von Art. 320 Abs. 2 OR . Das Bundesgericht hat dazu ausgeführt: "L'art. 320 al. 2 CO permet d'apporter, en équité, un tempérament à la rigueur de la situation de celui qui n'a pas réclamé de salaire parce qu'il comptait être rétribué ultérieurement d'une autre manière et qui voit déçue cette attente légitime à la suite d'un événement imprévu ... ; ... peu importe que les parties aient en fait renoncé momentanément de part et d'autre à une rémunération. Il faut et il suffit, pour que le salaire soit dû, qu'il s'agisse d'un travail qui, selon les circonstances objectives, devait normalement être rétribué" ( BGE 95 II 131 /2; Praxis 1969 S. 510). Die neuere Lehre hat diese Rechtsprechung durchaus gebilligt; sie hat höchstens angenommen, sie sei noch zu engherzig. So wird etwa geschrieben: "Der Umstand, dass in unserer Zeit Arbeit, wenn nicht besondere Verhältnisse vorliegen, in der Regel nur in Erwartung des Lohnes geleistet wird, spricht im Zweifel für die Anwendung von Art. 320 Abs. 2 OR . Letztlich soll das Prinzip, dass jede Arbeit ihren Lohn wert ist, verwirklicht und die Ausnützung einer Arbeitskraft unterbunden werden" (VISCHER, Der Arbeitsvertrag, in Schweiz. Privatrecht Bd. VII/1, S. 326). Art. 320 Abs. 2 OR soll also gerade auch bei der Erbteilung zum Zuge kommen, wenn der Erblasser sein ganzes Vermögen seinen gesetzlichen oder eingesetzten Erben zukommen lässt, und die Person, die ihm Jahre lang treue Dienste geleistet hat, ohne einen Barlohn zu beziehen, leer ausgehen lässt. Im vorliegenden Fall wäre es im höchsten Masse stossend, wenn das ganze Reinvermögen an Bruder, Schwester und weitere Erben des elterlichen Stammes gegangen wären, ohne dass die Beschwerdeführerin etwas erhalten hätte. c) Weil zwischen der Beschwerdeführerin und dem Erblasser ein Dienstverhältnis im Sinne von Art. 320 Abs. 2 OR bestand, unterliegt das Vermächtnis des Erblassers nach Art. 112 Abs. 1 lit. c StG nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Auch die steuerrechtliche Literatur anerkennt, dass dann, wenn das Vermächtnis als Erfüllung einer Lohnschuld anzusehen ist, die Zuwendung der Einkommenssteuer und nicht der Erbschaftssteuer untersteht; ebenso anerkennt sie, dass Vermächtnisse zur Erfüllung BGE 107 Ia 107 S. 111 einer Naturalobligation nicht unter die Erbschaftssteuer fallen (SIEVEKING, La nature et l'objet de l'impôt sur les successions en Suisse, Thèse Lausanne 1970, S. 44). Weiter wird erklärt, es sei stossend, wenn man den Arbeitnehmer bei derartigen Vermächtnissen in die schärfste Progressionsklasse verweise. Es müsse streng auf die Causa abgestellt werden; wenn die Zuwendung gesamthaft als nachträgliche Anerkennung für geleistete Dienste zu werten sei, stehe die Leistung von der Causa her der Gratifikation oder der Kapitalabfindung näher als den Vermächtnissen; neben der Einkommenssteuer seien gegebenenfalls auch die Sozialabgaben zu bezahlen (BÖCKLI, Indirekte Steuern und Lenkungssteuern, 1975, S. 365). Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Es ist deshalb nicht entscheidend, dass die Beschwerdeführerin selber nie einen Naturallohn deklariert und sich gegenüber den Steuerbehörden bisher nicht als Arbeitgeberin des Erblassers bekannt hatte. Zwar darf eine solche Steuererklärung von den Steuerbehörden als Hinweis gewertet werden, wonach vom Steuerpflichtigen bezogene Bar- und Naturalleistungen nicht im Rahmen eines Arbeitsvertrags vereinbart wurden und auch nicht Gegenleistungen für Dienste darstellen, welche nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten sind ( Art. 320 Abs. 2 OR ), so etwa wenn sie in einem familienrechtlichen Verhältnis (oder nach der Praxis von BGE 87 II 164 in einem Konkubinat) geleistet wurden. Im Falle der Beschwerdeführerin durfte sich die Veranlagungsbehörde auf ihre Steuererklärung nicht verlassen. Auch die Steuerbehörden haben, wenn die objektiven Voraussetzungen des Art. 320 Abs. 2 OR gegeben sind, vom gesetzlichen Bestehen eines Arbeitsvertrags und von dem daraus folgenden gesetzlichen Lohnanspruch (VISCHER, a.a.O., S. 326) auszugehen. d) Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die von der Lehre gebilligte Rechtsprechung des Bundesgerichts im vorliegenden Falle davon absehe, Art. 320 Abs. 2 OR zum Zuge kommen zu lassen. Diese These ist angesichts der klaren Äusserungen in der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur schlechthin unhaltbar und muss als willkürlich qualifiziert werden. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichtes aufzuheben. e) Die Frage, ob und wieweit die Beschwerdeführerin noch für Einkommenssteuern und Sozialabgaben früherer Jahre belangt werden kann, muss in diesem Verfahren nicht geprüft werden. BGE 107 Ia 107 S. 112 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Wallis vom 17. Februar 1981 wird aufgehoben.
public_law
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
f85d9dce-b96e-4a73-b592-2154c57176ea
Urteilskopf 92 II 82 14. Arrêt de la IIe Cour civile du 7 juillet 1966 dans la cause F. contre M. et A. P.
Regeste Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen. Gerichtsstand in internationaler Beziehung. Weder das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht noch das Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern (AS 1964 S. 1277 ff.) enthalten Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit, welche dem internen Recht der Vertragsstaaten vorgingen.
Sachverhalt ab Seite 82 BGE 92 II 82 S. 82 A.- M. P. de nationalité italienne, née le 6 mars 1937, a pris domicile à Fribourg au mois d'avril 1963. Elle travaille comme employée de maison dans cette ville, où elle a conservé son domicile. Le 12 août 1964, dlle P. a mis au monde, à Fribourg, un BGE 92 II 82 S. 83 enfant du sexe masculin, auquel on a donné le prénom d'A. Elle a attribué la paternité de cet enfant à B. F. de nationalité française, né le 20 juin 1938, qui a travaillé à Fribourg jusqu'au 23 décembre 1964. F. a quitté Fribourg pour rentrer en France. Dlle P. a conduit son enfant en Italie à Noël 1964. Elle l'a confié à sa mère qui l'élève. L'enfant a sa résidence habituelle en Italie, où sa grand-mère maternelle est domiciliée. B.- Par demande du 22 février 1965, M. P. et son enfant A. au nom duquel agit son curateur, le tuteur général de la ville de Fribourg, ont introduit une action contre B. F. devant le Tribunal civil de l'arrondissement de la Sarine, à Fribourg. Se fondant sur l'art. 317 CC, la mère a réclamé le paiement de ses frais de couches et d'hospitalisation durant la grossesse, de ses dépenses de layette et d'une indemnité pour son entretien quatre semaines avant et quatre semaines après la naissance, au total 1817 fr. 50. Quant à l'enfant, il a requis une pension alimentaire en vertu de l'art. 319 CC, savoir 100 fr. par mois de sa naissance à l'âge de six ans révolus, puis 130 fr. par mois jusqu'à douze ans révolus et 160 fr. par mois jusqu'à dix-huit ans révolus. Les demandeurs, domiciliés à Fribourg lors de la naissance de l'enfant, fondaient la compétence du tribunal saisi sur l'art. 312 al. 1 CC et la jurisprudence du Tribunal fédéral; ils se référaient en particulier aux arrêts publiés au RO 84 II 605 consid. 2, 85 II 319 consid. 1 et 89 II 113 ss. Dans sa réponse du 24 mars 1965, le défendeur a décliné la compétence ratione loci du Tribunal civil de l'arrondissement de la Sarine. Il invoquait les conventions de La Haye du 24 octobre 1956 sur la loi applicable aux obligations alimentaires envers les enfants (en abrégé: convention sur la loi applicable) et du 15 avril 1958, concernant la reconnaissance et l'exécution des décisions en matière d'obligations alimentaires envers les enfants (en abrégé: convention sur la reconnaissance). A son avis, ces conventions, auxquelles la Suisse a adhéré, excluent le for du domicile de la partie demanderesse au temps de la naissance. Statuant le 14 octobre 1965, le Tribunal civil de l'arrondissement de la Sarine a rejeté l'exception d'incompétence soulevée par le défendeur. Par arrêt du 7 février 1966, la Cour civile du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg a rejeté le recours de F. et confirmé le jugement sur déclinatoire. BGE 92 II 82 S. 84 C.- Contre cet arrêt, F. recourt en réforme au Tribunal fédéral. Il conclut derechef à l'incompétence du Tribunal civil de l'arrondissement de la Sarine. Les intimés M. et A. P. concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. -...(recevabilité). 2. Dans les conventions et les traités conclus par la Suisse au sujet de la compétence judiciaire, la reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers, on distingue deux catégories (GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, p. 118 ss). a) Il y a des accords qui délimitent la compétence juridictionnelle respective des Etats contractants, si ce n'est d'une façon générale du moins pour certaines actions déterminées. Les règles de for instituées par le traité remplacent alors les dispositions du droit interne de chaque Etat contractant. Le traité doit être appliqué par le juge appelé à connaître d'un procès qui entre dans le domaine visé. S'il n'est pas compétent au regard des dispositions conventionnelles, le tribunal saisi d'une action ne peut entrer en matière. S'il est compétent, le jugement qu'il rendra quant au fond sera reconnu et exécuté dans l'autre Etat contractant. b) D'autres conventions ou traités ont seulement pour objet la reconnaissance et l'exécution des jugements; ils déterminent les conditions auxquelles les jugements rendus par les tribunaux d'un Etat seront reconnus et exécutés dans l'autre Etat. Ces accords n'établissent pas de règles de compétence judiciaire communes aux Etats contractants, qui primeraient les dispositions de leur droit interne en ce domaine. Les Etats contractants demeurent libres de régler le for comme ils l'entendent. Leurs tribunaux décideront à la lumière du droit interne, lorsqu'ils sont saisis d'une action, s'ils entrent en matière ou s'ils déclinent leur compétence. D'autre part, chaque Etat contractant ne s'oblige pas à reconnaître et à exécuter tout jugement rendu dans l'autre Etat, mais seulement les décisions qui remplissent les conditions prévues par le traité. L'une de ces conditions est que le jugement dont l'exécution est requise ait été rendu par un tribunal compétent au regard de la convention. Mais les règles de compétence instituées par le traité n'ont pas une portée plus étendue. Elles n'empêchent BGE 92 II 82 S. 85 en aucune manière un tribunal incompétent selon le traité de se saisir d'une action et de statuer quant au fond, s'il est compétent en vertu du droit interne. La seule conséquence de son incompétence au regard du traité sera que le jugement ne pourra pas être exécuté dans l'autre Etat contractant. Parmi les conventions bilatérales conclues par la Suisse au sujet de la reconnaissance et de l'exécution des décisions judiciaires, celle qui a été passée avec la France en 1869 institue en outre des règles de compétence communes aux deux Etats; les autres, passées en 1896 avec l'Espagne, en 1926 avec la Tchécoslovaquie, en 1927 avec l'Autriche (remplacée en 1960 par une nouvelle convention), en 1929 avec l'Allemagne, en 1933 avec l'Italie, en 1936 avec la Suède et en 1959 avec la Belgique, font abstraction de toutes normes communes de juridiction (cf. Message du Conseil fédéral du 31 juillet 1959 concernant la convention belgo-suisse, FF 1959 II p. 302; au sujet de la convention italo-suisse, cf. RO 88 II 10 et 84 II 63). 3. La convention de La Haye sur l'exécution vise, selon son préambule, à "établir des dispositions communes pour régler la reconnaissance et l'exécution des décisions en matière d'obligations alimentaires envers les enfants" (ROLF 1964 p. 1290). L'art. 1er dispose qu'elle "a pour objet d'assurer la reconnaissance et l'exécution réciproques, par les Etats contractants, des décisions rendues à l'occasion de demandes, à caractère national ou interne, portant sur la réclamation d'aliments par un enfant légitime, non légitime ou adoptif, non marié et âgé de moins de 21 ans accomplis". L'art. 2 détermine les conditions auxquelles "les décisions rendues en matière d'aliments dans un des Etats contractants devront être reconnues et déclarées exécutoires, sans révision au fond, dans les autres Etats contractants". Le ch. 1er du même article exige, en particulier, que l'autorité qui a statué - c'est-à-dire accueilli la demande d'aliments de l'enfant - soit compétente en vertu de la convention. Les règles de compétence sont énoncées à l'art. 3, qui a la teneur suivante: "Aux termes de la présente Convention, sont compétentes pour rendre des décisions en matière d'aliments...: 1. Les autorités de l'Etat sur le territoire duquel le débiteur d'aliments avait sa résidence habituelle au moment où l'instance a été introduite; BGE 92 II 82 S. 86 2. Les autorités de l'Etat sur le territoire duquel le créancier d'aliments avait sa résidence habituelle au moment où l'instance a été introduite; 3. L'autorité à la compétence de laquelle le débiteur d'aliments s'est soumis soit expressément, soit en s'expliquant sur le fond sans réserves touchant la compétence." De ces textes, il résulte sans conteste que la convention sur l'exécution relève de la seconde catégorie, définie au consid. 2 lettre b) ci-dessus. Elle n'institue pas des règles de compétence juridictionnelle communes aux Etats contractants, qui primeraient leurs dispositions internes sur le for. Elle ne traite de la compétence que dans la mesure où celle-ci est une condition de la reconnaissance et de l'exécution d'une décision par les autres Etats contractants. Le Conseil fédéral l'a du reste précisé en termes exprès dans son message du 9 mars 1964 concernant l'approbation des deux conventions de La Haye. On y lit en effet: "La convention étant uniquement une convention d'exécution, elle ne traite de la compétence des autorités que pour indiquer les cas où cette compétence doit être reconnue par les autres Etats contractants" (FF 1964 I p. 523). Quant à la convention sur la loi applicable, elle se borne à établir, selon son préambule, "des dispositions communes concernant la loi applicable aux obligations alimentaires envers les enfants" (ROLF 1964 p. 1287). L'art. 1er al. 1 pose la règle selon laquelle "la loi de la résidence habituelle de l'enfant détermine si, dans quelle mesure et à qui l'enfant peut réclamer des aliments". D'autres dispositions prévoient des dérogations. Aucune d'elles ne traite de la compétence juridictionnelle des autorités des Etats contractants. La Cour cantonale a dès lors admis avec raison que ni l'une ni l'autre des deux conventions conclues à La Haye ne faisait échec à la règle de l'art. 312 al. 1 CC qui fixe le for de l'action en recherche de paternité au domicile de la partie demanderesse au temps de la naissance. 4. Les arguments invoqués à l'appui du recours ne sauraient infirmer cette conclusion. a) L'art. 3 de la convention sur l'exécution détermine uniquement la compétence des autorités en tant qu'elle est érigée en une condition de la reconnaissance et de l'exécution des décisions par les autres Etats contractants. Comme on l'a vu, une pareille disposition n'institue pas une règle commune BGE 92 II 82 S. 87 sur le for, qui l'emporterait sur les dispositions du droit interne. Elle n'empêche en aucune manière le juge compétent en vertu du droit interne de statuer sur la demande dont il a été saisi. b) En adhérant à la convention sur l'exécution, un Etat ne s'oblige pas à renoncer à l'application des règles du droit interne sur le for. Il s'engage seulement à reconnaître et exécuter les décisions rendues dans les autres Etats contractants qui remplissent les conditions prévues dans l'accord, notamment la condition relative à la compétence. Contrairement à l'avis du recourant, on ne saurait tirer aucun argument contraire du passage dans lequel le Conseil fédéral déclare qu'en dépit des retenues manifestées par certains Etats, il est judicieux d'admettre le for de la résidence habituelle du demandeur au moment où l'instance a été introduite, prévu à l'art. 3 ch. 2 de la convention sur l'exécution (FF 1964 I p. 523). c) Peu importe, quant à la nature de la convention, qu'elle s'applique à tous les jugements rendus en matière civile ou commerciale, comme les accords bilatéraux cités plus haut, ou seulement aux décisions concernant une matière déterminée, comme les deux conventions de La Haye. d) En dépit de l'avis contraire du recourant, il n'y a rien de choquant à ce qu'un enfant italien, résidant en Italie au moment de l'introduction de l'instance, ouvre une action en paternité seul ou conjointement avec la mère, devant le juge suisse du lieu où il avait son domicile au temps de sa naissance, sur la base de l'art. 312 al. 1 CC, contre un Italien habitant l'Italie ou un Français domicilié en France: si le demandeur préfère agir en Suisse, pour des motifs qui lui sont propres et sur lesquels le juge du lieu du domicile au temps de la naissance n'a pas à exercer de censure, ce juge ne saurait refuser de se saisir, quand bien même son jugement ne serait pas susceptible d'être exécuté à l'étranger. Comme le Tribunal fédéral l'a jugé (RO 77 II 122, 79 II 350, 82 II 575/576), en l'absence d'une disposition du droit suisse subordonnant la compétence du juge suisse à la reconnaissance du jugement par la loi ou la jurisprudence étrangères, le juge suisse compétent en vertu du droit suisse n'a pas à s'occuper de la question de savoir si le jugement sera ou non susceptible d'exécution à l'étranger. Il n'y a aucun motif de revenir sur cette jurisprudence. Le juge suisse ne saurait décliner sa compétence, au mépris du BGE 92 II 82 S. 88 droit interne en vigueur, afin d'obliger le demandeur à agir devant une autorité dont la décision serait susceptible d'exécution même à l'étranger. Et le recourant, défendeur à l'action, est fort mal placé pour se préoccuper de l'intérêt des parties demanderesses. Il le reconnaît du reste. e) Assurément, ni la convention sur la loi applicable, ni la convention sur l'exécution ne concernent l'action de la mère. Cette action relève indubitablement de la juridiction compétente en vertu de l'art. 312 al. 1 CC et le droit suisse lui est applicable (RO 84 II 605 ss.). Quant à l'action de l'enfant, le recourant affirme qu'elle est soumise au droit italien en vertu de l'art. 1er de la convention sur la loi applicable, du moment que l'intimé A. P. a sa résidence habituelle en Italie. Il déplore cette dualité et souligne le risque de deux jugements contradictoires. Il en déduit qu'il serait opportun de renvoyer l'enfant à agir en Italie ou en France. Point n'est besoin de rechercher, en l'état de la cause, quel est le droit applicable à l'action de l'enfant A. P. Supposé que ce soit la loi italienne, le juge suisse rendra son jugement au fond en appliquant cette loi, tandis que l'action de la mère demeurera soumise au droit suisse. La question du droit applicable n'exerce aucune influence sur la détermination de la compétence. De même, le risque de solutions différentes données à l'action de l'enfant et à celle de la mère est dépourvu de pertinence à cet égard. f) Le recourant estime que l'action de la mère tendant à l'allocation des prestations visées à l'art. 317 CC est accessoire par rapport à celle de l'enfant qui réclame une pension alimentaire en vertu de l'art. 319 CC. Il se trompe. Les deux actions sont indépendantes, quand bien même elles reposent l'une et l'autre sur le même fondement, qui est la paternité du défendeur. Rien n'empêche la mère de rechercher le père présumé si l'enfant y renonce, et vice-versa (EGGER, n. 10 ad art. 307 CC). L'incompétence du juge saisi de l'action de l'enfant, fût-elle admise, n'entraînerait donc pas nécessairement son incompétence pour statuer sur la demande de la mère. 5. -...(domicile des intimés à Fribourg lors de la naissance). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,966
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f85f871f-11d8-4c70-a340-167dcc1a8ffc
Urteilskopf 98 V 270 68. Auszug aus dem Urteil vom 13. Dezember 1972 i.S. Hochrainer gegen Ausgleichskasse des Kantons Aargau und Obergericht des Kantons Aargau
Regeste Medizinische Massnahmen wegen Geburtsgebrechen ( Art. 13 IVG ): Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches auf Behandlung ( Art. 4 Abs. 2 IVG und Art. 22 Abs. 2 des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und Österreich).
Erwägungen ab Seite 270 BGE 98 V 270 S. 270 Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 22 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über Soziale Sicherheit erhalten minderjährige Kinder österreichischer Staatsbürgerschaft unter anderem dann Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invalidenversicherung, wenn sie in der Schweiz ihren Wohnsitz haben und sich unmittelbar, bevor diese Massnahmen in Betracht kommen - bzw. die Invalidität eingetreten ist (vgl. dazu EVGE 1969 S. 223 f. Erw. 2, ZAK 1972 S. 671) -, ununterbrochen während mindestens eines Jahres dort aufgehalten haben. 2. Laut Art. 4 Abs. 2 IVG gilt die Invalidität als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat. Dieser Zeitpunkt hängt einzig vom Zustand des Versicherten ab; zufällige externe Faktoren sind dabei unerheblich (EVGE 1969 S. 224 Erw. 3). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers beurteilt sich die Frage des Eintritts der Invalidität auch nicht nach dem Zeitpunkt, in dem eine Anmeldung eingereicht oder von dem an eine Leistung gefordert wird. Nach der Verwaltungspraxis (Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit, Rz. 46), welche auf EVGE 1966 S. 175 beruht, gilt bei einem minderjährigen Versicherten, der an einem BGE 98 V 270 S. 271 Geburtsgebrechen leidet, die Invalidität dann als eingetreten, wenn das festgestellte Gebrechen eine medizinische Behandlung oder eine ständige Kontrolle erstmals notwendig macht. Dieser Grundsatz ist in dem Sinne zu präzisieren, dass die erstmalige Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung oder einer ständigen Kontrolle in dem Zeitpunkt gegeben ist, in welchem die Behandlungs- oder Kontrollbedürftigkeit beginnt und keine Gegenindikation besteht. 3. Im vorliegenden Fall stellte Dr. S. am 1./8. September 1971 die Behandlungsbedürftigkeit der Geburtsgebrechen (Leistenhernie und Kryptorchismus) des im August 1970 in Österreich geborenen Versicherten fest. Nach den Ausführungen des Bundesamtes für Sozialversicherung, auf die abzustellen ist, kann einerseits eine Hernie in jedem Lebensalter operiert werden, auch wenn der Eingriff üblicherweise erst nach Vollendung des 1. Lebensjahres vorgenommen wird. Anderseits ergeben sich aus den Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte, welche zwingend auf eine Gegenindikation schliessen liessen. Weil der Versicherte am 1. November 1970 in die Schweiz einreiste, waren im Zeitpunkt der Behandlungsbedürftigkeit die versicherungsmässigen Voraussetzungen nach den zutreffenden Feststellungen von Verwaltung und Vorinstanz nicht erfüllt. Bei diesem Ausgang des Verfahrens kann offen bleiben, ob die Behandlungsbedürftigkeit bereits seit der Geburt des Versicherten bestanden hatte. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
f862c821-73d2-4318-8951-8a858538c888
Urteilskopf 126 IV 165 27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Oktober 2000 i. S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 146 Abs. 1 StGB , Art. 513 Abs. 1 und Art. 514 Abs. 2 OR ; Betrug bei einem Fernsehquiz, Arglist, Vermögensschaden, Vorsatz. Arglist in der Form besonderer Machenschaften bejaht bei einem Täter, der umfangreiche Vorkehren getroffen hat, um vor der Sendung Kenntnis von den gestellten Fragen und Antworten zu erhalten. Opfermitverantwortung verneint (E. 2). Frage offen gelassen, ob es sich bei der Sendung um ein Spiel im Sinne des Obligationenrechtes handelt, da auch diesfalls der Veranstalter einen zivilrechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils hätte und damit ein Vermögensschaden gegeben wäre (E. 3). Hält der Täter einen Gewinn für möglich und will er ihn für den Fall, dass er eintreten sollte, ist Vorsatz gegeben (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 126 IV 165 S. 166 A.- Mit Anklageschrift vom 30. September 1998 warf die Bezirksanwaltschaft Zürich X. vor, sich in Mittäterschaft mit Y. und Z. des Betrugs bzw. des Versuchs dazu schuldig gemacht zu haben; dies gestützt auf folgenden Sachverhalt: I. Sendung "Risiko" vom 22. April 1996 1. Mitte 1995 bewarb sich Y. als Kandidat für die Sendung "Risiko" des Schweizer Fernsehens DRS (SF DRS) in Zürich-Leutschenbach. Er wurde im Dezember 1995 von der Redaktion "Risiko" als Kandidat für die Sendung vom 22. April 1996 zugelassen, wobei er sich gleichzeitig unterschriftlich zur Einhaltung des Spielreglementes "Risiko" (Ausgabe September 1995) verpflichtete. Am 1. April 1996 nahm er als Testkandidat an der Generalprobe für die abendliche Live-Sendung "Risiko" teil. Dabei stellte er fest, dass in der Generalprobe von ca. 17.00-18.00 Uhr mit den Probekandidaten jeweils die gleichen Fragen und Antworten verwendet wurden wie in der abendlichen Live-Sendung ab 20.00 Uhr mit den richtigen Teilnehmern. 2. Zirka eine Woche nach der Generalprobe vom 1. April 1996 beschlossen X. und die beiden Mittäter, die Verantwortlichen der Sendung "Risiko" zu täuschen, um die Sendung vom 22. April 1996 zu manipulieren. Sie entschlossen sich, mit einem Kniff zu spielen, um den Spielverlauf und -ausgang zu ihren Gunsten zu bestimmen, die Gewinnchancen der beiden Mitkandidaten weitestgehend zu beschneiden und einen in der Höhe noch unbestimmten, aber möglichst hohen Spielgewinn zu erlangen, von welchem X. und Z. einen Anteil von zirka 10-20 Prozent und Y. den Rest erhalten sollten. Sie fassten den Plan, X. und Z. in die Generalprobe vom 22. April 1996 einzuschleusen, um so die Lösungen für die Live-Sendung in Erfahrung zu bringen und diese anschliessend Y. heimlich und unter gezielter Ausnützung einer von ihnen ausgeforschten Lücke im Sicherheitsdispositiv von SF DRS zu übermitteln. Das Sicherheits- und Betreuungskonzept der Sendung "Risiko" hatte einerseits den Sicherheitsaspekten und anderseits den besonderen technischen Voraussetzungen einer Live-Sendung Rechnung zu tragen, aber auch zu berücksichtigen, dass die Intimsphäre der Kandidaten gewahrt und eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens aufgebaut werden musste, damit die TV-unerfahrenen Kandidaten adäquat auf ihren Live-Auftritt vorbereitet werden konnten und nicht völlig verunsichert vor der Kamera auftraten. Dieses Konzept sah vor, dass die Kandidaten ab Betreten des Geländes von SF DRS dauernd abgeschirmt und von Mitarbeitern der Sendung "Risiko" begleitet und beaufsichtigt werden, ausser beim Besuch der Toilette und beim Umziehen in der (persönlichen) Garderobe. 3. Die drei Mittäter wussten, dass in den Runden 1-3, in welchen zehn Wissensfragen zu beantworten sind, mit Kenntnis der Lösungen und Setzen der Höchstbeträge (Fr. 1'000.-) bei einem Maximalgewinn von Fr. 14'500.- mit Sicherheit ein Gewinn von mindestens Fr. 11'000.- BGE 126 IV 165 S. 167 erzielt werden konnte (Fr. 2'000.- Startkapital + 10 x Fr. 1'000.- + Fr. 1'000.- Jokereinsatz abzüglich Fr. 1'500.- Maximalverlust [sich ergebend aus den aleatorischen Elementen "Kugelspiel" Fr. 500.- und "Musiktip" Fr. 1'000.-]). Sie wussten, dass damit auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Einzug in die Finalrunde erreicht werden konnte, an welcher die beiden Kandidaten mit den höchsten Gewinnen teilnehmen können. Weiter war ihnen klar, dass in der Finalrunde, welche ein Wissenselement (6 Fragen) und ein aleatorisches Element (sog. "Gold-Rad") enthält, aufgrund des von Y. in diesem Zeitpunkt bereits erspielten sehr hohen Kapitals und des Wissensvorsprunges auf den noch verbleibenden Gegenkandidaten bei geschicktem, kalkuliertem Verhalten (d.h. nötigenfalls entweder gezielte Falschbeantwortung von Fragen, um nicht am "Gold-Rad" spielen zu müssen, oder Setzen von kleinen Beträgen am "Gold-Rad", um allfällige Zufallsverluste in vertretbarem Ausmass zu halten) mit grosser Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen war, dass der andere Finalist keine Chance haben und ausscheiden würde. Sie rechneten aufgrund dieser Umstände damit, dass Y. als Gesamtsieger der Sendung an der sog. "Risiko-Tafel" (aleatorischer Faktor) würde spielen können. An der "Risiko-Tafel" besteht eine objektive Wahrscheinlichkeit von 12,5% für die Aufdeckung des optimalsten Faktors (x 10), von 81,2% für eine positive Wahrscheinlichkeit und von ca. 60% für eine höhere Auszahlung als der Betrag, welcher gesetzt bzw. bis dahin erspielt wurde. 4. Einige Tage vor der Live-Sendung vom 22. April 1996 führte die Präsentatorin A. das übliche und vorgesehene Telefongespräch mit Y., um ein Vertrauensverhältnis zum Kandidaten aufzubauen und mit diesem nochmals den genauen Ablauf des TV-Quiz und die Spielregeln zu erörtern. 5. Dem Plan entsprechend telefonierte X. mit Frau B. von der Redaktion "Risiko" und verschaffte sich und dem namentlich nicht genannten Z. unter dem Vorwand, sie seien medieninteressierte Personen und würden gerne die Generalprobe der Sendung "Risiko" vom 22. April 1996 mitverfolgen, um einmal hinter die Kulissen von SF DRS zu sehen, Zugang als Gäste dieser Generalprobe. Z. und X. merkten sich während der Generalprobe die zu den Fragen gehörenden Lösungen und schrieben diese unmittelbar nach der Sendung heimlich auf zwei Zettel auf. Einen Kassiber deponierten sie im vereinbarten und von Y. erkundeten Versteck auf dem WC in unmittelbarer Nähe der Betriebskantine von SF DRS, in welcher die Kandidaten jeweils vor der Sendung gemeinsam speisen. Einen zweiten (Reserve-)Zettel hinterlegten sie im auf dem Besucherparkplatz abgestellten Auto von Y. für den Fall, dass dieser aus irgendeinem Grunde nicht auf den Kassiber im WC würde zugreifen können und sich unter einem Vorwand zu seinem Auto begeben müsste. Y. holte in der Folge plangemäss den Kassiber im WC und lernte die Lösungen vor seinem Live-Auftritt in der ihm in seiner (Einzel-)Garderobe zur Verfügung stehenden Zeit auswendig. 6. Anschliessend nahm Y. zusammen mit zwei anderen Kandidaten um 20.00 Uhr an der Live-Sendung vom 22. April 1996 teil. Während seines BGE 126 IV 165 S. 168 Auftritts verwendete er die ihm bekannten Lösungen gegenüber der Präsentatorin A. Wie es X. und die beiden Mittäter erwartet und beabsichtigt hatten, ging Y. aufgrund seines Wissensvorsprungs als bester Kandidat aus den Runden 1-3 hervor und konnte an der Finalrunde teilnehmen. Erwartungsgemäss ging er ebenfalls aus der Finalrunde als Sieger hervor und wies schliesslich einen Gewinn von Fr. 9'700.- auf. An der "Risiko-Tafel" erzielte Y. den Faktor "+5" und erhielt so von A. schliesslich einen Gesamtbetrag von Fr. 9'705.- zugesprochen. Y. gab sich während der Sendung gegenüber A. als normaler, lauterer Kandidat aus und verheimlichte dabei die Tatsache, dass er sich spielreglementswidrig und unter Verstoss gegen das Prinzip des "Fairplay", auf welchem das TV-Quiz beruht und welches auch die Grundlage des schriftlichen Spielreglementes bildet, die Lösungen verschafft hatte und beabsichtigte, die Sendung derart zu seinen Gunsten zu manipulieren, dass die beiden Mitkonkurrenten faktisch chancenlos waren. Indem er vor, während und nach der Live-Sendung die Rolle des scheinbar normalen und regelkonform handelnden Kandidaten spielte, sich die - ihm scheinbar unbekannten - Fragen von A. stellen liess, überlegte und die Fragen dann - scheinbar ausschliesslich aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten bzw. seines "normalen" Wissens - beantwortete, behauptete er stillschweigend, dass er die Lösungen nicht im Voraus kannte, und täuschte dadurch die Ordnungsmässigkeit des Spieles vor. Aufgrund des Gesamtverhaltens von Y. durfte und musste A. annehmen, dass er redlich und ohne spielwidrig erlangte Vorkenntnisse bzw. ohne Anwendung von Kniffen am Quiz teilnahm. Durch sein konkludentes Verhalten vor, während und nach der Sendung erweckte er bei A. den falschen Eindruck, dass er - wie die anderen beiden Kandidaten - keinerlei Kenntnisse von den gestellten Fragen bzw. den Lösungen hatte und auf lautere Art und Weise gewann, weil er einfach ein ausserordentlich "guter" Kandidat sei. Diesen Irrtum von A. über die Tatsache, dass er die Lösungen für die Fragen vorgängig heimlich und unter Umgehung des Sicherheitsdispositives beschafft hatte, also unfair spielte und sich so einen positiven Spielausgang und einen finanziellen Gewinn gesichert hatte, unterhielt und festigte er während der Sendung fortlaufend durch ein bewusst unauffälliges und geschicktes Auftreten, indem er zum Beispiel einzelne Fragen absichtlich falsch beantwortete, damit A. keinen Verdacht schöpfte. 7. Dabei sahen X. und die beiden Mittäter voraus und rechneten damit, dass A. vor, während und nach der Live-Sendung bei dieser Vorgehensweise nicht in der Lage sein würde, diesen derart verheimlichten Umstand (Vorhandensein unlauterer Kniffe bzw. bestehende Kenntnis der Lösungen) zu überprüfen bzw. zu erkennen und auf die raffiniert, planmässig und systematisch inszenierten Machenschaften aufmerksam zu werden. 8. Tatsächlich hegte A. keine Zweifel und wurde durch das gesamte Verhalten von Y. dazu bewogen, diesem schliesslich als vermeintlich ehrlichem Sieger den Gewinn von Fr. 9'705.- zuzusprechen und am folgenden BGE 126 IV 165 S. 169 Tag die Auszahlung auf das Bankkonto von Y. zu veranlassen, was sie in Kenntnis des wahren Sachverhaltes nicht getan hätte. 9. In der Höhe des ausbezahlten Betrages von Fr. 9'705.- wurden X. und die beiden Mittäter bereichert (wobei X. einen Anteil von ca. Fr. 1'800.- und Z. einen solchen von ca. Fr. 600.- erhielt) und kam SF DRS zu Schaden, da Y. keinen Anspruch auf die spielwidrig und unfair erhältlich gemachte Gewinnsumme hatte, was die drei wussten und wollten, zumindest aber billigend in Kauf nahmen. II. Sendung "Risiko" vom 5. Januar 1998 1. Im Februar 1997 bewarb sich X. im Einvernehmen mit den beiden Mittätern als Kandidat für die Sendung "Risiko". Dabei war es für X. und die beiden Mittäter von Anfang an klar, nach der gleichen, oben dargestellten Art und Weise wie 1996, aber mit vertauschten Rollen, vorzugehen. Sie wussten aus Erfahrung, dass die von ihnen gewählte Vorgehensweise zur Umgehung des Sicherheitskonzeptes von SF DRS funktionierte und sich die Organe der Sendung erneut täuschen lassen würden. X. wurde im September 1997 von der Redaktion "Risiko" als Kandidat für die Sendung vom 5. Januar 1998 zugelassen, wobei er sich gleichzeitig unterschriftlich zur Einhaltung des Spielreglementes "Risiko" (Ausgabe September 1995) verpflichtete. Am 15. Dezember 1997 nahm er als Testkandidat an der Generalprobe teil. 2. An einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag zwischen der Generalprobe vom 15. Dezember 1997 und dem 5. Januar 1998 telefonierte der bei SF DRS bisher noch nie namentlich in Erscheinung getretene Z. dem Plan entsprechend mit C. von der Redaktion "Risiko" und verschaffte sich und Y. unter dem Vorwand, er und sein (namentlich nicht genannter) Kollege seien Studenten der Medienwissenschaft aus Basel und würden zu Studienzwecken gerne die Generalprobe der Sendung "Risiko" vom 5. Januar 1998 mitverfolgen, Zugang als Gäste dieser Generalprobe. 3. Einige Tage vor der Live-Sendung vom 5. Januar 1998 führte A. das übliche und vorgesehene Telefongespräch mit X., um ein Vertrauensverhältnis zum Kandidaten aufzubauen und mit diesem nochmals den genauen Ablauf des TV-Quiz und die Spielregeln zu erörtern. 4. Die beiden Mittäter merkten sich während der Generalprobe die Antworten und schrieben diese unmittelbar danach heimlich auf drei Zettel auf. Zur Erhöhung der Übermittlungssicherheit deponierten sie dieses Mal zwei Kassiber in verschiedenen, vorher vereinbarten Verstecken auf dem WC. Einen dritten (Reserve-)Zettel hinterlegten sie als Notfallvariante im Auto von X. auf dem Besucherparkplatz von SF DRS. X. holte in der Folge die zwei Kassiber im WC und lernte die Antworten vor seinem Live-Auftritt in seiner (Einzel-)Garderobe auswendig. 5. Anschliessend nahm X. zusammen mit zwei anderen Kandidaten um 20.00 Uhr an der Live-Sendung vom 5. Januar 1998 teil. Bei seinem Auftritt verwendete er die ihm bekannten Lösungen gegenüber A. Wie es X. und die beiden Mittäter vorausgesehen hatten, waren die zwei Mitkandidaten BGE 126 IV 165 S. 170 auch dieses Mal faktisch chancenlos. X. ging mit Fr. 10'200.- aus den Runden 1-3 hervor. Erwartungsgemäss blieb er - trotz mehreren unbeabsichtigten und selbstverschuldeten Fehlern - auch in der Finalrunde Sieger und kam mit einem Betrag von Fr. 9'500.- zur "Risiko-Tafel". Dort erzielte er den Faktor "x 10" und erhielt so von A. schliesslich einen Gesamtbetrag von Fr. 95'000.- zugesprochen. 6. und 7. (In der Sache gleiche Ausführungen wie oben zum täuschenden Verhalten in der Sendung vom 22. April 1996). 8. Tatsächlich hegte A. keine Zweifel und wurde durch das gesamte Verhalten von X. dazu bewogen, diesem als vermeintlich ehrlichem Sieger den Gewinn von Fr. 95'000.- zuzusprechen. 9. In diesem Betrag wären X. und die beiden Mittäter bereichert worden und SF DRS zu Schaden gekommen, da X. keinen Anspruch auf die spielwidrig und unfair erhältlich gemachte Gewinnsumme hatte, was die drei wussten und wollten, zumindest aber billigend in Kauf nahmen. Zur Zahlungsanweisung an die Kasse von SF DRS, welche jeweils durch A. am Tag nach der Sendung vorgenommen wird, kam es aber nicht mehr, weil die Organe von SF DRS mittlerweile Verdacht geschöpft hatten. B.- Am 27. Januar 1999 sprach der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich X. schuldig des mehrfachen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB , teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB , und bestrafte ihn mit 4 1/2 Monaten Gefängnis, unter Anrechnung von 3 Tagen Untersuchungshaft. Der Einzelrichter gewährte den bedingten Strafvollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren. C.- Auf Berufung von X. und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin rechnete das Obergericht des Kantons Zürich am 20. September 1999 4 Tage Untersuchungshaft an. Im Übrigen bestätigte es das Urteil des Einzelrichters. D.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Erwägungen: 1. Die Vorinstanz erachtet in Übereinstimmung mit der ersten Instanz den in der Anklageschrift geschilderten Sachverhalt als erwiesen. Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze in dreierlei Hinsicht Bundesrecht. Es fehle am Tatbestandsmerkmal der Arglist, an einem betrugsrechtlich relevanten Vermögensschaden sowie am Vorsatz. BGE 126 IV 165 S. 171 2. a) Wegen Betruges ist strafbar, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt ( Art. 146 Abs. 1 StGB ). Den Tatbestand erfüllt nur die arglistige Täuschung. Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt ( BGE 122 IV 246 E. 3a mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist die Täuschung arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses; mise en scène) bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Ist dies nicht der Fall, scheidet Arglist jedenfalls dann aus, wenn sowohl das vom Täter gezeichnete Bild insgesamt wie auch die falschen Tatsachen für sich allein in zumutbarer Weise überprüfbar gewesen wären und schon die Aufdeckung einer einzigen Lüge zur Aufdeckung des ganzen Schwindels geführt hätte ( BGE 119 IV 28 E. 3c). Als besondere Machenschaften (machinations) gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses) geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen (mise en scène); sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus. Sie sind gekennzeichnet durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität ( BGE 122 IV 197 E. 3d mit Nachweisen). Arglist ist auch bei einfachen falschen Angaben gegeben, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde ( BGE 125 IV 124 E. 3; BGE 122 IV 246 E. 3a, je mit Hinweisen). Nach der neueren Rechtsprechung erlangt das Kriterium der Überprüfbarkeit BGE 126 IV 165 S. 172 auch bei einem Lügengebäude und bei besonderen betrügerischen Machenschaften Bedeutung. Mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist verleiht das Gesetz dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung wesentliche Bedeutung. Danach ist bei der Prüfung der Arglist nicht aufgrund einer rein objektiven Betrachtungsweise darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert hätte. Vielmehr ist die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kennt und ausnützt. Das gilt insbesondere bei geistesschwachen, unerfahrenen oder aufgrund des Alters oder einer (körperlichen oder geistigen) Krankheit beeinträchtigten Opfern, ferner bei solchen, die sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis oder in einer Notlage befinden und deshalb kaum imstande sind, dem Täter zu misstrauen ( BGE 120 IV 186 E. 1a und c). Auf der anderen Seite ist die besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu stellen, wie sie etwa im Rahmen von Kreditvergaben Banken beigemessen wird (vgl. BGE 119 IV 28 E. 3f). Auch unter dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung ist für die Erfüllung des Tatbestands indes nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Entscheidend ist nicht, ob der Betroffene alles vorgekehrt hat, um den Irrtum zu vermeiden. Arglist scheidet lediglich dann aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (URSULA CASSANI, Der Begriff der arglistigen Täuschung als kriminalpolitische Herausforderung, ZStR 117/1999 S. 163). b) Die Vorinstanz nimmt eine Täuschung durch konkludentes Verhalten an. Der Beschwerdeführer bzw. Y. hätten sich durch ihre Teilnahme generell und insbesondere zusätzlich durch das Akzeptieren des Spielreglementes zu "Fairplay" verpflichtet. Sie hätten konkludent erklärt, "normale", ehrliche und redliche Teilnehmer zu sein, während sie sich in Wirklichkeit in aufwendiger und minuziös geplanter und ausgeführter Art die für einen Gewinn entscheidenden Antworten zu den in der Sendung gestellten Fragen unlauter beschafft hätten. Die Vorinstanz bejaht die Arglist. Wer, wie der Beschwerdeführer und seine Mittäter, sich durch komplexe, arbeitsteilige und raffinierte Machenschaften in den Besitz des "Keys" - wie es der BGE 126 IV 165 S. 173 Beschwerdeführer genannt habe -, also des Schlüssels zum Geldsegen bringe, handle arglistig in der Form der "manoeuvres frauduleuses", der betrügerischen Machenschaften. Eine die Arglist ausschliessende Opfermitverantwortung sei nicht gegeben. c) Der Beschwerdeführer bringt vor, die Auffassung der Vorinstanz verletze Bundesrecht. Er habe lediglich eine Lücke im System ausgenützt. Der Veranstalter der Sendung habe es an einem Mindestmass an Aufmerksamkeit fehlen lassen. d) Soweit der Beschwerdeführer von einem Sachverhalt ausgeht, den die Vorinstanz nicht festgestellt hat, kann auf seine Vorbringen nicht eingetreten werden ( Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP [SR 312.0]). Im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ). e) Der Beschwerdeführer und seine Mittäter haben umfangreiche Vorkehren getroffen, um Kenntnis von den in der Sendung gestellten Fragen und den Antworten zu erlangen. Zwei Mittäter haben sich unter einem Vorwand Zugang zur Hauptprobe verschafft, sich dort die Fragen und Antworten gemerkt, diese aufgeschrieben und anschliessend die angefertigten Zettel in der Toilette bzw. - für den Notfall - im Auto versteckt. In der Folge mussten Y. bzw. der Beschwerdeführer einen Zettel behändigen, die Fragen und Antworten auswendig lernen und dann in der Sendung vor einem Fernsehpublikum von mehreren hunderttausend Personen den redlichen Teilnehmer spielen. Wenn die Vorinstanz in Anbetracht dieser planmässigen, arbeitsteiligen und systematischen Vorkehren besondere Machenschaften bejaht hat, hat sie kein Bundesrecht verletzt. Im Übrigen wäre die Arglist wohl selbst dann zu bejahen, wenn man nur von einer einfachen falschen Angabe ausgehen wollte. Denn es ist nicht ersichtlich, wie A. die falsche Angabe in zumutbarer Weise hätte überprüfen können. Zu Recht hat die Vorinstanz keine die Arglist ausschliessende Opfermitverantwortung angenommen. Wie dargelegt ist nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Arglist scheidet lediglich dann aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Das kann dem Veranstalter der Sendung nicht vorgeworfen werden. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) sind die Kandidaten in Kenntnis des Spielreglements gesetzt worden und haben sich unterschriftlich zu dessen Einhaltung BGE 126 IV 165 S. 174 verpflichtet. Die Sendung beruhte somit auf dem allseits anerkannten Gedanken des "Fairplay". Damit ist verständlich, wenn der Veranstalter von strengsten Überwachungsmassnahmen abgesehen hat. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich bei den Kandidaten um Personen handelte, die in der Regel noch nie vor der Kamera gestanden waren. Dem Veranstalter war es deshalb berechtigterweise ein Anliegen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Auch dem wären strengste Überwachungsmassnahmen abträglich gewesen. Vom Veranstalter konnte auch deshalb kaum verlangt werden, die Kandidaten beim Toilettenbesuch und in der Garderobe zu überwachen, weil ihre Privat- und Intimsphäre zu achten war. Ausserdem weisen die kantonalen Instanzen zu Recht darauf hin, dass der Veranstalter ein berechtigtes Interesse daran haben konnte, in der abendlichen Sendung die gleichen Fragen zu stellen wie in der vorangegangenen Generalprobe. So war es möglich, allfällige Schwierigkeiten, die sich aus bestimmten Fragen ergaben, rechtzeitig vor der abendlichen Live-Sendung zu erkennen und zu beheben. Die umfangreichen Vorkehren, welche die Täter treffen mussten, um ihren Plan zu verwirklichen, sind im Übrigen der Beleg dafür, dass der Veranstalter keine grundlegenden Sorgfaltspflichten missachtet hat. 3. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe den "Vermögensbegriff verletzt". Entgegen ihrer Ansicht habe es sich bei der Sendung um ein Spiel im Sinne von Art. 513 Abs. 1 OR gehandelt. Aus Spiel entstehe keine Forderung. Ein Vermögensschaden im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB sei zu verneinen. b) Nach der Rechtsprechung ist unter "Vermögen" im Sinne von Art. 146 StGB Vermögen zu verstehen, das zivilrechtlich geschützt ist. Das Strafrecht als "ultima ratio" kann nicht Vermögen schützen, welches zivilrechtlich nicht geschützt ist. Ein Vermögensschaden gemäss Art. 146 StGB ist nur insoweit gegeben, als der arglistig Getäuschte einen rechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils hat ( BGE 117 IV 139 E. 3d/aa). c) Beim Spielvertrag versprechen sich die Parteien ohne wirtschaftlichen Grund gegenseitig und unter einer entgegengesetzten Bedingung eine bestimmte Leistung, so dass es notwendig einen Gewinner und einen Verlierer gibt, welcher bestimmt wird durch den Eintritt oder das Ausbleiben der Bedingung ( BGE 77 II 45 E. 3). Gemäss Art. 513 Abs. 1 OR entsteht aus Spiel und Wette keine Forderung. Daraus ergibt sich, dass der Gewinner die ihm versprochene Summe weder verlangen noch einklagen noch auch in BGE 126 IV 165 S. 175 sonstiger Weise (z.B. durch Verrechnung) gegen den Willen des Verlierers sich verschaffen kann. Wenn aber der Verlierer sein Wort hält und freiwillig zahlt, so sieht das Gesetz darin ein korrektes Verhalten. Daher verbietet das Gesetz grundsätzlich die Rückforderung des gezahlten Spielverlustes (VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 1. Band, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 33). Gemäss Art. 514 Abs. 2 OR kann eine freiwillig geleistete Zahlung aber dann zurückgefordert werden, wenn die planmässige Ausführung des Spieles durch Zufall oder durch den Empfänger vereitelt worden ist, oder wenn dieser sich einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat. Letzteres trifft im vorliegenden Fall offensichtlich zu. Deshalb kann hier offen bleiben, ob ein Spiel im Sinne von Art. 513 OR gegeben ist. Selbst wenn das so wäre, hätte der Veranstalter der Sendung einen zivilrechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils gestützt auf Art. 514 Abs. 2 OR . Der Veranstalter der Sendung hat deshalb bei der ersten Sendung einen Vermögensschaden im Sinne von Art. 146 StGB erlitten bzw. hätte bei der zweiten Sendung einen solchen erlitten, wenn es zur Auszahlung gekommen wäre. d) Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet. 4. a) Der Beschwerdeführer wendet ein, es fehle am Vorsatz. Ob er ab Runde 4 überhaupt einen Spielgewinn erzielen würde, habe ausschliesslich vom Zufall ("Gold-Rad"; "Risiko-Runde") abgehangen. Er habe den Getäuschten nach den Runden 1 bis 3 deshalb nicht zu einer Vermögensdisposition bestimmen und nicht wissen können, ob eine solche erfolgen werde. Durch das Beschaffen der Fragen und Antworten habe er sich lediglich in eine günstigere Ausgangsposition gebracht, auch in der Runde mitspielen zu können, in welcher der Erfolg ausschliesslich vom Zufall abhängig gewesen sei. b) Die Vorinstanz trifft keine derartige tatsächliche Feststellung. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben. Selbst wenn ab Runde 4 der Erfolg ausschliesslich vom Zufall abhängig gewesen sein sollte, wäre der Vorsatz zu bejahen. Denn es ist offensichtlich, dass der Beschwerdeführer mindestens mit der Möglichkeit eines Gewinnes und damit einer Vermögensdisposition des Veranstalters rechnete und den Gewinn für den Fall, dass er eintreten sollte, auch wollte. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ging es dem Beschwerdeführer um das zu gewinnende Geld. Vorsatz ist damit gegeben.
null
nan
de
2,000
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CH_BGE_006
CH
Federation
f86564e0-328f-41ea-a3b4-a96d16239846
Urteilskopf 126 V 226 39. Urteil vom 9. August 2000 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen X.H. und Eidg. Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen
Regeste Art. 29quater und Art. 31 AHVG (in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung), Ziff. 1 lit. c Abs. 8 und Ziff. 1 lit. g der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision; Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 über Leistungsverbesserungen in der AHV und der IV sowie ihre Finanzierung; Art. 53ter Abs. 3 AHVV (in Kraft gewesen vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1996): Neufestsetzung der Altersrente bei Wiederverheiratung. - Die Frage der Neuberechnung einer vor Inkrafttreten der 10. AHV-Revision entstandenen einfachen Altersrente bei einer Wiederverheiratung der anspruchsberechtigten Person nach diesem Zeitpunkt ist nicht eine solche des Übergangsrechts. - Über den Wortlaut des Art. 31 AHVG hinaus geben grundsätzlich alle Zivilstandsänderungen Anlass für eine Neufestsetzung der Rente und zwar ungeachtet des Zeitpunktes der Entstehung des Anspruchs. Liegt dieser vor dem 1. Januar 1997, ist aber eine Überführung der Altersrente ins neue Recht erfolgt, gilt sie als Zeitpunkt der erstmaligen Rentenberechnung im Sinne von Art. 31 AHVG . - Rz. 6014 des vom Bundesamt für Sozialversicherung herausgegebenen Kreisschreibens II über die Rentenberechnung von Mutations- und Ablösungsfällen, wonach die Renten von geschiedenen Frauen, welchen auf Grund des Bundesbeschlusses über die Leistungsverbesserungen in der AHV und der IV vom 19. Juni 1992 ganze Erziehungsgutschriften angerechnet werden konnten, bei der Wiederverheiratung ohne Anrechnung von Erziehungsgutschriften neu festgesetzt werden müssen, ist gesetzwidrig.
Sachverhalt ab Seite 227 BGE 126 V 226 S. 227 A.- Die am 1. Dezember 1928 geborene X.L. heiratete am 24. Juli 1948 W. Aus dieser Verbindung gingen drei Kinder hervor. BGE 126 V 226 S. 228 Am 29. September 1966 wurde die Ehe geschieden. Am 10. Dezember 1997 heiratete X.W.-L. den amerikanischen Staatsangehörigen H. X.H. bezieht seit 1. Januar 1991 eine ordentliche einfache Altersrente (Verfügung vom 21. Dezember 1990). Diese wurde auf ihr Gesuch ab 1. Januar 1994 neu unter Anrechnung von Erziehungsgutschriften festgesetzt (Verfügung vom 3. März 1994). Die infolge Wohnsitznahme in den USA nunmehr zuständige Schweizerische Ausgleichskasse nahm die Wiederverheiratung zum Anlass, die Altersrente neu zu berechnen, indem sie - bei im Übrigen unveränderten Bemessungsgrundlagen (Rentenskala 44, Beitragsdauer 33 Jahre, Erwerbseinkommen 58'506 Franken) - für die Zeit ab 1. Januar 1998 infolge Wiederverheiratung keine Erziehungsgutschriften mehr anrechnete, was eine Reduktion der monatlichen Leistungen um 175 Franken bedeutete (Verfügung vom 3. Juli 1998). B.- Die von X.H. hiegegen erhobene Beschwerde hiess die Eidg. Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen mit Entscheid vom 16. Februar 2000 mit der Feststellung gut, dass "über den 31. Dezember 1997 hinaus Anspruch auf eine monatliche Altersrente (...), berechnet aufgrund der Rentenskala 44 bei einer anrechenbaren Beitragsdauer von 33 Jahren und einem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen von 79'998 Franken (Stand 1998)" besteht. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid der Eidg. Rekurskommission sei aufzuheben. Während X.H. sich ohne einen bestimmten Antrag zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen lässt, trägt die Schweizerische Ausgleichskasse auf deren Gutheissung an. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig ist, ob die Beschwerdegegnerin, die, seit 1966 von ihrem ersten Mann geschieden, auf Grund des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 über Leistungsverbesserungen in der AHV und der IV sowie ihre Finanzierung (SR 831.100.1; nachfolgend: Bundesbeschluss) ab 1. Januar 1994 in den Genuss von Erziehungsgutschriften gekommen war, als Folge der Wiederverheiratung im Dezember 1997 diesen Anspruch mit Wirkung ab 1. Januar 1998 verloren hat. BGE 126 V 226 S. 229 2. a) Muss eine Altersrente neu festgesetzt werden, weil der Ehegatte rentenberechtigt oder die Ehe aufgelöst wird, so bleiben laut Art. 31 AHVG (in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung) die im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenberechnung geltenden Berechnungsvorschriften massgebend. Die auf Grund dieser Bestimmungen neu festgesetzte Rente ist in der Folge auf den neuesten Stand zu bringen. Gemäss Ziff. 1 lit. c Abs. 8 der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision (ÜbBest. AHV 10) ist Artikel 31 sinngemäss anwendbar auf Renten, die infolge Scheidung oder Wiederverheiratung unter dem alten Recht neu festgesetzt werden mussten (Satz 2). Die höheren Renten werden jedoch nur auf Antrag und ab dem Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung ausgerichtet (Satz 3). b) Nach Ziff. 1 lit. g Abs. 1 ÜbBest. AHV 10 gilt Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 über Leistungsverbesserungen in der AHV und der IV sowie ihre Finanzierung für Renten, auf die der Anspruch vor dem 1. Januar 1997 entstanden ist, auch nach dem 31. Dezember 1995 resp. 1996 (Bundesbeschluss vom 7. Oktober 1994; Satz 1). Artikel 2 gilt sinngemäss auch für ledige Versicherte (Satz 2). Laut Art. 2 Abs. 1 des Bundesbeschlusses können geschiedene Altersrentnerinnen verlangen, dass ihnen bei der Berechnung ihrer Rente gemäss Artikel 31 Absatz 1 AHVG eine jährliche Erziehungsgutschrift in der Höhe der dreifachen minimalen einfachen Altersrente gemäss Artikel 34 Absatz 1 angerechnet wird. Die Gutschrift wird für jene Jahre angerechnet, in denen die geschiedene Altersrentnerin die elterliche Gewalt über Kinder ausgeübt hat, welche das 16. Altersjahr noch nicht vollendet haben. Gestützt auf die ihm in Art. 2 Abs. 2 des Bundesbeschlusses eingeräumte Kompetenz zur Regelung der Einzelheiten erliess der Bundesrat mit Änderung vom 27. September 1993 die (gemäss Übergangsbestimmung dieser Novelle auch auf am 1. Januar 1994 bereits laufende Renten anwendbaren) alt Art. 53ter und 53quater AHVV . Unter anderem bestimmte er in alt Art. 53ter Abs. 3 AHVV , dass der Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften mit der Wiederverheiratung der geschiedenen Frau erlischt. Diese Vorschrift ist im Rahmen der Verordnungsänderung vom 29. November 1995 mit Wirkung auf den 1. Januar 1997 ersatzlos gestrichen worden. c) Auf den 1. Januar 1997, Datum des Inkrafttretens der 10. AHV-Revision, hat das BSV das Kreisschreiben II über die Rentenberechnung von Mutations- und BGE 126 V 226 S. 230 Ablösungsfällen (nachfolgend: KS II) erlassen. Nach dessen Rz. 6014 müssen die Renten von geschiedenen Frauen, welchen auf Grund des Bundesbeschlusses über die Leistungsverbesserungen in der AHV und der IV vom 19. Juni 1992 ganze Erziehungsgutschriften angerechnet werden konnten, bei der Wiederverheiratung ohne Anrechnung von Erziehungsgutschriften neu festgesetzt werden. 3. a) Nach Auffassung der Vorinstanz besteht vorliegend für eine Neuberechnung der Altersrente ab 1. Januar 1998 ohne Anrechnung von Erziehungsgutschriften keine gesetzliche Grundlage. Die ab 1. Januar 1991 ausgerichtete Altersrente, seit 1. Januar 1994 unter Anrechnung von Erziehungsgutschriften, habe auf Grund von Ziff. 1 lit. g Abs. 1 Satz 1 ÜbBest. AHV 10 mit Inkrafttreten der 10. AHV-Revision nicht neu berechnet werden müssen. Mit der Wiederverheiratung im Dezember 1997 habe sich zwar der Zivilstand der Versicherten geändert, eine andere Rentenart habe ihr deswegen aber nicht zugestanden. Die seit 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften über die Alters- und Hinterlassenenversicherung kennten im Unterschied zu den altrechtlichen keine Ehepaar-Rente mehr. Anderseits müsse die bisherige Altersrente der Versicherten, welche allein auf Grund ihrer eigenen Erwerbseinkommen und ab 1. Januar 1994 unter Anrechnung von Erziehungsgutschriften berechnet worden sei, auch nicht in das neue Splitting-System überführt werden. Der Abzug der Erziehungsgutschriften vom massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen einzig auf Grund der Wiederverheiratung verstosse sodann auch gegen Sinn und Zweck der 10. AHV-Revision. Dem neuen Recht liege (unter anderem) der Gedanke zu Grunde, die gesellschaftlich wichtige Erziehungs- und Betreuungsarbeit angemessen zu honorieren und den dadurch möglicherweise bewirkten Erwerbsausfall mit Gutschriften zu kompensieren. Die Versicherte habe nun aber effektiv Erziehungsarbeit geleistet und dadurch auch Einkommenseinbussen erlitten, was sich ohne Anrechnung von Erziehungsgutschriften für deren Ausgleich negativ auf die Rentenhöhe auswirke. Durch die Nichtberücksichtigung der Gutschriften werde sie diskriminiert und wie eine kinderlose Ledige behandelt. Denn einzig für diese Kategorie von Versicherten sehe die Übergangsordnung der 10. AHV-Revision weder die Anrechnung von Übergangs- noch von Erziehungsgutschriften vor. Rz. 6014 KS II, worauf sich die Verwaltung in der vorinstanzlichen Vernehmlassung berufe, müsse daher, da gegen Sinn und BGE 126 V 226 S. 231 Zweck der Gesetzesnovelle verstossend, vorliegend die Anwendung versagt bleiben. b) Das Beschwerde führende Bundesamt begründet seinen gegenteiligen Standpunkt damit, dass gemäss Ziff. 1 lit. g Abs. 1 ÜbBest. AHV 10 Art. 2 des Bundesbeschlusses weiterhin für Renten gelte, auf die der Anspruch vor dem 1. Januar 1997 entstanden sei. Von dieser Weitergeltung erfasst würden auch die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen, insbesondere alt Art. 53ter Abs. 3 AHVV , wonach der Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften mit der Wiederverheiratung der geschiedenen Ehefrau erlösche. Diese Verordnungsvorschrift sei nun aber vom Eidg. Versicherungsgericht im Falle der Wiederverheiratung einer geschiedenen Frau im Jahre 1995 als gesetz- und verfassungsmässig erkannt worden (Urteil H. vom 17. Oktober 1996). 4. In dem von der Aufsichtsbehörde zitierten Urteil H. vom 17. Oktober 1996, auszugsweise wiedergegeben in Praxis 1997 Nr. 29 S. 159 ff., stellte das Eidg. Versicherungsgericht fest, dass nach dem klaren Wortlaut des Art. 2 des Bundesbeschlusses und dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich namentlich aus den Materialien ergebe, ausschliesslich die geschiedenen Frauen in den Genuss von Erziehungsgutschriften gelangen sollten, weil dieser Personenkreis als besonders benachteiligt betrachtet worden sei. Dabei sollte im Rahmen des Bundesbeschlusses nicht primär die Erziehungsarbeit der Eltern abgegolten, sondern die Stellung der geschiedenen Frau verbessert werden (Praxis 1997 Nr. 29 S. 162 Erw. 5c). Zur Frage der Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit des alt Art. 53ter Abs. 3 AHVV hat das Eidg. Versicherungsgericht sodann unter anderem erwogen, der Verlust der mit dem Bundesbeschluss eingeräumten bevorzugten Stellung hinsichtlich der Rentenberechnung unter Berücksichtigung von Erziehungsgutschriften bei Wiederverheiratung (bzw. Verwitwung) könne nicht als derart stossend erachtet werden, dass der Richter aus Achtung vor der Rechtsordnung eine andere Lösung treffen müsste. Zum einen führten Statusänderungen wie diejenige des Zivilstandswechsels grundsätzlich immer zu einer Neuberechnung der Rente (vgl. die Aufzählung in BGE 113 V 117 Erw. 4b sowie als weitere Beispiele BGE 118 V 1 und BGE 118 V 129 ), wobei eine Besitzstandsgarantie nicht bestehe ( BGE 113 V 118 Erw. 4c mit Hinweis; unveröffentlichtes Urteil C. vom 17. Mai 1993). Zum andern gelte es unter dem Gesichtspunkt des Gebots rechtsgleicher Behandlung zu beachten, dass nach Art. 2 BGE 126 V 226 S. 232 Abs. 1 des Bundesbeschlusses (für die Zeit vor Inkrafttreten der 10. AHV-Revision) die Möglichkeit der Anrechnung von Erziehungsgutschriften ebenfalls nicht vorgesehen sei, wenn die einfache Altersrente der geschiedenen Frau auf Grund des für die Berechnung der Ehepaar-Altersrente massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens gemäss Art. 31 Abs. 3 AHVG berechnet werde (vgl. Amtl.Bull. 1992 N 514). Dass nicht die Berechnungsgrundlagen der Ehepaar-Altersrente zur Anwendung kommen, sei im Übrigen nicht die Folge von Art. 2 des Bundesbeschlusses, sondern einzig auf die fehlende Rentenberechtigung des verstorbenen zweiten Ehemannes ausländischer Nationalität der Versicherten zurückzuführen (Praxis 1997 Nr. 29 S. 164 Erw. 6c). 5. a) Art. 2 des Bundesbeschlusses ist von den Räten diskussionslos ins ordentliche Recht übernommen worden (Amtl.Bull. 1993 N 217 und 293 f., 1994 S 555 und 981; vgl. auch Soziale Sicherheit [CHSS] 1995 S. 74), wobei diese Bestimmung neu sinngemäss auch für ledige Versicherte anwendbar ist. Die in den alt Art. 53ter und 53quater AHVV geregelten Einzelheiten des Anspruchs auf Erziehungsgutschriften sind nunmehr Gegenstand der am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Art. 52e und 52f AHVV (vgl. AHI 1996 S. 1 ff., S. 38). Im Unterschied zur Rechtslage unter der Herrschaft des Bundesbeschlusses vor dessen Überführung ins ordentliche Recht fehlt nun eine alt Art. 53ter Abs. 3 AHVV entsprechende Regelung des Inhalts, dass der Anspruch auf Erziehungsgutschriften mit der Wiederverheiratung erlischt. Entgegen der Auffassung des Bundesamtes hat die Weitergeltung von Art. 2 des Bundesbeschlusses gemäss Ziff. 1 lit. g Abs. 1 ÜbBest. AHV 10 nicht zur Folge, dass diese (ersatzlos gestrichene) Verordnungsbestimmung weiterhin anwendbar wäre. Dies ergibt sich ohne weiteres im Umkehrschluss aus der Kompetenz des Verordnungsgebers, innerhalb der ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Regelungsbefugnisse gewisse Gesetzesbestimmungen zu präzisieren, allenfalls echte Gesetzeslücken zu schliessen und, soweit notwendig, das anwendbare Verfahren festzulegen ( BGE 112 Ib 310 f. Erw. 2, BGE 112 V 58 f. Erw. 2a; vgl. auch BGE 124 V 10 f. Erw. 5b/bb und cc). b) Es ist nicht anzunehmen, dass die ersatzlose Streichung von alt Art. 53ter Abs. 3 AHVV auf einem Versehen beruht. Im Gegenteil zeigen die nachfolgenden Ausführungen, dass diese Neuerung auf Verordnungsstufe ganz im Sinne der ab 1. Januar 1997 geltenden Rechtslage erfolgte. aa) In seiner Botschaft über die zehnte Revision der Alters- und BGE 126 V 226 S. 233 Hinterlassenenversicherung vom 5. März 1990 (BBl 1990 II 1 ff.) schlug der Bundesrat die Änderung von Art. 31 (Berechnungsgrundlagen der Renten) vor. Dessen dritter Absatz hatte folgenden Wortlaut: "3 Für die Berechnung der einfachen Altersrente, die wegen Ungültigkeit oder Scheidung der Ehe, Wiederverheiratung oder Wegfall der Invalidität des Ehegatten neu berechnet werden muss, sind die Beitragsdauer sowie das auf den neusten Stand gebrachte durchschnittliche Jahreseinkommen des Rentenberechtigten massgebend, das im Zeitpunkt der Entstehung des ersten Rentenanspruchs festgesetzt wurde." (BBl 1990 II 158). Diese Neuerung wurde damit begründet, es müsse ein Problem gesetzlich geregelt werden, das bisher nicht befriedigend gelöst gewesen sei, nämlich u.a. die Neuberechnung der einfachen Rente infolge Wiederverheiratung. Nach konstanter Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts seien heute in einem solchen Falle die Renten nach den Berechnungsgrundlagen im Zeitpunkt der Entflechtung neu zu berechnen, was häufig zu einem im Vergleich zum vorherigen oder einem früheren Betreffnis ungünstigen Betrag führe (BBl 1990 II 92). Dieser Änderung stimmte der Ständerat als Erstrat zu (Amtl.Bull. 1991 S 275 f.). bb) Nach Verabschiedung des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 als vorgezogener materieller Bestandteil der 10. AHV-Revision (Amtl.Bull. 1994 N 1367) beschloss der Nationalrat auf Antrag seiner erweiterten Kommission für Soziale Sicherheit, Art. 31 Abs. 2 und 3 wie folgt neu zu fassen: "Abs. 2 Nach dem Tode eines Ehegatten werden die Erziehungs- und Betreuungsgutschriften aus der gemeinsamen Ehe ungeteilt dem anderen Ehegatten angerechnet. Abs. 3 Absatz 2 gilt auch für die geschiedene Person nach dem Tod eines ehemaligen Ehegatten." (Amtl.Bull. 1993 N 257). Im Weitern fügte der Nationalrat auf Antrag der Kommission in die Übergangsbestimmungen (Ziff. 1) folgende Vorschriften ein: "Abs. 6 Heiratet eine Person mit Anspruch auf eine Altersrente, welche aufgrund der bisherigen Bestimmungen festgesetzt wurde, eine Person mit Anspruch auf eine Altersrente nach neuem Recht, so beträgt die Summe der beiden Altersrenten höchstens 150 Prozent der maximalen Altersrente. Für die Durchführung der Kürzung ist Artikel 35 sinngemäss anwendbar. BGE 126 V 226 S. 234 (...) Abs. 16 Für die Berechnung sind die Beitragsdauer sowie das auf den neuesten Stand gebrachte durchschnittliche Jahreseinkommen der rentenberechtigten Person massgebend, das im Zeitpunkt der Entstehung des ersten Rentenanspruchs festgesetzt wurde, wenn a. (...) b. eine vor dem .... (Zeitpunkt des Inkrafttretens der 10. AHV-Revision, 2. Teil) entstandene einfache Rente infolge Wiederverheiratung neu berechnet werden muss; c. (...) (...)" (Amtl.Bull. 1993 N 295 und 297 f.) Zu diesen Änderungen hatte der Kommissionspräsident in der parlamentarischen Beratung vorgängig u.a. ausgeführt, die Heirat einer nach altem Recht rentenberechtigten Person mit einer nach neuem Recht rentenberechtigten Person sei praktisch nicht zufrieden stellend zu lösen. Die Kommission schlage eine möglichst einfache Lösung vor, indem im Unterschied zum heutigen Recht diese Renten nicht mehr neu berechnet werden. Lediglich die Summe der beiden Renten soll plafoniert werden. Im Weitern stelle Abs. 16 eine Verbesserung für Altrentnerinnen und Altrentner dar. Es gehe um die Beibehaltung der Berechnungsgrundlagen bei Zivilstandsänderungen. Die sozialpolitische Dringlichkeit dieser Massnahme sei sehr gross, da nach konstanter Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts die Neuberechnung von Renten nach einer Zivilstandsänderung einen neuen Versicherungsfall darstelle und daher nach den aktuellen Grundlagen vorzunehmen sei. Dies habe für die betroffenen Personen teilweise massive Rentenverschlechterungen zur Folge gehabt. Erst in den letzten Urteilen habe das Eidg. Versicherungsgericht im Hinblick auf die 10. AHV-Revision eine von ihm ausdrücklich als Übergangslösung bezeichnete Verbesserung zugelassen, welche aber für geschiedene Personen weniger weit gehe als für Personen, welche im Rentenalter heirateten. Abs. 16 der Übergangsbestimmungen behandle alle Fälle von Zivilstandsänderungen gleich (Amtl.Bull. 1993 N 216 f.). cc) Der Ständerat wiederum änderte auf Antrag seiner Kommission die Art. 31 Abs. 1 bis 3 in der Version des Nationalrates in folgendem Sinne: "Titel Neufestsetzung der Rente Abs. 1 Muss eine Altersrente infolge Entstehung des Rentenanspruchs beim Ehegatten oder Auflösung der Ehe neu festgesetzt werden, so bleiben die BGE 126 V 226 S. 235 im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenberechnung geltenden Berechnungsvorschriften massgebend. Die aufgrund dieser Bestimmungen neu festgesetzte Rente ist in der Folge auf den neuesten Stand zu bringen. Abs. 2, 3 Streichen" (Amtl.Bull. 1994 S 598) Der Kommissionspräsident führte zu dieser Neuformulierung von Art. 31 AHVG , welche schliesslich Gesetz werden sollte (vgl. Erw. 2a hievor), erläuternd u.a. aus, dieser Vorschlag entspreche in der Zielrichtung dem vom Bundesrat in der Botschaft vorgeschlagenen Art. 31 Abs. 3 AHVG (BBl 1990 II 92 und 158). Es gehe darum, mit einer klaren gesetzlichen Grundlage eine Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts zu korrigieren und zu verhindern, dass es bei der Neuberechnung der Rente infolge der Entstehung des Rentenanspruchs beim andern Ehegatten oder einer Zivilstandsänderung zu Rentenverschlechterungen komme, die sich aus dem Rentensystem selbst nicht begründen liessen. Soweit in den letzten Urteilen ( BGE 118 V 1 und BGE 118 V 129 ) das Eidg. Versicherungsgericht im Hinblick auf die 10. AHV-Revision auf seine frühere Praxis zurückgekommen und eine Verbesserung zugelassen habe, handle es sich um eine Übergangslösung, welche aber für geschiedene Personen weniger weit gehe als für Personen, welche im Rentenalter heirateten (Amtl.Bull. 1994 S 551). Im Weitern wurde Abs. 6 der Übergangsbestimmungen in der damaligen Version des Nationalrates gestrichen, was der Kommissionspräsident damit begründete, diese Regelung werde bei Überführung der alten Rente hinfällig (Amtl.Bull. 1994 S 554 und 608 ff.). Schliesslich wurden die Abs. 16 bis 18 der Übergangsbestimmungen vollständig neu gefasst; sie enthielten nun die - inhaltlich mit den geltenden Abs. 5 bis 10 von Ziff. 1 lit. c ÜbBest. AHV 10 übereinstimmenden - Grundsätze für die systemkonforme Überführung der laufenden Rente geschiedener, verwitweter und verheirateter Personen, die vier Jahre nach dem Inkrafttreten der 10. AHV-Revision erfolgen sollte (Amtl.Bull. 1994 S 555 und 609 f.). Den Änderungen von Art. 31 AHVG sowie von Abs. 6 und 16 ff. der Übergangsbestimmungen stimmte der Nationalrat in der Folge zu (Amtl.Bull. 1994 N 1356 und 1360). c) Aus den vorstehenden Ausführungen zur Entstehungsgeschichte von Art. 31 AHVG und Ziff. 1 lit. c Abs. 5 bis 9 ÜbBest. AHV 10 ergibt sich, dass die Frage der Neuberechnung einer vor Inkrafttreten der 10. AHV-Revision entstandenen einfachen Altersrente bei einer Wiederverheiratung der anspruchsberechtigten BGE 126 V 226 S. 236 Person nach diesem Zeitpunkt nicht eine solche des Übergangsrechts ist. Im Weitern geben über den Wortlaut des Art. 31 AHVG hinaus grundsätzlich alle Zivilstandsänderungen Anlass für eine Neufestsetzung der Rente und zwar ungeachtet des Zeitpunktes der Entstehung des Anspruchs. Liegt dieser vor dem 1. Januar 1997, ist aber eine Überführung der Altersrente ins neue Recht erfolgt, was im Rahmen von Ziff. 1 lit. g Abs. 1 ÜbBest. AHV 10 resp. Art. 2 des Bundesbeschlusses bereits ab 1. Januar 1994 möglich war, gilt sie als Zeitpunkt der erstmaligen Rentenberechnung im Sinne von Art. 31 AHVG . Dies bedeutet bei der Wiederverheiratung einer rentenberechtigten Person, welcher Sachverhalt in der Regel kein Splitting auslöst ( Art. 29quinquies Abs. 4 und Art. 29sexies Abs. 3 AHVG e contrario; vgl. auch Amtl.Bull. 1993 N 216 [Abs. 5 der Übergangsbestimmungen]), dass nur dann eine eigentliche Neufestsetzung der Rente erfolgt, wenn die Summe der beiden Renten des Ehepaares mehr als 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente beträgt ( Art. 35 AHVG ; vgl. Amtl.Bull. 1993 N 216 f. [Abs. 6 der Übergangsbestimmungen]). Denn ein im gesamten Gesetzgebungsverfahren unbestritten gebliebener Grundsatz war, dass künftig im Unterschied zum damals noch geltenden Recht Zivilstandsänderungen, die zu einer Neuberechnung der Altersrente führen, leistungsmässig keine Verschlechterung bringen sollten. Dabei wurde nicht danach differenziert, ob der Rentenanspruch vor oder erst nach Inkrafttreten der Gesetzesnovelle entstanden ist (vgl. BBl 1990 II 92, Amtl.Bull. 1993 N 207 und 216, 1994 S 551). Die in diesem Zusammenhang erfolgten Hinweise auf die Rechtsprechung sollten nur, aber eben den bestehenden sozialpolitischen Handlungsbedarf aufzeigen. Dass offensichtlich bei Scheidung eines Altersrentners oder einer Altersrentnerin die Gefahr einer Verschlechterung höher eingestuft wurde als bei einer Wiederheirat (vgl. Amtl.Bull. 1993 N 217, 1994 S 551 ["welche aber für geschiedene Personen weniger weit gehe als für Personen, welche im Rentenalter heirateten"]), vermag auch zu erklären, weshalb in Art. 31 AHVG von den möglichen Zivilstandsänderungen lediglich der Tatbestand der Auflösung der Ehe genannt wird. Mit Blick auf den Anspruch auf Erziehungsgutschriften im Besonderen war es im Übrigen ein Hauptziel der Revisionsvorlage, geschiedene Frauen, deren Rente auf Grund lediglich der eigenen Erwerbseinkommen und allenfalls der als Nichterwerbstätige geleisteten Beiträge berechnet wurde (vgl. Art. 30 f. AHVG in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung), BGE 126 V 226 S. 237 besser zu stellen. Es wäre daher widersprüchlich, Nachteile bei der Neuberechnung von Renten infolge einer Zivilstandsänderung unter altem Recht nachträglich, soweit systemkonform möglich, zu korrigieren und die Betroffenen besser zu stellen, nach Inkrafttreten der Gesetzesnovelle ein solches Ereignis aber zum Anlass zu nehmen für eine Verschlechterung der vom gleichen Gesetzgeber angeordneten Besserstellung. Von einer Honorierung der früher allenfalls unter Inkaufnahme einer Erwerbseinbusse geleisteten Erziehungs- und Betreuungsarbeit könnte diesfalls allen Ernstes nicht die Rede sein (BBl 1990 II 41, Amtl.Bull. 1993 N 207 und 212, 1994 S 574 sowie CHSS 1995 S. 70). Damit ist auch gesagt, dass Rz. 6014 KS II, wonach die Renten von geschiedenen Frauen, welchen auf Grund des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 ganze Erziehungsgutschriften angerechnet werden konnten, bei der Wiederverheiratung ohne Anrechnung von Erziehungsgutschriften neu festgesetzt werden müssen, gesetzwidrig ist. 6. Zusammenfassend widerspricht die Neufestsetzung der einfachen Altersrente ab 1. Januar 1998 ohne Anrechnung der ab 1. Januar 1994 berücksichtigten Erziehungsgutschriften Bundesrecht. Vielmehr hat die Beschwerdegegnerin auch nach ihrer Wiederverheiratung im Dezember 1997 mit einem nach Lage der Akten nicht rentenberechtigten amerikanischen Staatsbürger Anspruch darauf, dass diese Gutschriften zum durchschnittlichen Jahreseinkommen gezählt werden ( Art. 29quater AHVG ).
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Urteilskopf 95 IV 42 11. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 4. März 1969 i.S. X. gegen Generalprokurator des Kantons Bern und Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden.
Regeste Die Art. 136 ff. OG gelten auch für die Revision von Gerichtsstandsentscheiden der Anklagekammer.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 95 IV 42 S. 42 A.- Frau X., die mit Bewilligung des bernischen Richters von ihrem Ehemann getrennt lebt, stellte gegen diesen am 8. Mai 1968 beim Untersuchungsrichteramt Bern Strafantrag wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten, weil er ihr seit Oktober 1967 keine Unterhaltsbeiträge mehr geleistet habe. Nachdem der Generalprokurator des Kantons Bern die Zuständigkeit der bernischen Behörden anerkannt hatte, ersuchte X. die Anklagekammer des Bundesgerichts am 12. August 1968, die Untersuchung den Behörden des "wirklichen Aufenthaltsortes" der Antragstellerin zu überweisen. Er machte geltend, Frau X. habe ihren Wohnsitz von Bern nach St. Moritz verlegt, seit sie sich von ihm getrennt habe. B.- Am 4. September 1968 wies die Anklagekammer des Bundesgerichts das Gesuch ab und erklärte die Behörden des Kantons Bern zuständig, X. zu verfolgen und zu beurteilen. Die Anklagekammer ging von der Rechtsprechung aus, wonach die Vernachlässigung von Unterstützungspflichten in der Regel am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten zu verfolgen ist. Sie nahm an, Frau X. habe ihren Wohnsitz seit 1964 in Bern und habe ihn auch nicht aufgegeben, als sie im Winter 1967/68 einige Monate in St. Moritz arbeitete. C.- Mit Eingabe vom 25./28. Februar 1969 beantragt X. der Anklagekammer, in Abänderung des Entscheides vom 4. September 1968 die Behörden des Kantons Graubünden zuständig zu erklären. Er macht geltend, sein Anwalt habe sich am 13. November 1968 an die Gemeindeverwaltung St. Moritz gewandt und am 19. November 1968 die Antwort erhalten, dass Frau X. seit dem 2. August 1966 mit einem Heimatausweis des Polizeiinspektorates Bern in St. Moritz angemeldet sei, dort besteuert BGE 95 IV 42 S. 43 werde und bereits Steuern bezahlt habe. Aus dieser Auskunft erhelle, dass Frau X. in St. Moritz wohnen wolle. Die bernischen Behörden seien daher zur Beurteilung der Sache nicht zuständig. Erwägungen Aus den Erwägungen: Der Sinn des vorliegenden Gesuches geht nicht dahin, Frau X. habe seit der Ausfällung des Entscheides der Anklagekammer vom 4. September 1968 ihren Wohnsitz nach St. Moritz verlegt, sondern der Gesuchsteller will geltend machen, sie habe den Wohnsitz entgegen der Annahme der Anklagekammer spätestens am 2. August 1966 dort erworben und seither an diesem Orte beibehalten. Es handelt sich also nicht um eine Neubestimmung des Gerichtsstandes wegen veränderter Verhältnisse, entsprechend der Rechtsprechung, wonach die kantonalen Behörden oder die Anklagekammer des Bundesgerichtes vom vereinbarten oder festgesetzten Gerichtsstand abweichen können, wenn neue Tatsachen es aus triftigen Gründen rechtfertigen ( BGE 69 IV 46 , BGE 71 IV 61 , BGE 72 IV 41 , BGE 78 IV 206 ). Vielmehr fragt sich, ob eine vor dem 4. September 1968 eingetretene Tatsache, die schon im früheren Verfahren behauptet wurde, aber mangels Beweises nicht berücksichtigt werden konnte, nunmehr durch die Auskunft der Gemeindeverwaltung von St. Moritz dargetan sei. Der Gesuchsteller macht also einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 137 lit. b OG geltend. Das ist an sich zulässig. Freilich sind gemäss Art. 139 OG bundesgerichtliche Urteile im Strafpunkt nur nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege revidierbar. Auch enthält dieses Gesetz keine Bestimmungen über die Revision von Gerichtsstandsentscheiden; die Art. 229 ff. BStP betreffen nur die Revision von Urteilen der Bundessassisen, der Kriminalkammer und des Bundesstrafgerichts. Die Entscheide der Anklagekammer sind jedoch keine Urteile "im Strafpunkt", sondern bloss Vor- oder Zwischenentscheide darüber, welcher Kanton eine Strafsache zu untersuchen und zu beurteilen hat. Die Art. 136 ff. OG gelten daher auch für die Revision von Gerichtsstandsentscheiden der Anklagekammer (Entscheide der Anklagekammer vom 25. November 1961 und des ausserordentlichen Kassationshofes vom 17. Mai 1962, beide i.S. Steiger).
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Urteilskopf 86 II 303 48. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. September 1960 in Sachen N. gegen N. und Obergericht des Kantons Zürich.
Regeste 1. Gesuche nach Art. 169 ff. ZGB sind beim Richter des Wohnsitzes des gesuchstellenden Ehegatten anzubringen. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die Ehefrau, wenn sie nach Gesetz berechtigt ist, getrennt zu leben, auch ohne richterliche Bewilligung einen selbständigen Wohnsitz begründen kann. Art. 25 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 170 Abs. 1 und 2 ZGB . (Erw. 1 und 2). 2. Die von einem Ehemann schweizerischer Nationalität in Deutschland, an seinem angeblichen Wohnsitz, angehobene Scheidungsklage ist nach Art. 3 des schweizerisch/deutschen Urteilsvollstreckungsabkommens in Verbindung mit Art. 7 g Abs. 3 NAG nicht zulässig, wenn die Ehefrau nach den Normen des schweizerischen Rechtes einen selbständigen Wohnsitz in der Schweiz hat. Eine solche Klage steht daher der Beurteilung eines auf die Art. 169 ff. ZGB gestützten Gesuches der Ehefrau durch den Richter ihres Wohnsitzes nicht entgegen. (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 304 BGE 86 II 303 S. 304 Aus dem Tatbestand: A.- Die Parteien, Bürger von Genf, sind seit dem 16. Juni 1945 verheiratet. Sie nahmen Wohnung in Zürich, wo der Ehemann, Ingenieur von Beruf, für eine Fabrik in G... heim, Württemberg, Deutschland, tätig war und die Ehefrau ihr Berufsbüro in Zürich weiterbetrieb. Im Jahre 1949 bezogen sie eine 6-Zimmerwohnung an der B... strasse in Zürich. Laut einem Vertrag vom 19. Oktober 1953, den der Ehemann mit der Fabrik in G... heim abschloss, hatte er sein Zürcher Ingenieurbüro für die Zwecke jener Fabrik zur Verfügung zu stellen. Er arbeitete abwechselnd in G. .. heim und in Zürich. In einem Nachtrag vom 17. Dezember 1956 zum Anstellungsvertrag wurde als sein Wohnort nach wie vor Zürich angegeben. Die Büroräume befanden sich seit 1. März 1958 im gleichen Haus wie das Büro der Ehefrau. In G. .. heim stand dem Ehepaar eine Fabrik- oder Geschäftswohnung zur Verfügung. Zeitweise lebten sie an jenem Ort und pflogen auch dort gesellschaftliche Beziehungen. Ferner kaufte die Ehefrau in G. .. heim Land, um später einmal darauf ein Haus zu bauen. Indessen blieben beide Eheleute in Zürich als Einwohner gemeldet; hier war die Ehefrau weiterhin beruflich tätig, und hier übte der Ehemann seine politischen Rechte aus, zahlte Steuern und AHV-Beiträge; auch benutzte er ein Automobil mit Zürchernummer. B.- Im Jahre 1959 kam es zu ehelichen Zwistigkeiten und zur Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes. Die Ehefrau blieb an der B. .. strasse in Zürich wohnen, während der Ehemann auszog, sich in Zürich anders einrichtete, auch das dortige Büro an eine andere Strasse verlegte und der Ehefrau den Zutritt zur Fabrikwohnung in G. .. heim verbieten liess. Am 17. Juli 1959 leitete er BGE 86 II 303 S. 305 beim Friedensrichteramt Zürich 7 Klage auf Scheidung ein, die er am 1. Oktober 1959 beim Bezirksgericht Zürich einreichte. Am 12. Januar 1960, zwei Tage vor dem Hauptverhandlungstermin, zog er die Klage jedoch zurück, und zwar ausdrücklich, um sie in H. bei dem für G. .. heim zuständigen Gericht, neu anzuheben. Das geschah denn auch am 9./11. März 1960, nachdem er sich - und nicht auch die Ehefrau - in Zürich polizeilich ab- und in G. .. heim angemeldet hatte. C.- Inzwischen stellte die Ehefrau am 20. Februar 1960 beim Einzelrichter in Ehesachen des Bezirksgerichts Zürich ein Gesuch um Eheschutzmassnahmen. Sie verlangte namentlich, dass ihr die Wohnung an der B. .. strasse samt dem ehelichen Hausrat zur Benutzung zugewiesen und der Ehemann zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen verpflichtet werde. Mit Entscheid vom 26. März 1960 wies der angerufene Richter das Gesuch von der Hand, da er wegen der in H. angehobenen Scheidungsklage des Ehemannes nicht mehr sachlich zuständig sei. Auf Rekurs der Ehefrau hob aber das Obergericht des Kantons Zürich am 8. Juni 1960 den Entscheid des Einzelrichters auf und erklärte diesen als zur Behandlung des Gesuches zuständig. D.- Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat der Ehemann Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG erhoben mit der Rüge der Verletzung eidgenössischer Zuständigkeitsnormen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die örtliche Zuständigkeit zu richterlichen Massnahmen im Sinne der Art. 169 ff. ZGB ist in diesem Gesetz nicht geregelt. Indessen ist nicht anzunehmen, der Bundesgesetzgeber habe die Bestimmung dieses Gerichtsstandes dem kantonalen Recht anheim geben wollen. Man hat es vielmehr mit einer Lücke des ZGB zu tun; sie ist in Anlehnung an Art. 144 ZGB auszufüllen und als zuständig der Richter des Wohnsitzes des gesuchstellenden Ehegatten BGE 86 II 303 S. 306 zu erachten ( BGE 54 I 246 Mitte, BGE 64 II 72 und 176, BGE 68 II 183 ). 2. Dass, wie der Ehemann behauptet, der eheliche Wohnsitz im Jahr 1954 von Zürich nach G. .. heim verlegt worden sei, ist nicht glaubhaft gemacht. Hiefür ist gleichgültig, wie sich die Arbeitszeit des Ehemannes von nun an auf die beiden Orte verteilt haben mag. Denn für den Wohnsitz eines Ehepaars ist in erster Linie der Ort der ehelichen Wohnung bestimmend, und es ist nicht ersichtlich, dass von den beiden Wohnungen, welche die Parteien belegt hatten, derjenigen in Zürich in den betreffenden Jahren nicht mehr der Vorrang vor der kleineren, nach Angabe der Ehefrau zum grössten Teil von der Geschäftsunternehmung eingerichteten "Fabrikwohnung" in G. .. heim zugekommen wäre. Im übrigen kann offen bleiben, ob der Ehemann bei der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes oder wenigstens in den ersten Monaten 1960, als er sich polizeilich in Zürich ab- und in G. .. heim anmeldete, seinen persönlichen Wohnsitz an den letztern Ort verlegt oder aber sich dort nur, um die Scheidungsklage neu in Deutschland anzuheben, also zu einem nicht wohnsitzbegründenden Sonderzweck niedergelassen habe (vgl. BGE 64 II 399 und 403). Sollte sich der Wohnsitz des Ehemannes nunmehr in Deutschland befunden haben, so ist der Ehefrau ein selbständiger Wohnsitz in Zürich zuzuerkennen, wo sie wohnen geblieben ist. Denn spätestens seit der Einreichung der Scheidungsklage des Ehemannes in Zürich war sie berechtigt, getrennt zu leben ( Art. 170 Abs. 2 ZGB ), und zwar gleichgültig ob das mit dieser Klage befasste Gericht zuständig war, einfach deshalb, weil, wie das Obergericht zutreffend bemerkt, "die blosse Tatsache des Scheidungsprozesses das gemeinsame Leben verunmöglicht". An dieser Berechtigung änderte auch der Rückzug der vom Ehemann in Zürich eingereichten Klage nichts, weil sie ausdrücklich in der Absicht erfolgte, in Deutschland einen neuen Scheidungsprozess anzuheben, wie es ja dann geschehen ist. Im übrigen BGE 86 II 303 S. 307 hat der Ehemann durch die Verweigerung des Zusammenlebens und durch das Verbot des Betretens der "Fabrikwohnung" in G. .. heim die Ehefrau geradezu zum Getrenntleben gezwungen, so dass sich ihre Berechtigung dazu auch aus dem Grundgedanken des Art. 170 Abs. 1 ZGB herleiten lässt (vgl. BGE 83 II 498 ). Da sie nach dem Wegzug des Ehemannes in der ehelichen Wohnung an der B. .. strasse in Zürich blieb, hat sie diese Berechtigung zweifellos ausgeübt und sich damit einen selbständigen Wohnsitz geschaffen. Sie bedurfte dafür nach ständiger Rechtsprechung keiner richterlichen Bewilligung (neuestens BGE 85 II 297 ; dazu PIOTET im JdT 1960 I 98ff.). Es ist belanglos, dass sie in einem Briefe die Wohnung in G. .. heim, auf eine dort aufgetretene Nebenbuhlerin anspielend, auch später noch als ihre eheliche Wohnung bezeichnete. Daraus ergibt sich nicht einmal die Absicht, von Zürich dorthin überzusiedeln und die Zürcher Wohnung aufzugeben. Übrigens könnte ein blosser Wunsch, solange er nicht erfüllt wird, keinen Wohnsitz begründen (vgl. BGE 65 II 97 , BGE 69 II 1 ). Für die Frage, ob die Ehefrau in der Schweiz einen selbständigen Wohnsitz habe und somit an diesem Orte den richterlichen Schutz nach Art. 169 ff. ZGB in Anspruch nehmen könne, ist das schweizerische Recht massgebend, gleichgültig, wo sich der Wohnsitz des Ehemannes befindet (vgl. BGE 83 II 496 /97). 3. Ein solches Gesuch ist freilich nicht mehr zulässig bei Rechtshängigkeit einer Scheidungs- oder Trennungsklage des einen oder andern Ehegatten, sofern diese Klage zuständigen Ortes angebracht ist und nun beim Scheidungsgericht vorsorgliche Massnahmen verlangt werden können ( BGE 64 II 176 und 396). In diesem Sinne beruft sich der Ehemann im vorliegenden Falle auf die von ihm am 11. März 1960 beim Landgericht H. eingereichte Scheidungsklage. Nach der insoweit auf Anwendung ausländischen Rechts beruhenden und daher vom Bundesgericht in diesem Punkte nicht nachzuprüfenden BGE 86 II 303 S. 308 Entscheidung des Obergerichts könnten in der Tat bei jenem deutschen Scheidungsgericht (vorausgesetzt, dass dieses sich als zuständig erachten würde) in einer dem Art. 145 ZGB entsprechenden Weise vorsorgliche Massnahmen für die Prozessdauer nachgesucht werden. Mit Recht lehnt es das Obergericht jedoch ab, die Ehefrau auf diesen Weg zu weisen. Denn das vom Ehemann angerufene ausländische Gericht ist für die Scheidungsklage nicht zuständig. Nach Art. 3 des schweizerisch/deutschen Urteilsvollstreckungsabkommens vom 2. November 1929 sind die in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Angehörigen eines der beiden Staaten oder beider Staaten ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates im Gebiete des andern Staates anzuerkennen, "es sei denn, dass an dem Rechtsstreit ein Angehöriger des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, beteiligt war und nach dem Rechte dieses Staates die Zuständigkeit eines Gerichts des andern Staates nicht begründet war." Zur Erläuterung wurde von den beiden Delegationen im Sitzungsprotokoll vermerkt: "Die im Art. 3 enthaltene Zuständigkeitsbestimmung bedeutet, dass der Richter des Staates, in dem das Urteil geltend gemacht wird, nachzuprüfen hat, ob eine der in seinem Rechte für den in Frage kommenden Rechtsstreit aufgestellten Zuständigkeitsvoraussetzungen im Gebiete des andern Staates erfüllt war." (Botschaft des Bundesrates, BBl 1929 III 536 oben). Für schweizerische Ehegatten hängt somit die Anerkennung eines deutschen Scheidungs- oder Trennungsurteils im Gebiete der Schweiz gänzlich von den Zuständigkeitsnormen des intern-schweizerischen Rechtes ab. Wird davon ausgegangen, der Ehemann habe im vorliegenden Fall bei Anhebung des Scheidungsprozesses in H. nicht nur polizeilichen, sondern auch zivilrechtlichen Wohnsitz in Deutschland gehabt, so kommen die von Art. 144 ZGB abweichenden Normen in Betracht, wie sie sich aus Art. 7 g NAG BGE 86 II 303 S. 309 für Auslandschweizer ergeben. Danach steht einem im Ausland wohnenden Schweizerbürger allgemein der Gerichtsstand seines Heimatortes zur Verfügung. Ausserdem wird in der Schweiz "die Scheidung schweizerischer, im Auslande wohnender Ehegatten durch ein nach dortigem Rechte zuständiges Gericht" anerkannt (Abs. 1 und 3 daselbst). Diese letztere Vorschrift hat indessen nach ihrem Wortlaut den Fall im Auge, dass beide Ehegatten im Ausland wohnen. Hat dagegen der eine Ehegatte Wohnsitz in der Schweiz, so kann in der Tat nicht von der Scheidung "im Auslande wohnender Ehegatten" gesprochen werden (vgl. auch den französischen und den italienischen Text: "le divorce d'époux suisses habitant l'étranger"; "il divorzio di coniugi svizzeri domiciliati all'estero"). Nach ständiger Rechtsprechung wird daher ein ausländisches Gericht nur dann als zur Scheidung schweizerischer Ehegatten zuständig erachtet, wenn beide ihren Wohnsitz im Ausland haben ( BGE 56 II 338 , BGE 64 II 78 , BGE 80 II 101 unten/102). An dieser Auslegung ist festzuhalten, entgegen einer Lehrmeinung, wonach Art. 7 g Abs. 3 NAG anwendbar sein soll, wenn auch nur der Kläger im Ausland wohnt (so STAUFFER, N. 3 zu Art. 7 g NAG ; derselbe, Die neuen Verträge der Schweiz über die Vollstreckung von Zivilurteilen, Druckschrift Nr. 31 der Schweizerischen Vereinigung für internationales Recht, S. 12 ff.). Es mag dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen der bundesrätlichen Botschaft zum schweizerisch/deutschen Vollstreckungsabkommen (BBl a.a.O. Mitte) die letztere Ansicht zum Ausdruck bringen (so STAUFFER, in der erwähnten Druckschrift S. 13, während BECK N. 105 zu Art. 7 g NAG , jene Ausführungen für die gegenteilige Ansicht in Anspruch nimmt). Jedenfalls hat die Rechtsprechung, wie dargetan, seit dem Erscheinen jener Botschaft die streitige Frage eindeutig im Sinne der engern Auslegung des Art 7 g Abs. 3 NAG beantwortet (vgl im gleichen Sinne, ausser BECK a.a.O.: PILLER, La condition juridique des Suisses à l'étranger, 101/2; GULDENER, Das BGE 86 II 303 S. 310 internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, 66 oben, mit Fussnote 175 b) Der Wortlaut des Gesetzes lässt eine andere Auslegung schwerlich zu. In sachlicher Beziehung ist nicht so sehr das (von STAUFFER in der erwähnten Druckschrift S 13/14 kritisierte) Argument entscheidend, das Gesetz wolle konkurrierende Scheidungsgerichtstände nach Möglichkeit vermeiden, als vielmehr die Rücksichtnahme auf den in der Schweiz wohnhaften Ehegatten schweizerischer Nationalität, dem nicht über den Wortlaut des Gesetzes hinaus zugemutet werden darf, einer Klage auf Scheidung oder Trennung der Ehe im Ausland ausgesetzt zu werden. Erweist sich somit das vom Ehemann angerufene ausländische Scheidungsgericht nach den schweizerischen Zuständigkeitsnormen als unzuständig, so muss es dabei auch nach Art. 3 des schweizerisch/deutschen Vollstreckungsabkommens sein Bewenden haben. Das von der Ehefrau an ihrem schweizerischen Wohnsitz angehobene Eheschutzverfahren ist daher ungeachtet jenes Scheidungsprozesses durchzuführen (vgl. BGE 80 II 100 /101, BGE 84 II 475 ). Über die Zuständigkeit zur Beurteilung des Gesuches um Eheschutzmassnahmen haben die damit befassten schweizerischen Gerichte selbständig zu entscheiden Es bestand daher für das Obergericht, da es den für die Anwendung der massgebenden Zuständigkeitsnormen wesentlichen Tatbestand als hinreichend abgeklärt erachtete, keine Veranlassung, auf die zur Zeit noch in H. hängige Scheidungsklage des Ehemannes Rücksicht zu nehmen und gemäss dessen Eventualantrag den Entscheid des dortigen Gerichts über die Zuständigkeitsfrage abzuwarten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 108 V 232 52. Auszug aus dem Urteil vom 30. November 1982 i.S. Schweizerische Ausgleichskasse gegen Binder und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 91 Abs. 1 IVV . Das zivilrechtliche Formerfordernis, wonach die Unterschrift am Ende der Urkunde stehen soll, ist für Rentenverfügungen der Invalidenversicherung nicht Gültigkeitsvoraussetzung. Der anlässlich einer revisionsweisen Rentenaufhebung erfolgte Entzug der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Beschwerde ist rechtsgültig, auch wenn er sich auf der Rückseite des - auf der Vorderseite unterzeichneten - Verfügungsschreibens befindet.
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 108 V 232 S. 232 Anlässlich eines Revisionsverfahrens hob die Schweizerische Ausgleichskasse mit Verfügung vom 2. Dezember 1981 die ganze Invalidenrente des Armando Binder auf, wobei einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen wurde. Der Vermerk über den Entzug des Suspensiveffektes befand sich auf der Rückseite des auf der Vorderseite unterzeichneten Verfügungsschreibens. BGE 108 V 232 S. 233 Auf Beschwerde des Versicherten hin stellte der Präsident der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich fest, die auf der Rückseite der angefochtenen Kassenverfügung angeordnete Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei nichtig (Entscheid vom 28. Mai 1982). Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es sei in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides der Entzug des Suspensiveffektes wiederherzustellen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Vorinstanz ging bei ihrer Annahme, die Aberkennung des Suspensiveffektes sei nichtig, im wesentlichen davon aus, der Entzug der aufschiebenden Wirkung befinde sich auf der Rückseite der Verfügung, wo sich auch im Vordruck die Rechtsmittelbelehrung befinde; lediglich ganz zuunterst auf der Vorderseite stehe der ebenfalls formularmässige Vermerk "siehe Rückseite"; der Entzug der aufschiebenden Wirkung sei somit durch die auf der Vorderseite befindliche Unterschrift der Ausgleichskasse nicht gedeckt. Nach herrschender Lehre und Praxis zum Allgemeinen Teil des schweizerischen Obligationenrechts habe die Unterschrift aber den Abschluss der Urkunde zu bilden und an deren Ende zu stehen; fehle es hieran, sei Nichtigkeit die Folge. Diese Grundsätze hätten auch im öffentlichen Recht Gültigkeit. b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE 105 V 248 in bezug auf Beitragsverfügungen der Ausgleichskassen die Unterschrift nicht als Gültigkeitserfordernis betrachtet und in diesem Zusammenhang u.a. festgehalten, dass eine analoge Anwendung der zivilrechtlichen Bestimmungen über die Schriftform hier nicht angängig sei, da diese Bestimmungen von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen ( BGE 105 V 253 ). Ähnliche Überlegungen verbieten es, das zivilrechtliche Erfordernis, wonach die Unterschrift den Abschluss der Urkunde bilden soll, bei Rentenverfügungen der Invalidenversicherung als Gültigkeitsvoraussetzung zu betrachten. Gilt es nämlich bei Privatrechtsgeschäften Unklarheiten darüber zu vermeiden, ob und in welchem Umfang schriftlich festgehaltene Willenserklärungen dem Aussteller der Urkunde zuzurechnen sind - weshalb die im Text enthaltene Erklärung schon der äusseren Erscheinung nach durch die Unterschrift gedeckt sein soll -, entfällt bei Rentenverfügungen in aller Regel diese Schwierigkeit; denn die von Art. 91 Abs. 1 IVV verlangte Form der Schriftlichkeit BGE 108 V 232 S. 234 bietet genügend Gewähr dafür, dass die verfügten Anordnungen einer bestimmten Amtsstelle zugerechnet werden können. Näherer Prüfung bedarf bei Verfügungen dagegen die Frage, welche der in einem Verwaltungsschreiben enthaltenen Erklärungen Teil des Verfügungsdispositivs sind (und damit den Charakter einer verbindlichen Anordnung aufweisen) und welchen Sinn die verfügten Anordnungen haben. Diese Fragen sind durch Auslegung zu beantworten. Formellen Gesichtspunkten kommt hierbei keine ausschlaggebende Bedeutung zu, namentlich nicht bei der Bestimmung dessen, was das Dispositiv einer Verfügung ausmacht (vgl. ARV 1977 Nr. 13 S. 47 unten). Vielmehr haben nach dem Grundsatz von Treu und Glauben Verfügungen auf dem Gebiete der Sozialversicherung so zu gelten, wie sie nach gemeinverständlichem Wortlaut zu verstehen sind ( BGE 100 V 157 Erw. 3a). Sodann ist vorliegend der kraft Art. 1 Abs. 2 lit. a VwVG in Verbindung mit Art. 62 Abs. 2 AHVG und Art. 113 Abs. 1 AHVV im Verfahren vor der Schweizerischen Ausgleichskasse anwendbare Art. 38 VwVG (vgl. BGE 104 V 154 ) zu beachten, wonach aus einer mangelhaften Eröffnung den Parteien kein Nachteil erwachsen darf. Ob dies zutrifft, beurteilt sich wiederum nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, an welchem die Berufung auf Formmängel in jedem Fall ihre Grenze findet ( BGE 98 V 278 Erw. 1 in fine mit Hinweisen, ZAK 1977 S. 156 Erw. 2c mit Hinweis). c) Im vorliegenden Fall hat die Schweizerische Ausgleichskasse den Entzug der aufschiebenden Wirkung auf der Rückseite der Verfügung aufgeführt, währenddem sich die Unterschrift und die als Dispositiv hervorgehobene Textstelle ("Es wird deshalb verfügt: Die ganze IV-Rente wird auf den 31.12.1981 eingestellt.") auf der Vorderseite befinden. Gleichwohl konnten über die Tragweite des rückseitig angebrachten Vermerks vernünftigerweise keine Zweifel aufkommen. Wie die rechtzeitig erhobene Beschwerde beweist, hat der Beschwerdegegner denn auch verstanden, dass die Ausgleichskasse den Entzug des Suspensiveffektes verbindlich verfügte. Im übrigen ist ihm durch die Art, wie die Verwaltung die verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung eröffnete, kein Nachteil entstanden. Aus diesen Gründen kann weder von einem zur Anfechtbarkeit führenden (SALADIN, Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 146 ff.), geschweige denn von einem die Nichtigkeit bewirkenden (ZAK 1982 S. 84 Erw. 3 mit Hinweisen) Formfehler die Rede sein.
null
nan
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1,982
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CH_BGE_007
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Federation
f870762b-be6f-49e7-b64f-9a42e09e3434
Urteilskopf 115 IV 161 36. Estratto della sentenza del 25 maggio 1989 della Corte di cassazione penale nella causa M. c. Procura pubblica sottocenerina (ricorso per cassazione)
Regeste Mittäterschaft. Zur Annahme von Mittäterschaft genügt auch Eventualvorsatz.
Erwägungen ab Seite 161 BGE 115 IV 161 S. 161 Considerando in diritto: 1. Ambedue le Corti cantonali sono pervenute alla conclusione che il ricorrente, al momento in cui prendeva con S. la decisione di rapinare il benzinaro della stazione di servizio sul Monte Ceneri, di notte e con l'arma carica, non solo conosceva, ma ha anche voluto accettare, l'eventualità che il suo mandatario S., agendo da solo in quelle circostanze, fosse stato costretto a sparare, e non soltanto per intimorire, ma per uccidere una o più persone. ... 2. Contrariamente a quanto assume il ricorrente, non è dubbio che anche il dolo eventuale può bastare per ammettere la correità. Secondo costante giurisprudenza del Tribunale federale, è correo chi collabora con altri compartecipi intenzionalmente e in modo determinante nella decisione, pianificazione od esecuzione di un reato, si da apparire come uno dei protagonisti; al proposito va tenuto conto, in particolare, dell'intensità della volontà delittuosa ( DTF 108 IV 92 consid. 2 e richiami). Nella correità è presupposta, tra l'altro, una decisione comune circa la commissione del reato; ciò non significa tuttavia che tale decisione comune debba essere stata manifestata espressamente; è sufficiente che essa risulti da atti concludenti (cfr. STRATENWERTH, BGE 115 IV 161 S. 162 Schweizerisches Strafrecht, Parte generale, § 13 n. 50 pag. 323). Va perciò ammessa la correità anche per un atto punibile la cui realizzazione è stata tacitamente accettata secondo lo svolgimento del piano delittuoso espressamente concertato. Come nella correità in un reato espressamente concertato, non occorre che il reato debba essere eseguito materialmente da tutti i correi; basta che il singolo correo abbia prestato il proprio concorso alla decisione e alla pianificazione, in occasione della quale erano stati accettati consapevolmente e volontariamente, nel senso del dolo eventuale, anche gli eventi risultanti dagli atti ulteriori commessi. La Corte di cassazione e di revisione penale del Cantone Ticino ha quindi esattamente ammesso in questo senso la correità del ricorrente negli omicidi effettuati da S. Una violazione del diritto federale va pertanto esclusa al riguardo.
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1,989
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CH_BGE_006
CH
Federation
f872bcc9-6d39-42b4-b758-7f6c58fd10ed
Urteilskopf 98 Ib 241 35. Urteil vom 29. September 1972 i.S. Adda gegen Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Gewässerschutz; Ableitung von Abwässern aus einem Wohnhaus. 1. Anwendbares Recht (Erw. 1). 2. Es ist sowohl nach dem alten wie auch nach dem neuen Gewässerschutzgesetz zulässig, eine für den Umbau eines Wohnhauses erteilte Abwasserableitungsbewilligung, die lediglich eine Verbesserungnicht aber die vollständige Sanierung der bisherigen Verhältnisse vorsieht, zu widerrufen, wenn sich herausstellt, dass in Wirklichkeit nicht ein Umbau sondern ein Neubau geplant ist (Erw. 2 und 3). 3. Der Widerruf der Abwasserableitungsbewilligung widerspricht hier auch nicht den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 242 BGE 98 Ib 241 S. 242 A.- Der in Stäfa wohnhafte Anton Adda war Eigentümer eines alten Wohnhauses (Katasternummer 400, Versicherungsnummer 122) in der Eggrüti, Feldbach, Gemeinde Hombrechtikon. Das Haus stand im übrigen Gemeindegebiet und war an ein Nachbarhaus angebaut. Es hatte keinen Kanalisationsanschluss. Die Abwässer flossen ungeklärt in den Grenzbach. Der Eigentümer erklärte, das Haus umbauen zu wollen. Auf Gesuch hin bekam er von der Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich am 27. Juli 1970 folgende Bewilligung: "Anton Adda, Stäfa, wird bewilligt, das Abort-, Bad-, Küchen-, Toiletten- und Waschabwasser nach vorangegangener Klärung sowie das Dachwasser aus seinem auf Grundstück Kt.-Nr. 400 umzubauenden BGE 98 Ib 241 S. 243 Wohnhaus Vers. Nr. 122 in Eggrüti, Hombrechtikon, durch eine Ableitung O 15 cm dem öffentlichen Grenzbach zuzuleiten (AWR e-651 Zürichsee rechts)." Anschliessend wurden "massgebende Bedingungen" formuliert, ferner wurde angeordnet, die Bewilligung sei "auf Kosten des Gesuchstellers im Grundbuch anzumerken". Am 24. August 1970 erteilte der Gemeinderat Hombrechtikon dem Gesuchsteller die Baubewilligung für den geplanten Umbau. Darin wurde gesagt, die Bewilligung der Baudirektion bezüglich der Abwasserbeseitigung sei ein "integrierender Bestandteil der Baubewilligung" und müsse strikte eingehalten werden. B.- In der Folge brach Anton Adda das Haus in der Eggrüti ab. Am 13. November 1970 erhielt er eine neue Verfügung der kantonalen Baudirektion. Darin wurde festgestellt, "dass die Baute vollständig bis auf den Kellergrund abgebrochen wurde". Es handle sich "demzufolge offensichtlich nicht mehr um einen Um-, sondern einen Neubau, sodass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung für das Ableiten der Abwässer dahingefallen" seien. Die ersten drei Abschnitte des anschliessenden Dispositivs lauten: "I. Anton Adda, Stäfa, hat unverzüglich sämtliche Bauarbeiten auf dem Grundstück Kat.-Nr. 400 in der Eggrüti in Hombrechtikon-Feldbach einzustellen. II. Kommt Anton Adda dieser Aufforderung nicht nach, so erfolgt Verzeigung wegen Ungehorsams im Sinne von Artikel 292 des Strafgesetzbuches. Gemäss dieser Bestimmung wird mit Haft oder Busse bestraft, wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet. III Ausserdem behält sich die Baudirektion vor, im Falle der Zuwiderhandlung gegen diese Verfügung Anton Adda wegen Verletzung der kantonalen und eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung zur Bestrafung zu verzeigen. Ferner bleibt die Anwendung unmittelbaren Zwanges unter Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe vorbehalten." Der Regierungsrat des Kantons Zürich bestätigte diese Verfügung auf Rekurs Addas hin am 21. Januar 1971. C.- Gegen den Beschluss des Regierungsrates führt Anton Adda rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag: "Es sei der in Anwendung des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung ergangene Beschluss Nr. 400 des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 21. Januar 1971, sowie BGE 98 Ib 241 S. 244 die Verfügung der Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich Nr. 1749/70 aufzuheben, und festzustellen, dass unter dem Gesichtspunkt des vorerwähnten Gesetzes gegen die Umbaubewilligung des Gebäudes Nr. 122 auf dem Grundstück Kat. Nr. 400 in der Eggrüti/Feldbach, Gemeinde Hombrechtikon nichts einzuwenden sei." D.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt mit Vernehmlassung vom 11. November 1971 die Abweisung der Beschwerde. E.- Mit einem eingehenden Bericht äussert sich das Eidgenössische Departement des Innern am 24. März 1972 zur Streitsache, ohne einen formellen Antrag zu stellen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. In der Begründung des angefochtenen Entscheides hat sich der Regierungsrat einerseits auf das BG vom 16. März 1955 über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (GSchG 1955), anderseits auf das kantonale Gesetz vom 15. Dezember 1901 über die Gewässer und den Gewässerschutz (Wassergesetz) in der abgeänderten Fassung vom 2. Juli 1967 berufen. Im Verfahren vor dem Bundesgericht ist indessen unbestritten, dass das GSchG 1955 die primäre Rechtsgrundlage des angefochtenen Entscheides darstellt, und dass daneben das kantonale Wassergesetz nur die Bedeutung eines Ausführungserlasses hat. Dementsprechend beklagt sich der Beschwerdeführer ausschliesslich über die Verletzung des GSchG 1955 sowie des ebenfalls dem öffentlichen Recht des Bundes angehörenden Prinzips von Treu und Glauben, das aus Art. 4 BV abgeleitet wird ( BGE 96 I 15 ). Während der Pendenz der Beschwerde vor dem Bundesgericht - am 1. Juli 1972 - ist das BG vom 8. Oktober 1971 über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (GSchG 1971) in Kraft getreten. Laut dessen Art. 45 Abs. 2 ist das GSchG 1955 "mit dem Inkrafttreten" des GSchG 1971 "aufgehoben" worden. Das GSchG 1971 enthält keine Sonderregel für die bereits anhängigen Streitsachen, wie sie in den Verfahrensgesetzen des Bundes vielfach üblich sind (vgl. Art. 171 OG , Abschnitt III Abs. 2 des BG vom 20. Dezember 1968 über die Änderung des OG, Art. 87 Abs. 3 BZP ; Art. 81 VwG). Es fragt sich daher, ob die Beschwerde nach neuem Recht zu beurteilen sei. Die Frage kann indessen offen bleiben, wenn die Anwendung des bisherigen und des neuen Rechts zum gleichen Ergebnis führt. Nach altem und nach neuem Recht BGE 98 Ib 241 S. 245 ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig; nach altem und nach neuem Recht ist dabei auch die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides zu überprüfen (Art. 14 GSchG 1955 und Art. 10 GSchG 1971 in Verbindung mit Art. 104 Ziff. 3. lit. c OG). 2. Die Abwässer des abgebrochenen Hauses sind ungeklärt dem Grenzbach, der ein öffentliches Gewässer ist, zugeführt worden. Das geschah entgegen dem in Art. 3 Abs. 2 GSchG 1955 formulierten Prinzip der vorgängigen Klärung solcher Abgänge. Doch war der Regierungsrat des Kantons Zürich gemäss Abs. 3 dieser Vorschrift ermächtigt, die Sanierung bestehender Zuleitungen "schrittweise anzuordnen". Das geschah in der Weise, dass er bei Umbauten alter Häuser, die schon vor dem Inkrafttreten des GSchG 1955 bestanden hatten, sich oft mit einer Verbesserung der bisherigen Verhältnisse begnügte, bei Neubauten dagegen die integrale Beobachtung des Art. 3 Abs. 2 des GSchG 1955 verlangte. Dass das zulässig war, bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht. Seine Rüge geht vielmehr dahin, dass die alte Praxis bei ihm grundlos missachtet worden sei. Das ist im folgenden zu prüfen. a) Die Direktion der öffentlichen Bauten hat mit Verfügung vom 27. Juli 1970 für den Fall eines Umbaues des Hauses die Ableitung der Abwässer in den Grenzbach "nach vorangegangener Klärung" gestattet. Damit war nur eine mechanische Vorklärung gemeint, die keine Abwasserreinigung im technischen Sinne darstellt. Diese Klärung war nicht geeignet, "einen hinreichenden Schutz" des Grenzbachs "gegen Verunreinigung dauernd zu gewährleisten", wie es Art. 3 Abs. 2 GSchG 1955 erheischt; wohl aber bedeutete sie einen ersten Schritt in der Richtung auf eine Sanierung der bisherigen Verhältnisse, also eine Massnahme gemäss Abs. 3. In diesem Sinne war sie zulässig. Keinesfalls aber trifft die These des Beschwerdeführers zu, dass die Einleitung von mechanisch vorgeklärtem Abwasser keine Gefährdung von Trink- und Brauchwasser bewirke, sondern eine den technischen Möglichkeiten und dem Selbstreinigungsvermögen des Gewässers angepasste ausreichende Massnahme darstelle. Bei solcher Klärung wird nämlich "nur knapp ein Drittel des Gehaltes an fäulnisfähigen Schmutzstoffen eines mittleren häuslichen Abwassers" zurückgehalten; die im Abfluss "verbleibenden, schwebenden und gelösten BGE 98 Ib 241 S. 246 Stoffe stellen eine noch sehr erhebliche Belastung für die Vorfluter dar" (Verband Schweizerischer Abwasserfachleute, Richtlinien für die Entwässerung von Liegenschaften, Dritter Teil, Abwasser-Einzelreinigungsanlagen, 2. Auflage 1965, S. 7; gleiche Feststellung schon in der Botschaft des Bundesrates zum GSchG 1955, BBl 1953 II 10; ebenso SCHINDLER, Rechtsfragen des Gewässerschutzes in der Schweiz, ZSR 1965 II 406). b) Der Beschwerdeführer bestreitet der Baudirektion und dem Regierungsrat die Befugnis, die Bewilligung für die Abwasserableitung zurückzuziehen zunächst deshalb, weil die Baudirektion am 27. Juli 1970 genau gewusst habe, dass der damals bewilligte "Umbau" weitgehend ein Neubau sein werde. Der Beschwerdeführer verweist dafür auf einen schwarz und rot angelegten Plan, den er nach eigener Angabe dem Gemeinderat Hombrechtikon eingereicht hat. Dieser Plan enthält nicht nur schwarz und rot, sondern auch gelb und grün kolorierte Bauteile. Ob der Gemeinderat daraus genau ersehen konnte, was der Beschwerdeführer zu unternehmen vorhatte, braucht nicht abgeklärt zu werden. Denn es geht hier nicht darum, zu wissen, was der Gemeinderat aus diesem Plan entnehmen konnte. Vielmehr ist abzuklären, was die Baudirektion aus dem Plan entnehmen konnte oder musste, der ihrem Amt für Gewässerschutz und Wasserbau am 20. Mai 1970 durch das Ingenieurbüro Altorfer, Cogliatti und Schellenberg zugestellt worden war. Dieser Plan bildete die Grundlage für die Abwasserableitungs-Bewilligung vom 27. Juli 1970. Beide Pläne sind vom 25. März 1970 datiert. Der Plan, welcher der Baudirektion für die Abwasserableitungs-Bewilligung vorlag, trägt folgenden Stempel: "AWR Nr.: c - 2 - 651 Plan Nr.: 2 Amt für Gewässerschutz und Wasserbau." Dieser Plan enthält keinerlei farbig gezeichnete Stellen. Es finden sich darauf ausschliesslich schwarze Strichzeichnungen. Beim Kellergrundriss, der auch das Schema der Abwasserableitung enthält, steht folgender Text: "Schlammsammler 80 cm O Schlammsack 70 cm BGE 98 Ib 241 S. 247 Aufsatzkonus 80/60 + D." Sowohl der Stempel als auch der hievor reproduzierte Text fehlen auf dem Plan, der dem Gemeinderat Hombrechtikon als Grundlage für die Baubewilligung diente. Dieser Plan trägt statt dessen die rot geschriebene Überschrift "Baueingabe" sowie den rot gestempelten Text: "Baute bewilligt gemäss Beschluss des Gemeinderates vom 24. August 1970." Abgesehen von diesen Unterschieden und von der beim ersten Plan fehlenden, beim zweiten vorhandenen Kolorierung sind die beiden Pläne identisch. Bezüglich der Teile, die am Haus beibehalten, abgebrochen oder verändert werden sollten, enthält der der Baudirektion vorgelegte Plan keinen Hinweis. Der Beschwerdeführer erklärt selber nicht, die zum Abbruch bestimmten Teile des alten Hauses seien aus diesem Plan ersichtlich gewesen. Wie sich aus der Verfügung vom 27. Juli 1970 ergibt, hat die Baudirektion den ihr vorgelegten Plan nur bezüglich der Abwasserableitung geprüft und im übrigen daraufabgestellt, dass der vom Beschwerdeführer beigezogene Architekt R. Neuenschwander das Bauvorhaben schon in der Überschrift des Plans - "Umbau Einfamilienhaus Eggrüti Hombrechtikon" - eindeutig als blosse Änderung eines bestehenden Hauses gekennzeichnet hatte. Aus diesem Plan war nicht ersichtlich, dass das alte Haus ganz abgerissen und durch ein neues ersetzt werden sollte. Dass die kantonale Baudirektion vorgängig der Bewilligung auf andere Weise vom Beschwerdeführer über dessen wirkliche Absicht unterrichtet worden sei, ist nicht dargetan. Der Beschwerdeführer gibt auch zu, dass in der Folge das alte Haus bis auf den Erdboden abgebrochen wurde, ebenso, dass der Abbruch der Fundamente noch weiter ging, als ursprünglich beabsichtigt war. Wie sich aus den Photographien ergibt, die der Regierungsrat seiner Vernehmlassung beigefügt hat, ist ausser ein paar Dachsparren, die durch einen Baumstamm behelfsmässig gestützt werden, vom alten Haus nichts übrig geblieben. Die Erklärung des Regierungsrates, dass "sämtliche konstruktiven Bauelemente über dem Erdboden, die die Substanz eines Hauses ausmachen", verschwunden seien, trifft zu. Das bestreitet übrigens der Beschwerdeführer nicht. BGE 98 Ib 241 S. 248 c) Der Beschwerdeführer hält den Rückzug der Bewilligung aus gewässerschutzpolizeilichen Gründen gleichwohl für unzulässig. Nach seiner Erklärung werden aus dem Neubau weder mehr noch andere Abwässer anfallen, als aus dem frühern Haus. Aber das hilft, selbst wenn es zutreffen sollte, dem Beschwerdeführer nichts. Dass der Regierungsrat bei schrittweisem Vorgehen, wie es Art. 3 Abs. 3 GSchG 1955 für bestehende Ableitungen vorsieht, Umbauten an alten Häusern bei etwelcher Verbesserung des bisherigen Zustandes zulässt, bei Neubauten dagegen auf der Beobachtung von Art. 3 Abs. 2 GSchG 1955 beharrt, ist vertretbar. Die schrittweise Sanierung im einen und die totale Sanierung im andern Falle lässt sich begründen: Wer bei einem Umbau eine alte gesetzwidrige Ableitung verbessert, der vermindert eine bisherige Gefahrquelle; wer bei einem Neubau nicht für eine klaglose Beseitigung der Abwässer sorgt, der schafft eine neue Gefahrenquelle. Auch die wirtschaftliche Situation des Bauherrn ist wohl oft verschieden. Wer über die Mittel für einen Neubau verfügt, der wird sich in der Regel nicht mit dem Umbau eines alten Hauses begnügen. Die gefahrlose Beseitigung der Abwässer gehört zu den normalen Baukosten eines neuen Hauses. Diese Kosten sind dem Bauherrn eines neuen Hauses eher zumutbar als dem Eigentümer eines alten Hauses. Zudem ist bei Neubauten - Ausnahmen vorbehalten - mit einer längern Lebensdauer zu rechnen als bei Altbauten, die durch Umbau den Bedürfnissen der Gegenwart mehr oder weniger gut angepasst werden. Wenn der Regierungsrat daher vom Beschwerdeführer für einen Neubau eine tadellose Abwässerbeseitigung fordert, während er sich bei einem blossen Umbau des alten Hauses mit einer Teilsanierung begnügt hätte, so ist das unter dem Aspekt von Art. 3 Abs. 2 und 3 GSchG 1955 haltbar und namentlich auch nicht unangemessen. 3. Prüft man den Sachverhalt nach dem GSchG 1971, so ergibt sich kein anderes Resultat. Nach Art. 15 des GSchG 1971 dürfen Abwässer durch Kanalisationen erst in Gewässer eingeleitet werden, "nachdem sie gemäss den Anordnungen der Kantone behandelt" und von der zuständigen kantonalen Behörde bewilligt worden sind. Diese Bewilligung aber setzt eine Behandlung der einzuleitenden Abwässer voraus, die jede Verunreinigung und jede andere schädliche physikalische, chemische oder biologische Veränderung des Gewässers, das die BGE 98 Ib 241 S. 249 Abwässer aufnimmt, ausschliesst (Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2). Die Kantone sind zudem verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle bisherigen "verunreinigenden Einleitungen" binnen 10 Jahren nach dem Inkrafttreten des GSchG 1971 den Erfordernissen dieses Gesetzes angepasstoderaufgehoben werden (Art. 16 Abs. 1). Das gilt insbesondere auch - wie sich durch Rückschluss aus Art. 16 Abs. 3 und 4 ergibt - für Ableitungen, die bewilligt worden sind. Würde der Kanton Zürich bei der Erfüllung dieser Pflicht zögern, so hätte er selber Massnahmen des Bundesrates zu gewärtigen (Art. 3 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 2). Der Beschwerdeführer hätte daher, selbst wenn sein Projekt - entgegen dem wahren Sachverhalt - als "Umbau" behandelt und die Bewilligung der Baudirektion vom 27. Juli 1970 wieder hergestellt würde, auf die Dauer keinen Vorteil. Denn bis zum 1. Juli 1982 müsste er auf alle Fälle die Abwässer seines Hauses den Anforderungen des GSchG 1971 entsprechend reinigen. Andernfalls müsste ihm die Einleitung in den Grenzbach verboten werden. Im einen und andern Fall aber wären die Kosten für die mechanische Klärung der Abwässer, wie sie ihm unter der Hypothese eines Umbaus bewilligt wurde, nutzlos vertan. 4. Die Verfügung, mit der die Baudirektion dem Beschwerdeführer am 13. November 1970 die Einstellung der Bauarbeiten befohlen hat, war zwar nicht formell, wohl aber inhaltlich ein Widerruf der am 27. Juli 1970 erteilten Baubewilligung. Mit ihr wurde zudem, wegen des engen Sachzusammenhangs, auch die Baubewilligung des Gemeinderates Hombrechtikon hinfällig. Wäre die Verfügung der Baudirektion vom 13. November 1970 rechtswidrig, so wäre es auch der Entscheid, mit dem der Regierungsrat diese Verfügung bestätigt hat. a) Die gewässerschutzpolizeiliche Baubewilligung ist - wie jede andere Baubewilligung - ein Verwaltungsakt, der formell rechtskräftig wird und daher mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden kann ( BGE 91 I 95 ). Entspricht eine solche Verfügung dem öffentlichen Interesse und richtiger Rechtsanwendung nicht oder nicht mehr, so kann sie nicht ohne weiteres aufgehoben werden. Vielmehr sind die Interessen des Gemeinwesens und des Bewilligungsempfängers gegeneinander abzuwägen. Dabei überwiegt in der Regel das Interesse des Bewilligungsempfängers ( BGE 93 I 665 , BGE 89 I 434 , BGE 88 I 227 /28): BGE 98 Ib 241 S. 250 - wenn er durch die Bewilligung ein subjektives Recht erworben hat, - wenn der frühere Entscheid in einem Verfahren ergangen ist, in dem die öffentlichen Interessen allseitig zu prüfen und gegen die privaten Interessen abzuwägen waren, - wenn der Empfänger von der Bewilligung bereits Gebrauch gemacht hat. Von diesen Voraussetzungen trifft mindestens die dritte im vorliegenden Falle zu. Der Abbruch des alten Hauses war zugleich der Beginn der Bauarbeiten für das neue, das ohne den vorgängigen Abbruch auf der alten Baustelle nicht errichtet werden kann (vgl. BGE 90 I 15 /16). b) Auch wenn man in Betracht zieht, dass der Beschwerdeführer selber Baumeister ist und ihn der Abbruch weniger kosten mochte als einen andern Bauherrn, so ist doch klar, dass er die Kosten des Abbruchs "im Vertrauen" auf die empfangene Baubewilligung aufgewendet hat. Dieses Vertrauen wäre nach dem Prinzip von Treu und Glauben zu schützen ( BGE 89 I 434 , BGE 92 I 235 ), wenn die Bewilligung nicht auf Grund einer ungenauen Planunterlage und eines missverständlichen Gesuchs erwirkt worden wäre. Wie in Ziffer 2 lit. b dargestellt wurde, enthielt der Plan, der der kantonalen Baudirektion als Grundlage für die gewässerschutzpolizeiliche Bewilligung diente, nichts, was darauf hätte schliessen lassen, dass der Beschwerdeführer das alte Haus vollständig abbrechen und durch ein neues ersetzen wolle. Nicht nur der Plan, sondern auch der Brief, mit dem das Ingenieurbüro Altdorfer, Cogliatti und Schellenberg die Planvorlage an das kantonale Amt für Gewässerschutz begleitete, trug die Überschrift "Umbau Einfamilienhaus Anton Adda, Eggrüti, Hombrechtikon". Der erste Absatz des Briefes lautet: Als Beilage erhalten Sie die Kanalisationspläne, betreffend den Umbau des obgenannten Einfamilienhauses. Da das Bauobjekt im übrigen Gemeindegebiet liegt, und die Entwässerung der Liegenschaft an ein öffentliches Gewässer erfolgen muss, unterliegt dieses der Bewilligungspflicht Ihres Amtes." Die eingangs erwähnten Kanalisationspläne bestanden lediglich aus einer Katasterkopie und dem Plan, der jetzt den Stempel des kantonalen Amtes für Gewässerschutz und Wasserbau trägt. Auf keinem Dokument war von etwas Anderem als BGE 98 Ib 241 S. 251 einem "Umbau" die Rede; klarwar auch, dass die kantonale Baudirektion die Planvorlage nur hinsichtlich der Abwasserableitung zu prüfen hatte. Als Baumeister konnte der Beschwerdeführer nicht im Ungewissen darüber sein, dass unter "Umbau" nicht der vollständige Abbruch eines alten Hauses und dessen Ersatz durch ein neues verstanden werden würde. Auch wenn man nicht geradezu annimmt, der Beschwerdeführer sei als Kenner der Praxis darauf ausgegangen, die kantonale Baudirektion zu täuschen und damit eine sonst nicht erhältliche Bewilligung zu erschleichen, so ist doch unverkennbar, dass Pläne und Brief geeignet waren, bei der Behörde, die sich mit der Abwasserbeseitigung zu befassen hatte, einen Irrtum hervorzurufen. Das aber hat der Beschwerdeführer zu vertreten. Ist der Irrtum der Baudirektion durch den Beschwerdeführer - ob absichtlich oder unabsichtlich kann dahingestellt bleiben - verursacht worden, so verstiess es nicht gegen Treu und Glauben, wenn diese nach Kenntnis des wahren Sachverhalts auf die Bewilligung zurückkam, die sie für einen Neubau nicht erteilt hätte ( BGE 93 I 395 ). 5. In Ziffer 4 seiner Erwägungen hat der Regierungsrat dem Beschwerdeführer zu verstehen gegeben, wie er doch noch zu einer Baubewilligung kommen kann: dadurch nämlich, dass er die Abwässer in einer geschlossenen Grube sammelt und sie alsdann landwirtschaftlich verwertet oder verwerten lässt, wofür eine genügend grosse Bodenfläche dauernd bereitzustellen ist. Dieser Modus ist auch vom Bundesgericht schon als praktikabel anerkannt worden, und zwar nicht nur für Wohnhäuser ( BGE 94 I 500 ) sondern auch für Viehzuchtbetriebe ( BGE 96 I 760 ff., BGE 97 I 466 ff.). Indessen darf festgehalten werden, dass im Dispositiv des angefochtenen Entscheides hierüber nichts steht. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer noch einen andern Behelf für die unschädliche Beseitigung der Abwässer seines neuen Hauses findet. In einem Urteil vom 29. Oktober 1971 in Sachen Jürgens (ZBl 73/1972 102 ff.) hat das Bundesgericht festgestellt, dass die damals bekannten Kleinkläranlagen noch keinen dauerhaften Schutz gegen die Verunreinigung der Vorfluter zu gewährleisten vermochten. Es ist denkbar, dass die Technik seither Fortschritte erzielt hat. Bedeutsam für den Beschwerdeführer mag aber vor allem sein, dass über die zulässigen Sanierungsmassnahmen nichts präjudiziert ist, sodass er in einem künftigen Verfahren BGE 98 Ib 241 S. 252 jeden beliebigen Behelf vorschlagen kann, der den Erfordernissen des Art. 20 GSchG 1971 zu genügen vermag. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 108 II 122 25. Arrêt de la Ire Cour civile du 17 mars 1982 dans la cause Srouji contre Tradax Internacional S.A. et Tradax Export S.A. (recours de droit administratif)
Regeste Art. 935 Abs. 2 OR ; Verpflichtung schweizerischer Zweigniederlassungen von Firmen mit Hauptsitz im Ausland zur Eintragung in das Handels-register. Begriff der Zweigniederlassung (E. 1). Der Eintrag der Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Gesellschaft übe ihre Haupttätigkeit nicht am Hauptsitz, sondern am Sitz der Zweigniederlassung aus (E. 2). Die Zweigniederlassung muss über Personal und Geschäftsräume verfügen, die nicht mit denen des Hauptsitzes identisch sind; nicht erforderlich ist aber, dass diese ihr allein zur Verfügung stehen (E. 3). Sind die Voraussetzungen für das Bestehen einer Zweigniederlassung erfüllt, so ist sie verpflichtet, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 123 BGE 108 II 122 S. 123 A.- Tradax Internacional S.A. et Tradax Export S.A., qui ont l'une et l'autre leur siège social à Panama City, font partie du groupe Cargill Tradax. Ce groupe comprend notamment les sociétés suisses Tradax Genève S.A. et Tradax Gestion S.A., qui ont leur siège à Genève et déploient leur activité dans les mêmes locaux. Constituées comme "sociétés de services" pour les autres sociétés du groupe, les deux sociétés genevoises ont reçu de Tradax Internacional S.A. et de Tradax Export S.A. des mandats en vertu desquels elles ont exercé une activité commerciale au nom et pour le compte de celles-ci. A cet effet, elles utilisaient en général le papier à lettres de la société panaméenne représentée, avec mention du nom de la société suisse comme adresse et signature, au nom de la société panaméenne, des personnes autorisées à représenter la société suisse. B.- Mounir Srouji, commerçant à Beyrouth, qui se prétend créancier pour des montants importants de Tradax Internacional S.A. et Tradax Export S.A. et voudrait pouvoir agir au for de Genève, a requis le Préposé au registre du commerce du canton de Genève de procéder à l'inscription d'une succursale de ces deux BGE 108 II 122 S. 124 sociétés à Genève en faisant valoir qu'elles exercent l'essentiel de leur activité au siège des sociétés suisses Tradax Genève S.A. et Tradax Gestion S.A. à Genève. A défaut, Srouji demandait la modification du but social des deux sociétés suisses, lequel devait mentionner, selon lui, qu'elles géraient l'activité propre d'autres sociétés. Le Préposé a rejeté les deux requêtes par décision du 6 février 1981. Le 30 juillet 1981, le Chef du Département cantonal de l'économie publique, agissant en qualité d'autorité de surveillance du registre du commerce, a rejeté un recours de Srouji. C.- Srouji a formé un recours de droit administratif dans lequel il reprend les conclusions présentées en instance cantonale. Le Tribunal fédéral admet le recours, annule la décision du 30 juillet 1981 du Département cantonal de l'économie publique et celle du 6 février 1981 du Préposé au registre du commerce du canton de Genève et invite ce dernier à entamer la procédure tendant à l'inscription d'une succursale des sociétés Tradax Internacional S.A. et Tradax Export S.A. à Genève. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l' art. 935 al. 2 CO , les succursales suisses de maisons dont le siège principal est à l'étranger sont tenues de se faire inscrire au registre du commerce. La loi ne définit pas la succursale. Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral ( ATF 103 II 201 et les arrêts cités), non contestée par la doctrine (cf. notamment FORSTMOSER, Schweizerisches Aktienrecht I p. 413 ss.; GAUCH, Der Zweigbetrieb im schweizerischen Zivilrecht p. 104 ss.; F. DE STEIGER, Le droit des sociétés anonymes en Suisse, trad. française 1973, p. 349; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 4e éd., p. 381; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, Einführung in das schweizerische Aktienrecht, 2e éd., p. 295), la notion juridique de la succursale vise tout établissement commercial qui, dans la dépendance d'une entreprise principale dont il fait juridiquement partie, exerce d'une façon durable, dans des locaux séparés, une activité similaire, en jouissant d'une certaine autonomie dans le monde économique et celui des affaires; l'établissement est autonome lorsqu'il pourrait, sans modifications profondes, être exploité de manière indépendante; il n'est pas nécessaire que la succursale puisse accomplir toutes les activités de l'établissement principal; il suffit que BGE 108 II 122 S. 125 l'entreprise locale, grâce à son personnel spécialisé et à son organisation propre, soit à même, sans grande modification, d'exercer d'une façon indépendante son activité d'agence locale; il s'agit d'une autonomie dans les relations externes, qui s'apprécie de cas en cas d'après l'ensemble des circonstances, quelle que soit la subordination ou la centralisation interne. 2. Pour les sociétés anonymes, le principal établissement au sens des art. 934 et 935 CO équivaut au siège social au sens des art. 640 et 641 CO ; en droit interne suisse, ce siège est choisi librement par la société ( art. 56 CC , 626 ch. 1, 640 al. 1 et 641 ch. 2 CO; ATF 100 Ib 458 ), et le droit international privé suisse admet aussi la conséquence d'un tel choix en soumettant en principe le statut de la société anonyme à la loi selon laquelle elle est organisée (cf. projet de loi fédérale sur le droit international privé de la commission d'experts, art. 152, et rapport explicatif, chapitre 9, III. 2; cf. aussi ATF 105 III 111 , ATF 102 Ia 410 , 580 consid. 7a, ATF 95 II 448 consid. 1; FORSTMOSER, op.cit., p. 115 et la doctrine citée à la note 7; BÜRGI/NORDMANN, n. 127 ss. ad art. 753/754). Il en résulte que le siège social de la société anonyme n'est pas nécessairement le centre principal de son activité (généralement économique); il est ainsi possible que la société déploie une activité plus importante au siège d'une succursale qu'au siège social, ce qui n'est pas en soi contraire à la notion de succursale d'une société anonyme. On ne saurait dès lors refuser l'inscription d'une succursale à un endroit, par le motif que la société anonyme y exercerait son activité principale, ce qu'elle ne ferait pas à son siège social. Dans les relations internationales, l'arrêt de principe Vernet et consorts ( ATF 76 I 158 ss. consid. 3) rappelle que le droit international privé suisse fixe le domicile de la personne morale à son siège statutaire, à moins qu'il ne soit fictif, c'est-à-dire sans rapport avec la réalité des choses et choisi uniquement pour échapper aux lois du pays où la personne morale exerce en fait son activité; il n'appartient cependant pas aux autorités du registre du commerce de trancher des questions de fond dont la solution n'est pas évidente; pour elles vaut au premier chef la présomption de vérité qui s'attache à la désignation du siège social dans les statuts de la société et qui ne peut être détruite que par des preuves tout à fait décisives; même si elles ont des doutes sérieux sur la réalité du siège indiqué et l'existence juridique de la société, elles n'en doivent pas moins procéder à l'inscription de la succursale sans chercher à tirer les choses au clair ni attendre une décision du juge, BGE 108 II 122 S. 126 dès que l'établissement dont il s'agit exerce en Suisse une certaine activité commerciale d'une manière suffisamment autonome; compte tenu des intérêts des créanciers que le registre du commerce doit protéger, l'inscription d'une succursale suffit et il n'est pas indispensable à cet effet de tirer au clair la question de savoir si le siège social étranger est fictif. Il n'y a aucune raison de revenir sur cette jurisprudence, qui n'est pas critiquée en doctrine (cf. par exemple F. DE Steiger, op.cit., p. 350, 352, 355; PATRY, Schweizerisches Privatrecht VIII, p. 94; HILBIG, Rechtsstellung und Rechtsnatur der Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften unter besonderer Berücksichtigung Kollisionsrechtlicher Probleme, thèse Zurich 1968 p. 40). Les considérations sur lesquelles elle repose ont une portée générale et ne sauraient être limitées, comme le propose le Département fédéral de justice et police dans ses observations, à l'hypothèse où il y aurait de toute façon un siège effectif à l'étranger, en dehors du siège social éventuellement fictif. Il serait d'ailleurs inconcevable de ne procéder à aucune inscription de la société en Suisse, ni comme succursale ni comme siège principal, alors même qu'elle y a son principal centre d'activité. En l'espèce, on se trouve dans une situation telle que l'envisage la jurisprudence précitée. Il est possible que les sièges panaméens des deux sociétés intimées soient fictifs, mais la solution à donner à cette question n'est pas évidente. Ces sociétés prétendent avoir à Panama City une activité excluant tout caractère fictif de leur siège. Quant aux affirmations du recourant dans ses requêtes, sur lesquelles le Département fédéral propose de se fonder, elles ne suffisent pas à établir la réalité de ses dires pour les autorités du registre du commerce; le requérant conteste d'ailleurs, dans son recours de droit administratif, le caractère fictif des sièges de Panama. Enfin, la limite de l'activité minima permettant d'exclure une domiciliation fictive n'est pas aisée à tracer, notamment pour une société holding - telle l'une des intimées - n'exerçant pas elle-même d'activité industrielle ou commerciale et pour des sociétés à caractère international dont le champ d'activité s'étend à de nombreux pays. L'autorité cantonale de surveillance a donc considéré à juste titre qu'en soi, le fait que les intimées exerceraient en Suisse leur principale activité n'y exclurait pas l'inscription d'une succursale. 3. L'autorité cantonale de surveillance a nié l'existence d'une succursale parce que les sociétés intimées ne disposeraient pas chacune à Genève de locaux à titre exclusif ni de personnel propre. BGE 108 II 122 S. 127 a) Il ne résulte pas de la définition jurisprudentielle qu'une succursale ne pourrait exister à un endroit que si la maison de commerce y dispose de locaux réservés à son usage exclusif. La jurisprudence exige seulement des locaux distincts de ceux du siège principal. L'exigence de locaux exclusifs n'aurait pas de raison d'être du moment qu'elle n'est pas non plus formulée en ce qui concerne le siège principal; il est du reste fréquent, notamment en cas de groupes de sociétés, que plusieurs sociétés soient administrées et gérées dans les mêmes locaux, parfois par les mêmes personnes. La négation d'une succursale, voire d'un siège principal, faute de locaux exclusifs, priverait en ce cas les tiers de la protection que le registre du commerce est destiné à leur assurer. L'arrêt ATF 68 I 112 consid. 3, cité par la décision attaquée, ne subordonne pas l'existence de la succursale à la jouissance de locaux à son usage exclusif; il insiste surtout sur l'indépendance de la succursale par rapport au siège principal. GAUCH, op.cit., p. 119 no 598, auquel se réfèrent les intimées, fait état d'un "eigenes Lokal" dont dispose la succursale mais il n'en exige pas un usage exclusif. Il relève par ailleurs qu'il ne faut pas se montrer strict quant à la preuve d'un lien avec un endroit, l'essentiel étant de pouvoir localiser l'activité de la succursale (no 597), et que le local est un espace dans lequel la succursale exerce au moins une partie de son activité (no 1125). Les intimées font remarquer que l'ordonnance sur le registre du commerce distingue, pour le siège social, le cas où la maison de commerce a un local et celui où elle n'a qu'un domicile chez un tiers ( art. 42 et 43 ORC ), alors que pour les succursales d'une entreprise suisse elle ne prévoit que la mention de son "local" (art. 71 lettre g ORC). Elles en déduisent a contrario qu'une succursale ne pourrait jamais être domiciliée chez un tiers. Il n'est pas nécessaire de se prononcer sur cette opinion - qui n'est pas partagée par Forstmoser (op.cit., p. 431 n. 84), s'agissant des succursales suisses de sociétés étrangères -, puisque de toute manière on ne saurait exiger des locaux à l'usage exclusif de la succursale et qu'en l'occurrence on peut admettre que l'activité économique des sociétés intimées est exercée dans les locaux de Genève, dont elle peut disposer en fait ( ATF 100 Ib 548 ) grâce à ses liens juridiques avec les sociétés suisses. Que l'activité à Genève des deux sociétés intimées s'exerce dans les mêmes locaux, utilisés aussi pour d'autres sociétés du même BGE 108 II 122 S. 128 groupe, ne s'oppose donc pas à leur inscription à cet endroit comme succursales. b) L'existence d'une succursale ne suppose pas non plus qu'elle ait à son service un personnel lié avec elle par des liens contractuels directs. Il suffit que ce personnel, à disposition de la succursale, agisse au nom et pour le compte de celle-ci. Les rapports juridiques internes unissant la succursale à son personnel sont étrangers aux intérêts des tiers que le droit du registre du commerce tend à sauvegarder. Le passage de l'arrêt précitéATF 68 I 113, selon lequel la succursale "muss eigenes Personal... haben", signifie que le personnel de la succursale doit être séparé dans une certaine mesure de celui du siège principal et qu'il doit être à la disposition de la succursale, ce qui est le cas en l'espèce. 4. Pour le surplus, l'activité exercée à Genève au nom et pour le compte des intimées répond à la définition de la succursale, ce qui n'est pas contesté. Les sociétés intimées se sont en effet créé à cet endroit un établissement présentant un certain caractère de stabilité et déployant en leur nom et pour leur compte une activité commerciale. L'indépendance de l'établissement de Genève par rapport au siège social des intimées résulte des contrats régissant l'activité des deux sociétés genevoises pour le compte des sociétés panaméennes ( ATF 89 I 412 s. consid. 6; cf. aussi ATF 81 I 157 consid. 3 et GAUCH, op.cit., p. 157 concernant l'inscription de la succursale d'un groupe de sociétés). On ne saurait davantage nier que l'établissement de Genève fasse "juridiquement partie" des sociétés panaméennes, au sens de la définition jurisprudentielle de la succursale, telle qu'il faut la comprendre en relation avec la fonction du registre du commerce. En effet, même si les deux sociétés suisses sont juridiquement distinctes, si l'une est titulaire du bail et l'une ou les deux vraisemblablement employeur(s) du personnel, leur activité apparaît directement au service des sociétés panaméennes. Celles-ci peuvent en disposer en vertu des contrats de mandat de sorte que c'est leur propre activité qui se déploie à Genève (cf. aussi ATF 34 I 702 ). 5. En se prévalant de la diversité juridique des sociétés panaméennes d'une part et des "sociétés de service" agissant en leur nom et pour leur compte d'autre part, pour s'opposer à l'inscription au registre du commerce, les sociétés intimées tentent d'utiliser une institution à une fin à laquelle elle n'est pas destinée, ce qui ne saurait être protégé. BGE 108 II 122 S. 129 Le but du registre du commerce est de faire connaître au public et aux créanciers, de manière claire, la situation et le régime de responsabilité de maisons de commerce soumises à l'inscription à ce registre ( ATF 104 Ib 322 et les arrêts cités). En l'occurrence, les sociétés intimées déploient à et de Genève une activité importante; le capital social des deux sociétés (200 millions $ et 48 millions $), l'ampleur des locaux (avec un loyer annuel de 1,5 million de francs) et du personnel occupés à Genève pour les sociétés du groupe en témoignent. Or cette activité est exercée à Genève de manière durable au nom et pour le compte de ces sociétés. Il est donc conforme au but du registre du commerce que les tiers en soient informés par une inscription sur ce registre. La société anonyme n'est pas destinée à permettre aux sociétés étrangères déployant en Suisse une activité correspondant à celle d'une succursale d'échapper à l'obligation de s'inscrire au registre du commerce en faisant exercer cette activité en leur nom et pour leur compte par une "société de service" leur servant d'écran. Le caractère insolite de ce procédé est du reste révélé notamment par le faible capital social de chacune des sociétés suisses (100'000 fr.), par rapport aux locaux et au personnel qu'elles occupent et aux intérêts qu'elles représentent, ainsi que par la façon dont, sur certains documents, les sociétés suisses signent de leur raison sociale sous la raison sociale des sociétés étrangères représentées. Or, en droit suisse, les sociétés anonymes ne peuvent désigner des personnes morales comme administrateurs ( art. 707 CO , cf. aussi art. 894 CO ) ou fondés de procuration (OSER/SCHÖNENBERGER, n. 20 ad art. 458; GAUTSCHI, n. 16 a ad art. 458), et le registre du commerce ne mentionne que des personnes physiques comme étant autorisées à signer au nom de la société ( art. 26 al. 3 et 41 ORC ; selon cette dernière disposition, une personne morale ne peut pas être désignée en qualité de représentante autorisée à signer; BÜRGI, n. 28 ad art. 717, n. 6 ad art. 719/720); ce sont aussi les personnes physiques autorisées à représenter la société qui doivent signer sous la raison sociale ( art. 719 CO , BÜRGI, n. 1 et 3 ad art. 719/720). Par ailleurs, la succursale suisse d'une maison étrangère doit faire connaître aux tiers son mode de représentation selon les règles du droit suisse ( art. 935 al. 2 CO ). Visant à la protection des tiers, ces dispositions ne sauraient être éludées. Peu importe que les sociétés intimées aient eu ou non l'intention de frauder la loi; l'essentiel est de constater l'illégalité de la position qu'elles défendent aujourd'hui. BGE 108 II 122 S. 130 Aussi est-ce à juste titre que le recourant demande l'inscription d'une succursale des deux sociétés intimées à Genève. Il appartiendra à celles-ci de requérir cette inscription et d'indiquer le nom de la ou des personnes physiques autorisées à les représenter ( art. 935 al. 2 CO ). Les sociétés intimées prétendent à tort que le recourant commettrait un abus de droit en requérant l'inscription d'une succursale uniquement aux fins de se constituer artificiellement un for à Genève. En effet, la possibilité donnée au créancier d'agir au for de la succursale est précisément un but auquel tend l'inscription d'une succursale ( art. 642 al. 3 CO ); même si selon l'opinion dominante l'inscription n'a pas d'effet constitutif (cf. ATF 103 II 203 , 98 Ib 104; STRÄULI/MESSMER, par. 3 n. 4; FORSTMOSER, op.cit., p. 423 n. 43 et références; F. DE STEIGER, op.cit., p. 35), le créancier n'en a pas moins un intérêt digne de protection à faire constater par l'autorité compétente l'existence d'une telle succursale et à obtenir que le registre, véridique et complet, mentionne l'existence d'une succursale existant en fait. Peu importe que le recourant soit un étranger domicilié à l'étranger, car la loi est aussi destinée à protéger les étrangers et, en l'occurrence, le recourant peut se prévaloir d'un intérêt légitime. 6. Les conclusions principales du recours étant admises, il n'y a pas lieu d'examiner la recevabilité et le fondement des conclusions relatives à la modification du but social des deux sociétés suisses.
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Urteilskopf 141 III 159 23. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_530/2014 vom 17. April 2015
Regeste Art. 204 Abs. 1 ZPO , Art. 32 und 462 OR ; persönliches Erscheinen zur Schlichtungsverhandlung; faktisches Organ; Vollmacht. Eine juristische Person kann sich im Schlichtungsverfahren nicht von faktischen Organen vertreten lassen (E. 2). Eine bloss bürgerliche Bevollmächtigung ( Art. 32 ff. OR ) reicht für das persönliche Erscheinen einer juristischen Person an der Schlichtungsverhandlung nicht aus. Abgrenzung zur kaufmännischen Handlungsvollmacht nach Art. 462 OR (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 160 BGE 141 III 159 S. 160 A. A. (Beklagte, Beschwerdeführerin) verpachtet der B. AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) mehrere Parzellen, welche diese zum Betrieb einer Pferdesportanlage nutzt. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob A. den Pachtvertrag mit der B. AG gekündigt hat. B. Am 27. Dezember 2012 reichte die B. AG beim Friedensrichteramt N. ein Schlichtungsgesuch ein. Die Schlichtungsverhandlung fand am 26. April 2013 statt. Seitens der Klägerschaft erschien D., die Mutter von E.; E. ist einziges Mitglied des Verwaltungsrates der B. AG. An der Schlichtungsverhandlung wurde der B. AG die Klagebewilligung ausgestellt. Am 27. Mai 2013 reichte die B. AG beim Bezirksgericht Arlesheim Klage ein mit dem Hauptantrag, es sei festzustellen, dass die Kündigung durch A. unwirksam sei. A. bestritt in ihrer Klageantwort das Vorliegen einer gültigen Klagebewilligung. Sie machte geltend, D. habe die B. AG bei der Schlichtungsverhandlung nicht vertreten können, weshalb die B. AG säumig gewesen sei und die Schlichtungsbehörde das Verfahren als gegenstandslos hätte abschreiben müssen. Mit Entscheid vom 16. Januar 2014 stellte die Bezirksgerichtspräsidentin Arlesheim die Ungültigkeit der Kündigung fest. Sie kam zum Schluss, die Klagebewilligung sei gültig. Die dagegen erhobene Berufung der A. wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 15. Juli 2014 ab. Auch das Kantonsgericht ging von der Gültigkeit der Klagebewilligung aus, weil D. faktisches Organ der B. AG sei und durch ihre Teilnahme an der Schlichtungsverhandlung die Voraussetzung des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO erfüllt worden sei. BGE 141 III 159 S. 161 C. Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 15. September 2014 beantragt A. dem Bundesgericht, es sei der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Klagebewilligung vom 26. April 2013 ungültig sei. Auf die Klage der B. AG sei nicht einzutreten. Das Bundesgericht tritt auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht ein; es heisst die Beschwerde in Zivilsachen teilweise gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (...) 1.2 Bei der zu beurteilenden Streitsache handelt es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit und es liegt - da Streitigkeiten aus Pachtrecht nicht als mietrechtliche Fälle zu qualifizieren sind ( BGE 136 III 196 E. 1.1 S. 197) - weder ein arbeits- noch ein mietrechtlicher Fall vor. Diesfalls ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, sofern der Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt ( Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ). Der Streitwert bestimmt sich nach den Begehren, die vor der Vorinstanz strittig geblieben sind ( Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG ). Vorliegend beträgt der Streitwert nach Angaben der Vorinstanz und der Parteien Fr. 15'000.-, womit der von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG geforderte Mindestbetrag nicht erreicht wird. Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen u.a. dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt ( Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ). Dies ist der Fall, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen ( BGE 139 III 209 E. 1.2 S. 210, BGE 139 III 182 E. 1.2 S. 185; BGE 138 I 232 E. 2.3 S. 236; BGE 134 III 354 E. 1.3 S. 357). 1.2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob es für das Erfordernis des "persönlichen Erscheinens" zu einer Schlichtungsverhandlung ausreiche, wenn die Aktiengesellschaft durch ein "faktisches Organ" vertreten werde, oder ob es zur Rechtssicherheit nicht eines Handelsregistereintrags bedürfe. BGE 141 III 159 S. 162 1.2.2 Nach Art. 197 ZPO geht dem Entscheidverfahren - abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen (vgl. Art. 198 f. ZPO) - ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde voraus. Zur Schlichtungsverhandlung müssen die Parteien persönlich erscheinen ( Art. 204 Abs. 1 ZPO ). Das Bundesgericht hat in BGE 140 III 70 entschieden, diese Pflicht zum persönlichen Erscheinen gelte auch für juristische Personen (E. 4.3 S. 70 ff.). Eine juristische Person habe sich an der Schlichtungsverhandlung durch ein Organ oder zumindest durch eine mit einer (kaufmännischen) Handlungsvollmacht ausgestattete und zur Prozessführung befugte Person, die überdies mit dem Streitgegenstand vertraut sei, vertreten zu lassen (E. 4.3 S. 72). Nicht geklärt ist damit, ob zu den Organen, die zur Vertretung der juristischen Person an der Schlichtungsverhandlung befugt sind, auch faktische Organe gehören. Faktische Organe sind Personen, die tatsächlich Organen vorbehaltene Entscheide treffen oder die eigentliche Geschäftsführung besorgen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimmen ( BGE 128 III 29 E. 3a S. 30 mit Hinweisen). Mit BGE 141 III 80 hat sich das Bundesgericht allgemein dazu geäussert, welche Personen dazu befugt sind, für eine Aktiengesellschaft rechtsgeschäftlich zu handeln und vor Gericht zu erscheinen; es sind dies erstens die Mitglieder des Verwaltungsrates ( Art. 718 Abs. 1 OR ), bei Übertragung der Vertretung nach Art. 718 Abs. 2 OR zweitens Delegierte oder Direktoren, drittens Prokuristen ( Art. 458 OR ) und viertens Handlungsbevollmächtigte i.S.v. Art. 462 OR (E. 1.3 S. 82). Die faktischen Organe werden in dieser Aufzählung nicht erwähnt. Ob zur Vertretung an der Schlichtungsverhandlung, für welche Art. 204 Abs. 1 ZPO mit der Voraussetzung des persönlichen Erscheinens eine Sonderregelung aufstellt, auch lediglich die aufgezählten Personen befugt sind, ist nicht ausdrücklich geklärt. 1.2.3 In der Lehre ist die Frage der Zulässigkeit einer Vertretung an der Schlichtungsverhandlung durch faktische Organe umstritten (Zulässigkeit bejahend: URS EGLI, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 5 zu Art. 204 ZPO ; Zulässigkeit verneinend: DAVID EGGER, Die Stellung der Organe im Zivilprozess, 2014, N. 151 ff., 165; implizit verneinend durch Voraussetzung eines Handelsregistereintrags: ALVAREZ/PETER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 2 zu Art. 204 ZPO ; ADRIAN STAEHELIN UND ANDERE, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 20 N. 19; BGE 141 III 159 S. 163 ALEXANDER WYSS, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 2 zu Art. 204 ZPO ). 1.2.4 Die Frage, wie eine juristische Person das Erfordernis des persönlichen Erscheinens an der Schlichtungsverhandlung korrekt umsetzt, ist von erheblicher praktischer Tragweite. Ob auch ein faktisches Organ die juristische Person vertreten kann, wovon die Vorinstanz ausging, ist durch die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht geklärt und in der Lehre umstritten. Vor diesem Hintergrund ist ein Klärungsbedürfnis und damit das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu bejahen. Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich damit gestützt auf Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG als zulässig. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist demnach nicht einzutreten ( Art. 113 BGG ). 2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 204 Abs. 1 ZPO . Entgegen der Ansicht der Vorinstanz habe die Beschwerdegegnerin das Erfordernis des persönlichen Erscheinens nicht durch das Erscheinen eines faktischen Organs erfüllen können, als welches D. qualifiziert worden sei. Die Klagebewilligung sei somit ungültig, weshalb die Klage abzuweisen sei. 2.1 Die Klagebewilligung stellt - abgesehen vom Spruch über die Kosten (vgl. Urteil 4D_68/2013 vom 12. November 2013 E. 3) - keinen anfechtbaren Entscheid dar ( BGE 139 III 273 E. 2.3 mit Hinweisen). Die beklagte Partei kann ihre Gültigkeit aber im erstinstanzlichen Klageverfahren bestreiten. Das Vorliegen der gültigen Klagebewilligung der Schlichtungsbehörde nach Art. 209 ZPO ist, wo dem Prozess überhaupt ein Schlichtungsversuch vorauszugehen hat, eine Prozessvoraussetzung, die das Gericht von Amtes wegen zu prüfen hat ( BGE 139 III 273 E. 2.1 mit Hinweisen). Ungültig ist die Klagebewilligung etwa, wenn die Schlichtungsbehörde mangels persönlichen Erscheinens der klagenden Partei ( Art. 204 Abs. 1 ZPO ) das Verfahren hätte abschreiben müssen, weil bei Säumnis der klagenden Partei das Schlichtungsgesuch nach Art. 206 Abs. 1 ZPO als zurückgezogen gilt ( BGE 140 III 70 E. 5 S. 74). 2.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, D. sei nicht als Organ im Handelsregister eingetragen. Nach dem funktionellen Organbegriff sei als Organ aber nicht nur anzusehen, wer de forma zur Erfüllung gesellschaftlicher Aufgaben berufen werde (formelles Organ), sondern auch, wer de facto Leitungsfunktionen wahrnehme bzw. effektiv und in entscheidender Weise an der Bildung des Verbandswillens teilhabe, BGE 141 III 159 S. 164 indem er Organen vorbehaltene Entscheide treffe oder die eigentliche Geschäftsführung besorge und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimme (faktisches Organ). Die Vorinstanz kam zum Schluss, D. sei ein solches faktisches Organ der klägerischen Aktiengesellschaft und durch ihre Teilnahme an der Schlichtungsverhandlung sei die Voraussetzung des persönlichen Erscheinens gemäss Art. 204 Abs. 1 ZPO erfüllt. 2.3 Art. 204 Abs. 1 ZPO verlangt, dass die für eine juristische Person als Partei an der Schlichtungsverhandlung anwesende Vertreterin vorbehaltlos und gültig handeln kann. So muss sie insbesondere zum Vergleichsabschluss ermächtigt sein ( BGE 140 III 70 E. 4.4 S. 73). In der Lehre ist umstritten, ob die Figur des faktischen Organs lediglich als Haftungstatbestand für sich einmischende Personen dient oder ob das faktische Organ tatsächliche Organqualität hat und (über die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht hinausgehend) durch sein Handeln die juristische Person aktiv binden kann (dazu ausführlich und kritisch MICHAEL WYTTENBACH, Formelle, materielle und faktische Organe - einheitlicher Organbegriff?, 2012, S. 247 ff., 267 f. mit zahlreichen Hinweisen auf die Literatur; kritisch auch EGGER, a.a.O., N. 152 ff., 164; vgl. zu den Folgen faktischer Organschaft auch PETER V. KUNZ, Materielle Organschaft ["faktische VR"]: Voraussetzung sowie Folgen im Aktienrecht, in: Entwicklungen im Gesellschaftsrecht IX, 2014, S. 173 ff., 183 ff.). Das Bundesgericht hat die Figur des faktischen Organs bisher primär im Zusammenhang mit der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (des faktischen Organs) nach Art. 754 OR angewendet ( BGE 136 III 14 E. 2.4 S. 20 f.; BGE 128 III 92 E. 3a S. 93 f., BGE 128 III 29 E. 3a S. 30 f.; BGE 119 II 255 E. 4 S. 257 ff.; BGE 117 II 570 E. 3 S. 571; BGE 107 II 349 E. 5b S. 355; Urteil 4A_306/2009 vom 8. Februar 2010 E. 7), weiter im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit der Organe einer Aktiengesellschaft für Nichtleistung der Sozialversicherungsbeiträge ( BGE 132 III 523 E. 4.5 S. 528 f.), im Zusammenhang mit der Geschäftsherrenhaftung nach Art. 55 OR ( BGE 122 III 225 E. 4b S. 227; vgl. auch Urteil 4A_544/2008 vom 10. Februar 2009 E. 2.2 f.) und im Zusammenhang mit einer auf Rechtsschein beruhenden Vollmacht ( BGE 124 III 418 E. 1b S. 420 f. und E. 1c S. 421 f.). In einem nicht publizierten Urteil aus dem Jahr 2001 hat das Bundesgericht zwar ausgeführt, auch das faktische Organ könne die Gesellschaft nach aussen vertreten, wobei sich die Vertretungsmacht aus dem Umstand ergebe, dass die entsprechenden Personen in gleicher Weise wie ein gewähltes BGE 141 III 159 S. 165 Organ an der Meinungsbildung der juristischen Person beteiligt seien und nach aussen auftreten würden (Urteil 4C.307/2001 vom 14. März 2002 E. 2b). In diesem Urteil ging es indessen nicht um eine aktive Handlung, sondern (ähnlich einer Wissenszurechnung) um die Zurechnung der Entgegennahme von Arbeit (vgl. Art. 320 Abs. 2 OR ). 2.4 Es kann hier offenbleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein faktisches Organ aktiv für die juristische Person materiell bindende Rechtshandlungen vornehmen kann, selbst wenn - wie hier - die Gegenpartei eine gültige Vertretung der juristischen Person bestreitet. Denn vorliegend gilt es den prozessrechtlichen Kontext zu beachten. Die Schlichtungsbehörde muss an der Schlichtungsverhandlung prüfen, ob die Voraussetzung des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO erfüllt ist. Von dieser Frage hängt das weitere Vorgehen ab. Erscheint eine Partei nicht persönlich, ohne dass ein Dispensationsgrund nach Art. 204 Abs. 3 ZPO vorliegt, so ist sie säumig. Dies hat bei der klagenden Partei zur Folge, dass das Schlichtungsgesuch als zurückgezogen gilt und das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben wird ( Art. 206 Abs. 1 ZPO ). Bei Säumnis der beklagten Partei verfährt die Schlichtungsbehörde gemäss Art. 206 Abs. 2 ZPO , wie wenn keine Einigung zustande gekommen wäre (Erteilung der Klagebewilligung, Unterbreitung eines Urteilsvorschlags oder Entscheid). Die Schlichtungsbehörde muss somit an der Schlichtungsverhandlung möglichst rasch und gestützt auf Urkunden (vgl. Art. 203 Abs. 2 ZPO ) darüber befinden können, ob die Voraussetzung des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO erfüllt ist oder ob sie aufgrund von Säumnis das Verfahren abschreiben (Säumnis der klagenden Partei) bzw. nach Art. 209-212 ZPO verfahren soll (Säumnis der beklagten Partei). Erscheint nun für eine juristische Person eine natürliche Person zur Schlichtungsverhandlung, die sich als faktisches Organ ausgibt, so lässt sich deren Stellung innerhalb der juristischen Person durch die Schlichtungsbehörde nur schwer verifizieren (vgl. auch EGGER, a.a.O., N. 162). Ein faktisches Organ ist gerade nicht im Handelsregister eingetragen. Es spricht für sich, dass vorliegend das erstinstanzliche Gericht ein Beweisverfahren durchführen und mehrere Personen befragen musste, um zur Auffassung zu gelangen, es liege eine faktische Organschaft vor. Solche Beweismassnahmen sind im Schlichtungsverfahren nicht möglich (vgl. Art. 203 Abs. 2 ZPO ). Jedenfalls könnte nicht bereits aus der Tatsache des Erscheinens zur Schlichtungsverhandlung für die juristische Person auf eine faktische BGE 141 III 159 S. 166 Organschaft geschlossen werden, da so eine beliebige Person zum faktischen Organ werden könnte und das Erfordernis des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO völlig ausgehöhlt würde. Ein weiteres Problem würde sich auch mit der Zeichnungsberechtigung ergeben. Bei einem faktischen Organ lässt sich nicht wie bei im Handelsregister eingetragenen Organen aus diesem ablesen, ob eine Einzel- oder eine Kollektivzeichnungsberechtigung besteht. 2.5 Ist die Schlichtungsbehörde mit so vielen Unklarheiten konfrontiert, die sie nicht oder jedenfalls nicht ohne einigen Aufwand beseitigen kann, so hätte sie bei Zulassung des faktischen Organs als Vertreterin der juristischen Person zwei Möglichkeiten. Entweder erachtet sie die Ausführungen des angeblichen faktischen Organs als glaubwürdig und führt die Schlichtung durch, dies mit dem Risiko, dass der zur Verhandlung erschienene Vertreter in Wirklichkeit kein faktisches Organ ist und eine erteilte Klagebewilligung ungültig oder ein abgeschlossener Vergleich in Frage gestellt wäre. Oder aber sie erachtet die korrekte Vertretung der juristischen Person als nicht erwiesen und schreibt bei Säumnis der Klägerin das Verfahren als gegenstandslos ab oder erteilt bei Säumnis der Beklagten die Klagebewilligung bzw. unterbreitet einen Urteilsvorschlag oder Entscheid. Im ersten Fall wird eine allfällige Einigung der Parteien nachträglich wieder in Frage gestellt, was der Rechtssicherheit abträglich ist. Im zweiten Fall wird die Schlichtungsverhandlung gar nicht erst durchgeführt, womit eine durch die Schlichtungsbehörde herbeigeführte Einigung nicht möglich ist. In beiden Fällen besteht die Gefahr, die Versöhnung der Parteien als Zweck des Schlichtungsverfahrens ( Art. 201 Abs. 1 ZPO ) zu vereiteln. Zudem ist es der Prozessökonomie abträglich, wenn die Frage des korrekten persönlichen Erscheinens i.S.v. Art. 204 Abs. 1 ZPO in das erstinstanzliche Gerichtsverfahren verlagert wird und - wie vorliegend - mittels Durchführung eines Beweisverfahrens geklärt werden muss (vgl. EGGER, a.a.O., N. 162 und 131). 2.6 Der Schlichtungsbehörde muss nach dem Gesagten ermöglicht werden, rasch und einfach zu prüfen, ob eine juristische Person korrekt vertreten zur Schlichtungsverhandlung erschienen ist. Die im Handelsregister eingetragenen Organe und die Prokuristen haben zu diesem Zweck einen Handelsregisterauszug vorzuweisen; die (kaufmännischen) Handlungsbevollmächtigten haben eine Vollmacht zur Prozessführung in dieser Angelegenheit i.S.v. Art. 462 Abs. 2 OR BGE 141 III 159 S. 167 vorzuweisen, aus der sich zudem ihre Handlungsvollmacht i.S.v. Art. 462 OR ergibt (vgl. BGE 141 III 80 E. 1.3 S. 82; Urteil 4D_2/2013 vom 1. Mai 2013 E. 2.2.1). Faktische Organe vermögen nichts Derartiges vorzuweisen. Eine juristische Person kann sich daher im Schlichtungsverfahren nicht von faktischen Organen vertreten lassen. 3. Um die Voraussetzung des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO zu erfüllen, kann sich eine juristische Person an der Schlichtungsverhandlung auch durch eine mit einer (kaufmännischen) Handlungsvollmacht ausgestattete, zur Prozessführung befugte und mit dem Streitgegenstand vertraute Person vertreten lassen ( BGE 140 III 70 E. 4.3 S. 72). Die Vorinstanz hat denn auch in einer Eventualbegründung geltend gemacht, D. sei zumindest als Handlungsbevollmächtigte i.S.v. Art. 462 OR zu qualifizieren. 3.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, die einzelzeichnungsberechtigte Verwaltungsrätin E. habe ihrer Mutter D. am 22. April 2013 eine Vollmacht ausgestellt. Darin habe sie D. bevollmächtigt, die Interessen von E. und diejenigen der Beschwerdegegnerin an der Verhandlung vor dem Friedensrichteramt N. vom 26. April 2013 in Sachen Klage Nr. x zu vertreten. Es liege somit eine gültige Handlungsvollmacht im Sinne von Art. 462 Abs. 2 OR für D. zur Vertretung an der Schlichtungsverhandlung vor. Es könne ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass diese Vollmacht dem Friedensrichter vorgelegen habe, sei doch auf der Klagebewilligung hinter dem Namen von D. der Zusatz "bevollmächtigt" vermerkt. 3.2 Unter einer kaufmännischen Handlungsvollmacht sind die Prokura nach Art. 458 ff. OR sowie die "andere Handlungsvollmacht" nach Art. 462 OR zu verstehen. Eine Handlungsvollmacht i.S.v. Art. 462 OR liegt vor, wenn der Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines andern nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes jemanden ohne Erteilung der Prokura, sei es zum Betriebe des ganzen Gewerbes, sei es zu bestimmten Geschäften in seinem Gewerbe als Vertreter bestellt; die Vollmacht erstreckt sich dabei auf alle Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Gewerbes oder die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt ( Art. 462 Abs. 1 OR ). Zur Prozessführung ist der Handlungsbevollmächtigte hingegen nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis ausdrücklich erteilt worden ist ( Art. 462 Abs. 2 OR ). Wenn das Bundesgericht eine kaufmännische Handlungsvollmacht voraussetzt, so ergibt sich daraus, dass eine bloss bürgerliche Bevollmächtigung ( Art. 32 ff. OR ) nicht ausreicht. BGE 141 III 159 S. 168 3.3 Wird wie vorliegend eine Person schriftlich bevollmächtigt, eine Partei an der Schlichtungsverhandlung zu vertreten, so stellt sich die Frage, ob lediglich eine (unzureichende) bürgerliche Bevollmächtigung nach Art. 32 OR oder ob eine nach Art. 462 Abs. 2 OR erforderliche, einem Handlungsbevollmächtigten i.S.v. Art. 462 OR ausdrücklich erteilte Befugnis zur Prozessführung vorliegt. Eine Handlungsvollmacht i.S.v. Art. 462 OR setzt voraus, dass eine Person nicht für ein einzelnes Rechtsgeschäft gezielt bevollmächtigt, sondern für alle Rechtshandlungen als Vertreter bestellt wird, die der Betrieb eines ganzen Gewerbes oder die Ausführung bestimmter Geschäfte in einem Gewerbe mit sich bringt; die Ermächtigung zur Prozessführung nach Art. 462 Abs. 2 OR kann demnach nur einer Person erteilt werden, die (bereits) Handlungsbevollmächtigte i.S.v. Art. 462 Abs. 1 OR ist (vgl. WYSS, a.a.O., N. 2 zu Art. 204 ZPO : "Die Anwesenheit eines Handlungsbevollmächtigten nach Art. 462 Abs. 1 OR ist nur ausreichend, wenn dieser ausdrücklich zur Prozessführung ermächtigt worden ist [ Art. 462 Abs. 2 OR ]."). Aus der Vollmacht zur Prozessführung ( Art. 462 Abs. 2 OR ) muss sich mithin gleichzeitig ergeben, dass eine Handlungsvollmacht i.S.v. Art. 462 OR vorliegt (vgl. oben E. 2.6). 3.4 Vorliegend hat sich die Vorinstanz zur Begründung der Handlungsvollmacht i.S.v. Art. 462 Abs. 1 OR auf die Vollmacht zur Vertretung im Prozess gestützt. Aus der Vollmacht ergibt sich indessen nicht, dass D. eine (kaufmännische) Handlungsbevollmächtigte i.S.v. Art. 462 Abs. 1 OR der Beschwerdegegnerin war. Damit wären die Voraussetzungen für eine gültige Vertretung der Beschwerdegegnerin durch eine (kaufmännische) Handlungsbevollmächtigte an sich nicht erfüllt. Das Bundesgericht hat diese Voraussetzungen vorliegend allerdings erstmals konkretisiert. Sollte D. von E. daher tatsächlich als Handlungsbevollmächtigte nach Art. 462 OR bestellt und sollte dies auch der Beschwerdeführerin bekannt gewesen sein, so könnte im vorliegenden Fall aus Gründen des Vertrauensschutzes noch eine gültige Vertretung an der Schlichtungsverhandlung angenommen werden. Die Vorinstanz hat im Rahmen ihrer Ausführungen zur Frage einer faktischen Organschaft festgestellt, D. habe aktiv bei der Beschwerdegegnerin mitgearbeitet und habe sich um die Administration und das Personal gekümmert. Sie habe etwa auch einen Kontrollrapport des Tierschutzes unterzeichnet. Zudem sei sie auch an einer Besprechung mit den Söhnen der Beschwerdeführerin dabei gewesen. BGE 141 III 159 S. 169 Es bestehen somit Indizien dafür, dass D. nicht nur faktisch, sondern auch formell zur Vornahme aller Rechtshandlungen bevollmächtigt war, die der Betrieb des Gewerbes der Beschwerdegegnerin oder die Ausführung bestimmter Geschäfte in diesem Gewerbe gewöhnlich mit sich brachte. Die Sache ist somit an die Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhalts dahingehend zurückzuweisen, ob eine solche formelle (kaufmännische) Handlungsvollmacht i.S.v. Art. 462 Abs. 1 OR bestand und ob die damit verbundene Vertretungsmacht auch der Beschwerdeführerin bekannt war oder bekannt gewesen sein musste.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
f88a85d0-7460-4c48-80ec-026eb137d5e1
Urteilskopf 125 II 497 50. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 2 novembre 1999 dans la cause Claude Tamborini contre Autorité indépendante d'examen des plaintes en matière de radio-télévision (recours de droit administratif)
Regeste Art. 55bis BV ; Art. 3, 4, 5 und 26 Abs. 2 RTVG; Anspruch auf bestimmte Sendezeit und bestimmte Sendebedingungen; Wahl in eine kantonale Exekutive. Eintretensvoraussetzungen; Zuständigkeit der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, eine Wahlsendung auf ihre Rahmenbedingungen und die den Teilnehmern zugestandene Redezeit zu prüfen (E. 1). Umfang der Programmautonomie der SRG bei Wahl- und Abstimmungssendungen, insbesondere bei Regierungsrats- bzw. Staatsratswahlen. Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit (E. 2 u. 3). Wer sich weigert, an einer Sendung teilzunehmen, kann nicht mehr verlangen, als dass seine Gründe hierfür sachlich dargelegt werden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 498 BGE 125 II 497 S. 498 Le 3 novembre 1997, la Télévision suisse romande a consacré son émission «Droit de Cité» à l'élection du Conseil d'Etat genevois du 16 novembre 1997. Tous les candidats à cette élection avaient été invités à y participer, y compris Claude Tamborini, lui-même candidat sur la liste de l'Alliance des citoyens contribuables, et avaient été informés du déroulement des débats: les dix candidats des partis représentés au Parlement cantonal seraient présents sur le plateau, tandis que les candidats des deux formations restantes, dont l'Alliance des citoyens contribuables, se verraient assigner des sièges dans le public et disposeraient d'un temps d'intervention limité sur chacun des thèmes abordés dans l'émission. Par lettre du 24 octobre 1997, Claude Tamborini a refusé de participer à l'émission, expliquant en substance qu'on ne lui réservait pas une place équitable. En introduction de l'émission, le présentateur a informé le public de l'absence de l'intéressé en mentionnant les motifs de celle-ci. Il n'a toutefois pas donné lecture du courrier précité, contrairement à ce que lui avait demandé Claude Tamborini. Par décision du 3 avril 1998, l'Autorité indépendante d'examen des plaintes en matière de radio-télévision (ci-après: l'Autorité de plainte) a rejeté la plainte par laquelle Claude Tamborini critiquait en particulier, sous l'angle du reflet équitable de la diversité des opinions, le traitement différent que le diffuseur avait réservé aux divers candidats à l'élection du Conseil d'Etat. Agissant le 9 septembre 1998 par la voie du recours de droit administratif, Claude Tamborini demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision du 3 avril 1998 de l'Autorité de plainte, de constater la violation du droit des programmes faisant l'objet du présent recours BGE 125 II 497 S. 499 et de décider des mesures administratives à prendre pour empêcher qu'une telle violation ne puisse se reproduire à l'avenir. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 125 I 14 consid. 2a p. 16, 253 consid. 1a p. 254). aa) Selon la jurisprudence, l'Autorité de plainte est habilitée à examiner les plaintes concernant les émissions diffusées (voir art. 58 al. 2, 60 al. 1 de la loi fédérale du 21 juin 1991 sur la radio et la télévision [LRTV; RS 784.40] et Message du Conseil fédéral du 28 septembre 1987 relatif à la LRTV, FF 1987 III 688), mais est incompétente pour traiter des litiges portant sur le droit d'accès aux médias. En l'espèce, l'Autorité de plainte a reconnu à juste titre sa compétence, car l'objet du litige n'est pas le droit d'antenne - la SSR ayant offert au recourant de participer à l'émission incriminée -, mais bien la manière dont ladite émission a été aménagée quant aux conditions et au temps de parole octroyés aux participants. bb) La qualité pour recourir contre une décision de l'Autorité de plainte se détermine exclusivement selon l' art. 103 OJ et ne résulte pas simplement de la participation à la procédure devant cette autorité. Conformément à l' art. 103 lettre a OJ , le recourant doit être touché par la décision attaquée plus que la généralité des administrés et le rapport qu'il a avec l'objet du litige doit être particulier et digne d'être pris en considération; le recourant doit avoir un intérêt digne de protection à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée ( ATF 123 II 115 consid. 2a p. 117; ATF 121 II 359 consid. 1a p. 361, 454 consid. 1a p. 455; BERNARD CORBOZ, Le contrôle populaire des émissions de la radio et de la télévision, Mélanges Patry, Lausanne 1988, p. 279 ss spéc., p. 291 ss). En l'espèce, le recourant est personnellement touché par la décision attaquée, plus qu'un quelconque téléspectateur. En effet, il a été invité à participer aux débats litigieux en raison de sa candidature à l'élection traitée par l'émission et son absence a fait l'objet d'une information en début d'émission. Le droit de recours suppose encore, conformément à la jurisprudence relative à l' art. 103 lettre a OJ , un intérêt actuel et pratique à obtenir l'annulation de la décision attaquée, à moins que la contestation ne puisse se reproduire en tout temps dans des circonstances identiques ou analogues et que sa nature ne permette pas de la soumettre BGE 125 II 497 S. 500 aux autorités de recours successives avant qu'elle ne perde son actualité ( ATF 123 II 285 consid. 4 p. 286 ss; ATF 111 Ib 56 consid. 2b p. 59, 182 consid. 2 p. 184/185; voir aussi, pour le recours de droit public, ATF 125 II 86 consid. 5b p. 97 et ATF 124 I 231 consid. 1b p. 233). En l'occurrence, s'il est vrai que l'émission incriminée a déjà été diffusée, la question litigieuse, à savoir la manière selon laquelle les conditions et le temps de parole des partis, soit de leurs candidats, sont déterminés, pourrait se présenter à nouveau sans que le Tribunal fédéral puisse trancher à temps, l'intervalle entre la préparation d'une émission électorale et sa diffusion étant généralement trop bref à cet effet. Il convient dès lors de renoncer en l'espèce à l'exigence de l'intérêt actuel au recours. Le recourant a donc qualité pour déposer un recours de droit administratif contre la décision attaquée. cc) En conséquence, les autres conditions de recevabilité du recours de droit administratif étant réalisées, le présent recours est recevable en vertu des art. 97 ss OJ , ainsi que de la règle particulière de l' art. 65 al. 2 LRTV . b) aa) Conformément à l' art. 104 lettre a OJ , le recours de droit administratif peut être formé pour violation du droit fédéral, y compris l'excès et l'abus du pouvoir d'appréciation. Le Tribunal fédéral revoit d'office l'application du droit fédéral qui englobe notamment les droits constitutionnels du citoyen ( ATF 125 III 209 consid. 2 p. 211; ATF 124 II 132 consid. 2a p. 137, 517 consid. 1 p. 519; ATF 122 IV 8 consid. 1b p. 11). Comme il n'est pas lié par les motifs que les parties invoquent, il peut admettre le recours pour d'autres raisons que celles avancées par le recourant ou, au contraire, confirmer l'arrêt attaqué pour d'autres motifs que ceux retenus par l'autorité intimée (art. 114 al. 1 in fine OJ; ATF 121 II 473 consid. 1b p. 477; ATF 117 Ib 114 consid. 4a p. 117). En revanche, lorsque le recours est dirigé contre la décision d'une autorité judiciaire, le Tribunal fédéral est lié par les faits constatés dans la décision, sauf s'ils sont manifestement inexacts ou incomplets ou s'ils ont été établis au mépris de règles essentielles de procédure ( art. 104 lettre b et 105 al. 2 OJ ). En outre, il ne peut pas revoir l'opportunité de la décision entreprise, le droit fédéral ne prévoyant pas un tel examen en la matière (art. 104 lettre c ch. 3 OJ). bb) Le Tribunal fédéral, comme l'Autorité de plainte, doit respecter le fait que l' art. 55bis al. 3 Cst. - dans le cadre des exigences de l'al. 2 - garantit l'autonomie dans la conception des programmes. Lorsqu'il s'agit de tracer la limite entre ce qui est encore permis BGE 125 II 497 S. 501 dans le cadre de cette liberté de conception et ce qui contrevient à la concession, l'Autorité de plainte dispose d'une certaine marge d'appréciation, dont le Tribunal fédéral doit tenir compte ( ATF 119 Ib 166 consid. 2a/bb p. 169; ATF 116 Ib 37 consid. 2a p. 40; FRANZISKA BARBARA GROB, Die Programmautonomie von Radio und Fernsehen in der Schweiz, thèse Zurich 1994, p. 336/337; cf. aussi CORBOZ, op.cit., p. 293). Par ailleurs, l'Autorité de plainte doit être assimilée à une autorité judiciaire depuis l'entrée en vigueur de la loi fédérale sur la radio et la télévision, le 1er avril 1992 ( ATF 122 II 471 consid. 2a p. 475; ATF 121 II 359 consid. 2b p. 363; ATF 119 Ib 166 consid. 2b p. 169/170), de sorte que le Tribunal fédéral est en principe lié par les faits qu'elle a retenus (MARTIN DUMERMUTH, Die Programmaufsicht bei Radio und Fernsehen in der Schweiz, 1992, no 8.4 p. 258). 2. a) Selon les art. 3 et 4 LRTV , qui concrétisent l' art. 55bis Cst. , la radio et la télévision doivent dans l'ensemble contribuer à la libre formation de l'opinion des auditeurs et des téléspectateurs, leur fournir une information générale diversifiée et fidèle, pourvoir à leur formation générale et à leur divertissement, et développer leurs connaissances civiques ( art. 3 al. 1 lettre a LRTV ). Considérés dans leur ensemble, les programmes offerts dans une zone de diffusion ne doivent privilégier aucun parti ou groupe d'intérêts, ni aucune idéologie ou doctrine ( art. 3 al. 2 LRTV ). Les programmes présentent fidèlement les événements; ils reflètent équitablement la pluralité de ceux-ci ainsi que la diversité des opinions ( art. 4 al. 1er LRTV ); les vues personnelles et les commentaires doivent être identifiables comme tels ( art. 4 al. 2 LRTV ). Par ailleurs, selon l' art. 26 al. 2 LRTV , la SSR tient compte, au travers de l'ensemble de ses programmes, des particularités du pays et des besoins des cantons. Elle contribue en particulier, par une conception équilibrée des programmes, à la libre formation de l'opinion publique, notamment en adoptant une politique d'information fidèle qui accorde la priorité aux événements d'intérêt national ou aux événements relatifs à la région linguistique concernée (lettre b) (voir aussi ATF 123 II 402 consid. 2b p. 406 ss et ATF 122 II 471 consid. 4 p. 478 ss). L'indépendance et l'autonomie de la SSR en matière de programmes est de plus régie par l' art. 5 LRTV , selon lequel: "1 Les diffuseurs conçoivent librement leurs programmes. Ils en assument la responsabilité. 2 Sauf disposition contraire du droit fédéral, les diffuseurs ne sont liés par aucune instruction des autorités fédérales, cantonales ou communales. BGE 125 II 497 S. 502 3 Nul ne peut se prévaloir de la présente loi pour exiger d'un diffuseur la diffusion d'une production ou d'une information déterminée." b) En l'espèce, s'agissant de la participation des candidats aux émissions électorales précédant les élections au Conseil d'Etat genevois, la SSR déclare s'être fondée par analogie sur les instructions de son directeur général du 7 décembre 1994 concernant les émissions sur les élections au Conseil national de 1995 (SSR no 94.144). D'après lesdites instructions, les partis présents aux Chambres fédérales, même avec une force numérique inférieure à celle du groupe, ont le droit de participer aux émissions électorales ou d'être présentés dans ce cadre. En revanche, les partis ou mouvements non encore présents aux Chambres fédérales sont admis à participer ou peuvent être présentés dans le cadre des émissions électorales uniquement s'ils disposent d'une force numérique minimale dans un certain nombre de parlements cantonaux ou s'ils ont déposé des listes dans un certain nombre de cantons. 3. a) Le recourant soutient en premier lieu que la SSR a violé son devoir d'objectivité en ne lui accordant pas les mêmes conditions de parole, de présence et d'intervention à l'écran que celles octroyées aux autres candidats provenant des partis représentés au Grand Conseil. Or, le candidat, inconnu, d'un nouveau parti politique doit justement se faire connaître comme tel - contrairement aux élus qui ont eu la durée de leur mandat pour se manifester - et mériterait même, de ce fait, un temps d'antenne supérieur. Par ailleurs, le mode de faire adopté par la SSR est d'autant moins admissible en l'occurrence que le nombre peu élevé des candidats (quatorze) permettait un tour de table dont la durée n'aurait pas excédé les limites du temps de l'émission. Enfin, les directives de la SSR en matière d'élections fédérales ne sauraient s'appliquer aux élections cantonales. b) aa) L'indépendance et l'autonomie de la SSR dans la conception de ses programmes ne peuvent s'exercer que dans le cadre des prescriptions étatiques ( art. 55bis Cst. , art. 5 LRTV ). En particulier, ainsi qu'on l'a vu, la SSR a pour mandat de contribuer à la libre formation de l'opinion publique, par une information fidèle notamment ( art. 26 al. 2 lettre b LRTV ). Elle n'est donc pas déliée d'une responsabilité spécifique dans le processus de formation de la volonté politique, d'autant que les émissions de caractère politique ont une action certaine sur l'opinion et sont de nature à influencer les résultats des votations et élections (cf. ATF 98 Ia 73 consid. 3c p. 82; BGE 125 II 497 S. 503 ETIENNE GRISEL, Initiative et référendum populaires, Berne 1997, no 261 p. 116). Savoir si et sous quelle forme les émissions politiques doivent être présentées avant les élections ou votations relève de l'appréciation du diffuseur. Toutefois, cette latitude est circonscrite non seulement par les prescriptions légales régissant le mandat d'informer le public, mais aussi par des restrictions particulières fondées sur les droits politiques du citoyen. La définition de ces secondes limites et le contrôle de leur respect incombent en dernière instance au Tribunal fédéral qui, en tant qu'autorité compétente pour connaître des recours en matière de droits politiques au sens de l' art. 85 lettre a OJ , dispose à cet égard du même pouvoir d'examen que l'Autorité de plainte. bb) Le principe essentiel à la base d'un Etat de droit fondé sur la liberté et la démocratie est la libre expression des opinions favorables et défavorables. Ce qui caractérise la manière dont se forme la volonté populaire en démocratie, c'est notamment le fait que les groupements d'intérêts et les partis qui s'opposent les uns aux autres peuvent faire connaître sans entrave à un large public les opinions qui leur tiennent à coeur (cf. ATF 98 Ia 73 consid. 3b p. 79, 3c p. 82). Le citoyen appelé à voter ou à élire doit disposer, pour pouvoir se décider en connaissance de cause, des éléments du dossier sous leur forme la plus complète, à l'abri d'influences unilatérales (DENIS BARRELET, Droit de la communication, Berne 1998, no 786 p. 223). cc) Le responsable d'une émission dispose d'une marge d'appréciation relativement importante dans l'aménagement de celle-ci, même lorsqu'il s'agit d'émissions traitant d'élections ou de votations en cours (cf. ATF 98 Ia 73 consid. 3c p. 82/83). Toutefois, le diffuseur qui présente des émissions consacrées à des élections ou à des votes populaires, ou encore traitant d'un sujet en rapport avec des votes imminents, doit présenter une information fidèle et s'abstenir d'exercer une influence illicite sur la volonté populaire, par exemple en faisant état de faits inexacts et trompeurs (cf. ATF 98 Ia 73 consid. 3b p. 79 ss). En outre, il doit permettre l'expression des opinons favorables et défavorables. Toutes les mesures doivent ainsi être prises pour que les diverses opinions puissent s'exprimer à égalité, dans la même émission si c'est possible, ou dans le même genre d'émission (cf. BARRELET, loc.cit.; GABRIEL BOINAY, La contestation des émissions de la radio et de la télévision, Porrentruy 1996, no 201 p. 75; voir aussi, sur le principe du reflet équitable de la diversité des opinons, DUMERMUTH, Rundfunkrecht, in: Koller/Müller/Rhinow/Zimmerli [éd.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, BGE 125 II 497 S. 504 Bâle 1996, nos 91 ss p. 38 ss et GROB, op.cit., p. 172 ss). Notamment, et surtout s'il s'agit d'une émission-débats où les sources principales d'information ne sont pas les journalistes, mais les invités, le devoir de diligence journalistique commande une prudence particulière, qui doit porter entre autres sur le choix des participants, sur la manière de poser les questions au cours de la discussion ainsi que sur les mesures à prendre pour garantir le déroulement correct de la discussion et permettre aux opinions en présence de s'exprimer librement. L'animateur doit ainsi rester objectif et assurer l'égalité des armes entre les participants à la discussion. Il doit éviter des discriminations choquantes quant au temps de parole et s'abstenir d'aborder avec certains des questions dénuées de véritable intérêt politique tout en traitant avec d'autres des thèmes beaucoup plus porteurs (BOINAY, op.cit., no 220 p. 82). dd) En matière d'élections, le diffuseur doit de plus prendre en compte le principe selon lequel chaque candidat (et chaque parti) doit pouvoir participer à l'élection à égalité de chances (cf. ATF 124 I 55 consid. 2a p. 57; ATF 113 Ia 291 consid. 3a p. 294). Ce principe de l'égalité des chances électorales est plus exigeant que le principe général régissant la conception des programmes, selon lequel le diffuseur doit présenter une information objective reflétant équitablement la diversité des opinions (cf. art. 4 al. 1 LRTV ). Cela étant, le diffuseur n'est pas tenu de traiter les partis et candidats d'une manière absolument identique, en ignorant le degré d'intérêt présumé de la population à leur égard. En effet, de telles émissions électorales doivent non seulement assurer une égalité des chances mais, surtout, répondre aux besoins d'information du téléspectateur (ou auditeur). Dans ces conditions, il n'apparaît pas inadmissible que des émissions électorales accordent une place plus importante aux partis ou candidats sur lesquels se concentre le débat politique, partant, les besoins effectifs d'information de la majorité des téléspectateurs (ou auditeurs), qu'à des candidats ou à des formations politiques présumés moins significatifs. Si le responsable d'une émission-débats électorale choisissait les participants ou aménageait les conditions de parole et de présence indépendamment de telles différences de fait, à savoir en traitant l'ensemble des groupements politiques d'une manière formellement semblable, cette méthode répondrait parfaitement au principe de l'égalité des chances électorales, mais ne correspondrait BGE 125 II 497 S. 505 vraisemblablement pas aux besoins effectifs d'information des citoyens, alors que cette exigence est également importante. Du reste, même l'Etat peut faire dépendre, dans une certaine mesure, l'étendue d'éventuelles prestations aux partis politiques de leur succès aux élections et limiter ce soutien aux groupements qui disposent d'une importance et d'une continuité minimales ( ATF 124 I 55 consid. 5c/cc p. 67/68). A fortiori, des différences de traitement fondées sur des critères similaires peuvent aussi être admises dans la conception d'émissions électorales. Du reste, le respect du principe de l'égalité des chances ne doit pas être apprécié au regard d'une émission isolée, mais de l'ensemble des programmes diffusés pendant la campagne, un déséquilibre formel créé par une émission pouvant être compensé par la diffusion d'autres émissions. Ainsi, appelé à procéder à un contrôle abstrait des directives adoptées par la SSR le 24 janvier 1991 (SSR no 90.175a) en vue de régler les émissions relatives aux élections législatives fédérales 1991, le Tribunal fédéral a constaté qu'il était admissible d'accorder aux plus petits partis ou mouvements politiques un temps d'écoute moins grand et à des heures moins favorables que celui octroyé aux formations plus importantes (définies comme celles qui présentaient une liste dans au moins un des cantons de la région linguistique concernée et qui disposaient d'un représentant aux Chambres fédérales ou de 7% des sièges dans un Parlement cantonal). Les choix opérés par la SSR résultaient des autres obligations (divertissement, éducation, etc.) qu'elle devait poursuivre pendant la durée de la campagne, ainsi que du nombre de partis susceptibles d'y participer. S'il était certes essentiel que l'auditeur et le téléspectateur puissent prendre connaissance de la diversité des idées, il n'était toutefois pas nécessaire de donner le même espace à toutes les idées pour que leur diversité soit convenablement reflétée ( ATF 119 Ib 250 consid. 3c p. 252/253; voir aussi BARRELET, op.cit., no 243 p. 69 et ATF 97 I 731 ). ee) S'agissant d'élections à un exécutif cantonal, on peut se demander si le refus d'accorder au représentant d'un nouveau groupement politique les mêmes conditions de présence et de parole qu'aux candidats de partis représentés au Parlement cantonal, est conforme au principe de l'égalité des chances électorales. En effet, dans de telles élections, la personnalité des candidats joue un plus grand rôle que dans des élections législatives. L'appartenance à un parti marginal ou peu connu ne constitue pas une barrière aussi difficilement franchissable. Dans ces conditions, on ne saurait dénier d'emblée une importance politique à de tels candidats, ni faire BGE 125 II 497 S. 506 dépendre leur participation à une émission électorale de leur appartenance à un parti représenté au Parlement cantonal. En ce sens, les directives de la SSR applicables aux élections législatives fédérales ne peuvent être transposées sans autre examen sur le plan des élections aux exécutifs cantonaux. En outre, une telle application par analogie est d'autant plus délicate lorsque, comme en l'espèce, les élections cantonales exécutives se déroulent suivant le système majoritaire. c) En l'espèce, la manière dont la SSR a limité l'accès à l'écran des représentants des formations politiques absentes du Parlement cantonal - par l'assignation d'une place dans le public et la réduction du temps de parole - est encore compatible avec le principe de l'égalité des chances électorales. Cet aménagement répondait en effet aux besoins présumés d'information du public, dès lors que le groupement que soutient le recourant avait été créé quelques mois avant les élections cantonales législatives et exécutives de l'automne 1997, tandis que les candidats siégeant sur le plateau provenaient de partis déjà représentés au Parlement cantonal, ce qui constituait un indice élevé d'un intérêt accru de la population à leur égard. Certes, le recourant a finalement obtenu 8.75% des voix lors des élections exécutives qui ont suivi le 16 novembre 1997, score qui aurait éventuellement pu justifier une participation plus substantielle à l'émission. Toutefois, l'appréciation de l'envergure politique présumée d'un candidat ou d'un parti ne peut se fonder que sur la situation existant avant les élections concernées. Or, la liste de l'Alliance des citoyens contribuables, qui comprenait encore un autre mouvement, avait recueilli seulement 4.5% des suffrages aux élections législatives précédentes du 12 octobre 1997, alors que le quorum s'élève à 7%. Ce groupement était donc numériquement faible, de sorte que la SSR était justifiée à réduire les conditions et le temps d'antenne accordés à son candidat. Peu importe à cet égard que la liste en question ait alors présenté septante-quatre candidats. Un tel chiffre révèle certes que les deux formations en cause comptent au moins autant d'adhérents mais n'établit nullement l'étendue de l'intérêt qu'elles trouveraient dans la population. Le recours doit ainsi être rejeté sur ce point. d) Il convient toutefois de relever que le mode de faire contesté reste discutable, comme le relève la décision attaquée elle-même. Les candidats évincés de certaines émissions électorales devraient au moins avoir droit à une compensation dans le cadre d'autres émissions électorales. BGE 125 II 497 S. 507 4. En second lieu, le recourant se plaint de ce que seul un résumé de sa lettre d'explication du 24 octobre 1997 a été présenté à l'antenne. Il souligne à cet égard que le temps qui lui avait été imparti initialement aurait dû être utilisé intégralement à cet effet. Cependant, l'exigence d'objectivité et de reflet équitable des opinions n'obligeait en rien le diffuseur à réserver un droit d'antenne au recourant en dépit du refus de celui-ci de participer à l'émission, ni à transmettre aux téléspectateurs l'intégralité du courrier en cause ( art. 5 al. 3 LRTV ). Il était en tout cas suffisant que l'animateur en expose la substance, pourvu que ce compte-rendu soit objectif, ce que le recourant n'a pas contesté (cf. ATF 119 Ib 166 consid. 3b p. 171, selon lequel le public doit être informé de manière appropriée de la motivation d'une personne qui refuse sa collaboration ou s'oppose à la diffusion d'une émission qui lui est consacrée). Ce grief doit donc également être écarté. En conséquence, le recours est mal fondé et doit être rejeté.
public_law
nan
fr
1,999
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f88b6a37-be7b-416b-9bd0-8ce829001d50
Urteilskopf 111 II 143 31. Estratto della sentenza 12 aprile 1985 della II Corte civile nella causa Pelloni contro Dipartimento di giustizia della Repubblica e Cantone del Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Form und Rechtsnatur der Abtretung eines Kaufsrechts, Vormerkung im Grundbuch ( Art. 683 und 959 ZGB , 70 ff. GBV). 1. Zulässigkeit eines in Quoten abtretbaren Kaufsrechts (E. 3). 2. Die Abtretung eines Kaufsrechts entspricht nicht einer Forderungsabtretung bzw. einer Schuldübernahme: Wird damit der Neueintritt einer Vertragspartei vorgesehen, so ist die öffentliche Beurkundung erforderlich, sofern nicht schon der Zessionar den öffentlich beurkundeten Kaufsrechtsvertrag mitunterzeichnet hat. Heilt die Ausübung des Kaufsrechts durch einseitige, öffentlich beurkundete Erklärung des Zessionars die Nichtbeachtung der für die Abtretung geltenden Formvorschrift? Frage offengelassen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 143 BGE 111 II 143 S. 143 A.- I proprietari delle particelle n. 2475 e 2476 RFD di Locarno hanno costituito su queste ultime, con atto pubblico del 16 gennaio 1984, un diritto di compera biennale a favore di Enrico Pelloni e Milo Ingold. Convenuto cedibile a terzi (nel suo intero o in parte), il diritto riguarda "entrambe le particelle oggetto del contratto, esclusa quindi la BGE 111 II 143 S. 144 possibilità dell'esercizio parziale riferito alla superficie" (punti 8 e 10 dell'istromento). L'annotazione nel registro fondiario è avvenuta il 1o febbraio 1984. Il 12 aprile 1984 Milo Ingold ha ceduto il suo diritto di compera a Giovanna Pelloni. L'accordo, firmato anche da Enrico Pelloni, è stato steso in mera forma scritta. Se non che, il 18 aprile 1984 l'ufficiale del registro fondiario di Locarno ha respinto l'istanza di annotazione e il 30 luglio successivo ha confermato il rigetto, la cessione di un diritto di compera dovendosi constatare - a suo avviso - in un atto notarile. B.- Giovanna Pelloni è insorta il 6 agosto 1984 al Dipartimento di giustizia del Cantone Ticino quale autorità di vigilanza sul registro fondiario. Con decisione del 10 ottobre 1984 il Dipartimento ha respinto il ricorso. Nel merito esso ha rinunciato a pronunciarsi sulla natura giuridica del diritto di compera, osservando che - in ogni modo - l'oggetto concreto della pattuizione non risultava determinabile: l'eventualità di cedere il diritto "in tutto o in parte" non escludeva l'ipotesi, difatti, che i contraenti intendessero alludere a quote ideali del fondo; per di più, quand'anche la prospettata divisione concernesse il diritto come tale, ciò sarebbe stato assurdo, poiché non si può cedere individualmente una facoltà da esercitare a esclusivo titolo congiunto. C.- Proposto il 16 novembre 1984 un ricorso di diritto amministrativo al Tribunale federale, Giovanna Pelloni chiede che la decisione del Dipartimento sia invalidata e che l'ufficiale del registro fondiario di Locarno sia tenuto ad annotare la cessione del diritto di compera. L'autorità cantonale di vigilanza e il Dipartimento federale di giustizia e polizia, Ufficio federale di giustizia, concludono per la reiezione del gravame. Erwägungen Dai considerandi: 3. Nel rogito del 16 gennaio 1984 è stato stipulato un diritto di compera cedibile e divisibile, ma che dev'essere esercitato congiuntamente dai beneficiari sull'insieme delle due particelle. È pacifico che un diritto di compera ( art. 683 CC ) è cedibile ove sia stato costituito tale, alla stessa stregua di un diritto di ricupera o di prelazione ( DTF 94 II 279 consid. 3 con citazioni di dottrina, DTF 105 III 16 consid. 4, DTF 84 II 20 consid. 3; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, vol. II, pag. 345 nota 19; BGE 111 II 143 S. 145 BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, pag. 489; LIVER, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht, vol. V/1, pag. 213; MEIER-HAYOZ in: Berner Kommentar, 3a edizione, nota 53 ad art. 683 CC ; ENGEL, La cession des droits réels et des droits personnels annotés, in: Revue suisse du notariat et du registre foncier, RNRF 54/1973 pag. 331; OTT, Die Abtretung vertraglicher Vorkaufs-, Kaufs- und Rückkaufsrechte als Vertragsübernahme, in: RNRF 59/1978 pag. 257 segg.; KELLER, Die Übertragung eines Kaufsrechtes, in: SJZ 80/1984 pag. 313 segg.). Nel caso di più beneficiari nulla osta che, con l'assenso degli altri, ognuno di essi possa alienare la propria quota a terzi ( art. 646 cpv. 3 CC per analogia), benché il diritto di compera debba essere esercitato nel suo complesso (cfr. DTF 92 II 153 consid. 3; MEIER-HAYOZ, op.cit., nota 52 ad art. 683 CC , note 92 e 230 ad art. 681 CC ) e - se le parti non hanno previsto il contrario - sull'intero oggetto contrattuale (sentenza del 25 agosto 1982 in re Repich e Kataltherm S.A., pubblicata in: Rep. 1984 pag. 59). Milo Ingold poteva dunque cedere a Giovanna Pelloni la sua quota parte che, in assenza di diverso accordo, si presume consistere nel 50% (art. 646 cpv. 2 per analogia). Su questo punto l'opinione dell'autorità cantonale di vigilanza, che reputa l'istromento del 16 gennaio 1984 ambiguo e di contenuto illecito, non può essere seguita. 4. Rimane da verificare se l'istanza di annotazione sia stata respinta a giusto titolo, come assevera l'Ufficio federale di giustizia, per il mancato ossequio della forma autentica nel patto di cessione. L'esigenza di simile requisito non trova conferma, il Tribunale federale avendo lasciato - finora - la questione indecisa (v. da ultimo la sentenza 29 marzo 1972 in re K. e Franz E., pubblicata in: RNRF 55/1974 pag. 250 consid. 2a e 2b). a) Il contratto traslativo della proprietà immobiliare richiede la forma dell'atto pubblico ( art. 657 cpv. 1 CC , art. 216 cpv. 1 CO ) e a tale presupposto di validità soggiace anche la costituzione di diritti di compera ( art. 216 cpv. 2 CO ; DTF 99 II 161 consid. 2a). Questi ultimi possono essere annotati nel registro fondiario in virtù degli art. 959 CC e 70 segg. RRF, con l'effetto di far sorgere - accanto al diritto obbligatorio - un diritto reale ( DTF 104 II 176 consid. 5). Il rispetto della forma notarile si impone per tutti i punti essenziali del contratto ( art. 2 cpv. 1 CO ; DTF 101 II 331 consid. 3a), compresa la designazione delle parti (CAVIN, Vente, échange et donation, in: Traité de droit privé suisse, vol. VII/1, pag. 125 seg.; GUHL/MERZ/KUMMER, Das scheizerische BGE 111 II 143 S. 146 Obligationenrecht, 7a edizione, pag. 93 e 301; GAUCH/SCHLUEP/JÄGGI, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 3a edizione, vol. I, pag. 86 n. 445 seg.; MEIER-HAYOZ, nota 37 ad art. 683 CC ; OSER/SCHÖNENBERGER in: Zürcher Kommentar, nota 5 ad art. 216 CO ; BECKER in: Berner Kommentar, nota 4 ad art. 216 CO ; KELLER, pag. 314; OTT, pag. 285; sentenza del 4 luglio 1972 in re "Holderbank" Kies + Beton AG, pubblicata in: RNRF 54/1973 pag. 369 consid. 1b). D'altro lato l' art. 12 CO , applicabile pure agli atti autentici ( DTF 95 II 422 consid. 2b), prescrive che la forma stabilita vale per ogni modifica del contratto, a eccezione delle stipulazioni complementari accessorie che non contraddicono il medesimo. Qualora dovesse ravvisarsi, nell'indicazione del terzo cessionario, una modifica del contratto alla base del diritto di compera, l'istanza di annotazione presentata dalla ricorrente doveva appunto essere respinta, l'identità della cessionaria risultando da un documento steso soltanto in forma scritta. b) La natura giuridica del diritto di compera è controversa. Esso è concepito sia come vendita condizionata (autori citati in: OTT, pag. 262; v. altresì DTF DTF 88 II 159 consid. 1, DTF 86 II 36 consid. a, DTF 85 II 485 ), sia come diritto potestativo inteso alla conclusione di una compravendita (autori citati in: OTT, pag. 263; KELLER, pag. 313 segg.), sia come offerta di vendita contrattualmente protratta nel tempo (teoria accennata in: KELLER, pag. 313). Di conseguenza il trasferimento del diritto di compera è definito tanto come cessione di contratto (nella prima e nella terza ipotesi), quanto come cessione di un diritto potestativo (nella seconda). Il Tribunale federale ha rinunciato a pronunciarsi sulla natura giuridica del diritto di compera ( DTF 94 II 11 consid. 3) e non occorre si esprima sul carattere della cessione. Il problema che importa risolvere è, in concreto, quello di sapere se il trapasso di un diritto di compera possa perfezionarsi con una semplice cessione a norma dell' art. 165 cpv. 1 CO (per cui è sufficiente la forma scritta) o se sia vincolato all'atto pubblico, alla stessa forma cioè cui soggiace la costituzione del diritto. Per rispondere all'interrogativo è necessario, nondimeno, vagliare l'opinione affermata dalla dottrina meno recente, stando alla quale il passaggio del diritto di compera dal beneficiario al terzo equivarrebbe a una mera cessione di crediti, rispettivamente a un'assunzione di debiti (FRÜH, Die Vertragsübertragung im schweizerischen BGE 111 II 143 S. 147 Recht, tesi, Zurigo 1944, pag. 40; BECKER, note 5 segg. all'introduzione degli art. 164 - 174 CO ; OSER/SCHÖNENBERGER, nota 14 all'introduzione degli art. 164 - 174 CO ; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, vol. I, pag. 320 e 356; ENGEL, pag. 233 seg.). Tale parere non può essere condiviso poiché, come rettamente osserva OTT (pag. 274 segg.), una semplice cessione di crediti - rispettivamente un'assunzione di debiti (libera da formalità: art. 176 cpv. 1 CO ) - non implica la trasmissione al terzo dei diritti potestativi e degli oneri che spettano al beneficiario del diritto di compera quale acquirente, né impedisce a quest'ultimo di opporre al terzo possibili eccezioni ( art. 169 CO ) estranee al diritto ceduto. Ciò contrasta con lo scopo della cessione, che è proprio quello di sostituire al beneficiario del diritto di compera una terza persona cui siano traslate nel loro intero le facoltà e le obbligazioni del cedente. c) La forma relativa alla cessione del diritto di compera è a sua volta oggetto di controversia (per la forma scritta: HOMBERGER/MARTI, Grundeigentum IX, in: SJK n. 432 pag. 2; FLATTET, Rôle de la promesse de vente pour soi ou pour son nommable en droit moderne, in: JdT 96/1948 III pag. 8; BÜRGISSER, Der Grundstückkauf nach schweizerischem Recht, tesi, Zurigo 1924, pag. 13; LIVER, loc.cit. con richiami; ENGEL, loc.cit.; per l'atto pubblico: MEIER-HAYOZ, nota 53 ad art. 683 CC ; HUBER, in: RNRF 55/1974 pag. 254 seg.; OTT, pag. 287; KELLER, pag. 317; GUHL/MERZ/KUMMER, pag. 301 seg.). In realtà la questione va decisa allo stesso modo, sia che si consideri il diritto di compera come una vendita condizionata o come un diritto potestativo. In entrambe le eventualità, per vero, gli elementi essenziali della vendita (fra cui l'indicazione delle parti, dell'oggetto e del prezzo) sono definitivamente fissati nell'atto costitutivo; se l'esercizio del diritto deve beneficiare della protezione offerta dalla forma autentica, esso deve corrispondere all'atto costitutivo così com'è stato convenuto. Ora non v'è dubbio che, quantunque la cedibilità del diritto sia pattuita nell'atto costitutivo, la designazione del terzo comporta una modifica essenziale dell'intesa originaria, costui assumendo la posizione contrattuale del cedente. Questa sostituzione di parte necessita della forma autentica ( art. 12 CO ) già per la circostanza che il terzo deve giustificare la sua qualità di acquirente pur non essendo intervenuto alla confezione dell'atto costitutivo. Inoltre la forma autentica giova a rendere attento il terzo, che subentra in tutte le facoltà ma anche in tutti gli obblighi BGE 111 II 143 S. 148 del beneficiario iniziale, sull'effettiva portata della cessione (cfr. MEIER-HAYOZ in: Berner Kommentar, 2a edizione, nota 2 ad art. 657 CC ; LIVER, pag. 136; TUOR/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, ristampa della 9a edizione, pag. 572 supra). Merita conferma, quindi, l'orientamento più aggiornato della dottrina - menzionato dianzi - e la prassi invalsa in alcuni Cantoni, per cui la cessione di diritti di compera è soggetta all'atto pubblico (San Gallo: St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 1973, pag. 20; Appenzello Esterno: SJZ 70/1974 pag. 265; Sciaffusa: RNRF 64/1983 pag. 148). d) Non occorre forma autentica, invero, se l'identità del terzo già figura nell'atto costitutivo del diritto di compera e se il terzo ha partecipato alla rogazione dello stesso; ma in simile evenienza la cessione non comporta alcuna modifica essenziale, il terzo potendosi legittimare come acquirente sulla scorta di tale contratto. Analogamente non è necessario che il proprietario del fondo sottoscriva l'atto pubblico di cessione fra il beneficiario e il terzo se la cedibilità del diritto è già stata pattuita nell'atto costitutivo. Ci si potrebbe chiedere, certo, se il difetto della forma autentica nel patto di cessione non possa essere supplito, nella prospettiva dell' art. 11 cpv. 2 CO , dalla dichiarazione (unilaterale) con cui il terzo fa uso del diritto di compera, purché la dichiarazione sia contenuta in un atto pubblico (v. KELLER, pag. 317). Il problema può tuttavia rimanere aperto, la ricorrente nemmeno avendo manifestato - nel caso specifico - l'intenzione di esercitare con l'altro beneficiario il diritto di compera. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto.
public_law
nan
it
1,985
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f88ebe8c-cf21-4391-9ccd-a0dfcb5287ca
Urteilskopf 139 V 316 40. Estratto della sentenza della II Corte di diritto sociale nella causa Municipio del Gambarogno e llcc. contro Cassa pensioni dei dipendenti dello Stato (ricorso in materia di diritto pubblico) 9C_904/2012 del 6 maggio 2013
Regeste Art. 7 BVV 2 ; Anschluss an mehrere Vorsorgeeinrichtungen bei Gemeindefusion. Art. 7 Abs. 2 BVV 2 ermöglicht zwar dem Arbeitgeber (hier: der fusionierten Gemeinde) grundsätzlich, seine Arbeitnehmer gruppenweise bei verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen zu versichern; dadurch werden diese indessen nicht verpflichtet, einseitig festgelegte Bedingungen zu akzeptieren. Eine solche Lösung ist unvereinbar mit der Vertragsfreiheit, welcher der Anschlussvertrag zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung untersteht (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 316 BGE 139 V 316 S. 316 A. A.a In virtù di specifiche convenzioni di affiliazione passate a suo tempo con la Cassa pensioni dei dipendenti dello Stato del Cantone BGE 139 V 316 S. 317 Ticino (CPDS; ora Istituto di previdenza del Cantone Ticino), i dipendenti dei Comuni di Contone e di Magadino come pure quelli del Consorzio Centro scolastico del Gambarogno e del Consorzio per il piano regolatore dei comuni del Gambarogno sono stati assicurati per la previdenza professionale, tramite i loro datori di lavoro, presso detto istituto di previdenza. A seguito dell'aggregazione dei Comuni di Caviano, Contone, Gerra Gambarogno, Indemini, Magadino, Piazzogna, San Nazzaro, Sant'Abbondio e Vira Gambarogno in un unico Comune denominato Gambarogno, il 17 agosto 2010 la Cassa pensioni ha informato quest'ultimo in merito alle ripercussioni previdenziali della fusione. Premesso che le convenzioni passate con gli ex Comuni e Consorzi andavano considerate decadute e che sulla base delle norme vigenti il nuovo Comune per garantire la copertura previdenziale ai suoi dipendenti poteva scegliere fra diverse soluzioni, l'amministrazione della Cassa pensioni le ha così riassunte: "a) continuazione del rapporto assicurativo da parte del nuovo Comune del Gambarogno (per tutti i dipendenti) con la Cassa pensioni dei dipendenti dello Stato (CPDS); b) affiliazione ad altra Istituzione di previdenza del Comune del Gambarogno; c) affiliazione del Comune del Gambarogno a più Istituti di previdenza". Con riferimento a quest'ultima ipotesi, l'amministrazione della Cassa ha quindi precisato che il Comune, in applicazione dell'art. 7 cpv. 2 dell'ordinanza del 18 aprile 1984 sulla previdenza professionale per la vecchiaia, i superstiti e l'invalidità (OPP 2; RS 831.441.1), poteva decidere di affiliarsi a più istituti, a condizione che definisse preventivamente ogni gruppo di assicurati. In questo caso si sarebbero dovute esaminare le diverse fattispecie che sarebbero poi state disciplinate, per quanto riguarda la CPDS, con uno specifico allegato alla eventuale nuova convenzione. Al fine di poter sottoporre al Comitato "per le decisioni di sua competenza - indipendentemente dalle scelte che farete -", l'amministrazione ha invitato il Municipio del Gambarogno a comunicare le sue decisioni. A.b Il 1° dicembre 2010 la T. SA, incaricata dal nuovo Comune di trovare una soluzione previdenziale che andasse incontro alle esigenze dei dipendenti (già affiliati alla CPDS) e che fosse al tempo stesso finanziariamente sostenibile per l'ente pubblico, ha comunicato che il Municipio aveva deciso di permettere a un determinato gruppo di dipendenti (composto di otto persone) affiliatisi prima del 1995 - ad eccezione di uno solo che aveva chiesto di uscire e di BGE 139 V 316 S. 318 affiliarsi all'istituto (privato) di previdenza scelto dal nuovo Comune - di rimanere assicurati, previo accordo della stessa, alla CPDS con una nuova convenzione e di dare invece la possibilità a nove dipendenti, a suo tempo affiliati presso la CPDS, di concludere un nuovo rapporto previdenziale con il nuovo istituto previdenziale del Comune. L'amministrazione della Cassa, osservando tra l'altro che la proposta dei gruppi non era congruente con la sua stessa definizione poiché nel gruppo di otto persone che sarebbero rimaste presso la CPDS ve ne erano due affiliate dopo il 1995, mentre un altro entrato prima di tale anno non ne era compreso, ha risposto il 18 febbraio 2011 di non potere dare seguito alla richiesta del Comune - che inoltre in quanto ente esterno non poteva rivendicare un diritto - perché contraria agli interessi della CPDS, aggiungendo che qualora il nuovo Comune avesse optato per l'adesione a un altro istituto di previdenza, tutti gli affiliati degli ex Comuni vi sarebbero dovuti essere trasferiti. Per tale evenienza la CPDS garantiva a tutti i dipendenti uscenti la prestazione di libero passaggio integrale, con conseguente addebito al Comune - in applicazione del Regolamento interno concernente la liquidazione parziale - della differenza, pari a circa fr. 860'000.-, fra il grado di copertura effettivo della Cassa pensioni al 31 dicembre 2010 e quello al 100 %. A.c Mediante nuova presa di posizione del 28 febbraio 2011 il Municipio si diceva sorpreso del rifiuto opposto dalla Cassa per una soluzione che, oltre a essere stata preventivamente discussa con il suo vicedirettore, appariva equa e teneva in debita considerazione le aspettative e i diritti dei dipendenti. Quindi contestava, data l'esiguità del numero dei partenti, l'adempimento degli estremi per una liquidazione parziale oltre che l'onere finanziario a suo carico per la differenza rispetto al grado di copertura totale. Nel domandare di pronunciarsi nuovamente sulla questione, il Comune si diceva disposto a rinunciare al trasferimento di P., unica eccezione di affiliazione avvenuta prima del 1995, e di rimettersi al giudizio della Cassa in relazione ai casi dei signori D. e S. - la cui posizione si è tuttavia poi risolta poiché la Cassa ne ha incondizionatamente assunto il pensionamento - che avevano espresso il desiderio di rimanere affiliati alla CPDS nonostante la loro affiliazione fosse intervenuta dopo il 1995. Da parte sua, il Comitato della Cassa ha ribadito il 21 aprile 2011 di non potere mantenere l'assicurazione presso la CPDS per solo una parte dei dipendenti degli ex Comuni poiché la proposta non tutelava sufficientemente dal profilo finanziario la Cassa. Il Comitato si BGE 139 V 316 S. 319 dichiarava tuttavia disposto a stipulare una nuova convenzione con il Comune a condizione che tutti i dipendenti degli ex Comuni rimanessero affiliati alla CPDS. In caso contrario, essi sarebbero dovuti uscire dalla CPDS. Vista la mancata adesione del Municipio a detta proposta, il Comitato ha segnalato con scritto del 30 novembre 2011 di avviare la procedura di liquidazione parziale in relazione a tali (tutti) assicurati per disdetta delle convenzioni di affiliazione con effetto al 31 dicembre 2010. Contestualmente ha indicato, in un'allegata tabella, l'importo delle prestazioni di libero passaggio dei 16 assicurati interessati e l'onere a carico del Comune, quantificato in fr. 873'778.90. Con scritto di stessa data ha inoltre informato anche gli interessati dell'avvio di questa procedura. B. Mediante petizione del 7 dicembre 2011 il Comune del Gambarogno, rappresentato dal suo Municipio, e i dipendenti degli ex enti comunali affiliati alla CPDS ( A., B., C., D., E., F., G., H., I., L., M., N., O., P., Q. e R.) hanno chiesto, in via preliminare, di sospendere la procedura di liquidazione parziale e, nel merito, di accertare la nascita/modifica di un contratto di adesione, con effetto dal 1° gennaio2011, tra la Cassa e il Comune del Gambarogno riguardante i dipendenti - affiliati prima del 1995 - A., B., C., D., E., F. ed G. Inoltre gli attori hanno domandato di condannare la Cassa al trasferimento della prestazione d'uscita integrale (valuta al 31 dicembre 2010) dei dipendenti H., I., L., M., N., O., P., Q. e R. al nuovo istituto di previdenza del Comune, Cassa pensioni Basilese Vita SA, contestando gli estremi di una liquidazione parziale e l'obbligo di fare assumere al Comune il disavanzo tecnico. Per pronuncia del 26 settembre 2012 il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino ha respinto la petizione nella misura in cui l'hadichiarata ricevibile. Rilevato come la richiesta di misure cautelari ( domanda "di effetto sospensivo") fossedivenutapriva di oggetto dopo che l'autorità di vigilanza sulle fondazioni e sugli istituti di previdenza aveva sospeso la procedura di verifica della liquidazione parziale sino a conclusione della presente vertenza - che deve esaminare il motivo (disdetta della convenzione) per il quale è stata avviata la stessa procedura di liquidazione -, la Corte cantonale ha negato l'esistenza di una proposta definitiva e vincolante da parte dellaCassa riguardo all'ipotesi - scelta dal Comune - di un frazionamento degli assicurati affiliati alla CPDS. In particolare, i giudici cantonali, che hanno rilevato non sussistere alcun obbligo da parte dell'ente previdenziale di accettare la suddivisione dei gruppi - a maggior BGE 139 V 316 S. 320 ragione se riferita ad assicurati provenienti, come in concreto, da enti esterni allo Stato per i quali la legge cantonale in materia concede alla Cassa una semplice facoltà di ammissione -, hanno escluso un consenso fra le parti sui criteri di tale definizione che oltretutto nemmeno prendeva in considerazione diverse tipologie di professione. Quanto alla contestazionedell'apertura della procedura di liquidazione parziale conseguente all'uscita degli assicurati interessati, i giudici di prime cure l'hanno ritenuta irricevibile (oltre che irrilevante), posto che spetta all'autorità di vigilanza, una volta definita la questione dell'affiliazione dei dipendenti degli ex Comuni, determinarsi in merito con decisione impugnabile al Tribunale amministrativo federale. C. Gli attori hanno presentato ricorso in materia di diritto pubblico al Tribunale federale, al quale chiedono di annullare il giudizio cantonale e di accogliere la petizione. Oltre a ribadire la richiesta di accertamento della nascita/modifica di un contratto di adesione, con effetto dal 1° gennaio 2011, tra la Cassa e il Comune del Gambarogno riguardante i dipendenti - affiliati prima del 1995 - A., B., C.,D., E., F. ed G., i ricorrenti domandano di rinviare gli atti al Tribunale cantonale delle assicurazioni affinché entri nel merito della petizione "quo alla questione pregiudiziale concernente l'inesistenza diuna liquidazione parziale" legata al passaggio del secondo gruppo di assicurati al nuovo istituto di previdenzascelto dal Comune del Gambarogno. Dei motivi si dirà, per quanto occorra, nei considerandi. La Cassa (dal 1° gennaio 2013 diventataIstituto di previdenza del Cantone Ticino) propone di respingere il gravame nei limiti della sua ammissibilità, mentre l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali (UFAS) ha rinunciato a determinarsi. Con osservazioni del 14 marzo 2013 i ricorrenti hanno preso posizione sulla risposta della Cassa. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura della sua ammissibilità. Erwägungen Dai considerandi: 1. La questione, esaminabile d'ufficio (cfr. DTF 118 Ia 129 consid. 1 pag. 130), di sapere se una parte è legittimata ad agire in giudizio in qualità di attrice (legittimazione attiva) e quale altra parte debba essere convenuta in giudizio (legittimazione passiva) si determina - anche nelle procedure su azione di diritto pubblico - secondo il diritto materiale. Di principio la legittimazione attiva spetta al detentore del BGE 139 V 316 S. 321 diritto in discussione, mentre quella passiva alla persona obbligata materialmente. In materia di convenzioni di affiliazione tra un istituto di previdenza e un datore di lavoro quest'ultimo assume la legittimazione attiva nella procedura d'azione ai sensi dell' art. 73 LPP nella misura in cui la controversia verte, come in concreto, su una questione che è oggetto della convenzione di affiliazione passata fra i due (cfr. SVR 2010 BVG n. 27 pag. 107, 9C_40/2009 consid. 3.2; SVR 2005 BVG n. 27 pag. 97, B 43/04 consid. 1; DTF 135 V 113 consid. 1). La questione di sapere se i singoli assicurati e dunque, concretamente, i dipendenti degli ex enti affiliati alla CPDS siano ugualmente legittimati, unitamente al Comune interessato, a ricorrere contro il giudizio impugnato può essere lasciata aperta poiché in ogni caso il ricorso si rivela infondato. 2. La Corte cantonale ha accertato in maniera vincolante per il Tribunale federale che a seguito dell'aggregazione il nuovo Comune del Gambarogno è subentrato nei diritti e negli obblighi, compresi quelli patrimoniali, dei preesistenti Comuni ( art. 3 del decreto legislativo del 23 giugno 2008 concernente l'aggregazione dei Comuni di Caviano, Contone, Gerra Gambarogno, Indemini, Magadino, Piazzogna, San Nazzaro, Sant'Abbondio e Vira Gambarogno). Ora, se ciò abbia significato (anche) la continuazione dei contratti di affiliazione previdenziale preesistenti oppure la loro decadenza - a seguito della cessata esistenza di una delle parti contrattuali (cfr. ad esempio sentenza 2A.425/2000 del 20 luglio 2001 consid. 2c, concernente il destino di una convenzione di affiliazione nell'ipotesi di fusione fra datori di lavoro; v. pure ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Kommentar zum BVG, 2009, n. 1 ad art. 53b LPP ) - e la conseguente necessità di stipulare una nuova convenzione non è di rilievo ai fini del presente giudizio, come hanno fatto notare i giudici di prime cure. Infatti, sia che i diritti e gli obblighi derivanti dalle convenzioni di affiliazione concluse dagli ex enti siano passati al nuovo Comune sia che essi siano decaduti in seguito alla fusione, in nessun caso i ricorrenti potrebbero dedurre da questo solo fatto il diritto a una affiliazione separata (parte alla CPDS, parte alla Cassa pensioni Basilese Vita SA) dei dipendenti precedentemente assicurati presso la CPDS, come invece pretendono ancora in sede federale. 3. 3.1 Occorre per contro verificare se un consenso (normativo) su questo punto possa eventualmente essere stato raggiunto dalle parti in causa in occasione delle discussioni ricordate nei fatti. L'autorità BGE 139 V 316 S. 322 giudiziaria cantonale ha pertinentemente osservato che le convenzioni di affiliazione costituiscono, secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, dei contratti sui generis in senso stretto ( DTF 129 III 476 consid. 1.4 pag. 477). Qualora non esistano, come in concreto, accertamenti di fatto sui reali intendimenti delle parti in causa (in casu: Municipio del Gambarogno, da un lato, e Cassa opponente, dall'altro) al momento di contrarre o se il giudice constata che una parte non ha compreso la volontà dell'altra, la loro (presunta) volontà va determinata interpretando le dichiarazioni secondo il principio dell'affidamento, ovvero secondo il senso che ogni contraente poteva e doveva ragionevolmente attribuire alle dichiarazioni di volontà dell'altro nella situazione concreta tenuto conto del contesto e delle circostanze che hanno preceduto e accompagnato tali dichiarazioni (cfr. DTF 132 III 24 consid. 4 pag. 28; DTF 131 III 280 consid. 3.1 pag. 286 seg.; DTF 130 III 417 consid. 3.2 pag. 424 seg. con rinvii). Il principio dell'affidamento determina quindi pure l'esistenza di una dichiarazione di volontà. Un'affiliazione può avvenire anche in maniera tacita, concludente, vale a dire per mezzo di un comportamento che non si rivela semplicemente passivo, ma che manifesta chiaramente e senza dubbio una volontà di affiliazione ( DTF 129 III 476 consid. 1.4 pag. 477; DTF 123 III 53 consid. 5a pag. 59). L'interpretazione di un contratto alla luce del principio dell'affidamento è una questione che concerne l'applicazione del diritto e può pertanto essere esaminata liberamente dal Tribunale federale. Occorre però fondarsi sul contenuto della manifestazione di volontà e sulle circostanze nelle quali è avvenuta, che attengono al fatto e i cui accertamenti da parte della Corte cantonale vincolano di principio il Tribunale federale ( DTF 132 III 24 consid. 4 pag. 28 con riferimenti; SVR 2012 BVG n. 8 pag. 34, 9C_554/2011 consid. 4.1). Con riferimento all'interpretazione di dichiarazioni scritte è inoltre opportuno rammentare che ci si riferisce in primo luogo al tenore delle stesse. La presenza di un testo chiaro non esclude tuttavia la possibilità di ricorrere ad altri criteri d'interpretazione. Ciononostante, non ci si scosterà dal testo chiaro adottato dagli interessati qualora non vi sia nessun serio motivo di ritenere ch'esso non corrisponde alla loro volontà (cfr. DTF 133 III 61 consid. 2.2.1 pag. 67; DTF 130 III 417 consid. 3.2 pag. 425 con riferimenti). 3.2 Come già in sede cantonale, i ricorrenti ravvisano nella circostanza che la Cassa opponente abbia esposto con lo scritto del 17 agosto 2010 le tre possibilità riguardanti il futuro previdenziale dei BGE 139 V 316 S. 323 dipendenti interessati una proposta vincolante che il Municipio, aderendo alla soluzione c) relativa all'affiliazione del Comune del Gambarogno a più istituti di previdenza, avrebbe poi validamente accettato. Senza il minimo arbitrio, la Corte cantonale ha tuttavia accertato che nella comunicazione in parola la Cassa aveva espressamente riservato la facoltà del Comitato di prendere una decisione in merito alla nuova convenzione - quelle precedenti essendo state da lei ritenute decadute - indipendentemente dalle scelte che avrebbe fatto il datore di lavoro. Quanto basta, dato il chiaro tenore della formulazione, per ragionevolmente escludere che la Cassa abbia dato, in maniera vincolante, carta bianca al Municipio per decidere autonomamente anche le modalità di affiliazione presso più istituti di previdenza. Non scalfisce di certo questa convinzione il passaggio in detto scritto, richiamato dai ricorrenti a sostegno della loro tesi, in cui l'amministrazione della Cassa ha segnalato che "Sulla base delle norme vigenti il vostro Comune per garantire la copertura previdenziale ai suoi dipendenti può scegliere diverse soluzioni". È evidente che la scelta cui è fatto accenno si riferiva alle possibilità previste per legge (affiliazione di tutti i dipendenti del nuovo Comune alla CPDS o a un nuovo istituto di previdenza, rispettivamente loro affiliazione a più istituti di previdenza) ma non certamente anche alle singole modalità di affiliazione, che non potevano essere stabilite unilateralmente senza l'approvazione della Cassa. La quale del resto, per quanto accertato in maniera vincolante dal Tribunale cantonale, in virtù dell'art. 4 cpv. 2 dell'allora vigente legge cantonale sulla Cassa pensioni dei dipendenti dello Stato (Lcpd) aveva la mera facoltà, ma non l'obbligo di ammettere assicurati provenienti da enti esterni allo Stato. Ed è proprio per questi motivi che la Cassa ha formulato più in là nello scritto la riserva a favore della decisione del Comitato. Ne segue che la comunicazione del 17 agosto 2010 poteva, in buona fede, essere unicamente intesa dal Municipio quale mera informazione sulle possibilità che gli si offrivano per legge in seguito alla nuova situazione creatasi con l'aggregazione. 3.3 Il rifiuto opposto dalla Cassa il 18 febbraio 2011, ma anche in seguito, alla definizione dei gruppi formulata dal Comune il 1° dicembre 2010 non configura pertanto un cambiamento di rotta abusivo e in quanto tale non meritevole di tutela giuridica. A titolo meramente abbondanziale si osserva del resto che sin dall'inizio il Municipio del Gambarogno non doveva essere poi così convinto dell'esistenza di una proposta vincolante da parte della Cassa se nella stessa BGE 139 V 316 S. 324 presa di posizione del 1° dicembre 2010 il suo rappresentante segnalava che "il Municipio ha deciso di permettere ad un determinato gruppo di rimanere affiliato, previo accordo della stessa (sottolineatura del redattore), alla Cassa Pensioni dello Stato con una nuova convenzione". Vano risulta inoltre pure il tentativo di relativizzare la ripartizione delle competenze all'interno della CPDS tra l'Amministrazione e il Comitato. Evocata per la prima volta in sede federale, questa censura si rivela anche chiaramente infondata. Se, per loro stessa osservazione, in virtù dell'art. 44 della Lcpd l'amministrazione della Cassa doveva avvenire secondo le indicazioni e le deleghe del Comitato e se nello scritto del 17 agosto 2010 era stata espressamente riservata la decisione di quest'ultimo organo, mal si comprende come i ricorrenti potessero dedurre dalle informazioni illustrate dall'Amministrazione precise aspettative nel senso da loro rivendicato. A essere palesemente contrario agli atti non è dunque certamente l'accertamento dei primi giudici che hanno negato l'approvazione, da parte della Cassa, dei gruppi definiti dal Comune, bensì tutt'al più la contraria tesi dei ricorrenti che in parte addirittura travisano la realtà dei fatti. Non è così vero che la Cassa avrebbe approvato - quanto meno secondo il principio dell'affidamento - il criterio di definizione dei gruppi indicato dal Comune (distinzione tra affiliati prima del 1995, che sarebbero rimasti alla CPDS, e affiliati dopo il 1995, che sarebbero stati trasferiti al nuovo istituto di previdenza del Comune) poiché si sarebbe limitata il 18 febbraio 2011 a evidenziare l'incongruenza della formazione concreta dei gruppi con il criterio scelto e avrebbe rilevato che nel gruppo dei dipendenti che sarebbero rimasti assicurati presso la CPDS ve ne erano due affiliati dopo il 1995, mentre un altro entrato prima del 1995 non ne faceva parte. Anche qui, è sufficiente il rinvio al resto della presa di posizione del 18 febbraio 2011, e confermata anche in seguito, della Cassa per rendersi conto del contrario, il Comitato avendo "comunque ritenuto di non poter dar seguito alla richiesta formulata, non ravvisandone un diritto da parte dell'ente esterno aderente e ritenendo la proposta contraria agli interessi della Cassa". Non occorre aggiungere altro. In tali condizioni, la valutazione dei giudici cantonali per cui, secondo il principio dell'affidamento, le parti non avrebbero raggiunto un consenso sulla separata affiliazione, secondo la definizione dei gruppi auspicata dal nuovo Comune del Gambarogno, dei dipendenti degli ex enti assicurati presso la CPDS non è contraria al diritto né risulta da un apprezzamento manifestamente inesatto delle prove. BGE 139 V 316 S. 325 4. 4.1 Gli insorgenti lamentano inoltre, per quanto di rilievo, una errata applicazione dell' art. 7 cpv. 2 OPP 2 e dell' art. 2 cpv. 2 del regolamento del 29 maggio 1996 della Cassa pensioni dei dipendenti dello Stato (Rcpd; RL 2.5.5.1.1). Rimproverano alla Corte cantonale di non avere riconosciuto che dette norme conferirebbero per legge al datore di lavoro il potere di definire egli stesso, e in maniera vincolante per la Cassa, le categorie di assicurati assoggettabili a diverse istituzioni di previdenza. Ma anche su questo punto le censure ricorsuali sono destituite di fondamento. 4.2 L' art. 7 OPP 2 regola, conformemente al suo titolo, gli effetti dell'affiliazione a uno o più istituti di previdenza. Il cpv. 1 descrive gli effetti dell'affiliazione di un datore di lavoro a un istituto di previdenza nel caso normale in cui questo assicura l'insieme del proprio personale presso il medesimo istituto. La norma dispone in questo caso che l'affiliazione del datore di lavoro a un istituto di previdenza registrato implica l'assicurazione di tutti i salariati sottoposti alla legge presso questo istituto. Il suo cpv. 2 stabilisce tuttavia che se il datore di lavoro vuole affiliarsi a diversi istituti di previdenza registrati, deve definire ogni gruppo d'assicurati in modo tale che tutti i salariati sottoposti alla legge siano assicurati. In caso di lacune nella definizione dei gruppi d'assicurati, gli istituti di previdenza sono solidalmente responsabili delle prestazioni legali. Essi possono esercitare il regresso contro il datore di lavoro. Similmente, come accertato dalla pronuncia impugnata, l' art. 2 cpv. 2 del regolamento della CPDS sancisce che l'affiliazione del datore di lavoro alla Cassa pensioni implica di regola l'assicurazione di tutti i salariati sottoposti obbligatoriamente alla Lcpd, a meno che il datore di lavoro abbia definito preventivamente le categorie degli assicurati assoggettati ad altre istituzioni di previdenza. Il disposto precisa inoltre che le disposizioni dell' art. 7 OPP 2 sono vincolanti. Come ha avuto modo di precisare l'UFAS nel suo commento al progetto di OPP 2, cui si richiamano anche i ricorrenti, il senso dell' art. 7 cpv. 2 OPP 2 è che i lavoratori che fanno parte di un'azienda con più istituti di previdenza debbano ugualmente, con l'inizio del lavoro, godere della stessa protezione sociale dei loro colleghi attivi per una ditta affiliata a un'unica cassa pensione. Per evitare lacune assicurative il legislatore ha istituito una responsabilità solidale del datore di lavoro e degli istituti di previdenza (Commento UFAS del 2 agosto 1983, pag. 62, versione tedesca www.bsv.admin.ch/themen/vorsorge/00039/02611/index. html?/lang=deu ). BGE 139 V 316 S. 326 4.3 Dalla questione appena descritta relativa agli effetti dell'affiliazione a uno o più istituti di previdenza deve invece essere distinta quella, qui in esame, del diritto del datore di lavoro di imporre concretamente a uno o più istituti di previdenza l'affiliazione di parte del proprio personale secondo le modalità ed esigenze da lui auspicate (cfr. ricorso, pag. 21: "In casu, è fatto notorio che i dipendenti affiliati prima del 1995 godono di una copertura più vantaggiosa rispetto a quelli affiliatisi solo successivamente (...) motivo per cui per il primo gruppo di assicurati è più vantaggioso restare, per gli altri è più vantaggioso partire"). Se anche l' art. 7 cpv. 2 OPP 2 gli conferisce effettivamente la possibilità (di principio) di affiliare gruppi di assicurati a diversi istituti di previdenza, ciò non comporta per questi ultimi - già solo per una considerazione legata alla libertà contrattuale che regge il contratto di affiliazione tra datore di lavoro e istituto di previdenza - l'obbligo di accettarne passivamente le modalità. Sostenere il contrario significherebbe imporre unilateralmente un obbligo di contrarre, rispettivamente (nel caso in cui si ammettesse nella fattispecie la continuazione delle convenzioni preesistenti) di modifica del contratto di affiliazione che non trova alcun fondamento né nell'ordinanza né nel regolamento della cassa opponente (cfr. per analogia SVR 2006 BVG n. 22 pag. 86, B 72/04 consid. 5.2.2). Se così fosse, rileva a ragione la CPDS, gli istituti di previdenza si vedrebbero costretti ad accollarsi rischi e oneri non oggettivamente ripartiti e suscettibili di mettere a repentaglio i loro piani assicurativi oltre che gli interessi collettivi della comunità stessa degli assicurati. Va dunque anche su questo punto pienamente condivisa la valutazione della Corte cantonale che ha ritenuto non potere istituire l' art. 7 cpv. 2 OPP 2 (ma neppure l' art. 2 cpv. 2 del regolamento della Cassa) un diritto per il Comune del Gambarogno di definire in maniera vincolante per la Cassa i gruppi di assicurati. Questa conclusione rende superflua la disamina delle ulteriori censure ricorsuali sul tema.
null
nan
it
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
f8907b13-3d08-4404-a816-261858a9b88e
Urteilskopf 99 IV 192 44. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 4 octobre 1973 dans la cause Ministère public du canton de Fribourg contre Corminboeuf.
Regeste Art. 41 Ziff. 3 Abs. 3 StGB . Da die eidgenössischen Räte nicht klar und einstimmig bekannt gaben, welche Bedeutung dieser Bestimmung zukomme, entschied das Bundesgericht, dass sie nur als einfache Zuständigkeitsregel zu betrachten ist.
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 99 IV 192 S. 192 A.- Louis Corminboeuf a été condamné le 29 mars 1972 par le Tribunal correctionnel de la Sarine à quatre semaines d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans pour lésions corporelles simples. Le recours qu'il a déposé a été rejeté le 5 juin 1972 par la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal fribourgeois. B.- Le 16 décembre 1972 Corminboeuf a frappé son épouse de deux coups de couteau. Il a derechef été condamné par le BGE 99 IV 192 S. 193 Tribunal correctionnel de la Sarine pour lésions corporelles simples à six semaines d'emprisonnement avec sursis pendant trois ans sous déduction de la détention préventive. Le Tribunal a révoqué en application de l'art. 41 ch. 3 al. 1 CP le sursis accordé en 1972. Corminboeuf a recouru contre la révocation du sursis. Il a été débouté le 18 juin 1973 par la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal fribourgeois. C.- Le Ministère public du canton de Fribourg se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral contre cet arrêt. Il conclut à l'annulation de la décision attaquée. Erwägungen Considérant en droit: Le recourant se limite à critiquer l'interprétation que la Cour de céans a donnée de l'art. 41 ch. 3 al. 3 CP, en faisant de cette disposition une simple règle de compétence (arrêt Béguin, RO 98 IV 164). Il se fonde notamment sui la volonté réelle du Conseil national lors de l'élaboration de la novelle du 18 mars 1971, telle qu'elle est exposée par G. BAECHTOLD dans le Journal des Tribunaux (JT 1973 IV 34 ss). Si cet article présente de l'intérêt du point de vue historique, en ce sens qu'il lève toute équivoque sur l'opinion que l'auteur partage avec les rapporteurs de langue allemande et française du Conseil national, il n'est pas déterminant en l'espèce. En effet, il fait également ressortir que le Conseil des Etats n'a considéré le texte adopté par le Conseil national que comme une modification purement rédactionnelle apportée à sa contre-proposition et laissant intacte sur le fond la règle selon laquelle, contrairement au projet du Conseil fédéral, le juge ne peut renoncer à prononcer la révocation du sursis que dans les cas de peu de gravité, même lorsqu'un nouveau crime ou délit a été commis. Il reste donc que le législateur qui, faut-il le rappeler, est formé des deux chambres fédérales, faute d'être unanime, n'a pas manifesté clairement son intention. Il appartenait donc à la jurisprudence de fixer les points douteux. C'est ce qui a été fait dans l'arrêt Béguin (voir également RO 97 I 924 consid. 3). Il n'y aurait lieu de revenir sur la solution choisie que pour de bonnes raisons. Le recourant en voit une dans l'inconvénient qu'il y aurait selon lui à ce que le même juge rende, comme en l'espèce, un jugement contradictoire en émettant un pronostic favorable quant à l'amendement du condamné et en accordant BGE 99 IV 192 S. 194 en conséquence le sursis à propos d'une nouvelle infraction, alors que, celle-ci ne pouvant être taxée de peu de gravité, il est par ailleurs obligé par la loi de révoquer un sursis antérieur. Il a déjà été jugé (arrêt non publié Caluori du 18 avril 1973) que si l'application des art. 41 ch. 3 CP se faisait à la lumière des mêmes critères et selon les mêmes principes (cf. RO 98 IV 76), les points de vue auxquels le juge se place ne sont pas identiques et que, par conséquent, il n'est pas contraire à la loi que le cas échéant, le sursis soit accordé pour une infraction alors qu'est révoqué celui qui suspendait l'exécution d'une peine prononcée antérieurement, et vice versa. Il n'y a donc pas là de motifs de retoucher la jurisprudence consacrée par l'arrêt Béguin. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Rejette le pourvoi.
null
nan
fr
1,973
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f8985b1c-ad59-4eb4-af5e-6fd220aacbfd
Urteilskopf 94 II 59 9. Verfügung des Präsidenten der II. Zivilabteilung vom 24. April 1968 i.S. Koerfer und Kons. gegen Goldschmidt.
Regeste Art. 150 Abs. 2 OG verpflichtet (ebenso wie Art. 213 aoG) nicht auch die im Ausland wohnhafte berufungsbeklagte Partei zur Sicherstellung für eine allfällige Parteientschädigung.
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 94 II 59 S. 59 Nach Feststellung, - dass die Beklagten und Berufungskläger unterm 29. Januar 1968 das Begehren gestellt haben, den Kläger und Berufungsbeklagten zur Sicherstellung der allfälligen Parteientschädigung an die Beklagten und Berufungskläger zu verhalten, wofür namentlich auf den Wohnsitz des Berufungsbeklagten in New York verwiesen wird; - dass der Berufungsbeklagte diese Sicherstellung in seiner Vernehmlassung vom 9. April 1968 ablehnt; BGE 94 II 59 S. 60 Erwägungen und in Erwägung: 1. Gemäss Art. 150 Abs. 1 OG hat in der Regel "wer das Bundesgericht anruft, nach Anordnung des Präsidenten die mutmasslichen Gerichtskosten... sicherzustellen...". In Art. 150 Abs. 2 OG , auf den sich die Gesuchsteller berufen, wird sodann folgendes bestimmt: "Eine Partei kann auf Begehren der Gegenpartei vom Präsidenten oder Instruktionsrichter zur Sicherstellung für eine allfällige Parteientschädigung angehalten werden, wenn sie in der Schweiz keinen festen Wohnsitz hat oder erweislich zahlungsunfähig ist." Abs. 2 des Art. 150 OG vom 16. Dezember 1943 stammt, wie der Berufungsbeklagte zutreffend annimmt, von Art. 213 aoG vom 22. März 1893. Auffällig ist im revidierten Gesetz der Unterschied in der Fassung der Absätze 1 und 2 des Art. 150: "wer das Bundesgericht anruft", hat nach Abs. 1 die Gerichtskosten sicherzustellen, während laut Abs. 2 die Sicherstellung der Parteientschädigung "eine Partei... auf Begehren der Gegenpartei" trifft. Man wäre versucht, hieraus zu schliessen, die Pflicht zur Sicherstellung der Parteikosten könne im Gegensatz zu derjenigen für die Gerichtskosten jede der Berufungsparteien, den Berufungsbeklagten wie den Berufungskläger treffen. Und doch ist das nicht der Fall. Die Bezeichnung des Sicherstellungspflichtigen mit "eine Partei" fand sich schon in Art. 213 aoG, welcher sich sowohl auf die Prozesskosten als die Prozessentschädigung bezog. Sie wurde aber nur gewählt, um deutlich zu machen, dass der Berufungskläger (wie der Anschlussberufungs- und der Nichtigkeitskläger) nicht identisch mit der Klägerpartei des Prozesses zu sein braucht. Mit der allgemeinen Fassung "Partei" sollte also "offenbar nicht gemeint sein, dass der Berufungskläger von der Gegenpartei, wenn sie im Ausland domiziliert ist, Kostenversicherung verlangen kann" (REICHEL zu Art. 213 aoG N. 3; zustimmend WEISS, Berufung S. 150 Ziff. 3). Dem entsprach auch die Gerichtspraxis zu Art. 213 aoG ( BGE 65 II 25 ), worauf der Berufungsbeklagte mit Recht hinweist. 2. Die Revision vom 16. Dezember 1943 hat am früheren Rechtszustand nichts geändert. Die Vorschusspflicht des Abs. 1 von Art. 150 belastet natürlicherweise denjenigen, der vom Rechtsmittel der Berufung (resp. Anschlussberufung) BGE 94 II 59 S. 61 Gebrauch macht, also den Berufungskläger (vgl. analog Art. 151). Durch die Revision wurde lediglich die Ausdehnung der Pflicht zur Sicherstellung der (allfälligen) Parteientschädigung auf den (in aoG Art. 213 nicht vorgesehenen) Fall erweislicher Zahlungsunfähigkeit bezweckt (hierüber die Botsch. vom 9. Febr. 1942, S. 151 f., bes. Abs. 3). Die Trennung der beiden Fälle im rev. Gesetz (Gerichtskosten einerseits, Parteikosten anderseits) erfolgte lediglich wegen der Umschreibung von speziellen Voraussetzungen (vgl. auch die Botsch. Abs. 4). Dementsprechend findet sich die Auffassung der Berufungskläger nirgends vertreten (vgl. zu Art. 150 OG : GRÜNINGER, N. 2; BIRCHMEIER, N. 2 in fine). Im Gesetz ( Art. 150 Abs. 4 OG ) wird denn auch (entsprechend aoG Art. 213) weiter bestimmt, dass bei fruchtlosem Ablauf der "für die Sicherstellung (nach Abs. 1 oder 2) gesetzten Frist"... "auf die Rechtsvorkehr nicht eingetreten" wird. Hieraus erhellt wieder, dass die Pflicht zur Sicherstellung der Parteikosten nach Abs. 2 nicht den Berufungsbeklagten treffen kann. Berufungsantwort und besondere Verteidigung des Berufungsbeklagten sind ohnehin fakultativ ( Art. 61 Abs. 2 und Art. 62 Abs. 5 OG ; vgl. ähnlich schonBGE 36 II 286unten). 3. Für die gesetzliche Regelung bestehen sachliche Gründe. Die Berufung soll Verlusten und dem Hinausschieben der Rechtskraft kantonaler Urteile durch unbegründete Ergreifung von Rechtsmitteln nicht Vorschub leisten können (Botsch. 1.c., Abs. 2). 4. Ist somit das Gesuch der Berufungskläger mangels gesetzlicher Grundlage abzuweisen, so spielt es keine Rolle, dass die Vereinigten Staaten von Nordamerika auch der rev. Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 1. März 1954 nicht beigetreten sind; denn es ist - da vorliegend keine Pflicht zur Sicherstellung besteht - gleichgültig, ob der Berufungsbeklagte von ihr kraft Staatsvertrages befreit wäre oder nicht; Dispositiv verfügt der Präsident der II. Zivilabteilung: Das Begehren der Berufungskläger um Sicherstellung der allfälligen Parteientschädigung wird abgewiesen.
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Urteilskopf 140 II 185 18. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Universität Luzern, Studiendienste, und Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_457/2013 vom 13. März 2014
Regeste Art. IV.1 des Lissabonner Übereinkommens vom 11. April 1997, Art. 1 der Europaratskonvention Nr. 15; Art. 1, 2 und 5 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung; Art. 22 UFG ; Grundsatz der Akzeptanz bzw. Äquivalenz bei der Zulassung zum Hochschulstudium. Der in Art. IV.1 des Lissabonner Übereinkommens verankerte Grundsatz der wechselseitigen Akzeptanz bzw. Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen für den Hochschulzugang ist direkt anwendbar ("self-executing"). Als Prinzip gilt die Gleichwertigkeit der Hochschulreifezeugnisse; Ausnahmen bedürfen eines gewichtigen Unterschieds im jeweiligen Bildungssystem ("substantial differences"). Die fehlende Äquivalenz ist im Einzelfall zu belegen (E. 3 und 4). Fall eines Studenten, der auf dem zweiten Bildungsweg die deutsche Hochschulreife erworben hatte und an einer deutschen Universität immatrikuliert war (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 186 BGE 140 II 185 S. 186 X. (geb. 1964) besuchte vom September 2006 bis zum Dezember 2006 und vom September 2007 bis zum Juli 2009 die Staatliche Berufsoberschule Augsburg (Deutschland) in der Ausbildungsrichtung "Wirtschaft". Am 10. Juli 2009 schloss er diese mit dem Zeugnis der fachgebundenen Hochschulreife ab. Gleichzeitig erteilte ihm die Staatliche Berufsoberschule Augsburg das Zeugnis über die zweite Fremdsprache (Spanisch). Die Verbindung der beiden Zeugnisse weist die allgemeine Hochschulreife nach, welche zum Universitätsstudium in Deutschland berechtigt. Im Wintersemester 2009 war X. an der Universität Augsburg immatrikuliert (Fachrichtung Rechtswissenschaften). BGE 140 II 185 S. 187 Nachdem X. sich bereits für das Frühlingssemester 2012 erfolglos für das Bachelorstudium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern angemeldet hatte, ersuchte er für das Herbstsemester 2012 erneut um Studienzulassung. Mit Schreiben vom 11. Mai 2012 bzw. Verfügung vom 9. Juli 2012 teilten ihm die Studiendienste der Universität Luzern mit, dass er die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfülle. X. gelangte hiergegen erfolglos an das Bildungs- und Kulturdepartement (Entscheid vom 8. November 2012) und an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (nunmehr Kantonsgericht; Urteil vom 8. April 2013). Das Bundesgericht heisst die Beschwerde von X. gut, hebt das Urteil des Verwaltungsgerichts auf und weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, Studienbewerber an der Universität müssten gemäss § 21 Abs. 1 und 3 des Luzerner Gesetzes vom 17. Januar 2000 über die universitäre Hochschulbildung (Universitätsgesetz; SRL 539) die im Universitätsstatut vom 12. Dezember 2001 (SRL 539c) festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Gemäss § 31 des Statuts würden Studierende unter anderem dann immatrikuliert, wenn sie über einen gemäss den Zulassungsrichtlinien der Universität Luzern als gleichwertig anerkannten ausländischen Ausweis verfügten. Nach den Zulassungsrichtlinien müssten in den letzten drei Schuljahren durchgehend mindestens sechs allgemeinbildende Fächer gemäss einer bestimmten Fächerliste absolviert worden sein, darunter auch solche der Kategorie 4: Naturwissenschaften (Biologie, Chemie oder Physik). Der Beschwerdeführer erfülle diese Anforderungen nicht, da er zwar Unterricht in Physik genossen habe, aber nicht während durchgehend dreier Jahre. Damit liege ein wesentlicher Unterschied im Sinne von Art. IV.1 des Übereinkommens vom 11. April 1997 über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (Lissabonner Übereinkommen, in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Februar 1999; SR 0.414.8) im Vergleich zur schweizerischen gymnasialen Matura vor. Der Beschwerdeführer möge zwar in seiner früheren, im Jahre 1995 abgeschlossenen Ausbildung zum Industriemechaniker Unterricht in naturwissenschaftlichen Fächern erhalten BGE 140 II 185 S. 188 haben, doch könne dieser nicht berücksichtigt werden, da er nicht in den letzten drei Schuljahren erfolgt sei. 2.2 Der Beschwerdeführer wendet hiergegen ein, er habe an der Berufsoberschule zwei Jahre das Fach Technologie belegt, das die Sparten Biologie, Chemie und Physik umfasse. Zudem habe er bereits an der Fachoberschule das Fach Chemie besucht. Mit diesen Vorbringen, die zudem teilweise auf unzulässigen Noven beruhen, wird nicht dargelegt, dass die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz offensichtlich unrichtig wäre. Sie ist deshalb der bundesgerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. 3. 3.1 Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf die aufgrund von § 31 des Statuts der Universität Luzern erlassenen Zulassungsrichtlinien der Universität Luzern, welche gemäss ihren Feststellungen in Bezug auf die hier umstrittenen Zulassungsvoraussetzungen vollständig die Empfehlungen der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS) vom 7. September 2007 für die Bewertung ausländischer Reifezeugnisse übernommen hätten. Die CRUS ist ein Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB (vgl. Art. 1 ihrer Statuten). Sie ist das in Art. 8 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1999 über die Förderung der Universitäten und über die Zusammenarbeit im Hochschulbereich (UFG; SR 414.20) vorgesehene gemeinsame Organ der Leitungen der schweizerischen universitären Hochschulen. Ihre Rechtsgrundlage sind die Art. 11 ff. der Vereinbarung vom 14. Dezember 2000 zwischen dem Bund und den Universitätskantonen über die Zusammenarbeit im universitären Hochschulbereich (Zusammenarbeitsvereinbarung; SR 414.205). Weder das UFG noch die Zusammenarbeitsvereinbarung noch das Interkantonale Konkordat vom 9. Dezember 1999 über universitäre Koordination (SRL 543b) ermächtigen die CRUS, Rechtsnormen zu erlassen. Sie kann nur Empfehlungen abgeben, die allenfalls im massgebenden kantonalen Recht umgesetzt werden. Rechtsgrundlage des angefochtenen Entscheids bildet daher nicht Bundes- oder interkantonales Recht, sondern kantonales Recht, dessen Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Lissabonner Überkommens - und diesbezüglich internationalem Recht als Bundesrecht - zu überprüfen ist. 3.2 3.2.1 Das Lissabonner Übereinkommen will die Bemühungen aller Menschen in den Signatarstaaten erleichtern, "ihre Bildung an BGE 140 II 185 S. 189 Hochschuleinrichtungen dieser anderen Vertragsstaaten fortzusetzen oder dort eine Studienzeit abzuschliessen", wobei eine "gerechte Anerkennung von Qualifikationen" einen wesentlichen Bestandteil des Rechts auf Bildung und eine Aufgabe der Gesellschaft darstellen soll (vgl. die Präambel). Zu diesem Zweck sieht Art. III.5 insofern verfahrensrechtliche Garantien vor, als die Verweigerung der Anerkennung der Qualifikationen zu begründen und der Antragsteller über mögliche Massnahmen zu unterrichten ist, die er ergreifen kann, um die Anerkennung zu einem späteren Zeitpunkt zu erlangen. Wird die Anerkennung versagt oder ergeht kein Entscheid, so kann der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist Rechtsmittel einlegen. Abschnitt IV regelt die "Anerkennung von Qualifikationen, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen". Der im vorliegenden Zusammenhang diesbezüglich relevante Art. IV.1 hält fest, dass "jede Vertragspartei (...) für den Zweck des Zugangs zu den zu ihrem Hochschulsystem gehörenden Programmen die von den anderen Vertragsparteien ausgestellten Qualifikationen" anerkennt, "welche die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung in diesen Staaten erfüllen, sofern nicht ein wesentlicher Unterscheid zwischen den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen in der Vertragspartei, in der die Qualifikation erworben wurde, und denen in der Vertragspartei, in der die Anerkennung der Qualifikation angestrebt wird, nachgewiesen werden kann". 3.2.2 Die Europäische Konvention vom 11. Dezember 1953 über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse (Europaratskonvention Nr. 15; SR 0.414.1) wurde von der Bundesversammlung am 6. März 1991 genehmigt und trat für die Schweiz am 25. April 1991 in Kraft. Ihr Art. 1 Ziff. 1 sieht analog dem Lissabonner Übereinkommen vor, dass jede vertragschliessende Partei für die Zulassung zu den in ihrem Gebiet gelegenen Universitäten, falls diese Zulassung der staatlichen Kontrolle unterliegt, die Gleichwertigkeit der im Gebiet jedes anderen Signatarstaats erteilten Zeugnisse anerkennt, deren Besitz für ihre Inhaber die Voraussetzung für die Zulassung zu den entsprechenden Anstalten des Landes bildet, in dem diese Zeugnisse erteilt wurden; Ziffer 4 hält fest, dass der vertragschliessende Staat den Wortlaut der Konvention den Universitäten, deren Zulassung nicht der staatlichen Kontrolle unterliegt, übermittelt und sich dafür einsetzt, dass die genannten Universitäten die entsprechenden Grundsätze ebenfalls beachten. BGE 140 II 185 S. 190 4. 4.1 Die kantonalen Instanzen sind davon ausgegangen, das Lissabonner Übereinkommen sei nicht "self-executing", weshalb sich daraus kein Zulassungsanspruch herleiten lasse. Sie haben sich für diese Auffassung im Wesentlichen auf die Botschaft des Bundesrats vom 17. September 1990 über Massnahmen für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der höheren Bildung und für die Mobilitätsförderung (BBl 1990 III 1059) gestützt, mit welcher unter anderem beantragt wurde, die Europaratskonvention Nr. 15 zu genehmigen. Der Bundesrat hat dort unter Bezugnahme auf deren Art. 1 Ziff. 1 und 4 ausgeführt, es handle sich dabei nicht um einen unmittelbar anwendbaren ("non-self-executing") Vertrag, weshalb der innerstaatlichen Kompetenzaufteilung und namentlich der traditionellen Autonomie der Universitäten Rechnung getragen werde (a.a.O., 1072 Ziff. 126, 1096 Ziff. 61). Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 6. März 1991, mit welchem die Konvention genehmigt wurde (AS 1991 2000), verlangte dementsprechend, dass der Bundesrat beim Beitritt die Erklärung abgebe, dass "der verfassungsmässigen Zuständigkeit der Kantone im Bildungswesen sowie der Hochschulautonomie bei der Anwendung der Konventionen Rechnung zu tragen" sei. Gestützt auf diese Botschaft hat auch das Bundesgericht erkannt, dass die Europaratskonvention Nr. 15 nicht unmittelbar anwendbar ist (Urteil 2A.331/2002 vom 24. Januar 2003 E. 6.2). 4.2 Zu Recht kritisiert der Beschwerdeführer die Auffassung, das Lissabonner Übereinkommen sei - wie die Europaratskonvention Nr. 15 - im hier interessierenden Punkt nicht "self-executing": Eine staatsvertragliche Bestimmung ist praxisgemäss direkt anwendbar, wenn sie inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, um im Einzelfall Grundlage eines Entscheides bilden zu können. Die Norm muss mithin justiziabel sein, d.h. es müssen die Rechte und Pflichten des Einzelnen umschrieben und der Adressat der Norm die rechtsanwendenden Behörden sein. Wie es sich damit verhält, ist von diesen zu bestimmen ( BGE 136 I 297 E. 8.1; BGE 133 I 286 E. 3.2; BGE 124 III 90 E. 3a S. 91). Das Lissabonner Übereinkommen als gemeinsames Abkommen im Rahmen des Europarats und der UNESCO beruht mit Art. IV.1 auf dem Prinzip der Akzeptanz ("acceptance") der im Ausland erworbenen Qualifikationen. Neu müssen die Transparenz und Fairness des jeweiligen Anerkennungsentscheids bzw. eine allfällige Ablehnung ausländischer Diplome als gerecht, nicht diskriminierend und im Gebiete des Abkommens stehend BGE 140 II 185 S. 191 nachgewiesen werden. Jeder Mitgliedstaat hat zwar die Möglichkeit, die wesentlichen Unterschiede ("substantial differences") ausländischer Studienleistungen zum eigenen Studiensystem selbst zu definieren und gewisse Ergänzungen zu verlangen, doch liegt die Beweislast, dass ein Antrag die vermutete Äquivalenz bzw. die entsprechenden Voraussetzungen zwischen den Unterzeichnerstaaten nicht erfüllt, bei der die Bewertung durchführenden Stelle (Art. III.3). Die im Übereinkommen vorgesehenen Rechte und Erleichterungen werden durch entsprechende verfahrensrechtliche Garantien gesichert (vgl. Art. III.5). Es ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen, dass das Prinzip der Akzeptanz bzw. (wechselseitigen) Anerkennung - wesentliche Unterschiede vorbehalten - von den Antragstellern direkt geltend gemacht werden kann und Art. IV.1 "self-executing"-Wirkung im Sinne der Rechtsprechung hat. Dies gilt auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Zuständigkeit für die Anerkennungsangelegenheiten an sich in der Kompetenz der Gliedstaaten, d.h. der Kantone bzw. deren Anstalten, liegt (vgl. Art. II.1). Als Prinzip gilt die Gleichwertigkeit der Hochschulreifezeugnisse, Ausnahmen bedürfen eines gewichtigen Unterschieds. Ob ein solcher konkret vorliegt, ist eine justiziable Frage (a.M. jedoch ohne weitere Begründung PFENNINGER-HIRSCHI/HAFNER, § 24 Ausländische Schulkinder und ausländische Studierende, in: Ausländerrecht, Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], 2. Aufl. 2009, S. 1267 ff., dort N. 24.56 und 24.57). 4.3 Die Unterzeichnung des Lissabonner Übereinkommens seitens des Bundesrats ohne Genehmigungsvorbehalt zugunsten des Parlaments beruht auf den Kompetenzen, die dem Bund (Art. 1) und der Regierung (Art. 2) im Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung (SR 414.51) eingeräumt worden sind. Bereits zuvor war der Bundesrat zum Abschluss solcher Verträge ermächtigt (AS 1991 1972); der entsprechende Bundesbeschluss vom 22. März 1991 ist durch die neue gesetzliche Regelung ersetzt worden (Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes). Die Universitäten wurden vor Beitritt zum Abkommen konsultiert und haben diesem zugestimmt (vgl. PFENNINGER-HIRSCHI/HAFNER, a.a.O., N. 24.55). Ihre Autonomie wird dadurch nicht beeinträchtigt; sie haben nach wie vor die Möglichkeit, den Zugang aufgrund einer sachlich belegten, diskriminierungsfrei festgestellten tatsächlich fehlenden Äquivalenz im Einzelfall zu beschränken. Im Unterschied zur BGE 140 II 185 S. 192 Europaratskonvention Nr. 15 hat der Bundesrat beim Lissabonner Abkommen darauf verzichtet, eine Erklärung abzugeben, wonach die Hochschulautonomie bei dessen Anwendung vorbehalten bleibe (vgl. die Erklärungen zu SR 0.414.1 einerseits und zu 0.414.8 andererseits), sodass nicht unter Hinweis auf die bundesrätliche Botschaft zum älteren Abkommen die direkte Anwendbarkeit von Art. IV.1 und des Grundsatzes der Akzeptanz verneint werden kann. 5. 5.1 Die Rektorenkonferenz der Schweizerischen Universitäten hat in ihren Empfehlungen vom 7. September 2007 die Anforderungen an die Akzeptanz ausländischer Zeugnisse in Anlehnung an die Erfordernisse gemäss der Maturitätsverordnung näher umschrieben. Dabei behielt sie jedoch ausdrücklich die Zulassungsbestimmungen der jeweiligen Universität vor; im Einzelfall gingen diese ihren Länderbewertungen vor. Als Grundsatz gilt, dass der ausländische Vorbildungsausweis im ausstellenden Land (1) den höchstmöglichen Mittelschul- bzw. Gymnasiumsabschlussgrad darstellt, (2) im ausstellenden Land den allgemeinen Zugang zum universitären Studium ermöglicht, (3) in einem unverkürzten, in der Regel im Klassenverband absolvierten Ausbildungsgang erworben worden ist, (4) altsprachlicher, neusprachlicher, geistes-sozialwissenschaftlicher oder mathematisch-naturwissenschaftlicher Natur ist und (5) allgemeinbildenden Charakter hat. Ziffer 2.2.1 der Zulassungsrichtlinien der Universität Luzern für das Studienjahr 2012/2013 sieht in diesem Zusammenhang vor: Kategorie Fach 1 Erstsprache Muttersprache 2 Zweitsprache frei wählbar 3 Mathematik Mathematik 4 Naturwissenschaften Biologie, Chemie oder Physik 5 Sozial - Geisteswissenschaften Geografie, Geschichte oder Wirtschaft/Recht 6 zusätzlich 1 Fach aus Kategorie 2, 4 oder 5 5.2 Die kantonalen Instanzen sind davon ausgegangen, der Beschwerdeführer erfülle die Anforderungen in Naturwissenschaften BGE 140 II 185 S. 193 nicht (Kategorie 4). Er habe zwar Unterricht in Physik erhalten, jedoch nicht während durchgehend dreier Jahre. Die Physik sei gemäss der Maturitätsverordnung ein Grundlagenfach und werde als Teil der Naturwissenschaften unterrichtet, zu welchen auch die Fächer Biologie und Chemie zählten, wobei die Unterrichtszeit in Naturwissenschaften zusammen mit dem Fach Mathematik einen Anteil von 25-35 % des gesamten Unterrichts umfassen müsse (Art. 9 Abs. 2 lit. g i.V.m. Art. 11 der Verordnung vom 15. Februar 1995 über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen [MAV; SR 413.11] ). Das Verwaltungsgericht verkennt mit dieser Argumentation Sinn und Zweck des Grundsatzes der Äquivalenz, wie ihn Art. IV.1 des Übereinkommens in Fällen wie dem vorliegenden statuiert, in denen die Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg erworben worden ist. Werden die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung in einem anderen Konventionsstaat erfüllt, darf der Zugang nur verweigert werden, "sofern nicht ein wesentlicher Unterschied" zwischen den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen in den Vertragsparteien besteht. Dabei darf nicht ein zu strenger Massstab angewendet werden, sollen Sinn und Zweck der Hochschulmobilität im europäischen Raum nicht übermässig erschwert und die Äquivalenz wiederum der jeweiligen nationalen bzw. kantonalen Regelung anheimgestellt werden. 5.3 Ziffer 2.2.1 der Zulassungsrichtlinien 2012/2013 sieht unter Kategorie 4 (Naturwissenschaften) vor, dass der Unterricht die Fächer Biologie, Chemie oder Physik umfasst haben muss. Nach der Empfehlung der CRUS vom 7. September 2007 für die Bewertung ausländischer Reifezeugnisse soll es zulässig sein, während der drei Jahre "verschiedene Fächer dieser Kategorie zu belegen (z.B. Kategorie 4: in den ersten beiden Jahren Biologie und im dritten Jahr Chemie)", wenn innerhalb einer Kategorie mehrere Fächer zur Auswahl stehen. Nach der Länderliste gilt für die Äquivalenz für Deutschland an der Uni Luzern "das Reifezeugnis mit Notendurchschnitt 2,5 oder Studienplatznachweis einer anerkannten Universität im Herkunftsland des Reifezeugnisses". Gemäss einem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 4. Dezember 2012 umfasst das vom Beschwerdeführer belegte Fach "Technologie" schwerpunktmässig naturwissenschaftliche Lerninhalte aus Physik und Chemie; in Deutschland berechtigt die an der Berufsoberschule in Bayern erworbene Allgemeine Hochschulreife grundsätzlich zum Studium aller Fachrichtungen an BGE 140 II 185 S. 194 Hochschulen und Universitäten. Unter diesen Umständen ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese hat zu prüfen, ob die nach den kantonalen Regeln verneinte Äquivalenz im spezifischen Einzelfall auf einem Unterschied beruht, der legitimerweise als "wesentlich" im Sinne der - wie dargelegt - direkt anwendbaren Regelung von Art. VI.1 oder einer anderen Ausschlussbestimmung gelten kann und den Umständen des Falles (zweiter Bildungsweg) angemessen erscheint.
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f89bbae1-14cd-4cc1-afa2-b15f4162d127
Urteilskopf 121 V 190 30. Auszug aus dem Urteil vom 13. November 1995 i.S. S. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zug und Verwaltungsgericht des Kantons Zug
Regeste Art. 28 Abs. 1 und 2, Art. 22 und 29 Abs. 2, Art. 48 Abs. 2 IVG , Art. 18, Art. 20ter Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 IVV . Ist ein Versicherter nach Ablauf der einjährigen Wartezeit nicht oder noch nicht eingliederungsfähig, steht ihm eine Rente zu, selbst wenn in Zukunft Eingliederungsmassnahmen beabsichtigt sind. Die in BGE 100 V 191 Erw. 5 genannten Ausnahmen vom Grundsatz "Eingliederung vor Rente" sind durch die seit 1. Januar 1985 gültige neue Fassung von Art. 18 und Art. 28 IVV obsolet geworden.
Erwägungen ab Seite 190 BGE 121 V 190 S. 190 Aus den Erwägungen: 3. a) Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass Art. 28 Abs. 1 IVV (in der seit 1. Januar 1985 geltenden Fassung) die Koordination mit Art. 18 IVV bezweckt (ZAK 1984 S. 415), dies in Übereinstimmung mit dem grundsätzlichen Vorrang der Eingliederung und des Taggeldes vor der Rente ( BGE 116 V 92 ). Nach Art. 18 IVV (dessen Abs. 1 und 2 ebenfalls auf den 1. Januar 1985 geändert worden sind) hat der Versicherte, der mindestens 50% arbeitsunfähig ist und auf den Beginn bevorstehender Eingliederungsmassnahmen warten muss, für die Wartezeit Anspruch auf das sog. Wartetaggeld (Abs. 1). Dieser Anspruch beginnt im Zeitpunkt, in welchem die IV-Stelle (resp. vorher die Invalidenversicherungs-Kommission) aufgrund ihrer Abklärungen feststellt, dass Eingliederungsmassnahmen angezeigt sind, spätestens aber vier Monate nach Eingang der Anmeldung (Abs. 2). Dabei haben Rentenbezüger, die sich einer Eingliederungsmassnahme BGE 121 V 190 S. 191 unterziehen, keinen Anspruch auf ein Taggeld für die Wartezeit (Abs. 3). Mit dieser Neuregelung sollte verhindert werden, dass der Versicherte - anders als nach der früheren Fassung von Art. 18 IVV - in der Zwischenzeit, d.h. bis zur Anordnung einer konkreten Eingliederungsmassnahme, ohne finanzielle Leistungen der Invalidenversicherung bleibt, sofern nicht bereits ein Rentenanspruch entstanden ist. Ferner soll verhindert werden, dass in dieser ungeklärten Situation ein solcher Anspruch entsteht (ZAK 1984 S. 412 f.). b) Der Beschwerdeführer verkennt indessen, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um ein Problem der Koordination zwischen Rente und Wartetaggeld geht. Wie er in der Beschwerde an die Vorinstanz selber zugegeben hat, besteht kein Anspruch auf ein Wartetaggeld. Der Beschwerdeführer hat sich am 15. Februar 1990 bei der Invalidenversicherung angemeldet. Am 7. Mai 1990 hat er die Ausbildung an der Handelsschule X angetreten, welche im nachhinein - entsprechend dem Vorschlag der Regionalstelle vom 3. Januar 1991 - von der Invalidenversicherung als Umschulung übernommen wurde (Verfügungen vom 29. Januar 1991), dies unter Zusprechung von Taggeldern für die Zeit vom 7. Mai 1990 bis 26. Februar 1992 (Verfügungen vom 14. Februar 1991). 4. Damit ist aber die Frage noch nicht entschieden, ob der Beschwerdeführer bis zum Beginn der als Umschulung übernommenen Ausbildung an der Handelsschule X am 7. Mai 1990 eine Rente zugute hat. Sie ist nach Massgabe der allgemeinen Regeln über die Entstehung des Rentenanspruchs und über den Vorrang der Eingliederung zu beantworten. a) Aus dem Vorrang der Eingliederung folgt, dass vor der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen vorübergehend eine Rente nur gewährt werden darf, wenn der Versicherte wegen seines Gesundheitszustandes noch nicht eingliederungsfähig ist ( BGE 100 V 189 Erw. 3; ferner ZAK 1971 S. 459 Erw. 1 mit weiteren Hinweisen). In ZAK 1971 S. 460 Erw. 2 ist die Frage aufgeworfen worden, ob in Abweichung des Grundsatzes des Vorrangs der Eingliederung dann - trotz Eingliederungsfähigkeit - eine Rente zugesprochen werden kann, wenn zufolge eines offensichtlichen Fehlers der Verwaltung die Eingliederung verzögert wird und ein besonderer Härtefall vorliegt. Sie konnte indessen wegen des passiven Verhaltens des damaligen Versicherten offengelassen werden, welcher selber eine Anstrengung hätte BGE 121 V 190 S. 192 unternehmen oder wenigstens bei der Versicherung auf Beschleunigung der Durchführung der beruflichen Eingliederungsmassnahmen hätte drängen sollen. In BGE 100 V 191 Erw. 5 wurde die offengelassene Frage schliesslich in dem Sinne beantwortet, dass eine Rente auch dann gewährt werden könne, wenn die Verwaltung durch einen offensichtlichen Fehler das Eingliederungsverfahren verzögert oder wenn sich der Versicherte in einer finanziellen Notlage befindet. b) Es fragt sich, ob diese Ausnahmen auch heute noch Gültigkeit haben. Bejahendenfalls würde sich weiter fragen, ob dem Beschwerdeführer unter dem Aspekt einer finanziellen Notlage (für das Abklärungs- und das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ihm die unentgeltliche Verbeiständung gewährt worden) für die Zeit bis zum Beginn der Umschulung eine Rente zusteht. c) In ZAK 1986 S. 603 Erw. 2a wird - ohne auf die in BGE 100 V 191 Erw. 5 erwähnten Ausnahmen hinzuweisen - festgehalten, dass Renten in der Regel erst dann ausgerichtet werden, wenn die Möglichkeit einer Eingliederung nicht oder nur in ungenügendem Masse (d.h. in einem nicht rentenausschliessenden Umfang) gegeben ist. Dieses Urteil knüpft damit an die ursprüngliche Rechtsprechung an, wonach eine Rente vor Durchführung von Eingliederungsmassnahmen nur in Betracht kommt, wenn der Versicherte nicht oder noch nicht eingliederungsfähig ist. Wohl war in diesem Urteil noch die alte Fassung von Art. 28 Abs. 1 IVV (gültig gewesen bis Ende 1984) massgebend, welche in Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 IVV (ebenfalls in der bis Ende 1984 gültig gewesenen Fassung) ein Wartetaggeld erst ab Anordnung einer Eingliederungsmassnahme vorsah. Diese frühere Regelung hatte - wie bereits erwähnt - dazu geführt, dass Versicherte in einer unter Umständen verhältnismässig langen Zeit (zwischen IV-Anmeldung und späterer Anordnung der Eingliederungsmassnahme) ohne jede finanzielle Leistung der Invalidenversicherung blieben, wenn nicht (nach Massgabe von BGE 100 V 189 Erw. 3) ein Rentenanspruch entstanden war (vgl. ZAK 1984 S. 412; vgl. auch BGE 116 V 89 Erw. 2b f. und ZAK 1990 S. 215 Erw. 2b). Mit der Novellierung von Art. 28 IVV (und Art. 18 IVV ) ab 1. Januar 1985 stellt sich das Problem einer vom Versicherten zu tragenden Verzögerung bei der Abklärung der Eingliederungsmöglichkeiten und/oder einer finanziellen Notlage aber nicht mehr, weil nun bei bestehender Eingliederungsfähigkeit ( BGE 117 V 278 Erw. 2b) spätestens vier Monate nach der Anmeldung Wartetaggelder einsetzen ( Art. 18 Abs. 2 IVV neue Fassung). Diese Lösung lässt sich mit dem BGE 121 V 190 S. 193 Grundsatz der "Eingliederung vor Rente" besser vereinbaren als die frühere ( BGE 116 V 89 Erw. 2b, ZAK 1990 S. 215 Erw. 2b). Bei dieser neuen Rechtslage sind die beiden in BGE 100 V 191 Erw. 5 bejahten Ausnahmen (vgl. ZAK 1971 S. 460 oben Erw. 2) vom erwähnten Grundsatz (Rente im Falle der Verzögerung durch die Verwaltung und/oder bei finanzieller Notlage des Versicherten) obsolet geworden. Demzufolge kann eine Rente vor der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen nur noch in Betracht kommen, wenn der Versicherte nicht oder noch nicht eingliederungsfähig ist. d) Dies ist denn auch der Inhalt der vom Beschwerdeführer gegenüber Ausgleichskasse und Vorinstanz angerufenen Rz. 1881 der vom BSV herausgegebenen IV-Mitteilungen Nr. 288 vom 14. Juli 1989. Weil der eingliederungsfähige Versicherte während der Warte- und Eingliederungszeit Taggelder erhält, kann ein Rentenanspruch frühestens ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Eingliederungsmassnahme entstehen, und zwar selbst dann, wenn diese nur einen Teilerfolg brachte oder scheiterte (Rz. 1881 Abs. 2). Hingegen kann bei Abklärungsmassnahmen (welche zwar einen Taggeld-, aber keinen Wartetaggeldanspruch auslösen: ZAK 1991 S. 178), die zeigen sollen, ob der Versicherte überhaupt eingliederungsfähig ist, und die dann ergeben, dass dies nicht zutrifft, eine Rente rückwirkend zugesprochen werden (Rz. 1881 Abs. 3). Und schliesslich kann ein Rentenanspruch dann vor der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen entstehen, wenn der Versicherte noch nicht eingliederungsfähig ist (Rz. 1881 Abs. 4). Um Auskunft zur Tragweite dieser Verwaltungsweisung gebeten, hat das BSV im Fall D. ( BGE 116 V 86 ) ausgeführt, man habe damit vermeiden wollen, dass eine Invalidenversicherungs-Kommission vorderhand auf einen Beschluss über den Rentenanspruch verzichte, um hernach den Versicherten in den Genuss von Taggeldern während einer allenfalls mehrmonatigen Wartezeit kommen zu lassen und ihm später, nach abgeschlossener Eingliederung, rückwirkend für einen Zeitraum vor Beginn der Wartezeit eine Rente zuzusprechen. Es sei aber klar, dass ein Versicherter, der nach Ablauf der einjährigen Wartezeit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG immer noch arbeitsunfähig und nicht (oder noch nicht) eingliederungsfähig sei, einen Rentenanspruch habe, auch wenn Eingliederungsmassnahmen ins Auge gefasst würden (vgl. BGE 116 V 94 Erw. 5). Dazu hat das Eidg. Versicherungsgericht am angegebenen Ort festgehalten, dass allein diese Auslegung sich mit Art. 48 Abs. 2 IVG vereinbaren lasse, BGE 121 V 190 S. 194 weil diese Bestimmung ausdrücklich Rentenleistungen für die zwölf der Anmeldung vorangehenden Monate (eventuell sogar länger) vorsehe, und zwar ohne Rücksicht auf künftige Eingliederungsmöglichkeiten. Beginne der Rentenanspruch, bevor die Auszahlung von Wartetaggeldern in Betracht komme, müsse die Rente grundsätzlich ohne Verzug zugesprochen werden. Der Grundsatz "Eingliederung vor Rente" spiele in diesem Zusammenhang nicht. Er komme erst dann zum Tragen, wenn vor dem Beginn des Anspruchs auf Wartetaggelder kein Rentenanspruch entstehe; in diesem Falle erhalte der Versicherte in erster Linie Wartetaggelder, und die Frage einer rückwirkenden Rente für den Zeitraum vor der Eingliederung stelle sich nicht ( Art. 28 Abs. 1 IVV ). e) Es fragt sich, wie der Hinweis in BGE 116 V 94 Erw. 5 zu verstehen ist, dass Art. 48 Abs. 2 IVG Rentenleistungen "sans égard aux possibilités d'une future réadaptation" vorsieht. Ist damit gemeint, dass ein sich verspätet anmeldender Versicherter auch dann Anspruch auf eine Rente hat, wenn er bei Ablauf der einjährigen Wartezeit zwar noch arbeitsunfähig, aber bereits eingliederungsfähig war? Wenngleich er sich nicht ausdrücklich auf BGE 116 V 94 Erw. 5 beruft, bejaht dies der Beschwerdeführer, indem er geltend macht, der grundsätzliche Vorrang von Eingliederungsmassnahmen bedeute nicht, dass ein Versicherter, der zwar eingliederungsfähig sei, sich aber vorerst selber einzugliedern versuche und erst später an die Invalidenversicherung gelange, für die Zeit bis zur tatsächlichen Durchführung von Eingliederungsmassnahmen keine Rente beanspruchen könne. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Art. 48 Abs. 2 IVG betrifft nur die zeitliche (Rück-)Wirkung einer Anmeldung, ändert aber an dem in Art. 28 Abs. 2 IVG verankerten Grundsatz des Vorrangs der Eingliederung nichts. Wenn in BGE 116 V 94 Erw. 5 ausgeführt wird, der Grundsatz "Eingliederung vor Rente" spiele "dans ce contexte" nicht, so bezieht sich dies allein auf den Fall, wo zufolge nicht oder noch nicht gegebener Eingliederungsfähigkeit zunächst der Anspruch auf eine Rente entsteht. Ist der Versicherte aber von Anfang an (resp. nach Ablauf der einjährigen Wartezeit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG ) eingliederungsfähig, so bleibt es beim Vorrang der Eingliederung, und er erhält, wenn die Eingliederung nicht sofort angetreten werden kann, nach Massgabe von Art. 18 IVV ein Wartetaggeld (das seinerseits Eingliederungsfähigkeit voraussetzt: BGE 117 V 278 Erw. 2b; Rz. 1044 des Kreisschreibens über die Taggelder [KSTG]). Dass BGE 121 V 190 S. 195 ein Versicherter sich im Rahmen der Schadenminderungspflicht zunächst selber um eine zumutbare Erwerbstätigkeit bemüht und sich erst später bei der Invalidenversicherung anmeldet, führt zu keiner andern Betrachtungsweise. Eine rückwirkende Rente entfällt zufolge schon bestehender Eingliederungsfähigkeit. Und ein Wartetaggeld kann frühestens nach erfolgter Anmeldung in Betracht kommen, weil ein Versicherter erst dann auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung "wartet" (vgl. EVGE 1963 S. 153 Erw. 2).
null
nan
de
1,995
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CH_BGE_007
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f8a08eb5-900c-4b69-8c5e-46499a1def90
Urteilskopf 85 I 1 1. Urteil vom 4. Februar 1959 i.S. Corbellini gegen Obergericht des Kantons Solothurn.
Regeste Armenrecht, Art. 4 BV . Die Beistandspflicht des Ehegatten besteht auch für die Kosten vermögensrechtlicher Prozesse. Bei Bestimmung der Bedürftigkeit der armen Partei kann daher berücksichtigt werden, dass der Ehegatte Vermögen oder Einkommen hat (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 85 I 1 S. 1 A.- Wegen der Folgen eines Verkehrsunfalles hat Walter Senn gegen den Beschwerdeführer beim Amtsgericht Olten-Gösgen Klage auf Bezahlung von Fr. 35'000.-- BGE 85 I 1 S. 2 angehoben. Der Beklagte verlangte die unentgeltliche Rechtspflege, wurde aber abgewiesen, zuletzt durch Beschluss des Obergerichtes Solothurn vom 12.11./4.12.1958. Dieser Beschluss wird damit begründet, dass der Beschwerdeführer gemäss dem Zeugnis der Einwohnergemeinde Niedergösgen ein Einkommen von Fr. 7'400.-- und seine Ehefrau ein solches von Fr. 3'850.-- habe. Bei Beurteilung der Bedürftigkeit im Sinne von § 174 des solothurnischen Gebührentarifes könne auch das Einkommen des Ehegatten des Gesuchstellers berücksichtigt werden. Bei einem jährlichen Gesamteinkommen von über Fr. 11'000.-- sei der Gesuchsteller nicht bedürftig. Ob sein Prozessstandpunkt aussichtslos sei, brauche nicht geprüft zu werden. B.- Mit rechtzeitiger staatsrechtlicher Beschwerde beantragt Luciano Corbellini, die Verfügung des Gerichtspräsidenten von Olten-Gösgen und des Obergerichtes aufzuheben und dem Beschwerdeführer den unentgeltlichen Rechtsbeistand im Sinne von § 174 des Gebührentarifes, eventuell das Armenrecht nach Art. 4 BV zu bewilligen, weiter eventuell die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Es wird eine Verletzung (willkürliche Anwendung) von § 174 des Gebührentarifes behauptet und diese darin gesehen, dass bei Bestimmung der Bedürftigkeit das Einkommen der Ehefrau zu demjenigen des Mannes hinzugezählt werde. Der bundesrechtliche Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege sei verletzt, weil der Beschwerdeführer nicht imstande sei, aus seinem Einkommen Gerichts- und Anwaltsvorschüsse zu leisten. C.- Das Obergericht verweist auf die Erwägungen seines Beschlusses und verzichtet im übrigen auf Vernehmlassung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschluss des Obergerichtes tritt, da ihm bei Beschwerden gegen erstinstanzliche Verfügungen freie BGE 85 I 1 S. 3 Kognitionsbefugnis zusteht, an die Stelle der Verfügung des Gerichtspräsidenten von Olten-Gösgen und ersetzt sie. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher nur zulässig gegen den das Armenrecht verweigernden Beschwerdeentscheid. Erwiese sie sich als begründet, so könnte das Urteil wegen der ausschliesslich kassatorischen Funktion von Beschwerden von der Art der vorliegenden nur auf Aufhebung und Rückweisung an den kantonalen Richter lauten, nicht auf Gewährung des Armenrechtes, zumal der kantonale Richter das Gesuch noch nicht daraufhin geprüft hat, ob der Prozessstandpunkt des Gesuchstellers aussichtslos sei, dies aber nachträglich noch tun könnte. 2. Der Beschwerdeführer hat, soweit aus den Akten ersichtlich ist, zur Zeit weder an das Gericht noch an die Gegenpartei eine Kostensicherheit zu leisten. Der erstinstanzliche Richter hat - nach Erlass der Verfügung betreffend das Armenrecht - ein Begehren des Klägers, den Beschwerdeführer zur Sicherstellung von Parteikosten zu verhalten, abgewiesen. Wäre hievon auszugehen, würde das Armenrecht also nur gestützt auf kantonales Recht, den § 174 des Gebührentarifs verlangt, so würde sich einzig nach diesem bestimmen, ob der Beschwerdeführer darauf Anspruch habe. Denn der bundesrechtliche, aus Art. 4 BV folgende Anspruch befreit die arme Partei nur davon, dass der Richter die Durchführung des Verfahrens davon abhängig mache, dass sie die Kosten, allfällig auch diejenigen der Gegenpartei, zum voraus erlege; er gibt kein Recht darauf, von den Prozesskosten überhaupt befreit zu werden ( BGE 67 I 67 ). Doch folgt aus Art. 4 BV auch, dass die arme Partei einen nicht aussichtslosen Prozess nicht selbst, ohne Beizug eines amtlichen Vertreters durchführen muss, wenn sie dieses Beistandes zur gehörigen Wahrung ihrer Rechte bedarf. Er ist somit auch verletzt, wenn der Richter es ablehnt, der bedürftigen Partei für diesen Fall einen unentgeltlichen Beistand zu gewähren. Da nicht streitig ist, dass der Beschwerdeführer nicht imstande wäre, den gegen ihn BGE 85 I 1 S. 4 angehobenen Prozess allein, ohne einen Anwalt zu führen, ein solcher ihm aber mit dem angefochtenen Beschluss verweigert wird, steht doch der bundesrechtliche Anspruch auf Armenrecht in Frage. Ob der kantonale Richter bei Auslegung des Begriffes der Bedürftigkeit das Arbeitseinkommen der Ehefrau des Gesuchstellers berücksichtigen durfte, ist somit nach den dafür geltenden Grundsätzen zu ermitteln. 3. Die Pflicht des Staates, der bedürftigen Partei für einen nicht aussichtslosen Prozess die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, geht der Beistands- und Beitragspflicht aus Familienrecht nach, nicht bloss für das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern ( BGE 67 I 69 ), sondern auch für dasjenige unter Ehegatten. Wenn die Partei der Pflicht, Prozesskostenvorschüsse zu leisten, genügen kann, falls der Ehegatte die ihm obliegende Beitragspflicht erfüllt, so kann der Staat nicht zur Gewährung des prozessualen Armenrechtes verhalten werden. Es liesse sich nicht rechtfertigen, die Allgemeinheit die Prozesskosten einer armen Partei tragen zu lassen, solange deren Ehegatte sie zu tragen vermag, wenn auch nur vorläufig, unter Vorbehalt endgültiger Auseinandersetzung der Parteien. Es ist anerkannt, dass die eheliche Beitragspflicht nicht bloss den Lebensunterhalt des andern Gatten, sondern darüber hinaus auch andere Bedürfnisse, insbesondere den Rechtsschutz umfasst ( BGE 66 II 71 , BGE 67 I 69 , BGE 72 I 148 und dort zitierte Literatur). Im letztgenannten Urteil wurde freilich angenommen, die Beistandspflicht beschränke sich, was den Rechtsschutz betrifft, auf die Wahrung persönlicher Rechte. Der Ehegatte habe dem andern zwar die Kosten des Scheidungsprozesses oder anderer in die persönlichen Verhältnisse eingreifender Prozesse zur Verfügung zu stellen, nicht dagegen die Kosten vermögensrechtlicher Streitigkeiten, soweit sich diese Pflicht nicht aus güterrechtlichen Gründen ergebe. Diese etwas enge Umschreibung der ehelichen Beistandspflicht, BGE 85 I 1 S. 5 die im neueren Schrifttum abgelehnt wird (LEMP, Komm. zu Art. 159 N. 32), bedarf der Lockerung. Die Pflicht des Ehegatten, das Wohl der Gemeinschaft zu wahren, trifft beide Gatten in gleicher Weise und soll bei der Anwendung aller Normen über die persönlichen Wirkungen der Ehe und das eheliche Güterrecht wegleitend sein. Auch der ungünstige Ausgang eines vermögensrechtlichen Prozesses kann die wirtschaftliche Existenz und damit das Wohl der Gemeinschaft berühren. Das wird in besonderem Masse der Fall sein, wenn der Ehemann im Prozesse als Beklagter erscheint und der ihm gegenüber geltend gemachte Anspruch nicht unbedeutend ist, er also im Falle des Prozessverlustes allenfalls eine Lohnpfändung zu gewärtigen hat. In solchen Fällen kann, vorausgesetzt natürrlich, dass der Prozess nicht aussichtslos ist, auch der Ehefrau ein gewisses Opfer zugemutet werden. Wenn von ihr kein definitiver Beitrag verlangt werden kann, kann sie doch verpflichtet werden, aus dem Vermögen oder Vermögensertrag einen Vorschuss zu leisten, unter Vorbehalt endgültiger Auseinandersetzung unter den Ehegatten. Das gilt auch für das Sondergut, für welches Art. 192 ZGB eine Beitragspflicht statuiert und in Abs. 2 ausdrücklich vorsieht, dass das aus Arbeit entstandene, soweit erforderlich, für die Bedürfnisse des Haushaltes verwendet werden soll. Das bedeutet nicht bloss, dass ein Beitrag bei Erschöpfung der Mittel des Ehemannes zu leisten ist, sondern verpflichtet die Ehefrau zu einem Beitrag, soweit sie nicht etwa sonstwie das ihrige beiträgt. Der Arbeitserwerb der Frau wird damit, sofern die Beitragspflicht daraus nicht sogar grundsätzlich weitergeht als diejenige aus dem sonstigen Sondergut, diesem jedenfalls gleichgestellt; nicht bloss für den eigentlichen Haushaltsaufwand, sondern auch für einen aussergewöhnlichen Aufwand kann sie geltend gemacht werden ( BGE 73 II 98 ). In der Betreibung gegen den Ehemann ist der Arbeitserwerb der Ehefrau bei Berechnung des massgebenden Lohnes und des Existenzminimums ebenfalls zu berücksichtigen, und es BGE 85 I 1 S. 6 kommt nichts darauf an, ob die Betreibung eine für die Kosten des Haushaltes begründete oder irgend eine andere Schuld des Mannes zum Gegenstand hat ( BGE 63 III 110 , BGE 65 III 26 , FAVRE, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht S. 170 Ziff. 3). Dann rechtfertigt es sich auch, dem Arbeitseinkommen der Frau schon bei Feststellung der Schuld, Abklärung der Bedürftigkeit für den Prozess Rechnung zu tragen. Wenn es so ist, dass die Ehefrau daraus für den auf sie entfallenden Betrag der Haushaltskosten selbst aufzukommen vermag, der Ehemann also nur seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten müsste, so dürfte seine Bedürftigkeit verneint werden, wenn das ihm aus seinem Einkommen Verbleibende genügt, um die verlangte oder erforderliche Sicherheit zu leisten. Im Einzelfall ist deshalb abzuklären, einmal, wie gross die Sicherheit ist, welche vom Ehemann im Prozessverfahren für Gerichts- und eventuell Anwaltskosten zu erbringen ist, und sodann, ob die Ehegatten ausser ihren Pflichten für die Kosten des gemeinsamen Haushaltes andere fällige Verpflichtungen zu erfüllen haben, was danach beide für den Haushalt zu leisten vermögen und ob, was verbleibt, genügt, um die Sicherheit, allfällig in Raten zu erbringen. Die danach zu würdigenden Fragen haben im angefochtenen Entscheid keine hinreichende Abklärung erhalten. Es ist zwar davon die Rede, dass aus der Armutsbescheinigung der Gemeinde nicht ersichtlich sei, weshalb vom Gesamteinkommen von Fr. 11'250.-- ein Betrag von Fr. 1'600.-- für Versicherungsprämien soll abgezogen werden können. Eine Abklärung ist aber nicht erfolgt und die Parteien haben sich darüber auch in diesem Verfahren nicht geäussert. Es ist Sache des zum Entscheid über das Armenrechtsgesuch zuständigen Richters, zu prüfen, wie es sich damit und wie im einzelnen mit den Beitragspflichten der Ehegatten für den Haushalt und mit ihren persönlichen Verbindlichkeiten verhält, und ob sie die Schlussfolgerung erlauben, der Beschwerdeführer sei imstande, BGE 85 I 1 S. 7 die Kosten seines Anwalts, dessen voraussichtliche Forderung nicht festgestellt ist, und nötigenfalls noch gewisse gerichtliche Kosten, wenn auch nur ratenweise vorzuschiessen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Obergerichtes des Kantons Solothurn vom 12. November 1958 im Sinne der Erwägungen aufgehoben.
public_law
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1,959
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f8a30a8c-b0f8-4e19-bac6-e7aedb48fb34
Urteilskopf 101 II 36 10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Januar 1975 i.S. Borsa und Scardanzan gegen Palmer und Mitbeteiligte.
Regeste Erbteilung; Entschädigung für die Nutzung einer Erbschaftssache durch einen Erben. Wird einem Erben durch Teilungsvorschrift eine Sache zugewiesen, so hat er erst im Zeitpunkt der Erbteilung Anspruch auf Zuteilung. Kann er die Sache schon vorher nutzen, so hat er die übrigen Erben dafür zu entschädigen. Grundsätze für die Bemessung einer solchen Entschädigung, wenn die Sache zu einem bestimmten Anrechnungswert zugewiesen worden ist.
Sachverhalt ab Seite 37 BGE 101 II 36 S. 37 Aus dem Tatbestand: A.- Die Eheleute Pietro Scardanzan, geb. am 18. Oktober 1886, und Anna Maria Scardanzan-Rossi, geb. am 21. Mai 1895, betrieben in Davos das Restaurant "Gemsli". Von 1945 an überliessen sie die Führung des Restaurants ihrer Tochter Emma, wohnten aber weiterhin dort. Pietro Scardanzan starb am 6. Mai 1959, seine Ehefrau am 20. Januar 1961. Erben der beiden Ehegatten sind zwei Kinder aus erster Ehe des Ehemannes (Maria Borsa-Scardanzan und Egidio Scardanzan), eine voreheliche Tochter der Ehefrau (Luise Palmer-Rossi) sowie vier gemeinsame Kinder (Emma Renner-Scardanzan, Ida Kindschi-Scardanzan, Alice Martell-Scardanzan und Anita Meier-Scardanzan). Das "Gemsli" wird seit dem Tod der Eltern weiterhin von Emma Renner betrieben. Am 11. August 1950 hatten die Ehegatten Scardanzan-Rossi vor dem Kreisnotar Davos einen Erbvertrag abgeschlossen, in welchem sie unter anderem das "Gemsli" zu einem Anrechnungswert von Fr. 40'000.-- ihrer Tochter Emma zuwiesen. In einem Nachtrag von 20. März 1959 erhöhten sie den Anrechnungswert auf Fr. 42'000.--. B.- Als sich die Erben nach dem Tod der Eheleute Scardanzan über die Teilung des Nachlasses nicht verständigen konnten, erhoben Maria Borsa-Scardanzan und Egidio Scardanzan am 4. Juli 1966 beim Bezirksgericht Oberlandquart gegen die übrigen Erben Klage, mit der sie unter anderem verlangten, Emma Renner seien die seit dem Jahre 1945 nicht bezahlten Pachtzinse aus dem Betrieb des Restaurants "Gemsli" als Vorbezug anzurechnen. Das Bezirksgericht gab BGE 101 II 36 S. 38 diesem Begehren teilweise statt und belastete Emma Renner für die Jahre 1966 bis 1973 mit einem jährlichen Pachtzins von Fr. 2'500.--. Demgegenüber verneinte das Kantonsgericht Graubünden in seinem Urteil vom 13. Dezember 1973, dass Emma Renner zur Bezahlung eines Pachtzinses zu verpflichten sei. C.- Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht halten die Kläger daran fest, dass Emma Renner der Erbengemeinschaft für den Betrieb des "Gemsli" einen Pachtzins zu bezahlen habe. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. In zweiter Linie verlangt die Berufung, Emma Renner sei mit einem für die Liegenschaft "Gemsli" zu entrichtenden Pachtzins zu belasten, der zu den Nachlassaktiven hinzuzurechnen sei. Dabei ist der Anspruch für die Zeit von 1945 bis zum Tode der Eltern Scardanzan an der Berufungsverhandlung fallen gelassen und nur noch für die Zeit ab 1961 bis zur Teilung der Erbschaft aufrechterhalten worden. Nur in diesem beschränkten Umfang ist das Begehren der Berufungskläger noch zu prüfen. Die Zuweisung der Liegenschaft "Gemsli" an die Tochter Emma Renner-Scardanzan ist im Erbvertrag ausdrücklich als Teilungsvorschrift bezeichnet worden. Sie ist ohne jeden Zweifel, auch im Hinblick auf die Bestimmungen von Art. 522 Abs. 2 und Art. 608 Abs. 3 ZGB , als solche und nicht etwa als Vermächtnis zu betrachten. Ein Vermächtnis liegt lediglich in der Differenz zwischen dem im Erbvertrag festgesetzten Anrechnungspreis von Fr. 42'000.-- und dem in Wirklichkeit höheren Verkehrswert der Liegenschaft ( BGE 100 II 445 ). Handelt es sich aber um eine Teilungsvorschrift, so hat der Erbe erst im Augenblick der Erbteilung Anspruch auf Zuteilung der ihm zugewiesenen Erbschaftssache. Das ergibt sich für Grundstücke aus der Bestimmung von Art. 617 ZGB ( BGE 70 II 269 ), gilt aber auch als allgemeine Regel für sämtliche Erbschaftssachen (TUOR/PICENONI, N 11, ESCHER, N. 2 a.E. zu Art. 617 ZGB ). Eine Ausnahme hat das Bundesgericht im zitierten Entscheid BGE 70 II 267 ff. lediglich für den Fall gemacht, BGE 101 II 36 S. 39 da der Erblasser ausdrücklich einen andern Zeitpunkt als jenen der Erbteilung für die Übernahme und für die Wertberechnung massgebend erklärt hat. Ein solche Anordnung wurde im erwähnten Fall darin erblickt, dass der Erblasser einer Erbin eine Liegenschaft zu einem bestimmten Anrechnungswert zugewiesen und bestimmt hatte, auf den Anrechnungswert sei die Hypothekarschuld mit Zins bis zum Todestag anzurechnen. In der Formulierung "Zins bis zum Todestag" erblickte das Bundesgericht die Festsetzung eines bestimmten Stichtages für die Abrechnung. Damit habe der Erblasser klargestellt, dass die Übernehmerin die Liegenschaft mit dem Todestag mit Nutzen und Schaden erhalten solle. Ganz anders verhält es sich hier, wo im Erbvertrag lediglich verfügt wird, die Liegenschaft solle "nach dem Ableben beider Ehegatten" an Emma Renner übergehen. Damit haben die Partner des Erbvertrages keineswegs einen bestimmten Stichtag festgesetzt. Da sie die Zuweisung der Liegenschaft ausdrücklich als Teilungsvorschrift bezeichneten, lässt sich die Formulierung "nach dem Ableben beider Ehegatten" zwangloser und zutreffender als gleichbedeutend etwa mit "bei der Erbteilung" auslegen. Diese Betrachtungsweise entspricht auch dem Erfordernis von Billigkeit und Gerechtigkeit. Andernfalls ergäbe sich, dass Emma Renner eine Erbschaftssache, deren Nettowert ihren Erbteil weit übersteigt, während mehr als 10 Jahren nach dem Tode der Eltern unentgeltlich hätte nutzen dürfen, während alle übrigen Erben bis zur Erbteilung zuwarten mussten. Darin läge eine weitere ausserordentliche Begünstigung der Erbin Emma Renner, die nur zugelassen werden könnte, wenn sie sich ausdrücklich aus der Verfügung der Erblasser ergäbe. Das ist aber nicht der Fall. Emma Renner kann daher die Zuweisung der Liegenschaft erst auf den Zeitpunkt der Erbteilung beanspruchen. Bis dahin steht diese im Gesamteigentum der Erbengemeinschaft, die die Lasten zu tragen hat und den Nutzen beanspruchen kann. Das bedeutet, dass sich Emma Renner für die Zeit vom Tode der Mutter bis zur Erbteilung einen Pachtzins belasten lassen muss. Bei der Bemessung dieses Pachtzinses ist allerdings weder auf den Verkehrswert der Liegenschaft noch auf den erzielten Umsatz, sondern auf den Anrechnungswert von Fr. 42'000.-- abzustellen. Die Differenz zwischen Anrechnungs- BGE 101 II 36 S. 40 und Verkehrswert ist nämlich nach dem bereits Gesagten als Vorausvermächtnis zu betrachten. Nach Art. 562 Abs. 2 ZGB wird aber der Vermächtnisanspruch nicht erst bei der Erbteilung fällig, sondern sobald der Beschwerte die Erbschaft angenommen hat oder sie nicht mehr ausschlagen kann. Emma Renner hätte somit den Betrag, um den der Wert der Liegenschaft den Anrechnungspreis überstieg, schon im Jahre 1961 beanspruchen dürfen. Sie kann daher nicht verpflichtet werden, diesen Betrag zu verzinsen, wenn sie die Liegenschaft schon vom Todestag an nutzen konnte. Im übrigen haben die Eheleute Scardanzan mit der Festsetzung des Anrechnungswertes auf Fr. 42000.-- unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dieser Wert für die gesamte Regelung des Nachlasses massgebend sein soll. Ferner ist festzuhalten, dass die Argumentation des Bezirksgerichtes, die vor 1966 entstandenen Pachtzinsforderungen seien verjährt, unhaltbar ist. Abgesehen davon, dass die Verjährung nicht erst durch die Klageeinreichung im Jahre 1966, sondern schon am 4. August 1965 durch Betreibung unterbrochen worden war, wirkte sich diese Unterbrechung auf alle weniger als fünf Jahre vorher entstandenen Forderungen aus, so dass ab dem Todestag der Anna Scardanzan-Rossi (20. Januar 1961) keine Pachtzinsforderung verjähren konnte. Im übrigen sind für die Bemessung des Pachtzinses eine ganze Anzahl von Tat- und Ermessensfragen ausschlaggebend, und es wird überdies auch der in Davos geltende Ortsgebrauch zu berücksichtigen sein. Es erweist sich daher als unerlässlich, die Sache zur Festsetzung eines angemessenen Pachtzinses an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Dabei wird dieses auch die von Emma Renner zur Verrechnung gestellten Gegenforderungen zu prüfen haben. Es wird daher im einzelnen abklären müssen, wie weit die Lasten für die Liegenschaft seit dem Tod der Eltern tatsächlich durch Emma Renner einerseits bzw. durch den Nachlass anderseits getragen worden sind. Die von jener eingelegten Belege können jedenfalls nicht unbesehen übernommen werden. Teilweise beziehen sie sich auf Gegenstände, die Emma Renner ohnehin als ihr Eigentum beansprucht. Bei den übrigen Belegen wird zu untersuchen sein, wie weit es sich um Auslagen handelt, die gemäss Art. 278 und 284 OR vom Pächter einerseits bzw. vom Verpächter anderseits getragen werden müssen. Den Ersatz BGE 101 II 36 S. 41 wertvermehrender Investitionen kann Emma Renner indessen nicht beanspruchen, es sei denn, der Anrechnungswert der Liegenschaft würde entsprechend erhöht. Was schliesslich die geltend gemachten Aufwendungen zu Lebzeiten der Eltern betrifft, so waren sie nach der Bestimmung des Erbvertrages wohl zum grössten Teil ohnehin von Emma Renner zu erbringen, so dass diese auch dafür keinen Ersatz verlangen kann.
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Urteilskopf 81 IV 147 32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Juni 1955 i.S. Truninger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 24 StGB . Wenn mehrere unabhängig voneinander jemanden zu einer strafbaren Handlung bestimmen, ist jeder als Anstifter strafbar.
Sachverhalt ab Seite 147 BGE 81 IV 147 S. 147 A.- Alois Kaufmann und seine Schwester Hedwig Studhalter waren Gesamteigentümer in Horw gelegener Grundstücke. Sie beschlossen, sie zu verkaufen. Am 15. März 1947 beauftragte Kaufmann den Hans Frank, einen Käufer zu suchen. Frank fand einen solchen in der Person des Robert Wegmann, der bereit war, für eine Parzelle von 30 Aren Fr. 75'000.-- zu bezahlen, und diesen Betrag am 6. November 1947 durch seinen Beauftragten Ernst Truninger dem Frank tatsächlich leistete. Im Kaufvertrag vom 14. November 1947 wurde indessen nur ein Preis von Fr. 51'000.-- (Fr. 17.- je m2) verurkundet. Frank lieferte dem Kaufmann nur Fr. 51'000.-- ab. Letzterer wusste nicht, dass Wegmann mehr bezahlt hatte. In einem Strafverfahren gegen Kaufmann, das auf Anzeige der Hedwig Studhalter angehoben worden war, wurden die Eheleute Wegmann vom Amtstatthalter von Luzern-Land am 27. April 1950 als Zeugen abgehört. Beide erklärten wider besseres Wissen, Wegmann habe für die Parzelle nur Fr. 51'000.-- bezahlt. Truninger, der von Frank erfahren hatte, dass sie vorgeladen seien, hatte sie unmittelbar vorher aufgesucht und sie dazu bestimmt, einen Preis von Fr. 17.- je m2 anzugeben, falls sie als Zeugen verhört würden. B.- Am 24. Dezember 1954 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern Truninger wegen Anstiftung zu falschem Zeugnis. BGE 81 IV 147 S. 148 Truninger führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 4. Das Obergericht stellt fest, Frank habe am Tage vor den Verhören vom 27. April 1950 Frau Wegmann am Telephon ersucht, sie und ihr Ehemann sollten "nichts sagen", d.h. den wirklichen Kaufpreis verheimlichen. Daraus leitet der Beschwerdeführer ab, es hätte feststellen sollen, ob die Eheleute Wegmann nicht schon nach der Beeinflussung durch Frank zu falschem Zeugnis entschlossen gewesen seien; denn wenn das zugetroffen haben sollte, hätte der Beschwerdeführer sie nicht mehr anstiften, sondern zu ihrem Verbrechen nur noch Gehilfenschaft leisten können. Diese Rüge hält nicht stand. Abgesehen davon, dass Frank lediglich mit Frau Wegmann telephonisch gesprochen hat und nicht feststeht, dass sie unter dem Einflusse dieses Gesprächs auf falsche Aussagen ihres Ehemannes hingewirkt habe - Frank ist denn auch nur wegen Anstiftung der Hulda Wegmann, nicht auch wegen Anstiftung ihres Ehemannes verurteilt worden -, und abgesehen davon, dass auch nicht feststeht, die telephonische Unterredung zwischen Frank und Frau Wegmann habe vor dem Besuche des Beschwerdeführers bei ihr und ihrem Ehemanne stattgefunden, verkennt der Beschwerdeführer, dass seine eigene Tat nicht deshalb keine Anstiftung sein könnte, weil ihr die Anstiftung durch Frank vorausgegangen wäre. Richtig ist zwar, dass nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht angestiftet werden kann, wer schon zur Tat entschlossen ist ( BGE 69 IV 205 , BGE 72 IV 100 ), sondern dass diesfalls die Beeinflussung lediglich die Natur einer psychischen Gehilfenschaft haben kann ( BGE 70 IV 19 ). Allein diese Rechtsprechung betrifft den Fall, in dem der Beeinflusste den Entschluss zur Tat BGE 81 IV 147 S. 149 aus freien Stücken schon von sich aus gefasst hatte, nicht auch den Fall der Hervorrufung des Entschlusses durch mehrere. Das versteht sich ohne weiteres, wenn mehrere in gemeinsamem Einvernehmen jemanden beeinflussen oder auch nur einer es tut und ein anderer am Zustandekommen des Anstiftungsplanes so massgebend beteiligt ist, dass er für dessen Ausführung als Mittäter einzustehen hat, wie wenn er an der Ausführung selber mitbeteiligt wäre; denn nach der vom Bundesgericht anerkannten subjektiven Theorie der Mittäterschaft hat hier jeder auch für das einzustehen, was der andere getan hat ( BGE 69 IV 97 , BGE 70 IV 34 , 101, BGE 71 IV 60 , BGE 76 IV 106 , BGE 80 IV 266 , BGE 81 IV 62 ). Umsomehr muss jeder für sein eigenes Tun einstehen, wenn mehrere unabhängig voneinander jemanden so unter Druck setzen, dass die Beeinflussung durch den einen allein schon genügen würde, den Täter zur Tat zu bestimmen (vgl. SCHÖNKE/SCHRÖDER § BGE 48 III 4 ). So verhielt es sich im vorliegenden Falle. Indem das Obergericht ausführt, die Anstiftung des Beschwerdeführers sei für das falsche Zeugnis der Eheleute Wegmann bestimmend gewesen, stellt es fest, dass diese Personen, insbesondere auch Hulda Wegmann, durch die Aufforderung seitens des Beschwerdeführers selbst dann zu falschem Zeugnis veranlasst worden wären, wenn Frank untätig geblieben wäre. Dass Frank seinerseits mit gleichem Erfolge auf Hulda Wegmann eingewirkt hat, steht daher der Würdigung der Tat des Beschwerdeführers als Anstiftung nicht im Wege. Solche wird auch nicht ausgeschlossen, weil der Beschwerdeführer gewusst haben will, dass vor ihm schon Frank Frau Wegmann bearbeitet habe. Das Wissen um eine Tatsache, die objektiv bedeutungslos ist, schliesst den subjektiven Tatbestand des Verbrechens nicht aus.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f8a91491-6fb8-40d0-a920-47fefab69d31
Urteilskopf 135 IV 126 16. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_1023/2008 vom 7. Mai 2009
Regeste Art. 51 StGB und Art. 104 i.V.m. Art. 51 StGB . Werden gleichzeitig Strafen unterschiedlicher Art ausgesprochen, ist die Untersuchungshaft auf die Hauptstrafe anzurechnen, unabhängig davon, ob diese bedingt oder unbedingt ausfällt. Somit wird die Untersuchungshaft in erster Linie auf die Freiheitsstrafe, dann auf die Geldstrafe und zuletzt auf die Busse angerechnet (E. 1.3).
Sachverhalt ab Seite 126 BGE 135 IV 126 S. 126 A. Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X. auf Berufung der Staatsanwaltschaft See/Oberland gegen den erstinstanzlichen Freispruch am 15. September 2008 des vorsätzlichen Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration sowie des Nichtbeherrschens des Fahrzeugs schuldig. Es bestrafte ihn mit BGE 135 IV 126 S. 127 einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 160.- bei einer Probezeit von zwei Jahren und mit einer Busse von Fr. 1'500.- bzw. mit acht Tagen Haft im Falle der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse. Die Untersuchungshaft von einem Tag rechnete es mit Fr. 160.- an die Busse an. B. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt gegen dieses Urteil Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht des Kantons Zürich zurückzuweisen, damit es die Untersuchungshaft an die Geldstrafe anstatt an die Busse anrechne. C. Das Obergericht des Kantons Zürich reichte mit Eingabe vom 9. Januar 2009 seine Vernehmlassung ein. Der Beschwerdegegner verzichtete auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und fasst das Dispositiv des aufgehobenen, vorinstanzlichen Urteils neu. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.3 1.3.1 Unter dem alten vor dem 1. Januar 2007 geltenden Recht war die Anrechnung von Untersuchungshaft an Bussen in aArt. 69 StGB ausdrücklich geregelt. Darin hielt der Gesetzgeber fest, dass "der Richter dem Verurteilten die Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe anrechnet, soweit der Täter die Untersuchungshaft nicht durch sein Verhalten nach der Tat herbeigeführt oder verlängert hat. Lautet das Urteil nur auf Busse, so kann er die Dauer der Untersuchungshaft in angemessener Weise berücksichtigen." Gestützt auf den Wortlaut von aArt. 69 StGB war die Untersuchungshaft somit prioritär an die Freiheitsstrafe als Hauptstrafe anzurechnen. 1.3.2 Gemäss dem neuen Art. 51 Satz 1 StGB rechnet das Gericht die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die "Strafe" an. Ein Tag Untersuchungshaft entspricht einem Tagessatz Geldstrafe oder vier Stunden gemeinnütziger Arbeit (Satz 2). Das Übertretungsstrafrecht in Artikel 103 ff. StGB regelt die Anrechnung von Untersuchungshaft an Bussen nicht, weshalb gestützt auf die Verweisung in Art. 104 StGB die Bestimmungen des ersten Teils des Strafgesetzbuches - wozu auch Art. 51 StGB zählt - anzuwenden sind. BGE 135 IV 126 S. 128 Art. 51 StGB spricht sich nicht darüber aus, auf welche "Strafen" die Untersuchungshaft anzurechnen ist, ob diese auch an eine Verbindungsbusse nach Art. 42 Abs. 4 StGB oder an eine Übertretungsbusse nach Art. 106 StGB angerechnet werden kann bzw. welche Prioritätenordnung bei der Anrechnung an mehrere gleichzeitig ausgesprochene Strafarten gilt. 1.3.3 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die nicht nach den subjektiven Wertvorstellungen der Richter, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers zu ermitteln ist ( BGE 134 IV 297 E. 4.3.1 S. 302 mit Hinweisen). 1.3.4 Die Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Strafgesetzbuches (BBl 1999 1979 ff., 2063) führt zu Art. 51 StGB aus, "für Fälle, in denen keine Freiheitsstrafe ausgefällt wird, regelt Artikel 51 E die Anrechnung der Untersuchungshaft genauer als das geltende Recht. Die Regelung bezieht sich nicht nur auf die Geldstrafe, sondern auch auf die gemeinnützige Arbeit." Weder in der Botschaft noch den parlamentarischen Beratungen zum neuen allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches finden sich Hinweise, dass mit der neuen Fassung von Art. 51 StGB eine Änderung in der Reihenfolge der Anrechnung von aArt. 69 StGB - wonach die Untersuchungshaft zunächst auf die Hauptstrafe anzurechnen ist - beabsichtigt gewesen wäre. 1.3.5 Die Literatur äussert sich - soweit ersichtlich - grösstenteils nicht zur Frage der Reihenfolge der Anrechnung von Untersuchungshaft an verschiedene gleichzeitig ausgesprochene Strafarten. JEANNERET spricht sich für eine Anrechnung der Untersuchungshaft an eine Busse als alleine ausgesprochene Strafe aus, wobei er vorschlägt, als Umrechnungssatz den Satz für die Umrechnung in die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung anzuwenden. Bei den nach Art. 42 Abs. 4 StGB kombiniert ausgesprochenen Strafen hält er eine Anrechnung auf die unbedingte Strafe dort als "akzeptierbar", wo die Strafen "gleicher Natur" sind, ohne sich darüber zu äussern, was er unter "gleicher Natur" versteht (YVAN JEANNERET, Les peines selon le nouveau code pénal, in: Partie générale du code pénal, 2007, S. 59 ff.). Stehen sich hingegen eine bedingte Freiheitsstrafe und eine unbedingte Geldstrafe oder Busse gegenüber, BGE 135 IV 126 S. 129 so befürwortet er eine Anrechnung an die Freiheitsstrafe. Zum Verhältnis der Anrechnung von Untersuchungshaft bei gleichzeitig ausgesprochener Geldstrafe und Übertretungsbusse äussert sich JEANNERET nicht (a.a.O.). 1.3.6 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum neuen Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches muss zu entziehende Freiheit wenn immer möglich mit bereits entzogener kompensiert werden ( BGE 133 IV 150 E. 5.1 S. 155 mit Hinweisen). Sowohl die Freiheitsstrafe als auch die Untersuchungshaft stellen einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar. Die Untersuchungshaft als freiheitsentziehende Massnahme während des Strafverfahrens ist daher immer zuerst an eine Freiheitsstrafe anzurechnen, wie dies bereits unter dem alten Recht nach aArt. 69 StGB der Fall war, und zwar unabhängig davon, ob die Strafe bedingt oder unbedingt ausfällt. Dasselbe ergibt sich aus den Ausführungen in der Botschaft (vgl. E. 1.3.4, a.a.O.). 1.3.7 Bei gleichzeitiger Aussprechung einer Geldstrafe für ein Vergehen und einer Übertretungsbusse ist die Anrechnung der Untersuchungshaft an die Geldstrafe als Hauptstrafe vorzuziehen. Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut von Art. 51 StGB , wonach der Gesetzgeber die Anrechnung von Untersuchungshaft an eine Geldstrafe im Gegensatz zur Anrechnung an eine Busse ausdrücklich vorsieht sowie aus der vorrangigen Anrechnung der Untersuchungshaft an die Freiheitsstrafe als Hauptstrafe (vgl. E. 1.3.6). 1.3.8 Zu klären bleibt die Frage der Priorität der Anrechnung von Untersuchungshaft an eine bedingte Geldstrafe in Kombination mit einer Busse nach Art. 42 Abs. 4 StGB . In systematischer Hinsicht sind Art. 51 StGB und Art. 42 Abs. 4 StGB im Teil des Strafgesetzbuches eingereiht, welcher "Verbrechen und Vergehen" betrifft. Der Gesetzgeber hat in Art. 51 StGB den Anrechnungsfaktor von Untersuchungshaft an die Geldstrafe und die gemeinnützige Arbeit geregelt. Hätte der Gesetzgeber die Anrechnung von Untersuchungshaft an eine sofort vollziehbare Busse nach Art. 42 Abs. 4 StGB gegenüber der Anrechnung an die Geldstrafe bevorzugt, hätte diese Regelung in Artikel 51 StGB Eingang finden müssen, zumal die Anrechnung an die anderen nicht freiheitsentziehenden Strafen für Verbrechen und Vergehen ausdrücklich geregelt ist. Eine solche Regelung fehlt aber. Hinzu kommt, dass eine Busse nach Art. 42 Abs. 4 StGB akzessorisch zur BGE 135 IV 126 S. 130 Geldstrafe ausgefällt wird und ihr nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen darf ( BGE 134 IV 60 E. 7.3.2 S. 75). Daher ist die Untersuchungshaft primär an die Geldstrafe als Hauptstrafe anzurechnen. 1.3.9 Übersteigt die Untersuchungshaft die Dauer der Freiheitsstrafe bzw. die Anzahl der Tagessätze, ist eine Anrechnung an die Busse grundsätzlich zulässig. Dies ergibt sich aus dem Verweis von Art. 104 StGB auf Art. 51 StGB in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 StGB , wonach die Anrechnung von Untersuchungshaft an die anstelle einer Busse ausgefällte gemeinnützige Arbeit offensteht. Deshalb muss die Anrechnung auch an eine (Übertretungs-)Busse zulässig sein. Im Übrigen sieht der Gesetzgeber im Vergleich zum alten Recht die Anrechnung von Untersuchungshaft an Strafen neu voraussetzungslos vor. Sie ist gegenüber aArt. 69 StGB nicht mehr davon abhängig, dass die Untersuchungshaft im selben Verfahren ausgestanden wurde. Der Anrechnungsfaktor, mit welchem die Untersuchungshaft an eine Busse anzurechnen ist, entspricht jenem Faktor, nach welchem der Richter die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse gemäss Art. 106 Abs. 3 StGB bestimmt.
null
nan
de
2,009
CH_BGE
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Federation
f8ab4c49-c9ba-4636-a714-d52eb36eb1c6
Urteilskopf 81 II 79 12. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. März 1955 i.S. Stransky gegen Zivnostenska Banka.
Regeste Art. 43 OG . Staatsvertragliche Abreden über die Aufhebung der Klagbarkeit und Vollstreckbarkeit von gewissen Forderungen sind nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlichrechtlicher Natur. Daher ist bezüglich ihrer Anwendung das Rechtsmittel der Berufung nicht gegeben.
Erwägungen ab Seite 79 BGE 81 II 79 S. 79 Aus den Erwägungen: 2. Der Prozess dreht sich um die Frage, ob das seit dem 1. Januar 1950 in Kraft befindliche Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tschechoslowakischen Republik betreffend die Entschädigung BGE 81 II 79 S. 80 der schweizerischen Interessen in der Tschechoslowakei vom 22. Dezember 1949 (AS 1950 I 21) auf die Ansprüche des Beklagten Stransky anwendbar sei. Das Obergericht bejahte das. Es fand, inbezug auf die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen, dass einerseits der Beklagte zur massgeblichen Zeit die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit noch besessen habe, anderseits seine Forderung aus Guthaben herrühre, die laut Art. 5 Ziff. 2 lit. a blockiert seien, und sprach auf Grund der Art. 6 und 2 Abs. 3 die Aberkennung der in Betreibung gesetzten Zahlungsbegehren aus. Der genannte Art. 2 Abs. 3 sieht vor, dass "nach dem Tage des Inkrafttretens des vorliegenden Abkommens die schweizerischen natürlichen oder juristischen Personen und Handelsgesellschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen und Institutionen, die zu jenem Zeitpunkt die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit oder ihren Sitz in der Tschechoslowakei hatten, ihre Ansprüche und Interessen gleichen Rechtscharakters wie die in Artikel 1 erwähnten (in der Schweiz) in keiner Weise mehr geltend machen" können. Dasselbe gilt nach Art. 6 für die in Art. 5 aufgezählten Forderungen und Guthaben. Diese Ordnung leuchtet ein, soweit es um Interessen und Ansprüche schweizerischer Gläubiger geht, welche mit der von der tschechoslowakischen Regierung nach Art. 7 zu bezahlenden Globalentschädigung von 43 Millionen Schweizerfranken abgefunden und im Rahmen des von der schweizerischen Regierung nach Art. 8 und 9 aufzustellenden Verteilungsplanes beachtet werden. Weniger verständlich ist die Ausdehnung der umschriebenen Regelung auf die in den schweizerischen Verteilungsplan nicht einbezogenen Ansprüche und Interessen tschechslowakischer Staatsangehöriger, zumal dazu in der bundesrätlichen Botschaft jede Erläuterung fehlt und entsprechende Abreden in früheren Abkommen nicht getroffen wurden (vgl. Abkommen mit Yugoslawien vom 27. September 1948 AS 1948 S. 1007 und Botschaft BBl. 1948 III S. 658, 667 f.; Abkommen mit Polen vom 25. Juni 1949 BGE 81 II 79 S. 81 AS 1949 I S. 817 und Botschaft BBl. 1949 II S. 617, 621 f.). Indessen kann sich der Berufungsrichter in Zivilsachen auf eine nähere Prüfung des Inhaltes und der Tragweite von Art. 2 Abs. 3 des Abkommens mit der Tschechoslowakei nicht einlassen. Die Bestimmung verfügt eine Beschränkung oder Verweigerung der Vollstreckbarkeit von gewissen Forderungen. Dessen sind sich die Parteien bewusst. So ist in der Berufungsantwort die Rede vom "Geltendmachungsverbot" für Abkommensansprüche oder von "dem Verfolgungsverbot unterliegenden Ansprüchen", und einer ähnlichen Ausdrucksweise bediente sich nach den Angaben im kantonalen Revisionsurteil zur Darlegung ihrer Auffassung auch die Klägerin. Derartige Klauseln in Staatsverträgen sind aber nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlichrechtlicher Natur, genau wie zwischenstaatliche Abmachungen über Urteilsvollstreckung, Zwangsvollstreckung, Arrestlegung und dergleichen. Wegen ihrer Verletzung kann daher nur staatsrechtliche Beschwerde geführt und nicht zivilrechtliche Berufung erhoben werden. Hiegegen lässt sich nicht etwa einwenden, auch das Zivilrecht schreibe mitunter die Unklagbarkeit von Ansprüchen (z.B. aus Spiel und Wette, nach Verjährung) oder den Ausschluss bzw. die Beschränkung der Betreibungsmöglichkeit (z.B. unter Ehegatten) vor. Dabei handelt es sich um Ausnahmen von der allgemeinen Regel der Klagbarkeit aus Gründen, welche im Wesen der Forderung - Verwerflichkeit, Schutzunwürdigkeit usw. - liegen, sich also aus materiellen zivilrechtlichen Gesichtspunkten ergeben. Ganz anders bringt das Abkommen mit der Tschechoslowakei die nachträgliche Aufhebung der Klagbarkeit und Vollstreckbarkeit von an sich klagbar und vollstreckbar gewesenen Forderungen. Erst im Wege der Vereinbarung unter den beteiligten Staaten wurde festgelegt, dass für die Verfolgung jener Forderungen die schweizerischen Gerichte, Vollstreckungsbehörden und die von diesen betreuten Rechtsbehelfe nicht länger zur Verfügung stehen sollen; dies aus Überlegungen und Rücksichten, die BGE 81 II 79 S. 82 weder im Zivilrecht wurzeln noch einen inneren Zusammenhang mit den ausgeschiedenen Ansprüchen selber haben. Solche Anordnungen fallen in den Bereich des öffentlichen Rechtes. Überhaupt haben Abkommen wie das jenige mit der Tschechoslowakei, nach Sinn und Zweck wie in Hinsicht auf die eingesetzten Mittel, gesamthaft öffentlichrechtlichen Charakter. Dementsprechend werden sie mit dem Hinweis auf staatliche Notwendigkeiten und Interessen gerechtfertigt (vgl. Botschaft zum Abkommen mit Yugoslawien BBl. 1948 III S. 668/9).
public_law
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Federation
f8abc53b-8483-4c95-945b-f888aa4c6118
Urteilskopf 87 III 6 2. Extrait de l'arrêt du 16 mars 1961 dans la cause Gros.
Regeste Art. 92 Ziff. 9 SchKG . Unterstützungen, die der Schuldner durch Lugen und bewusstes Verheimlichen erlangt hat, sind nicht unpfändbar.
Erwägungen ab Seite 6 BGE 87 III 6 S. 6 Les subsides alloués par une caisse ou société de secours en cas de maladie, d'indigence, de décès, etc., sont insaisissables en vertu de l'art. 92 ch. 9 LP. Le débiteur pourrait en principe se mettre au bénéfice de cette disposition si le montant dont il conteste la saisissabilité provenait des subsides que lui ont versés diverses institutions de secours ainsi que l'Assistance publique vaudoise. Cependant, l'art. 92 ch. 9 LP ne s'applique évidemment qu'aux subsides reçus régulièrement. Le législateur n'a pu vouloir protéger par cette disposition celui qui, grâce à des mensonges ou à des dissimulations conscientes, obtient des secours qui ne lui auraient pas été accordés en connaissance de cause. Or le débiteur est dans ce dernier cas. En tant qu'il a pu épargner les subsides BGE 87 III 6 S. 7 reçus, ils ne lui étaient pas indispensables et il ne les aurait point obtenus s'il n'avait pas trompé les institutions de secours sur sa situation économique. Dès lors, même si le montant litigieux provient de tels subsides, il n'est pas insaisissable.
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CH_BGE_005
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Federation
f8ac0b16-db06-4a21-af47-12b3d60dbb8f
Urteilskopf 113 IV 123 33. Estratto della sentenza della Corte di cassazione del 17 agosto 1987 nella causa X. c. Dipartimento di polizia del cantone Ticino (ricorso per cassazione)
Regeste Verurteilung wegen Missachtung einer auf einer mangelhaften Verfügung beruhenden Geschwindigkeitsbeschränkung. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen betreffend fehlerhafte Verwaltungsakte ist die auf einer mangelhaften Verfügung beruhende Geschwindigkeitsbeschränkung verbindlich, wenn die Verfügung nicht nichtig, sondern bloss anfechtbar und innert Frist nicht angefochten worden ist. Eine Verfügung ist nur dann nichtig, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Die letztgenannte dieser drei kumulativen Voraussetzungen ist in der Regel im Bereich der Strassensignalisation nicht erfüllt.
Erwägungen ab Seite 124 BGE 113 IV 123 S. 124 Dai considerandi di diritto: 2. a) Il ricorrente fa valere che sulle autostrade svizzere vige il limite generale di velocità di 120 km/h; tale limite può essere ridotto su determinati tratti di strada, ma soltanto (cumulativamente): - per evitare o attenuare pericoli particolari, nel caso di necessità speciali di protezione o per migliorare la fluidità del traffico; - se un pericolo è percepibile difficilmente o troppo tardi e non può essere eliminato altrimenti, oppure se è dimostrato che emissioni esagerate di rumore non possono essere ridotte in modo rilevante ricorrendo ad altri provvedimenti; e - a condizione che sia stato accertato previamente mediante una perizia che il provvedimento è necessario e adatto, o se sia indicato prendere altre misure; gli esperti devono tenere in considerazione, tra l'altro, la necessità di una protezione locale speciale (art. 32 cpv. 3 e 4 LCS, art. 108 cpv. 1-4 OSS ). Il ricorrente adduce che per la galleria da lui percorsa non è stata allestita una siffatta perizia, che tenga conto delle circostanze concrete; la limitazione a 100 km/h della velocità massima non è pertanto valida; dovendo vigere il limite generale di 120 km/h, egli, circolando a 142 km/h, ha quindi ecceduto soltanto di 22 km/h e non di 42 km/h, il limite determinante. b) La censura del ricorrente va disattesa. L'indicazione di velocità massime consentite costituisce un atto amministrativo. Se tale atto è stato emanato senza che fosse stata previamente allestita la perizia prescritta dalla legge, esso è inficiato da un vizio. Atti amministrativi affetti da un vizio non sono tuttavia, di regola, nulli, ma solo impugnabili. L'impugnazione deve aver luogo dinanzi alle autorità competenti entro i termini all'uopo previsti. In assenza d'impugnazione, l'atto amministrativo viziato diviene valido. La nullità di un atto amministrativo viziato può, per converso, essere fatta valere sempre ed in ogni procedura. Essa va ammessa tuttavia soltanto se sono adempiute cumulativamente le seguenti condizioni: - il vizio è particolarmente grave; - esso è riconoscibile manifestamente o quanto meno agevolmente; - la certezza del diritto non verrebbe ad essere seriamente compromessa nel caso in cui la nullità fosse ammessa ( DTF 104 Ia 176 consid. c, DTF 99 Ia 135 consid. 4 e richiami; GRISEL, Traité de droit admnistratif, ediz. 1984, BGE 113 IV 123 S. 125 vol. I, pag. 418 e 422). Orbene, il ricorrente non adduce che la limitazione della velocità ordinata nell'ambito della galleria di cui trattasi sia stata impugnata entro il termine stabilito dalla legge ( art. 50 PA ). In quanto tale limitazione fosse viziata, essa è quindi cresciuta in giudicato in assenza di un motivo di nullità. Il fatto che l'autorità competente abbia rinunciato a far allestire una perizia non basta per considerare nullo il provvedimento in questione. Manca in primo luogo il requisito di un vizio particolarmente grave. È manifesto che la circolazione in una galleria autostradale può dar luogo a pericoli particolari, a causa del brusco cambiamento delle condizioni di visibilità e della sensazione che la carreggiata sia divenuta più stretta; a detti pericoli può essere ovviato solamente con una corrispondente riduzione della velocità. In tali condizioni non è ravvisabile un vizio particolarmente grave nel rinunciare a una perizia. Ma persino se si volesse ammettere l'esistenza di un vizio procedurale particolarmente grave, dovrebbe rilevarsi l'assenza dell'ulteriore requisito della nullità di un atto amministrativo viziato, secondo cui la nullità non deve compromettere la certezza del diritto ( DTF 104 Ia 177 consid. c e richiami). La certezza del diritto riveste una grande importanza nella circolazione stradale. Perciò una limitazione della velocità affetta da gravi vizi può essere considerata nulla solo in casi eccezionali. Laddove la nullità di un segnale non è riconoscibile senz'altro per ogni utente della strada, sussiste un eminente interesse pubblico a che i conducenti si attengano alla disciplina del traffico quale risulta dalla segnaletica. L'inosservanza da parte di certuni di un segnale di cui si eccepisce la nullità può comportare pericoli particolari per altri. Chi confida nella validità di un limite di velocità segnalato, rischia di valutare erroneamente la velocità di altri utenti della strada che non lo rispettano; ciò può avere come conseguenza reazioni erronee che, precisamente nell'ambito di gallerie, ponti ecc., sono suscettibili di produrre gravi incidenti della circolazione (cfr. al proposito la sentenza inedita della Corte di cassazione del Tribunale federale del 9 novembre 1986 nella causa S.Z.). Va quindi tenuto fermo che l'atto amministrativo contestato dal ricorrente non era nullo, bensì valido. La Corte cantonale ha pertanto fondato a ragione la propria decisione su di una velocità massima consentita di 100 km/h. Ne discende che su questo punto il gravame dev'essere respinto.
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1,987
CH_BGE
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CH
Federation
f8b82a15-2672-4554-94e3-6c806a5557f2
Urteilskopf 119 Ia 154 21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Februar 1993 i.S. Peter Bieri, Erika Loser, Markus Tramèr und sämtliche Mitglieder des Initiativkomitees gegen Grosser Rat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Teilungültigkeit einer kantonalen Volksinitiative (Aareschutzinitiative). 1. Zulässiger Inhalt einer Volksinitiative nach bernischem Staatsrecht (E. 3). 2. Bundesrechtskonformität der Aareschutzinitiative (E. 4). 3. Voraussetzungen für Eingriffe in wohlerworbene Rechte; eine verfassungskonforme Interpretation des Art. 14 der Aareschutzinitiative ist unter gewissen Bedingungen möglich (E. 5). 4. Teilungültigkeit des Art. 14 der Aareschutzinitiative (E. 9).
Sachverhalt ab Seite 155 BGE 119 Ia 154 S. 155 Am 6. März 1990 reichten der Naturschutzverband des Kantons Bern und verschiedene andere Umweltschutzorganisationen bei der bernischen Staatskanzlei eine - in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs abgefasste - Initiative für ein "Gesetz über den Schutz der Aarelandschaft" (nachfolgend Aareschutzinitiative oder Initiative) ein. Diese Initiative war von 34 324 Stimmberechtigten gültig unterzeichnet worden. Die Initiative enthält u.a. folgende Bestimmungen: Art. 3: Objekte von nationaler Bedeutung 1 Neue Eingriffe zu Nutzungszwecken, die Landschaften, Naturdenkmäler, Biotope oder andere Objekte von nationaler Bedeutung in ökologischer oder landschaftlicher Hinsicht zusätzlich beeinträchtigen können oder die den Sanierungszielen widersprechen, dürfen nicht bewilligt oder konzessioniert werden. Massgebend sind neben den Inventaren des Bundes auch die KLN-Inventare von 1963 bis 1988. 2 Durch Anlagen und sonstige Eingriffe vorbelastete Gewässer- und Uferabschnitte sind nach Massgabe ihrer ökologischen und landschaftlichen Bedeutung zu sanieren. Insbesondere sind in den hiefür geeigneten Gebieten die Voraussetzungen zu schaffen für - die Erweiterung bestehender, die Wiederherstellung ehemaliger und die Schaffung neuer dynamischer Auenflächen; - den Fortbestand der vom Grundwasser abhängigen Auenflächen; - den Weiterbestand von Lebensgemeinschaften in Altarmen. 3 Die Konzessionen bestehender Wasserkraft- und Wasserversorgungsanlagen dürfen höchstens im bisherigen Umfang erneuert werden. Art. 8: Enteignung Das Enteignungsrecht steht dem Regierungsrat sowie den mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragten Gemeinden und öffentlichrechtlichen Körperschaften zu. Das Enteignungsverfahren richtet sich nach dem kantonalen Enteignungsgesetz. Art. 14: Übergangsbestimmung 1 Vorhaben, die wie das Grundwasserpumpwerk in der Belp-Au oder wie das Neubauprojekt Kraftwerk Wynau Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Artikel 3 zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen, dürfen trotz bestehender Konzessionen und Bewilligungen weder ausgeführt noch in Betrieb genommen werden, sofern am 1. Februar 1990 mit den wesentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde. 2 Allfällige Ansprüche auf Entschädigung werden nach Artikel 8 beurteilt. BGE 119 Ia 154 S. 156 Der Regierungsrat beantragte dem bernischen Grossen Rat, Art. 14 der Initiative sei ungültig zu erklären und die Art. 1 bis 13 und 15 seien dem Volk ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Entgegen dem Vorschlag der vorberatenden grossrätlichen Kommission erachtete der Grosse Rat die Bestimmung des Art. 14 der Initiative als mit dem kantonalen und eidgenössischen Verfassungsrecht nicht vereinbar. Das Anliegen der Initianten könne im Kanton Bern nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein. Mit Art. 14 würden zwei individuelle Verwaltungsakte rückgängig gemacht, was nur Gegenstand einer - im bernischen Recht nicht vorgesehenen - Verwaltungsinitiative sein könne. Im weiteren verletze die umstrittene Bestimmung in mehrfacher Hinsicht die Bundesverfassung; insbesondere greife jene in unzulässiger Weise in wohlerworbene Rechte ein. Am 23. Januar 1992 folgte der Grosse Rat dem Antrag des Regierungsrates, erklärte Art. 14 als ungültig und beschloss, die übrigen Artikel der Initiative den Stimmbürgern ohne Gegenvorschlag und mit dem Antrag auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten. Gegen diesen Grossratsbeschluss erhoben Peter Bieri, Erika Loser, Markus Tramèr sowie sämtliche Mitglieder des Initiativkomitees am 12. Februar 1992 beim Bundesgericht Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG . Sie stellen den Antrag, der Beschluss des Grossen Rates vom 23. Januar 1992 sei insofern aufzuheben, als Art. 14 der Initiative ungültig erklärt worden sei. Die Initianten rügen eine Verletzung ihrer politischen Rechte und machen geltend, die Bestimmung von Art. 14 der Initiative verstosse nicht gegen übergeordnetes Recht, weshalb sie einen Anspruch darauf hätten, dass die Initiative dem Stimmvolk ohne Änderung unterbreitet werde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 65a des bernischen Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980 (GPR) in Verbindung mit Art. 8 der Staatsverfassung vom 4. Juni 1893 des Kantons Bern (KV/BE) überprüft der Grosse Rat die Gültigkeit von Initiativen. Volksbegehren, welche er für ungültig erklärt, unterbreitet er nicht der Volksabstimmung (Art. 65a Abs. 2 GPR). Diese Zuständigkeit sowie die formellen Anforderungen, welche an eine bernische Initiative gestellt werden, stehen vorliegend nicht zur Diskussion. Es geht hingegen BGE 119 Ia 154 S. 157 um die Frage, ob der Grosse Rat des Kantons Bern zu Recht die Aareschutzinitiative aufgrund ihres Inhalts für teilweise ungültig erklärt hat. b) Das Initiativrecht des Volkes ist rechtlich nicht unbeschränkt. Eine Initiative muss, um gültig zu sein, neben formellen auch bestimmten materiellen Anforderungen genügen. Ein inhaltlicher Grund, welcher die Ungültigkeit der Initiative bewirkt, liegt unter anderem dann vor, wenn das Volksbegehren höherrangigem Recht widerspricht ( BGE 111 Ia 294 E. 2 mit Hinweisen, vgl. auch BGE 118 Ia 204 E. 5). Kantonale Initiativen dürfen deshalb weder dem Bundesrecht noch dem kantonalen Verfassungsrecht widersprechen. Das Prinzip der Unverletzlichkeit des Stimmrechts verlangt indessen, dass die Behörde, welche sich über die materielle Gültigkeit einer Initiative ausspricht, diese in dem für die Initianten günstigsten Sinn auslegt. Erlaubt es der Text, eine Initiative bei entsprechender Auslegung als mit höherrangigem Recht vereinbar zu bezeichnen, so ist sie gültig zu erklären und der Volksabstimmung zu unterbreiten ( BGE 111 Ia 295 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 111 Ia 305 f. E. 4 mit Hinweisen). Im weiteren ist bei einer als mit höherrangigem Recht nicht vereinbar beurteilten Initiative zu prüfen, ob - in Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips - bloss eine Teilungültigkeit angenommen werden kann (vgl. ALFRED KÖLZ, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1985, ZBJV 1987, S. 383; ALFRED KÖLZ in ZBl 83/1982, S. 26 mit zahlreichen Hinweisen). c) Auf Stimmrechtsbeschwerden hin prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an, sofern es sich bei dieser Behörde um das Parlament oder das Volk handelt. Die Auslegung und Anwendung anderer kantonaler Normen sowie die Feststellung des Sachverhalts durch die kantonalen Behörden sind dagegen nur auf Willkür hin zu prüfen ( BGE 115 Ia 153 E. 2; 113 Ia 396 E. 3 mit Hinweisen). 3. Vorliegend ist streitig, was nach bernischem Staatsrecht Inhalt einer Volksinitiative sein kann. Wie es sich damit verhält, ist durch Auslegung des kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrechts zu ermitteln. BGE 119 Ia 154 S. 158 a) Nach Art. 8 Abs. 1 KV/BE können 12 000 Stimmberechtigte u.a. verlangen, dass ein Gesetz erlassen, geändert oder aufgehoben wird. Die Initiative kann in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs oder der einfachen Anregung verfasst sein. Das Initiativrecht wird ausgeübt durch Unterzeichnen einer an den Regierungsrat zuhanden des Grossen Rates gerichteten Eingabe, in welcher eine Gesamt- oder Teilrevision der Staatsverfassung, der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung eines Gesetzes, die Aufhebung oder Änderung eines Dekrets oder die ausserordentliche Gesamterneuerung des Grossen Rates verlangt wird (Art. 60 GPR). Der Begriff des "Gesetzes" kann im materiellen oder formellen Sinn verstanden werden. Das Gesetz im materiellen Sinn ist der Erlass einer gesetzgebenden Behörde, der generell-abstrakte Normen enthält. Unter Gesetz im formellen Sinn dagegen können Erlasse verstanden werden, die in die Zuständigkeit der gesetzgebenden Behörde fallen und im Gesetzgebungsverfahren ergehen, aber auch rechtsanwendende Akte im Rahmen ihrer Regierungs- und Verwaltungstätigkeit enthalten und Verwaltungsverfügungen darstellen (vgl. BGE BGE 98 Ia 642 E. 3b). Welchen Gesetzesbegriff Art. 60 Abs. 1 GPR meint, lässt sich aufgrund dieser Vorschrift allein nicht feststellen. Diese Norm ist deshalb in den weiteren Zusammenhang mit anderen Bestimmungen betreffend die Volksrechte zu stellen. In Art. 53 GPR wird statuiert, das Referendum könne gegen vom Grossen Rat beschlossene Gesetze und andere von ihm gefasste Beschlüsse ergriffen werden, sofern sie nicht schon kraft Verfassung der Abstimmung unterlägen oder diese nicht vom Grossen Rat selber angeordnet worden sei. Art. 53 verweist somit ausdrücklich auf bestimmte Beschlüsse. Hätte der Verfassungs- und Gesetzgeber das Initiativrecht für Beschlüsse, die in die Zuständigkeit des Grossen Rates fallen, zulassen wollen, hätte er dies, wie in Art. 53 GPR, auch in Art. 60 GPR erwähnt. Aus dem Vergleich dieser Bestimmungen geht hervor, dass Art. 60 GPR mit dem Begriff "Gesetze" nur Gesetze im materiellen Sinn gemeint hat (vgl. BGE 98 Ia 642 f.). Daraus folgt, dass es im bernischen Staatsrecht kein Initiativrecht auf Erlass (durch den Grossen Rat) einer Verwaltungsverfügung gibt (vgl. BGE 111 Ia 315 f.; BGE 102 Ia 138 ). b) Es ist somit zu prüfen, ob Art. 14 der Initiative eine Gesetzesbestimmung im materiellen Sinn darstellt und daher mit dem kantonalen Staats- bzw. Initiativrecht vereinbar ist. Hiezu führte der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung aus, Art. 14 könne in der vorliegenden Form nicht Teil einer Volksinitiative sein, da Art. 60 GPR als Gegenstand der Gesetzesinitiative allein Gesetze im BGE 119 Ia 154 S. 159 materiellen Sinne, d.h. generell-abstrakte Rechtssätze zulasse, nicht jedoch konkrete Verwaltungsakte. Der Art. 14 betreffe nur die darin aufgeführten beiden Werke, weshalb er nicht ein Gesetz sondern einen unzulässigen Verwaltungsakt darstelle. c) Die Beschwerdeführer bemerken dazu in ihrer Beschwerdeergänzung vom 10. Juni 1992, sie hätten die Bestimmung von Art. 14 immer als generell-abstrakte Norm verstanden. Bei der Formulierung des Textes sei u.a. die Frage diskutiert worden, ob man in Absatz 1 die beiden Beispiele überhaupt namentlich erwähnen wolle. Im Interesse der politischen und juristischen Transparenz hätten sich die Initianten jedoch dazu entschlossen, die beiden Anwendungsfälle offen zu deklarieren; am generell-abstrakten Charakter dieser Norm, die grundsätzlich auch auf andere Vorhaben anwendbar sei, ändere dies jedoch nichts. d) Wie in Erwägung 3a dargestellt, gibt es im Kanton Bern keine Verwaltungsinitiative; Inhalt einer Volksinitiative können nur Gesetze im materiellen Sinne sein (vgl. BGE 98 Ia 642 f.). Art. 14 der Aareschutzinitiative nennt namentlich zwei Projekte, auf welche die Vorschriften des vorgeschlagenen Aareschutz-Gesetzes rückwirkend angewendet würden: "Vorhaben, die wie das Grundwasserpumpwerk oder wie das Neubauprojekt Kraftwerk Wynau". Aus dieser Formulierung lässt sich schliessen, dass sich Art. 14 jedenfalls klar auf die genannten Werke bezieht. Das bedeutet, dass die so formulierte und zu verstehende Bestimmung u.a. individuell-konkrete Anordnungen und damit Verfügungen vorbestimmt. Eine solche Anordnung kann jedoch nicht Gegenstand einer bernischen Volksinitiative sein. Art. 14 ist somit nicht mit dem kantonalen Initiativrecht vereinbar; er ist ungültig, soweit er individuell-konkrete Anordnungen verlangt. 4. Zu prüfen ist ferner, ob die Initiative bundesrechtskonform ist. a) Die bernischen Behörden machen geltend, Art. 14 der Aareschutzinitiative verstosse gegen die Bundesverfassung, da dieser Artikel eine echte Rückwirkung zur Folge habe. Die Beschwerdeführer bringen vor, eine solche Rückwirkung sei zulässig. Sie führen dazu aus, aufgrund der vorgegebenen Kompetenzordnung verfügten die Kantone über einen weiten Ermessensspielraum beim Erlass von Schutz- und Nutzungsbestimmungen auf den Gebieten der Wasserwirtschaft, des Natur- und Heimatschutzes sowie der Raumplanung. Der bernische Gesetzgeber sei befugt, den Begriff des "öffentlichen Wohls" neu zu fassen und den Anliegen von Ökologie BGE 119 Ia 154 S. 160 und Landschaftsschutz einen höheren Stellenwert einzuräumen als bisher. Die Aare werde bereits sehr intensiv genutzt. Die Initiative wolle - was einem öffentlichen Interesse entspreche - verhindern, dass noch zusätzlich in diese Flusslandschaft von nationaler Bedeutung (BLN-Objekt Nr. 1314, SR 451.11 und KLN-Inventar Nr. 2.11a) eingegriffen werde. b) Art. 14 der Aareschutzinitiative bestimmt, dass Vorhaben, die "wie das Grundwasserpumpwerk in der Belp-Au oder wie das Neubauprojekt Kraftwerk Wynau" Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 3 der Initiative zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen, trotz bestehender Konzessionen und Bewilligungen weder ausgeführt noch in Betrieb genommen werden dürfen, sofern am 1. Februar 1990 mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde. Diese Bestimmung stellt, jedenfalls für das Grundwasserpumpwerk Belp-Au, eine echte Rückwirkung einer Gesetzesbestimmung dar. Zudem kann die allgemeine Formulierung des Art. 14 auch für andere, nicht namentlich genannte Werke oder Projekte zu einer Rückwirkung führen. Eine solche echte Rückwirkung eines Erlasses liegt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung dann vor, wenn bei der Anwendung des neuen Rechts an ein Ereignis angeknüpft wird, das in der Vergangenheit liegt und vor Erlass des Gesetzes abgeschlossen wurde ( BGE 116 Ia 213 f. E. 4a; BGE 113 Ia 425 ). Eine Rückwirkung ist nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt ist, wenn sie zeitlich mässig ist, wenn sie keine stossenden Rechtsungleichheiten bewirkt, wenn sie sich durch triftige Gründe rechtfertigen lässt und wenn sie nicht in wohlerworbene Rechte eingreift ( BGE 116 Ia 214 mit Hinweisen). c) Zu Recht wird vorliegend nicht bestritten, dass - bei Annahme der Initiative - mit Art. 14 eine gesetzliche Grundlage für eine Rückwirkung geschaffen würde. Ebensowenig ist streitig, dass die Rückwirkung in zeitlicher Hinsicht mässig ist und dass sie zu keinen stossenden Rechtsungleichheiten führt. Schliesslich haben der Grosse Rat und der Regierungsrat anerkannt, dass die Anliegen der Initianten und Beschwerdeführer durchaus als beachtenswerte Gründe im Sinne obgenannter Praxis betrachtet werden können. Zu beurteilen ist in dieser Hinsicht somit einzig noch die Frage, ob die bernischen Behörden zu Recht den Art. 14 der Initiative als unzulässigen Eingriff in wohlerworbene Rechte qualifiziert haben. 5. a) Der Regierungsrat und der Grosse Rat des Kantons Bern haben dazu ausgeführt, gemäss Art. 43 Abs. 1 des Bundesgesetzes BGE 119 Ia 154 S. 161 vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG; SR 721.80) verschaffe die Verleihung der Konzession dem Beliehenen ein wohlerworbenes Recht. Art. 18 des bernischen Gesetzes vom 3. Dezember 1950 über die Nutzung des Wassers (WNG) sehe eine analoge Regelung vor. Die wohlerworbenen Rechte entstünden im Zeitpunkt ihrer Begründung, unabhängig vom Nutzungsbeginn. Durch eine Konzession werde ein Rechtsverhältnis begründet, aus welchem gegenseitige Rechte und Pflichten zwischen der Verleihungsbehörde und dem Beliehenen entstünden. Der Beliehene, der ein Werk erstelle, habe Anspruch darauf, dass die Verleihungsbehörde die ihm gegenüber eingegangenen Verpflichtungen einhalte. Dies gelte nicht zuletzt wegen des finanziellen Engagements der Konzessionäre; die Projektkosten beliefen sich für das Kraftwerk Wynau auf ca. 6 Mio. Franken und für das Grundwasserpumpwerk Belp-Au auf ca. 5 Mio. Franken. b) Die Beschwerdeführer machen geltend, es sei fraglich, ob im Falle des Grundwasserpumpwerkes Belp-Au ein wohlerworbenes Recht überhaupt schon rechtsgültig entstanden sei. Bei Gebrauchswasseranlagen entstünden wohlerworbene Rechte erst, wenn mit der Nutzung begonnen worden sei. Im übrigen dürfe aus Gründen des öffentlichen Wohls und gegen volle Entschädigung ein einmal verliehenes Nutzungsrecht zurückgezogen oder geschmälert werden. Diese Eingriffsmöglichkeit werde in Art. 43 Abs. 2 WRG ausdrücklich vorgesehen. Der Regierungsrat habe zu Recht nicht in Abrede gestellt, dass die Interessen von Gewässer- und Landschaftsschutz öffentliche Interessen darstellten. Schliesslich werde die Pflicht, beim Eingriff in wohlerworbene Rechte volle Entschädigung zu leisten von der Initiative nicht in Frage gestellt; Art. 8 der Aareschutzinitiative verweise ausdrücklich auf das kantonale Enteignungsrecht. c) Die Frage, ob im vorliegenden Fall bereits wohlerworbene Rechte begründet worden seien oder ob - wie das die Beschwerdeführer zumindest für das Grundwasserpumpwerk Belp-Au behaupten - solche erst bei Ausübung der Nutzungen entstehen (vgl. KATHRIN KLETT, Verfassungsrechtlicher Schutz "wohlerworbener Rechte" bei Rechtsänderungen, Bern 1984, S. 21 f.; A. KÖLZ, Intertemporales Verwaltungsrecht, ZSR 1983, S. 179/180) kann offenbleiben, da - wie nachfolgend dargelegt - die Voraussetzungen für den Eingriff in wohlerworbene Rechte nicht zum vornherein ausgeschlossen sind. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung geht die Garantie wohlerworbener Rechte grundsätzlich nicht weiter als die BGE 119 Ia 154 S. 162 Eigentumsgarantie (vgl. BGE 117 Ia 38 f.; BGE 107 Ib 140 mit Hinweisen). Dies bedeutet, dass die hier beachtlichen wohlerworbenen Rechte beschränkt werden können aufgrund einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage und eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Zudem muss der Eingriff in wohlerworbene Rechte verhältnismässig sein ( BGE 117 Ia 39 mit Hinweisen; A. KÖLZ, Rechtsgutachten über die Gültigkeit der Volksinitiative "40 Waffenplätze sind genug - Umweltschutz auch beim Militär", ZBl 1992/93, S. 424 mit Hinweis auf DIETRICH SCHINDLER, Rechtsgutachten über dieselbe Initiative). Bei einem Eingriff in wohlerworbene Rechte ist weiter stets volle Entschädigung zu leisten (vgl. BGE 117 Ia 39 ). Wie bei anderen enteignungsrechtlichen Eingriffen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich dabei - gemäss der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie der bundesgerichtlichen Rechtsprechung - um sog. Zivilrechte im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK handelt ( BGE 117 Ia 382 f. mit zahlreichen Hinweisen auf Entscheide des EMRK-Gerichtshofs und des Bundesgerichts; ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 114 mit Hinweisen auf diverse Urteile). Inwieweit der Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch auf gemischtwirtschaftliche Organisationen anwendbar ist, kann vorliegend offengelassen werden, da möglicherweise von der Initiative auch privatrechtliche Gesellschaften, die Nutzungsrechte an der Aare erhalten oder geltend machen, betroffen sein könnten. In dieser Hinsicht ist jedenfalls Art. 6 Ziff. 1 EMRK ohne weiteres zu beachten. Bei einem Eingriff in wohlerworbene Rechte müssen somit sämtliche Verfahrensgarantien im Sinne von Art. 22ter und Art. 6 EMRK gewährleistet sein; insbesondere hat der zu Enteignende Anrecht auf eine richterliche Überprüfung der Voraussetzungen für den Eingriff und der entgegenstehenden Interessen, d.h. der Richtigkeit und Angemessenheit der enteignenden Massnahme, um die es u.a. auch beim Widerruf einer Konzession geht (in bezug auf Art. 22ter BV : vgl. BGE 112 Ib 177 f.; in bezug auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK : vgl. BGE 117 Ia 385 E. 5c; BGE 115 Ia 67 f. E. 2, je mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung der EMRK-Organe). Der Art. 14 der Initiative ist in diesem Sinne mit Anspruch auf ein gerichtliches Verfahren zu verstehen und verfassungs- sowie konventionskonform zu interpretieren. d) Wie bereits ausgeführt wurde, würde Art. 14 der Aareschutzinitiative eine hinreichende gesetzliche Grundlage für den Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen. Zudem ist auch in Art. 43 Abs. 2 BGE 119 Ia 154 S. 163 WRG die Möglichkeit vorgesehen, ein verliehenes Nutzungsrecht aus Gründen des öffentlichen Wohls und gegen volle Entschädigung zurückzuziehen oder zu schmälern. Wie die Beschwerdeführer zu Recht ausführen, hat der kantonale Gesetzgeber - im Falle der Annahme der Initiative - die Kompetenz, den geforderten Gewässer- und Landschaftsschutz als wichtiges öffentliches Interesse zu betrachten und entsprechende Vorschriften zu erlassen. Angesichts eines allfälligen (politischen) Willens, die Landschaften von nationaler und regionaler Bedeutung vor weiteren Eingriffen zu schützen, könnte ein Eingriff in wohlerworbene Rechte im konkreten Einzelfall eine geeignete sowie erforderliche und somit eine verhältnismässige Massnahme darstellen. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesgerichts, im vorliegenden Verfahren die Abwägung der einander gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Interessen (öffentliches Interesse am Landschaftsschutz, öffentliches Interesse an der Versorgung mit Energie und Trinkwasser, privates Interesse - verstärkt durch eine Konzession - an der Respektierung des Eigentums etc.) vorzunehmen. Diese Aufgabe obliegt einerseits den Stimmbürgern bei der Abstimmung über die vorliegende Initiative und andererseits dem Richter bei der Überprüfung der Recht- und Verhältnismässigkeit im Einzelfall. Der Text des Art. 14 der Aareschutzinitiative darf somit - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung (vgl. Erwägung 2b oben und BGE 105 Ia 366 E. 4 mit Hinweisen) - nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er unmittelbar und unbedingt den Behörden untersagte, bereits bestehende Konzessionen zu respektieren. Die Formulierung von Art. 14 darf auch nicht so verstanden werden, dass sie die sich allfällig stellenden Abwägungen der verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen präjudizieren würde. Die fragliche Bestimmung darf nur so interpretiert werden, dass die zuständigen Behörden verpflichtet werden, ein Verfahren zum Widerruf der bereits erteilten Konzessionen einzuleiten. Da schliesslich die Initiative in Art. 14 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 ausdrücklich die Bestimmungen des kantonalen Enteignungsgesetzes vorbehält, wäre auch in dieser Hinsicht grundsätzlich nichts gegen den Art. 14 der Aareschutzinitiative einzuwenden. Soweit die richterlichen Garantien gewährleistet sind, ist somit eine verfassungskonforme Auslegung der fraglichen Bestimmung möglich. 6. a) In seiner Vernehmlassung vom 25. März 1992 macht der Regierungsrat des Kantons Bern - namens des Grossen Rats - zusätzlich geltend, Art. 14 der Initiative halte vor dem Enteignungsrecht BGE 119 Ia 154 S. 164 des Bundes nicht stand, da der Anspruch der Enteigneten auf Realersatz nicht erfüllt werden könne. Die Beschwerdeführer erwidern darauf, nach Art. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG; SR 711) könne das Enteignungsrecht geltend gemacht werden für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils des Landes liegen, sowie für andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke, sofern sie durch ein Bundesgesetz anerkannt seien. Da der Bund bis anhin keine Vorschriften über die Wasserversorgung erlassen habe, sei zweifelhaft, ob im Falle der Belp-Au überhaupt das Enteignungsrecht des Bundes zur Anwendung gelange. Im übrigen weise die Regierung zu Recht darauf hin, dass das Grundwasserpumpwerk noch gar nicht bestehe; unter diesen Voraussetzungen erübrige sich das Bereitstellen von Ersatzwasser. b) Art. 10 EntG lautet wie folgt: "Rechte an Brunnen, Quellen und andern Wasserläufen, die für ein Grundstück, eine Wasserversorgung oder eine andere dem allgemeinen Wohl dienende wasserbauliche Anlage unentbehrlich sind, können nur enteignet werden, wenn der Enteigner genügenden Ersatz an Wasser leistet." Die Tragweite dieser Bestimmung ist umstritten (vgl. H. HESS/H. WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, Bern 1986, Band I, S. 168 f.). Im übrigen ist fraglich, ob die Spezialregelung von Art. 43 WRG nicht erlauben würde, Art. 10 EntG einzuschränken. Diese Frage kann jedoch vorliegend offenbleiben. Durch Art. 8 der Initiative - auf welchen Art. 14 der Initiative verweist - wird jedenfalls statuiert, dass das Enteignungsverfahren durch das kantonale Enteignungsrecht geregelt ist. Art. 15 Abs. 1 des bernischen Enteignungsgesetzes vom 3. Oktober 1965 sieht vor, dass der Enteigner zur Leistung von Realersatz verpflichtet werden kann bei der Enteignung von Wasser und Wasserkraft. Mit dem Verweis auf diese Regelung kann der Art. 14 der Initiative auch diesbezüglich nicht beanstandet werden. 7. Der Regierungsrat bringt schliesslich noch vor, die Bestimmungen der Art. 24bis und 24octies BV würden durch Art. 14 der Initiative verletzt, da diese Bestimmung ein dringend notwendiges Wasserwerk verhindere und damit den Verfassungsauftrag der sicheren Trinkwasserversorgung für eine ganze Region gefährde. Die Beschwerdeführer wenden hiegegen ein, solange der Bund gestützt auf Abs. 1 von Art. 24bis BV keine Grundsätze erlasse, welche die Kantone verpflichten würden, bestimmte Gewässer für die Wasserversorgung BGE 119 Ia 154 S. 165 zu erschliessen oder für die Energieerzeugung zu nutzen, könnten die Kantone über die Nutzung ihrer Gewässer grundsätzlich frei entscheiden. Auch der Art. 24octies werde durch Art. 14 der Initiative nicht verletzt. Die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe in Art. 24octies bedürften der Konkretisierung. Mit ihrer Initiative versuchten die Beschwerdeführer, den Begriff "umweltverträglich" zu umschreiben, ohne gleichzeitig die Wasserkraftnutzung zu verunmöglichen. Die beiden angerufenen Verfassungsbestimmungen werden durch Art. 14 der Initiative nicht verletzt. Wie oben dargelegt, werden die verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen sein. Diese Interessenabwägung kann von den Bestimmungen der Aareschutzinitiative nicht vorweggenommen werden. 8. Der Regierungsrat macht im weiteren geltend, im Falle des Kraftwerkes Wynau werde der fragliche Artikel faktisch gar nicht mehr durchführbar sein, da bereits ein wesentlicher Teil der Bauarbeiten ausgeführt sein werde. Eine faktische Undurchführbarkeit von Art. 14 der Initiative kann vorliegend nicht angenommen werden. Mit dem Bau des Wasserwerkes in der Belp-Au wurde noch nicht begonnen; hier böte sich somit für die in Art. 14 statuierte rückwirkende Anwendung der Initiative kein Problem. Bezüglich des Kraftwerkes Wynau wurde lediglich mit der ersten Bauetappe begonnen, welche von den Beschwerdeführern ausdrücklich als vom vorgeschlagenen Aareschutzgesetz nicht erfasst bezeichnet wurde. Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Aareschutzinitiative bundesrechtskonform ist, soweit die richterlichen Garantien gewährleistet sind, dass sie jedoch nach kantonalem Recht aufgrund ihres Inhalts - soweit sie individuell-konkrete Anordnungen vorsieht - nicht zulässig ist. 9. Dieses Ergebnis führt zur weiteren Frage, ob deswegen der ganze Art. 14 als ungültig zu erklären ist oder ob durch die Streichung des die beiden genannten Werke enthaltenden Satzteils von Art. 14 die Initiative auch mit Bezug auf den so übrigbleibenden Teil von Art. 14 als gültig bezeichnet werden kann. a) In Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung derjenige Teil einer Initiative, welcher als gültig betrachtet werden kann, dem Volk zur Abstimmung vorzulegen, sofern vernünftigerweise anzunehmen ist, die Unterzeichner der Initiative hätten auch den gültigen Teil der Initiative unterzeichnet, wenn er ihnen allein unterbreitet worden wäre BGE 119 Ia 154 S. 166 (vgl. BGE 117 Ia 156 E. 5c; BGE 114 Ia 274 E. 4; BGE 112 Ia 388 f. E. 6a; BGE 110 Ia 182 f.; BGE 105 Ia 365 E. 3, je mit Hinweisen). Dabei ist zu beachten, dass der verbleibende Teil der Initiative nicht von untergeordneter Bedeutung sein darf, sondern noch ein sinnvolles - der ursprünglichen Stossrichtung der Initiative entsprechendes - Ganzes ergeben muss (vgl. ANDREAS AUER, Problèmes et perspectives du droit d'initiative à Genève, Lausanne 1987, S. 54 f.). Die Achtung vor dem Willen der Initianten verbietet es, den Stimmbürgern eine Initiative vorzulegen, wenn diese eines wesentlichen Teils beraubt ist ( BGE 117 Ia 156 E. 5c mit Hinweisen). b) Umstritten ist vorliegend die Nennung der beiden Werke. Es fragt sich, ob diese Aufzählung gestrichen werden kann. Diesfalls würde der Text lauten: "Vorhaben, die Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Artikel 3 zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen, dürfen trotz bestehender Konzessionen und Bewilligungen weder ausgeführt, noch in Betrieb genommen werden, sofern am 1. Februar 1990 mit den wesentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde." Wie auch der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung zur Beschwerdeergänzung ausführt, macht es einen Unterschied aus, ob das Wasserwerk Belp-Au und das Kraftwerk Wynau im Initiativtext bereits definitiv als Vorhaben im Sinne von Art. 14 bezeichnet werden oder nicht. Werden diese nicht genannt, so kann für beide Werke nach einer allfälligen Annahme der Initiative im Rahmen der Rechtsanwendung der Nachweis erbracht werden, dass sie keine zusätzlichen Beeinträchtigungen im Sinne von Art. 3 verursachen. Selbst wenn sie solche Beeinträchtigungen verursachen, müssten weitere eingehende Abklärungen über die Auswirkungen dieser Projekte erfolgen und eine umfassende Interessenabwägung durchgeführt werden. In diesem Fall wäre die umstrittene Initiativbestimmung mit dem kantonalen Initiativrecht im Einklang; es handelte sich um eine generell-abstrakte Norm, um so mehr, als noch andere Werke unter die Bestimmung fallen können und dass andererseits noch nicht zum vornherein feststeht, ob die genannten beiden Projekte von der Initiative verhindert werden. Sollte die Initiative vom Volk angenommen werden, wird erst im Rahmen der Rechtsanwendung zu entscheiden sein, ob die zwei genannten Bauvorhaben die Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 3 der Initiative zusätzlich beeinträchtigen oder der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen. Schliesslich ist in diesem Zusammenhang festzustellen, BGE 119 Ia 154 S. 167 dass es zumindest ausser den in Art. 14 namentlich erwähnten noch zwei weitere Vorhaben gibt, die unter die fragliche Bestimmung fallen könnten. Dabei handelt es sich um das bereits konzessionierte Aaretalwerk in Uetendorf/Uttigen sowie um den Ausbau des Grimsel-Elektrizitätswerks. In den gültigen Fassungen hat Art. 14 somit auch aus diesem letztgenannten Grund eindeutig einen generell-abstrakten Charakter. Angesichts des Gesamtinhaltes der Initiative und ihres Zieles, den gesamten Aarelauf auf bernischem Kantonsgebiet zu schützen, kann festgehalten werden, dass die Initiative auch ohne den rechtswidrigen Teil dieselben Ziele verfolgt und den ursprünglichen Anliegen der Unterzeichner entspricht. Es kann zudem vernünftigerweise angenommen werden, dass die Initiative auch ohne den rechtswidrigen Teil von einer genügenden Anzahl von Stimmbürgern unterzeichnet worden wäre. Dafür spricht auch die Tatsache, dass 34 324 Unterschriften - d.h. fast dreimal soviele als nötig gewesen wären - gesammelt worden sind (vgl. BGE 117 Ia 156 E. 5c). Es kann somit vorliegend eine Teilungültigkeit von Art. 14 der Initiative angenommen werden.
public_law
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
f8bd77d3-4b16-4934-b2d6-7a529f04b86c
Urteilskopf 116 II 614 109. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Oktober 1990 i.S. Paolo Gucci gegen Guccio Gucci S.p.A. (Berufung)
Regeste Markenrecht; unlauterer Wettbewerb; Namensrecht. 1. Beurteilung von Kollisionsfällen zwischen Marken- und Wettbewerbsrecht einerseits und Namensrecht anderseits aufgrund wertender Interessenabwägung; Zulässigkeit wettbewerbsrechtlicher Beschränkungen des Namensrechts zugunsten berühmter prioritätsälteren Marken (E. 5). 2. Einschränkung des Rechts auf Verwendung des eigenen Namens im Geschäftsverkehr (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 614 BGE 116 II 614 S. 614 A.- Die Guccio Gucci S.p.A. (Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Florenz. Sie ist 1982 aus der Guccio Gucci S.r.l. hervorgegangen, die 1939 von Guccio Gucci gegründet und mit der Zeit zu einem Grossunternehmen der Modebranche mit verschiedenen, teils rechtlich selbständigen Gucci-Firmen entwickelt worden war. Zu ihren Aktivitäten gehören die Produktion und der Vertrieb von Luxusartikeln, namentlich im Bereich von Lederwaren und Modeaccessoires. Sie ist Inhaberin der am 30. März 1977 und 16. Dezember 1980 hinterlegten IR-Marken 429 833 und 457 952 GUCCI, welche auch in der Schweiz geschützt sind. Hier werden ihre Produkte durch Franchisenehmer vertrieben. Paolo Gucci (Beklagter) ist ein Enkel des Firmengründers Guccio Gucci. Er war jahrelang in verschiedenen Funktionen für die Guccio Gucci S.r.l. tätig, vornehmlich in der Designabteilung. 1978 schied er aufgrund von familieninternen Zwistigkeiten aus dem Unternehmen aus. Heute betätigt er sich als selbständiger Designer, nach eigenen Angaben vor allem im Bereich von Mode, BGE 116 II 614 S. 615 Modeaccessoires, Möbeln und Lampen. Er ist Inhaber der am 18. September 1982 hinterlegten, in der Schweiz seit 1984 ebenfalls geschützten IR-Marke 474 260 PAOLO GUCCI mit dem Signet "PG im Kreis". In der Schweiz hat er bisher weder die Marke benutzt noch irgendeine andere geschäftliche Aktivität entwickelt. B.- Am 25. Juni 1987 klagte die Guccio Gucci S.p.A. beim Handelsgericht des Kantons Bern auf Nichtigerklärung der IR-Marke 474 260 PAOLO GUCCI sowie auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung GUCCI oder PAOLO GUCCI durch den Beklagten. Mit Urteil vom 8. November 1989 erklärte das Handelsgericht den schweizerischen Anteil der IR-Marke 474 260 PAOLO GUCCI nichtig und verbot dem Beklagten unter Strafandrohung, die Bezeichnung GUCCI/PAOLO GUCCI im Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit Erzeugnissen zu verwenden, für welche die Klägerin durch die IR-Marken 429 833 und 457 952 Schutz beanspruchen kann. Das Bundesgericht weist die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Erwägungen: 5. Der Beklagte macht geltend, die Nichtigerklärung seiner Marke und das gegen ihn ausgesprochene Benutzungsverbot verletzten seine Namens- und Urheberrechte. a) Der Beklagte geht davon aus, das Handelsgericht habe ihm die geschäftliche Benutzung des Namens GUCCI oder PAOLO GUCCI in jeder nur denkbaren Kombination verboten. Die Klägerin schliesst sich dieser Auffassung an. Die Vorinstanz erklärt allerdings nach dem Wortlaut ihres Dispositivs bloss den schweizerischen Anteil der IR-Marke PAOLO "PG" GUCCI des Beklagten als nichtig und verbietet ihm darüberhinaus, die Bezeichnung GUCCI/PAOLO GUCCI im Geschäftsverkehr in Zusammenhang mit bestimmten Erzeugnissen zu verwenden. Da dem Dispositiv selbst nicht zu entnehmen ist, ob die Benutzung der Bezeichnungen bloss in Alleinstellung oder auch in irgendwelchen denkbaren Kombinationen untersagt wurde, sind zum Verständnis des Urteils dessen Erwägungen heranzuziehen ( BGE 115 II 192 , BGE 101 II 378 E. 1 mit Hinweis). Aufgrund einer Interessenabwägung kommt das Handelsgericht zum Schluss, das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei BGE 116 II 614 S. 616 gutzuheissen und dem Beklagten zu verbieten, bei der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit den Namen GUCCI in Alleinstellung oder die Bezeichnung PAOLO GUCCI zu verwenden, das Verbot allerdings auf bestimmte Warenkategorien zu beschränken. Dem Beklagten bleibe unbenommen, sich in der Schweiz unter seinem Namen als Designer zu betätigen, im Falle einer gewerbsmässigen Betätigung allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich sein Kennzeichen durch wesentliche Merkmale (z.B. Ergänzungen) deutlich von demjenigen der Klägerin unterscheide. Dabei verweist das Handelsgericht auf das Urteil des Southern District Court of New York vom 17. Juni 1988, welches dem Beklagten ausdrücklich gestattet, seinen Namen zu verwenden, um sich als Designer von Produkten auszuweisen; diese Produkte seien unter einem separaten Warenzeichen zu verkaufen, das den Namen GUCCI nicht enthalte; zudem müsse der Name PAOLO GUCCI zur Vermeidung jeder Verwechslungsgefahr stets nach dem Warenzeichen stehen und dürfe nicht auffallender als dieses sein. Schliesslich bejaht das Handelsgericht auch die markenrechtliche Verwechslungsgefahr mangels Abstands zu den älteren Marken der Klägerin. Diese Ausführungen können kaum anders verstanden werden, als dass das Handelsgericht dem Beklagten die Verwendung seines Namens zu Geschäftszwecken - auch in den vom Verbot erfassten Warenkategorien - nicht schlechthin untersagt, sondern bloss in Alleinstellung. Es lässt dabei offen, ob Kombinationen denkbar seien, welche zu den Marken oder anderen wettbewerbsmässigen Kennzeichnungen der Klägerin und ihrer Produkte keine Verwechslungsgefahr schaffen. Solche Kombinationen standen auch nicht zur Beurteilung. Mithin ist von diesem Sinn des angefochtenen Urteils auszugehen. b) Ob zwei Zeichen sich hinreichend unterscheiden, um eine Verwechslungsgefahr auszuschliessen, beurteilt sich im Marken- und im Wettbewerbsrecht nach denselben Grundsätzen und Massstäben ( BGE 111 II 510 E. 2 mit Hinweis). Das UWG greift lediglich weiter, indem es auch den nicht markenmässigen Gebrauch eines verwechselbaren Zeichens verbietet, welcher Tatbestand von Art. 24 MSchG nicht erfasst wird ( BGE 113 II 75 ). Davon geht zutreffend auch die Vorinstanz aus. Es stellt sich ebenfalls die Frage in beiden Bereichen identisch, ob und inwieweit die Verwendung des eigenen Namens zu Geschäftszwecken beschränkt oder gar untersagt werden kann. BGE 116 II 614 S. 617 c) Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts darf eine nach Art. 944 ff. OR zulässige Firma nur dann als Marke benutzt werden, wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des MSchG entspricht ( BGE 107 II 362 E. c La San Marco, BGE 106 II 62 E. 3a, je mit Hinweisen). Darüber hinaus untersteht auch die Verwendung derjenigen Firma, welche den Bestimmungen des Obligationenrechts über die Bildung von Geschäftsfirmen nicht widerspricht, dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts ( BGE 85 II 330 E. 3/4 Gennheimer; PATRY, SPR VIII/1 S. 164/5; auch Art. 946 Abs. 3 OR ). aa) Das Namensrecht verleiht dem Namensträger nicht nur das Recht, seinen Namen zur Kennzeichnung der eigenen Person zu verwenden, sondern es berechtigt ihn auch, von ihm selbst geschaffene Werke und Einrichtungen aller Art nach seinem Namen zu bezeichnen und unter dem eigenen Namen am Geschäftsverkehr teilzunehmen. Das ist eine natürliche Folge der im Namensrecht enthaltenen Befugnis, den eigenen Namen bei allen sich bietenden Gelegenheiten als Mittel der Identifizierung zu verwenden ( BGE 102 II 170 mit Hinweisen). In seiner älteren Rechtsprechung hat das Bundesgericht im Konflikt zwischen markenmässig verwendeten Homonymen das Namensrecht gegenüber dem Markenrecht grundsätzlich als stärker gewertet ( BGE 70 II 183 E. 4a Pernod mit weiteren Hinweisen), unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs ( BGE 37 II 376 ). Gegen diese Rechtsprechung hat sich namentlich BOLLA (Rep. 1944, S. 396 ff.) gewandt und ihr in der unbeschränkten Freiheit der Namensbenutzung in Firma oder Marke eine Überdehnung des Namensrechts vorgeworfen. Im Entscheid Endress (teilweise publ. in BGE 73 II 110 ) hat das Bundesgericht dazu festgehalten, es sei bei der Beurteilung der Interessenkonflikte zwischen Personennamen und einer Firmenbezeichnung im Falle Pernod sehr weit gegangen, hat jedoch die Frage keiner neuen Prüfung unterzogen (in der amtlichen Sammlung nicht publizierter zweitletzter Absatz von Erwägung 3, vergleiche VON STEIGER, Zum Wettbewerbsrecht der Gleichnamigen, SMI 1951 S. 34 ff., 39). In BGE 77 I 77 hat es dem Bruder des Radrennfahrers Ferdinand Kübler die Eintragung einer Marke KUEBLER für Fahrräder unter Berufung auf die beim Publikum bewirkte Täuschungsgefahr verwehrt. In der Entscheidung Terry schliesslich (SMI 1976 S. 61 = GRUR Int. 1977 S. 79) hat es erwogen, eine Namensmarke könne für Produkte des Unternehmens des Markeninhabers so charakteristisch geworden sein, dass BGE 116 II 614 S. 618 das Publikum den Namen den Produkten dieses Unternehmens gleichsetze und die Käufer von jeder anderen jüngeren Marke, selbst mit neuen Elementen, die zu ihrer Unterscheidung bestimmt sind, annähmen, sie bezeichne diese Produkte oder beziehe sich auf dieses Unternehmen. Als Beispiele bezeichnete das Gericht die Namen Nestlé, Suchard, Lindt für Schokolade und de Trey für zahnärztliche Produkte. In solchen Situationen sei dem Inhaber der jüngeren Marke zu verbieten, in dieser seinen Familiennamen als charakteristisches Element zu verwenden, da dies das einzige adäquate Mittel sei, Verwechslungen zu verhindern (E. 5c). bb) Die kantonale Rechtsprechung steht im allgemeinen auf demselben Standpunkt. Bereits im Jahre 1927 hatte der Appellationshof des Kantons Bern die Schokoladefabrik A. und W. Lindt verurteilt, zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr auf allen ihren Waren, Preislisten, Inseraten und Mitteilungen in der jeweils verwendeten Sprache den Vermerk anzubringen, dass es sich bei dieser Schokolade nicht um die Original Lindt-Schokolade handle (MuW XXVII/1927/8 S. 362). An jüngeren publizierten Entscheiden sind namentlich zu erwähnen das Urteil der Genfer Cour de justice vom 10. Oktober 1986 i.S. Magnette (SMI 1988 S. 151), welches die bundesgerichtliche Rechtsprechung im Fall Terry ausdrücklich übernimmt, sodann dasjenige des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 14. April 1988 i.S. Bulgari (SMI 1988 S. 155). cc) In der Literatur werden ebenfalls überwiegend wettbewerbsrechtliche Beschränkungen des Namensrechts im Sinne der zitierten Rechtsprechung für zulässig gehalten (VON BÜREN, Über die Beschränkungen des Rechts, den eigenen Namen zu gebrauchen, SJZ 44/1948 S. 65 ff.; derselbe, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, S. 146 ff.; VON STEIGER, a.a.O.; TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3. Aufl. 1983, Band I, S. 248 ff.; BRUNO BITZI, Der Familienname als Marke, S. 55 ff.; LUTZ/HILTI, Der Schutz des Familiennamens im Handelsverkehr, Festschrift E. Blum, S. 61 ff.; demgegenüber eher der älteren bundesgerichtlichen Rechtsprechung verpflichtet MATTER, Kommentar zum MSchG, S. 37; DAVID, N 28 zu Art. 6 und N 12 zu Art. 24 MSchG ). dd) Nach der in Deutschland vorherrschenden Auffassung sind Kollisionsfälle bei Gleichnamigkeit durch wertende Interessenabwägung zu lösen, wobei niemand am ehrlichen Gebrauch seines Namens im Wirtschaftsleben gehindert werden dürfe, der Gebrauch aber nur ehrlich sei, wenn die Benutzung nicht in BGE 116 II 614 S. 619 schmarotzerischer Weise oder in Verwechslungsabsicht erfolge und der Namensträger alles Erforderliche und Zumutbare vorkehre, um eine Verwechslungsgefahr möglichst zu vermeiden (BAUMBACH/HEFERMEHL, N 72 ff. zu § 16 DUWG; HEFERMEHL, Der namensrechtliche Schutz geschäftlicher Kennzeichen, FS Hueck, S. 519 ff.; BGH in GRUR 1987 S. 182 Stoll). Eine ähnliche Auffassung gilt in Frankreich, wo grundsätzlich das Recht zur Benutzung des eigenen Namens im Wettbewerb anerkannt ist, jedoch unter den Einschränkungen steht, dass die Benutzung nicht missbräuchlich oder unlauter (frauduleux ou déloyal) erfolgt, und die notwendigen Vorkehren getroffen werden, Verwechslungen zu vermeiden (MATHÉLY, Le droit français des signes distinctifs, S. 784 ff.; ROUBIER, Propriété industrielle, Band 2, S. 570). d) Die Kollisionen zwischen Namensrecht einerseits, Marken- und Wettbewerbsrecht anderseits, lassen sich nicht schematisch nach einheitlichen Regeln beurteilen. Erforderlich ist in jedem Einzelfall ein Abwägen der gegenseitigen Interessen, die einem möglichst gerechten Ausgleich entgegenzuführen sind. Dabei ist insbesondere an der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichts (SMI 1976 S. 61 Terry) festzuhalten, wonach nicht von einer grundsätzlichen Dominanz des Namensrechts auszugehen ist und namentlich der Bestand einer berühmten prioritätsälteren Marke rechtfertigt, dem jüngeren Wettbewerber einschränkende Auflagen in der Benutzung des Homonyms aufzuerlegen. Nach diesen Kriterien und einer Interessenabwägung aber ist der angefochtene Entscheid in dieser Richtung nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat ein eminentes und durch Priorität geschütztes Interesse an ihren Marken GUCCI, mit welchen die dem Beklagten untersagten Bezeichnungen verwechselbar sind. Da es um den Schutz einer berühmten Marke geht, sind die Anforderungen an die Unterscheidbarkeit besonders hoch anzusetzen und der Beklagte entsprechend gehalten, diesen Anforderungen Rechnung zu tragen. Hinsichtlich der ihm untersagten Bezeichnungen aber hat die Vorinstanz diesen Abstand zu Recht als nicht eingehalten erachtet. Was der Beklagte zusätzlich dagegen vorbringt, vermag nicht durchzudringen: aa) Das Handelsgericht untersagt dem Beklagten nach dem Gesagten die geschäftliche Benutzung seines Namens nicht schlechthin, sondern bloss ohne unterscheidungskräftige Zusätze. Es verhindert damit auch nicht die Bildung einer den Vorschriften von Art. 945 OR entsprechenden Einzelfirma, sondern behält diese BGE 116 II 614 S. 620 Bestimmung im Entscheid ausdrücklich vor, so dass offengelassen werden kann, ob sich daraus und namentlich mit Blick auf die gesetzliche Firmengebrauchspflicht ( BGE 103 IV 202 ) ein grundsätzliches Verbot der Namensbenutzung in allen denkbaren Kombinationen überhaupt mit dem Bundesrecht vereinbaren liesse (dazu Handelsgericht Zürich in SMI 1988 S. 155 ff. Bulgari; TROLLER, a.a.O., Band I, S. 251). Im übrigen stehen firmenrechtliche Fragen nicht zur Beurteilung; der Beklagte wendet sich weder gegen das Verbot der Benutzung einer auf seinen Namen eingetragenen Firma noch gegen die Verweigerung einer Firmeneintragung. bb) Den urheberrechtlichen Anspruch des Beklagten, schützbare Werke mit dem eigenen Namen zu kennzeichnen, anerkennt das Handelsgericht ausdrücklich. Sofern der Beklagte jedoch mit solchen Werken am wirtschaftlichen Wettbewerb teilzunehmen beabsichtigt, hat er wiederum die Schranken des UWG und des gewerblichen Rechtsschutzes zu beachten. Auch dem Urheberrecht kommt insoweit keine uneingeschränkte Dominanz zu. cc) Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichts wird dem Inhaber einer berühmten Marke die Möglichkeit eingeräumt, diese auch für andere, den ursprünglichen Waren nicht mehr ähnliche Produkte einzusetzen (BGE in SMI 1985 S. 63 ff. Bally mit zustimmender Anmerkung von DAVID, SMI 1985 S. 66 f.; BGE 116 II 467 E. 2c). Die Ausdehnung des Verbots auf alle von der Klägerin unter den Schutz ihrer Marken gestellten Warenkategorien ist daher nicht zu beanstanden, zumal den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht zu entnehmen ist, einzelne Warenkategorien würden nicht geführt und die Marken insoweit nicht gebraucht. 6. Mit ihrer Anschlussberufung beantragt die Klägerin die Ausdehnung des Verbots auf den Geschäftsverkehr des Beklagten schlechthin, namentlich zur Kennzeichnung von Erzeugnissen, die nicht aus dem Hause der Klägerin stammen, eventuell von solchen Erzeugnissen, welche eigene Produkte konkurrenzieren. Sie leitet diese Begehren aus dem Bekanntheitsgrad des Zeichens GUCCI ab. Eine solche Ausdehnung ist bereits aus der gebotenen Interessenabwägung um die Benutzung des eigenen Namens abzulehnen, ohne dass weiter geprüft zu werden braucht, ob wettbewerbsrechtlich ein berühmtes Zeichen überhaupt einen Schutz über alle Warenkategorien zu begründen vermöchte, auch soweit solche BGE 116 II 614 S. 621 Kategorien weder markenrechtlich beansprucht noch tatsächlich in Gebrauch genommen wurden. Die Einschränkung des Rechts auf Verwendung des eigenen Namens im Geschäftsverkehr kann jedenfalls nicht weitergehen, als es das aktuelle Interesse der Klägerin zu rechtfertigen vermag. Dieses Interesse aber wird durch die gegenwärtigen, allenfalls durch unmittelbar bevorstehende Wettbewerbsverhältnisse bestimmt, deckt jedoch künftige, ungewisse und rein hypothetische Geschäftsabsichten nicht. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung unter Umständen auch der Inhaber einer älteren Marke oder Firma zu kennzeichnungsrechtlichen Massnahmen verpflichtet werden kann, wenn er durch eine Ausweitung seines Geschäftsbereichs seinerseits den Wettbewerb verschärft und damit einen neuen Grund zur Unverträglichkeit setzt ( BGE 85 II 333 Gennheimer).
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f8bf0314-c1ff-46ac-9b35-8f84ac055954
Urteilskopf 93 I 406 52. Urteil vom 20. September 1967 i.S. R. Graf & Co. gegen Stadtrat von Frauenfeld und Regierungsrat des Kantons Thurgau.
Regeste Elektrische Hausinstallationen. Art. 31 und 4 BV . Rechtsnatur der Bewilligung zur Ausführung solcher Installationen (Erw. 1). Sofern die Ausführung der Installationen nicht Gegenstand eines Gemeindemonopols, sondern lediglich von einer Bewilligung (Polizeierlaubnis) abhängig ist, darf diese einem auswärtigen Installateur verweigert werden, wenn die rasche Behebung von Störungen und Ausführung von Reparaturen durch den Installateur infolge der Entfernung zwischen seinem Geschäftssitz und dem Ort der Installation nicht mehr sichergestellt ist (Erw. 3). Die Annahme, dass dies bei einer Entfernung von 26 km nicht mehr zutreffe, verstösst weder gegen Art. 31 noch gegen Art. 4 BV (Erw. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 407 BGE 93 I 406 S. 407 A.- Die Munizipalgemeinde Frauenfeld betreibt ein eigenes Elektrizitätswerk. Nach dem vom Gemeinderat erlassenen und von der Gemeinde genehmigten "Reglement über die Abgabe von elektrischem Strom" vom 13. Mai 1933/13. November 1935 (im folgenden kurz "Reglement" genannt) erstellt das Elektrizitätswerk die Zuleitungen von den Hauptsträngen in die Liegenschaften der Verbraucher "bis und mit der Hauptsicherung" durch eigenes Personal (§ 7 Abs. 1). Über die Einrichtungen im Innern der Gebäude bestimmt § 11: "Die Erstellung und der Unterhalt der Einrichtungen innerhalb der Hauptsicherung, die den Abonnenten obliegen, dürfen nur durch das Elektrizitätswerk oder durch solche Unternehmer besorgt werden, welche hiefür vom Gemeinderate die Bewilligung erhalten haben. Die Installationen haben den bundesrätlichen Vorschriften über die Erstellung und Instandstellung der elektrischen Starkstromanlagen, den Vorschriften des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins über die Hausinstallationen und den seitens des Elektrizitätswerkes aufgestellten Vorschriften zu entsprechen. Die Bewilligung wird in der Regel nur an in der Gemeinde wohnhafte Installateure erteilt." B.- Die Schulgemeinde Frauenfeld baut ein Abschlussklassen-Schulhaus. Im März 1967 übertrug sie die elektrischen Installationen in diesem Neubau an die Firma R. Graf & Co. Schaffhausen, die hierauf den Stadtrat von Frauenfeld ersuchte, ihr die Ausführung der Arbeiten gemäss § 11 Abs. 1 des Reglements zu bewilligen. Der Stadtrat lehnte das Gesuch am 26. April 1967 ab mit der Begründung, die Gesuchstellerin erfülle wohl die fachlichen Voraussetzungen, nicht dagegen die im Reglement aufgestellte "Bedingung, dass die Bewilligung nur an die in der Gemeinde wohnhaften Installateure erteilt werden kann". Die Firma R. Graf & Co. führte hiegegen Beschwerde, wurde BGE 93 I 406 S. 408 aber vom Regierungsrat des Kantons Thurgau am 31. Mai 1967 abgewiesen. Der Regierungsrat ist mit der Beschwerdeführerin der Auffassung, dass die Einschränkung eines gesunden Wettbewerbs durch Aufrechterhaltung eines ungerechtfertigten Monopols nicht mehr angebracht sei. Das Installationsmonopol dürfe nicht zum Schutze eines privilegierten Kreises von Privatunternehmern oder des einheimischen Gewerbes vor dem fremden benutzt werden, und auch die Sorge um Vollbeschäftigung und ausreichenden Ertrag der werkeigenen Installationsabteilung rechtfertige es nicht. Der Lage des Geschäftssitzes des Gesuchstellers komme nur insofern Bedeutung zu, als bei grösserer Entfernung die rasche Behebung von Störungen und die Durchführung der erforderlichen Reparaturarbeiten nicht gewährleistet sei. Nach einer Empfehlung des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke (VSE) seien Bewilligungen für Hausinstallationen an auswärtige Firmen zu erteilen, die im Flachland im Umkreis von 10 - 20 km um das Versorgungsgebiet herum ihr Geschäftsdomizil hätten. Die Distanz von Schaffhausen nach Frauenfeld überschreite mit 26 km dieses Maximum eindeutig und sei mit Rücksicht auf einen raschen Unterhalts- und Reparaturdienst zu gross. C.- Gegen diesen Beschluss des Regierungsrates hat die Firma R. Graf & Co. staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, ihn aufzuheben. Sie macht Verletzung der Art. 4 und 31 BV geltend und bringt zur Begründung im wesentlichen vor: Sie verfüge über 8 Servicewagen und darüber hinaus, als einzige der Branche, über eine fahrende Werkstatt, in der alle für Reparaturen erforderlichen Werkzeuge, Maschinen und Bestandteile mitgeführt werden. Bei den ausserordentlich günstigen Strassenverhältnissen könne für die 26 km zwischen dem Hauptgeschäft in Schaffhausen und dem Abschlussklassen-Schulhaus in Frauenfeld mit einer Fahrzeit von 20 - 30 Minuten gerechnet werden. Die rasche Behebung von Störungen sei daher gewährleistet. Die Distanzen seien zudem nach der Empfehlung des VSE, auf die der Regierungsrat abstelle, ab "Versorgungsgebiet" zu messen; das Versorgungsgebiet des Elektrizitätswerks Frauenfeld erstrecke sich aber bis Erzenholz, das nur 19 km von Schaffhausen entfernt sei. Übrigens dürfe das Erfordernis der raschen Behebung von Störungen nicht überbewertet werden, da beim heutigen Stand der Technik Defekte in Schulhäusern sehr selten seien, bei blossen Leitungsdefekten ein paar Minuten BGE 93 I 406 S. 409 mehr oder weniger Wartezeit nichts ausmachen und in Notfällen auch die Installationsabteilung des örtlichen Elektrizitätswerkes beigezogen werden könne. Unter den gegebenen Umständen müsse es genügen, wenn die Beschwerdeführerin sich verpflichte, bei Störungen an den Hausinstallationen im Abschlussklassen-Schulhaus auf ersten Anruf hin ungesäumt Abhilfe zu schaffen, und die Erfüllung dieser Pflicht durch eine Kaution sicherstelle, wozu sie bereit sei. D.- Der Regierungsrat des Kantons Thurgau und der Stadtrat von Frauenfeld beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Regierungsrat hat im angefochtenen Entscheid eingangs der Erwägungen festgestellt, dass die Installationsabteilung des Elektrizitätswerks Frauenfeld zusammen mit einigen privaten Installationsfirmen zur Zeit ein "Installationsmonopol" innehabe. Er hat aber nicht erklärt, dieses Monopol ergebe sich aus § 11 des Reglements. Alle seine folgenden Ausführungen laufen vielmehr darauf hinaus, dass eine solche Auslegung abzulehnen wäre; denn er bezeichnet die in § 11 vorgesehene Bewilligung als Polizeierlaubnis und nimmt an, diese dürfe einer auswärtigen Firma nicht zum Schutze des einheimischen Gewerbes vor Konkurrenz, sondern nur dann verweigert werden, wenn die rasche Behebung von Störungen und die Ausführung von Reparaturen infolge der Entfernung des Geschäftssitzes nicht mehr gewährleistet sei. Diese Auslegung des § 11 erscheint als zutreffend und wird in der Beschwerdeantwort des Stadtrates von Frauenfeld mit Recht nicht bestritten, sondern dadurch als richtig anerkannt, dass dort erklärt wird, es bestehe in Frauenfeld "kein eigentliches Monopol" für Hausinstallationen. Ein solches Monopol würde voraussetzen, dass das Gemeindewerk, das selber Installationen ausführt, private Konkurrenz nur insoweit zuliesse, als es selber der Nachfrage nicht zu genügen vermag (vgl. BGE 88 I 66 ). § 11 sieht etwas derartiges nicht vor, beschränkt die Zahl der zuzulassenden Installateure nicht und verlangt den Wohnsitz derselben in der Gemeinde nur "in der Regel", schliesst also die Erteilung der Bewilligung an auswärtige Unternehmer nicht aus. Die Ausführung von Hausinstallationen in Frauenfeld ist somit nicht Gegenstand eines Monopols, sondern fällt in den Bereich der Privatwirtschaft und steht daher unter BGE 93 I 406 S. 410 dem Schutze des Art. 31 BV . Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Gewerbe, wie dies auch für andere Erwerbszweige (z.B. für Drogerien, BGE 81 1 121 ff., für das Taxigewerbe, BGE 92 I 102 ) häufig zutrifft, nur mit behördlicher Bewilligung und unter behördlicher Kontrolle betrieben werden darf. Bei der Bewilligung handelt es sich, wie der Regierungsrat mit Recht annimmt, um eine blosse Polizeierlaubnis, und die in § 12 vorgesehene Kontrolle ist eine rein gewerbepolizeiliche Massnahme. 2. Eine unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit stehende Erwerbstätigkeit dürfen die Kantone nur aus polizeilichen Gründen, zum Schutze der öffentlichen Ordnung und Sicherheit beschränken. Der Regierungsrat durfte daher die von der Beschwerdeführerin nachgesuchte Bewilligung nur verweigern, wenn hinreichende polizeiliche Gründe dafür bestanden. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass solche Gründe vorliegen, und behauptet, in Wirklichkeit gehe es den kantonalen Behörden nur um den Schutz des ortsansässigen Gewerbes gegen auswärtige Konkurrenz. Ob dieser Beweggrund beim Stadtrat von Frauenfeld den Auschlag gab oder mitspielte, kann dahingestellt bleiben. Gegenstand der Anfechtung vor Bundesgericht ist lediglich der Entscheid des Regierungsrates ( Art. 86 Abs. 1 OG ; BGE 88 I 3 Erw. 4 a, BGE 91 I 166 Erw. 1, 281 Erw. 1). Dafür aber, dass der Regierungsrat den angefochtenen Entscheid aus Gründen gefasst hätte, die er in seinen Erwägungen ausdrücklich verwirft, bestehen keinerlei Anhaltspunkte; sein Entscheid vom 30. März 1967, mit dem er das Wasser- und Elektrizitätswerk Romanshorn verpflichtet hat, für sein Gebiet einem in der Stadt St. Gallen ansässigen Unternehmer die Installationsbewilligung zu erteilen (wogegen das Werk eine noch nicht beurteilte staatsrechtliche Beschwerde erhoben hat), spricht vielmehr dafür, dass er sich auch im vorliegenden Falle nicht von gewerbepolitischen Überlegungen leiten liess. 3. Der Regierungsrat nahm an, die Installationsbewilligung dürfe der Beschwerdeführerin deshalb verweigert werden, weil die Entfernung zwischen ihrem Geschäftssitz Schaffhausen und Frauenfeld mit Rücksicht auf spätere Reparaturen der Anlage zu gross sei. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Bereitschaft zum Reparaturdienst bei der Erteilung oder Verweigerung der Bewilligung berücksichtigt werden darf, wohl BGE 93 I 406 S. 411 aber, dass ihr die vom Regierungsrat beigemessene grosse Bedeutung zukomme. Elektrische Anlagen, namentlich solche für Starkstrom, dürfen wegen der damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben und der Brandgefahr nur unter Beobachtung umfassender Sicherheitsvorkehren erstellt und betrieben werden. Hausinstallationen sind, wie sich aus der Stellung von Art. 16 im ElG ergibt, Starkstromanlagen (vgl. dazu RUCK, Schweiz. Elektrizitätsrecht 1964 S. 17 und 126 ff.). Dementsprechend sind auch die bundesrechtlichen Vorschriften über die Hausinstallationen in einem eigenen Abschnitt der Starkstromverordnung (StV; BS 4 S. 798) zusammengefasst (Art. 118 ff., abgeändert durch BRB vom 24. Oktober 1949, AS 1949 S. 1513). Bei allen Hausinstallationen sind die vom Schweiz. Elektrotechnischen Verein aufgestellten und vom Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement genehmigten Vorschriften zu beachten ( Art. 120 bis StV , Genehmigungsverfügung vom 1. Dezember 1960, AS 1960 S. 1707). Ferner hat der Besitzer von Hausinstallationen während der ganzen Betriebsdauer "für die ungesäumte Beseitigung wahrgenommener Mängel an Apparaten oder Anlageteilen zu sorgen" ( Art. 122 StV ). Ist dies schon allgemein wichtig, so erst recht in einem Schulhaus, wo eine grosse Zahl von Kindern ein- und ausgeht und jeder Mangel daher besonders gefährlich ist. Unter diesen Umständen besteht aber ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Sicherstellung eines raschen Reparaturdienstes. Wenn die Behörde die Bewilligung zur Erstellung von Hausinstallationen nur solchen Bewerbern erteilt, die in der Lage sind, Reparaturen rasch auszuführen, so ist dies umso mehr zulässig, als sich aus Erhebungen der Schweiz. Kartellkommission ergibt, dass auswärtige Firmen in der Regel nur schwer und mit erheblichen Mehrkosten für den Anlageeigentümer (Reisekosten und Auswärtszulagen der Monteure) dazu gebracht werden können, die unbeliebten und finanziell weniger interessanten Reparaturen auszuführen (Die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Wettbewerbs durch Submissions- und Konzessionsvorschriften, in Veröffentlichungen der Schweiz. Kartellkommission 1967 S. 176 ff.). Nach § 16 Abs. 2 des Reglements hat der Abonnent festgestellte "Mängel auf seine Kosten durch das Werk oder die konzessionierten Installateure beheben zu lassen". Damit wird BGE 93 I 406 S. 412 lediglich die schon aus Art. 122 StV folgende Pflicht des Inhabers von Hausinstallationen bestätigt, nicht aber eine Pflicht des Werks oder der übrigen Installateure begründet. Jedenfalls behauptet die Beschwerdeführerin nicht das Gegenteil. Dagegen ergibt sich aus § 2 Abs. 3, dass das Werk die Stromlieferung bis zur Abwendung der Gefahr unterbrechen darf. Solche Folgen von Mängeln und Störungen der Anlage werden am zweckmässigsten durch die Sicherstellung eines guten Reparaturdienstes vermieden. Auch die Schweiz. Kartellkommission anerkennt, dass "dieses Argument gewichtigen und achtenswerten Überlegungen entspricht"; sie empfiehlt daher keineswegs den Verzicht auf jede Gebietsbeschränkung, sondern lediglich die Lockerung allzu enger Domizilklauseln (a.a. O. S. 177/8). Soweit daher die Beschwerdeführerin einen Verstoss gegen Art. 31 BV schon darin erblickt, dass dem Erfordernis eines raschen Reparaturdienstes entscheidende Bedeutung beigemessen wird, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. 4. Zu prüfen bleibt, ob die Entfernung von 26 km zwischen Schaffhausen und Frauenfeld den erforderlichen Reparaturdienst nicht mehr gewährleiste, wie der Regierungsrat annimmt. Dabei geht es um die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse, bei welcher den kantonalen Behörden ein gewisser Spielraum des Ermessens einzuräumen ist. Das Bundesgericht kann ihren Entscheid trotz der auf dem Spiel stehenden Handels- und Gewerbefreiheit nicht frei überprüfen, sondern kann nur einschreiten, wenn die letzte kantonale Instanz ihr Ermessen überschritten, die in Betracht fallenden Verhältnisse willkürlich gewürdigt hat (vgl. BGE 78 I 302 , BGE 80 I 354 , BGE 82 I 155 ). Das vermag die Beschwerde aber nicht darzutun. Der Regierungsrat ist vom Zirkular des Vorstands des VSE vom 2. Mai 1967 (Elektro-Revue 1967 S. 950 ff.) ausgegangen, das die Zulassung auswärtiger Installateure empfiehlt, "sofern sie, unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, in einem gewissen Umkreis, im Flachland z.B. im Umkreis von etwa 10 - 20 km um das Versorgungsgebiet herum ihr Geschäftsdomizil haben" (a.a.O. S. 952). Wenn der Regierungsrat als Versorgungsgebiet im Sinne dieser Empfehlung den Ort betrachtet, wo der auswärtige Unternehmer beschäftigt werden soll, und die Entfernung zwischen diesem Ort und dem Geschäftsdomizil als massgeblich erachtet, so liegt darin sicher BGE 93 I 406 S. 413 keine Willkür, da der zu einer Reparatur gerufene Installateur diese Strecke zurücklegen muss, bevor er mit der Arbeit beginnen kann. Dass die Beschwerdeführerin eine Betriebsstätte in Feuerthalen habe, das von Frauenfeld nur 23 km entfernt ist, wird in der staatsrechtlichen Beschwerde erstmals behauptet und fällt damit ausser Betracht. Ist aber von der Entfernung von 26 km zwischen Schaffhausen und Frauenfeld auszugehen, so steht der Entscheid des Regierungsrates im Einklang mit jener Empfehlung des Vorstands des VSE und hält daher jedenfalls dem Vorwurfe der Willkür stand. Die Schweiz. Kartellkommission geht freilich etwas weiter und hält dafür, dass eine Distanz von 20 - 30 km den Reparaturservice "kaum" hindere (a.a.O. S. 178). Allein auch dies lässt den angefochtenen Entscheid nicht als willkürlich erscheinen. Einmal wendet sich die Kartellkommission nur gegen die Beschränkung der Installationsbewilligungen auf die in der gleichen Gemeinde ansässigen Unternehmer und befürwortet vor allem für Agglomerationen mehrerer selbständiger Gemeinden die Erweiterung der Domizilklausel auf das Gebiet der ganzen Agglomeration (a.a.O. S. 181/2). Und wenn sie eine Distanz von 20 - 30 km als angängig erachtet, so ist damit auch gesagt, dass eine Abgrenzung, die irgendwo zwischen 20 und 30 km gemacht wird, sich noch im Rahmen vernünftigen Ermessens hält. Hiegegen vermag auch der Einwand nicht aufzukommen, dass die Fahrzeit vom Geschäftssitz der Beschwerdeführerin bis zum Bauobjekt nur 20-30 Minuten betrage. Diese Schätzung, die einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 52-78 km/h entspricht, dürfte zu niedrig sein, da auf der Strecke 11 Ortschaften, zum Teil mit unübersichtlichen Stellen und Engpässen, zu durchfahren sind. Davon abgesehen wird die Beschwerdeführerin ihre Monteure und Servicewagen, die fahrende Werkstatt nicht ausgeschlossen, während der üblichen Arbeitszeiten nicht an ihrem Geschäftssitz konzentriert, sondern auf Baustellen und Arbeitsplätzen eingesetzt haben. Sie selber behauptet nicht, dass sie in Schaffhausen einen Pikettdienst unterhalte, der werktags und sonntags zu jeder Tages- und Nachtzeit auf Abruf einsatzbereit sei. Dann muss aber zur Fahrzeit noch ein Zuschlag gemacht werden, der das Eintreffen des Reparaturdienstes in Frauenfeld erheblich verzögern kann. Die Meinung des Regierungsrates, dass das Risiko allzulanger Wartezeiten zu gross sei, erweist sich damit als derart verständlich und einleuchtend, dass BGE 93 I 406 S. 414 ihm zum mindesten keine Willkür bei der Würdigung des Sachverhalts vorgeworfen werden kann. Ebenso ist der Vorwurf der rechtsungleichen Behandlung unbegründet. Wenn der Regierungsrat einerseits in einem Entscheid vom 30. März 1967 die Distanz von 21 km zwischen St. Gallen und Romanshorn gerade noch für erträglich, anderseits im angefochtenen Entscheid die Entfernung von 26 km zwischen Schaffhausen und Frauenfeld als zu gross betrachtete, so ist diese Unterscheidung angesichts der erwähnten Empfehlungen des Vorstands des VSE und der Kartellkommission, die 20 km als obere bezw. untere Grenze angeben, mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit durchaus vereinbar. Erst recht ist es die Erklärung des Regierungsrates in der Beschwerdeantwort, dass er - wie es der Stadtrat von Frauenfeld getan hat - einer Firma in Winterthur die Installationsbewilligung für Frauenfeld erteilen würde, da die Entfernung nur 17 km beträgt und die gut ausgebaute Hauptstrasse mit wenigen Ortsdurchfahrten ein rasches Fahren ermöglicht. 5. Die Beschwerdeführerin erklärt, sie werde bei Störungen an der Hausinstallation im Abschlussklassen-Schulhaus in Frauenfeld auf erstes Verlangen ungesäumt Abhilfe schaffen oder Reparaturen ausführen, was bei der gegebenen Entfernung und unter den vorliegenden Verhältnissen genügen müsse. Damit macht sie sinngemäss geltend, die Verweigerung der Installationsbewilligung sei unverhältnismässig und die Sicherstellung eines genügenden Reparaturdienstes auch anders möglich. Träfe dies zu, so würde der angefochtene Entscheid gegen Art. 31 BV verstossen, der unverhältnismässige Eingriff in die Gewerbefreiheit ausschliesst ( BGE 91 I 464 , BGE 92 I 103 , BGE 93 I 219 ). a) Die Zusicherung der Beschwerdeführerin über ihre Bereitschaft, bei Störungen unverzüglich Hilfe zu bringen, verdient ernst genommen zu werden; sie vermag indessen nicht zu verhindern, dass ihr Reparaturdienst möglicherweise erst mit erheblicher Verspätung in Frauenfeld eintrifft, sei es weil er nachts oder sonntags angefordert wird und das Personal erst aufgeboten werden muss, sei es, weil das Personal und die Fahrzeuge abseits von Schaffhausen eingesetzt sind und vorerst zurückgerufen werden müssen, sei es, weil wegen Naturereignissen oder Unglücksfällen Umwege gemacht werden müssen oder sonst Verzögerungen eintreten. Hiebei geht es wiederum um die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse mit der Besonderheit, dass BGE 93 I 406 S. 415 die zu würdigenden Ereignisse in der Zukunft liegen und ihre Folgen daher schwerer abschätzbar sind. Das Bundesgericht kann nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen des Regierungsrates setzen. Wenn dieser gefunden hat, dass die Gefahr von Verzögerungen mit der Entfernung zunehme und das Risiko bei 26 km zu gross werde, so hält dies dem Vorwurfe der Willkür stand. b) Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, dass bei Störungen die Installationsabteilung des Elektrizitätswerkes Frauenfeld (oder die ortsansässigen Installateure) beigezogen werden können. Dies mag zutreffen. Allein die Beschwerdeführerin behauptet, wie bereits in anderm Zusammenhang (Erw. 3) hervorgehoben wurde, selber nicht, dass ihre Bauherrschaft jenen gegenüber einen Rechtsanspruch auf Ausführung von Reparaturen habe. Wenn es auch unwahrscheinlich ist, dass das Elektrizitätswerk Frauenfeld oder die ortsansässigen Firmen Reparaturaufträge der Schulgemeinde ablehnen würden, ist doch damit zu rechnen, dass sie in Zeiten der Voll- und Überbeschäftigung nicht denjenigen Auftraggeber zuerst bedienen werden, der die Installationen nach auswärts vergeben hat. Unter diesen Umständen muss auch die Rüge der Unverhältnismässigkeit abgewiesen werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 121 III 441 85. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. November 1995 i.S. Einwohnergemeinde Reinach und Stadt Liestal gegen H.S. (Berufung)
Regeste Art. 328 Abs. 1 ZGB ; Begriff der Notlage. In einer Notlage im Sinn von Art. 328 Abs. 1 ZGB befindet sich, wer sich das zum Lebensunterhalt Notwendige nicht aus eigener Kraft verschaffen kann. Dies ist der Fall, wenn jemand nicht arbeitsfähig ist oder keine Erwerbsmöglichkeit hat bzw. wenn ihm eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist. Einer ledigen Mutter ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für die erste Zeit nach der Geburt, solange ein Kleinkind einer persönlichen Betreuung bedarf, nicht zuzumuten.
Sachverhalt ab Seite 441 BGE 121 III 441 S. 441 Die unverheiratete K.S., geboren am 13. Februar 1962, ist Mutter von zwei Töchtern, nämlich der am 11. August 1980 geborenen M. und der am 19. Juni BGE 121 III 441 S. 442 1991 geborenen S. Die Väter der beiden Töchter zahlen an deren Unterhalt monatlich Fr. 667.- bzw. Fr. 510.-. K.S. geht keiner Erwerbstätigkeit nach und wurde ab März 1991 zunächst von der Einwohnergemeinde Reinach und ab Mai 1991 ununterbrochen von der Stadt Liestal finanziell unterstützt, seit Juli 1991 mit rund Fr. 2'000.- pro Monat. Mit Klage vom 21. November 1991 erhoben die Einwohnergemeinde Reinach und die Stadt Liestal anstelle von K.S. gegenüber deren Vater H.S. kraft Subrogation Ansprüche aus Verwandtenunterstützung. Mit Urteil vom 13. April 1994 wies das Bezirksgericht Arlesheim die Klage ab. Eine gegen dieses Urteil erhobene Appellation wurde vom Obergericht des Kantons Basel-Landschaft mit Urteil vom 23. Mai 1995 abgewiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach Art. 328 Abs. 1 ZGB sind Verwandte in auf- und absteigender Linie und Geschwister gegenseitig verpflichtet, einander zu unterstützen, sobald sie ohne diesen Beistand in Not geraten würden. In einer Notlage befindet sich der Bedürftige dann, wenn er sich das zum Lebensunterhalt Notwendige nicht mehr aus eigener Kraft verschaffen kann ( BGE 106 II 287 E. 3a S. 292; EGGER, Zürcher Kommentar, N 27 zu Art. 328 aZGB; ALBERT BANZER, Die Verwandtenunterstützungspflicht nach Art. 328/329 ZGB, Diss. Zürich 1979, S. 107 ff.). Nicht in der Lage, das Notwendige zum Lebensunterhalt zu beschaffen sind Personen ohne eigenes Vermögen, die entweder nicht arbeitsfähig sind oder die ihre Arbeitskraft mangels Erwerbsmöglichkeit nicht zu verwerten vermögen bzw. denen eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist (EGGER, N 28 f. zu Art. 328 aZGB; BANZER, a.a.O., S. 107 ff., insbes. S. 110). Demgegenüber befinden sich diejenigen Personen nicht in einer Notlage, die sich mit gutem Willen selbst erhalten könnten, dies jedoch böswillig unterlassen, um auf Kosten der Verwandten zu leben ( BGE 106 II 287 E. 3a, S. 292 mit Hinweisen). b) Weiter machen die Klägerinnen geltend, dass es K.S. angesichts ihrer Betreuungspflichten gegenüber zwei Kindern und ihres Gesundheitszustandes nicht zumutbar sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie berufen sich dabei namentlich auf die Rechtsprechung zum Ehescheidungsrecht, die sie analog angewendet wissen wollen. BGE 121 III 441 S. 443 aa) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtes in bezug auf die Unterhaltsregelung eines geschiedenen Ehegatten, der den Haushalt besorgt und sich der Betreuung der Kinder widmet, kann nicht unbesehen auf die Verwandtenunterstützungspflicht übertragen werden. Diese Rechtsprechung beruht nämlich nicht nur auf der Überlegung des Kindeswohls, sondern auch darauf, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte aufgrund nachehelicher Beistandspflichten seine Lebensgewohnheiten nach der Scheidung nicht ohne Not soll ändern müssen. Im Fall der um die Verwandtenunterstützung nachsuchenden ledigen Mutter kann demgegenüber nicht von einem eigenen Anspruch der Mutter ausgegangen werden, grundsätzlich von einer Erwerbstätigkeit befreit zu sein und sich ausschliesslich dem Haushalt und der Kinderbetreuung widmen zu können. Es kann auch nicht einfach im Belieben der um Unterstützung nachsuchenden Mutter stehen, ob sie selber ihr Kind versorgen möchte. Massgebend ist vielmehr, ob aus Gründen des Kindeswohls eine Versorgung durch die Mutter persönlich erforderlich und insoweit eine Erwerbstätigkeit unzumutbar ist. Dies kann mit Rücksicht auf das Alter des Kindes und mangels geeigneter Versorgungsmöglichkeiten der Fall sein. Dabei ist speziell zu beachten, dass Kleinkinder nach kinderpsychiatrischen Erkenntnissen in den ersten Lebensmonaten empfindlich auf jeden Wechsel der Pflegeperson reagieren, insbesondere wenn damit auch ein Wechsel in der häuslichen Umgebung verbunden ist, was zu schwerwiegenden Folgen in der Gefühlsentwicklung des Kleinkindes führen kann. Je jünger ein Kind ist, desto besser muss gesichert sein, dass eine geeignete und voraussichtlich nicht wechselnde Person ganztags zur persönlichen Betreuung zur Verfügung steht (FRIEDRICH ARNTZEN, Elterliche Sorge und Umgang mit Kindern, 2. Auflage, München 1994, S. 14 ff.; UDO RAUCHFLEISCH, Dissozial, Entwicklung, Struktur und Psychodynamik dissozialer Persönlichkeiten, Göttingen 1981, S. 63 ff. mit weiteren Hinweisen; LOTTE SCHENK-DANZINGER, Entwicklungspsychologie, 20. Auflage, Wien 1988, S. 94, S. 101 ff.; RAINER TÖLLE, Psychiatrie, 10. Auflage, Berlin usw. 1994, S. 47; GOLDSTEIN/FREUD/SOLNIT, Jenseits des Kindeswohls, Frankfurt a.M. 1974, S. 33 f. gehen von einer kritischen Zeitspanne von etwa 18 Monaten aus; FRANÇOISE DOLTO, Lorsque l'enfant paraît, Paris 1977, S. 181 geht sogar von einer Dauer von 24 bis 30 Monaten, längstens drei Jahren aus). Solange Kleinkinder einer persönlichen Betreuung bedürfen und eine qualitativ vergleichbare individuelle Betreuung durch Drittpersonen nicht gewährleistet ist, kann daher einer ledigen Mutter je nach den BGE 121 III 441 S. 444 konkreten Verhältnissen für die erste Zeit nach der Geburt im Interesse des Kindes nicht zugemutet werden, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. bb) In seinem Entscheid hat das Obergericht wohl erwogen, "dass im Falle berufstätiger alleinerziehender Eltern ein erheblicher Teil eines Arbeitserwerbes für die zusätzlichen Kosten der Unterbringung der Kinder und der Wege von und zu den Unterbringungsorten auf der Strecke" bliebe. Indem es aber - unter Verkennung der eminenten Bedeutung der persönlichen Betreuung von Kleinkindern, sei es durch einen Elternteil (vorliegend die Mutter), sei es durch eine andere, qualitativ ebenbürtige Pflegeperson - die Unterbringung von S. bei Dritten ohne nähere Prüfung in Kauf genommen hat, überspannte es bei der Beurteilung, ob eine Notlage im Sinne von Art. 328 Abs. 1 ZGB bestanden habe, die Anforderungen an die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit von K.S. für die erste Zeit nach der Geburt der Tochter S.. Damit hat es Bundesrecht verletzt.
null
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1,995
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Urteilskopf 106 Ia 49 10. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. April 1980 i.S. Richteramt Fraubrunnen gegen X., Oberauditor und Eidg. Militärdepartement (Verfahren gemäss Art. 223 MStG )
Regeste Art. 223 MStG , Kompetenzkonflikt zwischen Zivil- und Militärgerichtsbarkeit. 1. Instruktoren unterstehen dem Militärstrafrecht, wenn sie einem Kurs oder einer Schule zugeteilt sind (Erw. 1). 2. Die Rechtskraft steht der Aufhebung eines zivilen Strafurteils nicht entgegen, wenn die Militärstrafgerichtsbehörden die Kompetenz beanspruchen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 106 Ia 49 S. 50 Am 20. Juli 1979 verursachte Fw X., Instruktor der Waffenmechaniker-Schulen W., einen Selbstunfall, als er mit dem Dienstfahrzeug von der Uof-Brevetierungsfeier seiner Truppe heimfuhr. Aus ihm unbekannten Gründen kam sein Fahrzeug in einer Linkskurve Von der Fahrbahn ab, schleuderte, drehte sich um 180o und stürzte um. Unverletzt konnte er das schwer beschädigte Fahrzeug verlassen und den Vorfall der Polizei melden. X. trug die Uniform. Der Schaden am Dienstfahrzeug wurde auf ca. Fr. 3'100.-- geschätzt. Der Gerichtspräsident von Fraubrunnen belegte X. mit Strafmandat Vom 2. August 1979 in Anwendung der Art. 10 Abs. 4, 31 Abs. 1, 90 Ziff. 1 und 99 Ziff. 3 SVG mit einer Busse von Fr. 200.--. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Nachdem X. den Gerichtspräsidenten von Fraubrunnen ersucht hatte, seinen Fall der Militärgerichtsbarkeit zu überweisen und das Oberauditorat darauf am 29. August 1979 die Ermächtigung zur Durchführung des bürgerlichen Strafverfahrens gemäss Art. 222 MStG verweigert hatte, überwies der Gerichtspräsident von Fraubrunnen die Strafakten dem Bundesgericht zum Entscheid nach Art. 223 MStG . Das Bundesgericht hob das Strafurteil vom 2. August 1979 auf und überwies den Fall den Militärgerichtsbehörden aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Gemäss Art. 218 Abs. 1 MStG ist eine Person der Militärgerichtsbarkeit unterworfen, soweit sie dem Militärstrafrecht untersteht. Dem Militärstrafrecht unterstehen nach Art. 2 MStG Dienstpflichtige und Hilfsdienstpflichtige während des Militärdienstes ( Art. 2 Ziff. 1 MStG ) und wenn sie ausserhalb des Dienstes in Uniform auftreten ( Art. 2 Ziff. 3 MStG ). Beamte, Angestellte und Arbeiter der Militärverwaltung des Bundes und der Kantone unterstehen dem Militärstrafrecht für Handlungen, die die Landesverteidigung betreffen, und wenn sie Uniform tragen ( Art. 2 Ziff. 2 MStG ). BGE 106 Ia 49 S. 51 Instruktoren sind nicht ohne weiteres Beamte der Militärverwaltung (Art. 2 Abs. 4 der Verordnung über das Instruktionskorps vom 17. Dezember 1973). Sind sie aber einem Kurs oder einer Schule zugeteilt, so stehen sie wie die übrigen Offiziere und Unteroffiziere im Militärdienst und sind in dieser Eigenschaft dem Militärstrafrecht unterworfen (vgl. SCHUHMACHER, Der Geltungsbereich des schweizerischen Militärstrafgesetzes, Diss. Freiburg 1936, S. 99 ff., AMBERG, Grenzlinien zwischen militärischem und bürgerlichem Strafrecht, Diss. Bern 1975, S. 19 ff.). b) Fw X. war der Mat Trp UOS 000 als Instruktionsunteroffizier zugeteilt, als sich der Selbstunfall ereignete. Er stand damit im Militärdienst und war im Sinne von Art. 2 Ziff. 1 MStG dem Militärstrafrecht unterworfen. 3. Nach Art. 223 Abs. 2 MStG hebt das Bundesgericht Verfahren und Urteile auf, die einen Übergriff der bürgerlichen in die militärische Gerichtsbarkeit oder der militärischen in die bürgerliche Gerichtsbarkeit enthalten. Da für die Beurteilung der Widerhandlung von X. gegen die Gesetzgebung über den Strassenverkehr die militärischen Gerichte zuständig sind, ist das Strafmandat des Gerichtspräsidenten Fraubrunnen vom 2. August 1979 aufzuheben. Die Rechtskraft dieses Strafurteils steht der Aufhebung nicht entgegen, da die militärischen Behörden im vorliegenden Fall selbst die Kompetenz beansprucht haben ( BGE 76 I 192 E. 1).
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1,980
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Urteilskopf 82 II 397 55. Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. Mai 1956 i.S. Immobilien A.-G. gegen Ulrich.
Regeste Verletzung kantonaler Bauvorschriften (Grenzabstand von Gebäuden). Schadenersatz. Art. 674, 679, 685 ZGB , 42 OR. Tat- und Rechtsfrage. Grundsätzlich sind dem Nachbarn die Nachteile zu ersetzen, die sich für ihn aus der Einräumung einer dem Sachverhalt entsprechenden Näherbauservitut ergeben würden. Der Verkehrswert des Landstreifens, der für ihn infolge der Missachtung des Grenzabstandes unüberbaubar geworden ist, umfasst auch den Wert des zugehörigen Baukubus, sodass ihm dafür kein zusätzlicher Ersatz gebührt.
Sachverhalt ab Seite 397 BGE 82 II 397 S. 397 A.- An die Westgrenze der dem Kläger Ulrich gehörenden Liegenschaft "Riedappel" (Grundbuchnummer 552) im Bezirk Küssnacht a.R. stossen auf eine Länge von 44 Metern die Liegenschaften Nr. 2926 und 2927 der Beklagten, Immobilien A.-G., Zug. Diese liess darauf im Frühjahr 1953 vier Achtfamilienhäuser errichten, wovon zwei (die Häuser Nr. 3 und 4) dem Grundstück des Klägers zugekehrt und zwar aneinander gebaut sind, aber keine gerade fortlaufende Fassadenflucht haben; vielmehr steht BGE 82 II 397 S. 398 das Haus Nr. 3 etwas mehr von der Grenze zurück. Der Grenzabstand beträgt: beim Haus beim Haus Nr. 3 Nr. 4 von der Fassadenmauer aus gemessen 3,07 m 1,99 m von der Kante der Dachrinne aus ge- messen 2,23 m 1,15 m vom Vorsprung der Freitreppe aus ge- messen 1,47 m 0,74 m B.- Wegen Nichteinhaltung des in § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB vorgeschriebenen Grenzabstandes von 1,50 m verlangt der Kläger Schadenersatz. Er erhielt in erster Instanz Fr. 1050.--, in zweiter Instanz Fr. 10'050.-- nebst Zins zugesprochen. C.- Gegen das obergerichtliche Urteil vom 22. November 1955 hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage. D.- Der Kläger beantragt, die Berufung sei, soweit auf sie eingetreten werden könne, abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Soweit die Klage in erster Instanz geschützt worden war, also im Teilbetrag von Fr. 1050.--, muss es dabei sein Bewenden haben, da sich die Appellation der Beklagten an das Obergericht mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses als unwirksam erwies. Der insofern vom Obergericht gefällte Nichteintretensentscheid beruht auf der vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht nachzuprüfenden Anwendung kantonalen Prozessrechtes ( Art. 43 OG ). Freilich rügt die Beklagte in der Berufungsschrift in diesem Punkte Willkür und damit eine Verletzung von Art. 4 BV . Das kann jedoch, was Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG noch ausdrücklich bestimmt, nicht mit Berufung geltend gemacht werden, und eine staatsrechtliche Beschwerde hätte in getrennter Eingabe erhoben werden müssen ( BGE 63 II 38 ; dementsprechend auchBGE 68 IV 9). Auf diesen Teil der Berufung ist somit nicht einzutreten. BGE 82 II 397 S. 399 2. § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB bestimmt unter dem Randtitel "B. Nachbarrecht: I. Bauten: 1. Abstände: a) neue Baustellen": "Gebäude dürfen ohne Zustimmung des Nachbars auf neuen Baustellen nur in einer Entfernung von wenigstens 1,50 Meter von der nachbarlichen Grenze aufgeführt werden. Diese Bestimmung gilt für jeden einzelnen Teil des Gebäudes. Vorbehalten bleiben Bauten an öffentlichen Strassen mit zusammenhängenden Häuserreihen." Der gesetzliche Grenzabstand gilt nach der Praxis der schwyzerischen Behörden nicht nur für die Umfassungsmauern, sondern auch für Dachvorsprünge (SJZ 26 S. 217 Nr. 160) und nach dem angefochtenen Entscheid auch für Freitreppen. Diese Anwendung des in Art. 686 ZGB vorbehaltenen kantonalen Rechtes ist für das Bundesgericht verbindlich. Somit hat die Beklagte den vorgeschriebenen Grenzabstand in der Tat nicht eingehalten, indem bei beiden Neubauten die Freitreppe und beim Haus Nr. 4 ausserdem der Dachvorsprung in die Sperrzone hineinragt. 3. Die Folgen einer Verletzung der kantonalen Bauvorschriften bestimmen sich nach Bundesrecht, wobei sowohl die für überragende Bauten geltenden Regeln (Art. 674 in Verbindung mit Art. 685 Abs. 2 ZGB ) wie auch die allgemeine Verantwortlichkeit des Grundeigentümers für die Folgen einer Ueberschreitung seines Eigentums ( Art. 679 ZGB ) in Betracht fallen (vgl. BGE 41 II 215 , BGE 53 II 221 ). Für den vom Kläger als fortdauernd geduldeten, einer dinglichen Belastung seines Grundstückes gleichkommenden "Näherbau" gebührt ihm somit "angemessene Entschädigung" bzw. "Schadenersatz" ( Art. 674 Abs. 3, 679 ZGB ). 4. Ob und welcher Schaden entstanden sei, ist grundsätzlich Tatfrage ( BGE 47 II 192 , BGE 56 II 126 ). Dagegen hat das Bundesgericht zu prüfen, ob der behauptete Schaden rechtlich genügend substanziert und bei der Schadensberechnung von richtigen Grundsätzen ausgegangen worden sei. Dementsprechend ist es auch eine Frage der Rechtsanwendung, ob der Richter bei ziffermässig nicht nachweisbarem BGE 82 II 397 S. 400 Schaden richtigen Gebrauch von dem ihm durch Art. 42 OR eingeräumten Ermessen gemacht habe. Dass Art. 42 OR auch in Verbindung mit Art. 679 ZGB anwendbar ist, wird von Lehre und Rechtsprechung mit guten Gründen bejaht (vgl. HAAB, N. 18 zu Art. 679 ZGB , SJZ 14 S. 77 N. 24 und ZbJV 66 S. 20). Das gilt ebenso für die "angemessene Entschädigung" nach Art. 674 Abs. 3 ZGB . 5. Die kantonalen Gerichte gehen davon aus, infolge des "Näherbaues" der Beklagten werde ein dessen Ausmass entsprechender Landstreifen ausser der gesetzlichen Sperrzone für den Kläger unüberbaubar. Nach der Expertise handelt es sich um einen Streifen von 39,5 m Länge und, je nachdem ob die Rinnenkante oder die Freitreppe des Hauses 4 als massgebender Punkt für die Abstandsberechnung betrachtet wird, 35 oder 76 cm Breite. Das erstinstanzliche Gericht legt seinem Urteil das grössere dieser zwei Ausmasse zugrunde, fasst also einen für den Kläger unüberbaubar werdenden Landstreifen von 0,76 x 39,5 = 30 m2 ins Auge, mit einem Wert von Fr. 35.- pro m2 gemäss Expertenbefund, also ingesamt Fr. 1050.--. In diesem Betrag ist die Klage, wie erwähnt, aus prozessualen Gründen endgültig geschützt. 6. Zu überprüfen bleibt, ob das Obergericht dem Kläger mit Recht eine weitere Forderung von Fr. 9000.-- für entgehenden Baukubus zugesprochen habe (der auf Grund eines bloss 35 cm breiten Landstreifens berechnet wird, entsprechend der Herabsetzung des Klagebegehrens in zweiter Instanz). Das angefochtene Urteil begründet diese Mehrforderung wie folgt: "... Wohl sind die Kosten für eine Baute, die nicht ausgeführt werden kann, kein Schaden im Rechtssinne, sondern eine Einsparung an künftigem Aufwand. Dieser Aufwand ist nun aber kein unproduktiver, d.h. es entspricht ihm kein Gegenwert, der sich nicht vermögensvermehrend auswirkt. Vielmehr ist ein solcher Aufwand als Anlageaufwand und zwar als produktiver zu betrachten. Produktiv deshalb, weil der Kläger aus Miethäusern, die er auf seinen Parzellen baut, eine Rendite herausschlagen kann, die unzweifelhaft viel grösser ist, als z.B. bei einer landwirtschaftlichen Verpachtung. Anderseits ist dieser Aufwand das Mittel dazu, um BGE 82 II 397 S. 401 Vermögen wertbeständig anzulegen. Diese Verstärkung der Sicherheit wird durch den Näherbau der Beklagten verunmöglicht. Zweifellos liegt ein Schaden nicht nur dann vor, wenn ein Vermögen rechtswidrig vermindert wird, sondern auch dann, wenn durch ein rechtswidriges Verhalten eines Dritten unmöglich gemacht wird, ein Vermögen von einer weniger sichern in eine sicherere Anlage überzuführen. Der Schaden stellt sich somit sowohl im Hinblick auf die Rendite als auch bezüglich der Sicherheit der Vermögensanlage als lucrum cessans dar ... Schaden infolge Verlust an Vermögensrendite und grösserer Anlagesicherheit ... unmittelbare Folge des Verlustes an Baukubus ... Das Obergericht findet es angemessen, dem Geschädigten als Schadenersatz auch jenen Betrag zuzusprechen, den er hätte aufwenden müssen, um eine rentablere und sicherere Vermögensanlage zu erzielen." Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz übersieht, dass der Ersatz des Wertes eines Landstreifens, wie ihn das erstinstanzliche Urteil dem Kläger bei Annahme einer Breite von sogar 76 cm zugesprochen hatte, auch den Wert des über dem Streifen liegenden, d.h. des zugehörigen Baukubus deckt. Der Preis für Bauland bestimmt sich ja im Hinblick auf die mögliche Überbauung, und der Experte ist ausdrücklich vom Baulandpreis "wie bei einer Expropriation" ausgegangen und hat den Preis pro m2 noch etwas über dem Durchschnittspreis auf Fr. 35.- festgesetzt (S. 10 des Gutachtens). Es kann daher nicht in Frage kommen, dem Kläger ausser dem, wie angenommen wird, wegen des Näherbaues der Beklagten unüberbaut bleibenden Landstreifen noch einen Baukubus zu ersetzen, und es ist vollends abwegig, dem (leeren) Baukubus einen Wert beizumessen, der dem Betrag der auf ihn entfallenden Baukosten entsprechen würde. Der vom Obergericht ferner herangezogene Gesichtspunkt eines Entganges von Kapitalanlagemöglichkeit ist gleichfalls zu verwerfen. Ersatz für lucrum cessans, d.h. für Gewinnentgang, ist nach allgemeiner Lehre nur geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonstwie sicher in Aussicht stehenden Gewinn handelt (vgl. v. TUHR, OR I § 13 Ziff. 10, BECKER, N. 9 zu Art. 41 und N. 31 und 34 ff. zu Art. 97 OR ). Es kann dahingestellt bleiben, ob eine so indirekte Auswirkung eines Näherbaues wie der Verlust BGE 82 II 397 S. 402 einer Möglichkeit der Geldanlage überhaupt nach Art. 674 Abs. 3 und Art. 679 ZGB in Betracht falle. Hier jedenfalls fehlt jeder Grund zur Annahme einer solchen Schadensfolge. Das angefochtene Urteil stützt sich nur auf unbestimmte Hypothesen, die keinen Ersatzanspruch zu begründen vermögen. Es liegt nichts dafür vor, dass der Kläger über soviel Geldmittel verfügt, dass die Überbauung seines grossen Restgrundstücks keine hinreichende Möglichkeit der Anlage zu bieten vermöchte. Übrigens dürfte nicht ohne weiteres angenommen werden, es fehle dem Kläger an andern, ebenso günstigen Anlagemöglichkeiten. Die Ausnützung des Bauvolumens, wie es dem Kläger nach Ansicht der Vorinstanz nun wegen des Näherbaues der Beklagten entgeht, wäre ohnehin nicht vorteilhaft, denn ein Grenzabstand von 1,50 m und ein ihm entsprechender Gebäudeabstand von 3 m ist für mehrstöckige Wohnhäuser - der Experte rechnet auch für den Kläger mit solchen von 13 m Höhe, wie sie die Beklagte errichtet hat - viel zu gering. Ob eine solche Ausnützung des Baulandes sich als sichere und ertragreiche Anlage und nicht vielmehr als Fehlinvestition erwiesen hätte, ist somit fraglich. Jedenfalls darf nicht das Gegenteil als feststehend betrachtet und auf solcher Grundlage ein Schadenersatzanspruch bejaht und berechnet werden. Grundsätzlich wäre dagegen ein Ersatz für Entwertung des Restgrundstückes in Frage gekommen. Eine solche Entwertung ist aber nicht erwiesen und angesichts der Ausdehnung des Grundstückes des Klägers nicht anzunehmen. 7. Wenn der Kläger gemäss dem insofern endgültig gewordenen erstinstanzlichen Urteil den Preis eines Landstreifens von 76 cm Breite mit Fr. 1050.-- ersetzt erhält, wird er für die Folgen des unerlaubten Näherbaues der Beklagten reichlich entschädigt. Rückt er mit einem künftigen Miethausbau wirklich um soviel über den gesetzlichen Grenzabstand von 1,50 m hinaus von der Westgrenze weg, so gibt dazu gewiss nicht die um 76 cm zu weit vorspringende BGE 82 II 397 S. 403 Freitreppe des Hauses Nr. 4 der Beklagten Veranlassung. Denn diese Freitreppe entzieht einem künftigen Neubau des Klägers so gut wie nichts an Luft und Licht, wie denn der nur in den Freitreppen (mit Stufen von 35 cm Breite laut S. 4 des Gutachtens) und im Dachvorsprung liegende Näherbau bei weitem nicht die Bedeutung eines Näherbaues der Häuserwände hat. Zur Einhaltung eines grössern als des durch die nachbarrechtlichen Gesetzesvorschriften bedingten Gebäudeabstandes wird sich der Kläger vielmehr deshalb veranlasst sehen, weil mehrstöckige Häuser, um ein angenehmes Wohnen zu ermöglichen, einen grössern Abstand haben müssen. Daraus erwächst ihm aber kein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der Beklagten. Dieser gegenüber fällt nur der Nachteil in Betracht, der dem Kläger aus der Einräumung einer Näherbauservitut entstünde, wobei diese auf Freitreppen und Dachvorsprünge wie sie nun vorliegen, beschränkt wäre (vgl. BGE 22 S. 1042 ff.). Selbst wenn zuträfe, dass der Kläger infolge jener unerlaubten Bauvorsprünge in Zukunft einen Landstreifen von 76 bzw. 35 cm unüberbaut lassen müsste, wäre zu berücksichtigen, dass er diesen freien Streifen nicht schlechtweg verliert, sondern zusammen mit der gesetzlichen Bausperrzone als Vorplatz, Gartenland und dergleichen verwenden kann, ganz abgesehen vom Vorteil, den er aus dem grösseren Zwischenraum der Häuser ziehen wird. Nach alldem besteht kein Grund zur Erhöhung der in erster Instanz auf Fr. 1050.-- bemessenen Entschädigung. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird in dem Sinne gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Forderung des Klägers und Berufungsbeklagten abgewiesen wird, soweit sie den Betrag von Fr. 1050.-- nebst Zins zu 5% seit dem 17. Mai 1954 übersteigt.
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Urteilskopf 122 I 209 29. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 30 septembre 1996 dans la cause D. contre Commission cantonale de recours en matière d'assurance-chômage du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 43 Abs. 4 BV ; zeitweilige Beschäftigung von Arbeitslosen. Nach der Genfer Gesetzgebung kann Schweizern, die nicht Genfer Kantonsbürger sind, erst nach einem Jahr Aufenthalt im Kanton Genf eine zeitweilige Beschäftigung für Arbeitslose angeboten werden (E. 3). Diese Einschränkung stellt eine nach Art. 43 Abs. 4 BV unzulässige Ungleichbehandlung dar. Das in dieser Verfassungsbestimmung aufgestellte Gebot der Gleichbehandlung sämtlicher Schweizer Bürger gilt auch hinsichtlich der von den Kantonen getroffenen Massnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Krise (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 210 BGE 122 I 209 S. 210 Originaire du canton du Valais, D. est né le 22 avril 1952 dans le canton de Genève où il a occupé différents emplois et a été domicilié jusqu'au 31 décembre 1992. Il est alors parti pour le Canada. Il est revenu dans le canton de Genève le 18 mai 1995 et a présenté le 31 mai 1995 une demande d'indemnités de chômage. Par décision du 4 juillet 1995, la Caisse cantonale genevoise de chômage a rejeté la demande. Sur recours, cette décision a été confirmée le 24 août 1995 par l'Office cantonal de l'emploi du canton de Genève (ci-après: l'Office cantonal). Par ailleurs, l'Office cantonal a écarté le 20 juillet 1995 une demande d'occupation temporaire déposée par D. Il a relevé en particulier que l'intéressé n'était pas domicilié sans interruption depuis une année dans le canton de Genève, conformément aux exigences de l'art. 23 lettre b de la loi genevoise du 10 novembre 1983 en matière de chômage (ci-après: la loi cantonale). D. a porté sa cause devant la Commission cantonale de recours en matière d'assurance-chômage du canton de Genève (ci-après: la Commission cantonale) qui a rejeté son recours par décision du 25 janvier 1996. Agissant par la voie du recours de droit public, D. demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision prise le 25 janvier 1996 par la Commission BGE 122 I 209 S. 211 cantonale. Il invoque notamment les art. 4 et 43 al. 4 Cst. Il fait valoir que l' art. 43 al. 4 Cst. garantit une égalité de traitement générale et absolue aux Confédérés, en particulier en matière d'assistance. De plus, le délai de carence d'une année imposé aux seuls Confédérés (par opposition aux Genevois) par la législation genevoise serait anticonstitutionnel. Le Tribunal fédéral a admis le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Le recourant fait valoir que le refus, fondé sur l'art. 23 let. b de la loi cantonale, de lui offrir une occupation temporaire constitue une discrimination proscrite par l' art. 43 al. 4 Cst. a) L'institution de l'occupation temporaire est régie en particulier par les art. 8 et 23 de la loi cantonale. L'art. 8 al. 2 de la loi cantonale prévoit que les indépendants ayant renoncé à leur statut, aptes au placement et disponibles pour une activité lucrative dépendante peuvent bénéficier de l'occupation temporaire. Quant à l'art. 23 de la loi cantonale, il dispose: "Peuvent bénéficier de l'occupation temporaire: a) les ressortissants genevois domiciliés dans le canton de Genève; b) les Confédérés ainsi que les étrangers titulaires des permis B et C, domiciliés sans interruption depuis une année au moins dans le canton de Genève au moment de l'ouverture du droit à l'occupation temporaire." b) L' art. 43 al. 4 Cst. a la teneur suivante: "Le Suisse établi jouit, au lieu de son domicile, de tous les droits des citoyens du canton et, avec ceux-ci, de tous les droits des bourgeois de la commune. La participation aux biens des bourgeoisies et des corporations et le droit de vote dans les affaires purement bourgeoisiales sont exceptés de ces droits, à moins que la législation cantonale n'en décide autrement." 4. Il convient d'examiner la constitutionnalité, au regard de l' art. 43 al. 4 Cst. , du délai imposé aux Confédérés par l'art. 23 let. b de la loi cantonale. Dans un arrêt du 7 octobre 1938 ( ATF 64 I 239 consid. 3b p. 246), le Tribunal fédéral a déclaré que le principe de l'égalité de traitement consacré en faveur de tous les Confédérés par l' art. 43 Cst. s'appliquait aux mesures que les cantons prenaient pour combattre les effets de la crise. Les autorités genevoises avaient alors refusé une allocation de crise à un Vaudois établi à Genève depuis le mois de novembre 1932, parce BGE 122 I 209 S. 212 qu'une disposition genevoise excluait de cette allocation les Confédérés sans permis de séjour ou qui n'avaient obtenu un permis de séjour ou d'établissement qu'après le 1er janvier 1932 dans le canton de Genève. A cette occasion, le Tribunal fédéral s'est exprimé comme suit: "... l'égalité de traitement garantie par l'art. 43 CF ne se heurte pas à des difficultés insurmontables et ne présente pas de graves inconvénients pratiques. Il suffirait, semble-t-il, d'imposer aux nouveaux arrivants, quels qu'ils soient, le même temps de carence raisonnable, de manière à empêcher leur afflux, ..." ( ATF 64 I 239 consid. 3b p. 246; cf. également ATF 99 Ia 630 consid. 5 p. 633/634; ATF 66 I 1 consid. 6e p. 13). La doctrine donne une portée étendue à l' art. 43 al. 4 Cst. (ETIENNE GRISEL, Commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, n. 49 ss, spécialement 56 ss, ad art. 43; SANDRO VISINI, Die rechtliche Gleichbehandlung von Bürgern und Einwohnern anderer Gebietskörperschaften mit den eigenen Bürgern und Einwohnern, thèse Zurich 1983, p. 33, p. 36; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2e éd., Zurich 1988, no 1635, p. 484, ainsi que F. FLEINER/Z. GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zurich 1949, p. 273, relèvent que la portée de cette disposition n'est pas claire; cf. également PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. I, 2e éd., Berne 1994, p. 471 ss). Elle y voit une égalité de traitement générale et absolue. La prohibition des discriminations qui seraient fondées sur l'indigénat ou le lien de bourgeoisie vaudrait pour toutes les relations qui s'établissent entre les collectivités publiques et les particuliers, abstraction faite des bourgeoisies et corporations. Il n'y a pas lieu de s'écarter de la jurisprudence et de la doctrine susmentionnées. Dans cette optique, l'exigence d'un an de domicile dans le canton de Genève imposée aux Confédérés, mais non pas aux Genevois, par l'art. 23 let. b de la loi cantonale constitue une discrimination interdite par l' art. 43 al. 4 Cst. Là aussi, pour éviter un afflux, il suffirait apparemment de soumettre tous les nouveaux arrivants au même délai de carence. L'argument tiré de la violation de l' art. 43 al. 4 Cst. est donc fondé. Au surplus, on relèvera que la conception défendue ci-dessus va dans le même sens que l' art. 48 Cst. qui met actuellement l'assistance à la charge du canton de domicile.
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Urteilskopf 114 Ib 94 14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Juni 1988 i.S. Eidg. Finanzdepartement und Eidg. Alkoholverwaltung gegen Y. und Eidg. Alkoholrekurskommission sowie X. AG und Y. gegen Eidg. Alkoholverwaltung und Eidg. Alkoholrekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 12 VStrR ; Rückleistungspflicht für zu Unrecht zurückerstattete Alkoholgebühren. 1. Rückleistungspflicht gemäss Art. 12 Abs. 2 VStrR : Begriff des Empfängers der Vergütung (E. 4). 2. Solidarische Mithaftung gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR : Zuständigkeit für die Entscheidung über die Solidarhaft (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 114 Ib 94 S. 94 Eine im Jahre 1980 bei der D. AG durchgeführte Revision und ein daraufhin eingeleitetes Strafverfahren ergaben, dass die Firma in den Jahren 1976 bis 1979 (u.a.) ausländischem Branntwein - Whisky, Gin, Rum, Wodka - gewisse Mengen für den Verkauf im Inland entnommen und durch Sprit, sogenannten Feinsprit, der Eidgenössischen Alkoholverwaltung ersetzt hatte. Der verschnittene Branntwein wurde anschliessend - mit derselben Deklaration wie bei der Einfuhr - wieder ausgeführt, wobei die bei der Einfuhr bezahlten Monopolgebühren zurückverlangt wurden. Wegen der gegenüber Sprit höheren fiskalischen Belastung von Branntwein wurden deshalb zu hohe Monopolgebühren zurückerstattet. BGE 114 Ib 94 S. 95 Die Ausfuhr wickelte sich zum grossen Teil über die X. AG ab, welche auch die Rückerstattungsgesuche für die von ihr exportierten Mengen stellte. Mit Verfügung vom 14. August 1985 auferlegte die Eidgenössische Alkoholverwaltung der X. AG, gestützt auf Art. 12 Abs. 1 und 2 und Art. 63 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0; VStrR) in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2, Art. 20 und 62 des Bundesgesetzes über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz; SR 680; AlkG) , eine Abgabe von Fr. 422'372.30 für unrechtmässig zurückerstattete Monopolgebühren. Am gleichen Tag erliess die Eidgenössische Alkoholverwaltung auch gegenüber Y., Verwaltungsratspräsident der X. AG, als Solidarschuldner eine Abgabenverfügung, wobei sie feststellte, die Leistungspflicht für den Betrag von Fr. 422'372.30 bestehe nur, sofern er vom Strafrichter wegen vorsätzlicher Erschleichung von Abgaben verurteilt werde. Die X. AG und Y. fochten die Abgabenverfügungen bei der Eidgenössischen Alkoholrekurskommission an. Diese erkannte mit Urteil vom 1. Mai 1987 wie folgt: "1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der X. AG wird die gemäss Ziffer 4 der Verfügung der Eidg. Alkoholverwaltung vom 14. August 1985 auf Fr. 422'372.30 festgesetzte Leistungspflicht auf Fr. 304'360.-- herabgesetzt. Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 2. Die Beschwerde des Y. gegen die Verfügung der Eidg. Alkoholverwaltung vom 14. August 1985 wird teilweise gutgeheissen; der Betrag unrechtmässig rückerstatteter Monopolgebühren wird auf Fr. 304'360.-- herabgesetzt, und die Sache wird zu weiterer Abklärung im Sinne von Erwägung 10 und neuer Verfügung an die Verwaltung zurückgewiesen." Die Eidgenössische Alkoholrekurskommission erwog, die exportierte Ware habe lediglich 28 000 Liter 100 Vol.% Sprit enthalten, womit sich die unrechtmässig erstatteten Monopolgebühren auf Fr. 304'360.-- ermässigten. Rückleistungspflichtig sei nach Art. 12 Abs. 2 VStrR die X. AG, die in den Genuss des unrechtmässigen Vorteils gelangt sei. Y. sei nach Art. 12 Abs. 3 VStrR nur solidarisch haftbar, sofern er vorsätzlich gehandelt habe. Die Frage des Vorsatzes sei von der Verwaltung abzuklären, doch habe die Verwaltung diese Frage nicht geprüft. Insoweit sei der Sachverhalt unvollständig festgestellt worden. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen das Eidgenössische Finanzdepartement und die Eidgenössische Alkoholverwaltung, BGE 114 Ib 94 S. 96 Ziff. 2 des Urteils der Eidgenössischen Alkoholrekurskommission sei soweit aufzuheben, als die Sache zu weiteren Abklärungen an die Verwaltung zurückgewiesen werde. Gegen das Urteil der Eidgenössischen Alkoholrekurskommission führen ferner die X. AG und Y. Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen: "1. Das Urteil vom 1. Mai 1987 und die Abgabenfestsetzungsverfügungen gegen die Beschwerdeführer seien aufzuheben, soweit sie die Beschwerdeführer verpflichten, Monopolgebühren gemäss Ziffer 4 der Verfügungen vom 14. August 1987 im zuletzt festgestellten Betrag von Fr. 304'360.-- zurückzuerstatten. 2. Eventuell sei a) die Sache an die Vorinstanz zur weiteren Beweiserhebung und Abklärung zurückzuweisen. b) Ziffer 2 des Urteils aufzuheben, womit die Verwaltung verpflichtet wird, im Sinne der Erwägung 10 das vorsätzliche Handeln des Beschwerdeführers Y. abzuklären." Die Eidgenössische Alkoholverwaltung beantragt in ihrer Vernehmlassung, das Eventualbegehren 2b gutzuheissen, im übrigen aber die Beschwerde abzuweisen. Das Eidgenössische Finanzdepartement schliesst sich diesem Antrag an. Y. verzichtete - unter Hinweis auf die Ausführungen in seiner Beschwerde - auf eine zusätzliche Stellungnahme zur gemeinsamen Beschwerde des Eidgenössischen Finanzdepartements und der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. Die Eidgenössische Alkoholrekurskommission liess sich nicht vernehmen. Das Bundesgericht hebt Ziff. 2 des angefochtenen Urteils insoweit auf, als die Sache zu weiterer Abklärung und neuer Verfügung an die Verwaltung zurückgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Rückleistungspflichtig für die zu Unrecht erstattete Abgabe ist nach Art. 12 Abs. 2 VStrR , wer in den Genuss des unrechtmässigen Vorteils gelangt ist, insbesondere der Empfänger der Vergütung. a) Empfänger der Vergütung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 VStrR ist der Anspruchsberechtigte oder derjenige, dem die Vergütung ausgerichtet wird. Dieser kommt in erster Linie in den Genuss des entsprechenden Vorteils. Dabei spielt es keine Rolle, wie er diese Vergütung verwendet und welchen konkreten wirtschaftlichen Vorteil er im Verhältnis zu anderen Privaten haben mag. BGE 114 Ib 94 S. 97 Unerheblich ist daher, ob er diese ebenfalls in den Genuss des unrechtmässigen Vorteils gelangen lässt. Es verhält sich insofern nicht anders als beim Abgabepflichtigen, dessen Vermögensvorteil nicht in der Vermehrung seiner Aktiven, sondern in der Verminderung seiner Passiven besteht, der jedoch ebenfalls nach Art. 12 Abs. 2 VStrR leistungspflichtig ist, unabhängig davon, ob im internen Verhältnis noch weitere Private vom unrechtmässigen Vorteil profitierten ( BGE 110 Ib 310 E. 2c; BGE 106 Ib 218 ff.). b) Nach diesen Grundsätzen ist nicht zweifelhaft, dass die X. AG für die zu Unrecht erstatteten Monopolgebühren im Sinne von Art. 12 Abs. 2 VStrR leistungspflichtig ist. Sie hat den mit Sprit verschnittenen ausländischen Branntwein der D. AG exportiert und hatte dementsprechend allein Anspruch auf die Erstattung der Monopolgebühren. Sie wendet zwar ein, sie sei deshalb nicht als Empfängerin des unrechtmässigen Vorteils zu betrachten, weil die Eidgenössische Alkoholverwaltung die Zahlungen auf ein Konto der D. AG überwiesen habe. Doch ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid, dass die Eidgenössische Alkoholverwaltung dabei auf Anweisung der X. AG handelte. Allein darauf kommt es an. Nicht entscheidend ist, welche Abmachungen zwischen diesen beiden Gesellschaften bestanden und wie das Rechtsverhältnis zwischen der X. AG und der Eidgenössischen Alkoholverwaltung zu qualifizieren ist. Indem die Vorinstanz die rechtlichen Beziehungen zwischen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung und der X. AG nicht im einzelnen untersuchte, hat sie deren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt, wie diese beanstandet. Die Vorinstanz hat auch den Sachverhalt nicht im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG mangelhaft festgestellt, wenn sie für erwiesen hielt, dass die Auszahlungen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung an die D. AG auf Anweisung der X. AG erfolgten. Dass nur für einen Teil der Rückerstattungen Belege vorhanden sind, lässt diese Feststellung jedenfalls nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen. Hinzu kommt, wie die Eidgenössische Alkoholverwaltung in ihrer Vernehmlassung zu Recht bemerkt, dass die X. AG im Jahre 1985 erstmals geltend machte, die Rückerstattungen seien ohne gültigen Rechtsgrund erfolgt, obwohl sie aufgrund der detaillierten Abrechnungen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung von den Auszahlungen an die D. AG in der Höhe von über 13 Millionen Franken in den Jahren 1976 bis 1979 Kenntnis hatte. BGE 114 Ib 94 S. 98 5. Gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR haftet für den nachzuentrichtenden oder zurückzuerstattenden Betrag solidarisch mit den nach Abs. 2 Zahlungspflichtigen, wer vorsätzlich die Widerhandlung begangen oder an ihr teilgenommen hat. a) Die Eidgenössische Alkoholverwaltung hat in ihrer Abgabenverfügung vom 14. August 1985 den Beschwerdeführer Y. als Verwaltungsratspräsidenten der X. AG solidarisch mit der Gesellschaft leistungspflichtig erklärt für den Fall, dass er vom zuständigen kantonalen Gericht wegen "vorsätzlicher Erschleichung von Abgaben" (d.h. für die unrechtmässig erstatteten Monopolgebühren) strafrechtlich verurteilt werde. Sie hat das Verschulden von Y. nicht abschliessend geprüft, sondern den Entscheid hierüber dem Strafrichter überlassen. Demgegenüber geht die Eidgenössische Alkoholrekurskommission im angefochtenen Urteil davon aus, die Verwaltung hätte sich nicht mit der Feststellung der objektiven Widerhandlung gegen die Alkoholgesetzgebung des Bundes und der Höhe der Rückleistungspflicht begnügen dürfen, sondern sie hätte abschliessend prüfen müssen, ob Y. mit Wissen und Willen, also vorsätzlich, gehandelt habe. Nach ihrer Ansicht widerspricht das Vorgehen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung der Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amtes wegen und für alle Tatbestandsmerkmale festzustellen. Im angefochtenen Entscheid hat sie deshalb die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen, damit diese sich abschliessend dazu äussere, ob Y. vorsätzlich an der Widerhandlung mitgewirkt habe. b) Das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht unterscheidet - entsprechend der altrechtlichen Ordnung im Zoll- und Warenumsatzsteuerrecht (vgl. BGE 102 Ib 368 E. 3) - zwischen dem Verfahren zur Festsetzung des geschuldeten Abgabe- oder Rückleistungsbetrages einerseits und dem Strafverfahren andererseits. Die Zuständigkeit zur Feststellung der Leistungs- oder Rückleistungspflicht ergibt sich aus dem betreffenden Verwaltungsgesetz ( Art. 63 Abs. 1 VStrR ). Ist die Verwaltung befugt, über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht zu entscheiden, so kann sie ihren Entscheid mit dem Strafbescheid verbinden ( Art. 63 Abs. 2 VStrR ). Sie überweist die Akten der kantonalen Staatsanwaltschaft zuhanden des zuständigen Strafgerichts, wenn eine gerichtliche Beurteilung verlangt worden ist oder wenn das übergeordnete Departement die Voraussetzungen einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Massnahme für gegeben hält BGE 114 Ib 94 S. 99 ( Art. 73 Abs. 1 VStrR ). Voraussetzung ist nach dieser Bestimmung, dass über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht, die dem Strafverfahren zugrunde liegt, rechtskräftig entschieden oder sie durch vorbehaltslose Zahlung anerkannt ist. Gemäss Art. 77 Abs. 4 VStrR ist der rechtskräftige Entscheid über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht für den Strafrichter denn auch verbindlich (vgl. auch BGE 111 IV 192 E. 3). Massgebend für diese Verfahrensordnung ist der Gedanke, dass es nicht zweckmässig wäre, die verwaltungsrechtlichen Fragen der Nach- oder Rückleistungspflicht, sofern sie für das Strafverfahren präjudizielle Bedeutung haben, vorfrageweise vom Strafrichter beurteilen zu lassen, weil dies zu einer uneinheitlichen Beurteilung führen könnte (Botschaft des Bundesrates in BBl 1971 I S. 1013). c) Das Bundesgericht hatte bis anhin nicht zu beurteilen, welche Zuständigkeit für die Entscheidung über die solidarische Haftung für die Leistungs- oder Rückleistungspflicht nach Art. 12 Abs. 3 VStrR gilt, wenn das gerichtliche Verfahren nach Art. 73 Abs. 1 VStrR durchzuführen ist. Die Frage der Mithaftung nach dieser Bestimmung konnte jeweils offengelassen werden, wenn gleichzeitig die Leistungspflicht nach Art. 12 Abs. 2 VStrR gegeben war (nicht publiziertes Urteil i.S. B. vom 25. September 1986, E. 3c). Sie ist hier dahingehend zu beantworten, dass über die solidarische Haftung im Sinne von Art. 12 Abs. 3 VStrR im gerichtlichen Verfahren, nicht im Verwaltungsverfahren, entschieden werden muss. Dies ergibt sich klar aus dem Gesetz. Bei der Leistungs- oder Rückleistungspflicht nach Art. 12 Abs. 1 und 2 VStrR handelt es sich nicht um eine kriminalrechtliche Sanktion (vgl. Botschaft des Bundesrates in BBl 1971 I 1007). Für die - im Administrativverfahren zu beurteilende - Leistungs- bzw. Rückleistungspflicht ist bloss vorausgesetzt, dass eine Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes objektiv vorliegt; ein Verschulden und erst recht eine strafrechtliche Verurteilung ist hierfür nicht erforderlich ( BGE 106 Ib 221 ). Das Urteil des Gerichts hat demgegenüber u.a. festzustellen: "die Strafe, die Mithaftung nach Artikel 12 Absatz 3 und die besonderen Massnahmen" ( Art. 79 Abs. 1 VStrR ). Das Gesetz selbst geht somit von einer Zweiteilung des Verfahrens aus und überträgt dem Richter den Entscheid über die Mithaftung nach Art. 12 Abs. 3 VStrR . Über die solidarische Haftung des Täters oder Teilnehmers, die Vorsatz voraussetzt, ist daher immer im gerichtlichen Verfahren zu befinden, wenn die Voraussetzungen BGE 114 Ib 94 S. 100 für eine gerichtliche Beurteilung nach Art. 73 Abs. 1 VStrR gegeben sind. Diese Regelung erscheint auch zweckmässig, hat doch der Richter für die Bestrafung des Täters oder Teilnehmers ohnehin das Verschulden und die weiteren, für die Strafzumessung massgebenden subjektiven Faktoren abzuklären. Gegen diese Regelung liesse sich einzig einwenden, dass die solidarische Leistungspflicht entfällt, wenn das Strafverfahren beim Gericht verjährt. Indessen kann das Verfahren auch bei der Verwaltung verjähren. Ein Einwand gegen die - im übrigen klare - gesetzliche Regelung ist damit nicht dargetan. d) Das Eidgenössische Finanzdepartement hält die Voraussetzungen für eine Freiheitsstrafe für gegeben. Die Eidgenössische Alkoholverwaltung hat sich daher zu Recht darauf beschränkt, festzustellen, dass objektiv eine Widerhandlung vorliegt und dass die X. AG und - unter der Voraussetzung einer strafrechtlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen Handelns - auch der Beschwerdeführer Y. solidarisch leistungspflichtig sind. Die Rückweisung an die Verwaltung zur Feststellung des Verschuldens des (gegebenenfalls) solidarisch haftenden Y. verletzt somit Bundesrecht. Dispositiv Ziff. 2 des angefochtenen Urteils ist insoweit aufzuheben, als die Rückweisung an die Verwaltung angeordnet wird. Da das Eidgenössische Finanzdepartement in bezug auf Y. die Voraussetzungen für eine Freiheitsstrafe für gegeben hält, wird die Eidgenössische Alkoholverwaltung gemäss Art. 73 VStrR die Akten der zuständigen kantonalen Staatsanwaltschaft überweisen müssen.
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Urteilskopf 110 IV 80 25. Arrêt de la Cour de cassation du 28 septembre 1984 dans la cause W. contre Ministère public du canton de Fribourg (pourvoi en nullité)
Regeste 1. Art. 139 Ziff. 1 und 139 Ziff. 1bis StGB . Führt der Täter eine defekte Schusswaffe oder eine Attrappe mit sich oder steht ihm die erforderliche Munition nicht in nächster Nähe zur Verfügung, dann kann er nicht gemäss Art. 139 Ziff. 1bis StGB bestraft werden, es sei denn, dass die Schusswaffe wegen ihrer besonderen Beschaffenheit als andere gefährliche Waffe eingesetzt werden kann (E. 1). 2. Art. 137 StGB . Wer mittels seiner Karte am Postomat Geld abhebt im Bewusstsein, dass die Deckung fehlt, macht sich nicht der Veruntreuung, sondern des Diebstahls schuldig (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 110 IV 80 S. 80 A.- W. a cambriolé la poste de Marly (Fribourg) le 29 octobre 1982. Il s'était muni d'un revolver, non chargé selon lui, qu'il avait BGE 110 IV 80 S. 81 braqué sur le personnel en proférant des menaces. Il avait ainsi contraint une employée à tenir un sac en plastique à l'intérieur duquel il a mis l'argent volé, soit 5'025 francs. Du 23 au 28 juin 1983, W. a effectué 11 prélèvements pour un montant total de 2'400 francs au Postomat, alors que son compte de chèques postaux ne présentait pas une provision suffisante. B.- Le 9 novembre 1983, le Tribunal criminel de la Sarine a reconnu W. coupable de brigandage, de vol et, pour d'autres faits qui ne sont plus en cause en l'espèce, d'abus de confiance, d'escroquerie et d'infractions à la LStup. Il l'a condamné à la peine de 20 mois d'emprisonnement, sous déduction de 27 jours de détention préventive. W. s'étant pourvu en cassation, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal fribourgeois, statuant le 12 mars 1984, a partiellement admis le recours en ce qui concerne l'abus de confiance, et elle a confirmé le jugement de première instance en ce qui concerne les préventions de brigandage qualifié au sens de l'art. 139 ch. 1bis et de vol au sens de l' art. 137 CP . C.- W. se pourvoit en nullité auprès de la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué en demandant à n'être condamné que pour brigandage simple, à l'exclusion du brigandage qualifié et du vol. Il demande en outre à bénéficier de l'assistance judiciaire. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) En ce qui concerne le brigandage, le recourant fait grief à l'autorité cantonale d'avoir retenu le brigandage qualifié au sens de l' art. 139 ch. 1bis CP , pour le motif que cette disposition s'applique même quand l'auteur ne s'est muni que d'une arme non chargée. Selon lui, c'est uniquement l' art. 139 ch. 1 CP qui aurait dû être retenu, à l'exclusion de l' art. 139 ch. 1bis CP , qui n'aurait pu trouver application que s'il avait été muni d'une arme chargée, même assurée ou non armée, ou, à tout le moins, que s'il avait emporté de la munition adaptée à l'arme considérée, ce qui n'était pas le cas. Il résulterait en effet du texte des art. 137 ch. 2 al. 3 et 139 ch. 1bis CP, auxquels on ne saurait donner une interprétation différente, que l'on devrait considérer les armes à feu comme une espèce particulière de la catégorie plus générale des armes dangereuses. Or on ne saurait qualifier d'arme dangereuse un fusil ou un pistolet défectueux, ou pour lequel le porteur ne dispose pas de munition. BGE 110 IV 80 S. 82 Par ailleurs, le recourant relève que l'autorité cantonale n'a pas retenu que l'arme dont il s'est servi eût également pu être utilisée comme objet dangereux. b) Comme le relève à juste titre l'arrêt attaqué, sous l'empire des anciennes dispositions relatives au brigandage, l'auteur d'une menace effectuée au moyen d'une arme à feu non chargée serait tombé sous le coup de l' art. 139 ch. 1 CP et non sous celui de l' art. 139 ch. 2 CP . Cette jurisprudence s'expliquait par la sévérité de la peine réprimant le brigandage qualifié - 5 ans de réclusion au moins ( ATF 72 IV 55 ). Dans son Message concernant la modification du code pénal et du code pénal militaire, le Conseil fédéral a rappelé (FF 1980 I p. 1217) que la revision envisagée faisait suite à quatre interventions parlementaires visant à doter le droit pénal d'une disposition assurant une meilleure protection contre les actes de violence criminelle et que, partant, la définition des éléments constitutifs du vol et du brigandage qualifié avait été précisée; le fait de s'être muni d'une arme à feu ou d'une autre arme dangereuse devait dorénavant constituer une circonstance aggravante nouvelle. Le Conseil fédéral a mentionné notamment, comme dangereux, les grenades à main, les bombes, les pétards à gaz, les sprays, les coups-de-poing américains et certaines autres armes blanches. L'expression "s'être muni", a-t-il exposé, indique clairement que l'infraction est qualifiée non seulement lorsque l'auteur utilise son arme, mais lorsqu'il l'a à disposition, puisqu'il compte en faire usage, ne serait-ce que pour menacer autrui ou pour couvrir sa fuite. Il ressort de ces explications et d'ailleurs de la rédaction même des art. 137 ch. 2 al. 3 et 139 ch. 1bis CP, dont les termes sont quasiment identiques, que la circonstance aggravante dépend du caractère objectivement dangereux (cf. ATF ATF 107 IV 111 et ATF 108 IV 20 ) de l'arme à feu et non de l'impression qu'elle peut faire sur la victime ou sur des tiers. On ne pourra en conséquence prendre en considération, pour qualifier l'infraction, que des armes à feu "dangereuses", c'est-à-dire susceptibles de tirer pendant l'exécution de l'acte délictueux ( ATF 107 IV 111 /112), ou tout au moins caractérisées par une forme ou un poids tels qu'elles puissent présenter un danger pour autrui équivalent à celui que constitue le coup-de-poing américain mentionné dans le Message. En revanche, une arme à feu factice, une arme à feu défectueuse ou une arme à feu pour laquelle l'auteur ne dispose pas de munition à proximité (soit sur lui, sur un comparse, dans son véhicule ou dont il s'est débarrassé peu avant son arrestation) ne peut justifier la sanction BGE 110 IV 80 S. 83 aggravée, sous réserve de son éventuelle qualification d'arme contondante dangereuse. Au vu de ce qui précède, c'est à tort que l'autorité cantonale a retenu à la charge du recourant l'infraction réprimée à l' art. 139 ch. 1bis CP pour le seul motif que le recourant était muni d'une arme à feu dont elle ne contestait pas qu'elle n'était peut-être pas apte au tir faute d'être chargée. Toutefois, la solution qu'elle avait adoptée l'a détournée d'éclaircir deux points qui étaient de nature à justifier néanmoins l'aggravation de la qualification de l'infraction; aussi la cause doit-elle lui être renvoyée pour qu'elle statue à nouveau, après avoir décidé si le recourant aurait pu rapidement - soit pendant le déroulement des faits constitutifs du brigandage - approvisionner son arme, ou si celle-ci présentait des caractéristiques permettant son emploi comme arme contondante dangereuse. On observe encore que, même si ces deux questions devaient être résolues par la négative, l'application de l' art. 139 ch. 1 CP à la place de l' art. 139 ch. 1bis CP ne conduirait pas nécessairement à une modification importante de la peine, dès lors que celle-ci a été fixée de toute manière dans la partie inférieure de l'échelle de la répression possible. 2. a) Le recourant prétend ensuite qu'il ne s'est pas rendu coupable de vol en prélevant 2'400 francs auprès d'installations Postomat, au moyen de sa carte, alors que son compte était à découvert. Selon lui, il y a bien vol lorsque le prélèvement est fait par une personne non autorisée au moyen d'une carte soustraite à l'ayant droit, ainsi que lorsque l'automate est brisé ou que son mécanisme est faussé de quelque manière que ce soit par l'auteur du prélèvement. Il conteste en revanche que l'on puisse sans autre assimiler à de tels comportements l'attitude de celui qui est détenteur légitime d'une carte et qui fait fonctionner normalement l'automate, du seul fait qu'il ne dispose pas d'une couverture suffisante. Le porteur légitime d'une carte serait dans une certaine mesure copossesseur des billets de banque enfermés dans l'automate, en vertu de l'autorisation qui lui est donnée de s'approprier de ceux-ci à concurrence de 500 francs par jour. On ne saurait dès lors prétendre que le bris de possession implique que l'auteur agisse contre la volonté du propriétaire. Certes existe-t-il en l'espèce des dispositions contractuelles déterminant les conditions d'utilisation de la carte Postomat, mais l'acte considéré se présenterait bien plus comme la violation d'un rapport de confiance que comme une atteinte à un pouvoir de fait. Les PTT ayant renoncé à établir un BGE 110 IV 80 S. 84 programme électronique empêchant les dépassements de ligne de crédit, ils ne sauraient invoquer dans une telle hypothèse la protection de l' art. 137 CP , car il n'y aurait pas bris de possession au sens de cette disposition, mais atteinte à un rapport de confiance, justifiant tout au plus l'application de l' art. 140 CP . Une telle disposition ne serait toutefois pas applicable, pas plus que celles réprimant l'escroquerie et l'obtention frauduleuse d'une prestation au sens de l' art. 151 CP , faute de ruse. b) Il s'agit, en premier lieu, d'examiner si, en l'espèce, les conditions de l' art. 137 ch. 1 CP sont remplies. Comme le Tribunal fédéral l'a relevé (ATF ATF 104 IV 73 ), la soustraction implique la violation de la possession d'autrui et la création d'une nouvelle possession, en général en faveur de l'auteur. La possession comprend pour l'essentiel deux éléments: le pouvoir de fait sur une chose ainsi que la volonté d'exercer ce pouvoir (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil. I, 3 éd., p. 195 n. 79, avec jurisprudence et doctrine citées). Les moyens et la manière qu'utilise l'auteur pour priver le possesseur de son pouvoir de disposition importent peu; ils peuvent être fondés sur la force, la ruse, l'adresse, voire la simple exploitation d'une occasion favorable. Selon la jurisprudence ( ATF 104 IV 73 ), on doit admettre, au regard des règles commerciales en vigueur, que l'exploitant d'un appareil Postomat (ou Bancomat) n'accepte de transférer la possession de la marchandise qu'à la condition que l'usager respecte de son côté les conditions contractuelles, c'est-à-dire utilise l'appareil conformément aux prescriptions. De même que celui qui héberge un étranger dans sa maison dont il lui a donné la clé, ne partage pas avec lui la possession de son mobilier, de même l'administration des PTT n'abandonne sa possession sur les billets approvisionnant ses installations de Postomat que lorsque ces dernières sont utilisées conformément aux instructions. Le fait qu'un appareil puisse être mis frauduleusement en marche et qu'une prestation puisse ainsi être obtenue d'une manière illicite ne change rien à cela. Il s'ensuit que dans ce cas, comme dans celui d'appareils automatiques distributeurs de marchandises, l'usage illicite de l'installation constitue bien une dépossession et que si, partant, les autres éléments constitutifs du vol sont réunis, seul l' art. 137 CP s'applique en tant que règle spéciale dérogeant à la disposition plus générale de l' art. 151 CP (ATF ATF 104 IV 75 consid. 1c). BGE 110 IV 80 S. 85 In casu, on constate que, dans la déclaration d'adhésion signée par le recourant, il est bien écrit que le participant au service des chèques et virements de l'entreprise des PTT suisses prend note "qu'il n'est pas admis d'émettre des chèques pour un montant supérieur à l'avoir en compte", et ce en caractères gras. Or, selon les constatations de fait de l'autorité cantonale, le recourant ne pouvait pas raisonnablement ignorer que les onze prélèvements effectués excédaient sa provision. Il le savait si bien qu'à partir du moment où la couverture n'était plus suffisante, il n'a plus effectué d'encaissements au guichet, se limitant aux prélèvements par l'intermédiaire du Postomat; c'est donc à juste titre que l'autorité cantonale a retenu le vol et non l' art. 151 CP , ou l'abus de confiance, ou encore l'escroquerie (voir RSJ 1971 vol. 67, p. 227; voir aussi Österreich. JZ 1983, p. 236). Le pourvoi doit en conséquence être rejeté sur ce point. 3. Il se justifie de mettre le recourant au bénéfice de l'assistance judiciaire ( art. 152 OJ ). D'une part, le pourvoi porte sur des matières relativement nouvelles, aussi bien en ce qui concerne le brigandage que le vol par Postomat et, d'autre part, les conclusions du recourant n'étaient pas d'emblée vouées à l'échec. Par ailleurs, le recourant a établi à satisfaction de droit qu'il est, pour l'instant du moins, dans le besoin.
null
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1,984
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f8de7e21-ffa2-41e3-9e92-af97bba5edb2
Urteilskopf 113 V 256 42. Auszug aus dem Urteil vom 12. November 1987 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Zürich gegen D. und Kons. und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 52 AHVG : Haftung der Organe. Die Organe einer juristischen Person können belangt werden, bevor diese zu existieren aufgehört hat (Erw. 3c). Art. 87 AHVG und 82 Abs. 2 AHVV: Strafrechtliche Verjährungsfrist. Beim Fehlen eines Strafurteils haben die AHV-Behörden vorfrageweise selber zu prüfen, ob sich die Schadenersatzforderung aus einer strafbaren Handlung herleitet. Anforderungen an den Beweis der strafbaren Handlung (Erw. 4).
Erwägungen ab Seite 256 BGE 113 V 256 S. 256 Aus den Erwägungen: 3. c) Die Ausgleichskasse geht anscheinend davon aus, dass die Organe einer juristischen Person erst dann für Schadenersatz belangt werden können, wenn diese zufolge Konkurses aufgehört hat, rechtlich zu existieren. Diese Auffassung führt dazu, dass die Ausgleichskasse die Nichtbezahlung der paritätischen Beiträge z.B. seitens der juristischen Person während Jahren akzeptiert und zuwartet, bis über die juristische Person der Konkurs eröffnet wird. Dann begnügen sich die Ausgleichskassen häufig damit, die in den letzten Jahren des Bestehens der zahlungsunfähig gewordenen Firma immer höher gewordenen Beitragsforderungen anzumelden und erst nach Abschluss des Konkursverfahrens die Organe der konkursiten Arbeitgeberin zu belangen. Dadurch werden einerseits die Beitragsausstände und damit das Ausmass des Schadens BGE 113 V 256 S. 257 stets umfangreicher; anderseits wächst die Gefahr der Verwirkung der Schadenersatzansprüche. Demgegenüber hat die Ausgleichskasse die rechtliche Möglichkeit, die Organe bereits dann zu belangen, wenn die juristische Person noch existiert ( BGE 111 V 173 Erw. 2a mit Hinweis). Die Subsidiarität der Haftung der Organe einer juristischen Person bedeutet lediglich, dass sich die Ausgleichskasse zuerst an den Arbeitgeber zu halten hat, und nicht, dass der Arbeitgeber rechtlich zu existieren aufgehört haben muss, bevor seine Organe belangt werden dürfen. Das Institut der Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG könnte illusorisch werden, wenn die Weiterexistenz eines zahlungsunfähig gewordenen Arbeitgebers die Belangung seiner Organe ausschliessen würde. Das wäre umso unannehmbarer, als die Ausgleichskasse nicht die Möglichkeit hat, den Konkurs der juristischen Person herbeizuführen, weil Art. 43 SchKG und Art. 15 Abs. 2 AHVG sie für die Eintreibung der paritätischen Beiträge für den Regelfall auf den Weg der Pfändung oder der Pfandverwertung verweisen (FRÉSARD, Responsabilité de l'employeur pour le non-paiement des cotisations d'assurances sociales selon l'art. 52 LAVS, in: Schweiz. Versicherungszeitschrift, 55/1987, S. 2). Hier besteht ein wesentlicher Unterschied namentlich zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit, auf welche in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hingewiesen wird. Solange die Aktiengesellschaft nicht im Konkurs ist, steht den Gesellschaftsgläubigern grundsätzlich kein Klagerecht aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit zu ( Art. 758 OR ; BGE 82 II 48 ; GUHL/MERZ/KUMMER, Obligationenrecht, 7. Aufl., S. 693). Das ist sachgerecht, weil ein gewöhnlicher Gesellschaftsgläubiger die Aktiengesellschaft in Konkurs und zur Auflösung bringen kann und darüber hinaus erst noch über die fünfjährige Verwirkungsfrist von Art. 760 OR zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber den Gesellschaftsorganen verfügt. Im AHV-Recht aber, wo die Ausgleichskasse den Konkurs der juristischen Person und damit die Aufhebung ihrer rechtlichen Existenz nicht bewirken kann und zudem die relativ kurze einjährige Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV zur Geltendmachung ihrer Forderung zu wahren hat, ist es unerlässlich, dass die Organe schon dann belangt werden dürfen und sollen, wenn der zahlungsunfähige Arbeitgeber rechtlich noch existiert. Nach der Rechtsprechung gilt der Eintritt des Schadens dann als erfolgt, sobald anzunehmen ist, dass die geschuldeten Beiträge aus BGE 113 V 256 S. 258 rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht mehr erhoben werden können ( BGE 112 V 157 und 111 V 173). Eine solche tatsächliche Uneinbringlichkeit und damit ein Schaden liegt vor, wenn die Ausgleichskasse in der gegen den Arbeitgeber eingeleiteten Betreibung auf Pfändung vollständig zu Verlust gekommen ist. Der Pfändungsverlustschein gemäss Art. 115 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 149 SchKG , welcher den Schaden grundsätzlich und in masslicher Hinsicht fest umschreibt, manifestiert, dass der Arbeitgeber seine Beitragspflicht nicht erfüllt hat und damit realistischerweise auch der Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG nicht nachkommen kann. Deshalb steht vom Zeitpunkt der Ausstellung des Pfändungsverlustscheines hinweg einer Belangung der subsidiär haftbaren Organe nichts im Wege. In diesem Moment hat die Ausgleichskasse auch Kenntnis des Schadens, was die einjährige Verwirkungsfrist nach Art. 82 Abs. 1 AHVV in Gang setzt. 4. a) Die Ausgleichskasse macht ferner geltend, der Schadenersatzforderung liege ein strafbares Verhalten zugrunde, weshalb die längere Verjährungsfrist des Art. 82 Abs. 2 AHVV zur Anwendung gelange. Für die Verjährung einer Schadenersatzforderung, die aus einer strafbaren Handlung hergeleitet wird, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, gilt diese Frist ( Art. 82 Abs. 2 AHVV ). Diese Vorschrift beruht auf der Überlegung, dass es unlogisch wäre, wenn die geschädigte Ausgleichskasse ihre Rechte gegenüber dem haftpflichtigen Schädiger verlieren würde, solange dieser mit einer Strafverfolgung rechnen muss, die regelmässig für ihn mit schwerwiegenden Folgen verbunden ist ( BGE 111 V 175 ). In BGE 112 V 163 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die ratio legis von Art. 82 Abs. 2 AHVV die gleiche sei wie von Art. 60 Abs. 2 OR , wonach im Zivilrecht für die Schadenersatzklage aus einer strafbaren Handlung, für welche das Strafrecht eine längere Verjährung vorsieht, ebenfalls diese längere Frist gilt. Im Zusammenhang mit Art. 60 Abs. 2 OR hat das Bundesgericht erkannt, dass beim Fehlen eines Strafurteils der Zivilrichter vorfrageweise selber zu prüfen hat, ob eine strafbare Handlung gegeben ist ( BGE 112 II 188 ). Wenn aber den Art. 82 Abs. 2 AHVV und 60 Abs. 2 OR der gleiche gesetzliche Sinn zugrunde liegt, dann müssen auch die AHV-Behörden beim Fehlen eines Strafurteils bei der Anwendung von Art. 82 Abs. 2 AHVV selber vorfrageweise prüfen, ob die Schadenersatzforderung sich aus einer strafbaren Handlung BGE 113 V 256 S. 259 herleitet. Voraussetzung für eine solche vorfrageweise Prüfungspflicht ist, dass aufgrund der Akten oder entsprechender Vorbringen der Verfahrensbeteiligten hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen strafbarer Handlungen bestehen ( BGE 110 V 53 Erw. 4a). Dabei genügt es, dass eine objektiv strafbare Handlung vorliegt und dass die auf Schadenersatz belangte Person die strafbare Handlung begangen hat und die subjektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen erfüllt ( BGE 106 II 217 ff.). In die gleiche Richtung deutete schon das in EVGE 1957 S. 195 ff. publizierte Urteil, wo im Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 1 Satz 3 AHVG betreffend die Verwirkung einer aus einer strafbaren Handlung hergeleiteten Beitragsnachforderung erklärt wird, dass die AHV-Behörden zwar an ein ergangenes Strafurteil gebunden seien; fehle aber ein solches, so könnten sie vorfrageweise selber darüber befinden, ob sich die Nachforderung aus einer strafbaren Handlung ergebe und der Täter dafür strafbar wäre. Bei selbständiger Beurteilung des Straftatbestandes durch die AHV-Behörden darf aber eine strafbare Handlung nur bejaht werden, wenn sie bewiesen ist. Dabei müssen an den Beweis die gleichen Anforderungen gestellt werden wie in einem Strafverfahren. Der im Sozialversicherungsrecht sonst übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Die Kassenleiter sind verpflichtet, strafbare Handlungen im Sinne von Art. 87 ff. AHVG der zuständigen kantonalen Instanz anzuzeigen ( Art. 201 AHVV ). Unterbleibt eine solche Anzeige, so bestehen erhebliche Zweifel am Vorliegen einer strafbaren Handlung, es sei denn, die Unterlassung der Anzeige qualifiziere sich klar als pflichtwidrig. Auf jeden Fall hat die Kasse, die sich auf die strafrechtliche Verjährungsfrist beruft, Aktenmaterial zu produzieren, welches das strafbare Verhalten hinreichend ausweist (vgl. EVGE 1957 S. 51 und 198). b) Nach Art. 87 Abs. 3 (in Verbindung mit Abs. 6) AHVG wird, sofern nicht ein mit einer höheren Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bis zu 20'000 Franken bestraft, wer als Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Beiträge vom Lohn abzieht, sie jedoch dem vorgesehenen Zweck entfremdet. Diese Strafandrohung bezieht sich ausdrücklich nur auf die Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen, was von der Ausgleichskasse nicht bestritten wird, und nicht auch auf die Nichtbezahlung von Arbeitgeberbeiträgen. BGE 113 V 256 S. 260 Die Ausgleichskasse vertritt die Auffassung, dass im vorliegenden Fall nicht nur Arbeitnehmerbeiträge hinterzogen worden seien, sondern dass die betroffenen Personen mit Bezug auf die gesamte Beitragsschuld den Straftatbestand des Art. 87 Abs. 2 AHVG erfüllt hätten, wonach ebenfalls mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse zu bestrafen ist, wer sich durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise der Beitragspflicht ganz oder teilweise entzieht. Dieser Straftatbestand sei deshalb erfüllt, weil sich bei der Arbeitgeberkontrolle das Rechnungswesen der Firma D. AG in einem ausserordentlich schlechten Zustand befunden und sich die konkursite Firma insbesondere der Pflicht zur Ausfüllung von Lohnbescheinigungen gänzlich entzogen und damit habe erreichen wollen, dass sie keine Beiträge würde entrichten müssen. c) Nach Art. 18 Abs. 1 StGB , der auch auf die in Art. 87 AHVG genannten Delikte anwendbar ist ( Art. 333 Abs. 3 StGB ), ist nur strafbar, wer ein Vergehen vorsätzlich, d.h. mit Wissen und Willen verübt, es sei denn, das Gesetz bestimme ausdrücklich etwas anderes. Die fahrlässige Erfüllung der in Art. 87 Abs. 2 und 3 AHVG umschriebenen Straftatbestände ist nicht mit Strafe bedroht. Somit ist nur die vorsätzliche Verübung dieser Delikte strafbar. Die Akten, welche von der Ausgleichskasse, die gegen die Beschwerdegegner keine Strafanzeige erstattet hat, beigebracht werden, erlauben es nicht, den Beschwerdegegnern eine vorsätzliche Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen oder eine vorsätzliche Beitragshinterziehung nachzuweisen. Dazu wäre die Durchführung eines Verfahrens notwendig, in welchem die Stellung der Organe, die Korrespondenz und der Abrechnungsverkehr zwischen der Firma und der Ausgleichskasse in den fraglichen Jahren im einzelnen abzuklären wären. Das kann aber nicht die Aufgabe des Sozialversicherungsrichters im Rahmen einer vorfrageweisen Prüfung einer strafrechtlich relevanten Verantwortlichkeit sein. Demzufolge ist Art. 82 Abs. 2 AHVV im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Somit hat es bei der einjährigen Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV sein Bewenden.
null
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de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
f8e02288-a6b7-4fb2-b65b-54efba10ef9b
Urteilskopf 141 IV 476 60. Extrait de l'arrêt de la Cour de droit pénal dans la cause Ministère public central du canton de Vaud contre A. et consorts (recours en matière pénale) 6B_810/2014 du 18 août 2015
Regeste Art. 429 Abs. 1 lit. a, Art. 432 Abs. 1 und 2 sowie Art. 436 Abs. 1 StPO ; Einstellung des Verfahrens; Beschwerde der Privatklägerschaft; Entschädigung der beschuldigten Person im Beschwerdeverfahren. In BGE 139 IV 45 hat das Bundesgericht entschieden, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspricht (vgl. Art. 432 Abs. 1 und 2 StPO ), der Privatklägerschaft die Verteidigungskosten der beschuldigten Person aufzuerlegen, wenn nur die Privatklägerschaft die Berufung gegen einen erstinstanzlichen Freispruch erhebt. Diese Rechtsprechung ist restriktiv anzuwenden. Sie ist nur massgebend, wenn ein vollständiges gerichtliches Verfahren stattfand und der erstinstanzliche Entscheid einzig von der Privatklägerschaft weitergezogen wird. Hingegen ist sie nicht auf den Fall auszuweiten, bei welchem die Privatklägerschaft eine Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung erhebt (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 1).
Sachverhalt ab Seite 477 BGE 141 IV 476 S. 477 A. Par ordonnance du 7 mars 2014, le Ministère public de l'arrondissement de Lausanne a classé la procédure pénale dirigée contre B. et E. pour diffamation et contrainte ainsi que contre C. et D. pour abus d'autorité. Il a alloué à B., C. et D. des indemnités pour leurs frais de défense, à la charge de l'Etat. Il a renvoyé A., qui avait porté plainte contre ces personnes, à agir devant le juge civil et laissé les frais de procédure à charge de l'Etat. BGE 141 IV 476 S. 478 B. Par arrêt du 17 juin 2014, la Chambre des recours pénale du Tribunal cantonal vaudois a rejeté le recours formé par A. et confirmé l'ordonnance du 7 mars 2014. Elle a mis les frais de la procédure de recours à charge de A. et alloué, pour cette procédure, à charge de l'Etat, une indemnité de 324 fr. à B. et une indemnité de 1'620 fr. à C. et à D., solidairement entre eux, ces indemnités étant dues pour leurs frais de défense. C. Le Ministère public du canton de Vaud forme un recours en matière pénale au Tribunal fédéral contre cet arrêt, concluant à sa réforme en ce sens que les indemnités allouées aux prévenus pour leur frais de défense en procédure de recours, par 324 fr. et 1'620 fr. sont mises à la charge de A. Subsidiairement, il sollicite le renvoi de la cause à l'autorité précédente pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Interpellés, l'autorité précédente a renoncé à se déterminer, A. a formulé de brèves observations et s'en est remise à justice, C. et D. s'en sont remis à justice, B. n'a pas répondu. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Le recourant se plaint que l'autorité précédente se soit écartée sans raison de l'arrêt publié aux ATF 139 IV 45 en laissant à la charge de l'Etat les indemnités allouées aux prévenus intimés pour les dépenses occasionnées par la procédure de recours. 1.1 L'indemnisation du prévenu est régie par les art. 429-432 CPP , dispositions aussi applicables à la procédure de recours par renvoi de l' art. 436 al. 1 CPP . En particulier, selon l' art. 429 al. 1 let. a CPP , si le prévenu est acquitté totalement ou en partie ou s'il bénéficie d'une ordonnance de classement, il a droit à une indemnité pour les dépenses occasionnées par l'exercice raisonnable de ses droits de procédure. L' art. 432 CPP prévoit quant à lui que le prévenu qui obtient gain de cause peut demander à la partie plaignante une juste indemnité pour les dépenses occasionnées par les conclusions civiles (al. 1). Lorsque le prévenu obtient gain de cause sur la question de sa culpabilité et que l'infraction est poursuivie sur plainte, la partie plaignante ou le plaignant qui, ayant agi de manière téméraire ou par négligence grave, a entravé le bon déroulement de la procédure ou a rendu celle-ci plus difficile peut être tenu d'indemniser le prévenu pour les dépenses occasionnées par l'exercice raisonnable de ses droits de procédure (al. 2). BGE 141 IV 476 S. 479 Le Tribunal fédéral a récemment précisé la portée à donner à l' art. 432 CPP s'agissant d'une cause dans laquelle un prévenu avait été acquitté par un tribunal de première instance, décision uniquement contestée par la partie plaignante par le biais d'un appel, qui avait été rejeté. Rappelant le principe selon lequel c'est à l'Etat qu'incombe la responsabilité de l'action pénale (Message du 21 décembre 2005 relatif à l'unification du droit de la procédure pénale, FF 2006 1311 ad art. 434 P-CPP, 1313 ad art. 437 P-CPP et 1314 ad art. 440 P-CPP), il a relevé que le législateur avait prévu des correctifs pour des situations dans lesquelles la procédure était menée davantage dans l'intérêt de la partie plaignante ou lorsque cette dernière en avait sciemment compliqué la mise en oeuvre (cf. art. 432 CPP ). Dans le cas visé, soit dans celui d'un acquittement prononcé à l'issue d'une procédure complète devant des tribunaux au sens de l' art. 13 CPP , le Tribunal fédéral a considéré qu'un tel correctif devait s'appliquer, lorsque l'appel avait été formé par la seule partie plaignante, de sorte qu'il n'y avait alors plus aucune intervention de l'Etat tendant à la poursuite de la procédure en instance de recours. Dans une telle configuration, il était conforme au système élaboré par le législateur que ce soit la partie plaignante qui assume les frais de défense du prévenu devant l'instance d'appel ( ATF 139 IV 45 consid. 1.2 p. 47 s.). 1.2 Dans le cas d'espèce, la configuration est différente. La décision de première instance, confirmée par l'arrêt attaqué, est une décision de classement, rendue par le ministère public ( art. 319 CPP ). La cause n'a ainsi pas été soumise à un tribunal de première instance au sens de l' art. 13 CPP . La jurisprudence précitée constitue une exception au principe selon lequel c'est à l'Etat qu'incombe la responsabilité de l'action pénale. En tant que telle, elle doit être interprétée restrictivement. Elle ne trouve application que lorsque s'est déroulée une procédure complète devant un tribunal, dont la décision est ensuite attaquée exclusivement par la partie plaignante. Il ne se justifie en revanche pas de l'étendre également au cas du recours interjeté par la partie plaignante à l'encontre d'une décision de classement. ll convient sur ce point de revenir sur la solution adoptée sans développement spécifique dans l'arrêt 6B_1125/2013 du 26 juin 2014 consid. 4.3, qui applique la solution adoptée dans l'arrêt publié aux ATF 139 IV 45 aux frais de défense résultant pour le prévenu d'un recours d'une partie plaignante contre une décision de classement. Il résulte de ce qui précède que dans la présente cause, la mise à charge de l'Etat des indemnités pour frais de défense accordées pour BGE 141 IV 476 S. 480 la procédure de recours aux intimés ne prête pas flanc à la critique. Le grief est infondé.
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2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f8e6513c-9ed5-4a35-9b1b-83d70d312c12
Urteilskopf 125 V 205 32. Urteil vom 18. Juni 1999 i.S. L. und C. gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 5 Abs. 2, Art. 10 Abs. 1 AHVG : Beitragsrechtliche Erfassung von Konkubinatspartnern. Die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Frau, die ausschliesslich den gemeinsamen Haushalt führt und dafür von ihrem Partner Naturalleistungen (in Form von Kost und Logis) und allenfalls zusätzlich ein Taschengeld erhält, ist beitragsrechtlich als Nichterwerbstätige zu betrachten. Die Naturalleistungen sowie das allfällige Taschengeld stellen somit nicht massgebenden Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG dar (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 206 BGE 125 V 205 S. 206 A.- Die Ausgleichskasse des Kantons Bern verpflichtete C. mit Verfügung vom 21. März 1997 zur Bezahlung von AHV/IV/EO/AlV/FAK-Beiträgen (einschliesslich Verwaltungskosten) von Fr. 2'823.85 für die Jahre 1995 und 1996 mit der Begründung, er lebe mit L. und ihrem gemeinsamen Kind in Hausgemeinschaft und habe für seine Lebenspartnerin, welche keiner ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nachgehe, Beiträge auf einem Naturallohn für Unterkunft und Verpflegung sowie einem angemessenen Taschengeld zu bezahlen. B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies mit Entscheid vom 13. Oktober 1997 die Beschwerde von L. und C. ab; es stellte die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts in Frage, befand jedoch, es sei an diesem, eine allfällige Praxisänderung herbeizuführen. C.- L. und C. lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Entscheides (und sinngemäss auch der Kassenverfügung vom 21. März 1997). Es sei endlich angezeigt, alle nichterwerbstätigen, in Hausgemeinschaft lebenden Personen beitragsrechtlich als Nichterwerbstätige zu qualifizieren. Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei, soweit darauf einzutreten sei, in dem Sinne gutzuheissen, dass der kantonale Entscheid und die Kassenverfügung aufgehoben werden und die Sache zur Erfassung von L. als Nichterwerbstätige an die Verwaltung zurückgewiesen wird; das Amt regt die Prüfung der Frage nach einer Praxisänderung hinsichtlich der beitragsrechtlichen Qualifikation der nichterwerbstätigen haushaltführenden Konkubinatspartnerin an. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) (Eintretensfrage; vgl. BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis). b) (Eingeschränkte Kognition; vgl. BGE 124 V 286 Erw. 1b). 2. Streitig ist die Rechtsfrage, ob die Rechtsprechung ( BGE 110 V 1 ) in dem Sinne zu ändern sei, dass die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Frau, die den gemeinsamen Haushalt führt und dafür von ihrem Partner Naturalleistungen (in Form von Kost und Logis) und allenfalls zusätzlich ein Taschengeld erhält, hinsichtlich dieser Tätigkeit beitragsrechtlich nicht mehr als BGE 125 V 205 S. 207 Unselbstständigerwerbende, sondern als Nichterwerbstätige zu qualifizieren ist. Eine derartige Praxisänderung lässt sich gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 124 V 124 Erw. 6a, 387 Erw. 4c, je mit Hinweisen). 3. a) Nach bisheriger Rechtsprechung gelten Unterhaltsleistungen, die ein Mann der mit ihm in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Frau für deren Haushaltführung gewährt, beitragsrechtlich als massgebender Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG . Dem lag die Überlegung zu Grunde, dass die in einer solchen Gemeinschaft lebende Frau im Gegensatz zur Ehefrau nach Gesetz nicht verpflichtet ist, den Haushalt zu führen, und dass auch dem Mann aus dem blossen Zusammenleben keine gesetzlichen Pflichten gegenüber der Frau, namentlich keine Unterhaltspflichten erwachsen ( BGE 110 V 2 Erw. 3b mit Hinweisen; SVR 1995 AHV Nr. 52 S. 143 Erw. 2a). Ferner hat das Eidg. Versicherungsgericht in ZAK 1990 S. 428 Erw. 3d dargelegt, dass die Rechtsprechung zur Beitragserhebung bei Konkubinatspaaren zu einem wesentlichen Teil im Interesse der haushaltführenden Person begründet sei. Sie gewährleiste deren sozialen Schutz, indem ihr in der Regel im individuellen Konto ein höherer Betrag gutgeschrieben werde als bei Annahme von Nichterwerbstätigkeit; der haushaltführende Partner habe nur den hälftigen Beitrag zu übernehmen und sei der obligatorischen Unfallversicherung wie auch der Arbeitslosenversicherung unterstellt. b) Die Gerichtspraxis geht davon aus, dass die zivilrechtliche Gesetzgebung weder den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft kenne noch spezifische Regeln zu diesem Sachverhalt enthalte. Es sei zwar bezüglich solcher Verhältnisse ein gesellschaftlicher Wandel in der ethisch-moralischen Wertung festzustellen. Von einer rechtlichen Anerkennung in dem Sinne, dass von der Gerichtspraxis ein spezielles Rechtsinstitut der eheähnlichen Gemeinschaft geschaffen worden wäre, könne jedoch nicht gesprochen werden. Es könne daher nicht darum gehen, einem spezifischen rechtlichen Institut sozialversicherungsrechtlich Rechnung zu tragen, sondern nur darum, den bestehenden Sachverhalt der eheähnlichen Gemeinschaft nach Massgabe des geltenden Sozialversicherungsrechts zu würdigen. Nach der bisherigen Praxis sei aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht kein (fiktiver) Arbeitsvertrag BGE 125 V 205 S. 208 angenommen, sondern es sei nur - in Ermangelung einer besseren Lösung - die vom Mann seiner Partnerin gewährte Naturalleistung einem Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit gleichgestellt worden. Daran vermöge der verfassungsmässige Grundsatz über die Gleichstellung der Frau mit dem Mann nichts zu ändern, wäre doch nicht anders zu entscheiden, wenn in einer eheähnlichen Gemeinschaft der Mann den Haushalt führte und die Frau ausserhäuslich erwerbstätig wäre. Schliesslich würde eine geänderte Rechtsprechung zu praktischen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Nichterwerbstätigkeit der Partnerin zur (unselbstständigen) Erwerbstätigkeit der Haushälterin führen, wobei sich die Verwaltung bei ihren Abklärungen der Natur der Sache nach wohl regelmässig auf die Darstellung der Beteiligten verlassen müsste. Der Gesichtspunkt der Praktikabilität im Einzelfall spreche somit ebenfalls gegen die Annahme von Nichterwerbstätigkeit ( BGE 110 V 4 ff. Erw. 4a und b). c) Diese Praxis wurde in ZAK 1988 S. 508, 1990 S. 427, BGE 116 V 177 und SVR 1995 AHV Nr. 52 S. 143 bestätigt (vgl. auch BGE 123 I 245 Erw. 5a und ARV 1996/97 Nr. 32 S. 180 Erw. 5). d) In ZAK 1990 S. 427 stellte das Eidg. Versicherungsgericht fest, der soziale Schutzzweck trete in den Hintergrund, wenn der haushaltführende Konkubinatspartner einer erheblichen ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nachgehe. Das Gericht hat deshalb in einem solchen Fall die Beitragspflicht auf einem Naturaleinkommen verneint. Als erheblich hat es eine Erwerbstätigkeit erklärt, mit welcher ein Einkommen erzielt wird, das mindestens den Naturallohnansätzen der Art. 10 ff. AHVV (in der damals gültig gewesenen Fassung) entspricht. Erziele der haushaltführende Konkubinatspartner ein beitragspflichtiges Erwerbseinkommen in mindestens dieser Höhe, sei anzunehmen, dass er aus eigenen Mitteln für seinen Lebensunterhalt aufkommen könne, weshalb es sich nicht rechtfertige, zusätzlich auf einem Naturallohn Beiträge zu erheben (ZAK 1990 S. 428 Erw. 3d). Dem im erwähnten Ausmass erwerbstätigen Konkubinatspartner gleichgestellt hat es sodann jenen Lebenspartner, der sich nachweisbar dazu entschlossen hat, eine erhebliche Erwerbstätigkeit auszuüben, indem er sich beim Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung meldet, und die Voraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung erfüllt (ZAK 1990 S. 428 Erw. 3d in fine). e) In BGE 116 V 177 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine gewisse Flexibilität zugelassen, damit speziellen Gegebenheiten im BGE 125 V 205 S. 209 Einzelfall Rechnung getragen werden kann. Danach sind Ausnahmen von der generellen Regel dann möglich, wenn bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen und die Bewertung des Naturaleinkommens des einen Konkubinatspartners nach Art. 11 Abs. 1 AHVV im Vergleich zur ökonomischen Lage des anderen beitragspflichtigen Partners als offensichtlich unverhältnismässig erscheint. In solchen Fällen ist als Naturaleinkommen, auf welchem die paritätischen Beiträge geschuldet sind, jener Betrag anzusehen, der nach Abzug des betreibungsrechtlichen Notbedarfs des beitragspflichtigen Partners von seinem Bruttoeinkommen verbleibt ( BGE 116 V 180 Erw. 4). Nach ZAK 1990 S. 427 ist - wie bereits erwähnt - eine Beitragspflicht auf dem Naturaleinkommen dann zu verneinen, wenn der haushaltführende Konkubinatspartner einer erheblichen ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nachgeht; nach SVR 1995 AHV Nr. 52 S. 143 generell, wenn anzunehmen ist, dass er aus eigenen Mitteln für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann. Die Rechtsprechung geht jedoch nicht so weit, dass der tatsächliche Beitrag an die Haushaltarbeiten abgeklärt wird; vielmehr wird aus der traditionellen Rollenverteilung abgeleitet, dass die gesamten Arbeiten von der Frau geleistet werden. f) aa) Im Verfahren, das zum erwähnten, in SVR 1995 AHV Nr. 52 S. 143 publizierten Urteil G. vom 21. Dezember 1994 führte, hatte das BSV in seiner Vernehmlassung vom 14. November 1994 eine Änderung der Rechtsprechung gemäss BGE 110 V 1 in dem Sinne beantragt, dass die nichterwerbstätige, in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Frau beitragsrechtlich nicht mehr als Unselbstständigerwerbende, sondern als Nichterwerbstätige zu qualifizieren sei; eventuell sei die bisherige Rechtsprechung unter Aufzeichnung der Konsequenzen für die andern Sozialversicherungszweige neu zu begründen. Die Frage einer Praxisänderung konnte indessen offen bleiben, weil wegen des Renteneinkommens der Versicherten von einer Beitragserhebung auf den Naturalleistungen abzusehen war. bb) Das BSV hatte in der erwähnten Vernehmlassung (die im genannten Urteil G. gemäss den folgenden Ausführungen dargestellt wurde) vorab auf die fehlende Akzeptanz der Praxis verwiesen. Die AHV-rechtliche Behandlung des Konkubinats als Hausdienstangestelltenverhältnis werde von vielen Frauen als verfehlt oder gar unwürdig betrachtet und sei auch in der Doktrin auf Kritik und Ablehnung gestossen. Sodann sei die geltende Praxis nur unvollständig durchsetzbar. Die Ausgleichskassen hätten keine BGE 125 V 205 S. 210 Möglichkeit, Konkubinatsbeziehungen von Amtes wegen zu eruieren. Die Erfassung im Konkubinat lebender Frauen als Unselbstständigerwerbende erfolge eher nach dem Zufallsprinzip, was unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit als bedenklich erscheine. Auch aus juristischer Sicht sei die der Rechtsprechung zu Grunde liegende Auffassung überholt. Die traditionelle Rollenverteilung, dass der Mann einer Erwerbstätigkeit nachgehe und die Frau den Haushalt besorge, entspreche den heutigen Anschauungen und Lebensformen nicht mehr, was u.a. durch die Aufhebung der Rollenzuordnung im revidierten Eherecht zum Ausdruck gekommen sei. Obwohl das Eherecht auf das Konkubinatsverhältnis keine Anwendung finde, dürfe die Grundaussage des Gesetzgebers für die eheähnliche Gemeinschaft nicht zum Vornherein als bedeutungslos abgetan werden. Zwei Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, seien keine Hausdienstangestellten, sondern grundsätzlich gleichgestellte Partner. Zudem stelle sich die Frage, ob die Rechtsprechung, die sich bisher nur auf jene Fälle bezogen habe, da eine nichterwerbstätige Frau mit einem erwerbstätigen Mann zusammenlebe, auch bei umgekehrter Rollenverteilung Geltung habe, und wie zu verfahren sei, wenn Verwandte oder mehr als zwei Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben. Die Rechtsprechung, welche die Haushaltführung unbesehen der Frau zuweise, müsse mindestens dann als geschlechterdiskriminierend bezeichnet werden, wenn der Mann arbeitslos sei und zeitlich ebenfalls die Möglichkeit habe, einen Beitrag an die täglichen Verrichtungen des Haushaltes zu leisten. Obwohl es auch Argumente für die Beibehaltung der geltenden Praxis gebe, so insbesondere die bessere sozialversicherungsrechtliche Absicherung der im Konkubinat lebenden nichterwerbstätigen Frau, würden die Argumente für eine Änderung der Rechtsprechung überwiegen. Eventuell sei die bisherige Praxis neu zu begründen, indem die Qualifikation der im Konkubinat lebenden Frauen als Arbeitnehmerinnen offen als solche mangels gesetzlicher Regelung und zum sozialen Schutz dieser Frauen dargelegt und die Konsequenzen für die anderen Sozialversicherungszweige aufgezeigt würden. Schliesslich sei die sozialversicherungsrechtliche Stellung der in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Frauen im Vergleich mit den nichterwerbstätigen Ehefrauen "zu legitimieren" und es sei generell zu prüfen, in welchen weiteren Fällen die Haushaltarbeit sozialversicherungsrechtlich zu berücksichtigen sei. 4. In der Literatur stösst die Rechtsprechung auf Kritik oder gar Ablehnung. THOMAS KOLLER, Die eidgenössische Alters- und BGE 125 V 205 S. 211 Hinterlassenenversicherung im Verhältnis zum schweizerischen Eherecht, Diss. Bern 1983, erachtet die Annahme eines Arbeitsverhältnisses zwischen den unverheirateten Partnern bezüglich der Haushaltführung als "kaum lebensnah"; es wäre naheliegender gewesen, die unverheiratete Frau als Nichterwerbstätige zu behandeln (S. 39 f.). Die gleiche Auffassung vertritt NATHALIE KOHLER, La situation de la femme dans l'AVS, Diss. Lausanne 1986, S. 80 f. THOMAS LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl. 1997, legt dar, unter dem Aspekt eines möglichst umfassenden Versicherungsschutzes möge es Argumente für die Gerichtspraxis geben, dogmatisch sei sie "aber kaum haltbar" (S. 109 Rz. 22). JEAN-LOUIS DUC, Notions et solutions du droit privé dans le domaine des assurances sociales, in: Droit privé et assurances sociales, Fribourg 1990, ortet in der fraglichen Rechtsprechung ein "sentiment de malaise" (S. 40). HANSPETER KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl. 1996, legt dar, dass in der Praxis aus der Formulierung in BGE 110 V 5 Erw. 4b ("in Ermangelung einer besseren Lösung") abgeleitet werde, dass immer dann, wenn eine bessere Lösung tatsächlich gefunden werden könne, die der Frau gewährten Naturalleistungen nicht als Erwerbseinkommen erfasst würden (S. 92 Ziff. 3.71). UELI KIESER, Rahmenbedingungen der richterlichen Rechtsfortbildung in der AHV, in: SZS 1998 S. 219, stellt fest, dass das AHVG das Konkubinatsverhältnis nicht regle, was dem Eidg. Versicherungsgericht die den tatsächlichen Entwicklungen folgende Ausgestaltung der Rechtsprechung erlaube. KATERINA BAUMANN/MARGARETA LAUTERBURG, Sind eins und eins wirklich zwei? Zivilstandsbedingte Ungleichbehandlungen in der Sozialversicherung, in: F-Frauenfragen 1997/2-3 S. 33, vertreten die Auffassung, dass auf Grund der Einführung von Erziehungs- und Betreuungsgutschriften sich der Rekurs auf den fiktiven Haushaltlohn erübrige. 5. a) Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus hat in einem rechtskräftigen Urteil vom 28. Mai 1996 (publiziert in Plädoyer 1997 Nr. 1 S. 66 ff.) die AHV-rechtliche Stellung der ausschliesslich haushaltführenden Konkubinatspartnerin umfassend dargestellt und sich mit der Argumentation des Eidg. Versicherungsgerichts auseinandergesetzt. Es kam zum Schluss, dass die Gewährung von Kost und Logis kein Entgelt für in unselbstständiger Stellung geleistete Arbeit darstelle, die Konkubinatspartnerin als Nichterwerbstätige zu qualifizieren sei und ihr Partner daher nicht als Arbeitgeber betrachtet werden könne. BGE 125 V 205 S. 212 b) Im Wesentlichen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus in seinem Urteil darauf hin, dass das geltende Eherecht nicht mehr von einer festen Rollenverteilung der Ehegatten ausgehe. Nach Art. 163 des revidierten ZGB sorgten die Ehegatten gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. Sie verständigten sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des anderen ( Art. 163 Abs. 2 ZGB ). Gleich wie die Begründung einer Ehe ( Art. 117 Abs. 2 ZGB ) beruhten die Rollenverteilung während der Ehe und die damit verbundenen gegenseitigen Pflichten auf dem Konsens der Ehegatten. Insofern sei kein wesentlicher Unterschied zu den vertraglichen Pflichten innerhalb einer eheähnlichen Gemeinschaft zu erkennen, die ebenfalls durch Konsens begründet und getragen werden müssten. Ein Unterschied bestehe immerhin darin, dass bei der ehelichen Gemeinschaft der Zeitpunkt, ab welchem die gegenseitigen Pflichten gelten, durch die Trauung eindeutig festgelegt würden, während bei der eheähnlichen Gemeinschaft viel weniger klar sei, ab wann von einem festen Bestand gegenseitiger Pflichten auszugehen sei. Dass in einer eheähnlichen Gemeinschaft aber überhaupt keine solchen Pflichten bestünden, könne nicht angenommen werden. Daraus ergebe sich, dass der bisher entscheidende Unterschied zwischen ehelicher und eheähnlicher Gemeinschaft durch die Revision des Eherechts stark an Bedeutung verloren habe (Plädoyer 1997 Nr. 1 S. 68 Erw. 2c). 6. a) Die Vorinstanz legt in ihrem Entscheid dar, sie folge dem Glarner Urteil nicht, weil es am Eidg. Versicherungsgericht liege, eine allfällige Praxisänderung herbeizuführen. Im Übrigen lägen neue Argumente gegen die bisherige Rechtsprechung vor. So sei der soziale Schutzzweck mit den Erziehungsgutschriften der 10. AHV-Revision, soweit es um Frauen oder Männer gehe, die infolge Kindesbetreuung keiner Erwerbstätigkeit nachgingen, mindestens teilweise weggefallen. Die Praxis der Ausgleichskassen gewähre ferner, wie der vorliegende Fall zeige, keine Gleichbehandlung, sei doch die Konkubinatspartnerin erst nach dem Zuzug von X nach Y [Wohnsitzwechsel innerhalb des Kantons] als Unselbstständigerwerbende erfasst worden. b) Die Beschwerdeführer lassen im Wesentlichen geltend machen, sie lebten mit ihrer Tochter G. als Familie im gemeinsamen Haushalt. Das elterliche Sorgerecht für G. stehe nach geltendem Recht nur L. zu. Beide Elternteile seien jedoch gleichermassen zu BGE 125 V 205 S. 213 Unterhaltsleistungen verpflichtet. L. und C. hätten die damit verbundenen Aufgaben so geteilt, dass der Vater den aus ausserhäuslicher Tätigkeit erzielten Erwerb beisteuere, während die Mutter die Betreuungs- und Haushaltarbeit besorge. L. stehe weder als Lebenspartnerin noch als Mutter im Solde von C. Sie beziehe auch keine Naturalleistungen; vielmehr erfülle sie den unbezahlten Teil der elterlichen Unterhaltspflicht. C. sei folglich auch nicht Arbeitgeber seiner Lebenspartnerin. Mit der nach bisheriger Praxis vorgenommenen Gleichstellung der vom Mann seiner Partnerin gewährten Naturalleistungen mit einem Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit übersehe das Eidg. Versicherungsgericht, dass überhaupt kein Lohn, insbesondere auch kein Naturallohn fliesse. Die Gleichstellung mit einer Haushälterin und Kinderfrau sei für eine Lebenspartnerin nicht nur beleidigend, sie entbehre auch einer sachlichen Begründung und sei deshalb willkürlich. Die kritisierte Rechtsprechung führe dazu, dass ein nicht verheiratetes Paar, solange es einen gemeinsamen Haushalt führe, unverhältnismässig stärker belastet werde als ein Ehepaar. Nebst den üblichen Arbeitnehmerbeiträgen des Erwerbstätigen habe es aus dem Familieneinkommen auch noch Arbeitgeber- sowie Arbeitnehmerbeiträge auf dem supponierten Naturallohn der Nichterwerbstätigen zu bezahlen. Würde L. von C. getrennt leben, könnte sie sich wohl als Nichterwerbstätige veranlagen lassen. Es sei nicht einzusehen, warum sie das während des Zusammenlebens nicht sollte tun können. c) Die Ausgleichskasse macht in ihrer Vernehmlassung geltend, die Beschwerdeführer widersprächen sich selber, wenn sie einerseits ausführten, L. werde durch die Führung des gemeinsamen Haushaltes daran gehindert, einer ausserhäuslichen Arbeit nachzugehen, gleichzeitig aber vorbrächten, C. halte sich keine Hausangestellte, sondern leiste durch seine Erwerbstätigkeit seinen Beitrag an den Unterhalt der Familie. Die Beschwerdeführer verkennten, dass sie in rechtlicher Hinsicht nicht als Familie gälten, obwohl sie dies so empfinden würden. d) Das BSV hält fest, die AHV-rechtliche Qualifikation der keiner ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nachgehenden Frau, die in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, sei neu zu beurteilen. Es wiederholt im Wesentlichen die bereits im Verfahren, das zum Urteil G. vom 21. Dezember 1994 geführt hat, vorgetragenen Argumente (vgl. Erw. 3f/bb hievor): Mangelnde Akzeptanz, unvollständige Durchsetzbarkeit, starker Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen BGE 125 V 205 S. 214 und Lebensformen (rechtlich zum Teil verankert im neuen Eherecht), Problematik von Richterrecht im gesetzlich nicht geregelten Bereich des Konkubinatsverhältnisses, fragliche und problematische Ausdehnung der bisherigen Praxis auf weitere Fälle (umgekehrte Rollenverteilung im Konkubinatsverhältnis, Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Partnern, Mehrpersonenverhältnisse in Wohngemeinschaften), neue Entwicklungen in der Rechtsetzung ( Art. 2 Abs. 1 lit. g UVV in der Fassung vom 15. Dezember 1997 sowie Einführung von Erziehungsgutschriften gemäss Art. 29sexies AHVG ). 7. Aus den dargelegten Argumenten ergibt sich, dass auf Grund der neuen Tendenzen in der Rechtsetzung, des Wertewandels in der Gesellschaft, der fehlenden Akzeptanz und der mangelnden Durchsetzbarkeit sowie der dargestellten berechtigten Kritik in der Literatur die bisherige Rechtsprechung nicht aufrechterhalten werden kann. Die Voraussetzungen für eine Praxisänderung (vgl. Erw. 2 hievor) sind erfüllt. Die vom Eidg. Versicherungsgericht in BGE 110 V 1 "in Ermangelung einer besseren Lösung" vorgenommene "Gleichstellung" ist in dem Sinne aufzuheben, dass Konkubinatspartner und -partnerinnen ohne Erwerbstätigkeit AHV-rechtlich als Nichterwerbstätige zu betrachten sind. Im Einzelnen ist auf Folgendes hinzuweisen. a) Es entspricht konstanter Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber, wenn er im Sozialversicherungsrecht Regelungen mit Anknüpfung an familienrechtliche Sachverhalte (beispielsweise an die Ehe) trifft, von ihrer Bedeutung her diejenigen Institute im Blickfeld hat, die das Familienrecht kennt ( BGE 121 V 127 Erw. 2c/aa mit Hinweisen). Das Eidg. Versicherungsgericht hat dem Grundsatz, wonach das Familienrecht für das Sozialversicherungsrecht Voraussetzung ist und diesem daher grundsätzlich vorgeht, stets Rechnung getragen ( BGE 121 V 128 Erw. 2c/cc mit Hinweisen). Die eheähnliche Lebensgemeinschaft, das Konkubinat, ist im ZGB nicht geregelt ( BGE 121 V 128 Erw. 2c/cc; vgl. die Übersicht über die bundesgerichtliche Praxis in VPB 58/II [1994] Nr. 28 S. 247 ff. Erw. 8b mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre; vgl. dazu auch SUZETTE SANDOZ, Le Tribunal fédéral et l'union libre pendant la procédure de divorce, in: SJ 1998 S. 710 f. und S. 718; YVO SCHWANDER, Sollen eheähnliche und andere familiäre Gemeinschaften in der Schweiz gesetzlich geregelt werden?, in: AJP 1994 S. 918 ff.; CATHERINE NOIR-MASNATA, Les effets patrimoniaux du concubinage et leur influence sur le devoir d'entretien entre époux BGE 125 V 205 S. 215 séparés, Diss. Lausanne 1982). Das Konkubinat bleibt indessen nicht ohne rechtliche Wirkungen zwischen den Partnern ( BGE 123 V 222 Erw. 2e mit Hinweis auf die Doktrin). Nachdem sich in neuerer Zeit die Formen des Zusammenlebens mit dem zivilrechtlichen Status weniger decken als früher, wird in der Literatur die zivilstandsabhängige Ausgestaltung des Sozialversicherungsrechts kritisiert und, gestützt auf das Rechtsgleichheitsgebot, anstelle davon die Vergleichbarkeit von Lebenssituationen als Massstab postuliert ( BGE 125 V 228 f. Erw. 3e/bb; KATERINA BAUMANN/MARGARETA LAUTERBURG, a.a.O., S. 29 ff.). Es ist indessen - wie in BGE 110 V 4 Erw. 4a - weiterhin davon auszugehen, dass die zivilrechtliche Gesetzgebung weder den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft kennt noch spezifische Regeln zu diesem Sachverhalt enthält. Das hat u.a. dazu geführt, dass das Eidg. Versicherungsgericht im Leistungsbereich des Sozialversicherungsrechts erkannt hat, dass die Auflösung einer eheähnlichen Gemeinschaft keinen "ähnlichen Grund" wie Ehetrennung oder Scheidung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG darstellt ( BGE 123 V 219 ). Der Begriff "mitarbeitende Familienmitglieder" gemäss Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV umfasst die Konkubinatspartner nicht ( BGE 121 V 125 ). Das AHVG behandelt im Übrigen die in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden (unverheirateten) Personen nicht gleich wie die verheirateten. So ist die Plafonierung der Renten ( Art. 35 AHVG ), die Teilung der Einkommen, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften (Art. 29quinquies Abs. 3-5, Art. 29sexies Abs. 3 und Art. 29septies Abs. 6 AHVG ), der Anspruch auf Witwen- und Witwerrenten ( Art. 23-24a AHVG ) und die Befreiung von der Beitragszahlung ( Art. 3 Abs. 3 AHVG ) nur für verheiratete oder verheiratet gewesene Personen statuiert. Gerade die seit dem 1. Januar 1997 geltende Teilung von Einkommen und Gutschriften knüpft an den Zivilstand der Ehe an und ist unter Konkubinatspaaren nicht vorgesehen (vgl. auch BGE 125 V 221 : Art. 28 Abs. 4 AHVV , wonach sich die Beiträge einer verheirateten Person als Nichterwerbstätige auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens bemessen, ist gesetz- und verfassungsmässig). Es kann daher bei der Beantwortung der vorliegenden Rechtsfrage nur darum gehen, auf Grund der erkannten und in Erw. 7 Ingress dargestellten rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen den vorliegenden Sachverhalt nach Massgabe des geltenden Sozialversicherungsrechts zu würdigen, wobei nicht entgegensteht, auch BGE 125 V 205 S. 216 den Veränderungen der 10. AHV-Revision Rechnung zu tragen (insbesondere Art. 3 und 29sexies AHVG ). b) Das Eidg. Versicherungsgericht äusserte sich bisher nicht ausdrücklich zur Frage, ob Art. 5 Abs. 2 AHVG auf Naturalleistungen zwischen Konkubinatspartnern unmittelbar anwendbar ist oder ob eine Gesetzeslücke vorliegt, die durch analoge Anwendung von Art. 5 Abs. 2 AHVG zu schliessen ist. Aus der Formulierung in BGE 110 V 5 Erw. 4b, es werde kein fiktiver Arbeitsvertrag angenommen, sondern die Naturalleistungen würden dem Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit lediglich gleichgestellt, ist - wie auch das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus im zitierten Urteil vom 28. Mai 1996 angenommen hat - abzuleiten, dass die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 2 AHVG nicht aus einer weiten Auslegung des Gesetzes folgt, sondern auf einem Analogieschluss zur Lückenfüllung beruht. Auch das methodische Vorgehen des Eidg. Versicherungsgerichts deutet nicht auf Auslegung hin, da es sich nicht mit dem Wortlaut, der Systematik oder den Materialien von Art. 5 Abs. 2 AHVG auseinandersetzte, sondern aus dem tatsächlichen Bedürfnis nach sozialer Absicherung für die haushaltführende Konkubinatspartnerin die Notwendigkeit einer rechtlichen Regelung herleitete und diese in der analogen, nicht unmittelbaren Anwendung von Art. 5 Abs. 2 AHVG fand. c) Die Anwendung von Art. 5 Abs. 2 AHVG begründete das Eidg. Versicherungsgericht in der fehlenden gesetzlichen, auf Vertrag beruhenden Verpflichtung der Konkubinatspartnerin, den Haushalt zu führen. Dieser entscheidende Unterschied zwischen ehelicher und eheähnlicher Gemeinschaft hat durch die Revision des Eherechts ( Art. 163 ZGB in der Fassung vom 5. Oktober 1984, in Kraft seit dem 1. Januar 1988) an Bedeutung verloren, weil die Rollenverteilung während der Ehe auf dem Konsens der Ehegatten beruht ( Art. 163 Abs. 2 ZGB ). Unter diesem Gesichtspunkt der veränderten Anschauungen, welche im Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben, rechtfertigt es sich nicht mehr, haushaltführende Konkubinatspartnerinnen AHV-rechtlich wie angestellte Haushälterinnen zu qualifizieren. d) Die geltende Praxis kann - wie der vorliegende Fall zeigt - nur mangelhaft und kaum rechtsgleich durchgesetzt werden. Die Ausgleichskassen sind nicht in der Lage, Konkubinatspaare zu ermitteln; es hängt von Zufälligkeiten ab, ob der beitragspflichtige Naturallohn der haushaltführenden Konkubinatspartnerin erfasst werden kann. BGE 125 V 205 S. 217 e) Es kommen in der heutigen Gesellschaft vermehrt weitere Formen des gemeinsamen Zusammenlebens mit ganz unterschiedlicher Rollenverteilung vor, deren AHV-rechtliche Qualifikation zu Rechtsungleichheiten führen kann. f) Für eine Praxisänderung sprechen im Weiteren drei in der Zwischenzeit eingetretene neue Entwicklungen in der Rechtsetzung. aa) Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass frei gewählte Nichterwerbstätigkeit systembedingt den sozialen Schutz in der Sozialversicherung vermindert, hat der Gesetzgeber mit der 10. AHV-Revision für drei Fälle von Nichterwerbstätigkeit eine Korrektur der Folgen vorgenommen, nämlich für die Ehe (Splitting gemäss Art. 29quinquies Abs. 3 AHVG ), die Kindererziehung und die Betagtenbetreuung (Gutschriften gemäss Art. 29sexies und 29septies AHVG ). Der mit der bisherigen Rechtsprechung verfolgte Gedanke des sozialen Schutzzweckes (SVR 1995 AHV Nr. 52 S. 143) wird dadurch einerseits relativiert, anderseits ist es nicht mehr gerechtfertigt, durch die Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des sozialen Schutzes eine vom Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehene zusätzliche Sonderregelung für eine bestimmte Gruppe von Nichterwerbstätigen (für Konkubinatspartner ohne Erziehungs- oder Betreuungsaufgaben) beizubehalten. bb) Mit der 10. AHV-Revision wurde altArt. 3 Abs. 2 lit. b AHVG, wonach u.a. die nichterwerbstätigen Ehefrauen von Versicherten von der Beitragspflicht befreit waren, aufgehoben. Neu eingefügt wurde Absatz 3, wonach die eigenen Beiträge als bezahlt gelten, sofern der Ehegatte Beiträge von mindestens der doppelten Höhe des Mindestbeitrages bezahlt hat, u.a. bei (lit. a) nichterwerbstätigen Ehegatten von erwerbstätigen Versicherten. Die Qualifikation der haushaltführenden Konkubinatspartnerin als Nichterwerbstätige ist auch unter diesem Aspekt gerechtfertigt. cc) Der Bundesrat hat am 15. Dezember 1997 mit Wirkung ab 1. Januar 1998 aus praktischen und konzeptionellen Überlegungen (RKUV 1998 S. 88) in Art. 2 Abs. 1 lit. g UVV verordnet, dass Konkubinatspartnerinnen und -partner, die in dieser Eigenschaft AHV-beitragspflichtig sind, in der Unfallversicherung nicht obligatorisch versichert sind. g) Der Vollständigkeit halber sei auf die Auswirkungen der Praxisänderung auf die Arbeitslosenversicherung hingewiesen. Für diese Versicherung ist beitragspflichtig, wer massgebenden Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG bezieht ( BGE 122 V 251 Erw. 2b mit Hinweisen). Eine Frau, die in einem eheähnlichen BGE 125 V 205 S. 218 Verhältnis mit einem Mann lebt, den gemeinsamen Haushalt besorgt und von ihrem Partner Unterhaltsleistungen erhält, übt nach bisheriger Praxis eine beitragspflichtige Beschäftigung aus (in BGE 123 V 219 nicht publizierte, in ARV 1998 Nr. 4 S. 26 wiedergegebene Erw. 3a mit Hinweisen). Dieser Versicherungsschutz fällt bei Annahme von Nichterwerbstätigkeit weg. Gemildert wird diese Konsequenz indessen durch den auf den 1. Januar 1996 eingeführten Anrechnungstatbestand von Erziehungszeiten Nichterwerbstätiger als Beitragszeit ( Art. 13 Abs. 2bis AVIG ), der auch für Konkubinatspartnerinnen gilt (NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 180).
null
nan
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1,999
CH_BGE
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CH
Federation
f8ea08d5-8bdf-4a34-b33a-46e9eb61a78f
Urteilskopf 133 III 493 62. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause époux A. contre X. et époux Y. (recours en matière civile) 4A_133/2007 du 28 juin 2007
Regeste Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist sehr restriktiv auszulegen (E. 1.1). Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1.2).
Sachverhalt ab Seite 493 BGE 133 III 493 S. 493 A. Par contrat du 20 mars 2001, X. a remis un appartement à bail aux époux A. Les époux Y. ont par la suite acquis l'immeuble où se trouve ce logement. Le 10 février 2004, ils ont adressé aux époux A. le décompte chauffage, eau chaude et frais d'exploitation pour la période du 1 er juillet 2002 au 30 juin 2003, que ces derniers ont contesté. BGE 133 III 493 S. 494 B. Le 22 septembre 2004, les époux A. ont saisi la Commission de conciliation en matière de bail à loyer. La conciliation ayant été vainement tentée, ils ont porté la cause devant le Tribunal des baux par requête du 2 décembre 2004, concluant à ce que X. ainsi que les époux Y. soient condamnés à leur payer 1'191 fr. 30 (remboursement d'acomptes versés pour frais accessoires et chauffage) et à ce qu'il soit constaté qu'ils ne leur sont pas redevables de 245 fr. 10 (solde des frais accessoires dus selon le décompte du 10 février 2004). Par jugement du 8 août 2005, le Tribunal des baux a rejeté la première conclusion en paiement et partiellement admis la seconde en ce sens que sur le montant de 245 fr. 10, les locataires n'étaient pas redevables de 27 fr. 90. Par arrêt du 1 er février 2007, la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois a rejeté le recours déposé par les époux A. et confirmé le jugement du 8 août 2005. En résumé, elle a constaté que les frais accessoires facturés ressortaient des conditions générales annexées au contrat de bail, que les locataires avaient signées en même temps que celui-ci; elle en a déduit que ces frais étaient mentionnés de manière suffisamment claire et précise. C. Les époux A. (les recourants) interjettent le présent recours en matière civile au Tribunal fédéral; ils prennent principalement des conclusions identiques à celles formulées devant le Tribunal des baux et sollicitent subsidiairement l'annulation de l'arrêt attaqué et le renvoi de la cause à celui-ci pour nouvelle instruction et nouvelle décision, avec suite de frais et dépens. X. et les époux Y. (les intimés) proposent principalement l'irrecevabilité, subsidiairement le rejet du recours, sous suite de dépens. Erwägungen Extrait des considérants: 1. De l'avis des recourants, la voie du recours en matière civile est ouverte en l'espèce nonobstant le fait que la valeur litigieuse n'atteint pas 15'000 fr., au motif que le présent recours soulèverait une question juridique de principe (cf. art. 74 al. 1 let. a et al. 2 let. a LTF). Cette question serait celle de savoir si des conditions générales signées par le locataire en même temps que le contrat de bail et pour en faire partie intégrante permettent au bailleur de lui réclamer le paiement des frais qui y sont mentionnés. 1.1 Le législateur n'a pas donné de définition de la notion de "question juridique de principe", qui se trouve tant dans la Constitution BGE 133 III 493 S. 495 fédérale ( art. 191 al. 2 Cst. ) que dans la loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF; RS 173.110; art. 74 al. 2 let. a LTF ). Il s'agit d'une notion juridique indéterminée que la jurisprudence doit concrétiser (cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 p. 4000 ss, spéc. p. 4108). A l'origine, le projet de loi sur le Tribunal fédéral prévoyait que dans une cause civile, la seule voie de recours possible était celle du recours en matière civile. Lorsque ce recours n'était pas ouvert faute de valeur litigieuse suffisante, il n'y avait en principe pas de recours au Tribunal fédéral; le recours de droit public ( art. 84 ss OJ [RO 3 p. 521]), qui permettait, sous l'ancien droit, de saisir le Tribunal fédéral lorsque la voie du recours en réforme était fermée, était en effet purement et simplement supprimé. Cela pouvait empêcher de saisir l'autorité judiciaire suprême de la Confédération de questions méritant d'être tranchées par elle. Le projet de loi a dès lors prévu d'ouvrir exceptionnellement la voie du recours en matière civile en cas de valeur litigieuse insuffisante, lorsque le recourant pose une question juridique de principe. Lors des débats parlementaires toutefois, le législateur a introduit le recours constitutionnel subsidiaire ( art. 113 ss LTF ), que le projet de loi ne prévoyait pas. Ce recours, ouvert lorsque la voie du recours en matière civile est fermée, permet, comme l'ancien recours de droit public, de se plaindre de la violation de droits constitutionnels, et donc notamment d'une application arbitraire du droit fédéral. Dans ces circonstances, l'ouverture exceptionnelle de la voie du recours en matière civile dans les causes à valeur litigieuse insuffisante apparaît sous un autre jour. Il s'ensuit que la notion de "question juridique de principe" doit être appliquée de manière très restrictive, plus restrictive que celle décrite dans le Message (cf. HOHL, Le recours en matière civile selon la loi sur le Tribunal fédéral du 17 juin 2005, in Les recours au Tribunal fédéral, Zurich 2007, p. 73 s.; KARLEN, Das neue Bundesgerichtsgesetz, Bâle 2006, p. 44; cf. également SPÜHLER/DOLGE/VOCK, Kurzkommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], Zurich/St-Gall 2006, n. 6 ss ad art. 74 LTF ). 1.2 La question juridique posée en l'espèce est celle de savoir à quelles exigences doit répondre la convention spéciale mettant les frais accessoires à la charge du locataire, prévue à l' art. 257a al. 2 CO . A ce sujet, il existe une jurisprudence abondante du Tribunal fédéral, que les recourants citent d'ailleurs en partie eux-mêmes. Cette BGE 133 III 493 S. 496 jurisprudence pose les principes en la matière, soit en particulier que la convention doit être claire et précise, sans devoir toutefois répondre à des exigences de forme particulières; dans ce cadre, la jurisprudence traite notamment de la portée de conditions générales prévoyant la mise de frais accessoires à la charge du locataire (cf. arrêt 4C.250/2006 du 3 octobre 2006, publié in mp 2006 p. 272, consid. 1.1 et les arrêt cités). La question spécifique soulevée par les recourants n'est rien d'autre que celle de l'application de ces principes à un cas particulier. Que ce cas particulier puisse se répéter dans la pratique et que l'autorité cantonale parle à son égard de question de principe n'y change rien. Il ne s'agit pas d'une question de principe au sens de l' art. 74 al. 2 let. a LTF . Il s'ensuit l'irrecevabilité du recours.
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Urteilskopf 80 IV 151 31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. August 1954 i. S. Iseli und Mitverurteilte gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste 1. Art. 137 Ziff. 1, 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Diebstahl oder Veruntreuung? (Erw. 2). 2. Art. 271 Ziff. 2 StGB . Subjektiver Tatbestand der Entführung zur Überlieferung an eine fremde Behörde (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 151 BGE 80 IV 151 S. 151 A.- Roger Iseli bestellte Walter Allemann, Uhrenhändler in Zuchwil, unter dem Vorwande, dass jemand sich für 1100 Damenuhren und 200 Herrenuhren interessiere, mit solcher Ware auf den 19. August 1952 nach Zürich. Am Nachmittag dieses Tages fuhr er mit Allemann, Eduard Reichenbach und Edmondo Zarro im Motorwagen des Reichenbach nach Kreuzlingen, nachdem er Allemann angegeben hatte, der Uhrenkäufer erwarte sie dort. Auf der Fahrt steckte Iseli dem Zarro 50 der im Wagen untergebrachten Uhren zu. Die anderen 1250 Stück blieben in Kreuzlingen im Wagen. Reichenbach schloss diesen ab und nahm den Schlüssel zu sich. Unter dem Vorwande, der Uhrenkäufer treffe erst gegen Abend in Kreuzlingen ein, bestimmten hierauf Iseli, Reichenbach und Zarro auf Vorschlag des ersteren den Allemann, mit ihnen zu Fuss nach Konstanz zu gehen, um dort im Restaurant "Konzil" einen Imbiss einzunehmen. Zarro schmuggelte auf diesem Gang die 50 Uhren über die Grenze und schob sie im Restaurant dem Allemann zu. Nach kurzer Zeit entfernten Iseli und Reichenbach sich von dort, gingen nach Kreuzlingen zurück, nahmen die 1250 Uhren im Werte von Fr. 20'250.-- aus dem Automobil und hinterlegten BGE 80 IV 151 S. 152 sie im Bahnhof Kreuzlingen. Hierauf begaben sie sich wieder nach Konstanz, teilten der deutschen Zollfahndungsstelle telephonisch mit, Allemann habe 50 Uhren geschmuggelt, und veranlassten dadurch, dass er im Restaurant "Konzil" verhaftet wurde. Iseli und Reichenbach holten hernach die 1250 Uhren im Bahnhof Kreuzlingen, versorgten sie wieder im Automobil und fuhren mit diesem zusammen mit Zarro nach Zürich zurück. Alle drei hatten den Plan gemeinsam gefasst und in gemeinsamem Einverständnis und Zusammenwirken ausgeführt. Sie beabsichtigten, die Uhren zu verkaufen und den Erlös miteinander zu teilen. B.- Gestützt auf diesen von den Geschworenen durch Bejahung mehrerer Teilfragen festgestellten Sachverhalt erklärte das Schwurgericht des Kantons Zürich am 12. Dezember 1953 Iseli, Reichenbach und Zarro als Mittäter des Diebstahls im Betrage von Fr. 20'250.-- ( Art. 137 Ziff. 1 StGB ), der verbotenen Handlungen für einen fremden Staat ( Art. 271 Ziff. 2 StGB ) und des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes ( Art. 273 Abs. 2 StGB ) schuldig. C.- Iseli, Reichenbach und Zarro führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Schwurgericht zurückzuweisen. Sie bestreiten, sich des Diebstahls und des verbotenen Handelns für einen fremden Staat schuldig gemacht zu haben. Die Uhren seien ihnen von Allemann anvertraut gewesen, weshalb nur Veruntreuung vorliege ( Art. 140 StGB ). Das Handeln für einen fremden Staat im Sinne des Art. 271 Ziff. 2 StGB betreffe nur Fälle, in denen jemand aus politischen Gründen ins Ausland verschleppt werde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 2. Veruntreuung setzt voraus, dass dem Täter die fremde bewegliche Sache, die er sich aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, anvertraut BGE 80 IV 151 S. 153 worden sei ( Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ). Diese Voraussetzung ist nicht schon erfüllt, wenn der Täter zu der Sache Zutritt hat, indem z.B. der Schlüssel zu ihrem Aufbewahrungsorte sich in seinen Händen befindet. Sie muss ihm vielmehr übergeben worden sein mit dem ausdrücklich oder stillschweigend geäusserten Willen beider Beteiligten, dass er sie verwahre, verwalte, weitergebe und dgl. Ist das nicht der Fall, so macht der Täter dadurch, dass er dem andern die Sache in der erwähnten Absicht wegnimmt, sich des Diebstahls schuldig ( Art. 137 Ziff. 1 StGB ). Das trifft selbst dann zu, wenn der andere zur Zeit der Tat vorübergehend nicht in der Lage ist, die Sache zu beherrschen, z.B. weil er abwesend ist oder der Schlüssel sich in den Händen eines Dritten oder des Täters selbst befindet. Wie die vorübergehende Verhinderung der Ausübung der tatsächlichen Gewalt den Besitz nicht aufhebt ( Art. 921 ZGB ), steht sie auch dem Gewahrsam nicht im Wege, ohne den die Sache nicht im Sinne des Art. 137 Ziff. 1 StGB "weggenommen" werden kann. Die Wegnahme besteht in einem solchen Falle in einem Tun oder Unterlassen des Täters, das dem andern verunmöglicht, die tatsächliche Gewalt, an deren Ausübung er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sonst nur vorübergehend verhindert gewesen wäre, wieder auszuüben. So verhält es sich hier. Indem Allemann die von ihm mitgebrachten Uhren im gemeinsam benützten Fahrzeug zurückliess, vertraute er sie weder dem Reichenbach, dem es gehörte und der den Schlüssel dazu besass, noch einem der anderen Beschwerdeführer an, auch nicht stillschweigend. Er hatte dazu gar keine Veranlassung, da die Beschwerdeführer in ihm die Meinung erweckten, sie würden sich nur zur Einnahme eines Imbisses nach Konstanz begeben und nachher gemeinsam zum Automobil zurückkehren und den angeblichen Kaufsinteressenten aufsuchen, um ihm die Uhren anzubieten. Die Uhren den Beschwerdeführern oder einem von ihnen anzuvertrauen, hätte keinen Sinn gehabt, da nach der getroffenen Abrede keiner früher BGE 80 IV 151 S. 154 zum Wagen zurückkehren sollte als Allemann und daher keiner besser als er für die Sicherheit der Uhren sorgen konnte. Die Rechtslage war insoweit gleich, wie wenn z.B. ein Gast seine Handtasche in der Wohnung des Gastgebers zurücklässt, dieweil er mit diesem gemeinsam einen Spaziergang unternimmt, wobei unterdessen die Wohnung abgeschlossen ist und der Schlüssel in der Hand des Gastgebers liegt. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, wie ihn die Beschwerdeführer selber vorgespiegelt hatten, wäre Allemann nur vorübergehend verhindert gewesen, die tatsächliche Gewalt über die Uhren auszuüben. Sein Gewahrsam an diesen dauerte fort, bis die Beschwerdeführer ihn brachen, indem sie Allemann an der Rückkehr nach Kreuzlingen hinderten und selber die Hand auf die Uhren legten. Sie sind zu Recht des Diebstahls, nicht der Veruntreuung schuldig erklärt worden. 3. Nach Art. 271 Ziff. 2 StGB macht sich strafbar, "wer jemanden durch Gewalt, List oder Drohung ins Ausland entführt, um ihn einer fremden Behörde, Partei oder anderen Organisation zu überliefern oder einer Gefahr für Leib und Leben auszusetzen". Diese Bestimmung wurde im wesentlichen aus dem Bundesbeschluss vom 21. Juni 1935 betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft übernommen, in dem die Materie in Art. 1 normiert war. In der Botschaft zu diesem Bundesbeschluss wies der Bundesrat auf die seinerzeit bekannten Fälle Rossi, Weber und Jacob hin, die politische Verschleppungen in das faszistische bzw. nationalsozialistische Ausland betrafen (BBl 1935 I 744). Anlass zu dieser Bestimmung gaben somit tatsächlich Fälle politischer Entführung. Der Wortlaut beschränkt aber Art. 271 Ziff. 2 StGB nicht auf solche Fälle. Wenn nicht hinsichtlich der Überlieferung an eine Partei, wo die politische Verfolgung in der Natur der Sache liegt, wäre eine ausdrückliche Beschränkung in diesem Sinne mindestens bei der Überlieferung an eine Behörde unerlässlich gewesen, da die Tätigkeit von Behörden ordentlicherweise nicht in politischer Verfolgung BGE 80 IV 151 S. 155 besteht. Die Beschränkung auf politische Fälle ergibt sich auch nicht aus der Androhung der hohen Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus. Eine durch Gewalt, List oder Drohung bewerkstelligte Entführung ins Ausland, um das Opfer dort einer behördlichen oder sonstigen Verfolgung zu überliefern, ist auch dann schwer, wenn die Verfolgung nicht politischer Natur und nach den Gesetzen des betreffenden Staates rechtmässig ist. Das trifft insbesondere auch zu, wenn, wie im vorliegenden Falle, die Verfolgung wegen eines Fiskaldeliktes in Frage steht, wofür die Schweiz ebensowenig die Auslieferung bewilligt wie für politische Delikte. Die Beschränkung auf die aus politischen Gründen erfolgende Verschleppung widerspräche auch dem tieferen Sinne der Bestimmung. Art. 271 Ziff. 2 StGB ist nicht erlassen worden, um den einzelnen vor politischer Verfolgung oder überhaupt vor Zugriffen auf seine Person zu schützen, sondern dient, gleich wie z.B. Art. 272 StGB (vgl. BGE 74 IV 204 ), dem Schutze des Staates. Das ergibt sich aus der Stellung der Bestimmung im dreizehnten Titel. Es liegt ein Angriff auf die Gebietshoheit der Schweiz vor, wenn jemand sich zum Werkzeug einer fremden Behörde, Partei oder anderen Organisation macht, um ihr mittels Entführung den Zugriff auf Personen zu ermöglichen, die der schweizerischen Hoheit unterstehen. Unter diesem Gesichtspunkt macht es keinen Unterschied aus, ob die Tat aus politischen oder aus anderen Gründen begangen wird. Art. 271 Ziff. 2 setzt auch nicht voraus, dass die Überlieferung des Entführten an eine fremde Behörde, Partei oder andere Organisation Beweggrund der Tat sei; die Bestimmung trifft auch zu, wenn der Täter in der Überlieferung bloss das Mittel zur Erreichung eines anderen Zweckes sieht und der Endzweck ihn zur Tat bewegt. Das Wort "um" hat in dieser Bestimmung bloss den Sinn, dass die Überlieferung vom Täter beabsichtigt, d.h. dass sein Wille auf sie gerichtet sein muss, womit - vgl. BGE 74 IV 45 und BGE 80 IV 120 - über den Grund seines Handelns nichts gesagt ist. BGE 80 IV 151 S. 156 Ebensowenig unterscheidet die Bestimmung, ob die Überlieferung nach der Absicht des Täters dem Opfer die Freiheit dauernd oder bloss für kurze Zeit entziehen sollte. Es genügt die Absicht blosser Überlieferung, d.h. der Täter muss der fremden Behörde, Partei oder anderen Organisation Gelegenheit geben wollen, das Opfer festzunehmen. Nicht nötig ist, dass dieser Erfolg tatsächlich eintrete; das Verbrechen ist schon mit der Entführung ins Ausland vollendet. Die Beschwerdeführer sind deshalb mit Recht nach Art. 271 Ziff. 2 StGB bestraft worden, obschon ihre Tat keine politischen Hintergründe hat, sie bloss die Begehung des Diebstahls ermöglichen sollte und die Beschwerdeführer das Opfer angeblich nur einer vorübergehenden Festnahme aussetzen wollten. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerden werden abgewiesen.
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Urteilskopf 102 V 45 12. Urteil vom 6. Februar 1976 i.S. Renggli gegen Ausgleichskasse des Kantons Aargau und Obergericht des Kantons Aargau
Regeste Medizinische Massnahmen bei Geburtsgebrechen: Umfang ( Art. 13 und 14 IVG ). - Zu den im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GgV notwendigen Vorkehren gehören auch lebenserhaltende Massnahmen, welche auf das Geburtsgebrechen oder dessen Folgen einzuwirken vermögen. - Benötigt der Versicherte gleichzeitig Pflege und ärztliche Behandlung, so genügt zur Gewährung der vollen Spitalleistungen, dass eine einzige der ärztlichen Vorkehren den Spitalaufenthalt erfordert.
Sachverhalt ab Seite 46 BGE 102 V 45 S. 46 A.- Die Versicherte leidet an einer angeborenen Stoffwechselstörung (Mucopolysaccharidose, Typ Sanfilippo; Ziff. 454 GgV). In deren Folge traten eine schwere Gehirnschädigung mit zunehmender Verblödung auf sowie eine zunehmende Spastizität der gesamten Muskulatur, welche zu Gehunfähigkeit, schweren Gelenkkontrakturen, Schluckstörungen und zu Unfähigkeit des Aushustens von Speichel und Lungenschleim führte. Das Kind muss durch eine Magensonde ernährt werden; die Störung in der Lungenschleimabsonderung bedingt wegen Erstickungsgefahr das mehrfache tägliche Absaugen; ferner sind Massage und heilgymnastische Übungen notwendig. Seit dem 4. November 1974 befindet sich die Versicherte in einem Pflegeheim. Dieses Heim besitzt keine Spitalabteilung, arbeitet mit diplomierten Krankenschwestern und ist Aussenstation einer Pflegerinnenschule; die Krankenabteilung wird als Belegarztspital geführt. Mit Verfügung vom 12. November 1974 wies die Ausgleichskasse das Gesuch um Übernahme der Kosten des Aufenthaltes in diesem Heim ab mit der Begründung, es würden überwiegend pflegerische und nicht medizinische Massnahmen durchgeführt. Ausgerichtet wurden lediglich der Beitrag für dauernde Hilflosigkeit schweren Grades sowie der Kostgeldzuschlag bei Anstaltsaufenthalt. Ferner wurden die Kosten für ärztliche Behandlung und Medikamente übernommen, soweit damit das Geburtsgebrechen Ziff. 454 GgV angegangen wird. B.- Der Vater der Versicherten liess gegen diese Verfügung Beschwerde erheben mit dem Antrag, die Invalidenversicherung habe auch die Aufenthaltskosten zu übernehmen. Es wurden ein von der Invalidenversicherungs-Kommission nach erfolgter Beschlussfassung eingeholter Bericht des Pflegeheims sowie eine Stellungnahme des Dr. G., Chefarzt am Städtischen Krankenhaus X., vom 4. Dezember 1974 aufgelegt. Daraus geht hervor, dass das Mädchen mittels Nährsonde BGE 102 V 45 S. 47 ernährt werden muss; wegen starker Verschleimung komme es mehrmals täglich zu mechanischen Atemstörungen, die nur durch sofortige Aspiration des Schleimes behoben werden könnten; die Erstickungsanfälle machten auch täglich zeitlich beschränkte Zufuhr von Sauerstoff nötig; zusammen mit dem Arzt sorge die zuständige Krankenschwester für korrekte Dosierung und Applikation der zur Behandlung der Epilepsie sowie wegen der Infektanfälligkeit notwendigen Medikamente; schliesslich werde regelmässig eine Bewegungs- und Massagetherapie durchgeführt; Behandlung und Pflege stellten hohe Anforderungen sowohl an den Arzt wie an die Schwesternschaft. Das Obergericht des Kantons Aargau wies durch Entscheid vom 18. April 1975 die Beschwerde ab. Im Vordergrund stehe nicht die ärztliche Behandlung des Leidens, sondern die sehr anspruchsvolle und aufwendige Pflege des vollständig hilflosen Kindes. Die Betreuung setze keinen Aufenthalt in einem Krankenheim voraus und müsse auch nicht auf ärztliche Anordnung hin durch eine medizinische Hilfsperson vorgenommen werden. Denn sowohl die Ernährung mit der Magensonde als auch die tägliche Sauerstoffabgabe könnten nach entsprechender Anleitung der Pflegeperson im Privathaushalt durchgeführt werden. Die Spitaleinweisung sei denn auch nach dem Bericht des Dr. G. wegen der engen häuslichen Verhältnisse und der ausserordentlichen Belastung der Eltern notwendig geworden, die neben diesem Mädchen noch einen am gleichen Leiden erkrankten Knaben sowie zwei weitere gesunde Kinder zu betreuen hätten. Im übrigen stelle nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts die infolge eines Geburtsgebrechens nötige Pflege eines Kindes auch dann keine medizinische Massnahme dar, wenn sie in einem Spital erfolge. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt der Vater der Versicherten den vor der kantonalen Instanz gestellten Antrag erneuern. Es wird im wesentlichen geltend gemacht, die Feststellung des Obergerichts, dass die erforderliche Betreuung keinen Aufenthalt in einem Krankenhaus voraussetze und auch nicht auf ärztliche Anordnung hin durch eine medizinische Hilfsperson vorgenommen werden müsse, sei aktenwidrig. Auf Grund der Stellungnahme des Dr. G. vom 4. Dezember 1974 könne nicht zweifelhaft sein, dass BGE 102 V 45 S. 48 die medizinischen Massnahmen nicht zu Hause durchgeführt werden könnten. Es müsse als erstellt betrachtet werden, dass die Spitalbehandlung wegen des Geburtsgebrechens an sich notwendig sei. Während die Ausgleichskasse auf einen Antrag verzichtet, schliesst das Bundesamt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Nach Auffassung des Bundesamtes ist der Heimaufenthalt wegen Pflegebedürftigkeit erfolgt; die medizinischen Massnahmen träten gegenüber den pflegerischen Vorkehren deutlich in den Hintergrund. D.- Der Instruktionsrichter hat beim Arzt, der die Versicherte im Pflegeheim behandelt, ergänzende Auskünfte eingeholt, worauf in den Erwägungen zurückgekommen wird. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 13 Abs. 1 IVG haben minderjährige Versicherte Anspruch auf die zur Behandlung der in der Geburtsgebrechenliste aufgeführten Leiden notwendigen medizinischen Massnahmen. Diese umfassen die Behandlung, die vom Arzt selbst oder auf seine Anordnung durch medizinische Hilfspersonen in Anstalts- oder Hauspflege vorgenommen wird, sowie die Abgabe der ärztlich verordneten Medikamente ( Art. 14 Abs. 1 IVG ). Art. 14 Abs. 2 IVG bestimmt ferner, dass der Versicherte Anspruch auch auf Unterkunft und Verpflegung in der allgemeinen Abteilung hat, wenn die ärztliche Behandlung in einer Krankenanstalt erfolgt. Als medizinische Massnahmen, welche für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben ( Art. 1 Abs. 3 GgV ). Dazu gehört nicht die tägliche Krankenpflege, weil ihr kein therapeutischer Charakter im eigentlichen Sinn zukommt. Dies bedeutet, dass die Invalidenversicherung nur so weit für die Spitalpflege eines Kindes aufzukommen hat, als die eigentliche Behandlung den Aufenthalt in einem Krankenhaus erfordert (EVGE 1967 S. 105; ZAK 1974 S. 245, 1975 S. 201). Zu den Vorkehren, die den therapeutischen Erfolg im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GgV anstreben, gehören nach einem Beschluss des Gesamtgerichts vom 6. November 1975 grundsätzlich BGE 102 V 45 S. 49 auch lebenserhaltende Massnahmen, welche auf das Geburtsgebrechen oder dessen Folgen einzuwirken vermögen. Nicht darunter fallen Massnahmen zur Lebenserhaltung indessen dann, wenn eine medizinisch nicht geschulte Person in der Lage ist (oder dazu angeleitet werden kann), die lebensbedrohende Situation durch geeignete Vorkehren zu meistern. Soweit das in ZAK 1974 S. 245 publizierte Urteil Billeter von diesen Grundsätzen abweicht, kann daran nicht mehr festgehalten werden. Bei Konkurrenz von Pflege und ärztlicher Betreuung ist ferner entgegen EVGE 1961 S. 308, soweit dieses Urteil auf Geburtsgebrechen Anwendung fand, nicht mehr darauf abzustellen, welcher Teil des Betreuungskomplexes überwiegt. Vielmehr genügt zur Gewährung der vollen Spitalleistungen, dass eine einzige Vorkehr - sei sie kausal oder symptomatisch, auf das Grundleiden oder dessen Folgeerscheinungen gerichtet -, die vom Arzt oder auf seine Anordnung durch medizinische Hilfspersonen vorgenommen wird, die Behandlung in einer Heilanstalt notwendig macht. Dadurch stehen nicht nur demjenigen Versicherten die vollen Spitalleistungen zu, welcher der ärztlichen Behandlung in einer Heilanstalt bedarf, sondern auch demjenigen, der neben dieser ärztlichen Behandlung in überwiegendem Masse pflegerische Betreuung benötigt. 2. Die Leistungen, welche der Versicherten bisher wegen ihrer Geburtsgebrechen zugesprochen worden sind, stehen ausser Diskussion. Insbesondere anerkennt die Invalidenversicherung auch, dass ihr ein Pflegebeitrag und für den Aufenthalt im Pflegeheim ein Kostgeldbeitrag im Sinne der Art. 20 IVG und 13 IVV zusteht. Es fragt sich, ob die Versicherung anstelle dieser beiden Beiträge die Kosten des Heimaufenthaltes zu übernehmen hat. Nach dem vom Instruktionsrichter eingeholten Bericht des behandelnden Arztes Dr. W. vom 14. Dezember 1975 besteht bei diesem Kind folgender Zustand: "Es wiegt ca. 20 kg. (altersmässiges Gewicht wäre normal 45 kg). Es ist bewusstlos, reagiert höchstens auf Schmerzreize. Arme und Beine sind krampfhaft gebeugt und können nicht mehr gestreckt werden. Karchelnde Atmung durch starke Verschleimung im Hals und in den obern Luftwegen. Es kann nicht mehr schlucken und wird daher seit einigen Jahren durch eine Sonde ernährt. Zeitweise treten epileptische Anfälle auf. Häufig sind Erstickungsanfälle durch Schleim- und Sekretansammlungen in den obern Luftwegen. Vereinzelt Kreislaufschwächen. BGE 102 V 45 S. 50 Als ernste Herzstörung hat sich eine Aortenklappeninsuffizienz eingestellt." Zur Betreuung der Versicherten sei eine ärztliche Behandlung notwendig, welche durch den Arzt und auf seine Anweisung durch medizinische Hilfspersonen vorgenommen wird. Dazu gehörten insbesondere das Einführen der Nährsonde, die Sauerstoffzufuhr, das Absaugen von Schleim und Sekreten zur Verhinderung von Erstickungsanfällen sowie die Dosierung der Medikamente. Obschon diese Ausführungen sich auf den Zustand der Versicherten im Dezember 1975 beziehen, unterscheiden sie sich im wesentlichen von den in den Akten liegenden ärztlichen Stellungnahmen hinsichtlich der therapeutischen und pflegerischen Erfordernisse nicht und sind daher auch auf den für die Beurteilung massgebenden Zeitraum - nämlich bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung im November 1974 ( BGE 96 V 144 , BGE 99 V 102 ) - anwendbar. Anhand der medizinischen Akten steht fest, dass die Versicherte vollständig hilflos und eine Besserung ihres Zustandes nicht zu erwarten ist. Sie bedarf wegen ihres Geburtsgebrechens ständiger Pflege und Überwachung, medikamentöser Behandlung, künstlicher Ernährung und namentlich lebenserhaltender Massnahmen. Zwar geht durch den Umstand, dass diese Vorkehren an das Betreuungspersonal hohe Anforderungen stellen, der Pflegecharakter ebenso wenig verloren wie dadurch, dass die Betreuung einen Spitalaufenthalt notwendig macht. Indessen können insbesondere die lebenserhaltenden Massnahmen nur durch medizinische Hilfspersonen durchgeführt werden und setzen eine stationäre Spitaleinweisung voraus. Daraus folgt nach dem in Erwägung 1 Gesagten, dass die Invalidenversicherung für den Aufenthalt der Versicherten im Pflegeheim aufzukommen hat. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 18. April 1975 und die angefochtene Kassenverfügung vom 12. November 1974 aufgehoben. Die Invalidenversicherung hat die Kosten des Aufenthalts der Versicherten im Pflegeheim zu übernehmen.
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Urteilskopf 105 IV 229 60. Urteil des Kassationshofes vom 21. August 1979 i.S. Y. gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 2 ZGB . Rechtsmissbräuchlicher Strafantrag eines geschiedenen Ehemannes, der seiner früheren Ehefrau, die das ihr zustehende Besuchsrecht geringfügig überschritt, dazu durch grobes rechtswidriges Verhalten unmittelbar Anlass gegeben hatte, indem er die Ausübung des Besuchsrechts während längerer Zeit ohne triftigen Grund vereitelte oder erschwerte und darauf ausging, ihr die Kinder zu entfremden.
Sachverhalt ab Seite 229 BGE 105 IV 229 S. 229 A.- Gisèle Y. wurde am 28. Oktober 1977 von der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern wegen Entziehens BGE 105 IV 229 S. 230 und Vorenthaltens von Unmündigen ( Art. 220 StGB ) zu einer Busse von Fr. 20.- verurteilt, weil sie in Überschreitung des Besuchsrechts ihre Kinder Patricia und Sandra über Weihnachten 1975 drei Tage zu lange bei sich behielt. In der gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde berief sich Gisèle Y. unter anderem auf erlaubte Selbsthilfe und darauf, ihr geschiedener Ehemann, François X. habe den Strafantrag rechtsmissbräuchlich gestellt, denn er habe die Ausübung des Besuchsrechts selber weitgehend verhindert und erschwert. Das Bundesgericht erachtete den Rechtfertigungsgrund der erlaubten Selbsthilfe als nicht gegeben, schloss dagegen die Möglichkeit, dass der Strafantrag auf Rechtsmissbrauch beruhe, nicht aus. Da die für die Beurteilung dieser Frage erforderlichen tatsächlichen Verhältnisse nicht hinreichend festgestellt waren, hob der Kassationshof am 9. Juni 1978 das angefochtene Urteil gemäss Art. 277 BStP auf und wies die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zur Beurteilung des geltend gemachten Rechtsmissbrauchs an die Vorinstanz zurück ( BGE 104 IV 90 ). B.- Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern verneinte nach Durchführung von Erhebungen die Frage des Rechtsmissbrauchs und bestätigte am 15. Dezember 1978 ihr erstes Urteil. C.- Gisèle Y. führt wiederum Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das neue Urteil sei aufzuheben, der Strafantrag wegen Rechtsmissbrauchs nichtig zu erklären und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- François X. beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Wie im Rückweisungsentscheid ausgeführt wurde, darf ein Strafantrag nur dann als unbeachtlich erklärt werden, wenn er offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt worden ist, was voraussetzt, dass der Antragsteller selber durch grobes rechtswidriges Verhalten zur strafbaren Handlung des Täters unmittelbar Anlass gegeben hat. Diese Weisungen waren nicht nur für das Obergericht verbindlich ( Art. 277ter Abs. 2 BStP ), sie binden auch das Bundesgericht, das in einem neuen Beschwerdeverfahren auf seine rechtlichen Erwägungen nicht mehr zurückkommen kann ( BGE 101 IV 105 /106). BGE 105 IV 229 S. 231 Das Obergericht hat sich an die rechtliche Begründung des Rückweisungsentscheides insofern nicht gehalten, als es die Auffassung vertritt, die Rechtsmissbräuchlichkeit eines Strafantrages müsse rasch erkannt und entschieden werden können und sei daher enger zu fassen und strenger zu beurteilen als ein Rechtfertigungs- oder Strafmilderungsgrund, der in einem weitern Rahmen zum Ausschluss oder zur Milderung der Strafe führe; fehle aber ein Rechtfertigungsgrund, wie es hier nach der Verneinung der erlaubten Selbsthilfe zutreffe, könne auch kein Rechtsmissbrauch angenommen werden. Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Der Strafantrag ist eine Prozessvoraussetzung, deren Fehlen eine Verurteilung auch dann verbietet, wenn eine Tat strafbar ist. Die Gültigkeit des Strafantrages ist aber nicht davon abhängig, ob der Täter bestraft wird oder wegen eines Rechtfertigungs- oder eines andern Strafausschliessungsgrundes straflos bleibt. Umgekehrt schliesst der Mangel eines Strafausschliessungsgrundes auch nicht zum vornherein aus, dass der Strafantrag das Verbot des Rechtsmissbrauchs verletzt. Unzutreffend ist auch die Meinung, der Rechtsmissbrauch müsse immer sofort klar erkennbar sein. Dass sich die Frage des Rechtsmissbrauchs erst im spätern Verlaufe des Verfahrens stellen kann, zeigt gerade der vorliegende Fall, wo sie vorerst von keiner Seite aufgeworfen wurde, weil der entsprechende Sachverhalt nicht hinreichend abgeklärt war. 2. Die Vorinstanz verneint den Rechtsmissbrauch im wesentlichen mit der Begründung, X. habe der Beschwerdeführerin nach Zahl und Art der Verweigerung des Besuchsrechts kein objektiv schweres Unrecht zugefügt. Werde die Zeit der Besuchssperre vom 18. Juni bis 15. Oktober 1975 ausgeklammert, so habe die Beschwerdeführerin das Besuchsrecht, wenn auch mit Schwierigkeiten, in der Zeit vom 25. Januar 1975 bis zur Tat (19. Dezember 1975) etwa zur Hälfte und nachher zu zwei Dritteln ausüben können. Beziehe man das Besuchsrecht nur auf Sandra und Patricia (ohne Didier), sei der mütterliche Anspruch bei drei Verweigerungen auf 19 legal vollzogene Besuche lediglich zu 1/7 beeinträchtigt worden. Zu Beschimpfungen und Drohungen seitens X. sei es nur in vereinzelten Fällen gekommen und ab Neujahr 1976 seien sie gänzlich ausgeblieben. Offenbare Schikanen könnten nur für den 6. Dezember 1975 und 7. Februar 1976 nachgewiesen werden. Hinzu komme, BGE 105 IV 229 S. 232 dass X. für die Hindernisse, die der Ausübung des Besuchsrechts in den Weg gelegt wurden, nur zum Teil verantwortlich gemacht werden könne, da Gemeinderat W., vormundschaftliche Aufsichtsperson, und andere Behörden zur Behinderung wesentlich beigetragen hätten und X. in seiner Haltung von seiner Frau und der Psychologin W. unterstützt worden sei. 3. Die Tatsache, dass die Behörden, insbesondere Gemeinderat W., an der Behinderung und an der vom 18. Juni bis 15. Oktober 1975 dauernden Besuchssperre wesentlich mitverantwortlich waren, vermag den Beschwerdegegner nur zu einem geringen Teil zu entlasten. Er war es, der schon kurz nach dem Urteil des Amtsgerichts Delsberg vom 25. Januar 1975 mit seinem Begehren vom 15. März 1975 die Vormundschaftsbehörde veranlasste, das gerichtlich festgelegte Besuchsrecht zu unterbinden. Kennzeichnend für das offensichtliche Bestreben des Beschwerdegegners, das Besuchsrecht der Mutter zu vereiteln, ist ferner, dass er sich dem Begehren der Beschwerdeführerin um Vollstreckung des gerichtlichen Urteils widersetzte und dadurch erheblich dazu beitrug, dass der Entscheid über das Vollzugsbegehren sich bis zum 9. März 1976 verzögerte. Der Umstand aber, dass die Beschwerdeführerin das Begehren erst am 18. Oktober 1975 beim Gerichtspräsidenten von Laupen einreichte, ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass sie sich vorerst beim Gerichtspräsidenten von Delsberg beschwerte und sich erst später herausstellte, dass dessen Intervention bei der Vormundschaftsbehörde (Schreiben vom 25. Juni 1975) wirkungslos blieb und diese den Beschwerdegegner weiterhin in ungerechtfertigter Weise unterstützte. Nach der Rechtsprechung hätte die Vormundschaftsbehörde in das Urteil vom 25. Januar 1975 nur eingreifen dürfen, wenn die zum Schutz der Kinder nötigen vorsorglichen Massnahmen vom Richter voraussichtlich nicht rechtzeitig hätten getroffen werden können (HEGNAUER, Kommentar N. 191-197 zu Art. 283 ZGB ). Diese Voraussetzung war nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich und in keiner Weise dargetan, inwiefern die Ausübung des Besuchsrechts durch die Beschwerdeführerin das Wohl der Kinder beeinträchtigt hätte. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin die Kinder nie gegen deren Willen gezwungen, zu ihr zu gehen. War aber die Beschränkung des Besuchsrechts, namentlich dasjenige gegenüber den beiden Mädchen, die sich nie geweigert hatten, zur Mutter BGE 105 IV 229 S. 233 zu gehen, offensichtlich unbegründet und rechtswidrig, so ist zum mindesten hinsichtlich der Mädchen die in die Zeit vom 18. Juni bis 15. Oktober 1975 fallende Verhinderung des Besuchsrechts entgegen der Ansicht der Vorinstanz mitzurechnen. Somit wiegt auch rein zahlenmässig die Behinderung wesentlich schwerer, als im angefochtenen Urteil angenommen wurde. Beim Vorfall vom 6. Dezember 1975 weigerte sich der Beschwerdegegner, die Kinder der Mutter vor dem Schulhaus zu übergeben unter dem Vorwand, sie müssten bei ihm zu Hause abgeholt werden. Ferner wird durch die Sozialassistentin, die bei der Durchführung des Besuchsrechts am 7. Februar und 6. März 1976 dabei war, bezeugt, dass der Beschwerdegegner die Kinder mit der Bemerkung, sie müssten nicht zur Mutter gehen, wenn sie nicht wollten, ungünstig zu beeinflussen versuchte und dass er die Bereitschaft von Sandra, zur Beschwerdeführerin zu gehen, durch kühle Behandlung des Kindes deutlich missbilligte. Auch wenn offenbare Schikanen nur vereinzelt nachweisbar sind, so ist das erwähnte Verhalten des Beschwerdegegners dennoch unmissverständlicher Ausdruck seiner allgemeinen Einstellung, aus der heraus er darauf ausging, die Ausübung des Besuchsrechts zu vereiteln und die Kinder, jedenfalls die beiden Mädchen, vom Besuch ihrer Mutter abzuhalten. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat X. in der Befragung über die Beweggründe seines Verhaltens sich weitgehend hinter das Wohl der Kinder verschanzt. Die Vorinstanz findet, hierin möge er subjektiv mindestens teilweise Recht gehabt haben, zumal er sich in seiner Ansicht durch die Behörden bestärkt gesehen habe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch die Vorinstanz keine Gründe nennt, die den Beschwerdegegner berechtigt hätten, sich auf das Wohl der Kinder zu berufen. Er stützte sein Vorgehen vielmehr auf die hinsichtlich der Mädchen unwahre Behauptung, die Kinder weigerten sich, die Mutter zu besuchen. Unter diesem Vorwand erreichte er auch die Unterstützung der Vormundschaftsbehörde und ihr unbegründetes Eingreifen. 4. Gesamthaft betrachtet hat X. das der Beschwerdeführerin zustehende Besuchsrecht während verhältnismässig langer Zeit ohne triftigen Grund grob verletzt. Das ihr zugefügte Unrecht wiegt objektiv und subjektiv weit schwerer als die Tat der Beschwerdeführerin, die sie in einer für sie damals BGE 105 IV 229 S. 234 ausweglos erscheinenden Lage beging, konnte sie doch nach dem vorausgegangenen Verhalten der Behörden nicht mehr mit der Ausübung des Besuchsrechts über Weihnachten 1975 rechnen und musste befürchten, auch die beiden Mädchen könnten ihr, wie es bei Didier zutraf, entfremdet werden. Zwischen dem rechtswidrigen Verhalten des Beschwerdegegners und der Zwangslage, in der die Beschwerdeführerin handelte, besteht unzweifelhaft ein enger Kausalzusammenhang. Unter den gegebenen Umständen war daher der Strafantrag vom 17. März 1976 offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Daran ändert nichts, dass X. vielleicht bereit gewesen wäre, keinen Antrag zu stellen, wenn die Beschwerdeführerin sich entschuldigt und ihm die Reisekosten nach Courtételle ersetzt hätte. 5. Die Gutheissung der Beschwerde hat zur Folge, dass über die Verteilung der Kosten und Entschädigungen im kantonalen Verfahren die Vorinstanz neu zu entscheiden hat. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 15. Dezember 1978 aufgehoben und die Vorinstanz angewiesen, das Verfahren mangels gültigen Strafantrags einzustellen.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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f8f02ded-f179-4ce8-84a9-20671fb51b7b
Urteilskopf 86 I 150 23. Urteil vom 1. Juli 1960 i.S. X. gegen Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich.
Regeste Wehrsteuer: Ein Verzicht auf das Einspracherecht, den der Steuerpflichtige erklärt, bevor ihm die Steuerbehörde ordnungsgemäss den Steuerbetrag mitgeteilt hat, ist unwirksam.
Sachverhalt ab Seite 151 BGE 86 I 150 S. 151 A.- X., Präsident des Verwaltungsrates und Geschäftsführer einer Immobilien-Handelsgesellschaft, gab in der Steuererklärung vom 6. Februar 1958 für die Wehrsteuer der 9. Periode ein steuerbares Einkommen von Fr. 14'600.-- und ein steuerbares Vermögen von Fr. 100'000.-- an. Die Veranlagungsbehörde berechnete das steuerbare Einkommen, unter Einbezug eines Liegenschaftsgewinns von Fr. 50'000.--, auf Fr. 39'600.-- und das steuerbare Vermögen auf Fr. 102'000.--. Nach einer Besprechung mit dem Steuerkommissär erklärte der Vertreter des Steuerpflichtigen am 30. Mai 1958 durch Unterzeichnung eines vorgedruckten amtlichen Formulars, das im Kanton Zürich verwendet wird, die Zustimmung zu dieser Festsetzung der Steuerfaktoren und den Verzicht auf das Einspracherecht. Am 21. Januar 1959 eröffnete die kantonale Wehrsteuerverwaltung dem Pflichtigen mittels eines Formulars, welches auf das Einspracherecht hinweist, die Einschätzung unter Angabe der Steuerfaktoren und des Steuerbetrages. Hierauf erhob X. Einsprache mit dem Begehren, das steuerbare Einkommen sei auf Fr. 14'600.-- herabzusetzen. Die Veranlagungsbehörde trat auf die Einsprache nicht ein in Erwägung, dass er auf das Einspracherecht verzichtet habe. Eine Beschwerde des Steuerpflichtigen hiegegen wurde von der kantonalen Rekurskommission abgewiesen mit der Begründung, dass er sich bei dem Verzicht auf das Einspracherecht, den er bedingungslos und in Kenntnis der massgebenden Verhältnisse erklärt habe, behaften lassen müsse. B.- Gegen diesen Entscheid führt X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der er den Antrag auf Herabsetzung des steuerbaren Einkommens erneuert. Er macht geltend, der von ihm erklärte Verzicht auf das Einspracherecht sei nicht verbindlich. Der in Frage stehende Liegenschaftsgewinn sei zu Unrecht in die Berechnung des steuerbaren Einkommens einbezogen worden. BGE 86 I 150 S. 152 C.- Die kantonalen Behörden schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde abzuweisen, eventuell den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Ergänzung der Untersuchung und zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 99 Abs. 1 WStB kann der Steuerpflichtige gegen die Veranlagung binnen 30 Tagen, von der Eröffnung an gerechnet, Einsprache erheben. Unter der Eröffnung im Sinne dieser Bestimmung ist die formelle Mitteilung, die Art. 95 WStB vorschreibt, zu verstehen. Danach ist die Veranlagung schriftlich zu eröffnen; die Eröffnung hat die Steuerfaktoren, die Klasseneinteilung oder den Steuersatz sowie den Steuerbetrag anzugeben; Abweichungen von der Wehrsteuererklärung sind kurz zu begründen, es sei denn, dass dies dem Pflichtigen gegenüber - wie im vorliegenden Falle - schon in den Veranlagungsverhandlungen geschehen ist. Das ausgefüllte Formular, das der Vertreter des Beschwerdeführers im Mai 1958 für die Abgabe der "Einverständniserklärung" erhalten hat, genügt den Anforderungen des Art. 95 WStB nicht. Es sind darin nur die von der Veranlagungsbehörde ermittelten Steuerfaktoren (und die Nummer des für die Einkommenssteuer massgebenden Tarifs) angegeben, nicht auch der Steuerbetrag. Dagegen entspricht jenen Anforderungen die später, am 21. Januar 1959, erlassene schriftliche Mitteilung der Einschätzung. Sie enthält die nach Art. 95 WStB notwendigen Angaben; insbesondere nennt sie auch den Steuerbetrag. Erst mit dieser Eröffnung konnte nach der gesetzlichen Ordnung das Einspracherecht entstehen. Das dazu verwendete Formular weist denn auch, gemäss Art. 74 WStB, darauf hin, dass nun innert 30 Tagen Einsprache erhoben werden könne. BGE 86 I 150 S. 153 Der Beschwerdeführer hat diese Frist eingehalten. Seine Einsprache erfüllt auch die Anforderungen des Art. 101 WStB. Die Veranlagungsbehörde hätte darauf eintreten müssen, sofern der Verzicht auf das Einspracherecht, den der Vertreter des Beschwerdeführers durch Unterzeichnung des für die "Einverständniserklärung" bestimmten Formulars am 30. Mai 1958 zum voraus ausgesprochen hat, als unverbindlich zu betrachten ist. 2. Der Wehrsteuerbeschluss enthält keine ausdrückliche Bestimmung über den Verzicht auf das Einspracherecht. Aus Art. 95 und 99 Abs. 1 muss indessen geschlossen werden, dass auf jeden Fall ein Verzicht unwirksam ist, den der Steuerpflichtige erklärt, bevor ihm die Steuerbehörde ordnungsgemäss den Steuerbetrag mitgeteilt hat. Nach diesen Bestimmungen entsteht das Einspracherecht erst, nachdem der Pflichtige eine Einschätzungsmitteilung erhalten hat, die unter anderm den Steuerbetrag angeben muss. Diese Ordnung beruht auf dem Gedanken, dass dem Pflichtigen der Entschluss darüber, ob er die Einschätzung durch Einsprache anfechten will oder nicht, solange nicht zuzumuten ist, als er den Steuerbetrag nicht kennt und daher die Tragweite, welche die Einschätzung für ihn hat, nicht genügend überblickt. Es ist ein allgemeiner Grundsatz, dass ein Verzicht auf ein Rechtsmittel jedenfalls dann als unwirksam betrachtet werden muss, wenn nicht vorausgesetzt werden darf, dass die Partei dabei in voller Sachkenntnis gehandelt hat (vgl. BGE 79 II 234 ff.). Daher kann ein Verzicht auf das Einspracherecht, den ein Pflichtiger ausspricht, bevor ihm die Steuerbehörde, wie es Art. 95 WStB vorsieht, den Steuerbetrag mitgeteilt hat, nicht als verbindlich anerkannt werden. Gewiss lässt sich der Steuerbetrag, der den mitgeteilten Steuerfaktoren entspricht, anhand der Vorschriften über die Tarife leicht ausrechnen. Aber nicht jeder Steuerpflichtige ist imstande, die Ausrechnung selber vorzunehmen oder durch einen Steuerfachmann vornehmen zu lassen. Hierauf nimmt der Wehrsteuerbeschluss Rücksicht, indem er in Art. 95 die BGE 86 I 150 S. 154 Angabe des Steuerbetrages zwingend vorschreibt. Er schliesst damit aus, dass einfach vorausgesetzt wird, der Pflichtige, dem die von der Veranlagungsbehörde berechneten Steuerfaktoren mitgeteilt worden sind, müsse auch den entsprechenden Steuerbetrag kennen. Der Beschwerdeführer hat auf das Einspracherecht verzichtet, bevor ihm die Behörde den Steuerbetrag angegeben hat. Sein Verzicht ist daher nicht zu beachten. Dass sein Vertreter, ein Steuerberater, den Steuerbetrag ohne weiteres selber hat ausrechnen können, ist unerheblich. 3. Die Rekurskommission hat die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass die Veranlagungsbehörde mit Recht auf die Einsprache nicht eingetreten sei. Über die materielle Frage, ob der in die Veranlagung einbezogene Liegenschaftsgewinn in die Berechnung des steuerbaren Einkommens falle, hat sie nicht entschieden. Sie hat am Schluss der Erwägungen lediglich beigefügt, dass diese Frage nach ihrer Auffassung "ohne weiteres zu bejahen wäre, wenigstens sofern die Darstellung des Sachverhaltes durch den Steuerkommissär den tatsächlichen Verhältnissen entspricht". Sie hat also die Sache nicht allseitig in eigener Verantwortung geprüft. Unter diesen Umständen ist die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Angelegenheit zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
public_law
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1,960
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CH_BGE_001
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f8f219c5-6435-4172-8a69-f3551128dfa2
Urteilskopf 81 I 72 15. Urteil vom 1. April 1955 i.S. Süssli gegen Rekurskommission des Kantons Aargau.
Regeste Wehrsteuer: Der Abzug für unterstützungsbedürftige Personen (Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB) kommt nicht in Frage für Familienglieder, die im Haushalt des Steuerpflichtigen arbeiten, soweit es sich nicht um ganz geringfügige Dienste handelt.
Sachverhalt ab Seite 73 BGE 81 I 72 S. 73 Otto Süssli, der ledig ist, lebt mit seiner Mutter in einer Mietwohnung; die Mutter besorgt ihm den Haushalt. Er hat bei seiner Veranlagung zur Wehrsteuer der 7. Periode geltend gemacht, die Mutter werde von ihm unterhalten und sei unterstützungsbedürftig, und hat daher einen Abzug von Fr. 500.-- nach Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB beansprucht. Der Abzug ist abgelehnt worden, zuletzt durch Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 9. November 1954. Hiegegen erhebt der Steuerpflichtige Verwaltungsgerichtsbeschwerde, in der er an seinem Standpunkt festhält. Er führt aus, er habe für den Unterhalt der Mutter restlos aufzukommen. Solange sie mit ihm zusammenlebe, sei er gezwungen, eine Dreizimmerwohnung zu halten, während er für sich allein nur ein Zimmer mieten müsste. Er zahle für die Mutter auch die Krankenkassenbeiträge und die Arztrechnungen. Eine Verweigerung des streitigen Abzuges, der ihm bisher immer zugestanden worden sei, rechtfertige sich nun, da die Mutter 70 Jahre alt sei, weniger denn je. Die kantonale Rekurskommission und die eidg. Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Nach Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB kann der Steuerpflichtige für jede von ihm unterhaltene unterstützungsbedürftige Person, mit Ausnahme der Ehefrau, Fr. 500.-- vom reinen Einkommen abziehen. Dieser Abzug kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts (Urteile vom 29. Februar 1940 und 21. Februar 1947, wiedergegeben in BGE 81 I 72 S. 74 ASA 9, 45 und 15, 500) nicht in Frage für Familienglieder, die im Haushalt des Steuerpflichtigen arbeiten oder regelmässig zu Dienstleistungen herangezogen werden, soweit es sich dabei nicht um ganz geringfügige Dienste handelt. Familienangehörige, die unter solchen Bedingungen ihren Unterhalt in der Familiengemeinschaft finden, sind nicht unterstützungsbedürftig. Die Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für ihren Unterhalt macht, sind nicht Unterstützungen, sondern eine Art Gegenleistung für die Arbeit, die sie im Interesse der Gemeinschaft verrichten. Darauf, ob das Familienmitglied ausserhalb der Familiengemeinschaft seinen Unterhalt selbst verdienen könnte oder sonst die Mittel fände, sich durchzubringen, kann es nicht ankommen. Anders verhält es sich in Fällen, wo ein Familienmitglied dem Haushalt zur Last fällt, also bei Arbeitsunfähigkeit, dauernder Krankheit oder ähnlicher dauernder Behinderung am Dienst für die Familiengemeinschaft. Es ist nicht bestritten, dass die Mutter des Beschwerdeführers dessen Haushalt besorgt. Dass sie in der in Betracht fallenden Zeit dauernd daran verhindert gewesen sei, wird nicht behauptet. Sie ist daher jedenfalls für diese Zeit nicht als unterstützungsbedürftig anzusehen. Dass sie in vorgerücktem Alter steht, ändert daran nichts. Der Beschwerdeführer hat deshalb für die 7. Wehrsteuerperiode, um die es sich handelt, keinen Anspruch auf einen Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB. Die für frühere Perioden getroffenen Veranlagungen, bei denen nach seiner Darstellung ein solcher Abzug gewährt worden sein soll, sind im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen. Der Einwand des Beschwerdeführers, das Zusammenleben mit der Mutter verursache ihm Mehrauslagen, geht fehl. Wäre das wirklich der Fall - was nicht feststeht -, so hätte man es nichtsdestoweniger mit Haushaltungskosten zu tun; solche Aufwendungen können aber nach Art. 23 WStB nicht vom Einkommen abgezogen werden. Würde der Beschwerdeführer seinen Haushalt nicht durch BGE 81 I 72 S. 75 die Mutter, sondern durch eine Angestellte besorgen lassen, so könnte er die daherigen Kosten auch nicht in Abzug bringen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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1,955
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f8f3ce45-f050-46e3-a128-dcc97aba361e
Urteilskopf 110 Ib 141 24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. Mai 1984 i.S. Dr. Erich Gayler und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 24 RPG ; Ausnahmebewilligung. Der Neubau eines freistehenden Ferieneinfamilienhauses ausserhalb der Bauzonen als Ersatz für den Abbruch ehemals bewohnter Anbauten eines andern Gebäudes gilt nicht als Wiederaufbau i.S.v. Art. 24 Abs. 2 RPG (E. 3b) und kann mangels Standortgebundenheit auch nicht nach Art. 24 Abs. 1 RPG bewilligt werden (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 142 BGE 110 Ib 141 S. 142 Erich Gayler, Rudolf Gayler, Birgit Staiger und Franziska Jaisli sind gemeinschaftliche Eigentümer der Liegenschaft "Weidhof" in Landschlacht am Ufer des Bodensees. Der ausserhalb der Bauzone gelegene "Weidhof" umfasst unter anderem ein Herrschaftshaus und einen Landwirtschaftsbetrieb. Die Eigentümer beabsichtigen, das in der Lichtung eines Parkgehölzes stehende Herrschaftshaus baulich zu sanieren. Dabei sehen sie auf fachkundigen Rat hin vor, den aus dem vergangenen Jahrhundert stammenden klassizistischen Hauptteil instand zu stellen und die später hinzugefügten, stilistisch fragwürdigen Anbauten Nord und West abzubrechen. Als Ersatz für diese Anbauten wollen sie in 35 m Entfernung in westlicher Richtung am jenseitigen Rand des Parkgehölzes ein Ferieneinfamilienhaus bauen. Das Amt für Raumplanung des Kantons Thurgau verweigerte am 11. Juni 1982 die nach Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) erforderliche Ausnahmebewilligung. Eine dagegen gerichtete Beschwerde der Grundeigentümer wies der Regierungsrat des Kantons Thurgau mit Beschluss vom 18. Oktober 1983 ab. Die Grundeigentümer führen gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragen, den angefochtenen Regierungsratsbeschluss aufzuheben und ihnen die Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG auch für den Bau des projektierten Einfamilienhauses zu erteilen; eventuell sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Art. 22 Abs. 1 lit. a RPG setzt für die Erteilung einer Baubewilligung voraus, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen. Abweichend davon können Errichtung und Zweckänderung von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nach Art. 24 Abs. 1 RPG ausnahmsweise bewilligt werden, wenn deren Zweck einen Standort ausserhalb der Bauzone erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Gemäss Art. 24 Abs. 2 RPG kann das kantonale Recht gestatten, Bauten und Anlagen zu erneuern, teilweise zu ändern oder wieder aufzubauen, wenn dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. a) (Feststellung, dass der "Weidhof" trotz der Einwendungen der Beschwerdeführer nicht in einer Bauzone liegt.) BGE 110 Ib 141 S. 143 b) Die Beschwerdeführer sind indessen der Meinung, eine Baubewilligung hätte als Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 2 RPG und der kantonalen Einführungsgesetzgebung erteilt werden müssen. Wie erwähnt kann das kantonale Recht gemäss Art. 24 Abs. 2 RPG gestatten, Bauten und Anlagen zu erneuern, teilweise zu ändern oder wieder aufzubauen, wenn dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Ob ein Bauvorhaben unter Art. 24 Abs. 2 RPG fällt, beurteilt sich ausschliesslich nach dieser Vorschrift. Erneuerung, teilweise Änderung und Wiederaufbau sind bundesrechtliche Begriffe. Das kantonale Recht kann nur bestimmen, ob und allenfalls inwieweit bauliche Massnahmen innerhalb des bundesrechtlich begrenzten Rahmens im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG bewilligt werden dürfen. Mit dieser Regelung will das Bundesrecht den Kantonen ermöglichen, ihren besonderen Verhältnissen Rechnung zu tragen ( BGE 108 Ib 54 E. 3b, 361 E. 3a, je mit Hinweisen). Der projektierte Neubau eines Ferieneinfamilienhauses stellt weder eine Erneuerung, eine teilweise Änderung noch einen Wiederaufbau im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG dar. Alle drei auf die Substanzerhaltung ausgerichteten Arten baulicher Massnahmen setzen voraus, dass ein Baukörper an einem bestimmten Standort schon besteht und dass seine Identität grundsätzlich gewahrt wird ( BGE 108 Ib 55 /56 E. 3c; 107 Ib 241 /242 E. 2b aa mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind aber beim Neubau eines nach Ausmass, Erscheinungsform und Stil völlig verschiedenen Wohnhauses 35 m entfernt vom teilweise abzubrechenden Altbau nicht gegeben. Namentlich kann es sich hier nicht um einen Wiederaufbau handeln. Das projektierte Ferienhaus mag in einem gewissen Sinn als Ersatzbaute für verlorengehenden Wohnraum betrachtet werden. Indessen wird aus diesem Ersatzbau auch dann kein Wiederaufbau im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG , wenn die Ersatzbaute das gesamte Sanierungsprojekt zu fördern vermöchte und im Volumen nicht einmal die Hälfte der vom Altbau abzubrechenden Anbauten ausmacht. Eine zu weitgehende Berücksichtigung zonenfremder Bauten widerspräche dem Zweck des Raumplanungsgesetzes. Liegt das Projekt eines Einfamilienhauses aber ausserhalb des bundesrechtlichen Rahmens von Art. 24 Abs. 2 RPG , so ist nicht mehr zu prüfen, ob und allenfalls inwieweit es nach kantonalem Recht bewilligt werden dürfte. Das Bauvorhaben kann schon nach BGE 110 Ib 141 S. 144 Art. 24 Abs. 2 RPG nicht bewilligt werden. Da sich dessen Unzulässigkeit bereits daraus ergibt, dass es weder eine Erneuerung, eine teilweise Änderung noch einen Wiederaufbau darstellt, so braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob es mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar wäre. Eine bundesrechtskonforme Auslegung des Raumplanungsgesetzes dient der Verfassungsbestimmung von Art. 22 quater BV . Sie kann daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer die in Art. 22ter BV gewährleistete Eigentumsgarantie nicht verletzen. Abgesehen davon wäre es dem Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3 BV verwehrt, das Bundesgesetz über die Raumplanung auf seine Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung zu überprüfen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist keine Verletzung von Bundesrecht dargetan, weshalb die Beschwerde sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Eventualbegehren abzuweisen ist. c) Durfte den Beschwerdeführern keine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 2 RPG erteilt werden, so könnte es sich nur noch fragen, ob eine solche gemäss Art. 24 Abs. 1 RPG denkbar wäre. Der Regierungsrat hat diese Möglichkeit indessen mit Recht verneint, da das projektierte Ferienhaus offensichtlich nicht auf den vorgesehenen Standort ausserhalb des Baugebiets in der Landwirtschaftszone und im Landschaftsschutzgebiet angewiesen ist. Die Beschwerdeführer fechten diese Argumentation zu Recht nicht an; auch insoweit könnte von einer Bundesrechtsverletzung keine Rede sein.
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nan
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1,984
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CH_BGE_003
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Urteilskopf 95 III 81 13. Entscheid vom 10. Dezember 1969 i.S. Sturzenegger.
Regeste Unpfändbarkeit von Berufswerkzeugen ( Art. 92 Ziff. 3 SchKG ). Handelt es sich beim Betrieb, für den die als unpfändbar beanspruchten Geräte benötigt werden, um die Ausübung eines Berufs im Sinne von Art. 92 Ziff. 3 SchKG oder um ein Unternehmen, das den Schutz dieser Bestimmung nicht geniesst? Unterscheidungsmerkmale. Fall eines Industriespritzwerks.
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 95 III 81 S. 81 Sturzenegger betreibt auf eigene Rechnung ein Industriespritzwerk. Früher beschäftigte er zwei Arbeiter. Heute steht nur ein Jüngling halbtagsweise in seinem Dienst. In Betrei bungen gegen ihn wurden u.a. ein Personenwagen "Plymouth- BGE 95 III 81 S. 82 Valiant", ein Kompressor und ein Einbrennofen gepfändet. Die Beschwerden, mit denen er geltend machte, diese Gegenstände seien für die selbständige Ausübung seines Berufes unentbehrlich und daher unpfändbar, wurden von der untern und am 17. Oktober 1969 auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen. Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat Sturzenegger an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, die erwähnten Gegenstände seien als Kompetenzstücke aus der Pfändung zu entlassen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist anzunehmen, dass der Kompressor und der Einbrennofen für den Betrieb des Rekurrenten unentbehrlich sind. Sie sind daher nach Art. 92 Ziff. 3 SchKG grundsätzlich unpfändbar, wenn es sich bei der Tätigkeit des Rekurrenten um einen Beruf im Sinne dieser Bestimmung und nicht um ein Unternehmen handelt (vgl. zu diesen Begriffen BGE 82 III 108 mit Hinweisen, BGE 85 III 22 , BGE 88 III 52 , BGE 91 III 55 ). Dass der Rekurrent mit seiner Tätigkeit einen Beruf ausübe, lässt sich, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, nicht schon deswegen verneinen, weil diese Tätigkeit keine erhebliche Ausbildung voraussetzt. Die Vorinstanz ist dagegen der Auffassung, es handle sich deshalb nicht um einen Beruf, sondern um ein Unternehmen, weil der kapitalmässige Einsatz gegenüber der persönlichen Arbeit des Rekurrenten überwiege; der Rekurrent verwende Gerätschaften und Maschinen im Anschaffungswerte von mehr als Fr. 50'000.-- und brauche monatlich für ungefähr Fr. 400.-- elektrischen Strom. Angesichts dieser Umstände ist der Auffassung der Vorinstanz beizustimmen. Bei einer maschinellen Einrichtung, deren Anschaffung und Inbetriebsetzung so viel kosten und deren Bedienung keine besondern Anforderungen stellt, lässt sich nicht mehr von Berufswerkzeugen im Sinne von Art. 92 Ziff. 3 SchKG sprechen. Vielmehr übertrifft der Einsatz maschineller Mittel die persönliche Arbeitsleistung des Rekurrenten an Bedeutung (vgl. BGE 88 III 52 unten, BGE 82 III 109 ). Der vom Rekurrenten hervorgehobene Umstand, dass er ohne die BGE 95 III 81 S. 83 streitigen technischen Mittel seine Arbeiten nicht mehr ausführen könnte, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Die meisten Unternehmen brauchen zu ihrem Betrieb technische Hilfsmittel. Erreichen diese Mittel einen bedeutenden Umfang, so ist das ein Indiz für das Vorliegen eines Unternehmens. Wie die untere Aufsichtsbehörde mit Recht bemerkt hat, besteht die Tätigkeit des Farbspritzens im wesentlichen im Ausnützen vorhandener teuerer Apparaturen. Sie unterscheidet sich hierin z.B. von der Tätigkeit eines Zahnarztes, die zwar auch eine solche Apparatur fordert, für die aber die durch eine höhere Ausbildung erworbenen persönlichen Fähigkeiten entscheidend sind. Betreibt der Rekurrent ein Unternehmen, so kann er die gepfändeten Gegenstände nicht auf Grund von Art. 92 Ziff. 3 SchKG als Kompetenzstücke beanspruchen, auch wenn sie für seinen Betrieb unentbehrlich sind. Der Betrieb eines Unternehmens ist durch Art. 92 Ziff. 3 SchKG nicht geschützt. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob der Rekurrent für seinen Betrieb auf den gepfändeten Personenwagen angewiesen sei. Für den privaten Gebrauch (Verbringung eines gehbehinderten Kindes in eine Klinik zur ambulanten Behandlung) kann dieser Wagen nach Art. 92 SchKG nicht aus der Pfändung entlassen werden. Er gehört insbesondere nicht zu den nach Art. 92 Ziff. 1 SchKG unpfändbaren Gegenständen.
null
nan
de
1,969
CH_BGE
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Federation
f8fa502e-0dea-47df-8107-9529a5844699
Urteilskopf 121 I 108 16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Juni 1995 i.S. I. Inc. gegen N. AG (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Staatsvertrag von 1850/1855 mit den Vereinigten Staaten von Amerika (SR 0.142.113.361). Tragweite der Garantien des freien Zugangs zu den Gerichten und der Gleichbehandlung in bezug auf die Pflicht des im Ausland wohnhaften Klägers zur Sicherstellung der Parteikosten des Beklagten.
Sachverhalt ab Seite 108 BGE 121 I 108 S. 108 A.- Die in New York domizilierte I. Inc. reichte am 13. September 1993 beim Kantonsgericht Zug gegen die N. AG, Steinhausen, eine Forderungsklage über US $ 7'726'142.-- zuzüglich Zins ein. Auf Begehren der Beklagten verpflichtete das Kantonsgericht die Klägerin mit Beschluss vom 2. Dezember 1993, im Umfang von Fr. 168'700.-- Sicherheit für eine allfällige Parteientschädigung zu leisten. BGE 121 I 108 S. 109 Die Beschwerde, welche die I. Inc. gegen diesen Beschluss erhob, wies die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug am 15. September 1994 ab. B.- Gegen den Entscheid der Justizkommission hat die I. Inc. staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Nach § 43 Abs. 1 ZPO /ZG kann der Kläger unter anderem dann zur Sicherstellung der Parteientschädigung verpflichtet werden, wenn er in der Schweiz keinen festen Wohnsitz hat. Gestützt auf diese Bestimmung haben die kantonalen Instanzen die Kautionspflicht der Beschwerdeführerin, die ihren Sitz in New York hat, bejaht. Damit haben sie nach Ansicht der Beschwerdeführerin gegen den Staatsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 17. Dezember 1850/21. Juli 1855 (SR 0.142.113.361) verstossen und überdies Art. 4 BV verletzt. 2. Der genannte Staatsvertrag verpflichtet beide Vertragsstaaten, die Bürger des anderen Landes "auf dem Fusse gegenseitiger Gleichheit zuzulassen und zu behandeln", und bestimmt insbesondere, dass diese "freien Zutritt zu den Gerichtshöfen" haben und "vor Gericht, in gleicher Weise wie ein Eingeborner, ihre Rechte verfolgen" können (Art. I Abs. 1). Das Bundesgericht hat es in BGE 60 I 220 (E. 5 S. 226 ff.) abgelehnt, aus der Garantie des freien Zugangs zu den Gerichten einen Anspruch des in den Vereinigten Staaten wohnhaften Amerikaners darauf abzuleiten, von der Pflicht zur Leistung einer Prozesskaution wegen auswärtigen Wohnsitzes befreit zu werden. In BGE 76 I 111 (E. 3 S. 120) hat es diese Auffassung in einem obiter dictum - jedenfalls im Ergebnis - bestätigt. Die Lehre sowie die Praxis anderer Bundesbehörden und kantonaler Gerichte schliessen sich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung an (DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, Répertoire de droit international privé suisse, Bd. III., S. 41 ff. Rz. 53 ff.; HANSJÖRG STUTZER, Die Kautionspflicht im zürcherischen Zivilprozess, Diss. Zürich 1980, S. 68 ff., je mit weiteren Hinweisen; ferner LEUCH/MARBACH/KELLERHALS, Komm. ZPO/BE, 4. Aufl. 1995, N. 4f zu Art. 70; STRÄULI/MESSMER, Komm. ZPO/ZH, 2. Aufl. 1982, N. 10 zu § 73; POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, N. 2.2 zu Art. 150 am Ende; OGer TG in SJZ 62/1966, S. 160 f.; CJ GE in SJ 1984, S. 200 ff.; BGE 121 I 108 S. 110 kritisch GERHARD WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, S. 240). Der vorliegende Fall gibt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Die Kautionspflicht nach § 43 Abs. 1 ZPO /ZG beruht - wie diejenige nach Art. 150 Abs. 2 OG und nach den entsprechenden Vorschriften anderer kantonaler Zivilprozessordnungen (vgl. die Übersicht bei VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 3. Aufl. 1992, S. 364 Rz. 38) - auf dem folgenden Grundgedanken: Der Kläger entscheidet über die Anhebung des Prozesses. Er hat es in der Hand, die Aussichten einer erfolgreichen Durchsetzung seiner Ansprüche gegen das Risiko abzuwägen, für die Kosten allenfalls auch bei Obsiegen keinen Ersatz zu erlangen. Der Beklagte geht demgegenüber die Kostenrisiken des Prozesses in der Regel nicht freiwillig ein. Er soll daher vor der Gefahr geschützt werden, dass seine Parteikosten trotz Obsiegens an ihm hängen bleiben, weil die ihm zugesprochene Parteientschädigung sich als uneinbringlich erweist (STUTZER, a.a.O., S. 9). Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn der Kläger im Ausland ansässig ist, da dort Kostenentscheide schweizerischer Gerichte nicht ohne weiteres vollstreckt werden können. § 43 Abs. 1 ZPO /ZG sieht deshalb für diesen Fall vor, dass der Kläger zur Sicherstellung der Parteientschädigung verhalten werden kann (WALDER, Einführung in das internationale Zivilprozessrecht der Schweiz, S. 243 Rz. 4; vgl. auch BGE 60 I 220 E. 5 S. 227). Dem Grundgedanken dieser Kautionspflicht entspricht, dass sie sich einzig aus dem ausländischen Wohnsitz des Klägers ergibt, mithin unabhängig von dessen Staatsangehörigkeit besteht. Kautionspflichtig sind folglich auch Schweizer mit Wohnsitz im Ausland (vgl. zur entsprechenden Regelung in St. Gallen DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, a.a.O., S. 43 N. 60; in Zürich STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N. 7 zu § 73; im Thurgau SJZ 62/1966, S. 160 f.; im Bund BGE 80 II 94 f. sowie POUDRET, N. 2.2 zu Art. 150; siehe ferner auch RAINER ISLER, Die Kautionspflicht im schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1967, S. 13). Unter diesen Umständen kann von einer Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin keine Rede sein. Die kantonalen Instanzen haben die Beschwerdeführerin nicht wegen ihrer rechtlichen Zugehörigkeit zum amerikanischen Staat, sondern wegen ihres ausländischen Sitzes zur Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin verpflichtet. Die gleiche Kautionspflicht hätte auch einem in New York wohnhaften schweizerischen Staatsangehörigen auferlegt BGE 121 I 108 S. 111 werden können. Das angefochtene Urteil knüpft den Zugang der Beschwerdeführerin zu den Gerichten des Kantons Zug somit nicht an strengere Voraussetzungen, als sie für Auslandschweizer gelten. Der Entscheid hält deshalb sowohl vor Art. 4 BV als auch vor Art. I Abs. 1 des Staatsvertrages mit den Vereinigten Staaten stand. 3. Was die Beschwerdeführerin vorbringt, vermag zu keinem anderen Schluss zu führen: a) In BGE 60 I 220 ff. war die Tragweite des Staatsvertrages in bezug auf das Waadtländer Zivilprozessrecht zu beurteilen. Dieses sieht die Kautionspflicht wegen auswärtigen Wohnsitzes nur für Ausländer und nicht auch für Schweizer vor (Art. 81 aZPO/VD; ebenso Art. 95 Abs. 1 der geltenden ZPO/VD). Es stellte sich daher die Frage, wieweit Amerikaner mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz im Ausland wohnhaften Schweizern gleichzustellen und aus diesem Grund von der Kautionspflicht zu befreien sind. Das Bundesgericht ging davon aus, dass ein Anspruch von Amerikanern auf Gleichbehandlung nur soweit besteht, als Schweizern im betreffenden amerikanischen Bundesstaat Gegenrecht gewährt wird (E. 5 S. 228; ebenso die Waadtländer Praxis: POUDRET/WURZBURGER/HALDY, Komm. ZPO/VD, 3. Aufl. 1991, N. 1 zu Art. 95 am Ende). Die Erwägungen, die BGE 60 I 220 ff. zur "reziproken Gleichbehandlung" anführt, erklären sich demnach aus der besonderen Ausgestaltung der "cautio judicatum solvi" in der Waadtländer Zivilprozessordnung. Sie lassen sich entgegen dem, was die Beschwerdeführerin und auch die Justizkommission anzunehmen scheinen, nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Da nach Zuger Recht auch Auslandschweizer kautionspflichtig sind, fällt hier eine Ungleichbehandlung zwischen diesen und Amerikanern mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz zum vornherein ausser Betracht (E. 2 hievor). Für den Ausgang der Streitsache spielt deshalb keine Rolle, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der Schweiz wohnhafte Schweizer in New York zur Leistung von Prozesskautionen verpflichtet werden können. Die Behauptungen und Beweisangebote, welche die Beschwerdeführerin im kantonalen Beschwerdeverfahren zu dieser Frage vorgebracht hat, erweisen sich als unerheblich. Die Beschwerdeführerin rügt daher vergeblich, die Justizkommission habe diese Vorbringen zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen und den Staatsvertrag sowie das Willkürverbot von Art. 4 BV verletzt, indem sie die Rechtslage nach New Yorker Recht nicht überprüft BGE 121 I 108 S. 112 habe. All diese Rügen stossen ins Leere. Der in diesem Zusammenhang zusätzlich erhobene Vorwurf einer Gehörsverweigerung ist ebenfalls unbegründet; denn ein Anspruch der Parteien darauf, dass das Gericht ihre Behauptungen hört und sorgfältig prüft und die von ihnen angebotenen Beweise abnimmt, besteht nur für rechtserhebliche Vorbringen ( BGE 119 Ib 492 E. 4b/bb S. 505; BGE 112 Ia 107 E. 2b S. 109 f., je mit Hinweisen). b) In BGE 76 I 111 ff. ist das Bundesgericht davon ausgegangen, dass amerikanische Staatsbürger aufgrund des Staatsvertrages in jedem Kanton gleich zu behandeln sind wie Bürger eines anderen Kantons. Auch dieser Grundsatz ist entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht berührt, da das Zuger Recht im Hinblick auf die Kautionspflicht gar nicht zwischen Schweizern, seien sie Bürger des Kantons Zug oder eines andern Kantons, und Ausländern unterscheidet. Die Beschwerdeführerin geht fehl, wenn sie aus dem Staatsvertrag eine Pflicht der Zuger Gerichte ableiten möchte, in den Vereinigten Staaten ansässige Personen Schweizern mit Wohnsitz in einem anderen Kanton gleichzustellen. Der Staatsvertrag verbietet bloss eine Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit, verpflichtet die Behörden hingegen nicht, Personen, die ihren Wohnsitz im anderen Vertragsstaat haben, gleich wie im Inland Ansässige zu behandeln (vgl. E. 2 hievor; missverständlich insoweit BGE 76 I 111 E. 3 S. 119 f. und BGE 23 I 490 E. 4 und 5 S. 496; unrichtig GERHARD WALTER, a.a.O., S. 240). c) Da die Kautionspflicht gemäss § 43 Abs. 1 ZPO /ZG auch Auslandschweizer trifft, würde die Auffassung der Beschwerdeführerin im übrigen auf eine Privilegierung von Amerikanern mit Wohnsitz in den Vereinigten Staaten gegenüber dort wohnhaften Schweizern hinauslaufen. Das aber kann nicht Sinn und Zweck des Staatsvertrages sein (DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, a.a.O., S. 42 f. Rz. 58 und 60; STUTZER, a.a.O., S. 70, je mit weiteren Hinweisen; OGer TG in SJZ 62/1966, S. 160 f.). d) Schliesslich übersieht die Beschwerdeführerin, dass sich der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten wesentlich von den Staatsverträgen unterscheidet, die - wie insbesondere die Haager Zivilprozessrechts-Übereinkunft (SR 0.274.12; die Vereinigten Staaten sind diesem multilateralen Vertrag bisher nicht beigetreten) - den Kautionsgrund des fehlenden inländischen Wohnsitzes im Verhältnis zwischen den einzelnen Vertragsstaaten beseitigen. Diese Verträge sehen nämlich gleichzeitig vor, dass Kostenentscheide, die in einem der Vertragsstaaten ergangen sind, auch BGE 121 I 108 S. 113 von den anderen Vertragsstaaten zu vollstrecken sind (Art. 17-19 der Haager Übereinkunft; zu weiteren Staatsverträgen STUTZER, a.a.O., S. 46 ff.). Das ist das notwendige Gegenstück zum Verzicht auf die Auferlegung von Prozesskautionen ( BGE 94 I 358 E. 4, S. 363 mit Hinweisen). Denn erst wenn gewährleistet ist, dass eine dem Beklagten zugesprochene Parteientschädigung im Wohnsitzstaat des Klägers vollstreckt werden kann, entfällt die Gefahr, der die Kautionspflicht wegen ausländischen Wohnsitzes begegnen soll (vgl. E. 2 hievor). Der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten aber enthält keine Bestimmung über die Vollstreckung von Kostenentscheiden. Es verbietet sich deshalb auch aus diesem Grund, aus dem "freien Zutritt zu den Gerichtshöfen", wie ihn der Staatsvertrag garantiert, abzuleiten, dass einem in den Vereinigten Staaten ansässigen amerikanischen Kläger keine Prozesskaution auferlegt werden dürfte (STUTZER, a.a.O., S. 68 und 70; vgl. auch BGE 60 I 220 E. 5 S. 227).
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Federation
f8fe4cdd-9e1e-4541-8d07-3f71ad9e4000
Urteilskopf 104 Ib 59 11. Auszug aus dem Urteil vom 10. März 1978 i.S. Divine Light Zentrum (DLZ), A. und Omkarananda gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement
Regeste Ermächtigung zur Strafverfolgung eines eidg. Untersuchungsrichters ( Art. 15 VG ); Akteneinsicht (Art. 26/27 VwVG). Ist im Verfahren, in welchem um die Ermächtigung zur Strafverfolgung eines eidg. Untersuchungsrichters wegen dessen Amtsführung nachgesucht wird, die Einsichtnahme in die Akten der betreffenden strafrechtlichen Voruntersuchung zu bewilligen? Frage verneint (E. 3). Rechtmässigkeit des Entscheids, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu verweigern (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 104 Ib 59 S. 59 Mit Entscheid vom 5. Dezember 1977 verweigerte das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den eidgenössischen Untersuchungsrichter Dr. Hans Wieland, welcher eine Voruntersuchung BGE 104 Ib 59 S. 60 gegen verschiedene Mitglieder und Anhänger des Divine Light Zentrums (DLZ) geführt hatte. B. und A., die beide Gesuche um Erteilung der Strafverfolgungsermächtigung gestellt hatten, verlangten am 15. Dezember 1977 Einsicht in die Akten des Strafverfahrens, um zu prüfen, ob eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Departementes zweckmässig sei. Die Bundesanwaltschaft wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 20. Dezember 1977 ab. In der Folge reichte E. Finger im Namen des DLZ sowie von A. und Swami Omkarananda Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Darin wird im wesentlichen Einsicht in die Akten der strafrechtlichen Voruntersuchung sowie Aufhebung des Entscheides der Vorinstanz verlangt. Für die gleichen Beschwerdeführer unterzeichneten B. und A. eine weitere Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Schliesslich gelangte Swami Omkarananda auch persönlich mit Eingaben ans Bundesgericht. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Die Beschwerdeführer machen geltend, sie könnten ihre Beschwerde materiell nicht begründen, ohne dass ihnen Einsicht in die Akten der genannten Strafuntersuchung gegen Mitglieder und Anhänger des DLZ gewährt worden sei. Die Bundesanwaltschaft habe ihnen diese Akteneinsicht zu Unrecht verweigert. Sie stellen darum den Antrag, es sei ihnen zunächst Einsicht in die gewünschten Akten zu geben. Anschliessend sei im Sinne einer Wiederherstellung gemäss Art. 35 OG eine Frist zur materiellen Begründung der Beschwerde anzusetzen. b) Der in Art. 26/27 VwVG umschriebene Anspruch auf Akteneinsicht gilt sowohl vor als auch nach Fällung eines mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Entscheides. Wer erwägt, eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen, kann daher Einsicht in die Akten verlangen. Der Lauf der Beschwerdefrist wird dadurch aber grundsätzlich nicht beeinflusst. Die Verweigerung der Akteneinsicht in diesem Stadium des Verfahrens wird zweckmässigerweise zusammen mit dem von der Vorinstanz in materieller Hinsicht erlassenen Entscheid angefochten. Das Bundesgericht hat in einem solchen BGE 104 Ib 59 S. 61 Fall die Möglichkeit, den Entscheid, mit welchem die Akteneinsicht verweigert worden ist, aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, dem Beschwerdeführer in einem bestimmten Umfang Akteneinsicht zu gewähren. Gleichzeitig kann es das Beschwerdeverfahren gegen den materiellen Entscheid sistieren und nach gewährter Akteneinsicht eine Frist zur Beschwerdeergänzung ansetzen ( BGE 98 Ib 167 ). In der Regel wird ein Beschwerdeführer aber ohne weitere Akteneinsicht in der Lage sein, eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzureichen, da er aufgrund des Verfahrens vor der Vorinstanz oder vor früheren Instanzen, in dessen Verlauf er Akteneinsicht verlangen konnte, genügend mit dem Prozessthema vertraut ist. Im übrigen steht es dem Beschwerdeführer frei, in seiner Beschwerdeschrift die Edition von Akten der Vorinstanz zu beantragen, wenn er der Ansicht ist, darin seien weitere Beweismittel enthalten. Einem solchen Gesuch gibt das Bundesgericht statt, wenn das Beiziehen der verlangten Akten für die Entscheidung des Falles erheblich erscheint. Wenn die Vorinstanz auf Veranlassung des Bundesgerichts oder von sich aus Akten vorlegt, die neue Tatsachen enthalten, die der Beschwerdeführer noch nicht kennt, ordnet das Bundesgericht einen zweiten Schriftenwechsel an, in dessen Verlauf der Beschwerdeführer Einsicht in diese Akten nehmen und sich dazu äussern kann ( BGE 94 I 663 ). c) Nach Art. 27 VwVG darf die Behörde die Einsichtnahme in die Akten unter anderem dann verweigern, wenn wesentliche öffentliche Interessen des Bundes die Geheimhaltung erfordern. Im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren kann jede handlungsfähige Person eine Parteivertretung übernehmen ( Art. 11 VwVG , Art. 29 OG ). Demgegenüber können im Bundesstrafprozess nur Rechtsanwälte und Rechtslehrer an schweizerischen Hochschulen als Verteidiger auftreten ( Art. 35 Abs. 3 BStP ). Wenn im vorliegenden Verfahren E. Finger und A., die nicht Verteidiger im Bundesstrafprozess sein können, Einsicht in die Strafakten zu geben wäre, würden damit die strengeren strafprozessualen Bestimmungen über die Akteneinsicht umgangen. Eine Umgehung dieser Bestimmungen ergäbe sich auch, wenn dem Beschuldigten Omkarananda ausserhalb des Strafverfahrens Einsicht in die Strafakten gegeben würde. Es besteht ein wesentliches öffentliches Interesse, dass die im BGE 104 Ib 59 S. 62 Strafverfahren zuständigen Behörden nach den strafprozessualen Regeln entscheiden, wem, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang Einsicht in die Strafakten zu geben sei. Nur die Bestimmungen des Strafprozesses regeln die Akteneinsicht in einer Weise, welche ein geordnetes Strafverfahren ermöglicht. Zudem sind die zuständigen Behörden des Strafverfahrens am besten in der Lage, die Akteneinsicht in einem Rahmen zu gewähren, welcher die Strafverfolgung nicht gefährdet. Dieses öffentliche Interesse rechtfertigt, dass den Beschwerdeführern im Verfahren betreffend die Strafverfolgungsermächtigung keine Einsicht in die Strafakten gewährt wird. Die Verweigerung der Akteneinsicht durch die Vorinstanz ist daher nicht zu beanstanden. Aus den gleichen Überlegungen müsste das Bundesgericht im übrigen ein Gesuch abweisen, mit dem die Edition der Strafakten im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren verlangt würde. d) Selbst wenn das öffentliche Interesse an der Verweigerung der Akteneinsicht und das private Interesse an einer Einsichtnahme gegeneinander abzuwägen wären, müsste das öffentliche Interesse als schutzwürdiger bezeichnet werden. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Dr. Wieland streitig. Diese Ermächtigung muss erteilt werden, wenn sich aufgrund einer gemäss Art. 15 Abs. 3 VG durchgeführten Vorprüfung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass seine Handlungen einen Straftatbestand erfüllen und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung gegeben sein könnten. Nicht Voraussetzung einer Ermächtigung ist, dass der objektive und subjektive Tatbestand mit Sicherheit nachgewiesen wird ( BGE 100 Ib 15 , BGE 93 I 78 ). Die viel weitergehende Frage, ob Dr. Wieland die Strafuntersuchung richtig geführt habe und ob die Resultate dieser Untersuchung in tatsächlicher Hinsicht unumstösslich seien, ist jedoch nicht in diesem Vorprüfungsverfahren abzuklären. Dies wird Gegenstand des in Aussicht stehenden Strafprozesses gegen Mitglieder und Sympathisanten des DLZ sein. Um lediglich Anhaltspunkte für die Strafbarkeit von Dr. Wieland vorzubringen, sind die Akten, welche die Beschwerdeführer bereits kennen, sowie ihre sonstigen Kenntnisse über das Strafverfahren ausreichend. Die Beschwerdeführer kennen insbesondere den Schlussbericht des eidg. Untersuchungsrichters und den Entscheid der Anklagekammer des BGE 104 Ib 59 S. 63 Bundesgerichts vom 7. November 1977 betreffend Ausstandsgesuche gegen diesen Untersuchungsrichter. Anhaltspunkte über die Strafbarkeit von Dr. Wieland könnten aufgrund dieser Kenntnisse ohne weiteres dargelegt werden, sofern sie bestehen würden. Das Interesse an einer zusätzlichen Einsichtnahme in die umfangreichen Akten der Strafuntersuchung erweist sich darum als unbedeutend, verglichen mit dem öffentlichen Interesse an einer Verweigerung der Akteneinsicht. 4. Die Beschwerdeführer stellen ferner ein Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist nach Wegfall der Hindernisse, welche nach ihrer Ansicht eine materielle Begründung der Beschwerde verunmöglicht haben. Nach Art. 35 OG kann die Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung einer Frist nur erteilt werden, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln. Im vorliegenden Fall waren die Beschwerdeführer in der Lage, wie oben ausgeführt, ihre Beschwerde materiell zu begründen. Der Beschwerdeführer Omkarananda, der sich in Untersuchungshaft befindet, richtete selber Eingaben an das Bundesgericht. In der Eingabe vom 11. Januar 1978 hat er im übrigen ausgeführt, E. Finger sei sein Parteivertreter und dieser habe die Beschwerde in seinem Namen eingereicht. Omkarananda wurde somit durch die Untersuchungshaft nicht an der Einreichung einer Beschwerde gehindert. Insoweit die Beschwerdeführer für die Einreichung einer vollständig begründeten Beschwerde die Frist verpasst haben sollten, hätten sie diesen Umstand selber verschuldet. Das Wiederherstellungsgesuch ist daher abzuweisen. 6. Die Beschwerdeführer bringen vor, Dr. Wieland habe sich durch seine Amtshandlungen schwerer krimineller Delikte schuldig gemacht. Dadurch seien sie geschädigt worden. Sie verlangen darum die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Die Anklagekammer des Bundesgerichts hat in ihrem ausführlichen Entscheid vom 7. November 1977 Ausstandsgesuche gegen Dr. Wieland abgewiesen, welche von Omkarananda und weiteren Beschuldigten des Strafverfahrens eingereicht worden waren. Sie ist dabei zum Schluss gekommen, die vorgebrachten Rügen seien nicht geeignet, Misstrauen in die Unparteilichkeit von Dr. Wieland zu begründen. BGE 104 Ib 59 S. 64 Wenn bei Dr. Wieland nicht einmal Zeichen der Parteilichkeit zuungunsten der Mitglieder und Anhänger des DLZ festgestellt werden konnten, kann ausgeschlossen werden, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich Dr. Wieland zum Nachteil dieser Personen strafbar gemacht hat. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Dr. Wieland verweigert hat. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Das Wiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
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Urteilskopf 119 IV 242 46. Urteil des Kassationshofes vom 22. September 1993 i.S. S. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 18 und 305bis Ziff. 1 StGB ; Anlegen von Drogengeld, Vorsatz. Gegenstand der Geldwäscherei können alle Vermögenswerte sein, die aus einem Verbrechen herrühren; nicht erforderlich ist, dass sie weiteren Verbrechen dienen (E. 1b). Der Gesetzeswortlaut genügt dem Bestimmtheitsgebot (E. 1c). Das Anlegen von Geld, das aus qualifizierten Betäubungsmitteldelikten stammt, ist jedenfalls dann Geldwäscherei, wenn sich die Art und Weise, wie das Geld angelegt wird, von der einfachen Einzahlung von Bargeld auf ein Konto unterscheidet (E. 1d und e). Wissen um die verbrecherische Herkunft der Vermögenswerte; Inkaufnahme (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 242 BGE 119 IV 242 S. 242 A.- Der Versicherungstreuhänder S. nahm am 15. Februar 1991 von G. gegen Quittung Fr. 205'000.-- in bar entgegen und übergab das Geld K. Dieser überwies mit der Post auftragsgemäss Fr. 105'000.-- an eine Bank in Zürich zur Eröffnung eines Gemeinschaftskontos zugunsten von Herrn und Frau G. sowie zweimal Fr. 50'000.-- für den Abschluss von zwei Lebensversicherungen mit BGE 119 IV 242 S. 243 Einmaleinlage bei einer Versicherung in Genf. Beim Gemeinschaftskonto handelte es sich um ein verwaltetes Bankkonto. Der Verwaltungsauftrag ermächtigte die Bank, nach ihrem freien Ermessen - insbesondere hinsichtlich Währung, Höhe, Schuldner und Bedingungen - neue Anlagen zu tätigen sowie bestehende Anlagen aufzulösen. Bei Fr. 100'000.-- übersteigenden Einlagen bestanden bei dieser Bank wie bei der Versicherung besondere Meldepflichten. Das Geld stammte aus Drogenhandel, den G. im Zeitraum 1986 bis Februar 1991 betrieben hatte. Die Kriminalkammer des Kantons Bern verurteilte G. deshalb am 20. Dezember 1991 gemäss Art. 19 Ziff. 2 BetmG zu drei Jahren Gefängnis. B.- Das Strafamtsgericht Bern sprach S. am 3. Oktober 1991 von der Anschuldigung der Geldwäscherei, eventuell der mangelnden Sorgfalt beim Geldhandel frei. Auf Appellation des stellvertretenden Prokurators verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Bern am 11. August 1992 wegen Geldwäscherei zu Fr. 7'000.-- Busse. C.- S. führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz verzichtete auf Gegenbemerkungen. Der stellvertretende Prokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Den Tatbestand der Geldwäscherei erfüllt, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen herrühren ( Art. 305bis Ziff. 1 StGB ). a) Den Grundtatbestand der Geldwäscherei erfüllt jede Tathandlung, die geeignet ist, die Einziehung der Verbrechensbeute zu vereiteln. Das Verstecken von Drogengeld ist eine Vereitelungshandlung ( BGE 119 IV 59 ). b) Die Vortat muss ein Verbrechen im Sinne des Art. 9 StGB sein. Diese Voraussetzung ist mit der Verurteilung des Vortäters nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG erfüllt. Der Beschwerdeführer wendet ein, Art. 305bis StGB erfasse nur Vermögenswerte, die weiteren Verbrechen dienten. Das Gesetz stellt BGE 119 IV 242 S. 244 jedoch einzig darauf ab, ob die Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren, nicht aber darauf, ob mit ihnen weitere Straftaten begangen werden sollen. Dadurch unterscheidet sich Art. 305bis StGB von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 7 BetmG (vgl. BGE 111 IV 28 E. 4a, BGE 112 IV 47 , BGE 115 IV 256 , BGE 118 IV 412 ). Der Gedanke der Zweckbestimmung findet sich zwar in den Materialien (vgl. BERNASCONI, Die Geldwäscherei im Schweizerischen Strafrecht, Bericht mit Vorschlägen zu einer Gesetzesrevision (neuer Artikel 305bis StGB), Lugano 1986, S. 31, 37; Bonny, Amtl.Bull. 1989 N 1845). Die Räte stellten jedoch auf das Kriterium der Herkunft ab (Bundesrat Koller, Amtl.Bull. 1989 N 1854, Bonny, a.a.O. 1857, Salvioni, a.a.O. 1858; Bundesrat Koller, Amtl.Bull. 1990 S 195, Rhinow, a.a.O. 197, Béguin, a.a.O. 198). Die aus Art. 58 StGB stammende Wendung des Vorentwurfs ("zur Begehung einer strafbaren Handlung bestimmt") wurde nicht Gesetz (vgl. Botschaft über die Änderung des schweizerischen Strafgesetzbuches (Gesetzgebung über Geldwäscherei und mangelnde Sorgfalt bei Geldgeschäften) vom 12. Juni 1989, BBl 1989 II 1061ff., 1082). c) Eine Verletzung von Art. 1 StGB und Art. 7 EMRK ist nicht ersichtlich. Das Bestimmtheitsgebot (nulla poena sine lege certa) ist Bestandteil des Legalitätsprinzips. Der Grundsatz der Legalität folgt aus Art. 4 BV und bildet durch die Übernahme in Art. 1 StGB eidgenössisches Recht im Sinne des Art. 269 Abs. 1 BStP . Art. 7 EMRK schützt diesen Grundsatz ebenfalls. Die Rüge der konventionswidrigen Auslegung einer bundesrechtlichen Bestimmung, also der mittelbaren Verletzung der Konvention, kann mit Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht werden ( BGE 119 IV 107 E. 1a und BGE 116 IV 388 E. 1, je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Strassburger Organe muss das Gesetz lediglich so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann ( BGE 117 Ia 472 E. 3e, S. 480, vgl. BGE 112 Ia 107 E. 3b; HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 47 f., 76, 198). Diesen Anforderungen genügt Art. 305bis Ziff. 1 StGB . d) Vorliegend beriet der Beschwerdeführer den Kunden in seiner Eigenschaft als Treuhänder (vgl. BERNASCONI, a.a.O., S. 32 ff.; BBl 1989 II 1065), wie er den für seine Verhältnisse sehr hohen Geldbetrag unauffällig anlegen konnte. Er zahlte das Geld nicht bloss auf die (mindestens zwei) bestehenden Bankkonten ein, sondern teilte BGE 119 IV 242 S. 245 es auf und liess es über Mittelsleute auf eigens errichtete Konten einer Bank und einer Versicherung überweisen. Die Aufteilung erfolgte auch deshalb, weil jeweils bei einem Fr. 100'000.-- übersteigenden Betrag die wirtschaftliche Berechtigung nachzuweisen war, oder - im Verständnis von G. - der Nachweis, "woher das Geld komme". Um diesen Nachweis zu vermeiden, verteilte der Beschwerdeführer die Summe auf zwei Institute, schloss zwei Einmaleinlage-Versicherungen ab und errichtete ein Gemeinschaftskonto (die Fr. 100'000.-- übersteigenden Fr. 5'000.-- waren zur Tilgung der Kontoeröffnungskosten bestimmt). Jeder Mitinhaber, also Herr und Frau G., war berechtigt, selbständig und uneingeschränkt über das Konto zu verfügen. Die Korrespondenz hatte über den Beschwerdeführer zu erfolgen. Über diese Vorkehren wurde die bis anhin unbeteiligte und mit der Sache nicht vertraute Frau G. Mitinhaberin des Gemeinschaftskontos und erhielt einen eigenen Versicherungsanspruch; gegenüber der Versicherung trat sie sogar selbständig als Einlegerin auf. Der Beschwerdeführer spies so das Drogengeld durch spezifische Transaktionen in den Finanz- und Versicherungsbereich ein (Stückelung, Zwischenschaltung von Dienstleistungsbetrieben, Vorschieben der Frau G., Überweisung an gewerbsmässige Anleger). Mit diesem Vorgehen konnten der Nachweis der wirtschaftlichen Berechtigung unterlaufen bzw. mögliche Abklärungen seitens der Bank und der Versicherung über die Herkunft der Gelder vermieden werden. Das Drogengeld lag jetzt auf Konten juristischer Personen, die diese Werte ohne Rücksprache anzulegen hatten. Das Geld wäre nunmehr unter dem Namen dieser juristischen Personen auf dem Finanzmarkt verschoben worden. Damit war der Drogengewinn aus dem persönlichen Bereich des Vortäters entfernt und im Finanzmarkt plaziert. Für G. war das Problem, wie das aus dem Drogenhandel stammende Geld zu investieren sei, gelöst. Bei Auflösung des Bankkontos oder bei Eintritt des Versicherungsfalles bzw. Rückkauf wären der Erlös als Ertrag aus dem Anlagemarkt erschienen und die Spur der verbrecherischen Herkunft getilgt gewesen. Hätte die Polizei bei G. nicht die Quittung gefunden, wären eine Identifizierung der Vermögenswerte und der Zugriff auf ihn kaum mehr möglich gewesen. Denn die Behörden hätten den Weg vom Anlagekapital über die Investitionskanäle, die Bank- und Versicherungsinstitute, die Mittelsleute und den Beschwerdeführer zu G. aufdecken müssen. Der Beschwerdeführer hat dieses Vorgehen organisiert und damit die erste Phase der Geldwäscherei, die Plazierung, beendet. In diesem Zeitpunkt erfolgte der BGE 119 IV 242 S. 246 Zugriff der Polizei. Doch war der objektive Tatbestand bereits vollendet. Eine solche Beratung und Anlage ist eine Vereitelungshandlung im Sinne des Art. 305bis Ziff. 1 StGB . e) Der Einwand des Beschwerdeführers, nicht jede Umwandlung von Bargeld in Buchgeld bzw. nicht jede wie immer geartete Einlage solcher Gelder erfülle den Tatbestand, erledigt sich damit. Die vom Beschwerdeführer gewählte Form der Einlage geht über eine einfache Umwandlung von Bargeld in Buchgeld oder eine "blosse" Einzahlung hinaus. Ergänzend sei dazu folgendes bemerkt: Die Botschaft bezeichnet das Umwandeln von Bargeld in Buchgeld als typische Form der Geldwäscherei. Für den Drogenhandel sei die Umwandlung von Bargeld aus der Kleinverteilung in Buchgeld eine kritische Phase, die Geldwäscherei ersten Grades, und die Einzahlung sei bereits von entscheidender Bedeutung (BBl 1989 II 1066, 1084 oben, 1074). Die Räte nahmen keine Differenzierung vor. Es war die Rede vom Geldkurier als archaischer Form der Geldwäscherei (Amtl.Bull. 1989 N 1849, Amtl.Bull. 1990 S 190 f.), der einfache Transfer von Bargeld und Noten sei nur der Grundtypus (Amtl.Bull. 1990 S 194); unter Geldwäscherei seien alle Handlungen zu verstehen, die dazu dienten, verbrecherisch erlangte Vermögenswerte nachher als scheinbar legal erworben wieder in den Markt einzuführen (vgl. Amtl.Bull. 1989 N 1852, 1859; Bundesrat Koller, Amtl.Bull. 1990 S 194, 195). Der Gesetzgeber hat damit die Anwendung der Norm auf den Einzelfall nicht abschliessend geregelt, sondern der Rechtsprechung aufgetragen, Fallgruppen typischer Vereitelungshandlungen zu entwickeln (BBl 1989 II 1083). Erscheinungsform und Ablauf der Geldwäscherei sind in der Literatur unterschiedlich, jedoch im wesentlichen übereinstimmend beschrieben. MARK PIETH (Mark Pieth [Hrsg.], Bekämpfung der Geldwäscherei, Basel 1992, S. 12 ff.) unterscheidet drei Phasen. Ziel der Plazierung sei das Einspeisen von Bargeld in den Finanzbereich. In der zweiten Phase, dem Verwirrspiel, würden die Vermögenswerte so lange verschoben, bis deren Herkunft im komplexen Netzwerk des Finanzmarktes gleichsam wie hinter einer Nebelwand verschwunden sei. Mit der Integration, d.h. sobald den Vermögenswerten ein legitimer Hintergrund beigegeben ist, sei der Waschvorgang vollendet (vgl. JÜRG-BEAT ACKERMANN, Geldwäscherei - Money Laundering, Zürich 1992, S. 13 ff.; CHRISTOPH K. GRABER, Geldwäscherei, Bern 1990, S. 56 ff.). Der Finanzbereich, besonders der Bankensektor, wird so das Verbindungsstück zwischen legaler und illegaler Ökonomie. Der Gesetzgeber mass dieser Tatsache BGE 119 IV 242 S. 247 Gewicht bei und bezeichnete den Finanzkreislauf als eigentliche "Achillesferse" (BBl 1989 II 1064; Cotti, Amtl.Bull. 1989 N 1844, Thür, a.a.O. 1859; Bundesrat Koller, Amtl.Bull. 1990 S 194, Onken, a.a.O. 197, Béguin, a.a.O. 198). Weil die Einspeisung in den legalen Finanz- und Kapitalmarkt eine kritische Phase bildet, muss die Norm an dieser Schnittstelle ebenfalls ansetzen und den ersten Schritt, die Plazierung, erfassen. Auch dies spricht dafür, dass die vom Beschwerdeführer vorgenommene Anlage des Drogengeldes den Tatbestand der Geldwäscherei erfüllt. 2. a) Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 18 StGB geltend. Die Vorinstanz stelle nämlich fest, er habe nichts von G.'s Drogenhandel gewusst und nicht von einer Erbschaft ausgehen können. Ihr Schluss, er habe annehmen müssen, das Geld stamme aus einem Verbrechen, verletze Bundesrecht. Er habe vorgebracht, es sei Schwarzgeld. Die Vorinstanz habe auch nicht beachtet, dass G. als vertrauenswürdig geschildert worden sei. b) Der Geldwäscher muss die verbrecherische Herkunft der Vermögenswerte und die Verwirklichung des Vereitelungszusammenhangs, der ihm objektiv zur Last gelegt wird, zumindest in Kauf nehmen, d.h. mit einer möglichen Tatbestandsverwirklichung einverstanden sein. Er muss also zunächst wissen oder annehmen, dass die Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren. Die Formulierung "weiss oder annehmen muss" stammt aus Art. 144 StGB und meint Vorsatz und Eventualvorsatz. Nach der Rechtsprechung zu Art. 144 StGB genügt, wenn Verdachtsgründe die Möglichkeit einer strafbaren Vortat nahelegen. Nicht nötig ist, dass der Hehler deren konkrete Eigenart kennt ( BGE 101 IV 402 E. 2; SJ 110/1988 S. 405). Das Gesetz beruht auf dieser Rechtsprechung (BBl 1989 II 1084; Amtl.Bull. 1989 N 1846, 1853 f., 1856 f.; Amtl.Bull. 1990 S 195; ebenso die Literatur: STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Teilrevisionen 1987 bis 1990, S. 76 N 16; SCHMID, Anwendungsfragen der Straftatbestände gegen die Geldwäscherei, vor allem StGB Art. 305bis, Schweizerischer Anwaltsverband (Hrsg.), Geldwäscherei und Sorgfaltspflicht, Zürich 1991, S. 119; GRABER, a.a.O., S. 142; ACKERMANN, a.a.O., S. 267, 272). Daher genügt, ist aber auch erforderlich, dass der Geldwäscher die Umstände kennt, die den Verdacht nahelegen, das Geld stamme aus einer verbrecherischen Vortat. Dabei muss er nicht wissen, dass das Gesetz die entsprechende Qualifikation vornimmt (z.B. Diebstahl, qualifizierte Veruntreuung, BGE 119 IV 242 S. 248 Betrug, qualifizierte Betäubungsmitteldelikte), aber er muss die für die Subsumtion erforderlichen Umstände kennen. Ist beweismässig davon auszugehen, dass der Geldwäscher nicht eine bestimmte Vorstellung über die Art des Vordeliktes hatte, ist demnach entscheidend, ob er zumindest die Möglichkeit in Kauf genommen hat, das Geld könne aus einer Verbrechensvortat stammen. Es genügt also, dass er mit der Möglichkeit gerechnet hat, das Geld könne aus qualifizierten Betäubungsmitteldelikten oder gegebenenfalls anderen Verbrechen wie Diebstahl oder Betrug stammen und dies in Kauf genommen hat, mit anderen Worten, dass er mit einem Sachverhalt gerechnet hat, der als qualifiziertes Betäubungsmitteldelikt oder ein anderes Verbrechen zu qualifizieren ist. c) Was der Täter weiss, will oder in Kauf nimmt, billigt, womit er sich abfindet (vgl. BGE 96 IV 99 ), ist Tatfrage und als tatsächliche Feststellung für das Bundesgericht verbindlich ( Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277bis Abs. 1 BStP ; vgl. BGE 119 IV 1 E. 5a, BGE 118 IV 122 E. 1, BGE 116 IV 143 E. 2c). Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen richtet oder die Beweiswürdigung kritisiert, ist somit darauf nicht einzutreten. Allerdings ist die Abgrenzung des Eventualvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit schwierig. Vorsatz ist innere Tatsache und nur anhand äusserer Kennzeichen feststellbar. Deshalb ist die Rechtsfrage ohne Bewertung der Tatfrage kaum zu beantworten ( BGE 119 IV 1 E. 5a). Der Beschwerdeführer weist auf diesen Zusammenhang hin, indem er sich auf einen Aufsatz stützt, worin SCHUBARTH diese Problematik kurz dargestellt hat (Nichtigkeitsbeschwerde - Staatsrechtliche Beschwerde - Einheitsbeschwerde?, AJP 7/1992 S. 851 f.). Dieser führt aus, der Sinngehalt der zum Eventualdolus entwickelten Formeln liesse sich nur im Lichte der tatsächlichen Umstände des Falles prüfen. Das Bundesgericht könne jedenfalls in einem gewissen Ausmass die richtige Bewertung dieser Umstände im Hinblick auf den Rechtsbegriff des Eventualdolus überprüfen. d) Die Vorinstanz hat sich mit den Einwänden, es handle sich um Schwarzgeld und G. habe als vertrauenswürdig gegolten, auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer habe gewusst, dass die Gelder weder erarbeitetes Vermögen noch Ersparnisse waren. Er habe auch nicht von einer Erbschaft ausgehen können; denn er habe die Steuererklärung ausgefüllt (wonach die Ehegatten G. rund Fr. 42'000.-- Bruttolohn sowie rund Fr. 47'000.-- Bruttovermögen versteuerten), sei über die Höhe der väterlichen Erbschaft (Quittung über rund BGE 119 IV 242 S. 249 Fr. 2'900.--) informiert gewesen, habe das Versicherungsportefeuille betreut und zu diesem Zwecke die finanzielle Situation analysiert. Er habe ausserdem eine Vertrauensstellung eingenommen. Irgendwelche Indizien, die auch nur geeignet gewesen wären, ihn zur Annahme von anderen, legalen Geldquellen zu veranlassen, lägen nicht vor. Weitere mögliche Quellen habe er denn auch nicht geltend gemacht. Die Bemerkung, es sei "Schwarzgeld" bzw. nicht kriminelles Geld, habe deshalb Zweifel an einer deliktischen Herkunft nicht zerstreuen können. Wie er gewusst habe, sei es nicht G.'s Art gewesen, Geld zu Hause brachliegen zu lassen. Der Beschwerdeführer und K. hätten das Geschäft als unüblich bezeichnet; letzterer habe deshalb nach der Herkunft gefragt. Die Vorinstanz betont die Umstände, die Hast, die Ungewöhnlichkeit der Geschäftsabwicklung und dass G. trotz bescheidener finanzieller Verhältnisse in der Lage gewesen sei, innert weniger Stunden Fr. 205'000.-- in bar und gemischter Stückelung beizubringen. Aufgrund der dem Beschwerdeführer bekannten objektiven beruflichen und finanziellen Situation sowie der Höhe des Betrages schliesst sie aus, dass er habe annehmen können, es handle sich um Schwarzgeld aus einem (nicht geldwäschereitauglichen) Vergehen. Er habe deshalb davon ausgehen müssen, es seien deliktische Gelder, im Sinne einer Parallelwertung in der Laiensphäre solche verbrecherischer Herkunft. Zuzugeben ist, dass aus der Höhe des Deliktsbetrags allein nicht auf ein Verbrechen im Sinne von Art. 9 StGB geschlossen werden kann. Beispielsweise stellt die einfache Veruntreuung gemäss Art. 140 Ziff. 1 StGB auch dann ein Vergehen dar, wenn Hunderttausende von Franken veruntreut wurden; Entsprechendes gilt für den Insidermissbrauch gemäss Art. 161 StGB . Der Beschwerdeführer wendet jedoch selbst nicht ein, er habe geglaubt, das Geld stamme beispielsweise aus Veruntreuung oder Insidermissbrauch. Es fehlen auch Indizien dafür, dass G. etwa in seiner beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit zu solchen Straftaten gehabt hätte. Aufgrund der konkreten Verhältnisse lässt sich deshalb ausschliessen, dass der Beschwerdeführer davon ausgegangen ist, G. hätte die Gelder aus Straftaten erlangt, die vom Gesetz nur als Vergehen eingestuft sind. Aufgrund der geschilderten Umstände hat er jedenfalls die Möglichkeit gesehen, dass die Vermögenswerte aus Straftaten stammen könnten, die, wie etwa qualifizierter Betäubungsmittelhandel, das Gesetz als Verbrechen qualifiziert. Die Vorinstanz hat deshalb im Ergebnis kein Bundesrecht verletzt, wenn sie den Eventualvorsatz BGE 119 IV 242 S. 250 des Beschwerdeführers in bezug auf die Verbrechensnatur der Vortat bejahte. Im weitern stellt der Beschwerdeführer die Ausführungen zum Vorsatz nicht in Frage.
null
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f902f8ee-9696-44a0-85fc-e63cd95f0ff4
Urteilskopf 109 II 327 68. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 5 juillet 1983 dans la cause B. c. S. S.A. (recours en réforme)
Regeste Auslegung einer Lohnquittung. Hat der Arbeitnehmer eine Lohnquittung für einen Betrag, der unter dem vertraglichen Salär liegt, unterschrieben, so kann der Arbeitgeber allein daraus nach dem Vertrauensprinzip nicht ableiten, der künfige Lohn sei im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer geändert.
Sachverhalt ab Seite 328 BGE 109 II 327 S. 328 A.- S. S.A. a engagé B. en qualité de directeur commercial, par contrat de travail écrit du 19 mars 1981. Le salaire mensuel fixe convenu était de 6'000 francs, auxquels s'ajoutaient 1'000 francs de frais de représentation et 800 francs d'"indemnité kilométrique forfaitaire". L'art. 11 du contrat permettait à l'employeur de transférer l'employé dans un autre service, avec adaptation du salaire compte tenu des nouvelles fonctions. Les parties sont en outre convenues d'un réexamen de la situation de B. après une période de 6 mois. B. est entré en fonction le 21 avril 1981. Son salaire a été modifié dès juillet 1981. Il a reçu ce mois-là 3'851 fr. 40 de salaire brut et, en août 1981, 3'993 fr. 70. A la fin juillet 1981, il a signé sa quittance de salaire pour le montant modifié, sans remarque. Le 25 août 1981, il a ajouté à sa quittance de salaire, par renvoi avec un astérisque placé après sa signature, la mention "sous réserve de toute discussion et accords définitifs". Le 23 octobre 1981, l'employeur a écrit à B. que "concernant notre collaboration après votre période d'essai de six mois, nous vous confirmons notre proposition relative à vos nouvelles conditions d'emploi et de rémunération ... dès le 1er novembre 1981"; après le rappel de ces conditions, la lettre se terminait par ces termes: "Du fait que vous n'acceptez pas ces nouvelles conditions d'emploi et de rémunération selon notre dernier entretien, nous nous voyons dans l'obligation de rompre le contrat de travail nous unissant pour le 1er novembre 1981 avec effet au 1er décembre 1981." Des contrepropositions de B. sont restées sans réponse de l'employeur. B.- B. a ouvert action en avril 1982 en paiement de 41'008 fr. 05, soit 10'323 fr. 55 pour salaire non payé (différence entre le salaire perçu et 6'000 francs par mois), 684 fr. 50 à titre de vacances et le solde pour renvoi abrupt et tort moral. Le Tribunal des prud'hommes de Genève a débouté le demandeur par jugement du 28 juin 1982. La Chambre d'appel des prud'hommes de Genève a annulé ce jugement par arrêt du 8 décembre 1982, et condamné la défenderesse à payer au demandeur 4'470 francs moins les déductions sociales. Elle a en outre invité l'employeur à dresser un nouveau certificat de travail dans le sens des considérants. C.- Le demandeur recourt en réforme au Tribunal fédéral. Il conclut au paiement par la défenderesse de 10'323 fr. 55 à titre de BGE 109 II 327 S. 329 salaire partiellement non payé et de 684 fr. 50 à titre d'indemnité de vacances. Le Tribunal fédéral admet le recours, réforme l'arrêt attaqué en ce sens que la défenderesse est condamnée à payer au demandeur 1'007 fr. 75, moins les déductions sociales, avec intérêt à 5% dès le 1er décembre 1981, et confirme ledit arrêt pour le surplus. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) La cour cantonale considère qu'"à fin juillet 1981, Sieur B., en signant sans restriction son relevé de compte à un montant différent, relevé établi selon un mode de rémunération autre, a marqué son acceptation", mais que l'accord des parties sur ces nouvelles conditions de rémunération ne porte effet qu'à l'expiration du délai normal de congé, soit à fin août 1981. Le demandeur conteste avoir accepté une modification du contrat. b) La solution adoptée par la cour cantonale résulte de la seule appréciation et interprétation de la quittance de salaire signée par le demandeur, sans réserve, à fin juillet 1981. Les allégations contradictoires des parties quant au contenu des discussions qu'elles ont pu avoir au sujet du montant du salaire n'ont pas été retenues, en fait, dans le jugement attaqué. L'interprétation de la quittance de fin juillet 1981 est une question de droit. Est décisif à cet égard, selon le principe de la confiance, le sens que le destinataire pouvait raisonnablement attribuer à la pièce en cause, sur la base des circonstances ( ATF 99 II 76 consid. 3, 285 consid. 2; ATF 97 II 74 consid. 3; ATF 95 II 439 ). Une quittance, plus particulièrement une quittance de salaire, n'a que le sens d'un accusé de réception de la prestation ou du paiement qu'elle concerne; faute d'indication supplémentaire, elle ne peut éteindre une obligation que jusqu'à concurrence de la prestation ou du montant mentionné. S'agissant d'une dette de salaire échue de 6'000 francs, une quittance d'un montant inférieur ne saurait dès lors avoir pour effet d'éteindre la totalité de la dette. Elle ne peut pas non plus avoir le sens d'une remise de dette, totale ou partielle, au sens de l' art. 115 CO . La remise de dette doit en effet faire apparaître clairement la volonté du créancier de renoncer définitivement à tout ou partie de sa créance; le juge se montrera prudent avant d'admettre l'existence d'une remise de dette (cf. VON TUHR/ESCHER, p. 175, n. 16). De même, il fera preuve BGE 109 II 327 S. 330 de retenue avant d'inférer du silence d'un travailleur, à la suite de propositions de modification du contrat dans un sens qui lui est défavorable, l'acceptation de ces conditions. Celle-ci ne peut être admise que dans des situations où, selon les règles de la bonne foi, du droit ou de l'équité, on doit attendre une réaction du travailleur en cas de désaccord de sa part (PAUL STEINER, Das Schweigen des Arbeitnehmers, in Festgabe für den schweizerischen Juristentag 1944 in St. Gallen, p. 273 ss, notamment 279). En l'espèce, la quittance de salaire de fin juillet 1981 ne saurait être considérée comme l'acceptation d'une modification des conditions contractuelles de salaire pour les mois suivants. Selon les règles de la bonne foi, le seul fait que le travailleur a signé une fois, à la fin d'un mois, une quittance de salaire d'un montant inférieur au salaire contractuel ne permet pas à l'employeur d'admettre que les conditions de salaire sont dorénavant modifiées pour l'avenir avec l'accord du travailleur. Une telle déduction était exclue ici puisque dès le paiement du salaire suivant, celui d'août 1981, le demandeur a réagi en accompagnant sa signature de réserves expresses. C'est donc à tort que la cour cantonale a admis, sur la base de la quittance de juillet 1981, une acceptation par le travailleur d'une modification de ses conditions de rémunération contractuelles. Le demandeur a dès lors droit à la totalité du salaire contractuel de 6'000 francs par mois, non seulement en juillet et août 1981, mais également pour les mois de septembre, octobre et novembre. Il doit donc recevoir pour ces cinq mois 30'000 francs, sous déduction des montants qu'il a déjà reçus, soit 19'676 fr. 85 selon la lettre de l'employeur du 28 janvier 1982 à la caisse de chômage, ainsi que les quittances de salaire, ce qui laisse un solde de 10'323 fr. 15, moins les déductions sociales.
public_law
nan
fr
1,983
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f9045bbc-6600-4c48-80ac-02afe3ded5c8
Urteilskopf 116 II 463 87. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Juli 1990 i.S. Modum AG gegen The Coca-Cola Company (Berufung)
Regeste Markenrecht ( Art. 9, Art. 24 MSchG ); Persönlichkeits- und Namensschutz ( Art. 29 ZGB ); unlauterer Wettbewerb ( Art. 3 lit. d UWG ). 1. Voraussetzungen, unter denen der Markengebrauch durch den Lizenznehmer als Gebrauch durch den Lizenzgeber gilt (E. 2b/aa). 2. Keine Hinterlegungsberechtigung für markenrechtlich irrelevante Hilfswaren, welche lediglich als Werbeträger dienen. Jedoch ist es zulässig, die berühmte Marke für weitere Waren zu verwenden, sofern der Markeninhaber echten markenmässigen Gebrauch beabsichtigt (E. 2c). 3. Markenrechtsverletzung gemäss Art. 24 lit. a MSchG (E. 2d). 4. Wann stellt die Übernahme des Namens "Coca-Cola" eine unbefugte Namensanmassung im Sinne von Art. 29 ZGB dar? (E. 3). 5. Der Begriff der Verwechslungsgefahr gemäss Art. 3 lit. d UWG entspricht jenem des Kennzeichnungs- und Namensrechts (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 464 BGE 116 II 463 S. 464 A.- The Coca-Cola Company (Klägerin) ist Inhaberin der am 20. Dezember 1984 hinterlegten und unter der Nr. 338906 im schweizerischen Markenregister für die Bezeichnung von Zusammensetzspielen, Tragbehältern aus Holz, Schuhen, Strumpfwaren, Reise- und Sporttaschen, Textilwaren fürs Schlafzimmer, nämlich Bettwäsche, Bettdecken, Bettüberwürfe und Vorhänge, Radios, Schmucksachen, Bilderrahmen, Schlafsäcken, Abzeichen, Knöpfen, Teppichen, Matten sowie Raucherartikeln eingetragenen Wort-Bildmarke "Coca-Cola". Die Modum AG (Beklagte) vertreibt Textilwaren, namentlich Bettwäsche, mit einem dieser Marke entsprechenden "Coca-Cola"-Signet. B.- Am 5. Oktober 1987 belangte die Klägerin die Beklagte vor dem Obergericht des Kantons Basel-Landschaft auf Unterlassung weiterer Bezeichnung der von ihr hergestellten oder vertriebenen Ware mit "Coca-Cola", auf Auskunftserteilung, Gewinnherausgabe und Urteilspublikation. Sie berief sich vorerst auf Marken-, Persönlichkeits- und Namensrecht, später auch auf das Verbot unlauteren Wettbewerbs. Das Begehren auf Gewinnherausgabe wurde mit prozessleitender Verfügung vom 23. Juni 1989 ad separatum verwiesen. Mit Teilurteil vom 24. Oktober 1989 hiess das Obergericht die Unterlassungs- und Auskunftsbegehren gut, verbot der Beklagten die Bezeichnung "Coca-Cola" auf den von ihr hergestellten oder vertriebenen Waren oder Verpackungen und verpflichtete sie, Herkunft und Menge der mit dieser Bezeichnung vertriebenen Waren und Verpackungen anzugeben, beides unter Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB . Gleichzeitig setzte es der Beklagten Frist zur Auskunftserteilung. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab, soweit es darauf eintritt. BGE 116 II 463 S. 465 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht bejaht einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Klägerin gestützt auf Art. 24 lit. a MSchG und geht von der Schutzfähigkeit deren Marke "Coca-Cola" auch für die hier interessierende Warenkategorie aus. Sie wirft der Beklagten vor, durch die Übernahme des klägerischen Markenzeichens eine Verwechslungsgefahr geschaffen und damit eine markenrechtswidrige Nachmachung im Sinne von Art. 24 lit. a MSchG begangen zu haben. a) Die Beklagte stellt die Hinterlegungsberechtigung der Klägerin vor Bundesgericht nicht mehr in Abrede. Damit kann die Frage offenbleiben, ob ihr für diesen Einwand überhaupt ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse zur Seite stände, zumal keine Popularklage offensteht und die Löschungsklage nach Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften darauf ausgerichtet ist, ungerechtfertigte Eintragungen zu vermeiden und damit die Benutzung zu Unrecht unter formellen Schutz gestellter Zeichen durch andere Marktteilnehmer zu ermöglichen, diese Benutzung der Beklagten aber - wie nachstehend aufzuzeigen sein wird - ohnehin aus persönlichkeits- und wettbewerbsrechtlichen Gründen verschlossen ist ( BGE 92 II 305 ; MARBACH, GRUR Int. 1984 S. 543; LUCAS DAVID, SMI 1984 S. 316 Ziff. 3). b) Die Beklagte beruft sich auf den Untergang des Markenrechts, da die Klägerin während der Karenzfrist nach Art. 9 MSchG die Marke nicht benützt habe. aa) Die Vorinstanz bejaht einen schutzwahrenden stellvertretenden Gebrauch des Zeichens innert der Karenzfrist von Art. 9 MSchG durch eine Lizenznehmerin. Nach ihren verbindlichen tatsächlichen Feststellungen bringt die Lizenznehmerin die Marke der Klägerin auf eigenen Produkten an, hat jedoch die Zustimmung der Markeninhaberin zu Warenqualität und Vertrieb einzuholen, Prototypen zu unterbreiten und auf Wunsch Labortests durchzuführen. Es stehe der Klägerin jederzeit frei, ihre Zustimmung zum Warenhandel zu verweigern. Nach Lehre und Rechtsprechung gilt der Markengebrauch durch den Lizenznehmer als Gebrauch durch den Lizenzgeber, wenn die Vertragsparteien wirtschaftlich eng verbunden sind und die Benützung der Marke durch den Lizenznehmer weder das Publikum täuschen kann, noch sonstwie das öffentliche Interesse verletzt ( BGE 107 II 360 E. c mit Hinweisen; TROLLER, BGE 116 II 463 S. 466 Immaterialgüterrecht, 3. Aufl. 1983, Band I, S. 275 bei Fn. 194; HEINRICH DAVID, N 7 zu Art. 5 und N 2 zu Art. 9 MSchG ; LUCAS DAVID, Supplement, S. 60 unten, N 2 zu Art. 9 MSchG ; aus der kantonalen Rechtsprechung etwa OG AR in SJZ 59/1963, S. 311 f. oder HG Zürich in SMI 1981 S. 57). Dabei ist die wirtschaftliche Beziehung nicht primär im Sinne einer Konzernbindung, sondern warentechnisch als Rezeptanweisung zu verstehen (TROLLER, a.a.O., mit Hinweisen). Da der Zweck der Marke im Schutz des Publikums vor Täuschungen im Interesse eines lauteren Wettbewerbs liegt ( BGE 114 II 172 E. 2), ist daher die Identität des Produkts, die Gewährleistung gleicher Qualität und nicht die unternehmerische Abhängigkeit von Lizenzgeber und Lizenznehmer entscheidend (SCHLUEP, Das Markenrecht als subjektives Recht, S. 189). Diesen Anforderungen aber wird der Lizenzvertrag der Klägerin gerecht. Einen stellvertretenden Markengebrauch durch deren Lizenznehmerin stellt die Beklagte dem Grundsatze nach nicht in Abrede. bb) Dagegen macht die Beklagte geltend, ein markenmässiger Gebrauch sei vor Ablauf der Karenzfrist ( Art. 9 MSchG ) nicht nachgewiesen. Dazu hält die Vorinstanz fest, die Einhaltung der zeitlichen Voraussetzung sei von der Beklagten an sich nicht bestritten und zudem von der Klägerin bewiesen worden. Die erste Begründung stellt eine Feststellung zu den Prozessvorbringen der Parteien dar, welche das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüfen kann ( BGE 104 II 114 ). Das Vorbringen der Beklagten, der stellvertretende Gebrauch sei nicht innert Karenzfrist aufgenommen worden, hat daher als neu und unzulässig zu gelten ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). Ob die zusätzliche Begründung der Vorinstanz, die Klägerin habe die Einhaltung der Karenzfrist bewiesen, auf einem offensichtlichen Versehen ( Art. 63 Abs. 2 OG ) beruht, wie die Beklagte geltend macht, kann offenbleiben, da die Alternativbegründung im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen ist und damit vor einer Anfechtung standhält. cc) Das Obergericht geht somit bundesrechtskonform von einem markenmässigen Gebrauch innert der Karenzfrist von Art. 9 MSchG aus. Damit kann die von der Klägerin aufgeworfene Frage offenbleiben, ob bereits die Einleitung eines Prozessverfahrens gegen die Beklagte innert dreier Jahre seit Hinterlegung der Marke die Karenzfrist ( Art. 9 MSchG ) wahrte bzw. eine Nichtwahrung hinreichend rechtfertigte ( Art. 9 Abs. 1 MSchG ) oder für den Untergang der Marke nicht vielmehr der Urteilszeitpunkt massgebend BGE 116 II 463 S. 467 sei und die Klägerin als Rechtfertigungsgrund für den Nichtgebrauch zusätzlich ernst zu nehmende Einwände seitens der Beklagten geltend zu machen hätte (LUCAS DAVID, Supplement, S. 62, N 8 zu Art. 9 MSchG ). c) Die Beklagte wendet weiter ein, die u.a. für Textilien des Schlafzimmerbereichs eingetragene Marke "Coca-Cola" sei nichtig, weil sie bloss der Reklame für ein identisch gekennzeichnetes, weltbekanntes Getränk diene. Keine Hinterlegungsberechtigung besteht für Waren, die vom Konsumenten ausschliesslich als Werbeträger empfunden werden (MARBACH, Die eintragungsfähige Marke, S. 26 mit Hinweis). Das Bundesgericht hat die Hinterlegung einer Marke verweigert, die der Inhaber bloss Dritten zum Gebrauch auf Bekleidungsstücken überlassen wollte, um für eine von ihm vertriebene Zigarette zu werben ( BGE 100 Ib 43 E. 2), oder eine Marke als nichtig erklärt, weil mit den zusätzlich beanspruchten Waren lediglich Reklame für das Hauptsortiment des Inhabers betrieben werden sollte und keine eigentliche Erweiterung der Geschäftstätigkeit beabsichtigt war (SMI 1984 310 f., GRUR Int. 1984 S. 542). Mit der Vorinstanz ist indessen festzuhalten, dass diese Rechtsprechung nicht dazu führen kann, den Inhaber einer berühmten Marke von einer Diversifikation in andere Branchen mit identischer Kennzeichnung auszuschliessen und damit zu benachteiligen. Dem Markeninhaber muss grundsätzlich unbenommen sein, das Zeichen für weitere Waren zu verwenden und dafür markenrechtlichen Schutz zu beanspruchen, sofern echter markenmässiger Gebrauch nachgewiesen oder ernsthaft beabsichtigt ist, woran es in den zitierten Entscheidungen fehlte. Dass ein Markenprodukt auch für andere Waren Werbeeffekte erzielt, ist rechtlich nicht verpönt (SCHLUEP, a.a.O., S. 76 mit zahlreichen Hinweisen in Fn. 31) und schliesst dessen Schutz nicht aus ( BGE 99 II 108 E. 2). Dies muss ebenfalls bei identischer Kennzeichnung gelten. Markenrechtlich irrelevante Hilfswaren liegen daher bloss dann vor, wenn sie ausschliesslich zu Reklamezwecken, unentgeltlich oder gegen bloss symbolisches Entgelt abgegeben werden. Anders verhält es sich aber, wenn ihr Umsatz die Voraussetzungen einer ernsthaften und selbständigen Fabrikations- oder Handelstätigkeit erfüllt (LUCAS DAVID, SMI 1984 S. 315 Ziff. 2). Dies trifft für die vorliegend zu beurteilenden Waren unter der Marke "Coca-Cola" zu. BGE 116 II 463 S. 468 d) Die Beklagte stellt schliesslich eine Markenrechtsverletzung mit der Begründung in Abrede, sie gebrauche das Zeichen der Klägerin nicht markenmässig und beabsichtige oder bewirke mit ihrem Warenvertrieb keine Irreführung des Publikums. aa) Zu den Tatbeständen der Markenrechtsverletzung gemäss Art. 24 MSchG gehören insbesondere das Nachmachen oder Nachahmen einer Marke (lit. a), die unbefugte Verwendung einer Marke (lit. b) und der Handel mit widerrechtlich gekennzeichneten Waren (lit. c). Das MSchG bietet dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur Schutz gegen markenmässigen Gebrauch eines Zeichens. Nur wer ein Zeichen markenmässig gebraucht, kann das Markenrecht eines andern verletzen. Unter einem solchen Gebrauch ist die Verwendung der Marke auf der Ware selbst oder auf deren Verpackung zu verstehen ( BGE 113 II 75 E. 2a). bb) Die Beklagte hat das Zeichen der Klägerin sklavisch übernommen und damit nachgemacht ( Art. 24 lit. a MSchG ). Sie verwendet es zur Ausstattung der eigenen Handelsware und hält es damit markenmässig in Gebrauch. Erfüllt ist sodann das Tatbestandsmerkmal der Irreführung des Publikums, welches sich mit dem Begriff der Täuschungsgefahr deckt ( BGE 105 II 53 E. b mit Hinweisen). Entscheidend ist dabei, ob das Publikum Gefahr läuft, die mit der nachgemachten Marke versehenen Waren mit jenen des Berechtigten zu verwechseln oder diesem zuzurechnen (TROLLER, a.a.O., Band II, S. 658). Die Verwechselbarkeit muss sich dabei nicht auf die Ware selbst beziehen, die Unternehmensverwechselbarkeit reicht aus ( BGE 87 II 38 mit Hinweisen). Tatbestandsmässig ist nicht bloss die Gefahr einer direkten oder unmittelbaren, sondern ebenso einer indirekten oder mittelbaren Verwechslung, da sie beim Publikum den Eindruck erwecken kann, die identisch oder verwechselbar gekennzeichneten Waren stammten aus Betrieben, welche wirtschaftlich eng verbunden sind ( BGE 102 II 126 ; PATRICK TROLLER, Kollisionen zwischen Firmen, Handelsnamen und Marken, Diss. Bern 1979, S. 185 ff.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Daran ändert nichts, das die nachgemachte Marke eine Weltmarke ist, und das Publikum die Kennzeichnung "Coca-Cola" unwillkürlich mit einem Getränk in Verbindung bringt, gleich gekennzeichnete Bettwäsche aber nicht ohne weiteres einem Unternehmen der Getränkebranche zuordnet. Zwar kann auch eine berühmte Marke nicht Schutz über alle Warenkategorien gewähren, doch beruft BGE 116 II 463 S. 469 sich die Klägerin hier auf ihre geschützte Marke für Textilwaren des Schlafzimmerbereichs, zu welchen die Produkte der Beklagten keinen markenrechtlich relevanten Abstand einhalten. Der Tatbestand der Markenverletzung durch die Beklagte ist objektiv erfüllt und das Unterlassungsgebot der Vorinstanz somit gerechtfertigt. 3. Die Beklagte macht weiter geltend, ihre Warenkennzeichnung mit dem Hauptbestandteil der klägerischen Firma stelle keine Namensanmassung dar. a) Streitig ist der Umfang des Namensschutzes der Klägerin. Dabei genügt es, die hier zu beurteilende Rechtsfrage unter dem Blickwinkel von Art. 29 ZGB zu prüfen, da der Namensschutz des Art. 29 ZGB einen Sonderfall des durch Art. 28 ff. ZGB gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsschutzes bildet ( BGE 112 II 370 mit Hinweisen). Dieser steht auch einer juristischen Person wie der Klägerin zu ( BGE 108 II 244 ). b) Nach Art. 29 Abs. 2 ZGB kann, wer dadurch beeinträchtigt wird, dass ein anderer sich seinen Namen anmasst, auf Unterlassung dieser Anmassung klagen. Diese Bestimmung setzt dabei voraus, dass die Namensanmassung unbefugt, das heisst durch Beeinträchtigung rechtlich schützenswerter Interessen des Namensträgers, erfolgt ( BGE 112 II 371 E. b mit Hinweisen). Als Namensanmassung wird nicht nur die unberechtigte Verwendung des vollen Namens eines andern betrachtet, sondern schon die Übernahme des Hauptbestandteils eines solchen ( BGE 102 II 166 ). Entscheidend ist dabei die Verwechslungsgefahr; dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht erforderlich ( BGE 102 II 167 E. a). Ebensowenig setzt die Durchsetzung des Namensrechts die Beeinträchtigung vermögenswerter Interessen voraus; auch bloss ideelle Interessen sind geschützt ( BGE 102 II 168 ). c) "Coca-Cola" stellt unstreitig den Hauptbestandteil des Namens der Klägerin dar. Sie kann sich dessen Anmassung widersetzen, sofern sie ein schutzwürdiges Interesse daran nachzuweisen vermag. Dies ist mit der Vorinstanz klarerweise zu bejahen. Mit der Übernahme der auch als Marke geschützten Kennzeichnung zur Ausstattung eigener Waren missbraucht die Beklagte deren Wirkung für eigene Zwecke ( BGE 108 II 243 E. 5) und stellt die Klägerin in mögliche wirtschaftliche Beziehungen, die diese ablehnt und vernünftigerweise auch ablehnen darf. Dabei ist rechtlich ohne Bedeutung, dass gegebenenfalls mit den Waren der Beklagten auch eine Werbewirkung für die Produkte der Klägerin BGE 116 II 463 S. 470 erzielt wird, namentlich für das ursprünglich hinter der Marke stehende Getränk. Die Klägerin ist frei zu entscheiden, wie und wo sie mit ihrem Namen und den daraus abgeleiteten Warenkennzeichen Werbung betreiben will, und ist jedenfalls nicht gehalten, unerwünschte Fremdwerbung zu dulden, wenn diese Werbung gleichzeitig zu wirtschaftlichen Zwecken eines Dritten eingesetzt wird. Auch das Ansehen einer Firma geniesst den Persönlichkeitsschutz gemäss Art. 28 ff. ZGB und wird durch seinen notorischen Bekanntheitsgrad nicht zum Gemeingut ( BGE 95 II 489 ; HG Zürich vom 26. Juni 1980 i.S. "Coca-Line", SMI 1981 S. 67). Fehl geht sodann der Einwand der Beklagten, der Begriff "Coca-Cola" habe sich im Lauf der Jahre zur freien Sachbezeichnung entwickelt. Wie das Bundesgericht bereits in BGE 112 II 76 E. b festhielt, hat diese Marke sich im Verkehr als Individualzeichen durchgesetzt und vermag daher weiterhin als durchgesetzte Marke Geltung zu beanspruchen. Nichts anderes aber gilt für den entsprechenden Namensbestandteil. Gerade dieser Verkehrsdurchsetzung wegen besteht auch weiterhin ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse der Klägerin, sich einer Anmassung ihres Namens zu widersetzen. 4. Das Obergericht stützt das angefochtene Unterlassungsgebot schliesslich auch auf die Bestimmungen des UWG ab. a) Die Beklagte stellt zu Recht nicht mehr in Abrede, dass die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der untersagten Handlungen nach den Bestimmungen des am 1. März 1988 in Kraft getretenen UWG zu erfolgen hat. Damit stellt sich namentlich die Frage, ob zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis bestehe, nicht mehr. b) Neu und damit unzulässig ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ) ist das Vorbringen der Beklagten, der Lizenzvertrag der Klägerin sei bereits Ende 1987 ausgelaufen, so dass von vornherein keine Warenverwechslungen mehr zu befürchten und damit ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin zu verneinen sei. Insoweit ist auf die Berufung nicht einzutreten. c) Art. 3 lit. d UWG untersagt Massnahmen, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Der Begriff der Verwechslungsgefahr ist dabei im Wettbewerbsrecht kein anderer als im Kennzeichnungs- oder Namensrecht. Auch hier reicht insbesondere die Gefahr einer bloss mittelbaren oder indirekten Verwechslung, insbesondere der irreführende Eindruck einer engen BGE 116 II 463 S. 471 Verbindung zwischen den beiden Gesellschaften, aus ( BGE 114 II 111 ). Es kann daher diesbezüglich auf die vorstehenden Erörterungen verwiesen werden.
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f9095183-6596-4375-b4bf-1862a9392630
Urteilskopf 85 II 504 73. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. September 1959 i.S. Peer gegen Flachsmann.
Regeste 1. Klage als verjährungsunterbrechender Akt. Wirkungen. Art. 135, 137, 138 OR (Erw. 3, a). 2. Ist die Klage mit einem verbesserlichen Fehler behaftet, so unterbricht sie die Verjährung nicht, sondern es bleibt, wenn sie wegen des Fehlers zurückgewiesen wird, nur die nachträgliche Unterbrechung der Verjährung binnen der Nachfrist des Art. 139 OR vorbehalten (Erw. 3, b). 3. Mangelnde Vertretung der Ehefrau durch den Ehemann - hier auf beklagter Seite - im Streit mit Dritten um das eingebrachteGut ( Art. 168 Abs. 2 ZGB ) als verbesserlicher Fehler der Klage (Erw. 3, b).
Sachverhalt ab Seite 505 BGE 85 II 504 S. 505 Aus dem Tatbestand: A.- Frau Nicolina Peer-Leva ist die Schwester des am 18. Februar 1931 in seinem Wohnsitz- und zweiten Heimatkanton Tessin verstorbenen Dr. Johann Leva-Poppe, der seine Ehefrau Rosa Leva-Poppe als Alleinerbin eingesetzt hatte. Nach tessinischem Recht stand der Schwester kein Pflichtteilsanspruch zu. Frau Leva-Poppe, die am 1. Februar 1940 starb, hinterliess gesetzliche Erben ihres elterlichen Stammes. Zugunsten der Schwägerin Nicolina Peer-Leva hatte sie letztwillig nur verfügt, es seien ihr die Papiere des Dr. Leva-Poppe aus der Studienzeit usw. zu überlassen. Frau Peer berief sich indessen bei dem von der Erblasserin eingesetzten Willensvollstrecker W. Flachsmann auf mündliche Schenkungsversprechen der Erblasserin. Hierauf fanden sich die gesetzlichen Erben bereit, ihr aus der Erbschaft Fr. 10'000.-- abzüglich Steuern, netto Fr. 9000.--, zu überweisen. B.- Auf den Namen der Frau Peer war am 24. Januar 1940, etwa eine Woche vor dem Tode der Erblasserin, bei BGE 85 II 504 S. 506 einer Luganer Bank ein Sicherheitsfach gemietet worden, worin man einige aus dem Vermögen der Erblasserin stammende Royal-Dutch-Aktien verwahrte. Diese Aktien wurden im Erbschaftsvermögen vermisst. In einem im Jahre 1948 angehobenen, im Februar 1949 dann aber eingestellten Strafverfahren erklärte Frau Nicolina Peer-Leva, die erwähnten Aktien von der Erblasserin als Geschenk bekommen und im Herbst 1942 weiterverkauft zu haben. C.- Im Mai 1949 klagte der Willensvollstrecker gegen Frau Peer beim Bezirrksgericht Inn a) auf Bezahlung von Fr. 14'875.--, nämlich des Wertes der aus dem Vermögen der Erblasserin stammenden Royal-Dutch-Aktien, nebst Zins, und b) auf Rückerstattung der ihr aus der Erbschaft überwiesenen Fr. 10'000.--, nebst Zins seit dem jeweiligen Empfang der Teilbeträge. Die Beklagte trug auf Abweisung der Klage an. Das Gericht führte ein Beweisverfahren durch. Nach 4 1/2- jähriger Prozessdauer trat es mit Urteil vom 9./10. November 1953 nicht auf die Klage ein, weil weder im Leitschein noch in der Klage der Ehemann der Beklagten als deren gesetzlicher Vertreter nach Art. 168 Abs. 2 ZGB erwähnt war. Es handle sich um eingebrachtes Frauengut, so dass diese Vertretung unerlässlich gewesen wäre. Und zwar hätte sie schon im Leitschein berücksichtigt werden müssen, der die massgebende Prozessgrundlage bilde. Gegen diesen Nichteintretensentscheid erklärte der Kläger die Appellation, zog sie aber am 1. Juni 1954 zurück, worauf das Kantonsgerichtspräsidium sie durch "Erkenntnis" vom 12. Juni, den Parteien mitgeteilt am 2. Juli 1954, als durch Rückzug erledigt am Gerichtsprotokoll abschrieb. D.- Am 29. Oktober 1954 machte der Willensvollstrecker eine neue Klage gegen dieselbe Beklagte hängig, die er diesmal als durch ihren Ehemann gesetzlich vertreten bezeichnete. Die Beklagte erhob insbesondere die Einrede der Verjährung. Das Kantonsgericht von Graubünden, BGE 85 II 504 S. 507 dem die Parteien nach einer Prozessdauer von mehreren Jahren die Entscheidung übertragen hatten, wies diese Einrede mit Urteil vom 10. November 1958/30. Januar 1959 ab und verpflichtete die Beklagte zum Wertersatz von Fr. 14'875.-- für die Royal-Dutch-Aktien und zur Rückerstattung des aus der Erbschaft erhaltenen Betrages von Fr. 9000.--, je nebst Zins. E.- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit den Anträgen: 1. das angefochtene Urteil sei aufzuheben; 2. auf die Klage sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen... Der Kläger trägt auf Abweisung der Berufung und auf Bestätigung des angefochtenen Urteils an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. ... 2. Die erste Klageforderung geht auf Ersatz des Wertes der aus dem Vermögen der Erblasserin stammenden Royal-Dutch-Aktien. Der Beklagten wird vorgehalten, sie habe sich diese Aktien widerrechtlich angeeignet. Es handelt sich somit um eine Forderung aus Art. 41 OR , die der Verjährung nach Art. 60 OR unterliegt. In zweiter Linie wird Rückerstattung einer der Beklagten aus der Erbschaft zugewendeten Summe von Fr. 9000.-- verlangt. In dieser Beziehung wird behauptet, eine allfällige Schenkung sei ungültig, somit bestehe ein Bereicherungsanspruch aus Art. 62 OR , für dessen Verjährung Art. 67 OR gilt. Im übrigen wird Unverbindlichkeit der Vereinbarung über die Bezahlung dieser Fr. 9000.-- geltend gemacht, eine Frage, die durch die Art. 23 ff., namentlich 28 OR (in Verbindung mit Art. 67 OR hinsichtlich der Verjährung), und durch Art. 251 OR geregelt ist. Alle drei Klagegründe unterliegen der Verjährung von der Dauer eines Jahres... Im einen wie im andern Klagepunkt hatte der Kläger die zum Lauf der einjährigen Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis des Sachverhaltes schon im Herbst 1948. BGE 85 II 504 S. 508 3. Als erste verjährungsunterbrechende Handlung zieht das Kantonsgericht die am 11. Mai 1949 eingeleitete Klage in Betracht. Es geht sodann stillschweigend davon aus, während der ganzen Dauer dieses ersten Prozesses sei keine Verjährung eingetreten, und stellt fest, jene Klage sei "mit dem Rückzug der Appellation beim Kantonsgericht unter dem Mitteilungsdatum vom 2. Juli 1954 erledigt worden". Hernach habe der Kläger "bereits am 29. Oktober 1954" - gemeint ist offenbar: vor Ablauf eines weitern Jahres - den Streit gegen die Beklagte von neuem anhängig gemacht. Und schliesslich wird erklärt, das Prorogationsverfahren vor Kantonsgericht (gemäss Vereinbarung der Parteien vom 24./25. Juni 1958) fusse auf dieser Klageanmeldung. Darin kommt nochmals die Ansicht zum Ausdruck, während der Prozesshängigkeit könne keine Verjährung eingetreten sein. Diese Betrachtungsweise erweckt Bedenken verschiedener Art: a) Geht man für einmal mit der Vorinstanz davon aus, die Klageeinleitung vom 11. Mai 1949 habe trotz dem ihr anhaftenden Mangel, der zum Nichteintreten führte und den Kläger zu einem von vorne anzuhebenden zweiten Rechtsstreit veranlasste, die Verjährung mit voller Wirkung gemäss Art. 135 Ziff. 2 und Art. 137 Abs. 1 OR zu unterbrechen vermocht, so ergibt sich doch aus der letztern Vorschrift, dass die Unterbrechung nicht von Dauer sein konnte. Das Gesetz kennt keine anhaltende Unterbrechung der Verjährung. Der Unterbrechungsakt hindert nur die Vollendung der laufenden, lässt aber sogleich eine neue Verjährung beginnen. Dass es auch bei gerichtlicher Klage so ist, ergibt sich namentlich aus Art. 138 Abs. 1 OR : Danach beginnt im Verlaufe des Rechtsstreites mit jeder gerichtlichen Handlung der Parteien und mit jeder Verfügung oder Entscheidung des Richters die Verjährung von neuem. Diese Regelung geht offensichtlich dahin, dass die Klage (anders als nach § 211 Abs. 1 des deutschen BGB) nur die laufende Verjährung BGE 85 II 504 S. 509 unterbricht und gemäss Art. 137 Abs. 1 OR eine neue Verjährung in Gang setzt, die sich noch während der Prozessdauer vollendet, sofern sie nicht jeweilen rechtzeitig gemäss Art. 138 Abs. 1 OR unterbrochen wird. Von gerichtlicher Sistierung des Prozesses, wobei die Verjährung unterbrochen geblieben wäre (vgl. BGE 75 II 232 ), ist im vorliegenden Fall nicht die Rede. Angesichts der langen Dauer des ersten Verfahrens vor dem Bezirksgericht Inn hätte das Kantonsgericht somit allen Grund gehabt, zu untersuchen, ob auf die von ihm als voll wirksamer Verjährungsunterbrechungsgrund berücksichtigte erste Klage (was nach dem soeben Gesagten nur im Sinne von Art. 137/138 OR gelten konnte) jeweilen vor Ablauf der neuen Verjährungsfrist eine unterbrechende Handlung erfolgt sei. Sollte dies zutreffen, so stellte sich dieselbe Frage für den vorliegenden zweiten, im Oktober 1954 angehobenen und erst im Juni 1958 durch Prorogation vor das Kantonsgericht gebrachten Rechtsstreit. Indessen braucht die Sache nicht zu ergänzender Prüfung des Prozessverlaufes an das Kantonsgericht zurückgewiesen zu werden, da die Verjährungseinrede ohnehin aus andern Gründen zu schützen ist. b) Zur Unterbrechung der Verjährung nach den erwähnten Bestimmungen ist nämlich entgegen der Ansicht des Kantonsgerichts nur eine bei der zuständigen Behörde und in gültiger Form erhobene Klage geeignet. Wird die Klage wegen Fehlens einer dieser Eintretensvoraussetzungen (oder, was im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, als vorzeitig) zurückgewiesen, so erwächst dem Kläger keine neue Verjährungsfrist (von gleicher Dauer gemäss Art. 137 Abs. 1 OR ), sondern bloss eine von der Klagerückweisung bzw. von deren Mitteilung oder Rechtskraft an zu datierende Nachfrist von 60 Tagen ( Art. 139 OR ). Diese Vorschrift geht offenbar davon aus, dass die nicht beim zuständigen Richter oder nicht in gültiger Form angehobene und deshalb nicht einlässlich beurteilte, sondern zurückgewiesene Klage die bei ihrer Erhebung BGE 85 II 504 S. 510 laufende Verjährungsfrist nicht wie eine prozessual einwandfreie Klage zu unterbrechen vermochte. Eben deshalb sieht sie die Nachfrist für den Fall vor, dass "die Verjährungsfrist unterdessen abgelaufen ist". Ob die Verjährung infolge dieses Fristablaufs zunächst eintrete, dem Kläger dann aber eine von der Rückweisung der Klage bzw. von deren Mitteilung oder Rechtskraft an zu datierende neue Frist offen stehe (so VON TUHR, Allgemeiner Teil des OR, § BGE 81 II 3 , ähnlich BECKER, N. 1 zu Art. 139 OR ), oder ob der prozessual mangelhaften Klage zwar nicht die Verjährung unterbrechende, aber doch deren Ablauf hemmende Wirkung mit Vorbehalt der in Frage stehenden Nachfrist zukomme (so OSER-SCHÖNENBERGER, N. 3 zu Art. 139 OR ; vgl. auchBGE 38 II 515), kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die prozessual mangelhaft erhobene und daher zurückgewiesene Klage nach der gesetzlichen Ordnung nicht geeignet, die Verjährung zu unterbrechen und eine neue Verjährung von normalerweise nach Art. 137 Abs. 1 OR gleicher Dauer in Lauf zu setzen; sie vermag aber die Wirksamkeit einer mangels Unterbrechung eintretenden Verjährung in der Schwebe zu halten im Hinblick auf die Nachfrist, deren Benützung durch eine prozessual einwandfreie Anspruchserhebung den Mangel der frühern Klage hinsichtlich der Verjährungsunterbrechung heilt. Darüber herrscht der Sache nach Einigkeit, wie auch immer man die Nachfrist des Art. 139 OR in das Gefüge der die Verjährung ordnenden Regeln einreihen mag (vgl. ausser den bereits erwähnten Autoren JEAN-ALBERT WYSS, La péremption dans le Code civil suisse, S. 100 ff.; CH. RATHGEB, L'action en justice et l'interruption de la prescription, in Mélanges François Guisan, S. 235 ff.; Urteil des bernischen Appellationshofes vom 30. Oktober 1947, ZbJV 84 S. 490 ff.). Laut der den ersten Prozess abschliessenden, infolge Rückzuges der Appellation rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Bezirksgerichts Inn vom 9./10. November 1953 konnte auf die Klage nicht eingetreten werden, weil BGE 85 II 504 S. 511 die Beklagte nicht gesetzlich vertreten war. Der Rechtsstreit betraf ihr eingebrachtes Gut; sie hätte daher nach Art. 168 Abs. 2 ZGB durch den Ehemann vertreten sein müssen. Dabei handelte es sich nicht um die Passivlegitimation. Als beklagte Partei war, wie das Bezirksgericht ausführt, zutreffenderweise die Ehefrau bezeichnet, sie bedurfte aber im Rechtsstreite der Vertretung durch den Ehemann (vgl. BGE 51 II 272 ). Und zwar gebot das Prozessrecht des Kantons Graubünden, wie das Urteil weiterhin darlegt, die Einbeziehung des Ehemannes in dieser Eigenschaft bereits im Vermittlungsverfahren, also im Leitschein. Im spätern Verfahren konnte dieser Mangel nicht mehr behoben werden, so dass das Nichteintreten unvermeidlich war (was man freilich nicht sogleich erkannt hatte). Das Fehlen einer gültigen bzw. einer gesetzlich gebotenen Vertretung ist ein formeller Mangel der Klage im Sinne von Art. 139 OR . Auch die fehlende Vertretung der beklagten Partei kommt hiebei in Betracht, wenn es nach dem kantonalen Prozessrecht dem Kläger obliegt, dafür zu sorgen, dass sie erfolge, insbesondere wenn er nach zwingender Prozessregel eine gesetzlich gebotene Vertretung der beklagten Partei gleich bei Anhebung des Rechtsstreites zu berücksichtigen hat, d.h. die Klage nicht einfach gegen die der Vertretung bedürftige beklagte Partei als solche richten darf, sondern neben ihr den zu ihrer Vertretung berufenen Dritten zu nennen hat. Anderseits hat man es trotz der Strenge des vom Bezirksgericht Inn in seinem Nichteintretensurteil angewendeten prozessualen Gebotes, das ein Nachholen des im Vermittlungsverfahren Versäumten nicht zuliess, mit einem "verbesserlichen" Fehler im Sinne von Art. 139 OR , d.h. mit einem die neue Anspruchserhebung nicht ausschliessenden Fehler zu tun (vgl. CH. RATHGEB, a.a.O., S. 269 ff.). Zu solchem Vorgehen stand aber dem Kläger, wollte er die neue Klage nicht der Gefahr einer begründeten Verjährungseinrede aussetzen, nur eben die Nachfrist von BGE 85 II 504 S. 512 60 Tagen nach Art. 139 OR zur Verfügung. Er hat sie versäumt, gleichgültig ob man als massgebenden, die Frist in Gang setzenden Akt der Prozesserledigung den Rückzug der gegen den Nichteintretensentscheid eingelegten Appellation oder erst die Mitteilung des auf diesen Rückzug gestützten oberinstanzlichen Abschreibungsbeschlusses betrachtet. Auch wenn man vom letztern Datum des 2. Juli 1954 ausgeht, war die Frist nicht mehr gewahrt durch die erst am 29. Oktober 1954, also nach 119 Tagen, eingeleitete neue Klage. Somit ist die Verjährungseinrede zu Recht erhoben worden. ..... Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 10. November 1958/30. Januar 1959 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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f90afd1f-057f-46c3-9833-ad58b4aa87d4
Urteilskopf 119 V 484 69. Urteil vom 25. August 1993 i.S. C. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Verwaltungsgericht des Kantons Glarus
Regeste Art. 20 Abs. 2 UVG , Art. 34 UVG , Art. 32 Abs. 5 UVV , Art. 33 Abs. 2 UVV . - Bei Komplementärrenten ist die Teuerungszulage allein auf der Komplementärrente und nicht auf der Grundrente der Unfallversicherung festzusetzen. - Auslegung von Art. 32 Abs. 5 und Art. 33 Abs. 2 UVV in diesem Zusammenhang (Erw. 3). Art. 20 Abs. 2 letzter Satz UVG, Art. 33 UVV , Art. 15 Abs. 2 UVG , Art. 22 Abs. 2 UVV , Art. 24 Abs. 2 UVV . Die Anpassung der Komplementärrente zufolge Änderung der für die Familienangehörigen bestimmten Rententeile erlaubt keine Neufestsetzung des versicherten Verdienstes (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 485 BGE 119 V 484 S. 485 A.- S. C., geboren am 24. März 1963, war bei der T. AG erwerbstätig und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Berufs- und Nichtberufsunfall obligatorisch versichert. Am 4. Mai 1987 geriet er mit der rechten Hand in eine Kardenmaschine und zog sich dabei schwere Verletzungen zu, die eine vollständige oder teilweise Amputation mehrerer Finger zur Folge hatten. Die SUVA kam für die Heilungskosten auf und richtete ein Taggeld aus. Am 4. Februar 1991 teilte sie dem Versicherten mit, dass eine weitere ärztliche Behandlung nicht mehr notwendig sei und die Taggeldleistungen auf Ende März 1991 eingestellt würden. Mit Verfügung vom 25. April 1991 sprach sie ihm ab 1. April 1991 eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 75% bis Ende März 1993 und von 50% ab 1. April 1993 sowie eines versicherten Jahresverdienstes von Fr. 40'730.-- zu. Weil der Versicherte von der Invalidenversicherung seit dem 1. Mai 1988 eine ganze Rente, nebst Zusatzrente für die Ehefrau, und ab 1. August 1989 zusätzlich eine Kinderrente bezog (Verfügungen der VATI-Ausgleichskasse vom 8. Januar 1990), wurde eine Komplementärrente zugesprochen, welche von der SUVA auf Fr. 335.-- im Monat festgesetzt wurde. Des weitern wurde dem Versicherten eine Integritätsentschädigung BGE 119 V 484 S. 486 von Fr. 32'640.-- aufgrund eines Jahresverdienstes von Fr. 81'600.-- und eines Integritätsschadens von 40% ausgerichtet. Die gegen diese Verfügung gerichtete Einsprache, mit welcher S. C. beantragte, bei der Rente sei die Teuerungszulage nicht auf der Komplementärrente, sondern auf der Grundrente festzusetzen, wurde von der SUVA mit Einspracheentscheid vom 15. Juli 1991 abgewiesen. B.- Mit Entscheid vom 11. Februar 1992 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus die hiegegen erhobene Beschwerde ab. C.- S. C. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid und der Einspracheentscheid der SUVA vom 15. Juli 1991 seien aufzuheben und es sei ihm zur Komplementärrente eine Teuerungszulage zu gewähren, welche nach Massgabe der Grundrente zu berechnen sei. SUVA und Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. D.- Auf Begehren des Beschwerdeführers hat das Eidg. Versicherungsgericht das Verfahren sistiert bis zum Entscheid der SUVA über eine Einsprache des Beschwerdeführers gegen eine Verfügung vom 23. Oktober 1992. Nach Erhalt des Einspracheentscheids vom 6. Januar 1993 wurde das Verfahren wiederaufgenommen und ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt, in welchem die Parteien an ihren Anträgen festhielten. II A.- Mit Verfügung vom 15. September 1992 sprach die VATI-Ausgleichskasse S. C. ab 1. Juli 1992 eine Zusatzrente für das im Juli 1992 geborene zweite Kind zu. In der Folge passte die SUVA die Komplementärrente gemäss Art. 20 Abs. 2 UVG den veränderten Verhältnissen an, mit dem Ergebnis, dass kein Rentenanspruch mehr bestand, weil die Rentenleistungen der Invalidenversicherung mehr als 90% des versicherten Jahresverdienstes ausmachten (Verfügung vom 23. Oktober 1992). S. C. erhob auch gegen diese Verfügung Einsprache mit dem Antrag, die Teuerungszulage sei auf der Grundrente und nicht auf der Komplementärrente zu berechnen. Mit Entscheid vom 6. Januar 1993 wies die SUVA die Einsprache ab. B.- Gegen diesen Entscheid beschwerte sich S. C. beim Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, wobei er am materiellen Begehren festhielt und in prozessualer Hinsicht beantragte, es sei die aufschiebende BGE 119 V 484 S. 487 Wirkung der Beschwerde festzustellen. Die SUVA schloss auf Abweisung der Beschwerde und beantragte, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu entziehen. Mit Zwischenentscheid vom 13. April 1993 entzog der Präsident des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus der Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 6. Januar 1993 die aufschiebende Wirkung. C.- S. C. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Zwischenentscheid sei aufzuheben und es sei die aufschiebende Wirkung von Einsprache und Beschwerde festzustellen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Die beiden Verfahren betreffen die gleichen Parteien, und es liegen ihnen materiell die gleichen Rechtsfragen zugrunde. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Präsidialentscheid der Vorinstanz vom 13. April 1993 hat zwar ausschliesslich prozessuale Fragen zum Gegenstand. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erklärt sich der Beschwerdeführer jedoch ausdrücklich damit einverstanden, dass dieses Rechtsmittel zusammen mit der gegen den vorinstanzlichen Entscheid vom 11. Februar 1992 erhobenen Beschwerde behandelt werde. Es rechtfertigt sich daher, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen. 2. a) Beim Präsidialentscheid vom 13. April 1993, mit welchem das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus der Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 6. Januar 1993 die aufschiebende Wirkung entzogen hat, handelt es sich um eine Zwischenverfügung im Sinne von Art. 45 Abs. 2 lit. g und Art. 55 VwVG . Solche Verfügungen sind nach Art. 45 Abs. 1 VwVG nur dann selbständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können. Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offensteht ( BGE 116 V 132 Erw. 1 mit Hinweisen). b) Im Verfahren um Rentenleistungen liegt nach der Rechtsprechung ein nicht wiedergutzumachender Nachteil vor, wenn die plötzliche Einstellung der Rentenzahlungen den Versicherten aus dem finanziellen Gleichgewicht bringen und zu kostspieligen oder sonstwie BGE 119 V 484 S. 488 unzumutbaren Massnahmen zwingen würde ( BGE 110 V 44 Erw. 4a, BGE 109 V 233 Erw. 2b). Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Aufhebung einer ordentlichen Invalidenrente im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 20 Abs. 1 UVG, sondern um den Wegfall einer Komplementärrente gemäss Art. 20 Abs. 2 UVG im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer von der Invalidenversicherung eine weitere Kinderrente bezieht. Eine Einkommenseinbusse erleidet der Beschwerdeführer nicht, indem der bisherigen Komplementärrente von Fr. 335.-- im Monat zusätzliche Leistungen der Invalidenversicherung von Fr. 720.-- monatlich gegenüberstehen (Verfügung der VATI-Ausgleichskasse vom 15. September 1992). Auch unter Berücksichtigung der durch das zweite Kind verursachten Unterhaltskosten kann nicht gesagt werden, dass der Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde den Versicherten aus dem finanziellen Gleichgewicht bringen und zu kostspieligen oder sonstwie unzumutbaren Massnahmen zwingen könnte. Mangels eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils im Sinne der Rechtsprechung ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 13. April 1993 daher nicht einzutreten. c) Da sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 13. April 1993 als offensichtlich unzulässig erweist, entscheidet das Gericht im Verfahren nach Art. 36a OG . 3. Gegenstand des mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 11. Februar 1992 anhängig gemachten Verfahrens bildet allein die Frage, ob der Teuerungsausgleich, welcher dem Beschwerdeführer auf der Komplementärrente zusteht, auf dieser selbst oder auf der entsprechenden Grundrente festzusetzen ist. a) Nach Art. 20 Abs. 1 UVG beträgt die Invalidenrente bei Vollinvalidität 80% des versicherten Verdienstes; bei Teilinvalidität wird sie entsprechend gekürzt. Hat der Versicherte Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung oder der AHV, so wird ihm eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht der Differenz zwischen 90% des versicherten Verdienstes und der Rente der Invalidenversicherung oder der AHV, höchstens aber dem für Voll- oder Teilinvalidität vorgesehenen Betrag. Die Komplementärrente wird beim erstmaligen Zusammentreffen der erwähnten Renten festgesetzt und lediglich späteren Änderungen der für Familienangehörige bestimmten Teile der Rente der Invalidenversicherung oder der AHV BGE 119 V 484 S. 489 angepasst ( Art. 20 Abs. 2 UVG ). Gestützt auf Art. 20 Abs. 3 UVG hat der Bundesrat nähere Vorschriften zur Berechnung der Komplementärrenten erlassen. Nach Art. 31 UVV werden bei der Berechnung der Komplementärrenten für Invalide auch die Zusatz- und Kinderrenten der AHV/IV voll berücksichtigt. Unter dem Titel "Höhe der Komplementärrenten in Sonderfällen" schreibt Art. 32 Abs. 5 UVV vor, dass Teuerungszulagen bei der Bemessung der Komplementärrenten nicht berücksichtigt werden. Art. 33 Abs. 2 UVV bestimmt, dass die Kürzungen nach Art. 36-39 UVG bei den Komplementärrenten vorgenommen und Teuerungszulagen auf der gekürzten Komplementärrente berechnet werden. Gemäss Art. 34 UVG erhalten die Bezüger von Invaliden- und Hinterlassenenrenten zum Ausgleich der Teuerung Zulagen, welche als Bestandteil der Rente gelten (Abs. 1). Der Bundesrat setzt die Zulagen aufgrund des Landesindexes der Konsumentenpreise fest. Die Zulagen werden in der Regel alle zwei Jahre jeweils auf Beginn des Kalenderjahres der Teuerung angepasst. Die Anpassung erfolgt früher, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise innerhalb eines Jahres um mehr als 8%, und später, wenn er innerhalb von zwei Jahren um weniger als 5% angestiegen ist (Abs. 2). Mit der Verordnung 90 über Teuerungszulagen an Rentner der obligatorischen Unfallversicherung vom 27. November 1989 wurde den Rentenbezügern auf den 1. Januar 1990 eine Teuerungszulage von 7,8% der bisherigen Rente gewährt (Art. 1 Abs. 1); für Renten, die seit dem 1. Januar 1986 entstanden sind und auf Unfälle nach dem 1. Januar 1985 zurückgehen, wurde die Teuerungszulage nach einer Tabelle mit degressiven Ansätzen festgesetzt (Art. 1 Abs. 2). Ein weiterer Teuerungsausgleich erfolgte auf den 1. Januar 1993 mit der Verordnung 93 über Teuerungszulagen an Rentner der obligatorischen Unfallversicherung vom 25. November 1992. b) Mit der Auffassung, die Teuerungszulage auf der Rente der Unfallversicherung sei nicht auf der Komplementärrente, sondern auf der Grundrente festzusetzen, lässt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, dass ein Teuerungsausgleich auch bei den AHV- und Invalidenrenten gewährt wird. Nach Art. 33ter AHVG passt der Bundesrat die ordentlichen Renten in der Regel alle zwei Jahre auf Beginn des Kalenderjahres der Lohn- und Preisentwicklung an, indem er auf Antrag der Eidg. Kommission für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung den Rentenindex neu festsetzt (Abs. 1). Der Rentenindex ist das arithmetische Mittel des vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BSV) ermittelten Lohnindexes und BGE 119 V 484 S. 490 des Landesindexes der Konsumentenpreise (Abs. 2). Abs. 5 desselben Artikels ermächtigt den Bundesrat, ergänzende Vorschriften über die Rentenanpassung zu erlassen, den Rentenindex auf- oder abzurunden und das Verfahren der Rentenanpassung zu regeln. Gestützt auf diese gemäss Art. 37 Abs. 1 IVG und Art. 32 IVV auch auf die Invalidenversicherung anwendbaren Bestimmungen hat der Bundesrat die Renten der AHV und Invalidenversicherung auf den 1. Januar 1990 (Vo 90 über Anpassung an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV vom 12. Juni 1989), den 1. Januar 1992 (Vo 92 vom 21. August 1991) und den 1. Januar 1993 (Vo 93 vom 31. August 1992) der Teuerung angepasst. Zudem hat er gestützt auf den Bundesbeschluss vom 14. Dezember 1990 in Abweichung von Art. 33ter Abs. 4 AHVG eine ausserordentliche Teuerungszulage auf den Renten der AHV und Invalidenversicherung für das Jahr 1991 beschlossen (Vo 91 über die Ausrichtung einer Teuerungszulage auf den AHV- und Invalidenrenten vom 27. Februar 1991). Würde der Auffassung des Beschwerdeführers gefolgt, so bedeutete dies, dass die Teuerung auf dem die Komplementärrente übersteigenden Betrag der Grundrente der Unfallversicherung doppelt ausgeglichen würde. Es kann indessen nicht Sinn der gesetzlichen Regelung sein, die Teuerungszulage unabhängig von der Höhe der Komplementärrente stets auf der Grundrente zu gewähren. Dies würde nicht nur dem Grundsatz zuwiderlaufen, dass Teuerungszulagen den Wert der im Einzelfall tatsächlich zur Ausrichtung gelangenden Rente sichern sollen, sondern auch zu einer ungerechtfertigten Privilegierung der Bezüger von Komplementärrenten führen. Wie das BSV zutreffend ausführt, liesse sich dies um so weniger vertreten, als der Bezüger einer Komplementärrente gegenüber demjenigen, welcher eine ordentliche Unfallrente erhält, insofern bessergestellt ist, als in der AHV/IV die Renten der Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden ( Art. 33ter AHVG ), wogegen in der obligatorischen Unfallversicherung lediglich die Preisentwicklung ausgeglichen wird ( Art. 34 Abs. 2 UVG ). Der Bezüger einer Komplementärrente erhält somit auf der Rente der AHV oder Invalidenversicherung eine Teuerungszulage, welche die Lohn- und Preisentwicklung berücksichtigt, und zur Komplementärrente der Unfallversicherung eine solche, welche die Preisentwicklung ausgleicht. Wer ausschliesslich eine Rente der Unfallversicherung bezieht, erhält dagegen eine Teuerungszulage, welche lediglich die Preisentwicklung berücksichtigt. Der Bezüger einer Komplementärrente wird vom Gesetz zudem insofern bessergestellt, als die Leistungen BGE 119 V 484 S. 491 bis 90% des versicherten Verdienstes betragen, wogegen die ordentliche Rente auf 80% des versicherten Verdienstes begrenzt ist. c) Zu keinem andern Ergebnis vermögen die vom Beschwerdeführer erwähnten Verordnungsbestimmungen zu führen. Fehl geht zunächst der Hinweis auf Art. 32 Abs. 5 UVV , wonach Teuerungszulagen bei der Bemessung der Komplementärrenten nicht zu berücksichtigen sind. Nach MAURER (Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 379) sind damit nicht Teuerungszulagen gemeint, welche nach Art. 22 Abs. 2 UVV in Verbindung mit Art. 7 lit. b AHVV Lohnbestandteile bilden und zum versicherten Verdienst gehören, sondern nur jene Teuerungszulagen, die gemäss Art. 44 UVV allenfalls nach der Rentenfestsetzung hinzukommen. Nach Meinung des BSV ist Art. 32 Abs. 5 UVV dahingehend zu verstehen, dass zunächst die Differenzrechnung nach Art. 20 Abs. 2 UVG zu vollziehen, d.h. die Höhe der Komplementärrente festzustellen ist, und in einem zweiten Schritt auf dieser nun geschuldeten Rente eine allfällige Teuerungszulage zu gewähren ist. Dem ist jedenfalls insoweit beizupflichten, als Art. 32 Abs. 5 UVV die Bemessung der Komplementärrenten betrifft und nichts darüber aussagt, wie die Teuerungszulagen festzusetzen sind. Insbesondere lässt sich daraus nicht schliessen, dass der Teuerungsausgleich auf der Grundrente und nicht allein auf der Komplementärrente zu erfolgen hat. Etwas anderes ergibt sich auch aus Art. 33 Abs. 2 UVV nicht, wonach Leistungskürzungen nach Art. 36-39 UVG auf den Komplementärrenten vorgenommen und die Teuerungszulagen auf der gekürzten Komplementärrente berechnet werden. Dabei handelt es sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht um eine Sonderregelung in dem Sinne, dass damit die alleinige Ausnahme zum Grundsatz normiert würde, wonach die Teuerungszulage auf der Grundrente festzusetzen ist. Vielmehr wird damit der Grundsatz, dass die Teuerungszulage auf der Komplementärrente festzusetzen ist, für den Sonderfall der Rentenkürzung gemäss Art. 36 ff. UVG bestätigt. Wie bereits die Vorinstanz festgestellt hat, liegt der Sinn dieser Bestimmung darin, dass der Bezüger einer gekürzten Komplementärrente die Leistungskürzung nicht mittels der Teuerungszulage teilweise kompensieren kann, was insbesondere bei schuldhafter Herbeiführung des Unfalles ( Art. 37 UVG ) nicht zu befriedigen vermöchte. 4. a) Dass die Komplementärrente nach der Geburt eines Kindes geringer ausfällt oder gänzlich wegfällt und die Gesamtleistung nicht im Umfang der zusätzlichen Kinderrente der Invalidenversicherung BGE 119 V 484 S. 492 steigt, ergibt sich daraus, dass die Komplementärrente auf 90% des versicherten Verdienstes begrenzt ist und die Rente nach Art. 20 Abs. 2 UVG bei Änderungen der für Familienangehörige bestimmten Teile der Rente der Invalidenversicherung oder AHV anzupassen ist. Eine solche Anpassung hat insbesondere auch dann zu erfolgen, wenn - wie im vorliegenden Fall - zufolge Geburt eines Kindes Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder der Invalidenversicherung entsteht (MAURER, a.a.O., S. 381). Die Absicht des Gesetzgebers, bei den Komplementärrenten familienbedingten Änderungen der AHV/IV-Renten Rechnung zu tragen (Botschaft zum UVG vom 18. August 1976, Separatausgabe S. 31), darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Teuerungsausgleich abweichend vom Gesetz auf der Grundrente festgesetzt wird. b) Dem Beschwerdeführer kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als er einen Ausgleich über eine Anpassung des versicherten Verdienstes erreichen will. Als Grundlage für die Bemessung der Renten gilt der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bei einem oder mehreren Arbeitgebern bezogene Lohn, einschliesslich noch nicht ausbezahlter Lohnbestandteile ( Art. 15 Abs. 2 UVG und Art. 22 Abs. 4 UVV ). Abweichend hievon umschreibt Art. 24 UVV den massgebenden Lohn für Renten in Sonderfällen. Vorbehältlich Art. 24 Abs. 4 UVV gilt der so festgesetzte versicherte Verdienst grundsätzlich für die gesamte Dauer des Rentenanspruchs; insbesondere kann eine spätere Rentenrevision nicht dazu dienen, den massgebenden Jahresverdienst anzupassen (vgl. BGE 118 V 196 , BGE 105 V 35 sowie MAURER, a.a.O., S. 391). Das gleiche gilt bei den Komplementärrenten gemäss Art. 20 Abs. 2 UVG . Es entspricht denn auch dem Willen des Gesetzgebers, dass Veränderungen des vom Versicherten ohne den Versicherungsfall mutmasslich erzielbaren Jahresverdienstes keinen Einfluss auf die Rente der Unfallversicherung haben sollen (Botschaft zum UVG vom 18. August 1976, Separatausgabe S. 31). Dass etwas anderes zu gelten hat, wenn die Komplementärrente zufolge Änderungen der für Familienangehörige bestimmten Rententeile neu festzusetzen ist (Art. 20 Abs. 2 letzter Satz UVG), lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch wenn es dabei nicht um eine revisionsweise Neufestsetzung der Rente geht ( BGE 115 V 418 Erw. 3b bb), besteht kein Anlass, diesen Fall der Rentenanpassung hinsichtlich des massgebenden Jahresverdienstes anders zu behandeln, woran auch der vom Beschwerdeführer erwähnte Art. 24 Abs. 2 UVV nichts zu ändern vermag. Nach dieser Vorschrift ist der Lohn massgebend, welchen BGE 119 V 484 S. 493 der Versicherte ohne den Unfall im Jahre vor dem Rentenbeginn bezogen hätte, sofern er höher ist als der letzte vor dem Unfall erzielte Lohn und die Rente mehr als fünf Jahre nach dem Unfall beginnt. Die Bestimmung regelt einen Sonderfall der erstmaligen Festsetzung des versicherten Verdienstes, erlaubt jedoch keine Neufestsetzung des massgebenden Lohnes bei der Anpassung von Komplementärrenten gemäss Art. 33 UVV . Eine solche ist lediglich im Rahmen von Art. 24 Abs. 3 UVV bei den im Zeitpunkt des Unfalls noch in Ausbildung stehenden Versicherten möglich, welcher Sachverhalt in Art. 33 Abs. 1 lit. c UVV ausdrücklich erwähnt wird. Im übrigen mag zutreffen, dass die Regelungen über den versicherten Verdienst und den Teuerungsausgleich nicht in allen Teilen zu befriedigen vermögen. Es ist indessen Sache des Gesetzgebers und nicht des Richters, allfällige Mängel zu beseitigen, soweit dies als erforderlich erscheint (vgl. auch BGE 118 V 298 oben). Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Präsidialentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 13. April 1993 wird nicht eingetreten. II. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 11. Februar 1992 wird abgewiesen.
null
nan
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1,993
CH_BGE
CH_BGE_007
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Federation
f90d2ba2-a62d-46d9-b4ce-b4a1a9dd980c
Urteilskopf 137 I 86 9. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Schlumpf gegen SWICA Krankenversicherung AG (Revisionsgesuch) 9F_9/2009 vom 15. September 2010
Regeste Art. 46 Ziff. 1, Art. 6 und 8 EMRK ; Art. 122 BGG ; Art. 25 Abs. 1 und Art. 32 KVG ; Transsexualismus; Geschlechtsanpassungsoperation; Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenversicherung. Umsetzung des EGMR-Entscheids vom 8. Januar 2009 betreffend Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 110/05 vom 5. Dezember 2005: Voraussetzungen und Modalitäten der Revision nach Art. 122 BGG (E. 3, 7-9). Auslegung und Konkretisierung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche: Grenzen der Rechtsprechungszuständigkeit des EGMR (E. 7.3.3).
Sachverhalt ab Seite 87 BGE 137 I 86 S. 87 A. A.a Am 30. November 2004 unterzog sich die 1937 als Max geborene Nadine Schlumpf einer Geschlechtsanpassungsoperation. Mit Verfügung vom 23. Dezember 2004 und bestätigendem Einspracheentscheid vom 16. Februar 2005 verneinte die SWICA Gesundheitsorganisation (nachfolgend: SWICA) - wie auf Gesuch um Kostengutsprache hin bereits mit Schreiben vom 29. November 2004 mitgeteilt - ihre Kostenvergütungspflicht aus obligatorischer Krankenpflegeversicherung. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hiess die dagegen erhobene Beschwerde der Versicherten gut, hob den Einspracheentscheid vom 16. Februar 2005 auf und wies die Sache an die SWICA zurück, damit sie zusätzliche Abklärungen im Sinne der Erwägungen treffe (Entscheid vom 21. Juni 2005). Auf die Durchführung der im kantonalen Verfahren ursprünglich beantragten öffentlichen Verhandlung hatte die Versicherte verzichtet, nachdem ihr das Versicherungsgericht zu erkennen gegeben hatte, dass es die Angelegenheit zwecks ergänzender Beweisvorkehren an den Versicherer zurückzuweisen gedenke; die Gültigkeit des Verzichts war explizit ausgeschlossen worden für den Fall, dass die Beschwerdesache an das Eidg. Versicherungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (nachfolgend: EGMR) resp. nach erneutem Entscheid des Versicherers abermals an das kantonale Versicherungsgericht gelangen würde. A.b Gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 21. Juni 2005 erhob die SWICA am 25. Juli 2005 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim damaligen Eidg. Versicherungsgericht (EVG), welches die Beschwerde mit Urteil vom 5. Dezember 2005 guthiess und den angefochtenen Entscheid aufhob (Verfahren K 110/05); dem Antrag von Nadine Schlumpf auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gab das Gericht nicht statt. BGE 137 I 86 S. 88 B. Am 7. Juli 2006 liess Nadine Schlumpf gegen das EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 beim EGMR Beschwerde nach Art. 34 EMRK einreichen (Verfahren 29002/06). Die erste Kammer des EGMR stellte mit Urteil vom 8. Januar 2009 eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 und Art. 8 EMRK fest und sprach der Versicherten eine Entschädigung von 15'000 Euro als Genugtuung ("dommage moral") sowie 8'000 Euro Kostenersatz zu. Die Schweiz beantragte am 8. April 2009 die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer, was deren Ausschuss am 5. Juni 2009 ablehnte. C. Am 5. Oktober 2009 liess Nadine Schlumpf beim Bundesgericht ein Revisionsgesuch stellen mit dem Rechtsbegehren, es sei das Urteil des EVG vom 5. Dezember 2005 aufzuheben (Antrag Ziff. 1) und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten der Geschlechtsangleichungsoperation der Antragstellerin durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung erfüllt seien (Antrag Ziff. 2); eventualiter sei das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 21. Juni 2005 zu bestätigen (Antrag Ziff. 3); zudem sei eine öffentliche Parteiverhandlung anzuordnen. Das Bundesamt für Gesundheit, das Versicherungsgericht des Kantons Aargau sowie die SWICA haben auf eine Stellungnahme verzichtet. D. Am 15. September 2010 führte das Bundesgericht eine öffentliche Parteiverhandlung und Urteilsberatung durch. Das Bundesgericht heisst das Revisionsgesuch gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Gesuchstellerin beruft sich auf den Revisionsgrund gemäss Art. 122 BGG . Danach kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn der EGMR in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind (lit. a), eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen (lit. b), und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen (lit. c). Revisionsgesuche gestützt auf Art. 122 BGG sind innert 90 Tagen einzureichen, nachdem das Urteil des EGMR nach Art. 44 EMRK rechtskräftig geworden ist ( Art. 124 Abs. 1 lit. c BGG ). BGE 137 I 86 S. 89 2.2 Das die Gesuchstellerin betreffende Urteil der I. Kammer des EGMR Schlumpf gegen Schweiz vom 8. Januar 2009 ist mit der am 5. Juni 2009 erfolgten Ablehnung des Antrags auf Verweisung an die Grosse Kammer endgültig geworden (Art. 42 und 44 Ziff. 2 lit. c EMRK). Mit der Gesuchseinreichung am 5. Oktober 2009 ist die 90tägige Frist unter Berücksichtigung des Fristenstillstands gemäss Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG gewahrt. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf das Revisionsgesuch einzutreten. 3. 3.1 Art. 122 BGG steht in direktem Bezug zu Art. 46 Ziff. 1 EMRK : Diese Bestimmung verpflichtet die Vertragsstaaten, die endgültigen Urteile des EGMR zu befolgen; der betreffende Staat muss eine festgestellte Konventionsverletzung, soweit sie fortdauert, beseitigen und die beschwerdeführende Partei soweit möglich in die Lage versetzen, in der sie sich ohne die Konventionsverletzung befände ("restitutio in integrum"; BGE 136 I 158 E. 2.3 und 3 S. 164; BGE 120 V 150 E. 3b/cc S. 159; Urteile des EGMR Verein gegen Tierfabriken gegen Schweiz vom 30. Juni 2009 §§ 85 f.; Assanidzé gegen Georgien vom 8. April 2004, Recueil CourEDH 2004-II S. 55 § 198; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, N. 6 zu Art. 46 EMRK ; JÖRG POLAKIEWICZ, The Execution of Judgements of the European Court of Human Rights, in: Fundamental Rights in Europe - The European Convention and its Member States 1950-2000, Blackburn/Polakiewicz [Hrsg.], 2005, S. 57 ff.). Das Ministerkomitee überwacht den Vollzug der Urteile des Gerichtshofs ( Art. 46 Ziff. 2 EMRK ; Urteil Verein gegen Tierfabriken , §§ 61, 84); die konkrete Art und Weise der Wiederherstellung des konventionskonformen Zustands bleibt jedoch grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Rechts (Urteil Verein gegen Tierfabriken , § 88; Unzulässigkeitsentscheid Lyons und andere gegen Vereinigtes Königreich vom 8. Juli 2003, Recueil CourEDH 2003-IX S. 431 ; CHRISTOPH GRABENWARTER, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, S. 93 f. Nr. 3; SOLVEIG HASS, Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 2006, S. 71 f.; HEIKO SAUER, Die neue Schlagkraft der gemeineuropäischen Grundrechtsjudikatur, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht [ZaöRV] 65/2005 S. 35 ff., 39 f.; MARK E. VILLIGER, Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, ZSR 127/2008 I S. 453 ff., 469). Mit der Möglichkeit der innerstaatlichen Revision bundesgerichtlicher Urteile BGE 137 I 86 S. 90 nach Art. 122 BGG (vor 1. Januar 2007: Art. 139a OG ) verfügt die Schweiz über ein autonomes landesrechtliches Instrument zur Umsetzung der völkerrechtlichen Befolgungspflicht gemäss Art. 46 Ziff. 1 EMRK . 3.2 3.2.1 Gemäss Art. 122 BGG führt nicht jede Verurteilung der Schweiz durch den EGMR ohne Weiteres zu einer Aufhebung des betreffenden letztinstanzlichen (vgl. Art. 35 Ziff. 1 EMRK ), mit seiner Ausfällung rechtskräftig ( Art. 61 BGG ) gewordenen bundesgerichtlichen Urteils. Nach dem unter E. 2.1 Gesagten tritt diese innerstaatliche Wirkung - auf dem Wege der Revision - nur ein, soweit eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen, und die Revision notwendig ist, um die vom EGMR festgestellte Verletzung der EMRK - im Sinne der "restitutio in integrum" (E. 3.1 hievor) - zu beseitigen ( Art. 122 lit. b und c BGG ; vgl. auch SZS 2007 S. 71, B 57/06 E. 2.1). 3.2.2 Eine Entschädigung im Sinne von Art. 122 lit. b BGG ist namentlich die "gerechte Entschädigung" nach Art. 41 EMRK , welche der EGMR zusprechen kann, wenn er eine Konventionsverletzung festgestellt hat und das innerstaatliche Recht nur eine unvollkommene Wiedergutmachung gestattet. Hat der EGMR eine die Folgen der Konventionsverletzung ausgleichende Entschädigung zugesprochen, besteht für die Revision des bundesgerichtlichen Urteils kein Anlass mehr; möglich bleibt diese nur insoweit, als sie geeignet und erforderlich ist, um über die finanzielle Abgeltung hinaus fortbestehende, konkrete nachteilige Auswirkungen der Konventionsverletzung im Rahmen des ursprünglichen Verfahrens zu beseitigen. Stehen materielle Interessen zur Diskussion, bezüglich welcher die Konventionsverletzung zwar mit einer Entschädigung grundsätzlich vollständig gutgemacht werden könnte, hat der EGMR aber eine Entschädigung abgelehnt, weil ein Schaden fehlt, oder hat er sich mangels eines entsprechenden Begehrens über das Vorliegen eines Schadens nicht ausgesprochen, so kommt die Revision durch das Bundesgericht nicht mehr in Frage (vgl. zum Ganzen: BGE 125 III 185 E. 3 S. 188; BGE 123 I 283 E. 3a S. 287; Pra 2007 Nr. 49 S. 311, 6S.362/2006 E. 2; Urteil 2A.363/2001 vom 6. November 2001 E. 3a/bb; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, N. 4682 zu Art. 122 BGG ; ELISABETH ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 5 zu Art. 122 BGG ; PIERRE FERRARI, in: Commentaire BGE 137 I 86 S. 91 de la LTF, 2009, N. 8 zu Art. 122 BGG ; Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202 ff., 4353). 3.2.3 "Notwendig" im Sinne von Art. 122 lit. c BGG ist die Revision, sofern das Verfahren vor Bundesgericht ohne Konventionsverletzung einen andern Verlauf genommen hätte oder hätte nehmen können (vgl. ESCHER, a.a.O., N. 6 zu Art. 122 BGG ). 4. Anfechtungsgegenstand im Verfahren vor dem EGMR war das EVG-Urteil K 110/05 vom 5. Dezember 2005. Strittig war dort nicht die Durchführung der Geschlechtsanpassung als solche, sondern einzig der Anspruch der Versicherten auf Übernahme der entsprechenden Operationskosten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Mit dem erwähnten EVG-Urteil wurde - ohne vorgängige öffentliche Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK - der auf Rückweisung der Streitsache an die Krankenkasse lautende Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 21. Juni 2005 aufgehoben und der umstrittene Kostenvergütungsanspruch abschliessend verneint. Übereinstimmend mit der Krankenkasse begründete das EVG die definitive Leistungsverweigerung damit, der operative Eingriff sei vor Ablauf der gemäss - (damals) zuletzt mit RKUV 2004 S. 392 f., K 142/03 E. 2.2 bestätigter - Rechtsprechung des EVG vorausgesetzten zweijährigen Beobachtungszeit vorgenommen worden (Urteil K 110/05 vom 5. Dezember 2005 E. 3.3 und 3.5); letztere soll nach konstanter Praxis mittels Alltagstests, medizinischer Untersuchungen und Massnahmen (insbesondere psychiatrisch-psychotherapeutischer und endokrinologischer Art) zuverlässig Gewissheit darüber verschaffen, dass ein schwerer Fall von echtem - d.h. gemäss Art. 25 KVG krankheitswertigem - Transsexualismus vorliegt, der mit Psychotherapie und Hormontherapie allein nicht angegangen werden kann und somit den chirurgischen Eingriff - im Sinne der Leistungsvoraussetzungen der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit ( Art. 32 Abs. 1 KVG ) - tatsächlich erfordert (vgl. BGE 114 V 162 E. 4 S. 167). Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hatte in seinem vom EVG aufgehobenen Entscheid vom 21. Juni 2005 argumentiert, die zweijährige Beobachtungszeit dürfe nicht als conditio sine qua non für die Diagnose des echten Transsexualismus und die Bejahung der Operationsnotwendigkeit verstanden werden. Im erwähnten Urteil K 110/05 hielt das EVG dagegen, es bestehe auch unter Berücksichtigung des aktuellen Standes BGE 137 I 86 S. 92 der Medizin kein Anlass, vom generellen Erfordernis der zweijährigen Beobachtungszeit abzurücken; dieses trage der Schwere und Irreversibilität einer Geschlechtsanpassung angemessen Rechnung und biete überdies Gewähr für die notwendige Rechtssicherheit im Spannungsfeld zwischen dem Leidensdruck der Betroffenen einerseits und dem zwingenden Gebot, ungerechtfertigte derartige Operationen zu vermeiden, andererseits (Urteil K 110/05 vom 5. Dezember 2005 E. 3.4). 5. Nach den Feststellungen des EGMR im Urteil Schlumpf gegen Schweiz vom 8. Januar 2009 hat die Schweiz mit dem EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 sowohl Art. 6 Ziff. 1 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) als auch Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens) verletzt: 5.1 Eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK liegt gemäss EGMR im Umstand, dass im EVG-Verfahren trotz des ausdrücklichen Antrags der Versicherten keine öffentliche Verhandlung durchgeführt worden war. Die Antragstellerin habe im Verfahren vor dem kantonalen Gericht wohl auf eine öffentliche Verhandlung verzichtet, dabei jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass dieser Verzicht nur für den Fall der Rückweisung der Streitsache an die Krankenkasse zwecks weiterer Abklärung und jedenfalls nicht für ein eventuelles Verfahren vor dem EVG gelte. Des Weitern sei die für die umstrittene Kostenübernahme der Krankenkasse entscheidende Frage der Notwendigkeit einer Geschlechtsumwandlung nicht rein rechtlicher oder technischer Natur (was den ausnahmsweisen Verzicht auf eine öffentliche Verhandlung rechtfertigte; vgl. Urteile des EGMR Schuler-Zgraggen gegen Schweiz vom 24. Juni 1993, Serie A Bd. 263 § 58; Döry gegen Schweden vom 12. November 2002 §§ 37 ff.; Miller gegen Schweden vom 8. Februar 2005 §§ 29 und 31 ff.; Urteil des Bundesgerichts 1C_457/2009 vom 23. Juni 2010 E. 3.2); dies gelte umso mehr, als die Parteien sich hinsichtlich der Zweckmässigkeit der zweijährigen Wartefrist (E. 4 hievor) uneins gewesen seien. Unter diesen Umständen verletze die Ablehnung des Antrags der Versicherten das durch Art. 6 Ziff. 1 EMRK gewährleistete Recht, vor mindestens einer Instanz öffentlich angehört zu werden (Urteil Schlumpf , §§ 67-69). 5.2 Des Weitern erblickte der EGMR in der Ablehnung des Beweisantrags der Versicherten auf Anhörung der von ihr genannten BGE 137 I 86 S. 93 Zeugen und medizinischen Experten eine Verletzung des aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK fliessenden Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Entscheid über die Notwendigkeit einer Geschlechtsumwandlungsoperation sei, wie im Urteil Van Kück gegen Deutschland vom 12. Juni 2003, Recueil CourEDH 2003-VII S. 37 §§ 54 f. dargelegt, auf der Basis medizinischer Spezialkenntnisse und Expertisen zu treffen; dementsprechend hätte der Versicherten die Erbringung des Beweises ermöglicht werden müssen, dass die Geschlechtsumwandlungsoperation in ihrem Fall vor Ablauf der rechtsprechungsgemäss verlangten zweijährigen Beobachtungszeit (E. 4 hievor) medizinisch indiziert gewesen war. Ihr diesen Nachweis unter Verweis auf eine abstrakte, im Gesetz selbst nicht genannte Regel zu verwehren, sei unverhältnismässig; dies gelte umso mehr, als die Zweijahresfrist gemäss EVG-Rechtsprechung im Wesentlichen zum Ziel habe, Gewissheit über das Vorliegen eines "echten Transsexualismus" zu gewinnen, die entsprechende Diagnose im konkreten Fall jedoch gesichert gewesen sei (Urteil Schlumpf , §§ 53-57). 5.3 Schliesslich stellte der Gerichtshof (mit 5 zu 2 Stimmen) eine Verletzung von Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens) fest: Diese Bestimmung schütze gemäss EGMR-Rechtsprechung u.a. das Recht auf geschlechtliche Identität und sexuelle Selbstbestimmung; sie garantiere namentlich auch die persönliche Entfaltung sowie die psychische und geistige Integrität der Transsexuellen (Urteil Schlumpf , §§ 77, 100 f. mit Hinweisen auf die EGMR-Rechtsprechung). Mit Bezug auf den konkreten Fall anerkannte der Gerichtshof, dass der Beschwerdeführerin weder die Geschlechtsumwandlungsoperation als solche noch die juristische Anerkennung ihres neuen Geschlechts verwehrt worden war, Art. 8 EMRK mithin insoweit nicht tangiert ist. Er stellte ebenfalls ausdrücklich klar, dass sich aus dem Recht auf Privatleben - und aus allen übrigen Konventionsgarantien - kein Anspruch auf Rückerstattung der Kosten einer Geschlechtsumwandlung ergibt (Urteil Schlumpf , § 77). Unter dem Blickwinkel von Art. 8 EMRK sei im zu beurteilenden Fall zentrale Frage einzig (§ 108; Hervorhebung nicht im Original): "... celle de l'application faite par le Tribunal fédéral des assurances des conditions de prise en charge des frais médicaux lorsqu'il a eu à se prononcer sur la demande de la requérante de se faire reconnaître un droit au remboursement pour les frais liés à une opération de conversion sexuelle." BGE 137 I 86 S. 94 In dieser Hinsicht führte der EGMR aus, Fragen betreffend Bestimmung des eigenen Geschlechts berührten einen der intimsten Aspekte des Privatlebens. Der Staat habe sie daher - im Sinne einer positiven Verpflichtung - unter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und jener des betroffenen Individuums zu beurteilen und diesbezüglich einen gerechten Ausgleich ("juste équilibre") herbeizuführen; dabei stehe ihm ein gewisser Ermessensspielraum zu (Urteil Schlumpf , §§ 103 f.). Im Falle der Beschwerdeführerin sei die umstrittene Übernahme der Operationskosten durch die Krankenkasse ohne solche Abwägung, namentlich ohne Berücksichtigung der spezifischen Umstände des Einzelfalls, sondern einzig wegen Nichteinhaltung der zweijährigen Beobachtungsfrist verweigert worden. Diese zu rigide Anwendung (a.a.O., § 111) eines Kriteriums, das - so der EGMR - ohne Grundlage im Gesetz durch die EVG-Rechtsprechung etabliert worden sei (a.a.O., § 109), verletze Art. 8 EMRK (a.a.O., §§ 105-116). Zusammenfassend stellte der Gerichtshof fest (a.a.O.; Hervorhebungen nicht im Original): "115. Le respect de la vie privée de la requérante aurait exigé la prise en compte des réalités médicale, biologique et psychologique, exprimées sans équivoque par l'avis des experts médicaux, pour éviter une application mécanique du délai de deux ans. La Cour en conclut que, eu égard à la situation très particulière dans laquelle se trouvait la requérante - âgée de plus de 67 ans au moment de sa demande de prise en charge des frais liés à l'opération -, et compte tenu de la marge d'appréciation étroite dont l'Etat défendeur bénéficiait s'agissant d'une question touchant à l'un des aspects les plus intimes de la vie privée, un juste équilibre n'a pas été ménagé entre les intérêts de la compagnie d'assurance, d'une part, et les intérêts de la requérante, d'autre part." 5.4 Die in der Beschwerde ebenfalls geltend gemachte Verletzung von Art. 14 EMRK prüfte der EGMR nicht gesondert. Er begründete dies damit, dass die Rüge in der Substanz mit derjenigen betreffend Art. 6 und 8 EMRK zusammenfalle (Urteil Schlumpf , §§ 117 f.). 5.5 Unter dem Titel der "gerechten Entschädigung" gemäss Art. 41 EMRK (E. 3.2 hievor) stellte der EGMR fest, die Beschwerdeführerin habe keinen materiellen Schaden geltend gemacht, sondern die Zusprechung von Fr. 43'000.- (im Urteilszeitpunkt: rund 28'841 Euro) unter dem Titel des immateriellen Schadens (dommage moral) verlangt. Der Gerichtshof prüfte daher das Vorliegen eines materiellen Schadens nicht näher. Er erachtete es jedoch als indiskutabel, dass die Versicherte durch den Verfahrensmangel und die BGE 137 I 86 S. 95 Beeinträchtigung des Privatlebens jedenfalls einen immateriellen Schaden erlitten hat; hierfür stehe ihr unter Würdigung der Umstände eine Entschädigung von 15'000 Euro zu. Zusätzlich verpflichtete der EGMR die Schweiz, der Gesuchstellerin 8'000 Euro Kosten- und Auslagenersatz zu leisten (Urteil Schlumpf , §§ 120 ff.). 5.6 Nachfolgend ist im Lichte der unter E. 3 dargelegten Grundsätze zu prüfen, ob das EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 aufgrund der im EGMR-Urteil vom 8. Januar 2009 festgestellten Konventionsverletzungen zu revidieren ist ( Art. 122 BGG ). 6. Hinsichtlich der vom EGMR festgestellten Verletzung des Anspruchs auf öffentliche Verhandlung gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK vertritt die Gesuchstellerin den Standpunkt, mit der vom EGMR für moralische Unbill zugesprochenen Entschädigung in der Höhe von 15'000 Euro (E. 5.5 hievor) sei der konventionskonforme Zustand nicht vollumfänglich wiederhergestellt. Ob es sich tatsächlich so verhält, bedarf keiner abschliessenden Prüfung. Mit der im Rahmen des bundesgerichtlichen Revisionsverfahrens am heutigen Datum durchgeführten Parteiverhandlung vor dem Bundesgericht ist die Gesuchstellerin - ihrem Antrag im Revisionsgesuch entsprechend - in ihrer Sache öffentlich angehört worden. Sie hat sich zur Zulässigkeit und materiellrechtlichen Begründetheit des Revisionsgesuchs äussern und namentlich auch die rechtlichen und medizinischen Gründe mündlich vorbringen können, die ihres Erachtens für die ursprünglich und aktuell in Frage stehende Kostenübernahmepflicht der Krankenkasse sprechen. Die Gesuchstellerin macht in ihrem Revisionsgesuch nicht geltend, die festgestellte Konventionsverletzung bedürfe noch weiterer Korrekturen. In diesem Punkt ist daher - was der Rechtsvertreter der Gesuchstellerin anlässlich der öffentlichen Anhörung anerkannt hat - der mit dem EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 geschaffene konventionswidrige Zustand beseitigt, sodass insoweit kein Grund für eine weitergehende Revision besteht (E. 3.1 hievor; vgl. etwa auch Urteil 2A.318/2006 vom 25. April 2007 E. 2.3). 7. 7.1 Ob die im EGMR-Urteil weiter festgestellten Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK und des Anspruchs auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK (E. 5.2 und 5.3 hievor) einen - zusätzlich zur entschädigten moralischen Unbill - auszugleichenden materiellen Schaden der Versicherten bewirkt haben, hat der EGMR nicht geprüft. Er BGE 137 I 86 S. 96 begründete dies damit, ein materieller Schaden sei im Verfahren vor dem EGMR nicht geltend gemacht worden (E. 5.5 hievor). Wäre dem so, fiele die beantragte, auf Übernahme der Operationskosten zielende und damit ausschliesslich vermögensrechtlich motivierte innerstaatliche Revision nach Art. 122 BGG ausser Betracht (E. 3.2 hievor). Die Feststellung des EGMR, im Verfahren vor dem EGMR sei kein materieller Schaden behauptet worden, ist indessen aktenwidrig. In ihrer Beschwerde an den EGMR (S. 11 Ziff. V.19) hatte die Gesuchstellerin ausdrücklich die Zusprechung einer Entschädigung für materiellen Schaden in der Höhe von Fr. 42'730.- verlangt, resultierend daraus, dass sie die Operationskosten in dieser Höhe mangels Übernahme durch den Krankenversicherer selber habe bezahlen müssen; (nur) eventualiter für den Fall, dass gemäss EGMR nicht mit Bestimmtheit gesagt werden könne, die Verfahren betreffend Kostenübernahme wären ohne Konventionsverletzung zu ihren Gunsten entschieden worden, beantragte sie als Ausgleich für die von ihr erlittenen immateriellen Schäden eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 43'000.-. Dass der EGMR die ausdrücklich geltend gemachte Vermögensschädigung nicht geprüft hat, darf der Versicherten - auch mit Blick darauf, dass das Zusammenspiel des nationalen und internationalen Rechts insgesamt zu einer sinnvollen und zweckmässigen Wiederherstellung eines konventionskonformen Zustands führen und damit den effektiven Schutz der in der Konvention verankerten Garantien gewährleisten soll (Urteile 2A.318/2006 vom 25. April 2007 E. 2.1; 2A.93/2001 vom 31. Oktober 2001 E. 2b/aa; Pra 2001 Nr. 92 S. 531, 2A.232/2000 E. 2b/aa) - nicht zum Nachteil gereichen. Die Revision des EVG-Urteils kann ihr mithin nicht mit der formalen Begründung verweigert werden, ein materieller Schaden sei im EMRK-Verfahren nicht behauptet worden; letztere offensichtlich aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung des EGMR bindet das Bundesgericht nicht. 7.2 Die Gesuchstellerin ist durch die definitive Leistungsverweigerung im EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 in ihren materiellen Interessen insoweit tangiert, als sie die Kosten der am 30. November 2004 durchgeführten Geschlechtsanspassung definitiv nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vergütet erhielt. Dieser vermögensrechtliche Nachteil wird durch die vom EGMR allein für immateriellen Schaden (moralische Unbill) zugesprochene Entschädigung nicht ausgeglichen. Im Hinblick auf die Wiederherstellung BGE 137 I 86 S. 97 des konventionskonformen Zustands ist indessen zu beachten, dass Gegenstand der erwähnten Konventionsverletzungen (E. 7.1) nicht die Leistungsverweigerung gemäss EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 als solche ist; sie betreffen mithin nicht den Verfahrensausgang selbst. Ebenso wenig hat der EGMR die Voraussetzung einer zweijährigen Beobachtungszeit für die Kassenpflichtigkeit von Geschlechtsumwandlungsoperationen per se als konventionswidrig erachtet (Urteil Schlumpf , § 113). Die Konventionsverletzungen liegen nach den Feststellungen des EGMR einzig in der Beweiserhebung und -würdigung, d.h. in der Art und Weise, wie es zum definitiv leistungsverweigernden EVG-Urteil gekommen ist (E. 5.2 und 5.3 hievor). Allein darauf erstreckt sich die völkerrechtliche Vollzugspflicht nach Art. 46 EMRK und ein allfälliger Revisionsbedarf resp. Wiedergutmachungsanspruch nach Art. 122 BGG (vgl. auch BGE 120 V 150 E. 3c/bb S. 159). 7.3 7.3.1 Die Revision des EVG-Urteils ist nur angezeigt, sofern das ursprüngliche Verfahren ohne die im EGMR-Urteil festgestellten Konventionsverletzungen einen andern Verlauf hätte nehmen können (E. 3.2.3 hievor) resp. die Gesuchstellerin durch die Konventionswidrigkeit einer realen Chance (vgl. auch FROWEIN/PEUKERT, EMRK- Kommentar, N. 9 zu Art. 41 EMRK ) auf einen für sie positiven Leistungsentscheid (Bejahung der Kostenübernahmepflicht der Krankenkasse) beraubt wurde; nur diesfalls kann von fortbestehenden nachteiligen Auswirkungen der Konventionsverletzung die Rede sein, die gemäss Art. 122 lit. c BGG durch Wiederaufnahme des ursprünglichen Verfahrens beseitigt werden müssen. 7.3.2 Der EGMR hat in § 122 seines Urteils die Frage nach dem Ausgang des EVG-Verfahrens ohne Konventionsverletzung offengelassen. Er hat aber, wie ausgeführt, für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, das EVG hätte der Versicherten nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK den Nachweis ermöglichen müssen, dass die Geschlechtsanpassung vor Ablauf der von der Rechtsprechung verlangten zweijährigen Beobachtungsphase medizinisch notwendig war, und das EVG habe die Zweijahres-Regel in einer Art. 8 EMRK zuwiderlaufenden mechanischen Weise angewandt resp. es konventionswidrig unterlassen, im Hinblick auf eine mögliche Ausnahme von der Regel eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (E. 5.2 und 5.3 hievor). Damit unterstellt der EGMR zwingend , dass das EVG-Verfahren bei BGE 137 I 86 S. 98 konventionskonformem Vorgehen zu Gunsten der Versicherten hätte ausfallen können . Dies hat das Bundesgericht so entgegenzunehmen ( Art. 46 EMRK ; vgl. E. 7.3.4 hernach), wirft aber - wie nachfolgend verdeutlicht - grundsätzliche Fragen nach der Grenzziehung zwischen der Rechtsprechungszuständigkeit des EGMR und der schweizerischen Gerichtsbarkeit im Bereich sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche auf. 7.3.3 7.3.3.1 Der EGMR ist gemäss seiner eigenen, konstanten Rechtsprechung nicht zuständig für die richtige Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts; es steht ihm namentlich nicht zu, eine (willkürfreie) innerstaatliche Interpretation des Landesrechts durch seine eigene zu ersetzen (so ausdrücklich Urteil Schlumpf , §§ 111 und 51 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung). Der EGMR hat nur, aber immerhin, zu überprüfen, ob das nationale Recht, so wie es von den letztinstanzlichen innerstaatlichen Behörden ( Art. 35 Abs. 1 EMRK ) ausgelegt und angewendet wird, die in der Konvention festgelegten Rechte verletzt ( Art. 32 und 34 EMRK ). 7.3.3.2 Es steht ausser Frage, dass Art. 8 EMRK den Anspruch Transsexueller auf sexuelle Identität und Selbstbestimmung über den eigenen Körper, einschliesslich das Recht auf Geschlechtsumwandlung und deren juristische Anerkennung schützt (Urteile des EGMR Christine Goodwin gegen Vereinigtes Königreich vom 11. Juli 2002, Recueil CourEDH 2002-VI S. 45 §§ 71 ff.; Grant gegen Vereinigtes Königreich vom 23. Mai 2006, Recueil CourEDH 2006-VII S. 19 §§ 39 ff.; L. gegen Litauen vom 11. September 2007 §§ 56 ff.; Van Kück gegen Deutschland vom 12. Juni 2003 §§ 69 ff.; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, N. 13 f. zu Art. 8 EMRK ; GRABENWARTER, a.a.O., S. 200 Nr. 8; STEPHAN BREITENMOSER, Die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK , in: EMRK: neuere Entwicklungen, Daniel Thürer [Hrsg.], 2005, S. 125 ff.). Der im EVG-Verfahren einzig umstrittene sozialversicherungsrechtliche Kostenvergütungsanspruch aus obligatorischer Krankenpflegeversicherung ergibt sich hingegen - auch nach Auffassung des EGMR (vgl. E. 5.3 hievor) - nicht aus Art. 8 EMRK und auch nicht aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; letztere Verfahrensnorm hat insbesondere nicht die Ausgestaltung der konkreten materiellrechtlichen Voraussetzungen sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche zum Gegenstand. Das EVG hatte daher die damalige BGE 137 I 86 S. 99 Rechtsstreitigkeit materiellrechtlich allein aufgrund der einschlägigen innerstaatlichen Vorschriften des Art. 25 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 32 KVG zu beurteilen, wonach die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten für Leistungen bei Krankheit zu übernehmen hat, sofern die Massnahmen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind (vgl. auch Urteil Schlumpf , § 55). Ebendiese Gesetzesbestimmungen hat das EVG in seinem Urteil vom 5. Dezember 2005 angewandt, als es die umstrittene Kostenübernahme unter Verweis auf die Nichterfüllung der zweijährigen Beobachtungsphase gemäss der (bereits mit BGE 114 V 153 E. 4a S. 159 begründeten) EVG-Rechtsprechung verweigerte. Letztere "Zweijahres-Regel" stellt keineswegs eine aussergesetzliche Ergänzung (so aber unzutreffend das EGMR-Urteil; E. 5.2 hievor), sondern vielmehr eine im Bereich sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche typische, bis zu einem gewissen Grade unumgängliche konkretisierende Ausgestaltung der in Art. 25 und 32 KVG relativ offen formulierten gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen dar. Gemäss Grundsatzurteil BGE 114 V 153 ist das Erfordernis der mindestens zweijährigen Beobachtungszeit Ergebnis einer - gestützt auf eingehende medizinische Darlegungen zahlreicher Spezialärzte im Bereich der Psychiatrie, der Endokrinologie sowie der Plastischen und Wiederherstellungs-Chirurgie vorgenommenen - gerichtlichen Abwägung zwischen dem persönlichkeitsnahen und vitalen Interesse der Transsexuellen an sexueller Identität und Selbstbestimmung einerseits und den Interessen der Einzelnen wie der gesamten Versichertengemeinschaft andererseits daran, dass insbesondere die gesetzlichen Kriterien der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit ( Art. 32 KVG ) bei einem derart folgenschweren und auch erheblich kostenrelevanten Eingriff wie der Geschlechtsanpassung sehr sorgfältig geprüft und ungerechtfertigte Operationen auf Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vermieden werden (vgl. auch E. 4 hievor in fine). Das Erfüllen der zweijährigen Beobachtungsphase als Voraussetzung nicht einer Geschlechtsumwandlungsoperation als solcher, aber des krankenversicherungsrechtlichen Kostenvergütungsanspruchs - erachtet die im Urteil K 110/05 zitierte Rechtsprechung ungeachtet der konkreten persönlichen Umstände als eine verhältnismässige, insbesondere auch als für die je betroffenen Personen zumutbare Konkretisierung der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen. Ihre Einhaltung generell-abstrakt für alle Transsexuellen zu fordern, stellt - so die zu Grunde liegende Überzeugung - einen BGE 137 I 86 S. 100 sozialstaatlich angemessenen Interessenausgleich (vgl. Urteil Schlumpf , § 104: "mise en balance des intérêts concurrents") unter gleichzeitiger Wahrung der auch im Sozialversicherungsrecht zentralen Gebote der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit dar. Es verhält sich mit diesem Leistungserfordernis insoweit nicht anders als in zahlreichen andern Fällen des Sozialversicherungsrechts, in welchem für Betroffene gleichermassen geltende versicherungsrechtliche Leistungsvoraussetzungen die private Lebensführung - etwa den konkreten Zeitpunkt einer medizinischen Massnahme oder die Wahl eines bestimmten Leistungserbringers - beeinflussen können. 7.3.3.3 Nach dem vorstehend Gesagten konnte und musste sich das EVG im Urteil vom 5. Dezember 2005 mit den von der Versicherten angebotenen Beweisen und geltend gemachten Umständen nicht befassen, da ihnen im Lichte der konkretisierenden innerstaatlichen Auslegung des Art. 25 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 KVG die Rechtserheblichkeit abzusprechen war, sie mithin auch nicht dem Recht, zum Beweis zugelassen zu werden ( Art. 29 Abs. 2 BV ), unterstanden (vgl. BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; BGE 131 I 153 E. 3 S. 157 mit Hinweisen; Urteil 4A_479/2009 vom 23. Dezember 2009 E. 3.1; ferner - mit Bezug auf Art. 8 ZGB - BGE 129 III 18 E. 2.6 S. 24 mit Hinweisen). Indem der EGMR im Urteil vom 8. Januar 2009 gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 und Art. 8 EMRK eine an den spezifischen Umständen des Einzelfalls orientierte Betrachtungsweise verlangt, die allenfalls eine Ausnahme von der "Zweijahres-Regel" zu begründen vermöchte, hat er in concreto über eine (juristische) Frage der Rechtserheblichkeit entschieden, deren Beantwortung im versicherungsrechtlichen Kontext von den massgebenden innerstaatlichen Rechtsnormen abhängt. Im Ergebnis hat er damit - auch als Konsequenz einer fliessenden Grenzziehung zwischen Verfahrensansprüchen nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK einerseits und positiven Verpflichtungen aus Art. 8 EMRK andererseits (vgl. dazu GEROLD STEINMANN, Der Schweizer Praktiker vis-à-vis von EMRK und EGMR, in: EMRK und die Schweiz, Breitenmoser/Ehrenzeller [Hrsg.], 2010, S. 252 ff.) - materiellrechtlich Einfluss genommen auf die landesrechtliche Ausgestaltung einer obligatorischen Sozialversicherungsleistung, auf welche die EMRK selbst keinen Anspruch gibt. Man könnte sich fragen, ob der EGMR damit nicht seine ihm in den Art. 19 und 34 EMRK übertragenen Zuständigkeiten überschritten hat. 7.3.4 Das Bundesgericht hat die im EGMR-Urteil vom 8. Januar 2009 festgestellten Konventionsverletzungen nach Massgabe von BGE 137 I 86 S. 101 Art. 46 EMRK und Art. 122 BGG auch dann zu beseitigen, wenn es von der Richtigkeit der Herleitung und Begründung durch den EGMR nicht überzeugt ist. Die im EGMR-Urteil geforderte Einzelfallprüfung hat bis heute nicht stattgefunden; die Gesuchstellerin bleibt weiterhin - gemäss EGMR zu Unrecht - kategorisch vom umstrittenen Kostenvergütungsanspruch ausgeschlossen. Abgesehen vom Anspruch auf öffentliche Verhandlung (E. 6 hievor) dauern die festgestellten Konventionsverletzungen somit an. Sie sind erst beseitigt, wenn aufgrund konkreter medizinischer Stellungnahmen abschliessend geklärt worden ist, ob im Falle der Versicherten die Geschlechtsumwandlungsoperation - unter Berücksichtigung der besonderen, vom EGMR erwähnten Gegebenheiten (wie persönliche und familiäre Vorgeschichte, Alter von 67 Jahren im Operationszeitpunkt, ...) - vor Ablauf der zweijährigen Beobachtungs- und Behandlungsphase gerechtfertigt war, mit andern Worten bereits im Operationszeitpunkt (November 2004) ein nur noch mittels operativem Eingriff wirksam und zweckmässig behandelbarer Transsexualismus feststand. Die Revision ist daher im Sinne von Art. 122 lit. c BGG notwendig, um den konventionskonformen Zustand wiederherzustellen. Das Revisionsgesuch ist demnach gutzuheissen und das EVG-Urteil vom 5. Dezember 2005 aufzuheben. Damit wird das ursprüngliche Verfahren wieder aufgenommen und die Gesuchstellerin in den Zustand ex tunc ohne die vom EGMR festgestellten Konventionsverletzungen versetzt; die vor dem EVG hängig gewesene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist - nach damaliger Sach- und Rechtslage unter Beachtung der Vorgaben gemäss EGMR-Urteil vom 8. Januar 2009 - zu beurteilen, wie wenn das Urteil K 110/05 nicht existiert hätte (vgl. BGE 136 I 158 E. 3 S. 164; Urteil 2F_11/2008 vom 6. Juli 2009 E. 4.1 mit Hinweis). 8. 8.1 Für den hier eingetretenen Fall der Gutheissung des Revisionsgesuchs beantragt die Gesuchstellerin in der Hauptsache die bundesgerichtliche Feststellung, "dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten der Geschlechtsangleichungsoperation der Antragstellerin durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung erfüllt sind" (Antrag Ziff. 2); der Nachweis hierfür sei durch die vorhandenen medizinischen Akten und den im Revisionsgesuch dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft hinreichend erbracht. 8.2 Dem im Grunde nicht auf ein letztinstanzliches Feststellungs-, sondern auf ein direktes Leistungsurteil zielenden Antrag der BGE 137 I 86 S. 102 Gesuchstellerin ist nicht stattzugeben: Beschwerdeführende Partei im EVG-Ausgangsverfahren war die Krankenkasse SWICA, welche die Aufhebung des Rückweisungsentscheids vom 21. Juni 2005 (E. 4 hievor) und Bestätigung ihres leistungsverweigernden Einspracheentscheids vom 16. Februar 2005 beantragt hatte. Die heutige Gesuchstellerin hatte darauf verzichtet, ihrerseits Beschwerde zu führen. Da das für das Ausgangsverfahren massgebende Bundesrechtspflegegesetz (OG) - wie heute das Beschwerdeverfahren nach Art. 90 ff. BGG (SVR 2009 FZ Nr. 5 S. 17, 8C_156/2009 E. 4 mit Hinweis; Urteile 8C_531/2008 vom 8. April 2009 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 135 V 279 ; 8C_231/2008 vom 3. April 2009 E. 2, nicht publ. in: BGE 135 V 185 ; je mit Hinweisen) - die Anschlussbeschwerde nicht vorsah ( BGE 125 V 324 E. 2 S. 328 mit Hinweis), beschränkte sich ihr vernehmlassungsweise gestellter Antrag - mit Blick auf den durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde bestimmten Streitgegenstand zutreffend ( BGE 122 V 242 E. 2a S. 244 mit Hinweisen) - auf die Bestätigung des angefochtenen kantonalen Entscheids und die Abweisung der dagegen gerichteten Beschwerde der SWICA. Wie nachfolgend gezeigt, besteht im Lichte des nunmehr ergangenen EGMR-Urteils kein Anlass, über die damaligen Anträge der Parteien im Sinne der im Revisionsgesuch verlangten (unter Herrschaft des OG [anders als heute] grundsätzlich zulässigen; Art. 132 lit. c OG ; RKUV 2004 S. 442, U 202/03 E. 3.2) reformatio in peius zu Lasten der Krankenkasse hinauszugehen; eine erneute Konventionsverletzung im Ausgangsverfahren kann anderweitig abgewendet werden. 8.3 In seinem Entscheid vom 21. Juni 2005 hat das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Sache an die SWICA zurückgewiesen. Es ordnete ergänzende medizinische Abklärungen an zur seines Erachtens nicht rechtsgenüglich geklärten Frage, ob im Zeitpunkt der Geschlechtsumwandlungsoperation im November 2004 ein Transsexualismus vorgelegen habe, der mit Psychotherapie und Hormontherapie nicht angegangen werden könne. Die SWICA habe abzuklären, ob der chirurgische Eingriff die einzige Möglichkeit zur namhaften Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes gewesen war. Dazu sei entweder bei einem unabhängigen Sachverständigen aus dem Fachbereich des Transsexualismus ein Gutachten anzuordnen, oder es seien von den behandelnden Ärzten ergänzende Berichte einzuverlangen, welche sich zu den vom Gericht im Einzelnen formulierten Fragen zu äussern hätten. Mit seinem BGE 137 I 86 S. 103 Rückweisungsentscheid hat das kantonale Versicherungsgericht genau das getan, was der EGMR von den schweizerischen Gerichtsinstanzen verlangt: Keine "application mécanique" (Urteil Schlumpf , § 115) der für die Anerkennung des Pflichtleistungscharakters grundsätzlich geforderten zweijährigen Wartezeit, sondern vielmehr - unter Wahrung der gesetzlichen Verfahrensrechte der Versicherten (insb. Art. 42 ATSG [SR 830.1]) - Abklärung der medizinischen Gegebenheiten im Einzelfall, die allenfalls eine vorzeitige Vornahme der Operation und Vergütung der Operationskosten durch die Gesuchsgegnerin verlangten. Die von der beschwerdeführenden SWICA gegen die geforderte Einzelfallprüfung vorgebrachten prinzipiellen Einwände müssen mit Blick auf das EGMR-Urteil vom 8. Januar 2009 als unbegründet zurückgewiesen werden (E. 7.3.4). Was die einzelfallbezogene Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts, insbesondere die von ihm bejahte Notwendigkeit weiterer Abklärungen betrifft, ist darin keine Verletzung bundesrechtlicher Beweisgrundsätze ( Art. 61 lit. c ATSG ; Art. 29 Abs. 2 BV ) zu erkennen; dass zusätzliche Beweisvorkehren zufolge Zeitablaufs keine neuen, rechtserheblichen Erkenntnisse zum psychischen Gesundheitszustand der Versicherten vor der Operation mehr zutage fördern vermöchten, kann entgegen dem Einwand der SWICA nicht gesagt werden. Die Beschwerde des Krankenversicherers ist daher vollumfänglich abzuweisen und der im Ausgangsverfahren angefochtene Entscheid zu bestätigen. Damit ist den Vorgaben des EGMR-Urteils vom 8. Januar 2009 Genüge getan und wird die Gesuchstellerin so gestellt, wie sie es im Anschluss an den ihre Beschwerde gutheissenden - und von ihr akzeptierten - kantonalen Entscheid des aargauischen Versicherungsgerichts war und wie es ihrem im Revisionsgesuch ausdrücklich gestellten Eventualantrag entspricht. 9. 9.1 Mit der Bestätigung des kantonalen Rückweisungsentscheids vom 21. Juni 2005 hat die Verwaltung gemäss Dispositiv-Ziff. 1 des Erkenntnisses "im Sinne der Erwägungen zu verfahren". Der Verweis auf die Erwägungen bezieht sich auf die in E. 3b/ee und 3c des Entscheids angeordneten Beweisvorkehren (vgl. E. 8.3 hievor) und die gestützt auf das Beweisergebnis erneut zu treffende Entscheidung in der Sache. Soweit das kantonale Gericht in E. 2 seines Entscheids allgemein festhält, das Erfordernis der zweijährigen Beobachtungsphase vor einer Geschlechtsumwandlungsoperation sei nicht "conditio sine qua non" für die obligatorische Leistungspflicht der BGE 137 I 86 S. 104 Krankenkasse" (E. 2d/dd), gilt dies verbindlich für den konkret zu beurteilenden Fall, andernfalls ein unüberbrückbarer Widerspruch zwischen Entscheid-Dispositiv und Begründung des Urteils bestünde. 9.2 Aus der bundesgerichtlichen Bestätigung des kantonalen Entscheids folgt indessen nicht ohne Weiteres eine Abkehr von der in BGE 114 V 153 (vgl. BGE 114 V 162 ) begründeten Rechtsprechung dahingehend, dass in Fällen der operativen Behandlung des Transsexualismus die "Zweijahres-Regel" unter dem Blickwinkel von Art. 25 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 KVG künftig hinfällig wäre. Dazu verpflichtet namentlich das EGMR-Urteil vom 8. Januar 2009 nicht (E. 7.2 hievor). Wohl hat der Gerichtshof in § 113 seines Urteils seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass die Medizin seit dem im Jahre 1988 ergangenen BGE 114 V 153 Fortschritte in der Feststellung der "Echtheit" ("veracité") des Transsexualismus einer Person gemacht hat, welchen das EVG-Urteil nicht Rechnung getragen habe. Er hat aber zugleich auch klargestellt, dass mit der zweijährigen Wartefrist ein sowohl aus Sicht der betroffenen Personen wie auch der Versicherungen legitimes Ziel - die Verhinderung übereilter irreversibler Geschlechtsumwandlungen - verfolgt wird (Urteil Schlumpf , § 111). Prüft man das Erfordernis einer insgesamt (unter Einschluss von Alltagstests in der angestrebten Geschlechtsrolle sowie begleitenden psychiatrischen und endokrinologischen Behandlungen) mindestens zweijährigen Beobachtungsphase im Lichte aktueller - namentlich der im Revisionsgesuch sowie im heutigen öffentlichen Parteivortrag zitierten - Behandlungsrichtlinien, zeigt sich folgendes Bild: Gemäss Vorgaben der Psychiatrischen Poliklinik Zürich soll aus medizinischer Sicht eine geschlechtsangleichende Operation "frühestens" nach eineinhalb Jahren psychotherapeutischer Behandlung, eineinhalb Jahren Alltagstest und sechs Monaten Hormonbehandlung erfolgen (Universitätsspital Zürich, Psychiatrische Klink, Infoblatt Transsexualismus, S. 1; www.psychiatrie.usz.ch/PatientenUndBesucher/Spezialangebot/Transsexualismus/Seiten/default.aspx ). Die im deutschsprachigen Raum verbreitet beachteten "Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen" der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, der Akademie für Sexualmedizin und der Gesellschaft für Sexualwissenschaft aus dem Jahre 1997 (Zentralblatt für Gynäkologie 119/1997 S. 398-401) fordern u.a., dass der Patient/die Patientin - nach gesicherter psychiatrischer Diagnose des Transsexualismus - das Leben in der gewünschten Geschlechterrolle "mindestens" seit BGE 137 I 86 S. 105 eineinhalb Jahren kontinuierlich erprobt (Alltagstest) hat und sich seit "mindestens" einem halben Jahr hormonell hat behandeln lassen. Der Therapeut muss den Patienten/die Patientin in der Regel mindestens eineinhalb Jahre kennen; erfolgt die Indikationsstellung zur Transformationsoperation nicht durch den Psychotherapeuten, so überzeugt sich der in diesen Fällen hinzugezogene Therapeut/Gutachter, dass sämtliche Operationsvoraussetzungen erfüllt sind und die Psychotherapie stattgefunden hat. Stets muss die Indikationsstellung in Form einer gutachterlichen Stellungnahme durch einen qualifizierten Therapeuten erfolgen (Standards, a.a.O., Ziff. 4.2), was nach Ablauf der eineinhalbjährigen Behandlungszeit seinerseits eine gewisse Zeit beanspruchen dürfte. Gemäss "The Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association's Standards Of Care For Gender Identity Disorders [heute: The World Professional Association for Transgender Health, WPATH], Sixth Version, February 2001" ( www.wpath.org/Documents2/socv6.pdf ) sind die relevanten Kriterien für die Vornahme einer geschlechtsangleichenden Operation: "XII. Genital Surgery Eligibility Criteria. These minimum eligibility criteria for various genital surgeries equally apply to biologic males and females seeking genital surgery. They are: Legal age of majority in the patient's nation; Usually 12 months of continuous hormonal therapy for those without a medical contraindication (...); 12 months of successful continuous full time real-life experience. Periods of returning to the original gender may indicate ambivalence about proceeding and generally should not be used to fulfill this criterion; If required by the mental health professional, regular responsible participation in psychotherapy throughout the real-life experience at a frequency determined jointly by the patient and the mental health professional. Psychotherapy per se is not an absolute eligibility criterion for surgery; (...). Readiness Criteria. The readiness criteria include: Demonstrable progress in consolidating one's gender identity; Demonstrable progress in dealing with work, family, and interpersonal issues resulting in a significantly better state of mental health (this implies satisfactory control of problems such as sociopathy, substance abuse, psychosis, suicidality, for instance)." Die Richtlinien der amerikanischen "Endocrine Society" (2009) sehen ebenfalls eine - erst nach erstellter Diagnose des Transsexualismus BGE 137 I 86 S. 106 gemäss DSM IV-TR oder ICD einsetzende - zwölfmonatige Hormontherapie (vorbehältlich Kontraindikation) und einen erfolgreichen zwölfmonatigen Alltagstest vor, der (sofern psychiatrisch indiziert) von regelmässiger psychotherapeutischer Behandlung begleitet ist (The Endocrine Society, Endocrine Treatment of Transsexual Persons: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline, Table 17 www.endo-society.org/guidelines/Current-Clinical-Practice-Guidelines.cfm ). Zu beachten ist, dass gemäss den beiden zuletzt genannten Richtlinien noch vor Beginn der Hormontherapie entweder eine mindestens dreimonatige "real-life-experience" (Alltagstest) oder eine gewöhnlich ebenfalls mindestens dreimonatige Psychotherapie durchzuführen ist (Endocrine Society Clinical Practice Guideline, a.a.O., Table 4; Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association's Standards, a.a.O., Ziff. VII [Eligibility Criteria]); damit verlängert sich die aus ärztlicher Sicht geforderte Behandlungsdauer faktisch auf mindestens fünfzehn Monate. Der nach den erwähnten - fachärztlicherseits als Mindest standards verstandenen - Richtlinien vor einer Geschlechtsumwandlung gebotene Behandlungszeitraum liegt nicht wesentlich unter der von der EVG-Rechtsprechung im Jahre 1988 (aufgrund des damaligen Standes der medizinischen Wissenschaft) geforderten Beobachtungszeit von insgesamt mindestens zwei Jahren. Am Erfordernis der mindestens zweijährigen medizinisch-praktischen Beobachtungsphase ist daher grundsätzlich festzuhalten, da damit nach wie vor eine verlässliche faktische Basis sichergestellt ist für die abschliessende Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall die folgenschwere Geschlechtsanpassungsoperation die einzige wirksame und zweckmässige Behandlungsmassnahme zur namhaften Verbesserung des psychischen Gesundheitszustands der betroffenen Person bilde und die obligatorische Krankenpflegeversicherung deshalb gestützt auf Art. 25 in Verbindung mit Art. 32 KVG kostenvergütungspflichtig sei. Mit Blick auf die Vorgaben im EGMR-Urteil vom 8. Januar 2009, aber auch im Lichte der oben erwähnten, ihren blossen Richtwert charakter hervorhebenden Richtlinien muss allerdings im Einzelfall ein ausnahmsweises (vgl. Urteil Schlumpf , §§ 56 und 112) Abweichen vom Grundsatz möglich bleiben: Ist aufgrund der verfügbaren, in Beachtung anerkannter medizinischer Behandlungsstandards abgegebenen spezialärztlichen Stellungnahmen und gutachterlichen Expertenmeinungen bereits vor Ablauf der zweijährigen Beobachtungsphase erwiesen, dass eine Geschlechtsangleichungsoperation unter den BGE 137 I 86 S. 107 gegebenen Umständen die einzige Möglichkeit zur namhaften Verbesserung des psychischen Gesundheitszustands ist, kann die Kostenübernahme aus obligatorischer Krankenpflegeversicherung nicht unter Verweis auf die "Zweijahres-Regel" verneint werden.
public_law
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
f91514b3-adf7-4145-a3a8-230fa85f4bd5
Urteilskopf 109 V 108 22. Urteil vom 25. März 1983 i.S. Baumann gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste Art. 48 Abs. 2 IVG , 88bis Abs. 1 IVV. - Art. 88bis Abs. 1 IVV ist nur anwendbar, wenn eine bereits laufende Rente erhöht werden soll (Erw. 1b). - Bei einer Neuanmeldung nach vorangegangener Rentenverweigerung ist für die Festsetzung eines rückwirkenden Rentenbeginns Art. 48 Abs. 2 IVG massgebend (Erw. 4). Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV . - Zweck von Art. 87 Abs. 4 IVV (Erw. 2a). - Was haben Verwaltung und Richter im Rahmen des Eintretens auf eine Neuanmeldung zu prüfen? (Erw. 2b, c.) - Bei einer Neuanmeldung haben Verwaltung und Richter materiell zu prüfen, ob - analog wie bei einem Revisionsfall nach Art. 41 IVG - der Invaliditätsgrad eine Änderung erfahren hat, ausserdem ob nunmehr eine rentenbegründende Invalidität vorliegt (Erw. 2b, c). - Wann liegt eine nach Art. 87 Abs. 3 IVV beachtliche Änderung vor? (Erw. 3.)
Sachverhalt ab Seite 109 BGE 109 V 108 S. 109 A.- Erika Baumann, geboren am 22. Februar 1959, leidet seit ihrer frühen Kindheit an Temporallappenepilepsie. Im Februar 1977 ersuchte sie die Invalidenversicherung u.a. um Ausrichtung einer Invalidenrente. Dies lehnte die Ausgleichskasse Basel-Stadt mit unangefochtener Verfügung vom 23. September 1977 ab; zur Begründung wurde ausgeführt, die Invalidität liege zwar zwischen 33 1/3 und 50%, doch sei ein Härtefall nicht gegeben. Im März 1979 meldete sich die Versicherte erneut zum Rentenbezug an. Die Invalidenversicherungs-Kommission trat auf das Begehren ein, holte einen Regionalstellenbericht sowie die Meinungsäusserungen zweier Ärzte ein und setzte hernach den BGE 109 V 108 S. 110 Invaliditätsgrad auf 50% fest. Mit Verfügung vom 24. April 1980 sprach die Ausgleichskasse der Versicherten ab 1. März 1979 eine halbe einfache Invalidenrente zu. B.- Die Versicherte liess Beschwerde erheben mit dem Antrag, es sei ihr eine ganze Rente auszurichten, und zwar ab 1. März 1977. Mit Entscheid vom 18. September 1980 wies die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt die Beschwerde ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Verfügung vom 23. September 1977 nicht zweifellos unrichtig gewesen sei; die Verwaltung habe keine Wiedererwägung vorgenommen, sondern mit ihrer Verfügung vom 24. April 1980 "die Sachlage, wie sie heute besteht, berücksichtigt"; die Verhältnisse seien sorgfältig abgeklärt worden; mit der Zusprechung einer halben Rente werde man ihnen am ehesten gerecht; für eine ganze Rente bestehe jedenfalls kein Anlass. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Erika Baumann das bei der Vorinstanz gestellte Begehren erneuern. Zur Begründung bringt sie im wesentlichen vor, gemäss den Abklärungen habe der Invaliditätsgrad seit März 1977 keine Veränderung erfahren; die Verfügung vom 23. September 1977 habe sich vielmehr als zweifellos unrichtig erwiesen, weshalb die Verwaltung eine Wiedererwägung vorgenommen, dabei aber zu Unrecht Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV angewendet habe; richtigerweise müsse die Rente rückwirkend ab März 1977 ausgerichtet werden; da angesichts des Gesundheitszustandes nur extrem leichte und entsprechend schlecht bezahlte Halbtagsarbeit zumutbar sei, betrage der Invaliditätsgrad mindestens 66 2/3%; daher sei eine ganze Rente angebracht. Die Ausgleichskasse beantragt teilweise Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu weitern Abklärungen und neuer Verfügung; sie führt aus, dass der Invaliditätsgrad nicht korrekt bemessen worden sei; ferner sei möglicherweise die seinerzeitige Berechnung des Härtefalles falsch und aus diesem Grunde die Verfügung vom 23. September 1977 zweifellos unrichtig gewesen. Das Bundesamt für Sozialversicherung verweist auf die Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes, wonach in Würdigung der medizinischen Unterlagen eine hälftige Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit seit 1977 nicht unwahrscheinlich sei; die Berechnung des Härtefalles erachtet das Bundesamt als zutreffend; im übrigen enthält es sich einer Stellungnahme sowie eines Antrags. BGE 109 V 108 S. 111 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Zunächst erhebt sich die Frage, ob es sich beim Rentengesuch der Beschwerdeführerin vom März 1979 um eine Neuanmeldung im Sinne von Art. 87 Abs. 4 IVV , um ein Revisionsgesuch nach Art. 41 IVG oder um ein Begehren um Wiedererwägung einer früheren, zweifellos unrichtigen Verfügung handelt. a) Im vorinstanzlichen Verfahren vertrat die Invalidenversicherungs-Kommission die Auffassung, die rentenabweisende Verfügung vom 23. September 1977 sei nicht zweifellos unrichtig gewesen, weshalb die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung dieser Verfügung nicht gegeben seien; bei der angefochtenen Verfügung vom 24. April 1980 gehe es darum, die in diesem Zeitpunkt bestehenden tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Auch die Vorinstanz verneint, dass die Verwaltung ihre frühere Verfügung in Wiedererwägung gezogen habe. Invalidenversicherungs-Kommission und Vorinstanz scheinen somit den vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt einer Neuanmeldung zu beurteilen. Demgegenüber beruft sich die Beschwerdeführerin in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf, die Verfügung vom 24. April 1980 stütze sich hinsichtlich des Rentenbeginns auf Art. 88bis IVV ; insofern liege eine Revisionsverfügung vor, mit welcher die rentenabweisende Verfügung vom 23. September 1977 revidiert werde. In Wirklichkeit habe die Verwaltung jedoch ihre frühere Verfügung in Wiedererwägung gezogen; denn die Voraussetzungen für eine Revision seien bei der Beschwerdeführerin gar nicht erfüllt gewesen, habe doch der Invaliditätsgrad seit März 1977 keinerlei Veränderung erfahren; vielmehr sei die Verfügung vom 23. September 1977 zweifellos unrichtig gewesen, da sie sich auf einen offensichtlich falschen Arztbericht abgestützt habe. b) Vorweg ist klarzustellen, dass es sich nicht um ein Revisionsverfahren im Sinne von Art. 41 IVG handeln kann. Nach dieser Vorschrift ist die Rente für die Zukunft zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben, wenn sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezügers in einer für den Anspruch erheblichen Weise ändert. Der Wortlaut setzt demnach eine bereits laufende Rente eines "Rentenbezügers" voraus, die es dem veränderten Invaliditätsgrad anzupassen gilt ( BGE 106 V 16 , ZAK 1966 S. 279). Dies ist vorliegend nicht der Fall; die Verfügung vom 23. September 1977 war keine leistungsgewährende Verfügung, sondern beinhaltete die Abweisung eines Rentenbegehrens und kann als solche gar nicht BGE 109 V 108 S. 112 der Revision nach Art. 41 IVG unterliegen. Daher ist hier auch der im Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission vom 3. Januar 1980 bezüglich des Rentenbeginns erwähnte Art. 88bis Abs. 1 IVV nicht anwendbar; er betrifft nach der Systematik der IVV (Marginalie vor Art. 86 IVV : "E. Die Revision der Rente ...") und nach seinem Wortlaut ("Die Erhöhung der Renten) ... erfolgt frühestens ...") eindeutig die Anpassung einer laufenden Rente und beschlägt somit das Revisionsverfahren. In diesem Zusammenhang drängt sich aber ein Vorbehalt hinsichtlich Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV auf. Auch diese Bestimmung knüpft - wie lit. a und b - an eine laufende Rente an, betrifft aber nach ihrem Wortlaut nicht das Institut der - eine Veränderung des Invaliditätsgrades voraussetzenden - Rentenrevision, sondern den Fall der Wiedererwägung einer zweifellos unrichtigen Verfügung. c) Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist ( BGE 107 V 84 Erw. 1). In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dazu vorgebracht, die Verwaltung sei bei der Abweisung des ersten Rentenbegehrens im Jahre 1977 vom Arztbericht des Dr. S. vom 16. Mai 1977 ausgegangen, wonach die Beschwerdeführerin zu 100% arbeitsfähig sei. Diese Beurteilung habe sich aber aufgrund der 1979 vorgenommenen Abklärungen als offensichtlich falsch herausgestellt. Denn laut Arztbericht des Dr. W. vom 3. April 1979 habe der Gesundheitszustand seit März 1977 keine Änderung erfahren und die Arbeitsunfähigkeit betrage seit Januar 1977 unverändert 66 2/3%; sodann habe der Arzt ausdrücklich beigefügt: "Aus mir unerfindlichen Gründen wurde die Patientin im Gutachten vom 16. Mai 1977 als 100%ig arbeitsfähig eingestuft." Schliesslich habe auch Dr. R. ausgeführt, dass die Arbeitsfähigkeit seit Jahren, jedenfalls seit Eintritt in das Erwerbsfähigkeitsalter, unter 50% liege (Arztbericht vom 8. Dezember 1979). Die Beschwerdeführerin schliesst daraus auf zweifellose Unrichtigkeit der ersten Verfügung vom 23. September 1977 mit der Folge, dass die zweite Verfügung vom 24. April 1980 unter dem Gesichtspunkt der Wiedererwägung beurteilt werden müsse. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Attestierung 100%iger Arbeitsfähigkeit durch Dr. S. erfolgte unter dem Vorbehalt BGE 109 V 108 S. 113 der "Berücksichtigung der beruflichen Eignung (Anlernen einer entsprechenden Beschäftigung entsprechend dem IQ der Patientin) bei leichter regelmässiger Arbeit tagsüber". Diese Beurteilung der Zumutbarkeit von Arbeit wurde nicht dadurch in Frage gestellt, dass zuvor Ende 1976 ein Arbeitsversuch als Ladenhilfe in einer Migros-Filiale gescheitert war. Laut dem noch vor Einreichen des ersten Rentengesuchs von der Regionalstelle Basel im Rahmen der Berufsberatung am 31. Januar 1977 erstatteten Zwischenbericht soll bei der Arbeit anfangs alles gut gegangen sein; Probleme hätten sich erst ergeben, als man der Beschwerdeführerin körperlich schwerere Arbeit zugewiesen habe, worauf dann das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei. Dass in der Folge die Aufnahme einer dem Gesundheitszustand angepassten und den Empfehlungen von Dr. S. entsprechenden Arbeit nicht möglich wurde und sich auch die von der Regionalstelle vorgeschlagene Plazierung in der BAND-Werkstätte nicht realisieren liess, dürfte - wie dem weitern Regionalstellenbericht vom 4. Juli 1977 zu entnehmen ist - vor allem darauf zurückzuführen gewesen sein, dass die Mutter der Beschwerdeführerin bezüglich Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit eine andere Meinung vertreten habe und ihre Tochter im eigenen Haushalt habe beschäftigen wollen. Gestützt auf die vorgenommenen Abklärungen, setzte die Invalidenversicherungs-Kommission den Invaliditätsgrad mit Beschluss vom 1. August 1977 auf 44,91% fest, worauf die Ausgleichskasse die Zusprechung einer Invalidenrente mit Verfügung vom 23. September 1977 ablehnte, da ein Härtefall nicht gegeben war. Der Umstand, dass Dr. W. und Dr. R. im Jahre 1979 die Zumutbarkeit von Arbeit anders beurteilten und die Möglichkeit einer ganztägigen Beschäftigung verneinten, ist nicht geeignet, die frühere Verfügung als zweifellos unrichtig erscheinen zu lassen (vgl. BGE 102 V 17 Erw. 3b). Nach der Rechtsprechung kann die Wiedererwägung rechtskräftiger Verfügungen nur in Betracht kommen, wenn es sich um die Korrektur grober Fehler der Verwaltung handelt ( BGE 102 V 17 Erw. 3a; nicht veröffentlichte Urteile Ciba-Geigy vom 8. Februar 1977 und Meyer vom 20. Januar 1976). Ein Mangel dieser Art muss vorliegend aber mit Bezug auf die Bemessung des Invaliditätsgrades im Jahre 1977 verneint werden. Dies gilt auch hinsichtlich der damals vorgenommenen Berechnung des Härtefalles. Entgegen den Zweifeln der Ausgleichskasse in ihrer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde war es richtig, in sinngemässer Anwendung der EL-Vorschriften bei der damals BGE 109 V 108 S. 114 noch minderjährigen Beschwerdeführerin auch einen Teil des Einkommens der Eltern mit zu berücksichtigen (vgl. Art. 3 ELV sowie ZAK 1974 S. 433; vgl. auch EVGE 1969 S. 168 und S. 233, ZAK 1973 S. 379 Erw. 4a). Bestand nach dem Gesagten keine Veranlassung für eine Wiedererwägung der rechtskräftigen Verfügung vom 23. September 1977, so ist das Rentengesuch vom März 1979 als Neuanmeldung zu betrachten. 2. a) Wurde eine Rente wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades verweigert, so wird eine neue Anmeldung nach Art. 87 Abs. 4 IVV nur geprüft, wenn die Voraussetzungen gemäss Abs. 3 erfüllt sind. Danach ist vom Versicherten im Gesuch glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. Mit Art. 87 Abs. 4 IVV soll verhindert werden, dass sich die Verwaltung nach vorangegangener rechtskräftiger Rentenverweigerung immer wieder mit gleichlautenden und nicht näher begründeten Rentengesuchen befassen muss (ZAK 1971 S. 525 Erw. 2 in fine, 1966 S. 279; nicht veröffentlichte Urteile Mettler vom 13. März 1981, Roch vom 5. Januar 1979 und Miéville vom 10. Juni 1977). b) Es fragt sich, welche Prüfungspflichten sich aus den genannten Bestimmungen ergeben, und zwar einerseits für die Verwaltung, welche mit einer Neuanmeldung konfrontiert wird, und anderseits für den Richter, wenn gegen die im Anschluss an ein neues Begehren erlassene Verfügung Beschwerde erhoben wird. Nach Eingang einer Neuanmeldung ist die Verwaltung zunächst zur Prüfung verpflichtet, ob die Vorbringen des Versicherten überhaupt glaubhaft sind; verneint sie dies, so erledigt sie das Gesuch ohne weitere Abklärungen durch Nichteintreten. Dabei wird sie u.a. zu berücksichtigen haben, ob die frühere Verfügung nur kurze oder schon längere Zeit zurückliegt, und dementsprechend an die Glaubhaftmachung höhere oder weniger hohe Anforderungen stellen (ZAK 1966 S. 279; nicht veröffentlichtes Urteil Emery vom 3. Oktober 1980). Insofern steht ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, den der Richter grundsätzlich zu respektieren hat. Daher hat der Richter die Behandlung der Eintretensfrage durch die Verwaltung nur zu überprüfen, wenn das Eintreten streitig ist, d.h. wenn die Verwaltung gestützt auf Art. 87 Abs. 4 IVV Nichteintreten beschlossen hat und der Versicherte deswegen Beschwerde führt; hingegen unterbleibt eine richterliche Beurteilung der Eintretensfrage, wenn die Verwaltung auf die Neuanmeldung eingetreten ist. BGE 109 V 108 S. 115 Von der eben erwähnten Eintretensfrage zu unterscheiden ist die materielle Prüfung. Tritt die Verwaltung auf die Neuanmeldung ein, so hat sie die Sache materiell abzuklären und sich zu vergewissern, ob die vom Versicherten glaubhaft gemachte Veränderung des Invaliditätsgrades auch tatsächlich eingetreten ist; sie hat demnach in analoger Weise wie bei einem Revisionsfall nach Art. 41 IVG vorzugehen. Stellt sie fest, dass der Invaliditätsgrad seit Erlass der früheren rechtskräftigen Verfügung keine Veränderung erfahren hat, so weist sie das neue Gesuch ab. Andernfalls hat sie zusätzlich noch zu prüfen, ob die festgestellte Veränderung genügt, um nunmehr eine rentenbegründende Invalidität zu bejahen, und hernach zu beschliessen. Im Beschwerdefall obliegt die gleiche materielle Prüfungspflicht auch dem Richter. c) Im vorliegenden Fall trat die Verwaltung auf die Neuanmeldung vom März 1979 ein und nahm in der Folge verschiedene Abklärungen vor. Nach dem Gesagten ist es nicht Sache des Eidg. Versicherungsgerichts zu beurteilen, ob die Verwaltung die Eintretensfrage richtig beantwortete oder ob sie gemäss Schreiben des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 10. August 1979 auf Nichteintreten hätte erkennen sollen. Hingegen hat das Gericht zu prüfen, ob im Zeitraum zwischen der ersten (23. September 1977) und der zweiten Verfügung (24. April 1980) eine Änderung des Invaliditätsgrades eingetreten ist und ob dieser im April 1980 rentenbegründendes Ausmass erreichte. 3. a) Das erste Rentengesuch wurde u.a. mit der Begründung abgewiesen, es liege kein wirtschaftlicher Härtefall vor. Wie in Erw. 1 in fine hievor dargetan wurde, hatte die Verwaltung bei der Berechnung des Härtefalles auch einen Teil des elterlichen Einkommens zu berücksichtigen. Mit Erreichen der Volljährigkeit am 22. Februar 1979 trat für die Beschwerdeführerin insofern eine neue Lage ein, als der Härtefall nunmehr allein aufgrund ihrer eigenen finanziellen Situation zu beurteilen ist. Diese Veränderung betrifft indessen nicht den Invaliditätsgrad als solchen, sondern bloss die wirtschaftliche Härte. Obwohl Art. 87 Abs. 3 IVV dem Wortlaut nach nur von der Veränderung des Invaliditätsgrades spricht, muss im Rahmen einer Neuanmeldung nach vorangegangener Rentenverweigerung auch dann eine Überprüfung des Rentenanspruchs möglich sein, wenn sich - bei gleich bleibendem Invaliditätsgrad - etwas Relevantes hinsichtlich der wirtschaftlichen Härte änderte. Darum hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV analog anzuwenden BGE 109 V 108 S. 116 und ein solcher Sachverhalt gleich zu behandeln ist wie die Änderung des Invaliditätsgrades (nicht veröffentlichtes Urteil Huber vom 14. Dezember 1982). Im vorliegenden Fall ist aber nicht die wirtschaftliche Härte, sondern die Höhe des Invaliditätsgrades streitig. Deshalb kommt der eben erwähnten Änderung der Härtefallberechnungsart keine praktische Bedeutung zu. Anders verhielte es sich allerdings, wenn für die Beschwerdeführerin auch im Zeitraum ab Erreichen der Volljährigkeit bis zum Erlass der angefochtenen Rentenverfügung eine unter 50% liegende, aber mindestens 33 1/3% betragende Invalidität anzunehmen wäre. b) Zu einer Änderung des Invaliditätsgrades Anlass geben kann einerseits eine wesentliche Verbesserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit entsprechender Beeinflussung der Erwerbsfähigkeit und anderseits eine erhebliche Veränderung der erwerblichen Auswirkungen eines an sich gleich gebliebenen Gesundheitsschadens ( BGE 107 V 221 Erw. 2 mit Hinweisen). Ist die Invalidität nach der Einkommensvergleichsmethode gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG zu bemessen, so kann jede Änderung eines der beiden Vergleichseinkommen zu einer für den Anspruch erheblichen Erhöhung oder Verringerung des Invaliditätsgrades führen. Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass aufgrund der eingeholten Arztberichte ein gleich gebliebener Gesundheitszustand angenommen werden muss. Hingegen erfolgte im massgeblichen Vergleichszeitraum beim hypothetischen Einkommen ohne Invalidität eine Anpassung. Da die Beschwerdeführerin wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnte, ist von den Ansätzen gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV auszugehen. Während sich das durchschnittliche Einkommen nach der Lohn- und Gehaltserhebung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit 1977 auf Fr. 27'000.-- belief und der Beschwerdeführerin davon 70%, d.h. Fr. 18'900.-- anzurechnen waren, betrug es im Zeitpunkt der streitigen Verfügung Fr. 32'000.-- bzw. - da die Beschwerdeführerin mittlerweile das 21. Altersjahr vollendet hatte - 80% davon, also Fr. 25'600.--. 1977 nahm die Verwaltung ein Invalideneinkommen von Fr. 10'410.40 im Jahr bei einem Stundenlohn von Fr. 4.55 (den die Beschwerdeführerin 1976 bei der Migros erzielt hatte) sowie einer Arbeitszeit von 44 Wochenstunden an, woraus sie - verglichen mit dem hypothetischen Valideneinkommen (Fr. 18'900.--) - einen Invaliditätsgrad von 44,91% ermittelte. Angesichts der Stellungnahmen von Dr. W. BGE 109 V 108 S. 117 und Dr. R., welche 1979 übereinstimmend die Zumutbarkeit von Arbeit wesentlich anders beurteilten als 1977 Dr. S., kann für den Zeitpunkt der streitigen Kassenverfügung bei der Berechnung des erzielbaren Invalideneinkommens kaum von einer 44-Stunden-Woche ausgegangen werden. Die Verwaltung tat dies denn auch nicht; ihrer ersten, vorläufigen Rechnung legte sie 1979 eine Halbtagstätigkeit zugrunde und übernahm beim Stundenlohn unverändert den Ansatz aus dem Jahre 1977 (Fr. 4.55), was ein Invalideneinkommen von jährlich Fr. 5205.20 ergab. Bei der Beschlussfassung am 3. Januar 1980 setzte die Invalidenversicherungs-Kommission dann aber Fr. 10'000.-- bis Fr. 10'500.-- ein, wobei aus den Akten nicht hervorgeht, ob die Annahme einer höheren Wochenstundenleistung und/oder eines höheren Stundenlohnes zu diesen Beträgen führte. Hinzu kommt, dass die Invalidenversicherungs-Kommission dieses Invalideneinkommen mit einem - bezogen auf das Alter der Beschwerdeführerin im Verfügungszeitpunkt - nicht nach den Regeln des Art. 26 Abs. 1 IVV errechneten Valideneinkommen verglich. Mit Recht weist daher die Ausgleichskasse in ihrer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf hin, das der Beschwerdeführerin zumutbare Invalideneinkommen und der Invaliditätsgrad seien ungenügend abgeklärt. Aufgrund der jetzigen Aktenlage kann somit nicht beurteilt werden, ob der Invaliditätsgrad seit der ersten Verfügung vom 23. September 1977 eine für den Rentenanspruch erhebliche Veränderung erfuhr und ob der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der zweiten Verfügung (24. April 1980) eine halbe oder eine ganze Invalidenrente zustand. Anderseits kann aber auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass der Invaliditätsgrad sich im massgeblichen Zeitraum nicht veränderte. Die Sache ist daher zur Vornahme ergänzender Abklärungen und zu neuer Verfügung an die Verwaltung zurückzuweisen. 4. Bei der Festlegung des Beginns der am 24. April 1980 zugesprochenen Rente stützte sich die Verwaltung auf Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV . Wie bereits erwähnt wurde (Erw. 1b hievor), ist diese Vorschrift hier nicht anwendbar. Im Rahmen ihrer Neuabklärung wird die Verwaltung zu berücksichtigen haben, dass für den rückwirkenden Rentenbeginn bei einer Neuanmeldung Art. 48 Abs. 2 IVG massgebend ist ( BGE 98 V 103 Erw. 4, BGE 97 V 59 Erw. 2; nicht veröffentlichte Urteile Mettler vom 13. März 1981 und Miéville vom 10. Juni 1977), wobei selbstverständlich in dem nach dieser Bestimmung ermittelten Zeitpunkt die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 IVG erfüllt sein müssen; sodann kann die BGE 109 V 108 S. 118 volle Ausschöpfung der zwölf Monate gemäss Art. 48 Abs. 2 IVG nur in Betracht kommen, wenn die frühere rentenverweigernde Verfügung mindestens zwölf Monate vor der Neuanmeldung liegt ( BGE 97 V 59 Erw. 1; nicht veröffentlichte Urteile Zahnd vom 7. September 1978 und Kunz vom 10. Februar 1978), was im Falle der Beschwerdeführerin allerdings klarerweise zutrifft. 5. (Kostenpunkt.) Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt vom 18. September 1980 und die Kassenverfügung vom 24. April 1980 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse Basel-Stadt zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch neu verfüge.
null
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
f915c06e-6537-4438-8eba-3968c63e75ef
Urteilskopf 120 III 1 1. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 25 février 1994 dans la cause G. (recours LP)
Regeste Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG ; Aufhebung einer absolut nichtigen Verfügung oder Entscheidung von Amtes wegen. Die Anzeige des Konkursamtes an die Gläubiger den Schluss des Konkursverfahrens betreffend (Art. 230 Abs. 2 und 268 Abs. 2 SchKG) bildet keine auf dem Beschwerdeweg anfechtbare Verfügung. Die Aufsichtsbehörden können nicht dazu veranlasst werden, von Amtes wegen die Nichtigkeit gerichtlicher Entscheidungen auszusprechen.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 120 III 1 S. 1 Par ordonnance du 1er novembre 1993, rendue sur la base de l'art. 230 LP, le président du tribunal de district a prononcé la suspension de la liquidation de la faillite de X., sous réserve du droit des créanciers d'en demander la continuation dans les dix jours dès la première publication dans les Feuilles officielles fédérale et cantonale, en faisant une avance BGE 120 III 1 S. 2 de 50'000 fr. Les créanciers n'ayant pas fait usage de ce droit, le magistrat précité a, par ordonnance du 5 janvier 1994, prononcé la clôture de la liquidation de la faillite en question, faute d'actif. Par lettre circulaire du même jour, l'office des faillites en a informé les créanciers. Le 11 janvier 1994, la créancière G. a porté plainte contre l'avis de l'office du 5 janvier, en demandant à l'autorité cantonale de surveillance d'annuler cette "décision" et d'ordonner la réouverture de la faillite pour être liquidée en la forme sommaire conformément à l'art. 231 LP. L'autorité cantonale de surveillance ayant déclaré sa plainte irrecevable, la créancière a recouru à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Celle-ci a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Au dire de la recourante, sa plainte à l'autorité de surveillance portait clairement "sur la lettre du 5 janvier 1994, soit sur la clôture de la faillite, ... non pas sur la suspension de la faillite ou encore sur l'avance des frais". Par la lettre en question, l'office des faillites s'est borné à communiquer aux créanciers la décision de clôture de la faillite, prononcée par le juge de la faillite (art. 230 al. 2 et 268 al. 2 LP). Un tel avis, communiqué dans les formes prescrites par la loi (art. 34 LP), ne constituait pas une mesure au sens de l'art. 17 al. 1 LP, susceptible d'être attaquée par la voie de la plainte. En tant que la recourante s'en prenait à la clôture de la faillite, elle contestait une décision judiciaire contre laquelle la voie de la plainte est exclue (P.-R. GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3e éd., Lausanne 1993, p. 63 ch. V, 66 et 71). A vrai dire, elle soulevait des griefs et prenait des conclusions qu'elle aurait dû articuler dans le délai de dix jours imparti par l'ordonnance du 1er novembre et arrivé à échéance le 15 novembre 1993 (cf. GILLIÉRON, op.cit., p. 321 let. C.1). La recourante a donc non seulement suivi une voie de droit inadéquate, mais encore agi tardivement. C'est en vain qu'elle invoque à ce propos le principe jurisprudentiel en vertu duquel les autorités de surveillance cantonales ou fédérale doivent, malgré la tardiveté de la plainte ou du recours, révoquer les mesures ou décisions radicalement nulles (cf. GILLIÉRON, op.cit. p. 61 et 63; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5e éd., Berne 1993, § 6 n. 28 s., et les arrêts cités par ces auteurs): le principe en question ne s'applique pas aux décisions BGE 120 III 1 S. 3 qui sont prises par voie judiciaire, telles en l'occurrence la suspension de la liquidation (art. 230 al. 1 LP) et la clôture de la faillite (art. 268 al. 2 LP). L'autorité cantonale de surveillance n'a dès lors pas violé la loi en déclarant la plainte irrecevable.
null
nan
fr
1,994
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
f9167491-b175-4a31-aea3-a5da15ed0ce7
Urteilskopf 99 IV 9 3. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 19 janvier 1973 dans la cause Perroud contre Ministère public du canton du Valais.
Regeste Art. 148 und 242 Abs. 1 StGB . Das Verhältnis zwischen Art. 242 Abs. 1 StGB und Art. 148 StGB ist analog demjenigen zwischen dieser Bestimmung und Art. 154 StGB . So begeht der Täter, der durch Inumlaufsetzen falschen Geldes in Täuschungs- und Bereicherungsabsicht einen andern schädigt, ein Vergehen, das in unechter Gesetzeskonkurrenz zum Verbrechen des Betruges steht.
Sachverhalt ab Seite 9 BGE 99 IV 9 S. 9 A.- En décembre 1970, Gabriel Perroud s'est rendu en Angleterre avec André Métroz dans l'intention de s'y procurer personnellement de faux dollars américains. Il y a effectivement acquis huit billets de 100 $ pour le prix de 800 fr. Il en a écoulé quatre en France, lors de son retour, auprès de diverses stations services; il en a remis trois à son compagnon Métroz et il a changé le dernier à la gare de Martigny. B.- Le 3 février 1972, le Tribunal du IIIe arrondissement pour les districts de Martigny et St-Maurice a condamné Perroud pour acquisition, importation et prise en dépôt de fausse monnaie (art. 244 al. 1 CP), pour mise en circulation de fausse monnaie (art. 242 al. 1 CP) et pour escroquerie (art. 148 CP), à quatre mois d'emprisonnement, peine complémentaire à celle de trois ans de réclusion prononcée par le même tribunal le 25 novembre précédent, pour divers autres délits. Le 23 juin 1972, le Tribunal cantonal du Valais, statuant sur appel, a condamné Perroud à la peine globale de trois ans de réclusion et quatre mois d'emprisonnement, pour les infractions jugées les 25 novembre 1971 et 3 février 1972. C.- Perroud se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral; il conclut à la libération du chef d'accusation d'escroquerie. Le Ministère public propose le rejet du pourvoi. BGE 99 IV 9 S. 10 Erwägungen Considérant en droit: 1. L'autorité cantonale admet qu'il y a concours idéal entre les art. 242 al. 1 et 148 CP. Citant un arrêt du Tribunal supérieur de Zurich (BlZR 1947 no 93), elle relève que le dessein d'enrichissement et l'intention de causer un dommage à autrui ne sont pas des éléments constitutifs du crime réprimé à l'art. 242 CP. Ainsi, cette disposition s'appliquerait seule à celui qui écoule sans contre-partie de l'argent falsifié, mais elle fonderait, en concours idéal avec l'art. 148 CP, la condamnation de celui qui, comme ici, tire profit de la mise en circulation de fausse monnaie et montre par là son dessein de s'enrichir et de porter préjudice à autrui (GRAVEN, FJS 1013 a ch. IV/2 b). Le recourant combat cette interprétation en invoquant, par analogie, la jurisprudence du Tribunal fédéral sur la relation existant entre les art. 154 et 148 CP. 2. Dans plusieurs arrêts (notamment RO 72 IV 169 et 88 I 42), le Tribunal fédéral a établi que l'art. 154 CP constitue par rapport à l'art. 148 CP une disposition spéciale, en matière de mise en circulation de marchandises. Lorsque l'auteur d'une telle infraction réussit à tromper autrui, qu'il agit dans le dessein de s'enrichir et qu'il lèse la personne trompée ou un tiers, les éléments constitutifs de l'escroquerie sont certes réunis. Cependant, en plaçant les art. 148 et 154 CP dans le même titre des infractions contre le patrimoine, le législateur a montré non seulement que la seconde de ces dispositions n'accorde pas simplement, dans son domaine, une protection accessoire à celle qui dérive de l'art. 148 CP, en réprimant des actes qui échapperaient à la sanction de celui-ci, mais encore qu'elle représente de plus une règle particulière primant l'autre, lorsque les hypothèses des deux dispositions sont réalisées. Cette primauté vaut toutefois uniquement si l'astuce reprochée à l'auteur ne consiste que dans l'affirmation sciemment erronée - voire dans le fait de laisser volontairement croire à tort - que la marchandise mise en circulation est authentique, non altérée ou intacte. En revanche l'art. 148 CP s'appliquera - et s'appliquera seul - lorsque l'auteur, ne se contentant pas de déclarations fausses, use d'autres procédés astucieux pour induire l'acquéreur en erreur. L'application analogique que le recourant voudrait faire de ces principes à son cas ne s'impose pas d'emblée, malgré la similitude rédactionnelle des deux dispositions considérées dans BGE 99 IV 9 S. 11 les versions italienne et française. Sans compter en effet que les textes allemands diffèrent (art. 154: "Inverkehrbringen" von Waren; art. 242: "Inumlaufsetzen" falschen Geldes), il reste que l'un des éléments du raisonnement rappelé plus haut consiste dans la présence des articles 148 et 154 CP dans un même titre du Code pénal, alors que l'art. 242 CP figure dans un autre. a) Sur le premier point, la doctrine dominante admet que les différences du texte allemand ne sont pas déterminantes et que l'élément matériel de l'infraction est le même dans les deux cas (HAFTER, Schweizerisches Strafrecht, partie spéciale p. 378 IV; LOGOZ, Commentaire, no 1 ad art. 242; THORMANN/v. OVERBECK, no 1 ad art. 242). Il n'y a pas de raisons de s'écarter de cette manière de voir. Sur le plan subjectif, il existe dans l'une comme dans l'autre hypothèse un dessein de tromper impliqué par le fait de donner un bien taré pour authentique et intact. D'ailleurs, la convention internationale du 20 avril 1929 concernant le faux monnayage, en vue de l'adhésion à laquelle les art. 240 ss. CP ont été édictés (cf. FF 1930 vol. 2 p. 29) et qui, par conséquent, peut contribuer à leur interprétation (GERMANN, Textausgabe, 9. Aufl., S. 370), tient la tromperie pour l'un des éléments subjectifs de ces délits. THORMANN/V. OVERBECK partagent cet avis (no 6 ad art. 240), ainsi que le Tribunal supérieur du canton de Zurich luimême, dans l'arrêt cité par la décision attaquée (BlZR 1947 no 93, consid. 3). On peut donc admettre, abstraction faite de cas très particuliers qu'il convient de réserver, que d'une manière générale, la mise en circulation de fausse monnaie, à l'instar de celle de marchandise falsifiée (cf. RO 71 IV 12, 83 IV 194), comprend le dessein de tromper. Les deux infractions coïncident donc pour l'essentiel en ce qui concerne la mise en circulation et la tromperie. b) Ce qui précède n'autorise cependant pas à conclure que l'art. 242 CP, au même titre que l'art. 154 CP, constitue une règle spéciale au regard de l'art. 148 CP. Il faut pour cela que le bien protégé soit le même dans les deux cas. La place occupée par l'art. 242 dans le Code pénal ne l'empêche pas de tendre à protéger le patrimoine. La genèse de la loi révèle que le titre dixième, dont l'intitulé ne se réfère d'ailleurs pas comme celui des précédents à un bien protégé déterminé, réprime diverses infractions dont le seul point commun BGE 99 IV 9 S. 12 est qu'elles ont leur origine dans une falsification et qui sont par conséquent caractérisées en quelque sorte par le moyen employé (cf. HAFTER, op.cit. § 91 p. 556). La diversité des intérêts qui peuvent être lésés par ces infractions permet d'imaginer différents biens juridiques dont la protection devait être assurée par les dispositions du titre dixième du Code pénal. La doctrine n'est pas unanime sur ce point (cf. LOGOZ, op.cit., no 2, remarques générales sur les art. 240 à 250 ), mais on peut se dispenser de l'éclaircir. En effet, il n'est pas nécessaire qu'à chaque disposition du code corresponde un seul bien protégé (cf. notamment les infractions contre les moeurs: LOGOZ, op.cit., no 3, remarques générales sur les art. 187 à 212 , et SCHWANDER, Das schweizerische Strafgesetzbuch, no 636). Il suffit en l'occurrence que l'art. 242 LP ait aussi - voire accessoirement (LOGOZ, loc.cit.) - pour but de protéger le patrimoine (SCHWANDER, op.cit. no 705; BAUMANN, Bull. stén. CE, 1931 p. 205) pour qu'il constitue une disposition spéciale au regard de l'art. 148 CP. Il n'y a donc aucune raison de ne pas appliquer à l'art. 242 CP la jurisprudence relative à l'art. 154 CP. Le crime réprimé par l'art. 242 peut assurément être commis sans que l'auteur ait agi dans un dessein d'enrichissement ni lésé autrui. Mais il ne s'ensuit pas qu'il faille nécessairement admettre le concours idéal. En fait, la mise en circulation de fausse monnaie implique presque toujours ce dessein et un dommage. La législateur s'en est rendu compte: l'art. 242 al. 2 vise le cas de celui qui a reçu pour bonne une pièce qui ne l'est pas et qui, constatant après coup son infortune, décide de reporter sa perte sur un autre (Bull. stén. CN 1929 p. 445). Or, ce résultat suppose préjudice et dessein d'enrichissement. Selon la thèse du Tribunal cantonal, il faudrait admettre, dans ce cas également, le concours idéal avec l'art. 148, ce qui serait contraire à la ratio legis. Au surplus, en cas de concours idéal, le délinquant qui met en circulation de la fausse monnaie serait passible d'une peine maximum plus lourde (art. 148 et 68 ch. 1 CP) que le faussaire (art. 241), dont l'infraction a paru plus grave au législateur (Bull. stén. loc.cit.). S'étant borné à mettre de faux billets en circulation, le recourant a donc été condamné à tort en vertu de l'art. 148 CP. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à la juridiction cantonale pour nouvelle décision.
null
nan
fr
1,973
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f9203058-cfeb-479a-9de6-234802f9d404
Urteilskopf 82 IV 1 1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Februar 1956 i.S. Bärlocher gegen Bühler und Kons.
Regeste Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1 StGB . Der verantwortliche Redaktor, der durch seine Auskunftsverweigerung den Verletzten zwingt, die subsidiäre Haftung des Redaktors geltend zu machen, verwirkt das Recht, sich nachträglich dieser Haftung zu entziehen, wenn der Verfasser nach Einleitung der Strafverfolgung bekannt wird. Art. 16 Abs. 1 OG findet nur Anwendung, wenn es sich um Entscheide einer Abteilung oder des Plenums des Bundesgerichtes handelt, die nach der Neuorganisation der Bundesrechtspflege vom 6. Oktober 1911 ergangen sind.
Erwägungen ab Seite 1 BGE 82 IV 1 S. 1 Aus den Erwägungen: Das Kantonsgericht St. Gallen hat aus den am 17. März 1952, am 16. Januar und am 8. Juni 1953 abgegebenen Erklärungen des Dr. Bösch, in denen er sich als Verfasser des angefochtenen Artikels bekannte, geschlossen, dass BGE 82 IV 1 S. 2 während des Verlaufes des Prozesses gegen den Redaktor der Verfasser ermittelt worden sei. Das habe indessen nicht zur Folge, dass die Möglichkeit, den Prozess gegen den Redaktor bis zu dessen Aburteilung weiterzuführen, entfalle und nunmehr der Verfasser zur Verantwortung zu ziehen sei. Der Beschwerdeführer rügt diese Begründung des angefochtenen Urteils mit der Behauptung, sie werde "durch die rechtsgeschichtliche und rechtsvergleichende Betrachtung des Problems völlig entkräftet". Alle in irgendeiner Weise auf das belgische System der Kaskadenhaftung zurückgehenden Gesetzgebungen verlangten lediglich, dass der Verfasser im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vor Urteilsfällung genannt oder in anderer Weise ermittelt werde, um den Redaktor zu entlasten. Dass jener schon bei Einleitung des Prozesses bekannt sein müsse, sei nicht erforderlich. Überall gelte sozusagen als Stichtag der Verantwortlichkeit der Zeitpunkt der erstinstanzlichen oder der rechtskräftigen Verurteilung. Wäre es in unserem Strafrecht anders, so müsste das StGB dies ausdrücklich vorschreiben. Aus dem Umstand, dass eine entsprechende Bestimmung fehle, könne ohne Verletzung von Art. 1 StGB nichts zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeleitet werden. Dem ist nicht beizupflichten. Soweit es sich um die rechtsgeschichtliche und rechtsvergleichende Betrachtung der umstrittenen Frage handelt, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers mit seiner Berufung auf belgisches und deutsches Recht, sowie auf die früheren Rechte der Kantone Basel-Stadt, Bern und Zürich schon im angefochtenen Urteil widerlegt worden. Im weiteren kann nicht ausser Acht gelassen werden, dass in Art. 27 StGB die Verantwortlichkeit der Presse insoweit grundsätzlich eine besondere Regelung gefunden hat, als es galt, einen Ausgleich zu schaffen zwischen den Interessen des Verletzten einerseits und dem Grundsatz der Pressefreiheit und dem Anspruch der Presse auf Anonymität anderseits. Die Presse, BGE 82 IV 1 S. 3 die zur Erfüllung ihrer Aufgabe unter Umständen auch auf Mitarbeiter angewiesen ist, deren Namen sie nicht preisgeben will, hat sich dieses Recht auf Anonymität dadurch erworben, dass sie sich selbst bereit erklärte, einen verantwortlichen Redaktor zu stellen ( BGE 76 IV 8 ; HAFTER, Allg. Teil S. 493 unter Hinweis auf WETTSTEIN, Prot. II. ExpKom. 2, 461). Dieser Ordnung, nach der es vom freien Willen des Redaktors abhängt, den Verfasser zu nennen oder an dessen Stelle die Verantwortung zu übernehmen, widerspräche es, die Strafverfolgung gegen den Redaktor von der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens abhängig zu machen ( BGE 76 IV 8 , 67); nicht weniger verstiesse aber gegen den Sinn des Gesetzes, die schon eingeleitete und möglicherweise zur Spruchreife oder gar zum Abspruch gelangte Strafverfolgung ( BGE 76 IV 69 E. 5) gegen den Redaktor selbst bei Antragsdelikten von Amtes wegen aufzuheben und dahinfallen zu lassen, wenn der Verfasser nachträglich bekannt wird. Vielmehr muss angenommen werden, dass der verantwortliche Redaktor, der durch seine Auskunftsverweigerung den Verletzten zwingt, die subsidiäre Haftung des Redaktors geltend zu machen, das Recht verwirkt, sich dieser Haftung nachträglich zu entziehen. Diese Folgerung, welche übrigens auch im früheren kantonalen Recht zu finden ist (vgl. St. Gallen § 195 StGB ; SJZ 12, 237 Nr. 308), liegt nicht nur in der Sonderregelung des Art. 27 StGB begründet, sondern drängt sich geradezu auf, soll nicht einem unwürdigen Spiel mit der Rechtspflege Tür und Tor geöffnet werden. Dabei geht es nicht so sehr um das Antragsrecht des Verletzten, sondern und vor allem um den staatlichen Strafanspruch (vgl. BGE 79 IV 103 ), der nach der Regel von Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1 StGB dem Redaktor gegenüber besteht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass ein Teil der Kläger - wie die Vorinstanz in Auslegung kantonalen Verfahrensrechtes feststellt - vorsorglich gegen Dr. Bösch selbst Klage einleitete für den Fall, dass die Passivlegitimation des Beschwerdeführers verneint würde. BGE 82 IV 1 S. 4 Eine solche vorläufige Rechtsvorkehr berührt in keiner Weise die grundsätzliche Frage, die unabhängig davon zu beantworten ist, ob gegen den mutmasslichen Verfasser vorsorglich ebenfalls Klage eingeleitet sei oder nicht. Das hievon abweichende Vorbringen des Beschwerdeführers findet weder in BGE 76 IV 68 noch in BGE 79 IV 55 eine Stütze, da in keinem dieser Fälle zur Frage Stellung zu nehmen war, ob bei nachträglichem Bekanntwerden des Verfassers der bereits strafrechtlich verfolgte Redaktor von Amtes wegen von seiner Verantwortung zu entlasten sei. Dasselbe trifft auf BGE 32 I 453 zu, wo lediglich zur Beurteilung stand, ob ein Dritter als Zeuge die Aussage, wer der Verfasser sei, in einem nach zürcherischem Recht (unter Vorbehalt der definitiven Anklage gegen den zu ermittelnden Verfasser) vorläufig gegen den Redaktor geführten Ehrverletzungsprozess verweigern könne. Zu dem in diesem Zusammenhang gemachten Hinweis des Beschwerdeführers auf Art. 16 Abs. 1 OG ist zu bemerken, dass das zur Zeit des erwähnten bundesgerichtlichen Entscheides vom 20. September 1906 geltende OG vom 22. März 1893 keine Bestimmung diesen oder ähnlichen Inhalts kannte. Als eine solche erstmals durch Art. 23 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend Änderung der Organisation der Bundesrechtspflege vom 6. Oktober 1911 (AS. 1912 S. 49) eingeführt wurde, hat das Plenum des Bundesgerichtes entschieden, dass die zit. Bestimmung nur dann anwendbar sei, wenn eine der gegenwärtigen Abteilungen eine Rechtsfrage anders entscheiden möchte, als dies seit der Neuorganisation des Bundesgerichtes von Seiten einer andern Abteilung oder des Plenums geschehen sei ( BGE 38 II 726 ). Etwas anderes kann auch für Art. 16 des OG vom 16. Dezember 1943 nicht gelten, der an Stelle des früheren Art. 23 Abs. 2 getreten ist.
null
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1,956
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f928c0ea-fc68-4906-a8d8-0fd4db13602f
Urteilskopf 107 II 44 9. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1981 i.S. Regionalspital St. Maria gegen AG für Isolierungen AGI (Berufung)
Regeste Bauhandwerkerpfandrecht an der Spitalliegenschaft eines Vereins: Art. 839 ff. ZGB . 1. Für die Frage der Verpfändbarkeit ist nicht bloss auf den Zweck abzustellen, dem das Grundstück dient, sondern darauf, ob dieses zum Verwaltungsvermögen der öffentlichen Hand gerechnet werden muss. Letzteres trifft dann zu, wenn die Sache in der Verfügungsgewalt des Staates steht (E. 1b). 2. Art. 9 und Art. 10 des BG über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts, wonach Vermögenswerte nicht gepfändet und nicht verpfändet werden können, gilt nur für Sachen, die im Eigentum der Gemeinden und anderer Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts stehen, nicht aber für solche im Eigentum privatrechtlicher Körperschaften (E. 1c).
Sachverhalt ab Seite 45 BGE 107 II 44 S. 45 A.- Im Jahre 1972 schloss das Regionalspital St. Maria in Visp als Bauherr mit Oskar Studer in Visp als Unternehmer einen Werkvertrag ab über die Ausführung sanitärer Installationen sowie die Isolierung der sanitären Installationen. Der Unternehmer Studer übertrug in der Folge die Ausführung der Isolierungsarbeiten der AG für Isolierungen AGI in Zürich als Unterakkordantin. Diese verlangte nach Vollendung der ihr übertragenen Arbeiten für den unbezahlt gebliebenen Rechnungsbetrag von Fr. 73'993.15 die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts auf der Spitalliegenschaft. Mit Verfügung vom 3. Juli 1974 bewilligte der Instruktionsrichter in Visp superprovisorisch die vorläufige Eintragung, welche gleichentags im Grundbuch vorgenommen wurde. Erst am 12. November 1976 traf der Instruktionsrichter auf wiederholtes Drängen der AG für Isolierungen AGI die endgültige BGE 107 II 44 S. 46 Verfügung über die vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts. Darin befristete er die Wirkung der vorläufigen Eintragung bis auf einen Monat nach Rechtskraft des die Frage der definitiven Eintragung beantwortenden Urteils und setzte Klageerhebung an, unter der Androhung, dass sonst die provisorische Eintragung des Buahandwerkerpfandrechts im Grundbuch gelöscht würde. Aufgrund dieser Verfügung erfolgte wiederum ein entsprechender Eintrag im Grundbuch. B.- Innerhalb der vom Instruktionsrichter angesetzten Frist erhob die AG für Isolierungen AGI gegen das Regionalspital St. Maria Klage auf Feststellung der ihr als Unterakkordantin zustehenden Forderung von Fr. 73'993.15 und auf definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts in diesem Betrag. Da im Laufe des Verfahrens Fr. 36'442.65 an die Klägerin bezahlt wurden, reduzierte sich die den Gegenstand der Klage bildende Forderung auf Fr. 37'550.50. Mit Urteil vom 10. Oktober 1980 hiess das Kantonsgericht des Kantons Wallis die Klage, abgesehen vom ebenfalls geltend gemachten Zins, gut und wies das Grundbuchamt in Brig an, das Bauhandwerkerpfandrecht zugunsten der Klägerin auf dem Grundstück Nr. 2140 des beklagten Spitals im Betrage von Fr. 37'550.50 definitiv einzutragen. C.- Gegen dieses Urteil hat das Regionalspital St. Maria sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. In der Berufung stellt es den Antrag, die Klage sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen und das Grundbuchamt in Brig anzuweisen, die provisorische Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts zugunsten der Klägerin zu löschen. Die AG für Isolierungen AGI beantragt die Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Es wird geltend gemacht, das Regionalspital St. Maria erfülle eine öffentliche Aufgabe im Gesundheitswesen des Kantons Wallis und diene ausschliesslich der Verfolgung öffentlicher Zwecke. Die Spitalliegenschaft sei deshalb ungeachtet der privaten Organisationsform des Spitals als eine öffentliche Sache zu betrachten. Als solche könne sie weder in eine Zwangsvollstreckung einbezogen werden, noch Gegenstand BGE 107 II 44 S. 47 eines Bauhandwerkerpfandrechts im Sinne von Art. 839 ff. ZGB sein. a) Es ist unbestritten und steht aufgrund des angefochtenen Urteils sowie der Akten fest, dass es sich bei der Trägerschaft des Regionalspitals St. Maria um einen privatrechtlich organisierten Verein im Sinne der Art. 60 ff. ZGB handelt, dessen Mitglieder vorwiegend Gemeinden, daneben aber auch juristische Personen des Privatrechts sowie vereinzelt sogar natürliche Personen sind. In der Berufung wird jedoch die vorinstanzliche Feststellung, dass das Spital eine weitgehend öffentliche Aufgabe erfülle, als auf einem offensichtlichen Versehen beruhend beanstandet. Unter Hinweis auf die Ordnung des Spitalwesens im Kanton Wallis wird geltend gemacht, es handle sich um ein Spital, das ausschliesslich öffentlichen Zwecken diene. Daraus wird abgeleitet, dass das Spital eine öffentliche Sache sei, die nicht mit beschränkten dinglichen Rechten wie einem Pfandrecht belastet werden könne. b) Ob das beklagte Spital lediglich weitgehend oder aber ausschliesslich der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe diene, ist für die Zulässigkeit der Begründung von Bauhandwerkerpfandrechten an der Spitalliegenschaft nicht von Bedeutung. Es erübrigt sich daher zu prüfen, ob die in der Berufung als versehentlich beanstandete Feststellung der Vorinstanz im Widerspruch zu den Akten stehe. Für die Frage der Verpfändbarkeit kommt es rechtlich zunächst darauf an, ob das Bundesprivatrecht auf die Rechtsverhältnisse an dieser Liegenschaft vollumfänglich zur Anwendung gelangt oder ob seine Anwendbarkeit durch das öffentliche Recht beschränkt wird. Dabei ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht bloss auf den Zweck abzustellen, dem das Grundstück dient, sondern vielmehr darauf, ob dieses zum Verwaltungsvermögen der öffentlichen Hand gerechnet werden muss. Nur dieses Vermögen ist neben den Sachen im Gemeingebrauch, wozu Spitalgebäulichkeiten zum vornherein nicht gehören, der Herrschaft des Bundesprivatrechts ganz oder teilweise entzogen (MEIER-HAYOZ, N. 3 und 5 ff. zu Art. 664 ZGB sowie N. 112 des systematischen Teils; vgl. im übrigen auch LIVER, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. V-1, S. 128). Damit eine Sache dem Verwaltungsvermögen zugerechnet werden kann, genügt es nicht, dass sie öffentlichen Zwecken dient, sondern sie muss zusätzlich in der Verfügungsgewalt des BGE 107 II 44 S. 48 Staates stehen, sei es aufgrund des Eigentums oder eines beschränkten dinglichen oder ausnahmsweise auch eines persönlichen Rechts (GRISEL, Droit administratif suisse, S. 282/283 und 290/291). Wenn der Staat die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe einer Rechtsperson des Privatrechts überlässt, gehören die im Eigentum dieser Person stehenden Sachen nicht zum staatlichen Verwaltungsvermögen, solange sich der Staat das Verfügungsrecht darüber nicht ausdrücklich gesichert hat. Er muss es deshalb hinnehmen, dass diese Sachen vollumfänglich dem Privatrecht unterstellt bleiben und damit auch Gegenstand einer Zwangsvollstreckung bilden können. Das gleiche gilt, wenn verschiedene Gemeinden oder andere öffentlichrechtliche Körperschaften sich zur Verfolgung öffentlicher Zwecke unter einer privatrechtlichen Rechtsform, sei es als Verein, Genossenschaft oder Aktiengesellschaft, zusammenschliessen und auf diese Weise am Rechtsverkehr teilnehmen. Auch in einem solchen Fall können sie sich nicht darauf berufen, dass die ihnen zu Eigentum zustehenden Sachen wegen der von ihnen verfolgten öffentlichen Zwecke als Verwaltungsvermögen zu behandeln und daher von der Anwendung des Bundesprivatrechts ganz oder teilweise auszunehmen seien. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den in der Berufung zitierten Stellen des Kommentars von MEIER-HAYOZ (insbesondere N. 64 ff. zu Art. 664 ZGB ). Ganz abgesehen davon, dass sich diese Ausführungen nur auf die Sachen im Gemeingebrauch - somit also nicht auf das Verwaltungsvermögen - beziehen (so ausdrücklich N. 14 zu Art. 664 ZGB ), geht auch MEIER-HAYOZ davon aus, dass der öffentliche Charakter einer im Privateigentum einer im stehenden Sache nicht nur eine entsprechende staatliche Widmung voraussetzt, sondern dass der Staat aufgrund eines öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Titels auch wirklich befugt sein muss, die Sache zur Verfolgung öffentlicher Zwecke zu gebrauchen (N. 66 zu Art. 664 ZGB ). An einem solchen Verfügungsrecht des Staates fehlt es aber hier. c) Was die Begründung eines Pfandrechts im besondern anbetrifft, ergibt sich die Anwendbarkeit des Bundesprivatrechts im übrigen auch aufgrund folgender Überlegung: Selbst wenn die Spitalliegenschaft entgegen dem soeben Ausgeführten als eine öffentliche Sache zu betrachten wäre, würde sich die Möglichkeit der Bestellung eines Pfandrechts an ihr danach richten, ob im Falle einer Zwangsvollstreckung auf die BGE 107 II 44 S. 49 Liegenschaft gegriffen werden kann. Die gültige Bestellung eines Pfandrechts setzt mit andern Worten die Zulässigkeit einer Pfandverwertung voraus ( BGE 103 II 235 f. und dort wiedergegebene Literaturzitate). Nach Art. 30 Ziff. 3 SchKG findet dieses Gesetz keine Anwendung auf die Zwangsvollstreckung gegen Kantone, Bezirke und Gemeinden, soweit hierüber besondere eidgenössische oder kantonale Vorschriften bestehen. Eine Beschränkung der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung müsste sich somit auf besondere Vorschriften des Bundes oder der Kantone stützen können. Die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts unterliegt seit dem Erlass des diesbezüglichen Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 (SR 282.11) einer abschliessenden bundesrechtlichen Regelung. Danach kann das Verwaltungsvermögen eines Gemeinwesens weder gepfändet noch verwertet und daher auch nicht gültig verpfändet werden, solange es öffentlichen Zwecken dient (Art. 9 und Art. 10 des erwähnten Gesetzes). Diese Beschränkung gilt jedoch nur für Sachen, die im Eigentum der Gemeinden und anderer Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts stehen, nicht aber für solche im Eigentum privatrechtlicher Körperschaften. Diesen gegenüber bleibt das SchKG vielmehr unbeschränkt anwendbar, was vernünftigerweise dazu führt, dass die Verpfändung der im Eigentum solcher Körperschaften stehenden Sachen ebenfalls zulässig sein muss. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich somit die Begründung eines Bauhandwerkerpfandrechts an der Spitalliegenschaft des Beklagten als zulässig (im gleichen Sinn auch R. SCHUMACHER, Das Bauhandwerkerpfandrecht, S. 68).
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f92d342b-dfc7-4fc6-8e21-639a967161b5
Urteilskopf 116 Ib 321 41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. November 1990 i.S. X. gegen Ortsbürgergemeinde Niederlenz und Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 103 lit. a OG und Art. 48 lit. a VwVG ; Eröffnung einer Rodungsbewilligung; Koordination von Rodung und Kiesabbau. 1. Legitimation des Nachbarn, eine Rodungsbewilligung anzufechten (E. 2). 2. Ordnungsgemässe Eröffnung einer Rodungsbewilligung, die auch die Interessen Dritter berührt (E. 3a). 3. Rodung und Kiesabbau: Planungspflicht sowie materiell und verfahrensmässig zu koordinierende Rechtsanwendung bei engem Sachzusammenhang der anwendbaren Vorschriften (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 321 BGE 116 Ib 321 S. 321 X. ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1045 im Gebiet "Wilägerte" in der Gemeinde Niederlenz. Dieses Grundstück liegt etwa 120 m südöstlich der Parzellen Nrn. 1046 und 667, die der Ortsbürgergemeinde BGE 116 Ib 321 S. 322 Niederlenz gehören und auf welchen eine Waldfläche von insgesamt 6520 m2 besteht. Am 14. März 1988 erteilte das Bundesamt für Forstwesen und Landschaftsschutz (heute: Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, BUWAL) der Ortsbürgergemeinde Niederlenz die Bewilligung zur Rodung von 6520 m2 Waldareal auf den Parzellen Nrn. 1046 und 667 zwecks Erweiterung der westlich davon schon bestehenden Kiesgrube. Gegen diese Bewilligung erhob X. am 16. Januar 1989 Verwaltungsbeschwerde beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) mit dem Antrag um Aufhebung der Rodungsbewilligung vom 14. März 1988. Er machte in formeller Hinsicht geltend, als Eigentümer der Parzelle Nr. 1045 sei er unmittelbarer Anstösser der Grundstücke Nrn. 1046 und 667, auf welche sich die erwähnte Rodungsbewilligung und die damit verbundene, von der Ortsbürgergemeinde Niederlenz geplante Erweiterung des Kiesabbaus beziehe. Obschon er als Nachbar unmittelbar betroffen sei, sei er nie in das Rodungsbewilligungsverfahren einbezogen worden; zudem sei das Rodungsgesuch nie öffentlich aufgelegen. Erst aufgrund der öffentlich aufliegenden Baugesuchsakten der Ortsbürgergemeinde Niederlenz betreffend ihr Gesuch um Erteilung einer zweiten Teilkiesabbaubewilligung habe er von der fraglichen Rodungsbewilligung Kenntnis erhalten. Angesichts der Tragweite, welche die Rodung der 6520 m2 Waldfläche für ihn habe, sei er zur Anfechtung der Rodungsbewilligung legitimiert. Das EDI trat am 2. Februar 1990 auf die Beschwerde nicht ein. Es begründete diesen Entscheid im wesentlichen damit, dass X. nicht in einer besonders nahen Beziehung zur Streitsache stehe, welche seine Befugnis zur Anfechtung der Rodungsbewilligung begründen würde. Seine Befürchtung, durch die beabsichtigte Rodung und den Kiesabbau könne das Grundwasser beeinträchtigt werden, erweise sich angesichts der tatsächlichen Verhältnisse als nicht stichhaltig. Das gleiche gelte für das Vorbringen, das fragliche Waldstück habe für sein Grundstück erhebliche Schutzfunktion (Schutz vor Wind und Wetter sowie vor den Immissionen des Kiesabbaus). Mit Eingabe vom 6. März 1990 führt X. gegen den Nichteintretensentscheid des EDI Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des EDI sei aufzuheben, und die Sache sei zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht in seiner Beschwerde geltend, er habe ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der angefochtenen BGE 116 Ib 321 S. 323 Rodungsbewilligung des Bundesamts für Forstwirtschaft und Landschaftsschutz. Durch diese Bewilligung, die der Ortsbürgergemeinde Niederlenz entgegen den Vorschriften über die Forstpolizei erteilt worden sei, werde er mehr als irgend jemand betroffen, da sein Grundstück in unmittelbarer Nähe der zu rodenden Waldfläche liege und im Falle der Rodung die für sein Land wichtige ökologische Schutzfunktion des fraglichen Waldes entfiele (Windschutz gegen Norden und Westen); zudem würde sein Grundstück verstärkt den von der Kiesausbeutung ausgehenden Immissionen ausgesetzt. Er sei daher nach Art. 48 lit. a VwVG zur Verwaltungsbeschwerde befugt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer bringt vor, das EDI habe zu Unrecht seine Legitimation zur Rüge der Verletzung des Eidgenössischen Forstrechts durch die vom Bundesamt für Fortswesen und Landschaftsschutz am 14. Mai 1988 erteilte Rodungsbewilligung verneint. a) Die Legitimation zur Beschwerde an das EDI richtet sich nach Art. 48 lit. a VwVG , der wörtlich mit Art. 103 lit. a OG betreffend die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht übereinstimmt ( BGE 110 Ib 100 E. 1, BGE 107 Ib 45 E. 1b, BGE 104 Ib 249 E. 5b, 317 E. 3). Danach ist zur Beschwerdeführung berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat ( Art. 48 lit. a VwVG und Art. 103 lit. a OG ). Dieses Interesse kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein und braucht mit dem Interesse, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann ( BGE 110 Ib 400 E. 1b). Diese Anforderungen sollen die Popularbeschwerde ausschliessen. Ihnen kommt deshalb dann eine ganz besondere Bedeutung zu, wenn wie hier nicht der Verfügungsadressat im materiellen Sinn, sondern ein Dritter (z.B. Nachbar) den Entscheid anficht. Ist auch in einem solchen Fall ein unmittelbares Berührtsein, eine spezifische Beziehungsnähe gegeben, so hat BGE 116 Ib 321 S. 324 der Beschwerdeführer ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse daran, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben oder geändert wird. Dieses Interesse besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen würde, das heisst in der Abwendung eines materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für ihn zur Folge hätte ( BGE 113 Ib 228 E. 1c, 112 Ib 158 E. 3 mit Hinweisen). Es ist somit ausgehend von dieser Praxis und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob die Legitimation des Beschwerdeführers nach Art. 48 lit. a VwVG zu bejahen ist oder nicht. Dabei ist insbesondere auf die Art und Intensität der Beeinträchtigung durch die vorgesehene Rodung abzustellen (vgl. BGE 113 Ib 228 E. 1c). b) Der Beschwerdeführer begründete seine Legitimation zur Verwaltungsbeschwerde an das EDI damit, dass die Rodungsbewilligung ihn mehr als jeden anderen Einwohner von Niederlenz treffe. Er müsse ernsthaft befürchten, dass das Entfernen des Waldes seinen landwirtschaftlichen Kulturen Schaden zufüge. Zudem hätten er und seine Familie schon heute unter den Immissionen der Kiesausbeutung (Lärm, Staub, Lastwagenverkehr etc.) zu leiden. Das zur Rodung vorgesehene Waldstück diene teilweise dem Schutz vor den genannten Immissionen und es schütze seine Liegenschaft und die Kulturen ausserdem vor kalten oder heftigen Nord- und Westwinden. Überdies erfülle der Wald eine wichtige ökologische Funktion. c) Nach Auffassung des EDI ist der Beschwerdeführer nicht zur Anfechtung der Rodungsbewilligung befugt, da er durch die fragliche Rodung nicht mehr betroffen sei als andere Mitglieder der Allgemeinheit. Mit Art. 48 lit. a VwVG werde aber gerade der Ausschluss der Popularbeschwerde bezweckt. Es stützt seinen Entscheid auf ein in ZBl 85/1984 S. 378 ff. publiziertes Urteil des Bundesgerichts, in welchem die Legitimation eines Nachbarn zur Einsprache gegen eine Baubewilligung für eine 200 m entfernte Bootshalle verneint wurde, weil von dieser keine störenden Immissionen zum Nachteil des Beschwerdeführers zu befürchten waren und somit von keinem relevanten Eingriff in dessen Interessensphäre gesprochen werden konnte. d) Im vorliegenden Fall verhält es sich indessen anders. Dem Wald kommen ausdrückliche Schutz- und Wohlfahrtswirkungen zu (Art. 1 Abs. 1 der Verordnung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965, FPolV, BGE 116 Ib 321 S. 325 SR 921.01). Er schützt unter anderem die Nachbarn vor immissionsreichen, forstwirtschaftsfremden Nutzungen wie z.B. dem Kiesabbau und gewährleistet der Nachbarschaft eine gewisse Ruhe. Zudem kommt dem Wald auch grundsätzlich die Funktion des Windschutzes zu, selbst wenn im vorliegenden Fall fraglich ist, ob angesichts der Entfernung von 120 m und des Umstands, dass auch nach der Rodung ein Waldstreifen nordwestlich der Liegenschaft des Beschwerdeführers bestehen bleiben soll, der Windschutz allein ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 lit. a VwVG darstellt. Diese Frage kann indessen offengelassen werden. Es ist nämlich zu beachten, dass der Beschwerdeführer durch die Nähe seiner Liegenschaft zur Rodungsfläche ohnehin wesentlich stärker betroffen ist als die Allgemeinheit. Dies gilt sowohl für den Verlust der Schutz- und Wohlfahrtswirkungen des Waldes als auch für den Schutz vor den Immissionen, die mit der Ausdehnung der Kiesausbeutung als Folge der Rodung verbunden sind. Das EDI hat dadurch, dass es dem Beschwerdeführer die Legitimation im Sinne von Art. 48 lit. a VwVG absprach, Bundesrecht verletzt ( Art. 104 lit. a OG ), weshalb der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. 3. Der Beschwerdeführer verlangt in seiner Beschwerde eine Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zur materiellen Beurteilung. Eine solche Rückweisung ist nur möglich, wenn sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 71 f.). Aus prozessökonomischen Gründen ist es gerechtfertigt, auch zu den weiteren Eintretensfragen Stellung zu nehmen. a) Der Einwand der Ortsbürgergemeinde Niederlenz, der Beschwerdeführer sei schon deshalb nicht zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde zuzulassen, weil er innert der gesetzlichen Frist keine Beschwerde gegen die Rodungsbewilligung vom 14. März 1988 eingereicht habe, geht fehl. Das BUWAL bestätigt in seiner Notiz vom 20. Februar 1989 an das EDI, dass praxisgemäss sowohl Rodungsgesuche als auch -bewilligungen, die wie vorliegend gemäss Art. 25bis FPolV in die Kompetenz des Bundes fallen, im Gegensatz zu kantonalen Rodungsentscheiden weder vorgängig aufgelegt noch nach dem Entscheid im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht werden. Auch sei der Beschwerdeführer über das hier interessierende Rodungsvorhaben nicht in Kenntnis gesetzt worden, zumal er im erstinstanzlichen Verfahren keine Parteistellung BGE 116 Ib 321 S. 326 habe einnehmen können. Der Beschwerdeführer konnte somit tatsächlich erst mit der öffentlichen Auflage des Kiesabbaugesuchs (21. Dezember 1988 bis 16. Januar 1989), in dessen Beilage sich die Rodungsbewilligung befand, von dieser Kenntnis erhalten. In solchen Fällen beginnt die Beschwerdefrist auch im Verfahren der Verwaltungsbeschwerde mit dem Zeitpunkt der effektiven Kenntnisnahme (vgl. BGE 112 Ib 174 E. 5c, BGE 107 Ib 175 E. 2c). In dieser Hinsicht war somit die Beschwerde an das EDI vom 16. Januar 1989 grundsätzlich zulässig. Die hier beschriebene Praxis des BUWAL zur Mitteilung von Rodungsentscheiden gibt zur Bemerkung Anlass, dass nach Art. 6 in Verbindung mit Art. 34 VwVG Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden u.a. jenen Personen, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht, schriftlich zu eröffnen sind. In einer Sache mit einer grossen Anzahl von Parteien, die sich ohne unverhältnismässigen Aufwand nicht vollzählig bestimmen lassen, kann die Behörde ihre Verfügungen nach Art. 36 lit. c VwVG auch durch Publikation in einem amtlichen Blatte eröffnen. Nachdem den Parteien aus mangelhafter Eröffnung kein Nachteil erwachsen darf ( Art. 38 VwVG ), können bei der geschilderten Praxis die Parteien, denen eine Rodungsbewilligung nicht ordnungsgemäss eröffnet wurde, diese auch nach Ablauf der in Art. 50 VwVG festgelegten Beschwerdefrist noch anfechten. Durch die mangelhafte Eröffnung wird eine für den Gesuchsteller unzumutbare Rechtsunsicherheit geschaffen. Es obliegt dem EDI und dem BUWAL, die von ihnen erteilten Rodungsbewilligungen sämtlichen Parteien in der im jeweiligen Einzelfall angezeigten Form ordnungsgemäss zu eröffnen. b) Auch der von der Ortsbürgergemeinde erhobene Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Beschwerdeführung ist unbegründet. Rechtsmissbrauch erblickt diese im Umstand, dass der Beschwerdeführer sich nun gegen die im Zusammenhang mit der Erweiterung der Kiesgrube notwendige Rodung wendet, obwohl er selbst die Parzelle Nr. 2640, die zwischen seinem Grundstück und dem von der Rodungsbewilligung betroffenen Wald liegt, im Jahre 1983 der Ortsbürgergemeinde als Kiesland verkauft habe. Das Verhalten von X. erscheint schon deshalb nicht als rechtsmissbräuchlich, weil die veräusserte Parzelle nicht bewaldet ist. Die in seiner Beschwerde gegen die Rodungsbewilligung vorgebrachten forstlichen Argumente (Schutzfunktion des Waldes gegen Wind und Wetter und vor weiteren Immissionen) stehen somit BGE 116 Ib 321 S. 327 in keinem Widerspruch zu seinem früheren Verhalten. Durch den Verkauf der Parzelle Nr. 2640 hat der Beschwerdeführer zweifelsohne nicht unbesehen künftigen Waldrodungen auf benachbarten Grundstücken "zugestimmt". c) Die übrigen Eintretensvoraussetzungen der Verwaltungsbeschwerde an das EDI sind im vorliegenden Fall erfüllt und geben zu keinen weiteren Erörterungen Anlass. Die Angelegenheit kann somit zur materiellen Beurteilung an das EDI zurückgewiesen werden. 4. Bei der materiellen Behandlung der Beschwerde wird das EDI zu beachten haben, dass die beanstandete Rodungsbewilligung in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der erforderlichen Kiesabbaubewilligung steht. Zur Rodung kommt es nur bei Bewilligung der Erweiterung des Kiesabbaus. Ziff. 13 der Rodungsbewilligung vom 14. März 1988 hält ausdrücklich fest, dass die Zweckentfremdung des hier interessierenden Waldareals erst dann in Angriff genommen werden darf, wenn unter anderem weitere allfällig erforderliche Bewilligungen (wie beispielsweise bau- und gewässerschutzrechtliche Bewilligungen) rechtskräftig vorliegen. Gemäss Art. 26 Abs. 1 FPolV , der vom Bundesgericht als gesetzeskonform anerkannt wird ( BGE 108 Ib 180 E. 1a mit Hinweisen), dürfen Rodungen nur bewilligt werden, wenn sich hierfür ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt. Das Werk, für welches die Rodung verlangt wird, muss auf den vorgesehenen Standort angewiesen sein. Dabei ist das Erfordernis der Standortgebundenheit nicht absolut aufzufassen, besteht doch fast immer eine gewisse Wahlmöglichkeit; indessen fallen die Gründe einer Standortwahl ins Gewicht. Finanzielle Interesse, wie möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder billige Beschaffung von Land, gelten nicht als gewichtige Bedürfnisse ( Art. 26 Abs. 3 FPolV ). Der Rodung dürfen ausserdem keine polizeilichen Gründe entgegenstehen. Auch ist dem Natur- und Heimatschutz gebührend Rechnung zu tragen ( Art. 26 Abs. 2 und 4 FPolV ). Diese Grundsätze gelten auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts ( BGE 113 Ib 152 E. 3b, 344 f. E. 3, 413 f. E. 2a, je mit Hinweisen). a) Den Akten des vorliegenden Verfahrens ist zu entnehmen, dass sich im Zusammenhang mit der Erweiterung des Kiesabbaus nicht nur forstrechtliche Fragen, sondern namentlich auch solche des Bau-, Raumplanungs-, Umwelt- sowie Gewässerschutzrechts stellen. Diese Fragen stehen in einem derart engen BGE 116 Ib 321 S. 328 Sachzusammenhang, dass es im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Pflicht zur materiellen und formellen Koordination der Rechtsanwendung ( BGE 116 Ib 50 ff.) und die von Art. 26 FPolV geforderte Interessenabwägung nicht angeht, bei der Erteilung der Rodungsbewilligung die übrigen massgebenden Interessen ausser acht zu lassen. Es ist vielmehr zu beachten, dass in Fällen, in denen für die Verwirklichung eines Projekts verschiedene materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden sind und zwischen diesen Vorschriften ein derart enger Sachzusammenhang besteht, dass sie nicht getrennt und unabhängig voneinander angewendet werden dürfen, diese Rechtsanwendung materiell koordiniert zu erfolgen hat. Der in die Rodungsbewilligung aufgenommene blosse Vorbehalt der rechtskräftigen Erteilung weiterer notwendiger Bewilligungen vermag den Anforderungen an die verfassungsrechtlich gebotene Koordination im vorliegenden Fall nicht zu genügen. Das Bundesgericht hat im Grundsatzurteil BGE 116 Ib 50 ff. erwogen, dass die materielle Koordination am besten erreicht wird, wenn dafür eine einzige erste Instanz zuständig ist. Sind zur Beurteilung einzelner der materiellen Koordination bedürftiger Rechtsfragen verschiedene erstinstanzliche Behörden zuständig, so müssen diese die Rechtsanwendung in einer Weise abstimmen, dass qualitativ ein gleichwertiges Koordinationsergebnis erzielt wird. Aus den Akten ergibt sich, dass eine umfassende Interessenabwägung und Abstimmung der Entscheide im hier umstrittenen Fall noch gar nicht erfolgen konnte. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss hingegen auch in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem die zur Bewilligung eines Vorhabens zu beurteilenden Rechtsfragen mit engem Sachzusammenhang erstinstanzlich teils durch Bundesbehörden und teils durch kantonale oder kommunale Behörden beurteilt werden, die materielle Koordination zwischen den erstinstanzlichen Behörden sichergestellt werden. Eine verfahrensrechtlich und zeitlich verbundene Eröffnung der Bewilligungen mit anschliessendem einheitlichem Rechtsmittelverfahren ist hier bei der heutigen Rechtslage indessen nicht möglich. Auf welche Weise die Koordination im einzelnen zu erfolgen hat, ist nicht zum voraus durch das Bundesgericht zu entscheiden. Im oben erwähnten BGE 116 Ib 50 ff. hat das Bundesgericht zu dieser Problematik ausgeführt, dass bei der Erteilung von Rodungsbewilligungen nach Art. 25bis FPolV die Bundesbehörde im Koordinationsprozess im erstinstanzlichen und in allfälligen kantonalen Rechtsmittelverfahren bis zur letzten kantonalen Instanz BGE 116 Ib 321 S. 329 mitwirken könnte. Sie wäre dabei vorbehältlich neuer Erkenntnisse im Laufe des Verfahrens an ihre gegenüber der ersten kantonalen Instanz abgegebene Stellungnahme gebunden. Würden aber im weiteren Verfahren, etwa durch betroffene Dritte, neue Gesichtspunkte vorgebracht, so hätte die Bundesbehörde diese zu berücksichtigen und allenfalls von ihrer ersten Stellungnahme abzurücken. Eine anfechtbare Bewilligung der in ihre Zuständigkeit fallenden Rodung hätte die Bundesbehörde in der Regel erst dann zu erteilen, wenn die damit zusammenhängenden kantonalen Entscheide von der letzten kantonalen Instanz beurteilt worden wären. Würden die kantonalen Entscheide auf unterer Verfahrensstufe rechtskräftig, so könnte der Entscheid der Bundesbehörde schon im Anschluss daran getroffen werden. Ein solches zeitlich gestaffeltes Vorgehen dürfte den Anforderungen an die materielle Koordination genügen. Möglicherweise könnte dieses Zusammenwirken von Behörden des Bundes und der Kantone aber auch auf andere Weise sachgerecht sichergestellt werden ( BGE 116 Ib 58 f.). Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen. b) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung lässt es zwar zu, dass über ein Rodungsgesuch, dem für die Erstellung einer im Wald geplanten Anlage vorrangige Bedeutung zukommt, vorweg entschieden wird ( BGE 114 Ib 230 f. E. 8). Dies ist namentlich dann möglich, wenn von vornherein aufgrund eines zureichend abgeklärten Sachverhalts klar feststeht, dass die geltend gemachten Interessen das gesetzliche Walderhaltungsgebot nicht zu überwiegen vermögen (vgl. BGE 113 Ib 153 f., nicht publiziertes Urteil vom 24. Mai 1989 i.S. Stadtgemeinde Ilanz E. 4a). Aber auch wenn die Rodungsbewilligung vorweg, vor Erteilung der anderen Bewilligungen rechtskräftig erteilt werden soll - was sich aufgrund der Aktenlage im vorliegenden Verfahren als eher unzweckmässig erweisen dürfte -, so ist die Koordination mit den übrigen Bewilligungsverfahren sicherzustellen. Dies setzt den Einbezug sämtlicher im Rahmen der übrigen Bewilligungsverfahren zu berücksichtigenden Interessen voraus; namentlich bedürfen die raumplanungs- sowie umwelt- und gewässerschutzrechtlichen Fragen einer eingehenden Prüfung. Dabei genügt nicht allein die materielle Berücksichtigung dieser Belange, die erforderliche Koordination ist vielmehr durch den formellen Einbezug der zuständigen Behörden in das Verfahren der Rodungsbewilligung sicherzustellen. Die zuständigen Verwaltungsbehörden haben im Verfahrensverlauf dafür zu sorgen, dass sowohl in materiellrechtlicher BGE 116 Ib 321 S. 330 als auch in verfahrensmässiger Hinsicht eine Lösung gefunden wird, bei welcher alle in Frage stehenden bundesrechtlichen Regeln möglichst gleichzeitig und vollumfänglich zum Zuge kommen und überdies die auf das zu beurteilende Projekt anwendbaren kantonalen Normen gebührend berücksichtigt werden (vgl. nicht publiziertes Urteil vom 24. Mai 1989 i.S. Stadtgemeinde Ilanz E. 4c, d). c) Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen wird das EDI im Rahmen der materiellen Beurteilung der Verwaltungsbeschwerde gegen die Rodungsbewilligung zunächst zu prüfen haben, auf welche Weise die Anforderungen der materiellen und formellen Koordinationspflicht im vorliegenden Fall erfüllt werden können. Es ist darauf zu achten, dass in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des Kantons Aargau sämtliche vom engen Sachzusammenhang betroffene Fragen (inkl. Rodung) materiell aufeinander abgestimmt und zeitlich koordiniert entschieden werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Bundesbehörde erst dann eine anfechtbare Rodungsbewilligung erteilen sollte, wenn die damit zusammenhängenden kantonalen Entscheide von der letzten kantonalen Instanz beurteilt sind, wobei andere Lösungen des sachgerechten Zusammenwirkens der Bundes- und kantonalen Behörden vorbehalten bleiben (vgl. BGE 116 Ib 59 E. 4b). d) Die kantonalen Behörden werden überdies sicherzustellen haben, dass im Rahmen des gemäss den Akten beim Regierungsrat hängigen Verfahrens betreffend Erteilung einer Bewilligung nach Art. 24 RPG für den Kiesabbau auf den Parzellen Nrn. 667 und 1046 (2. Teilkiesabbaugesuch inklusive Rodung und Waldverlegung) zunächst entschieden wird, ob das Vorhaben auf dem Wege der raumplanerischen Ausnahmebewilligung überhaupt angemessen erfasst werden kann oder ob einem solchen Vorgehen die bundesrechtliche Planungspflicht entgegensteht (vgl. BGE 116 Ib 53 E. 3a, BGE 115 Ib 306 E. 5a, je mit Hinweisen; Urteil vom 20. April 1988 i.S. Einwohnergemeinde Oensingen, in Umweltrecht in der Praxis 4/1988 S. 210, E. 6). Mit dem Entscheid über diese Frage kann das Leitverfahren, d.h. dasjenige Verfahren, das eine frühzeitige und umfassende Prüfung sämtlicher vom engen Sachzusammenhang erfassten materiellen Rechtsfragen erlaubt, verbindlich festgelegt werden. Im Rahmen dieses Leitverfahrens hat die materielle und verfahrensmässige Koordination der Rechtsanwendung zu erfolgen. Als Leitverfahren kann u.a. grundsätzlich sowohl ein BGE 116 Ib 321 S. 331 (Sonder-)Nutzungsplanungsverfahren als auch das Ausnahmebewilligungsverfahren im Sinne von Art. 24 RPG bezeichnet werden, da beide Verfahren von Bundesrechts wegen die umfassende Prüfung der vom engen Sachzusammenhang erfassten Fragen vorsehen. Falls das Vorhaben der UVP-Pflicht untersteht, wie dies der Beschwerdeführer annimmt (vgl. Ziff. 80.3 des Anhangs zur Verordnung über die UVP vom 19. Oktober 1988 (UVPV) und Art. 2 UVPV ), so ist das Leitverfahren auch das massgebliche Verfahren im Sinne von Art. 5 Abs. 3 UVPV , in welchem unter anderem ebenfalls die Einhaltung der Vorschriften über den Landschaftsschutz, den Gewässerschutz, die Walderhaltung sowie die Raumplanung zu prüfen sind ( Art. 3 UVPV , vgl. BGE 116 Ib 60 E. 4d).
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_003
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Federation
f92db153-4852-4549-b129-1c44bc99fabb
Urteilskopf 134 III 237 41. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Stockwerkeigentümergemeinschaft S. gegen A. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_222/2007 vom 4. Februar 2008
Regeste Zusammenrechnung mehrerer Begehren zur Berechnung des Streitwertes ( Art. 52 BGG ). Die unter dem OG geltende Praxis, wonach die vor Bundesgericht nicht mehr streitigen Rechtsbegehren nur dann zum Streitwert hinzugerechnet wurden, wenn sie mit den noch streitigen Rechtsbegehren zusammenhingen, gilt auch unter dem BGG (E. 1.2).
Sachverhalt ab Seite 238 BGE 134 III 237 S. 238 A. A. ist Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft S. in X. Am 26. Mai 2004 führte diese ihre ordentliche Stockwerkeigentümerversammlung durch, anlässlich welcher - in Abwesenheit des unentschuldigten und nicht vertretenen A. - sieben Beschlüsse (Nrn. 2-8) gefasst wurden. Mit Klage vom 27. September 2004 stellte A. beim Kreisgericht Werdenberg-Sargans das Begehren, sämtliche Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung vom 26. Mai 2004 aufzuheben und für ungültig zu erklären. Mit Entscheid vom 29. November 2005 hob die Erstinstanz einen Beschluss auf, wies jedoch im Übrigen die Klage ab. B. Gegen diesen Entscheid führte A. Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen mit dem Begehren, die Beschlüsse Nr. 3 (Jahresrechnung 2003 sowie Revisorenbericht) und Nr. 7 (Beschluss betreffend Neugestaltung des Sitzplatzes von Familie F.) der Versammlung vom 26. Mai 2004 aufzuheben und für ungültig zu erklären. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft S. führte als Beklagte Anschlussberufung mit dem Begehren, die ihr für das erstinstanzliche Verfahren zugesprochene Parteientschädigung von Fr. 4'861.70 auf Fr. 9'947.20 zu erhöhen. Das Kantonsgericht hob am 22. Januar 2007 den Beschluss Nr. 7 auf, wies jedoch im Übrigen die Berufung ab. Die Anschlussberufung wies es ebenfalls ab. C. Gegen diesen kantonsgerichtlichen Entscheid hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft S. beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht. Sie verlangt in Aufhebung des angefochtenen Entscheides die Abweisung der Klage in Bezug auf den Beschluss Nr. 7 sowie die Gutheissung ihrer vor Kantonsgericht erhobenen Anschlussberufung. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.2 Gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt. Die Vorinstanz hat - wie schon die Erstinstanz - den Streitwert gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG auf Fr. 20'000.- festgelegt, wogegen die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren keine Einwände erhoben und die gestützt darauf gesprochene Parteientschädigung grundsätzlich akzeptiert hat. Lautet ein Begehren nicht auf BGE 134 III 237 S. 239 Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert gemäss Art. 51 Abs. 2 BGG nach Ermessen fest. Diese Bestimmung entspricht Art. 36 Abs. 2 OG , weshalb auf die dazu entwickelten Grundsätze der Streitwertbestimmung abgestellt werden kann. Handelt es sich wie hier um eine Beschwerde gegen einen Endentscheid, so bestimmt sich der Streitwert nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben waren ( Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG ). Dabei werden mehrere in einer vermögensrechtlichen Sache von der gleichen Partei geltend gemachte Begehren zusammengerechnet, sofern sie sich nicht gegenseitig ausschliessen ( Art. 52 BGG ). Streitig war vor der Vorinstanz die Kostenverteilung aufgrund der Jahresrechnung 2003 (Beschluss Nr. 3), die Neugestaltung eines Sitzplatzes (Beschluss Nr. 7) sowie die Höhe der ausseramtlichen Entschädigung an die Beschwerdeführerin vor Erstinstanz. Vor Bundesgericht sind demgegenüber nur noch der Beschluss Nr. 7 sowie die Parteientschädigung streitig; der Beschluss Nr. 3 ist demgegenüber nicht mehr angefochten. Das Bundesgericht hat unter der Herrschaft des OG in Bezug auf Art. 47 Abs. 1, der im Wesentlichen Art. 52 BGG entsprach, entschieden, dass die vor Bundesgericht nicht mehr streitigen Rechtsbegehren nur dann zum Streitwert hinzugerechnet werden, wenn sie mit den noch streitigen Rechtsbegehren zusammenhängen ( BGE 99 II 125 E. 1 S. 126; vgl. auch: MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, Rz. 63 S. 87). Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb diese Praxis nicht auch unter dem neuen BGG ( Art. 52 BGG ) gelten sollte. Da der vor Bundesgericht nicht mehr streitige Beschluss Nr. 3 betreffend die Jahresrechnung 2003 in keinem Zusammenhang mit den beiden streitigen Rechtsbegehren steht, ist die gesetzliche Streitwertgrenze nicht erreicht, zumal es bezüglich des Sitzplatzes nicht einfach auf den Wert der ausgeführten Arbeiten, sondern auf die vermögensrechtlichen Interessen beider Parteien ankommt. Somit wäre die Beschwerde in Zivilsachen nur gegeben, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellte ( Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ), was die Beschwerdeführerin jedoch nicht behauptet. Auf die Beschwerde in Zivilsachen kann somit nicht eingetreten und eine allfällige Bundesrechtsverletzung nicht überprüft werden.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
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Federation
f9316a58-e90d-4d5e-b97b-8693f20f2306
Urteilskopf 136 V 106 13. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit social dans la cause Secrétariat d'Etat à l'économie contre Association patronale interprofessionnelle (recours en matière de droit public) 8C_57/2009 du 13 janvier 2010
Regeste Art. 89 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG ; Art. 102 Abs. 2 AVIG ; Befugnis des SECO zur Führung einer Beschwerde gegen einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung. Weder Art. 89 Abs. 1 BGG noch Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 102 Abs. 2 AVIG verleihen dem SECO die Befugnis zur Einreichung einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 106 BGE 136 V 106 S. 106 A. Le 6 octobre 2003, l'Association patronale interprofessionnelle de X., en qualité de fondatrice de la Caisse paritaire interprofessionnelle de chômage de X. (ci-après: la CPI), a conclu avec la Confédération suisse, représentée par le Département fédéral de l'économie, une convention portant sur l'application de la loi fédérale sur l'assurance- chômage (ci-après: la Convention). Cet accord définit les BGE 136 V 106 S. 107 conditions-cadres de la collaboration entre la Confédération et la fondatrice de la CPI pour la période du 1 er janvier 2004 au 31 décembre 2008. La Convention énumère notamment les tâches à accomplir par la CPI et prévoit l'indemnisation de la fondatrice pour les frais d'administration qui découlent de l'accomplissement de ces tâches. Elle contient notamment une réglementation d'après laquelle cette indemnisation n'est que partielle ("malus" laissé à la charge de la fondatrice de la CPI) si les frais d'administration sont excessifs par rapport aux prestations fournies par la caisse. Le 16 août 2007, le Secrétariat d'Etat à l'économie (ci-après: SECO) a rendu une "décision concernant l'agrément du compte annuel (bilan et compte d'exploitation) et du compte annuel des frais d'administration de l'exercice 2006" de la CPI. En substance, il a agréé les comptes de la CPI, en émettant toutefois une réserve sur la comptabilisation de prestations de la CPI pour le suivi de deux apprenties. Le SECO a par la suite réexaminé cette décision; il a modifié la réserve qu'il avait émise et admis la comptabilisation de prestations supérieures à celles reconnues précédemment pour le suivi des apprenties (décision du 29 août 2007). Par une troisième décision du 10 septembre 2007, le SECO a fixé à 98'394 francs le montant des frais administratifs qui seraient laissés à la charge de la fondatrice de la CPI pour l'année 2006, en raison d'un rapport frais d'administration/prestations trop élevé. B. L'Association patronale interprofessionnelle de X. a recouru contre les décisions des 29 août et 10 septembre 2007 devant le Tribunal administratif fédéral. Par jugement du 25 novembre 2008, celui-ci a annulé les décisions entreprises, "la Confédération [étant] renvoyée à la voie de l'action pour faire valoir une éventuelle prétention découlant de la Convention passée avec [la fondatrice] de la caisse". C. Le SECO interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement, dont il demande l'annulation, sous suite de frais et dépens. A titre préalable, il a demandé l'octroi de l'effet suspensif au recours. Par ordonnance du 9 février 2009, le Tribunal fédéral a invité l'intimée à déposer sa réponse, y compris sur la question de l'effet suspensif au recours, en précisant qu'aucune mesure d'exécution du jugement entrepris ne pourrait être prise jusqu'à ce que soit tranché le sort de la requête d'effet suspensif. L'intimée a conclut au rejet du BGE 136 V 106 S. 108 recours, sous suite de frais et dépens, sans s'opposer à l'octroi de l'effet suspensif au recours. Le Tribunal fédéral a déclaré le recours irrecevable. Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 Aux termes de l' art. 89 al. 1 LTF , a qualité pour former un recours en matière de droit public quiconque a pris part à la procédure devant l'autorité précédente ou a été privé de la possibilité de le faire (a), est particulièrement atteint par la décision ou l'acte normatif attaqué (b), et a un intérêt digne de protection à son annulation ou à sa modification (c). Lorsqu'elles remplissent ces conditions, les collectivités publiques peuvent fonder directement sur cette disposition leur qualité pour interjeter un recours en matière de droit public (cf. ATF 135 II 12 consid. 1.2.1 p. 15, ATF 123 II 156 consid. 3.1 p. 157 s.; ATF 134 II 45 consid. 2.2.1 p. 46 s.). En revanche, une autorité prise isolément ou une branche de l'administration sans personnalité juridique l'invoquerait en vain ( ATF 134 II 45 consid. 2.2.3 p. 48; ATF 127 II 32 consid. 2f p. 38; ATF 123 II 371 consid. 2d p. 375, ATF 123 II 542 consid. 2f p. 542). Dans l'arrêt C 282/06 du 3 juillet 2007, in SVR 2007 ALV n° 26 p. 81, et dans l'arrêt de l'ancien Tribunal fédéral des assurances C 115/06 du 4 septembre 2006 portant, pour le premier, sur la responsabilité des fondateurs d'une caisse de chômage ensuite d'indemnités pour réduction de l'horaire de travail allouées à tort et, pour le second, sur la restitution par l'employeur d'indemnités pour réduction de l'horaire de travail allouées à tort, la qualité pour recourir du SECO a été admise sans être discutée ni même évoquée. L'arrêt C 115/06 a été rendu en procédure gratuite ( art. 134 OJ a contrario), le SECO ayant au demeurant obtenu gain de cause; il ne contient aucune indication sur les motifs pour lesquels la qualité pour recourir du SECO a été admise. En revanche, dans le cinquième considérant de l'arrêt C 282/06, rendu en procédure onéreuse, le Tribunal fédéral a considéré que le SECO avait agi pour défendre un intérêt patrimonial propre et a mis les frais de justice à sa charge. En tant que cette jurisprudence reconnaîtrait, implicitement tout au moins, l'intérêt digne de protection du SECO à recourir au sens de l' art. 103 let. a OJ , applicable au litige tranché à l'époque et auquel l' art. 89 al. 1 LTF correspond dans une large mesure, elle ne saurait être maintenue. Etant dépourvu de personnalité juridique, le SECO - serait-ce en qualité de BGE 136 V 106 S. 109 gestionnaire du fonds de compensation de l'assurance-chômage (art. 83 al. 1 let. b, art. 84 al. 1 et 3 LACI [RS 837.0]) - n'est pas titulaire de la personnalité juridique ni d'un patrimoine qui lui serait propre. En l'occurrence, la qualité pour recourir du SECO ne peut donc pas se déduire de l' art. 89 al. 1 LTF , quand bien même il a rendu les décisions administratives à l'origine de la présente procédure (cf. ATF 135 II 156 consid. 3.1 p. 159; ATF 134 II 45 consid. 2.2.1 p. 47). Le recourant ne se prévaut d'ailleurs pas de cette disposition légale. 3.2 3.2.1 Le SECO soutient avoir qualité pour recourir devant le Tribunal fédéral, dans le domaine de l'assurance-chômage, en vertu de l' art. 89 al. 2 let. a LTF . 3.2.2 Aux termes de l' art. 89 al. 2 let. a LTF , ont notamment qualité pour former un recours en matière de droit public la Chancellerie fédérale, les départements fédéraux ou, pour autant que le droit fédéral le prévoie, les unités qui leur sont subordonnées, si le respect de la législation fédérale dans leur domaine d'attributions est mis en cause. La qualité pour recourir n'est pas liée à un intérêt digne de protection ni à un intérêt public spécifique (cf. ATF 131 II 121 consid. 1 p. 124; ALAIN WURZBURGER, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 45 ad art. 89 LTF ). Le SECO est un office rattaché au Département fédéral de l'économie (art. 5 de l'ordonnance du 14 juin 1999 sur l'organisation du Département fédéral de l'économie [Org DFE; RS 172.216.1]). Il s'agit d'une unité subordonnée à ce département, au sens de l' art. 89 al. 2 let. a LTF , de sorte que cette disposition limite sa qualité pour recourir devant le Tribunal fédéral aux cas dans lesquels le droit fédéral le prévoit. 3.2.3 En vertu de l' art. 101 LACI , et en dérogation à l' art. 58 al. 1 LPGA (RS 830.1), les décisions et les décisions sur recours du SECO ou de l'organe de compensation de l'assurance-chômage (administré par le SECO: art. 83 al. 3 LACI ), peuvent faire l'objet d'un recours devant le Tribunal administratif fédéral. L' art. 102 LACI prévoit par ailleurs que le SECO a qualité pour recourir devant les tribunaux cantonaux des assurances contre les décisions des autorités cantonales, des offices régionaux de placement et des caisses (al. 1). Le SECO a en outre la qualité pour recourir "devant le Tribunal fédéral des assurances contre les décisions des tribunaux cantonaux des assurances" (al. 2; en allemand: "Gegen Entscheide des kantonalen BGE 136 V 106 S. 110 Versicherungsgerichts [...] zur Beschwerde vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht berechtigt"; en italien: "Contro le decisioni dei tribunali cantonali delle assicurazioni [...] hanno diritto di ricorrere davanti al Tribunale federale delle assicurazioni"). 3.2.4 La loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) est entrée en vigueur le 1 er janvier 2007, abrogeant et remplaçant la loi fédérale d'organisation judiciaire du 16 décembre 1943 (OJ; RS 3 521). Elle a consacré l'intégration de deux tribunaux fédéraux (Tribunal fédéral et Tribunal fédéral des assurances) en un seul (Tribunal fédéral). Le maintien, à l' art. 102 LACI , de la désignation du Tribunal fédéral des assurances, plutôt que du Tribunal fédéral, comme autorité de recours contre les jugements des tribunaux cantonaux des assurances résulte manifestement d'un simple oubli du législateur d'adapter la loi aux modifications de l'organisation judiciaire fédérale entrées en vigueur le 1 er janvier 2007. Nonobstant le texte légal, le SECO dispose bien de la qualité pour recourir devant le Tribunal fédéral contre les jugements rendus dans le domaine de l'assurance-chômage par les tribunaux cantonaux des assurances. 3.2.5 L' art. 102 al. 2 LACI n'attribue pas explicitement au SECO la qualité pour recourir contre un jugement rendu par le Tribunal administratif fédéral dans le domaine de l'assurance-chômage. Dans ses trois versions linguistiques, cette disposition ne mentionne que les jugements rendus par les tribunaux cantonaux des assurances. Contrairement au maintien de la référence au Tribunal fédéral des assurances comme autorité de recours, il ne s'agit pas là d'une simple inadvertance. La teneur actuelle de l' art. 102 al. 2 LACI découle d'une modification de cette disposition entrée en vigueur avec la LPGA, le 1 er janvier 2003. A l'époque, la Commission de recours du Département fédéral de l'économie ("Commission de recours DFE") était l'instance de recours contre les décisions du SECO ou de l'organe de compensation de l'assurance-chômage ( art. 101 let . c LACI, dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002; RO 1992 325, 2000 189). Ses décisions pouvaient faire l'objet d'un recours au Tribunal fédéral des assurances ( art. 101 let . d LACI, dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002). La qualité pour recourir contre les décisions des autorités cantonales de recours ou de la Commission de recours DFE était reconnue de manière générale à celui qui était touché par la décision et avait un intérêt digne de protection à ce qu'elle soit BGE 136 V 106 S. 111 annulée ou modifiée ( art. 102 al. 1 LACI , dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002 [RO 1982 2218]; cf. également art. 103 let. a OJ ). L' art. 102 al. 2 LACI (dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002) attribuait par ailleurs au SECO la qualité pour recourir devant le Tribunal fédéral des assurances contre les décisions desautorités cantonales de recours.En revanche, il ne lui attribuait pas de qualité particulière pour recourir contre les jugementsde la Commission de recours DFE. Le cas échéant, il incombait auDépartement fédéral de l'économie, et non au SECO, de saisir le Tribunal fédéral des assurances, conformément à l' art. 103 let. b OJ . La modification de l' art. 102 LACI , introduite avec l'entrée en vigueur de la LPGA, le 1 er janvier 2003, n'avait pas pour objectif de modifier, dans l'assurance-chômage, les voies de droit qui existaient à l'époque, mais uniquement de supprimer de cette disposition les références aux voies de droit désormais régies par la LPGA; il s'agissait donc uniquement d'adaptations formelles de la LACI à la LPGA (Message du 7 novembre 2001 relatif à la modification de l'annexe de la loi fédérale sur la partie générale du droit des assurances sociales [Révision del'annexe de la LPGA]; FF 2002 787 ch. 2.3.2.4).Il s'ensuit que l' art. 102 al. 2 LACI ne fondait pas, tant dans sa version en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002 que dans celle en vigueur depuis le 1 er janvier 2003, la qualité du SECO pour recourir devant le Tribunal fédéral des assurances contre les décisions de la Commission de recours DFE en matière d'assurance-chômage. On ne saurait déduire le contraire de l'arrêt C 115/06 du 4 septembre 2006 (cf. consid. 3.1 ci-avant), en l'absence de toute indication relative aux motifs pour lesquels cette qualité pour recourir avait été admise. L'attribution des compétences de la Commission de recours DFE au Tribunal administratif fédéral, dans le cadre de la réforme de l'organisation judiciaire fédérale entrée en vigueur le 1 er janvier 2007, n'a pas entraîné de modification de l' art. 102 al. 2 LACI . Il n'y a donc aucun motif d'admettre, contrairement au texte de l' art. 102 al. 2 LACI , qu'il attribuerait désormais au SECO la qualité pour interjeter un recours en matière de droit public contre les jugements du Tribunal administratif fédéral. 4. Vu ce qui précède, le recours en matière de droit public interjeté par le SECO n'est pas recevable. On cherche en vain une disposition de droit fédéral qui fonderait la qualité du SECO pour recourir au sens de l' art. 89 al. 2 let. a LTF . Le SECO n'en cite aucune. Il n'y a BGE 136 V 106 S. 112 par ailleurs pas lieu de lui impartir un délai pour produire une procuration du Département fédéral de l'économie - qui aurait été compétent pour recourir - dès lors que le SECO a clairement indiqué agir en son propre nom et non pas en qualité de représentant de ce département (cf. ATF 127 V 149 consid. 1d p. 153).
null
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2,010
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CH_BGE_007
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f931af10-28fb-4723-94ba-6cb92d35965b
Urteilskopf 105 IV 291 74. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Oktober 1979 i.S. Z. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB . Bedingter Strafvollzug bei Fahren in angetrunkenem Zustand. Ein Motorfahrzeugführer, der in angetrunkenem Zustand einen Unfall verursacht, ist gewarnt. Fährt er trotzdem weiter, kann er in der Regel nicht den bedingten Strafvollzug beanspruchen mit der Begründung, er habe sich erst unter dem Einfluss des Alkohols ans Steuer gesetzt.
Erwägungen ab Seite 291 BGE 105 IV 291 S. 291 Aus den Erwägungen: 2. a) Nach ständiger Rechtsprechung darf angetrunkenen Motorfahrzeugführern der bedingte Strafvollzug nur mit grosser Zurückhaltung gewährt werden. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass die Fahrtüchtigkeit schon durch geringe BGE 105 IV 291 S. 292 Mengen Alkohol beeinträchtigt wird. Wer sich unbekümmert darum angetrunken ans Steuer setzt und damit in Kauf nimmt, Leben und Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer erheblichen Gefahren auszusetzen, bekundet in der Regel mangelndes Verantwortungsbewusstsein, das auf einen Charakterfehler schliessen lässt ( BGE 100 IV 9 , 134, BGE 98 IV 160 mit Verweisungen). Das darf aber nicht zu einer systematischen Verweigerung des bedingten Strafvollzugs führen, für dessen Gewährung spezialpräventive Gründe im Vordergrund stehen ( BGE 98 IV 160 , BGE 91 IV 60 ). Vielmehr müssen auch beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand neben den Tatumständen das Vorleben und alle weiteren Umstände, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen, in die Beurteilung miteinbezogen werden, um auf Grund einer Gesamtwürdigung darüber zu entscheiden, ob der Verurteilte für dauerndes Wohlverhalten Gewähr biete oder nicht ( BGE 104 IV 38 E. 3, BGE 101 IV 8 E. 2, BGE 100 IV 10 E. 1). b) Besonders belastet erscheint in der Regel ein Angeklagter, der alkoholische Getränke konsumiert, obwohl er weiss, dass er sich nachher ans Steuer setzen wird ( BGE 101 IV 8 E. 2, BGE 98 IV 162 E. 3). Das bedeutet indessen nicht, dass derjenige, der sich erst in angetrunkenem Zustand zum Führen eines Motorfahrzeuges entschliesst, sich ohne weiteres auf den enthemmenden Einfluss des Alkohols berufen könne. Dazu ist zusätzlich etwa erforderlich, dass der Betreffende sich unter unvorhergesehenen Umständen, die eine gewisse Zwangslage begründen, zur Fahrt entschliesst oder dass er sich in einem Zustand befindet, der ihn die Tragweite seines Handelns nicht mehr erkennen lässt. Umgekehrt kann ihn belasten, wenn er die Abmahnung Dritter missachtet ( BGE 97 IV 38 f.) oder wenn ihn besondere Umstände auch in diesem Zustande vom Führen des Motorfahrzeuges hätten abhalten müssen. Überhaupt können bei der Prognose des künftigen Verhaltens eines Fahrzeugführers, der sich erst im Zustand der Angetrunkenheit zur Fahrt entschlossen hat, alle erheblichen Umstände sowie das Vorleben mitberücksichtigt werden. 3. Ob Vorleben, Charakter und Tatumstände erwarten lassen, der Täter werde sich, wenn ihm der bedingte Strafvollzug gewährt wird, wohlverhalten, ist weitgehend Ermessensfrage. Der Kassationshof greift in diesen Entscheid nur ein, wenn der BGE 105 IV 291 S. 293 Sachrichter von unrichtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist oder das ihm zustehende Ermessen überschritten hat ( BGE 101 IV 329 , BGE 100 IV 194 ). Die Vorinstanz ist bei ihrem Entscheid von zutreffenden Kriterien ausgegangen. Das sonst gute Verhalten des Beschwerdeführers und die von der Verteidigung eingelegten amtlichen Berichte hat sie berücksichtigt. Es ist ihr nicht entgangen, dass die beiden früheren Verurteilungen wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand mehr als 10 Jahre zurückliegen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers musste der Kantonsgerichtsausschuss diese beiden Schuldsprüche nicht völlig ausser acht lassen und Z. nicht wie einen Ersttäter behandeln; weder in den vom Beschwerdeführer herangezogenen BGE 104 IV 38 E. 3 und BGE 101 IV 9 , noch in andern Entscheiden hat der Kassationshof den Grundsatz aufgestellt, dass ein angetrunkener Fahrer einem Ersttäter gleichgestellt werden müsse, wenn die letzte Verurteilung mehr als 10 Jahre zurückliege. Ein solcher Grundsatz liesse sich schon deshalb nicht aufstellen, weil nicht völlig bedeutungslos sein kann, wieviele Verurteilungen vor mehr als 10 Jahren erfolgten. Abgesehen davon durfte die Vorinstanz im vorliegenden Fall auch das polizeiliche Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1976 berücksichtigen, in welchem bei Z. ein Blutalkoholgehalt von 0,71 Gewichtspromille ermittelt worden war. Auch jener Vorfall hätte dem Beschwerdeführer eine Warnung vor den Folgen des Fahrens in angetrunkenem Zustand sein müssen (vgl. nicht publiziertes Urteil des Kassationshofes vom 12. November 1976 i.S. L. c. GR). Spätestens nach der Kollision mit dem parkierten Wagen wusste der Beschwerdeführer, wie er gegenüber den kantonalen Behörden zugab, dass er nicht mehr imstande war, ein Motorfahrzeug sicher zu führen. Der Unfall hatte Z. die Gefahren des Fahrens in angetrunkenem Zustand drastisch vor Augen geführt. Er kann sich daher nicht darauf berufen, dass er, als er sich erneut ans Steuer setzte, um nach Valchava zu fahren, infolge des enthemmenden Einflusses des Alkohols die Gefährlichkeit seines Tuns nicht erkannt habe. Schliesslich hat die Vorinstanz auch die Einsichtslosigkeit des Beschwerdeführers, die sowohl in seiner Handlungsweise nach dem Unfall wie auch in seinen Äusserungen gegenüber Drittpersonen, unter ihnen dem Untersuchungsrichter, zum Ausdruck kommt, richtig gewertet. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass dieses Verhalten auf einen unfallbedingten BGE 105 IV 291 S. 294 schockartigen Eindruck und auf seine Alkoholisierung zurückzuführen sei, wie Z. heute behauptet.
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nan
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1,979
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f936bb04-d298-474c-b47a-2c74cb94da35
Urteilskopf 94 I 111 18. Urteil vom 6. März 1968 i.S. X gegen Einwohnergemeinde A und Rekurskommission des Kantons Zug.
Regeste Wertzuwachssteuer, Enteignung Umfang der bundesgerichtlichen Prüfungsbefugnis (Erw. 3). Die Eigentumsgarantie als Grenze der Besteuerung; Frage offen gelassen, da die Voraussetzungen für die Annahme einer sog. konfiskatorischen Besteuerung hier ohnehin fehlen (Erw. 4a). Art. 92 EntG hindert nicht, auf der Expropriationsentschädigung eine Wertzuwachssteuer zu erheben (Erw. 4b). Auslegung der einschlägigen Vorschriften eines Gemeindesteuerreglements ist mit Art. 4 BV vereinbar (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 112 BGE 94 I 111 S. 112 A.- Nach § 125 des zugerischen Gesetzes über die Kantons- und Gemeindesteuern vom 7. Dezember 1946 können die Einwohnergemeinden unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Regierungsrat u.a. Grundstückgewinnsteuern beschliessen. Die Einwohnergemeinde A. erliess demgemäss am 9. September 1960 ein Reglement über die Grundstückgewinnsteuer, welches der Regierungsrat des Kantons Zug am 21. November 1960 genehmigte. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles sind namentlich die folgenden Vorschriften des genannten Reglementes von Bedeutung: "§ 3 Die Grundstückgewinnsteuer wird auf den Gewinnen erhoben, die sich bei der Handänderung der in der Gemeinde gelegenen Grundstücke oder Anteilen von Grundstücken ergeben. Handänderungen an Grundstücken sind gleichgestellt: a) ... b) die Belastung von Grundstücken mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten oder öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen, sofern diese die unbeschränkte Bewirtschaftung oder Veräusserung der Grundstücke wesentlich beeinträchtigen und die Belastung gegen Entgelt erfolgt. § 8 Grundstückgewinn ist der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten übersteigt. Die Anlagekosten ergeben sich aus dem Erwerbspreis und den Aufwendungen. ..." B.- X. ist Eigentümer der 64'165 m2 haltenden, in A. gelegenen Parzelle Nr. 53. Auf dem Wege der Enteignung erhielten das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) und die Nordostschweizerischen Kraftwerke AG in Baden (NOK) zulasten der Parzelle Nr. 53 das Durchleitungsrecht für die Dauer von 50 Jahren in folgendem Umfang eingeräumt: - Recht zur Erstellung, Beibehaltung und zum Betrieb einer 220 kV-Leitung und zur Überspannung des Grundstückes Nr. 53 auf eine mittlere Länge von 254 m mit einer Leitung, bestehend aus 6 Bündelleitern und einem Erdseil; BGE 94 I 111 S. 113 - ichtung einer Bauverbotszone zulasten des ganzen leitungsbelasteten Streifens (beidseitiger Abstand des äussersten Drahtes des Bündelleiters von der Leitungsachse je 7,5 m sowie beidseitiger Schutzstreifen von je 5 m), d.h. in einer Breite von 25 m über einer Grundfläche von 6'150 m2; - Pflanzungsverbot für Bäume, welche näher als bis auf 4 m an die untersten Leiter heranwachsen können und Verpflichtung des Grundeigentümers, höher herangewachsene Bäume ohne Aufforderung zurückzuschneiden, sowie Recht des Werkes, die Zurückschneidung oder Entfernung solcher Bäume selbst zu besorgen, sofern der Grundeigentümer einer entsprechenden Aufforderung nicht rechtzeitig nachkommt; - Recht der Enteignerinnen, das belastete Grundstück und die dazu führenden Wege jederzeit durch ihre Beauftragten für den Bau und Betrieb der Leitung gegen Vergütung des Kulturschadens betreten und befahren zu lassen. Die X. für die Einräumung der genannten Rechte zukommende Entschädigung setzte die staatsrechtliche Kammer des Schweiz. Bundesgerichtes mit Urteil vom 16. Dezember 1964 letztinstanzlich wie folgt fest: Bauverbot auf 6'150 m2 für 50 Jahre Fr. 120'000.-- Minderwert von 21'000 m2 für 50 Jahre ... Fr. 79'800.-- Insgesamt Fr. 199'800.-- C - In ihrem Einschätzungsvorschlag vom 26. Mai 1967 setzte die Steuerkommission A. den aus der oben genannten Enteignungsentschädigung herrührenden Grundstückgewinn auf Fr. 181'140.-- (Fr. 199'800.-- abzüglich Anlagekosten im Betrage von Fr. 18'660.--) an und errechnete einen Steuerbetrag von Fr. 16'351.50. Auf Einsprache des X. hin bestätigte die Steuerkommission ihre Steuerberechnung mit Beschluss vom 28. Juni 1967. Diesen zog der Steuerpflichtige an die kantonale Steuer-Rekurskommission (RK) weiter. Er machte namentlich geltend, es fehle an den gesetzlichen Voraussetzungen zur Erhebung einer Grundstückgewinnsteuer. Einmal habe er keinen Gewinn realisiert, sondern einen zukünftigen Schaden gedeckt erhalten. Sodann sei auch das in § 3 lit. b des Reglementes aufgestellte Erfordernis der wesentlichen BGE 94 I 111 S. 114 Beeinträchtigung der unbeschränkten Bewirtschaftung oder Veräusserung der Liegenschaft nicht gegeben. Die RK hat den Rekurs des X. am 17. November 1967 abgewiesen. Sie legte ihrem Entscheid den § 3 lit. b des Reglementes zugrunde und führte u.a. aus, weder das Bundesrecht noch das Grundstückgewinnsteuerreglement der Gemeinde A. sähen eine Steuerbefreiung des Enteigneten für den Gewinn aus der zwangsweisen Abtretung von Grundstücken vor. Stichhaltige Gründe für eine Privilegierung des Enteigneten bestünden nicht, da er Anspruch auf Ersatz des Verkehrswertes der Liegenschaft habe. Mit Recht würden auch Entschädigungen für dingliche Belastungen von Grundstücken der Grundstückgewinnsteuer unterworfen, da in Wirklichkeit die Schaffung von entschädigungspflichtigen Bauverboten einer Teilliquidation des Grundeigentums gleichkomme. Wohl verbiete Art. 92 EntG die Erhebung von Handänderungssteuern. Diese Vorschrift beziehe sich aber nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht auf die Grundstückgewinnsteuer. Die Besteuerung des Enteignungsgewinnes verstosse auch nicht gegen den Grundsatz der vollen Entschädigung. Die von § 3 lit. b des Reglementes geforderte wesentliche Beeinträchtigung bestehe darin, dass der Beschwerdeführer in den Überbauungsmöglichkeiten wesentlich eingeschränkt werde. Entgegen seiner Behauptung handle es sich bei der Zahlung von Fr. 199'800.-- nicht um eine Schadensvergütung, sondern um den Ersatz für den durch die öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung entstandenen niedrigeren Verkehrswert der Liegenschaft. Die Wertverminderung müsse als wesentlich bezeichnet werden, sonst hätte das Bundesgericht die Expropriationsentschädigung nicht auf Fr. 199'800.-- festgesetzt. Ob eine Dienstbarkeit zeitlich unbeschränkt oder beschränkt errichtet werde, spiele nach dem Reglement keine Rolle. D.- X. führt staatsrechtliche Beschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, den angefochtenen Entscheid der RK wegen Verletzung der Eigentumsgarantie und des Art. 4 BV aufzuheben. Die einzelnen Rügen und ihre Begründung sind, soweit nötig, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich. E.- Die Steuerrekurskommission des Kantons Zug und die Grundstückgewinnsteuerkommission von A. stellen den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. BGE 94 I 111 S. 115 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Im angefochtenen Entscheid hat die RK die Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerkommission A. abgewiesen und damit festgestellt, dass die dem Beschwerdeführer ausgerichtete Enteignungsentschädigung der Grundstückgewinnsteuer unterliege. Mit der andern, nach den Vorschriften des Enteignungsrechts zu beantwortenden Frage, ob der Enteigner dem Expropriaten auch (allfällige) Wertzuwachssteuern zu ersetzen habe, hatte sich die RK dagegen nicht zu befassen. Soweit die in der Beschwerde erhobene Kritik den angefochtenen Entscheid von dieser Seite her angreift, sich insbesondere mit Urteilen des Bundesgerichts auseinandersetzt, die nicht die Frage der Steuerbarkeit, sondern diejenige des Umfanges der Enteignungsentschädigung betreffen, stösst sie deshalb von vornherein ins Leere. Es ist im vorliegenden Fall lediglich zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer angerufenen verfassungsmässigen Rechte einer Besteuerung der Enteignungsentschädigung entgegenstehen. 2. Dass die angefochtene Besteuerung über eine gesetzliche Grundlage verfüge, bestreitet der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Die erforderliche Grundlage ist in § 125 des zugerischen Steuergesetzes enthalten. Diese Vorschrift ermächtigt die Gemeinden, unter Vorbehalt der regierungsrätlichen Genehmigung Grundstückgewinnsteuern zu beschliessen. Mit ihrem Reglement über die Grundstückgewinnsteuer, auf dessen § 3 lit. b die RK den angefochtenen Entscheid im wesentlichen gestützt hat, machte die Gemeinde A. von der erwähnten Ermächtigung Gebrauch. Der Zuger Regierungsrat hat das Reglement genehmigt. 3. Der Beschwerdeführer hält dafür, die Besteuerung der ihm ausgerichteten Enteignungsentschädigung sei mit der Eigentumsgarantie unvereinbar und ausserdem auch willkürlich. Im Bereiche der Eigentumsgarantie entscheidet das Bundesgericht mit freier Kognition, ob eine Bestimmung des kantonalen oder kommunalen Rechts vor dem genannten Verfassungsgrundsatz standhalte. Geht es dagegen um die Anwendung einer derartigen Vorschrift, so ist der Staatsgerichtshof auf die Willkürprüfung beschränkt (vgl. BGE 93 I 138 E. 4). Eine Ausnahme zugunsten der freien Kognition auch in diesem Falle BGE 94 I 111 S. 116 liesse sich möglicherweise erwägen, wenn eine Expropriationsentschädigung besteuert werden soll, die für die Beschaffung von existenznotwendigem Ersatzland bestimmt ist. Die Frage braucht indessen nicht entschieden zu werden, weil der Beschwerdeführer das Vorliegen solcher Umstände nicht einmal behauptet, geschweige denn dargetan hat. Insoweit die Auslegung von § 3 lit. b des Reglementes durch die RK nach Ansicht des Beschwerdeführers die Eigentumsgarantie verletzt, fällt dieser Vorwurf nach dem Gesagten mit der ebenfalls erhobenen Rüge der Willkür zusammen. 4. a) Im Zusammenhang mit der Rüge, die beanstandete Besteuerung verletze die Eigentumsgarantie, beruft sich der Beschwerdeführer auf den Grundsatz der "vollen Entschädigung" und bringt u.a. vor, die Steuergesetze hätten auf Verfassungsgarantien "nicht nur formell, sondern auch materiell, d.h. in ihrer ganzen Konsequenz Rücksicht zu nehmen"; andernfalls müssten sie als verfassungswidrig und damit als nicht anwendbar gelten. Es liegt nahe anzunehmen, in dieser These sei der Vorwurf enthalten, der § 3 lit. b des Reglementes, auf welchen sich der angefochtene Entscheid zur Hauptsache stützt, verstosse selber gegen die Eigentumsgarantie. Eine solche Rüge ist zulässig, da die Verfassungswidrigkeit eines allgemein verbindlichen Erlasses noch im Anschluss an jeden einzelnen Anwendungsfall geltend gemacht werden kann ( BGE 90 I 79 /80 und 91, BGE 88 I 265 , BGE 86 I 274 mit Verweisungen). Der Vorwurf wäre aber selbst dann unbegründet, wenn man mit der neuern Rechtslehre (vgl. WACKERNAGEL, Über die Steuergerechtigkeit, 1956 S. 16 ff.; IMBODEN, Die verfassungsmässige Gewährleistung des Privateigentums als Schranke der Besteuerung, ASA Bd. 29 S. 2 ff.; ferner H. HUBER, N. 231 zu Art. 6 ZGB ) die Eigentumsgarantie überhaupt als Schranke der Besteuerung betrachten wollte. Die dem Beschwerdeführer auferlegte Grundstückgewinnsteuer beträgt Fr. 16'351.50 und macht, wie in der Beschwerde selber ausgeführt wird, rund 8,2% der Enteignungsentschädigung von Fr. 199'800.-- aus. Unter derartigen Umständen kann von einer sog. konfiskatorischen Besteuerung - nur gegen sie wenden sich die genannten Autoren - nicht gesprochen werden: weder ist jene (lediglich einmal erhobene) Steuer geeignet, in ihrem Ausmass das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers an der Expropriationsentschädigung auszuhöhlen, noch verhindert sie, dass sich auf längere Sicht aus BGE 94 I 111 S. 117 dieser Entschädigung neues Vermögen bilden kann (vgl. IMBODEN a.a.O. S. 10). b) Wie das Bundesgericht in BGE 70 I 303 /4 erkannt hat und auch im Schrifttum angenommen wird (vgl. HESS, Enteignungsrecht des Bundes, Anm. 1 zu Art. 92 EntG ), hindert Art. 92 EntG nicht, auf der Expropriationsentschädigung eine Wertzuwachssteuer zu erheben. Der Beschwerdeführer versucht vergeblich, gegen diese Auffassung anzugehen. Seine Einwände halten einer näheren Prüfung nicht stand. Einmal ist hier belanglos, ob den Äusserungen in der parlamentarischen Beratung als Gesetzesmaterialien für die Auslegung eine entscheidende Bedeutung zukommt oder nicht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurden sie nämlich in BGE 70 I 303 /4 nicht in diesem Sinne verwendet. Der Hinweis auf die Materialien erfolgte dort vielmehr nur, um zu zeigen, dass Art. 92 an der nach dem alten Expropriationsgesetz von 1850 (Art. 44 am Ende) geltenden Rechtslage nichts Wesentliches geändert habe. Das Bundesgericht hatte schon seinerzeit entschieden, aus Art. 44 Expr. G folge nicht, dass dem Enteigneten keine Wertzuwachssteuer auferlegt werden dürfe; eine solche Steuer treffe nicht die Handänderung, sondern die bis zum Enteignungsfall entstandene Wertvermehrung der enteigneten Liegenschaft ( BGE 51 I 358 E. 3). An dieser vom Steuerobjekt her bestimmten wesentlichen Unterscheidung, welche auch BGE 70 I 303 /4 zugrundeliegt und welche der Beschwerdeführer übrigens ausdrücklich anerkennt, muss festgehalten werden. Auf ihr beruhen die beiden Begriffe der "Handänderungssteuer" einerseits und der "Wertzuwachssteuer" (z.B. Grundstückgewinnsteuer) anderseits. Nur auf jene, nicht aber auf diese bezieht sich Art. 92 EntG , wie denn auch der französische Gesetzestext von "droits de mutation" (und nicht von "impôt sur la plus-value"), der italienische von "tasse di mutazione" (und nicht von "imposta sul maggior valore") spricht. Dafür, dass die Mehrzahlform ""Handänderungssteuern" verwendet wurde, liessen sich verschiedene Gründe denken. Ob es mit Rücksicht auf die kantonale Steuerhoheit geschah, welche für jeden Kanton zumindest eine, wohl aber auch mehrere Handänderungssteuern ermöglicht, oder ob rein sprachliche Erwägungen massgebend waren, braucht nicht geprüft zu werden. Unzutreffend im Lichte der oben erläuterten Begriffe ist jedenfalls die Folgerung des Beschwerdeführers, BGE 94 I 111 S. 118 wonach unter den Handänderungssteuern nach Art. 92 EntG auch eine Wertzuwachssteuer zu verstehen sei. Der Hinweis auf den Randtitel der genannten Bestimmung hilft dem Beschwerdeführer ebenfalls nicht. Auch dort ist zwar von "Steuern", nicht aber von Wertzuwachssteuern die Rede. Die Erhebung einer solchen Abgabe auf der Enteignungsentschädigung steht demnach nicht im Widerspruch zum klaren Wortlaut und eindeutigen Sinn von Art. 92 EntG . 5. Es bleibt zu prüfen, ob die RK die massgebenden Bestimmungen des Reglementes, insbesondere den § 3 lit. b, willkürlich angewandt habe. Der Beschwerdeführer bejaht dies. Zwar bestreitet er nicht, dass es sich beim Durchleitungsrecht, welches seine Liegenschaft belastet, um eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung handelt und diese Belastung gegen Entgelt erfolgt. Vielmehr hält er den § 3 lit. b deshalb für nicht anwendbar, weil weder eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne dieser Vorschrift noch ein Gewinn vorliege. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hat die RK, welche die genannten Voraussetzungen als erfüllt betrachtete, damit den Art. 4 BV verletzt. Auch diese Rüge ist indessen unbegründet. a) Einmal verlangt § 3 lit. b des Reglementes für die Besteuerung nicht, dass die öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung sowohl die unbeschränkte Bewirtschaftung als auch die unbeschränkte Veräusserung der Liegenschaft wesentlich beeinträchtige. Vielmehr genügt es nach dem Wortlaut ("Bewirtschaftung oder ... Veräusserung"), wenn eine jener beiden Verwendungsmöglichkeiten in der genannten Weise erschwert wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist nun die dem Wortlaut entsprechende Auslegung, abgesehen von hier nicht angerufenen Ausnahmen, mit Art. 4 BV vereinbar. Willkür liegt deshalb nicht schon darin, dass die RK nur auf eine der beiden in § 3 lit. b erwähnten Voraussetzungen abstellte. Es frägt sich lediglich, ob sie deren Vorliegen mit haltbaren Gründen annehmen durfte. Die Frage ist zu bejahen. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer während 50 Jahren einen Landstreifen von 6'150 m2 überhaupt nicht überbauen darf und weitere 21'000 m2 nicht mehr so, wie wenn die seinem Grundstück auferlegte Belastung nicht bestünde. Er ist deshalb unbestrittenermassen in den Überbauungsmöglichkeiten eingeschränkt, wie das die RK denn auch zu Recht angenommen hat. Daraus zu schliessen, die unbeschränkte Veräusserung werde wesentlich beeinträchtigt, BGE 94 I 111 S. 119 verstösst unter solchen Umständen auch dann nicht gegen Art. 4 BV , wenn man mit dem Beschwerdeführer die effektiv betroffene Fläche zu derjenigen des ganzen Grundstücks in Beziehung setzt. Diese Folgerung lässt sich unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür umso weniger beanstanden, als der Beschwerdeführer, worauf die RK zutreffend hinweist, im Enteignungsverfahren eine Entschädigung von nahezu Fr. 200'000.-- erhalten hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers vermag auch die Tatsache, dass das Durchleitungsrecht nur für 50 Jahre begründet wurde, die dem angefochtenen Entscheid zugrundeliegende Auslegung nicht als willkürlich erscheinen zu lassen. § 3 lit. b spricht von einer Belastung schlechthin und schliesst jedenfalls eine zeitliche Begrenzung nicht ausdrücklich aus. Unbehelflich ist sodann der in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf verschiedene Stellen des Urteils, in welchem das Bundesgericht die Enteignungsentschädigung festsetzte. Dies schon deshalb, weil Erwägungen, die zur Lösung einer enteignungsrechtlichen Frage angestellt worden sind, die Steuerbehörden nicht zu binden vermögen. b) Die RK ist aber auch nicht deswegen der Willkür verfallen, weil sie das Vorliegen eines steuerbaren Gewinnes bejaht hat. Ob man die ausgerichtete Entschädigung mit dem Beschwerdeführer als Schadensvergütung oder aber - nach der Formulierung des angefochtenen Entscheides - als "Ersatz für den durch die öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung entstandenen niedrigeren Verkehrswert der Liegenschaft" bezeichnen will, ist belanglos. Das Reglement sagt nämlich in seinem § 8 selber, was es unter dem Begriff des "Grundstückgewinns" verstanden wissen möchte. Der Beschwerdeführer tut indessen nicht dar, inwiefern das Abstellen auf jene Vorschrift oder die ihr durch die kantonale Instanz gegebene Auslegung mit Art. 4 BV unvereinbar sein soll. Mit der blossen Behauptung, die Gewinnermittlung des angefochtenen Entscheides beruhe auf einer "unbrauchbaren, wirklichkeitsfremden Theorie", ist es nicht getan. Der Entscheid der RK steht mithin im Einklang mit dem Willkürverbot. Die Richtigkeit der Steuerberechnung an sich hat der Beschwerdeführer nicht bestritten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 112 II 422 68. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 4 décembre 1986 dans la cause société en nom collectif Z. et consorts contre Autorité de surveillance du registre foncier du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Öffentlichkeit des Grundbuches ( Art. 970 ZGB ). Die öffentliche Bekanntmachung des Kaufpreises und der Parteien bei jeder zwischen Privatpersonen erfolgten Mutation eines im Kanton Genf gelegenen Grundstückes entspricht nicht dem Zweck des Grundbuches. Für eine solche Veröffentlichung ist kein relevantes persönliches, spezielles, konkretes und aktuelles Interesse gegeben. Sie ist daher bundesrechtswidrig.
Sachverhalt ab Seite 422 BGE 112 II 422 S. 422 A.- Le 30 septembre 1985, X., Y. et la société en nom collectif Z. ont vendu un immeuble sis à Genève à la société anonyme E. pour la somme de 52'600'000 fr. A la requête du notaire M. qui avait instrumenté l'acte de vente, le Conservateur du registre foncier de Genève a été invité à ne pas publier la vente dans la Feuille d'avis officielle cantonale, "ceci à la demande des parties et pour des raisons de sécurité personnelle". Cette requête a été rejetée. B.- Par arrêt du 18 décembre 1985, l'Autorité de surveillance du registre foncier du canton de Genève a rejeté le recours des vendeurs contre la décision du Conservateur. L'autorité cantonale BGE 112 II 422 S. 423 a estimé qu'il ne lui appartenait pas de remettre elle-même en question le bien-fondé de l'art. 69 du Règlement cantonal du 26 novembre 1916 sur le registre foncier qui prévoit la publication des mutations de la propriété immobilière, à l'exception des transactions concernant l'Etat de Genève, les communes et toutes les institutions de droit cantonal et communal, la publication portant notamment sur l'identité des parties et le prix de vente. C.- Les vendeurs et le notaire M. exercent un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. Ils concluent à l'annulation de la décision de l'autorité cantonale de surveillance en invoquant l'invalidité de l'art. 69 du Règlement cantonal sur le registre foncier au regard du droit fédéral. L'effet suspensif a été octroyé au recours. L'autorité intimée conclut au rejet du recours, alors que le Département fédéral de justice et police en propose l'admission. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le notaire M. se porte recourant "à toutes fins utiles". Il n'a pas qualité à cet effet, au sens de l' art. 103 lettre a OJ , car il n'est présenté que comme la personne mandatée par les autres recourants pour instrumenter la vente et habilitée à Genève pour en requérir l'inscription sur le registre foncier (art. 91 LACC gen.). 3. a) Les recourants requièrent le Tribunal fédéral de constater l'invalidité de l'art. 69 du règlement genevois sur le registre foncier, du 24 novembre 1916. Un tel contrôle principal de la norme cantonale eût dû être demandé par un recours de droit public et à temps, dans le délai légal dès la publication du règlement. Ce chef de conclusions est donc irrecevable. L'annulation de la règle cantonale n'est plus possible; seul l'est un contrôle incident, à l'occasion de l'examen de la décision attaquée. 4. a) L' art. 970 CC régit exhaustivement, pour assurer l'application uniforme du droit matériel, la publicité foncière sous l'angle du droit privé, en vertu de l' art. 64 Cst. , quand bien même la création et l'organisation du registre foncier ressortiraient au droit public. Certes, les cantons peuvent établir des règles complémentaires ( art. 52 al. 1 Tit.fin. CC , in fine). C'est ainsi qu'ils sont habilités notamment à régler la qualité des autorités cantonales pour consulter le registre foncier, question réservée par l' art. 6 CC . Il va de soi que l'institution du droit fédéral doit aussi pouvoir servir BGE 112 II 422 S. 424 des intérêts publics, auxquels seuls pourvoit la collectivité publique, par exemple dans les lois de procédure et le droit administratif et fiscal. A ces fins, l'administration cantonale et communale peut se renseigner. Mais le législateur cantonal ne saurait édicter des dispositions contraires à l' art. 970 CC (cf. ATF 110 II 48 consid. c, ATF 104 Ia 108 consid. 4a). En effet, de par la force dérogatoire du droit fédéral, proclamée à l'art. 2 Disp. trans. Cst., le droit fédéral prime d'emblée et toujours le droit cantonal dans les domaines que la Constitution ou un arrêté fédéral urgent place dans la compétence de la Confédération et que celle-ci a effectivement réglementés. Les règles cantonales qui seraient contraires au droit fédéral, notamment par leurs buts ou par les moyens qu'elles mettent en oeuvre, doivent ainsi céder le pas devant le droit fédéral. Ce principe n'exclut toute réglementation cantonale que dans les matières que le législateur fédéral a entendu régler de façon exhaustive; les cantons restent compétents pour édicter, quand tel n'est pas le cas, des dispositions de droit public dont les buts et les moyens envisagés convergent avec ceux que le droit fédéral prévoit (cf. ATF 109 Ia 67 consid. 2a, ATF 101 Ia 506 consid. 2b). Si donc, dans les domaines régis en principe par le droit civil fédéral, les cantons conservent la compétence d'édicter des règles de droit public en vertu de l' art. 6 CC , c'est à condition que le législateur fédéral n'ait pas entendu régler une matière de façon exhaustive, que les règles cantonales soient motivées par un intérêt public pertinent et qu'elles n'éludent pas le droit civil fédéral, ni n'en contredisent le sens ou l'esprit ( ATF 109 Ia 66 consid. 2a, ATF 102 Ia 540 , ATF 101 Ia 505 /506 consid. 2b et les arrêts cités). Le Tribunal fédéral examine librement cette conformité au droit privé fédéral, comme aussi le respect de la Constitution, dont son art. 4 et les principes qui en ont été déduits par la jurisprudence. b) En vertu de l'art. 105 de la loi d'application du code civil du 3 mai 1911, le Conseil d'Etat du canton de Genève a édicté le 24 novembre 1916 un règlement général sur le registre foncier, qui se fonde aujourd'hui sur une nouvelle loi d'application, du 7 mai 1981 (art. 93). Outre les art. 50 à 52, qui complètent l' art. 970 CC , ce règlement contient un art. 69, qui reprendrait une pratique antérieure à l'entrée en vigueur du code civil: "Le conservateur publie chaque semaine, dans la Feuille d'avis officielle, la liste des mutations de la propriété immobilière inscrites au registre foncier, à l'exclusion des transactions concernant l'Etat de BGE 112 II 422 S. 425 Genève, les communes et toutes les institutions relevant du droit public cantonal et communal. La publication indique la date de l'inscription, la désignation sommaire des parties et des immeubles, ainsi que le prix. Les frais de publication sont à la charge des parties requérantes." 5. Applicable aussi à des institutions cantonales tenant lieu de registre foncier ( ATF 97 I 699 consid. 6aa), l' art. 970 CC en règle la publicité. Le registre foncier donne l'état des droits sur les immeubles ( art. 942 al. 1 CC ); ses inscriptions créent la présomption du droit réel et sont en principe nécessaires pour la constituer; elles fondent enfin la protection de l'acquéreur de bonne foi ( art. 973 CC ). Pour remplir ces fonctions, le registre doit en principe être public, du moins pour les personnes intéressées au statut des immeubles, qui sera réputé connu ( art. 970 al. 3 CC ). Il n'y a pas de difficulté si le propriétaire consent à la consultation ou si la personne concernée par une inscription en demande un extrait ( art. 967 al. 2 CC ). a) Le texte légal de cette disposition, dans son al. 2, restreint la publicité subjectivement et objectivement, ainsi que sa procédure et ses modalités. Quiconque justifie d'un intérêt a le droit de se faire communiquer en présence d'un fonctionnaire du bureau les feuillets spéciaux qu'il désigne, avec les pièces justificatives, ou de s'en faire délivrer des extraits ( art. 970 al. 2 CC ). Il faut donc justifier d'un intérêt, concernant des feuillets spéciaux qui doivent être désignés (cf. ATF 97 I 701 consid. 6bb); l'on ne peut en principe que se renseigner en présence d'un fonctionnaire ou se faire délivrer des extraits. Au cours de l'élaboration du code, des experts de la commission songèrent même à biffer l'al. 1, pour marquer le caractère relatif de la publicité, alors traitée fort différemment dans les cantons, et la nécessité de restreindre la consultation des pièces justificatives, dans l'intérêt des personnes qu'elles concernent (REY, Zur Öffentlichkeit des Grundbuchs, RNRF 1984, p. 75/76). On peut d'emblée se demander si un canton peut, comme en l'espèce, par la voie d'une publication officielle destinée à tous les citoyens, renseigner d'office le public, c'est-à-dire les privés, sans qu'il y ait requête ni justification d'un intérêt particulier, fût-ce pour l'utilité de larges milieux de la population, voire de l'économie régionale. Dans sa plus grande généralité, la question peut demeurer indécise. Il n'est pas exclu qu'un libre accès puisse BGE 112 II 422 S. 426 être ainsi réservé aux données relatives à la description de l'immeuble au sens étroit, qui ne participent pas aux effets du registre, mais sont néanmoins publiques (par exemple les numéros du feuillet ou de la parcelle, le nom de la commune, la désignation du lieu - lieu-dit, nom de la rue, etc. - le numéro du plan, la surface, le type de culture, les bâtiments, éventuellement le numéro de l'assurance et la somme assurée, l'estimation officielle et cadastrale, la charge maximale, ainsi que les mentions de restrictions de droit public à la propriété foncière; cf. JAAC 1980 p. 550 ch. 8). Mais, dans la présente espèce, il s'agit essentiellement d'autres données, qui sont contenues dans les pièces justificatives et ressortissent aux rapports d'obligations entre les parties à la mutation de la propriété immobilière. b) Si le registre foncier est en principe public ( art. 970 al. 1 CC ), encore faut-il donc, pour le consulter, justifier d'un intérêt ( art. 970 al. 2 CC ), qui doit être légitime. Pour le titulaire d'un droit réel ou le bénéficiaire d'un droit personnel annoté ou d'une mention, il est juridique, et cela suffit. Mais un intérêt de fait justifie aussi la consultation lorsqu'il correspond à la fonction du registre, lequel sert à donner connaissance des droits réels sur les immeubles ( ATF 111 II 50 consid. 2, ATF 109 II 209 consid. 3 et les références). Cet intérêt confère un droit personnel ( ATF 97 I 699 consid. 6a), dans la mesure où il est nécessaire de se renseigner. Il peut être économique, scientifique, esthétique, personnel ou familial, mais non, par exemple, celui d'un simple curieux. La notion d'intérêt légitime ressortit à l'appréciation selon les règles du droit et de l'équité ( art. 4 CC ). Cet intérêt ne doit pas relever de l'information générale, car précisément le registre foncier n'est pas une source accessible à tous, puisque sa consultation est subordonnée à la justification d'un intérêt légitime. Il doit mériter d'être juridiquement protégé en raison de la fonction du registre et des buts visés par le requérant ( ATF 109 II 209 ). Dans la balance des intérêts en présence, il doit l'emporter sur ceux des titulaires de droits réels, exigence décisive lorsqu'il s'agit des pièces justificatives (REY, op.cit., p. 82). S'il est public, il appartient à l'autorité de le faire valoir ( ATF 111 II 50 consid. 3). Si la loi se réfère à un immeuble donné, qu'il faut désigner (al. 2), il s'ensuit que le requérant doit en principe pouvoir alléguer un intérêt spécial, concret et actuel par rapport à un ou plusieurs immeubles déterminés ("eine qualifizierte Bezugsnähe"; REY, BGE 112 II 422 S. 427 op.cit., p. 80/81). C'est ainsi que le but général d'une entreprise - et a fortiori de plusieurs ou de toutes celles d'un marché donné - ne permet pas de s'adresser au Conservateur pour connaître, par exemple, la situation financière des personnes inscrites; de même, ce fonctionnaire ne saurait informer régulièrement une banque de toutes les transactions immobilières dans son arrondissement (DESCHENAUX, le registre foncier, Traité de droit privé suisse, vol. V, t. II 2, p. 139 et les références). Quiconque peut, en vertu d'un titre d'acquisition, obtenir d'être inscrit comme propriétaire ou acquéreur d'un droit réel, ou d'un autre rapport juridique "révélable" par le registre, est habilité à consulter le feuillet de l'immeuble et les documents complémentaires. Mais doctrine et jurisprudence vont plus loin. Ainsi, la sauvegarde de droits personnels, même futurs, peut être légitime, si le requérant établit en fait ou rend vraisemblable qu'ils sont actuellement menacés et/ou que la solvabilité du tiers dépend de ses biens immobiliers ( ATF 109 II 210 consid. 3). c) Objectivement, la publicité s'étend à ce qui fait partie du registre foncier, à savoir le grand livre, le journal et les documents complémentaires: plan, rôle et état descriptif, ainsi que les pièces justificatives en relation avec une opération dans les livres ( art. 942 al. 2 CC ; ATF 56 II 89 et 177). Les registres accessoires, qui n'ont qu'une fonction auxiliaire, ne sont en principe pas sujets à consultation, à moins qu'ils ne contiennent des informations qui n'ont pas trouvé place au grand livre (art. 66 al. 2, 74 al. 3 et 108 ORF). La consultation n'est toutefois permise que s'il existe un intérêt légitime corrélatif de la fonction du registre, laquelle en définit dès lors aussi l'étendue. Le requérant ne peut prétendre connaître un document foncier que dans la mesure où l'exige la sauvegarde de son intérêt reconnu ( ATF 97 I 702 ; RNRF 1982 p. 281), sauf peut-être l'identité du propriétaire, qui est même parfois publiée (JAAC 1980, p. 552 ch. 10). Ainsi, une pièce justificative peut être consultée pour connaître l'étendue d'une servitude, mais non le prix d'acquisition d'un immeuble ( ATF 83 II 125 , ATF 87 I 315 ; cf. l'opinion de l'autorité schwyzoise rapportée dans l' ATF 109 II 317 ). Ce qui est en cause en l'espèce, c'est la publication officielle de données - dont le prix - qui se trouvent dans les pièces justificatives et ne sont pas destinées à préciser le contenu d'un droit inscrit au grand livre (art. 738 al. 2 et 971 al. 2 CC; ATF 56 BGE 112 II 422 S. 428 II 89 et 177), à savoir les éléments essentiels de toutes les mutations de la propriété immobilière (à l'exclusion toutefois des transactions concernant l'Etat de Genève, les communes et les institutions relevant du droit public cantonal). Or les conditions auxquelles des opérations sont effectuées sur le registre, en particulier les contre-prestations des droits ainsi créés, ne sont pas de nature à informer sur le statut juridique des immeubles, mais constituent des clauses conventionnelles qui ne déploient que des effets personnels et ne concernent donc que les parties contractantes ou leurs ayants cause (DESCHENAUX, op.cit., p. 143 in fine, et les références; JAAC 1980 p. 552 ch. 9 et 10; RNRF 1960 p. 121 ss; cf. aussi LIVER, RJB 1985 p. 134 et l'opinion du Département fédéral rapportée dans l' ATF 109 II 317 ). d) Celui qui invoque un intérêt légitime doit en "justifier" ( art. 970 al. 2 CC ). Il ressort des textes allemands (glaubhaft machen) et italien (rendere verosimile) que le législateur se contente de la vraisemblance. Il n'en demeure pas moins que le requérant doit apporter les éléments concrets qui rendent plausible l'intérêt qu'il allègue ( ATF 59 I 253 ). 6. En l'espèce, la publicité porte sur les transactions immobilières, leurs auteurs, leurs dates et leur prix. Ce ne sont pas là des données auxquelles tout un chacun aurait de soi libre accès, vu leur nature (cf. consid. 5a). Quels que soient les mobiles des recourants, leur refus est objectivement légitime sous l'angle de l' art. 970 al. 1 et 2 CC . a) En premier lieu, la publication officielle prévue par l'art. 69 du règlement contredit la nécessité, de par le droit fédéral, d'un intérêt légitime personnel, spécial, concret et actuel. Une telle publication n'est pas prévue par le code civil (cf. HOMBERGER, n. 8 ad art. 970 CC ), au contraire de ce que fait le code des obligations pour le registre du commerce ( art. 931 CO ). Certes, outre les besoins des services publics, la satisfaction de certains intérêts généraux, à savoir du public, est concevable, encore que la décision attaquée ne les précise pas et qu'ils ne soient pas tous de même niveau. Mais le rôle que la publication jouerait, dit-on, dans la vie économique genevoise ne touche que certains milieux, des cercles ou des personnes privés. Leurs intérêts tombent précisément dans le champ d'application de l' art. 970 al. 2 CC , qui serait détourné, par cette information générale, dans la mesure où il exige non seulement un motif caractérisé, mais encore une requête et la consultation de feuillets spéciaux et désignés, en présence d'un BGE 112 II 422 S. 429 fonctionnaire ( ATF 97 I 701 consid. 6bb) ou la délivrance d'un extrait (DESCHENAUX, op.cit., p. 145 ss, ch. VI). b) En second lieu, la satisfaction d'intérêts privés - le cercle des intéressés fût-il large, voire parce qu'il est large - ne justifie en tout cas pas l'indication du prix à tout un chacun, par voie de publication (cf. RNRF 1924 p. 102 No 45 et p. 104 No 49). Cette donnée n'est pas nécessaire à la révélation d'un droit réel (cf. consid. 5e). Tout au plus pourrait-on réserver des listes de prix établies par le Conservateur à des fins scientifiques ou statistiques, autant qu'elles ne contiendraient pas de données personnalisées (JAAC 1984 p. 151 No 23). L'art. 69 al. 2 du règlement genevois ne prévoit pas la publication de la cause du transfert (vente, donation, etc.). Elle est néanmoins faite à Genève comme, semble-t-il, dans d'autres cantons. Outre qu'elle peut être inexacte (inconsciemment ou volontairement), cette donnée aussi ne concerne pas le droit réel lui-même et ne peut, le cas échéant, présenter l'intérêt exigé par l' art. 970 al. 2 CC que pour un cercle restreint de personnes. Il n'en va pas autrement de la désignation des parties contractantes, dont le titulaire actuel de la propriété immobilière. Il suit de là que l'objet de la publication ne répond pas à la fonction du registre foncier. La pratique genevoise remonte à une époque où le registre foncier n'existait pas encore et où la publication qui accompagnait l'acte authentique constituait sa seule publicité de transfert immobilier. Il faut en outre accorder aux recourants et au Département fédéral que l'art. 69 critiqué traite inégalement particuliers et collectivités publiques, sans motif raisonnable ( art. 4 Cst. ). Les opérations auxquelles ces dernières participent sont en effet soustraites à toute publication. Or, en tant qu'elles interviennent dans un rapport de droit privé, elles sont équiparées aux personnes privées ( ATF 112 II 37 consid. 2; ATF 107 II 47 /8 et les réf., ATF 97 II 377 consid. 3c). La décision attaquée est dès lors contraire au droit fédéral et doit être annulée, sans qu'il soit nécessaire d'examiner si elle viole en outre la Constitution.
public_law
nan
fr
1,986
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f93f74a0-277d-41af-92e2-99320cd5f39b
Urteilskopf 112 III 52 14. Sentenza 9 aprile 1986 della Camera delle esecuzioni e dei fallimenti nella causa X Inc. contro AY e BY (ricorso)
Regeste Arrestierung eines Gemeinschaftskontos (compte joint), über das die Inhaber mit Einzelunterschrift verfügen können (Art. 271 Abs. 1 und 274 Abs. 2 Ziff. 4 SchKG, Art. 1 VVAG ). Falls bei einem Gemeinschaftskonto nicht klar ersichtlich ist, dass das Verhältnis unter den Inhabern, die über das Konto mit Einzelunterschrift verfügen können, auf Gesamteigentum beruht, ist die Verordnung des Bundesgerichts über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen nicht anzuwenden: Arrestobjekt ist in einem solchen Fall der Anspruch auf Auszahlung des ganzen Kontoguthabens, der jedem Inhaber gegenüber der Bank zusteht. Ist auch der Anspruch des Mitinhabers arrestiert worden, so hat dieser den Weg des Widerspruchsverfahrens im Sinne der Art. 106 ff. SchKG zu beschreiten; wo jedoch der Mitinhaber seinerseits tals Solidarschuldner betrieben wurde, hat die Durchführung eines solchen Verfahrens freilich keinen Sinn.
Sachverhalt ab Seite 53 BGE 112 III 52 S. 53 A.- Il 17 ottobre 1984, X Inc. chiese al Pretore di Mendrisio-Sud il sequestro di tutti gli averi depositati da AY presso la Banca Z di Chiasso (conti nominativi, cifrati, sotto designazioni di copertura, cassette di sicurezza ecc.), in particolare del conto corrente 87530/be, per un capitale di Fr. 218'758.40 con interessi al 5% dal 17 ottobre 1984, più le spese esecutive, giudiziarie, le ripetibili e ogni altro accessorio; il debitore fu designato come solidalmente responsabile con la moglie BY dell'intera somma; la causa del sequestro invocata era l' art. 271 cpv. 1 n. 4 LEF (debitore dimorante all'estero). Nel contempo BGE 112 III 52 S. 54 X Inc. postulò anche il sequestro dei beni - e in specie del noto conto corrente 87530/be - collocati presso il medesimo istituto da BY, debitrice solidale con il marito. Il Pretore accolse le istanze e il 19 ottobre emise due decreti: con il primo ordinò il sequestro dei valori in proprietà di AY presso la Banca Z di Chiasso, compreso il conto corrente 87530/be "e/o di BY"; con il secondo il sequestro dei valori in proprietà di BY nella stessa banca, incluso il conto corrente 87530/be "e/o di AY". L'Ufficio esecuzione e fallimenti di Mendrisio procedette con due verbali separati e la Banca Z confermò il 22 ottobre 1984 aver "preso debita nota" dei sequestri, senza specificare alcunché. Ai due precetti esecutivi fatti notificare da X Inc., l'uno a AY "debitore solidale con BY" e l'altro a BY "debitrice solidale con AY", i destinatari formularono opposizione. Non avendo ottenuto il rigetto di quest'ultima, X Inc. promosse un'azione di riconoscimento del credito ( art. 278 cpv. 2 LEF ). Tale causa è ancora in corso. B.- AY e BY adirono il 12 novembre 1984 la Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino, autorità di vigilanza, cui proposero di dichiarare inefficace e - in subordine - di annullare l'attuazione dei sequestri. A loro avviso, le procedure non erano state condotte singolarmente e, inoltre, vertevano su beni di proprietà indistinta. Il 14 febbraio 1986 la corte accolse i gravami, constatò che i sequestri praticati erano nulli e dispose la liberazione degli averi bancari non appena la sentenza sarebbe diventata definitiva. C.- Insorta alla Camera delle esecuzioni e dei fallimenti del Tribunale federale, X Inc. ha chiesto il 3 marzo 1986 di annullare il giudizio in narrativa e di accertare la piena validità dei sequestri così come sono stati operati, previa eventuale ingiunzione all'autorità ticinese di vigilanza perché obblighi l'Ufficio esecuzione e fallimenti di Mendrisio a sopprimere la dicitura "e/o di BY (rispettivamente AY)" dai verbali. Con decreto del 19 marzo 1986 il Presidente della Camera ha accordato al ricorso effetto sospensivo, invitando gli escussi e l'Ufficio predetto a esprimersi. AY e BY hanno concluso per la reiezione di ogni censura con protesta di spese e ripetibili. L'Ufficio esecuzione e fallimenti di Mendrisio non si è pronunciato sul gravame. BGE 112 III 52 S. 55 Erwägungen Considerando in diritto: 1. L'autorità cantonale ha osservato che nei confronti dei due debitori l'Ufficio di esecuzione ha agito individualmente, cioè con verbali singoli, e che i sequestri - nella misura in cui gravano il conto corrente 87530/be - riguardano un conto congiunto a firme individuali di cui i coniugi sono gli unici titolari, escluso qualsiasi terzo. In relazione al citato conto bancario i giudici hanno aggiunto, nondimeno, ch'esso risulta bensì intestato a entrambi i reclamanti, ma implica - accanto a un rapporto esterno (fra i titolari e la banca) - un rapporto interno (fra i titolari stessi) qualificabile come proprietà comune, comproprietà o mandato. Nella fattispecie appare "sicuramente a priori non infondata" l'ipotesi che il rapporto interno sia retto dalle norme sulla proprietà comune, sottoposta al regolamento del Tribunale federale concernente il pignoramento e la realizzazione di diritti in comunione, del 17 gennaio 1923 (RDC: RS 281.41). L'inosservanza di questa disciplina ha comportato, nella procedura a carico di AY, il sequestro di attivi che appartengono congiuntamente alla moglie e che non sono, quindi, proprietà esclusiva del debitore; a sua volta - e reciprocamente - BY ha visto sequestrare beni che sono, in parte, del marito. Ciò contravviene al principio per cui un sequestro non può colpire il patrimonio di estranei né oggetti in proprietà collettiva del debitore con terze persone (art. 271 cpv. 1 e 274 cpv. 2 n. 4 LEF, art. 1 RDC). Dopo aver ricordato che la giurisprudenza non stabilisce se sia lecito derogare all'art. 1 RDC nell'eventualità in cui tutti i membri di una comunione siano chiamati a rispondere solidalmente di un debito ( DTF 82 III 73 seg.) e che nel caso concreto non si verificavano certo le premesse disposte in DTF 73 III 111 , i rapporti tra i debitori non essendo affatto chiari, la corte ha ritenuto non potersi prescindere dal regolamento del Tribunale federale concernente il pignoramento e la realizzazione di diritti in comunione. 2. È pacifico che un sequestro può essere volto solo contro beni del debitore ( DTF 109 III 126 con richiami). Il problema di sapere se gli attivi designati siano realmente proprietà dell'escusso non è sempre di agevole soluzione. Incombe al creditore rendere verosimile tale circostanza all'autorità del sequestro ( DTF 109 III 125 ). L'Ufficio, in linea di massima, è tenuto a eseguire il decreto. Ove sia dubbio o improbabile che gli averi indicati rientrino nel patrimonio del debitore, l'Ufficio non può rifiutarsi di procedere: BGE 112 III 52 S. 56 deve sequestrare i beni e conferire al terzo che se ne reputa proprietario la possibilità di far valere i suoi diritti nell'ambito di una rivendicazione giusta gli art. 106 segg. LEF ( DTF 109 III 126 ). L'Ufficio può rinunciare al sequestro unicamente se la situazione è del tutto chiara, quando sia manifesto che l'oggetto litigioso appartiene al terzo. Un'evenienza del genere non si ravvisa, in pratica, che se il creditore medesimo attribuisce a un estraneo la proprietà dei valori elencati nel decreto; questo convincimento può emergere dal decreto stesso o da una dichiarazione rilasciata dal creditore al di fuori della procedura, purché non sussista al riguardo il minimo rischio di equivoco ( DTF 109 III 127 con rinvii). Nelle due istanze del 17 ottobre 1984 la ricorrente ha affermato che i beni da sequestrare appartengono ai debitori. Essa non ha sostenuto, nella richiesta diretta contro AY, che il conto corrente 87530/be sia anche proprietà di BY; tanto meno ha preteso, nella richiesta a carico di BY, che la relazione bancaria appartenga in tutto o in parte al marito AY. Dato che il conto corrente figura nelle due istanze come proprietà assoluta di entrambi i coniugi, non può rimproverarsi al Pretore - autorità del sequestro ( art. 385 e 386 CPC ticinese) - l'aggiunta delle diciture "e/o di BY (rispettivamente AY)". Da parte sua, l'Ufficio di esecuzione non era legittimato a disattendere i decreti, giacché non erano adempiuti gli estremi sopra descritti. La censura sollevata in proposito dalla creditrice si rivela dunque priva di fondamento e - anzi - irricevibile per quanto si riferisce al Pretore, l'autorità cantonale di vigilanza non potendo giudicare l'operato dell'autorità competente in materia di sequestro, un cui decreto non è impugnabile ( art. 279 cpv. 1 LEF ) se non con ricorso di diritto pubblico ( DTF 107 III 30 consid. 1 e citazioni). 3. Si è rilevato che i due decreti di sequestro (e, di conseguenza, i due verbali redatti dall'Ufficio di esecuzione) comprendono lo stesso conto corrente 87530/be. Ciò non significa ancora, contrariamente all'opinione dell'autorità cantonale, che i due sequestri abbiano per oggetto beni di terzi. I giudici hanno constatato - e il Tribunale federale non può scostarsi da tale accertamento ( art. 81 OG con rinvio agli art. 43 cpv. 3 e 63 cpv. 2 - che la menzionata relazione bancaria costituisce un conto congiunto a firme individuali di cui i reclamanti sono gli unici titolari. Questi, pertanto, sono creditori solidali verso la banca, che può liberarsi nelle mani di un solo intestatario con valido effetto in confronto di tutti ( art. 150 cpv. 2 CO ; BGE 112 III 52 S. 57 DTF 110 III 26 consid. 3 con citazioni). Ora, i sequestri contestati gravano "gli averi di qualsivoglia natura" appartenenti ai coniugi Y presso la Banca Z di Chiasso. La facoltà di ottenere il rimborso completo della somma in conto corrente fa parte, appunto, dei diritti patrimoniali suscettibili di esecuzione (se ne veda il riepilogo in: GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Losanna 1985, pag. 17 § 5). Tale facoltà spetta nel suo intero a entrambi i debitori ed esiste tanto nel patrimonio del primo quanto nel patrimonio del secondo. Il sequestro colpisce, in ogni esecuzione, il credito solidale che pertiene ad ambo gli intestatari; costoro possono esigere singolarmente dalla banca, senza che sia necessario l'accordo dell'altro, il versamento del saldo in conto. Il rapporto interno può essere invocato da ciascun titolare nel quadro degli art. 106 segg. LEF, ma non influisce sul rapporto esterno, non limita la pretesa del singolo correntista verso la banca. Nella misura in cui non è chiaramente dimostrato che le relazioni interne fra i titolari di un conto congiunto si identificano con una proprietà comune, non occorre far capo al regolamento del Tribunale federale concernente il pignoramento e la realizzazione di diritti in comunione ( DTF 110 III 26 consid. 4). Il sequestro del credito spettante a un solo titolare, benché possibile, comporta il pericolo che un altro intestatario, non colpito da pignoramento o sequestro, eserciti il proprio diritto solidale al rimborso del conto; la banca, in tal caso, si libererebbe a ogni effetto nelle mani del richiedente senza infrangere il divieto, emanato dall'Ufficio di esecuzione, di non rimettere beni al titolare gravato del sequestro. Il blocco di entrambe le pretese creditorie evita il prodursi di simili episodi. 4. Stando alla corte cantonale, la mera ipotesi di una proprietà comune fra i titolari di un conto congiunto imporrebbe l'applicazione del regolamento concernente il pignoramento e la realizzazione di diritti in comunione. L'assunto, come si è visto, non ha consistenza. Nella specie, del resto, la supposizione di una proprietà comune non si evince dall'istruttoria, non si riconduce all'apprezzamento delle prove e nemmeno è confortata dagli escussi. Nulla lascia credere, in sostanza, che questi ultimi siano abilitati a riscuotere solo collettivamente il saldo della relazione bancaria. Ognuno di essi dovrà, quindi, rivendicare i suoi diritti nei confronti dell'altro a norma degli art. 106 segg. LEF. BGE 112 III 52 S. 58 Giovi sottolineare tuttavia che, in concreto, una rivendicazione sarebbe d'acchito priva di senso, la ricorrente avendo agito contro AY e BY nella loro qualità di debitori solidali. Quand'anche fossero stati posti sotto sequestro, nella procedura a carico del marito, beni che in realtà - secondo le relazioni interne - appartengono alla moglie (e viceversa), tali beni potrebbero ugualmente essere realizzati perché entrambi i coniugi sono tenuti per l'intera somma. Le due esecuzioni consecutive ai sequestri potrebbero condurre, dunque, al pignoramento di tutto il conto bancario, comunque si delinei - dal profilo giuridico - il rapporto interno fra i debitori. Il Tribunale federale ha già avuto modo di precisare che, ove il creditore escuta tutti i membri di un'indivisione per ottenere il pagamento di un debito di cui essi rispondono solidalmente nella loro qualità di indivisi, non è necessario applicare il regolamento concernente il pignoramento e la realizzazione di diritti in comunione ( DTF 73 III 111 ), sempre che il caso sia perfettamente chiaro ( DTF 82 III 73 seg.). La controversia attuale non dà adito a incertezze: le due esecuzioni possono comportare il pignoramento totale del conto bancario ancorché il rapporto interno fra i debitori sia retto dai disposti sulla proprietà comune. Pur fondandosi, come l'autorità di vigilanza, su un'ipotesi di quest'indole, il giudizio non muterebbe e l'attuazione dei sequestri risulterebbe nondimeno conforme al diritto federale. 5. L'esito del ricorso rende superfluo osservare che la sentenza impugnata si riferisce solo al sequestro del conto corrente e che in ogni modo non si sarebbe giustificata la liberazione di tutti i beni, come i giudici hanno deciso. Il fatto che la banca non ha fornito alcuna comunicazione sui valori sequestrati (cfr. DTF 109 III 24 consid. 1) è, con ogni evidenza, irrilevante. 6. Nessuna indennità per ripetibili è accordata alle parti in sede di reclamo (art. 68 cpv. 2 TarLEF). Analogo criterio vige per la procedura di ricorso dinanzi al Tribunale federale (cfr. STRAESSLE/KRAUSKOPF, Erläuterungen zum Gebührentarif vom Bundesgesetz über die Schuldbetreibung und Konkurs vom 7. Juli 1979, Burgdorf 1972, pag. 77; DTF 110 III 80 consid. 6, DTF 102 III 48 consid. 4). BGE 112 III 52 S. 59 Dispositiv Per questi motivi, la Camera delle esecuzioni e dei fallimenti pronuncia: Il ricorso è accolto e la sentenza impugnata è riformata nel senso che i sequestri decretati il 19 ottobre 1984 dal Pretore di Mendrisio-Sud sono mantenuti così come sono stati attuati il giorno stesso dall'Ufficio esecuzione e fallimenti di Mendrisio.
null
nan
it
1,986
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
f945ec11-160d-4591-8827-3219c8c66ac3
Urteilskopf 137 III 59 10. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_272/2010 vom 30. November 2010
Regeste Bemessung des Unterhaltsbeitrages ( Art. 285 ZGB ); Schutz des Existenzminimums des Unterhaltsschuldners; Gleichbehandlung unterhaltsberechtigter Kinder. Bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrages nach Art. 285 ZGB kann der wiederverheiratete Unterhaltsschuldner die Sicherung des Existenzminimums nur für seine eigene Person beanspruchen, nicht aber für seine gesamte zweite Familie. Ermittlung dieses Existenzminimums unter Wahrung der Gleichbehandlung aller unterhaltsberechtigten Kinder. Verteilung einer allfälligen Unterdeckung auf alle betroffenen Kinder des Unterhaltsschuldners (E. 4.2 und 4.3).
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 137 III 59 S. 59 A. Am 22. Mai 2003 schied die delegierte Richterin des Amtsgerichtspräsidenten II von Luzern-Land die Ehe von X. (geb. 1960) BGE 137 III 59 S. 60 und Y. (geb. 1961). Y. wurde verurteilt, seiner geschiedenen Ehefrau für den Unterhalt der drei gemeinsamen Kinder A. (geb. 1989), B. (geb. 1992) und C. (geb. 1993) monatliche Unterhaltsbeiträge von je Fr. 180.- bis Ende Juli 2003 und danach je Fr. 200.- zu bezahlen, jeweils zuzüglich Kinder- und Ausbildungszulagen. Nach der Scheidung heiratete Y. erneut. Aus der Ehe mit D. gingen die Kinder E. (geb. 5. Januar 2006) und F. (geb. 3. Juni 2008) hervor. B. Mit Eingabe vom 15. Februar 2007 stellte Y. beim Amtsgericht Hochdorf den Antrag, er sei in Abänderung des Scheidungsurteils von der Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber seinen drei Kindern aus erster Ehe zu befreien und lediglich zu verpflichten, die Kinder- und Ausbildungszulagen zu überweisen. Zur Begründung führt er aus, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit der Scheidung dauerhaft und wesentlich verändert. Er habe wieder geheiratet und eine neue Familie gegründet; überdies habe sich sein Einkommen seit der Scheidung vermindert. X. schloss auf Abweisung dieser Klage. Widerklageweise stellte sie das Begehren, die Unterhaltsbeiträge für die Kinder B. und C. seien ab 1. Januar 2008 auf Fr. 400.-pro Monat zu erhöhen und Y. sei zu verpflichten, ihr Fr. 1'000.- an die Kosten für einen Sprachaufenthalt der Tochter A. zu bezahlen. Das Amtsgericht Hochdorf hiess die Klage von Y. gut. Es verurteilte ihn lediglich zur Überweisung der Kinder- bzw. Ausbildungszulagen für die drei Kinder aus erster Ehe und befreite ihn im Übrigen von der Pflicht zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen. Die Widerklagebegehren wies das Amtsgericht ab. X. appellierte gegen dieses Urteil. Vor dem Obergericht des Kantons Luzern forderte sie Unterhaltsbeiträge für B. und C. von je Fr. 300.- pro Monat. Das Obergericht wies die Appellation mit Urteil vom 2. März 2010 ab. C. In ihrer Beschwerde an das Bundesgericht beantragt X. (fortan: Beschwerdeführerin), Y. (fortan: Beschwerdegegner) sei zur Bezahlung der geforderten Unterhaltsbeiträge zuzüglich Kinder- und Ausbildungszulagen zu verurteilen; im Übrigen sei seine Urteilsabänderungsklage abzuweisen. Eventualiter ersucht die Beschwerdeführerin darum, die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Schliesslich verlangt sie, für das Verfahren vor Bundesgericht sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. BGE 137 III 59 S. 61 In seiner Vernehmlassung vom 7. Juli 2010 stellt der Beschwerdegegner den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. Weiter ersucht er um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Das Obergericht des Kantons Luzern hat sich nicht vernehmen lassen. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Beschwerdeführerin beanstandet weiter, die Unterhaltsregelung, die zum einen den Notbedarf der Kinder des Beschwerdegegners aus seiner zweiten Ehe decke und zum andern den Beschwerdegegner von der Unterhaltspflicht gegenüber seinen unmündigen Kindern aus erster Ehe entbinde, verstosse gegen das in Art. 8 Abs. 2 BV enthaltene verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Befreiung des Beschwerdegegners von seiner Unterhaltspflicht würdige die erstehelichen Kinder zu Kindern "zweiter Klasse" herab und wirke sich nicht nur psychisch, sondern auch materiell diskriminierend aus: Mangels Alimentenbevorschussung seien die Kinder aus erster Ehe auf Sozialhilfeleistungen angewiesen, die bei verbesserten finanziellen Verhältnissen zurückerstattet werden müssen. Zur Begründung ihrer Rüge führt die Beschwerdeführerin weiter aus, allein der Umstand, dass der Beschwerdegegner mit seinen Kindern aus zweiter Ehe zusammenlebt, sei kein sachlicher Grund, die gemeinsamen Kinder aus erster Ehe unterhaltsrechtlich schlechter zu stellen. Auch die Maxime, wonach familienrechtliche Unterhaltspflichten durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners begrenzt sind, vermöge die qualifizierte Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Vielmehr hätten mehrere Kinder des gleichen Elternteils mit Bezug auf die elterliche Unterhaltspflicht Anspruch auf Gleichbehandlung. 4.1 Das in Art. 8 Abs. 2 BV enthaltene allgemeine Diskriminierungsverbot entfaltet seine Schutzwirkung grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Die Vorschrift hat keine unmittelbare Drittwirkung in den Beziehungen zwischen Privatpersonen, weshalb sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, die sich gegen einen Entscheid in einer Streitigkeit zwischen Privaten richtet, grundsätzlich nicht auf diese Vorschrift berufen kann. Indessen sind bei der Auslegung der Vorschriften des Zivilrechts die besonderen Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus den Grundrechten BGE 137 III 59 S. 62 ergeben. Wie auch aus der Beschwerdeschrift hervorgeht, kommt dem Beschwerdegrund der Verletzung von Art. 8 Abs. 2 BV keine eigenständige Bedeutung zu. Im Ergebnis wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz nämlich vor, sie habe den Grundsatz der Gleichbehandlung aller unterhaltsberechtigten Kinder, wie er sich aus Art. 285 ZGB ergebe, ohne sachlichen Grund in qualifizierter Weise verletzt und damit die zivilrechtlichen Vorschriften über die Bemessung des Unterhaltsbeitrages offensichtlich falsch angewendet. Mit dieser Begründung verlangt die Beschwerdeführerin, der Unterhalt der erstehelichen Kinder sei dem Beschwerdegegner im analogen Rahmen zum Unterhalt der zweitehelichen Kinder zu überbinden, das heisst in der Höhe des monatlichen Grundbetrages zuzüglich Anteil Krankenkassenprämien. 4.2 4.2.1 Die Grundsätze zur Bemessung des elterlichen Unterhaltsbeitrages sind in Art. 285 Abs. 1 ZGB geregelt. Nach der Rechtsprechung ergibt sich aus dieser Vorschrift, dass alle unterhaltsberechtigten Kinder eines Elternteils im Verhältnis zu ihren objektiven Bedürfnissen finanziell gleich zu behandeln sind. Ungleiche Unterhaltsbeiträge sind somit nicht von vorneherein ausgeschlossen, bedürfen aber einer besonderen Rechtfertigung ( BGE 126 III 353 E. 2b S. 358 f. mit Hinweisen). Die Höhe des Unterhaltsbeitrages hängt freilich nicht nur von der Leistungsfähigkeit des in die Unterhaltspflicht genommenen, sondern auch von den finanziellen Umständen des obhuts- bzw. sorgeberechtigten Elternteils ab ( BGE 126 III 353 E. 2b S. 359 mit Hinweisen). Über die Schranke der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils kann sich das Gericht bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrags für die Kinder nach Art. 285 Abs. 1 ZGB aber in aller Regel nicht hinwegsetzen ( BGE 127 III 68 E. 2c S. 70 f.; BGE 123 III 1 E. 3b/bb S. 5 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist dem Rentenschuldner mit Bezug auf alle familienrechtlichen Unterhaltskategorien zumindest das betreibungsrechtliche Existenzminimum stets voll zu belassen (vgl. BGE 126 III 353 E. 1a/aa S. 356, bestätigt in BGE 135 III 66 E. 2 ff. S. 67 ff. mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung ist dahingehend zu verdeutlichen, dass der Rentenschuldner lediglich für seine eigene Person die Sicherung der Existenz beanspruchen kann. Er ist also nur im für ihn allein massgeblichen betreibungsrechtlichen Existenzminimum zu schützen. BGE 137 III 59 S. 63 4.2.2 Diesem Grundsatz und dem aus Art. 285 ZGB folgenden Gleichbehandlungsprinzip ist insbesondere bei angespannten finanziellen Verhältnissen dadurch Rechnung zu tragen, dass zur Ermittlung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rentenschuldners zunächst von dessen betreibungsrechtlichem Grundbetrag auszugehen ist. Massgeblich ist je nach den konkreten Umständen der Grundbetrag für einen alleinstehenden Schuldner, derjenige für einen alleinerziehenden Schuldner oder derjenige für einen verheirateten, in einer eingetragenen Partnerschaft oder als Paar mit Kindern lebenden Schuldner. In den drei zuletzt genannten Fällen ist dem Unterhaltsschuldner jedoch nur die Hälfte des Grundbetrages anzurechnen, denn der (neue) Ehegatte, eingetragene Partner bzw. Lebensgefährte des Rentenschuldners soll gegenüber dessen Kindern jedenfalls nicht privilegiert werden. Zum Grundbetrag sind alsdann die üblichen betreibungsrechtlichen Zuschläge hinzuzuzählen, soweit sie für den Unterhaltsschuldner allein massgeblich sind. Dazu zählen namentlich seine Wohnkosten, seine unumgänglichen Berufsauslagen sowie die Kosten für seine Krankenversicherung und - bei selbständiger Erwerbstätigkeit - für seine Altersvorsorge. Benützt der Unterhaltsschuldner seine Wohnung zusammen mit seinem Ehegatten oder mit anderen erwachsenen Personen, so ist ihm nach Massgabe deren - tatsächlicher oder hypothetischer - wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit lediglich ein angemessener Anteil an den gesamten Wohnkosten als eigenes Existenzminimum anzurechnen. Bei der Ermittlung des Existenzminimums des Rentenschuldners sind demnach weder kinderbezogene Positionen (namentlich der betreibungsrechtliche Grundbetrag und die Krankenkassenprämie) der im gleichen Haushalt wohnenden Kinder des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen noch allfällige Unterhaltsbeiträge miteinzubeziehen, die der Unterhaltsschuldner seinen in einem anderen Haushalt lebenden vor- oder ausserehelichen Kindern zu bezahlen hat ( BGE 127 III 68 E. 2c. S. 71; Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1 mit Hinweisen). Ausser Acht bleiben müssen aber auch diejenigen Positionen, die ausschliesslich den Ehegatten betreffen und für die der Rentenschuldner allenfalls nach den in Art. 163 ff. ZGB enthaltenen Vorschriften aufzukommen hätte, soweit der Ehegatte seinen eigenen Unterhalt nicht aus eigenen Kräften bestreitet bzw. bestreiten kann. Das Gleiche gilt sinngemäss im Falle einer eingetragenen Partnerschaft des Rentenschuldners (vgl. Art. 13 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004 [PartG; SR 211.231]). BGE 137 III 59 S. 64 4.2.3 Soweit das massgebliche Einkommen des Unterhaltsschuldners sein nach der geschilderten Berechnungsweise (E.4.2.1) ermitteltes eigenes Existenzminimum übersteigt, ist dieser Überschuss zunächst unter alle unterhaltsberechtigten Kinder (nach Massgabe ihrer jeweiligen Bedürfnisse und der Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils) zu verteilen; gegebenenfalls muss der Schuldner zu diesem Zweck auch auf Abänderung früherer Urteile klagen, die zu hohe Beiträge festsetzen (Urteile 5A_62/2007 vom 24. August 2008 E. 6.2; 5C.197/2004 vom 9. Februar 2005 E. 3.1; 5C.127/2003 vom 15. Oktober 2003 E. 4.1.4). Vom Bedarf jedes unterhaltsberechtigten Kindes ist dabei in jedem Fall dessen Kinder- oder Ausbildungszulage abzuziehen, denn diese Leistungen, die ausschliesslich für den Unterhalt des Kindes bestimmt sind, werden nach der Rechtsprechung nicht zum Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils hinzugezählt, sondern sind bei der Ermittlung des durch den Unterhaltsbeitrag zu deckenden Bedarfs des Kindes vorweg in Abzug zu bringen ( BGE 128 III 305 E. 4b S. 310; Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1 mit Hinweisen). Reicht der allfällige Überschuss des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht aus, um die Bedürfnisse all seiner Kinder zu decken, so ist das Manko auf alle Kinder und somit auf alle betroffenen Familien zu verteilen. Verbleibt überhaupt kein Überschuss, so können auch keine Unterhaltsbeiträge zugesprochen werden. 4.2.4 Die erläuterten Grundsätze gelten nicht nur für das aussereheliche Kind, das unterhaltsmässig gleichgestellt werden will wie seine älteren Halbgeschwister aus einer anderen Verbindung seines Vaters. Die Prinzipien sind in gleicher Weise anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Gleichbehandlung der älteren Kinder aus der ersten Ehe mit den jüngeren Halbgeschwistern aus der zweiten Ehe desselben Vaters in Frage steht (vgl. Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1). 4.3 4.3.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Im vorliegenden Fall anerkennt die Beschwerdeführerin die zahlenmässige Bestimmung der entscheiderheblichen Beträge, wie sie von der Vorinstanz für die Bemessung des elterlichen Unterhaltsbeitrages vorgenommen wurde, ausdrücklich als "nicht streitig". Den diesbezüglichen Feststellungen ist zu entnehmen, dass der Beschwerdegegner bei voller Ausschöpfung seiner Arbeitskraft ein BGE 137 III 59 S. 65 Monatseinkommen von Fr. 3'348.- (exkl. Kinderzulagen) erzielen kann und seine jetzige Ehefrau keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Das Existenzminimum der gesamten Familie, das heisst des Beschwerdegegners, dessen zweiter Ehefrau und der von dieser geborenen Kinder, beläuft sich gemäss vorinstanzlichen Berechnungen auf Fr. 3'534.- (bis Ende Mai 2008), Fr. 3'876.- (bis Ende September 2009) bzw. Fr. 4'326.- (ab Oktober 2009). Das Obergericht hat ausserdem festgestellt, der Ehefrau des Beschwerdegegners könne zugemutet werden, eine Teilzeiterwerbstätigkeit aufzunehmen und ein (hypothetisches) Einkommen von monatlich Fr. 1'000.- zu erzielen; diese zusätzlichen Einnahmen seien den Einkünften der Familie des Beschwerdegegners ab Juni 2010 anzurechnen. Gestützt auf diese Feststellung gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass der Beschwerdegegner selbst unter Berücksichtigung des hypothetischen Einkommens seiner Ehefrau ab Juni 2010 bloss den Notbedarf seiner Familie (Fr. 4'326.-) decken kann und somit nicht in der Lage ist, die Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern aus erster Ehe zu erfüllen. 4.3.2 Aus diesen vorinstanzlichen Schlussfolgerungen bzw. aus den erstinstanzlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts vom 10. November 2009, auf welche die Vorinstanz ihre Erkenntnisse abstützt, geht hervor, dass das Obergericht des Kantons Luzern bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners die in E. 4.2 dargelegten Regeln nicht befolgt und damit die in Art. 285 ZGB enthaltene Vorschrift falsch angewendet hat. Die vorinstanzliche Rechtsverletzung beruht zunächst darauf, dass das Obergericht nicht das Existenzminimum des Beschwerdegegners allein, sondern dasjenige seiner gesamten (zweiten) Familie ermittelt und bei der Prüfung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Ganzes berücksichtigt hat. Anstatt alle kinder- und ehegattenbezogenen Positionen von der Berechnung auszuklammern, ist das Obergericht unter Einrechnung dieser Elemente zum falschen Schluss gelangt, der Beschwerdegegner könne selbst unter Anrechnung des hypothetischen Einkommens seiner zweiten Ehefrau ab Juni 2010 bloss den Notbedarf seiner Familie decken und daher die Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern aus erster Ehe nicht erfüllen. Sodann hat das Obergericht auch gegen das Bundeszivilrecht verstossen, indem es die Kinderzulagen, die der Beschwerdegegner für seine zweitehelichen Kinder beanspruchen kann, von deren Grundbedarf nicht in Abzug gebracht hat. Diese Rechtsfehler haben zur Folge, dass der Beschwerdegegner gemäss dem angefochtenen BGE 137 III 59 S. 66 Urteil jedenfalls bei Mitberücksichtigung eines (hypothetischen) Einkommens seiner Ehefrau und bei Anrechnung der Kinderzulagen den Unterhalt seiner zweitehelichen Kinder über deren betreibungsrechtlichen Grundbedarf hinaus decken kann, während der Grundbedarf der erstehelichen Kinder überhaupt nicht oder - unter Berücksichtigung allfälliger Kinder- bzw. Ausbildungszulagen - nur teilweise gesichert ist. 4.4 Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde als begründet. Im Rahmen der Ermittlung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners nach den dargelegten Regeln (E. 4.2) wird das Obergericht auch zu berücksichtigen haben, dass den Einkünften der Familie des Beschwerdegegners ab Juni 2010 ein hypothetisches Einkommen seiner Ehefrau von monatlich Fr. 1'000.- anzurechnen ist. Das Obergericht wird prüfen müssen, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass die Ehefrau dem Beschwerdegegner in der Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinen vorehelichen Kindern beizustehen hat, entsprechend der in Art. 278 Abs. 2 ZGB enthaltenen Vorschrift und den dazu entwickelten Grundsätzen (vgl. dazu Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.2 mit Hinweisen). In welcher Höhe die Beistandspflicht der Ehefrau des Beschwerdegegners im Einzelnen anzusetzen ist, bestimmt sich zunächst nach dem massgeblichen Grundbedarf der Kinder aus erster Ehe. Davon sind nach dem Gesagten (E. 4.2.3) wiederum allfällige Familienzulagen in Abzug zu bringen, die der Beschwerdegegner bezieht und der Beschwerdeführerin überweist. Ob er dies tatsächlich getan hat bzw. immer noch tut, nachdem die beiden jüngeren Kinder aus erster Ehe bereits am 28. Januar 2008 (B.) bzw. 7. Februar 2009 (C.) ihr sechzehntes Altersjahr vollendet haben, geht weder aus dem angefochtenen Entscheid noch aus den übrigen Akten hervor. Gestützt auf die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann das Bundesgericht in der Sache selbst deshalb kein Urteil fällen.
null
nan
de
2,010
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CH_BGE_005
CH
Federation
f95974ac-1ac5-4997-9344-aa4e57376e2f
Urteilskopf 124 I 247 31. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Juli 1998 i.S. T. gegen Steuerverwaltung und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV und Art. 49 BV , Art. 9 EMRK ; Quellensteuer; gesetzliche Grundlage; Verjährung; Rechtsgleichheit; Glaubens- und Gewissensfreiheit. Verfassungsmässigkeit einer kantonalen Regelung, wonach der Steuerabzug an der Quelle die Kirchensteuer mit einbezieht, diese jedoch auf Gesuch dem Quellensteuerpflichtigen, der keiner staatlich anerkannten Kirche angehört, zurückerstattet wird: - Erfordernis der Grundlage in einem formellen Gesetz (E. 3 und 4); - Verjährung des Anspruchs auf Rückerstattung auch ohne ausdrückliche Bestimmung (E. 5); - Gebot der rechtsgleichen Behandlung (E. 6); - Glaubens- und Gewissensfreiheit (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 248 BGE 124 I 247 S. 248 Der aus Sri Lanka stammende T. ist für sein Erwerbseinkommen nach luzernischem Recht quellensteuerpflichtig. Der Steuerabzug auf seinen Einkünften aus Arbeitserwerb und Arbeitslosentaggeldern wurde jeweils aufgrund des kantonalen Quellensteuertarifs vorgenommen. In diesem Tarif ist ein Anteil von sechs Prozent für die Kirchensteuer staatlich anerkannter Kirchgemeinden eingerechnet. Am 22. März 1996 ersuchte T., der als Hindu keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehört, die Steuerverwaltung des Kantons Luzern um Rückerstattung der an der Quelle abgezogenen Kirchensteuer seit seiner Einreise in die Schweiz im Jahr 1988. Die Verwaltung hiess das Gesuch am 9. April 1996 hinsichtlich der Jahre 1991 bis 1996 im Betrag von Fr. 522.-- gut, lehnte aber eine Rückerstattung der Kirchensteuern der Jahre 1988 bis 1990 von insgesamt Fr. 187.15 ab, da der Rückzahlungsanspruch verjährt sei. Die kantonale Steuerverwaltung hielt an ihrer Auffassung im Einspracheentscheid fest. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die hiergegen gerichtete Beschwerde am 13. Oktober 1997 ab. Gegen diesen Entscheid führt T. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 49 BV sowie Art. 9 EMRK . Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach § 173 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Luzern vom 27. Mai 1946 (StG/LU) werden die Kirchensteuern nur von Konfessionsangehörigen und juristischen Personen erhoben. Unterliegt eine Person der Quellensteuerpflicht, so schliesst zwar der Steuerabzug an der Quelle in jedem Fall die Kirchensteuer ein, weil im Quellensteuertarif die Kirchensteuer bereits eingerechnet ist. Doch erstattet nach § 18 Abs. 1 der vom Regierungsrat gestützt auf § 62c Abs. 1 und § 180 Abs. 1 StG /LU erlassenen Quellensteuerverordnung (QStV) vom 8. November 1994 die kantonale Steuerverwaltung einer quellensteuerpflichtigen Person, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehört, auf Gesuch hin die im Steuerabzug enthaltene Kirchensteuer zurück. Eine entsprechende Bestimmung enthielt bereits § 8bis Abs. 2 der Quellensteuerverordnung vom 29. Dezember 1956 in der Fassung vom 16. Januar 1967. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ordnung, wonach die mit der Quellensteuer abgezogene Kirchensteuer nur auf rechtzeitiges, BGE 124 I 247 S. 249 binnen fünf Jahren gestelltes Gesuch hin zurückerstattet werde, missachte das Legalitätsprinzip. Sie sei zum einen nicht in einem Gesetz im formellen Sinn, sondern lediglich auf Verordnungsstufe enthalten und verletze zum andern die höherrangige Vorschrift von § 173 Abs. 1 StG /LU. Die erwähnte Regelung verstosse schliesslich gegen das Rechtsgleichheitsgebot, weil sie quellensteuerpflichtige Personen gegenüber Schweizern und niedergelassenen Ausländern, die im ordentlichen Verfahren veranlagt werden, ohne Grund ungleich behandle. 3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen öffentliche Abgaben der Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn. Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur (rechtssatzmässigen) Festsetzung einer Abgabe an den Verordnungsgeber, so muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlage der Abgabe selber festlegen ( BGE 112 Ia 39 E. 2a; BGE 118 Ia 320 E. 3; BGE 120 Ia 1 E. 3c). Die vom Verordnungsgeber aufgrund verfassungskonformer Delegation erlassenen Rechtssätze dürfen jedoch nicht zu einer Aufhebung oder Änderung gesetzlicher Bestimmungen führen (vgl. BGE 103 Ia 369 E. 4b S. 378). Aus der kantonalen gesetzlichen Ordnung ergibt sich Folgendes: Für das Erwerbseinkommen und das entsprechende Ersatzeinkommen quellensteuerpflichtig ( § 62b StG /LU) sind aufgrund von § 62a Abs. 1 StG /LU ausländische Arbeitnehmer, welche die fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung nicht besitzen, jedoch im Kanton ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Gemäss § 62c Abs. 1 StG /LU bestimmt der Regierungsrat die Höhe des Steuerabzugs entsprechend den für die Einkommenssteuer natürlicher Personen geltenden Steuersätzen. Der Steuerabzug umfasst laut § 62c Abs. 4 StG /LU die Staats- und Gemeindesteuern. Als (ordentliche) Gemeindesteuern gelten nach § 168 StG /LU unter anderem die direkten Steuern der staatlich anerkannten Kirchgemeinden. § 62v Abs. 2 StG /LU bestimmt, dass die kantonale Steuerverwaltung dem Steuerpflichtigen zuviel abgezogene und abgerechnete Quellensteuern direkt zurückerstatten kann. Das Luzerner Steuergesetz schreibt demnach vor, dass der Steuerabzug für alle quellensteuerpflichtigen Personen auch die Kirchensteuer als ordentliche Gemeindesteuer einschliesst. Damit legt es für den Bezug der Kirchensteuer an der Quelle den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlage der Abgabe selber fest. Ausserdem sieht das Gesetz die Rückerstattung zuviel abgezogener und abgerechneter Quellensteuern durch die BGE 124 I 247 S. 250 kantonale Steuerverwaltung vor. Für das in der Quellensteuerverordnung geregelte Verfahren, wonach die Kirchensteuer von allen Quellensteuerpflichtigen erhoben und den nicht kirchensteuerpflichtigen Personen auf Gesuch hin zurückerstattet wird, besteht folglich eine hinreichende Grundlage in einem formellen Gesetz. Die Rüge der fehlenden gesetzlichen Grundlage erweist sich als unbegründet. 4. Die Regelung der Quellensteuerverordnung verstösst auch nicht gegen § 173 Abs. 1 StG /LU. Dass gemäss dieser Vorschrift die Kirchensteuern nur von Konfessionsangehörigen und juristischen Personen "erhoben" werden dürfen, besagt, dass einzig diese Personen kirchensteuerpflichtig sind und Kirchensteuern zu entrichten haben. Andere Personen sind demgegenüber nicht kirchensteuerpflichtig und müssen daher keine Kirchensteuern bezahlen. Das gilt auch für quellensteuerpflichtige Personen. Die Kirchensteuer wird ihnen wohl mit den übrigen Steuern an der Quelle abgezogen, auf ihr Gesuch hin aber zurückerstattet. Durch die nachträgliche Rückerstattung wird gewährleistet, dass konfessionsfremde Quellensteuerpflichtige, die sich gegenüber der kantonalen Steuerverwaltung als solche zu erkennen geben, nicht zur Kirchensteuer herangezogen werden. Dem Abzug dieser Steuer an der Quelle kommt daher insoweit lediglich der Charakter eines vorläufigen Bezugs zu; er läuft nicht auf eine Pflicht zur Zahlung und somit nicht auf eine § 173 Abs. 1 StG /LU verletzende "Erhebung" von Kirchensteuern hinaus. 5. Das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass auch ohne ausdrückliche Bestimmung die Rückerstattung der an der Quelle abgezogenen Kirchensteuer verjähre, und in Anlehnung an § 146 StG /LU eine Frist von fünf Jahren, wie sie auch für den Steuerbezug besteht, angenommen. Gestützt darauf hat es den Entscheid der Steuerverwaltung, dem Beschwerdeführer die Kirchensteuern der Jahre 1988 bis 1990 nicht zurückzuerstatten, geschützt. Der Beschwerdeführer rügt dies als willkürlich. Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, was in der staatsrechtlichen Beschwerde darzulegen ist ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ; BGE 110 Ia 1 E. 2). Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist ( BGE 123 I 1 E. 4a mit Hinweisen). Inwiefern von Willkür gesprochen werden BGE 124 I 247 S. 251 muss, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Auf die Rüge ist nicht einzutreten. Es sei beigefügt, dass der Rüge auch bei besserer Begründung kein Erfolg beschieden sein könnte: In der Lehre und Rechtsprechung ist als allgemeiner Grundsatz des schweizerischen Verwaltungsrecht anerkannt, dass öffentlichrechtliche Forderungen auch dann, wenn das Gesetz es nicht vorsieht, durch Zeitablauf erlöschen ( BGE 113 Ia 146 E. 3d; BGE 116 Ia 461 E. 2; BGE 122 II 26 E. 5; Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 34 B I). Es ist daher sachlich richtig und nicht willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass Ansprüche auf Rückerstattung der Quellensteuer der Verjährung unterliegen. Auch die vom Gericht - in Anlehnung an die Bezugsverjährung nach § 146 StG /LU - aufgestellte Frist von fünf Jahren kann nicht als willkürlich kurz bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer erachtete selber in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eine Frist von zehn Jahren (entsprechend Art. 127 OR ), allenfalls acht Jahren (analog § 160 StG /LU), als haltbar. 6. Ein Erlass verletzt die von Art. 4 Abs. 1 BV gebotene Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen ( BGE 119 Ia 123 E. 2b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer erblickt eine Missachtung dieses Grundsatzes darin, dass quellensteuerpflichtige Personen, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören, ein Gesuch zu stellen haben, um die an der Quelle abgezogene Kirchensteuer zurückzuerhalten; im Vergleich dazu werde bei Schweizern und niedergelassenen Ausländern, die im ordentlichen Verfahren veranlagt werden, die Kirchensteuer von vornherein nicht bezogen. a) Die Quellensteuer tritt an die Stelle der im ordentlichen Verfahren zu veranlagenden Steuern ( § 62e StG /LU). Sie ermöglicht eine zweckmässige Steuererhebung bei ausländischen Staatsangehörigen, die sich nur kurzfristig oder vorübergehend in der Schweiz aufhalten. Denn das zeitlich aufwendige ordentliche Veranlagungs- und Bezugsverfahren lässt sich bei dieser Personengruppe administrativ nicht ohne weiteres durchführen, und es kann ihr die Erfüllung der umfangreichen Mitwirkungspflichten kaum zugemutet werden (vgl. ZIGERLIG/RUFENER in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Basel und Frankfurt am Main 1997, Vorbemerkungen zu Art. 32-38 StHG , N. 3). Angesichts dieser Schwierigkeiten und der BGE 124 I 247 S. 252 grossen Zahl der kurzfristig oder vorübergehend in der Schweiz tätigen ausländischen Arbeitnehmer hat das Bundesgericht wiederholt erkannt, das Quellensteuerverfahren für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung sei im Licht des Rechtsgleichheitsgebots sachlich gerechtfertigt und halte vor Art. 4 BV stand. Das Gericht hat aber auch festgehalten, die Ausgestaltung des Steuerabzugs, welche notwendigerweise mit Abweichungen gegenüber der ordentlichen Veranlagung verbunden sei, dürfe nicht zu stossenden Ungleichheiten führen ( BGE 91 I 81 E. 3b S. 87 ff. und E. 5 S. 89; BGE 96 I 45 E. 4 S. 51 f.; DANIELLE YERSIN, L'égalité de traitement en droit fiscal, ZSR 111/1992 II S. 252 ff.). b) Es ist auch sachgerecht und nicht zu beanstanden, dass die Kirchensteuer quellensteuerpflichtiger Personen mit dem Steuerabzug an der Quelle erhoben wird. Dem Umstand, dass ein Teil der Quellensteuerpflichtigen nicht der Kirchensteuerpflicht unterliegt, kann dabei auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden: So haben einige Kantone wie etwa Zürich, Bern, Basel-Landschaft, St. Gallen und Graubünden für den Steuerabzug eigens Tarife mit und ohne Kirchensteuer geschaffen, während andere Kantone wie beispielsweise Luzern, Uri, Schwyz, Nidwalden, Aargau und Thurgau die Kirchensteuer durchwegs in den Steuerabzug einschliessen und die Steuer nachträglich den nicht kirchensteuerpflichtigen Personen auf deren Gesuch hin zurückerstatten. Die Schaffung unterschiedlicher Tarife ermöglicht die vollständige Gleichstellung Quellensteuerpflichtiger mit anderen Steuerpflichtigen, die keiner staatlich anerkannten Kirche angehören. Das System nachträglicher Rückerstattung weist demgegenüber gewisse administrative Vorteile auf. Namentlich ist es aufgrund der geringeren Zahl von Tarifen weniger fehleranfällig und dadurch einfacher zu handhaben; es erlaubt auch eine bessere Kontrolle der Erhebung der Kirchensteuern durch die Steuerverwaltung. Daher kann nicht gesagt werden, für eine derartige Ordnung sei kein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich. Dass der Quellensteuerpflichtige die Rückerstattung mit einem bestimmten, vom Arbeitgeber auszufüllenden Formular zu verlangen hat, folgt sachgerecht aus dieser Ordnung. Die Belastung des Pflichtigen mit dieser Formalität fällt im Ergebnis geringer aus, als wenn er - wie andere Steuerpflichtige - eine Steuererklärung abzugeben hätte. Die Regelung der luzernischen Quellensteuerverordnung sprengt den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum offensichtlich nicht und hält vor Art. 4 BV stand. BGE 124 I 247 S. 253 7. Der Beschwerdeführer macht geltend, als Hindu gehöre er keiner der im Kanton Luzern staatlich anerkannten Landeskirchen an. Dessen ungeachtet sei die Kirchensteuer mit der von seinen Einkünften abgezogenen Quellensteuer erhoben worden und weigerten sich die kantonalen Instanzen, ihm diese in den Jahren 1988 bis 1990 für eigentliche Kultuszwecke erhobene Steuer zurückzuerstatten. Das verstosse gegen die in Art. 49 BV und Art. 9 EMRK garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit. a) Nach Art. 49 Abs. 6 Satz 1 BV ist niemand gehalten, Steuern zu zahlen, welche speziell für eigentliche Kultuszwecke einer Religionsgemeinschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden. Es trifft zu, dass die dem Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 1990 an der Quelle abgezogenen Kirchensteuern faktisch den Landeskirchen verblieben sind, denen er nicht angehört. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht Folge davon, dass der Beschwerdeführer zur Bezahlung solcher Steuern angehalten wurde. Vielmehr ist es einzig und allein darauf zurückzuführen, dass er den ihm kantonal- und bundesverfassungsrechtlich zustehenden Anspruch auf Rückerstattung der ihm bloss vorläufig an der Quelle abgezogenen Kirchensteuern nicht binnen der Verjährungsfrist von fünf Jahren geltend gemacht hat. Die Rüge, der angefochtene Entscheid verletze Art. 49 Abs. 6 BV , ist unbegründet. b) Die in Art. 9 EMRK garantierte Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit verpflichtet die Vertragsstaaten, bei der Festsetzung von Rechten und Pflichten auf die religiösen und moralischen Überzeugungen der Person Rücksicht zu nehmen. In diesem Bereich hat das Gesetz neutral zu sein (VELU/ERGEC, La Convention européenne des droits de l'homme, Bruxelles 1990, N. 720 mit Hinweisen). Art. 9 EMRK ist namentlich verletzt, wenn eine Person verpflichtet wird, Steuern an eine Religionsgemeinschaft zu bezahlen, der er nicht angehört oder nicht angehören will (Urteil des EGMR i.S. Darby vom 23. Oktober 1990, Serie A, Band 187, S. 17 f. Ziff. 45 f.). In der Schweiz ist indessen niemand gehalten, an einer Religionsgemeinschaft teilzunehmen oder an eine Religionsgemeinschaft Steuern zu entrichten, der er nicht angehört oder nicht angehören will. Dieses Recht ist in Art. 49 Abs. 2 und 6 BV ausdrücklich garantiert und findet als Verfassungsgrundsatz unmittelbar Anwendung (U. HÄFELIN in Kommentar BV, N. 72 zu Art. 49, mit Hinweisen). Das kantonale Steuergesetz ist entsprechend ausgestaltet, dass die Kirchensteuer nur von den Personen erhoben werden darf, die der Konfession angehören ( § 173 Abs. 1 StG /LU), respektive BGE 124 I 247 S. 254 quellensteuerpflichtige Personen die Kirchensteuer zurückverlangen können, wenn sie keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören ( § 62v StG /LU, § 18 QStV ). Die Kirchensteuer wird auch nicht durch das kirchliche Gemeinwesen selbst, sondern durch den Staat (Kanton) erhoben; dieser und nicht die Kirche erstattet die an der Quelle erhobene Steuer auf Gesuch hin zurück, wenn die Person keiner Landeskirche angehört. Das Gesetz gewährleistet auf diese Weise eine neutrale Regelung und respektiert die Konvention. Es verletzt die Konvention auch nicht, die Rückerstattung davon abhängig zu machen, dass das Gesuch innerhalb einer bestimmten Frist gestellt wird. Art. 9 EMRK garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Bestimmung verbietet aber nicht, dass das interne Recht die Befreiung von der Kirchensteuer oder deren Rückerstattung von der Einhaltung bestimmter Formvorschriften und Fristen abhängig macht (vgl. mutatis mutandis Fall Gottesmann gegen Schweiz, Entscheid der EKMR vom 4. Dezember 1984, DR 40 S. 284/287). Dass der Beschwerdeführer von dieser Regelung offenbar keine Kenntnis hatte, ändert nichts. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Rückerstattung war auch im Merkblatt für quellensteuerpflichtige Ausländer und Ausländerinnen der kantonalen Steuerverwaltung vom Dezember 1990 enthalten. In diesem Zeitpunkt waren die Rückerstattungsansprüche des Beschwerdeführers für die Steuern 1988-1990 nicht verjährt. Bei der Quellenbesteuerung handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren, wie es in anderen europäischen Ländern ebenfalls gebräuchlich ist, das aber die steuerpflichtige Person nicht von jeglichen Mitwirkungspflichten befreit. Diese ist zwar der Pflicht enthoben, eine Steuererklärung auszufüllen, doch muss sie auf Verlangen über ihre Verhältnisse mündlich oder schriftlich Auskunft geben ( § 62g StG /LU). Sie muss auch tätig werden und ein Gesuch einreichen (und sich nötigenfalls vorgängig informieren), wenn sie keiner Landeskirche angehört und die Kirchensteuer zurückerstattet haben will. Eine solche Ordnung, die vom Steuerpflichtigen eine minimale Mitwirkung verlangt, ist indessen zumutbar und verstösst nicht gegen Art. 9 EMRK . Sie ist zudem sinnvoll, weil auf diese Weise die Steuerverwaltung prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind oder nicht. Eine Konventionsverletzung liegt auch in dieser Hinsicht nicht vor.
public_law
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Urteilskopf 114 Ia 153 24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Juli 1988 i.S. Y. gegen Ehegatten X., Präsident des Bezirksgerichts Z. und Obergericht des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 58 Abs. 1 BV , Ablehnung eines Richters. - Tragweite des Anspruchs auf einen unparteiischen Richter gemäss Art. 58 Abs. 1 BV (E. 3). - Ein Richter, der beim Entscheid über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsbegehren mitwirkt, ist kein unparteiischer Richter im Sinne von Art. 58 Abs. 1 BV (E. 3a/aa). - Nichtigkeit eines Gerichtsbeschlusses, an dem ein iudex inhabilis mitgewirkt hat, oder Heilung des Mangels durch das kantonale Beschwerdeverfahren? (E. 3a/bb) - Ein Richter erscheint aufgrund seines subjektiven Verhaltens dann als voreingenommen, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit objektiv zu rechtfertigen vermögen; Anwendung dieses Grundsatzes (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 154 BGE 114 Ia 153 S. 154 Zwischen den Eheleuten X. als Kläger und Y. als Beklagtem ist vor dem Bezirksgericht Z. ein Rechtsstreit betreffend Unterlassung eines Bauvorhabens hängig. Es geht dabei unter anderem um die Frage, inwieweit die auf dem Grundstück des Y. in Sch. betriebene "Hobby-Werkstatt" eine unzulässige Mehrbelastung für ein Fuss- und Fahrwegrecht resp. eine unzulässige Immission auf die Liegenschaft der Ehegatten X. zur Folge hat. Am 4. Mai 1987 nahm der Präsident des Bezirksgerichts Z., Dr. A., in Sch. an einer Feuerwehrübung teil. Bei dieser Gelegenheit stellte er fest, dass in der Werkstatt des Y. abends um 20.00 Uhr noch gearbeitet wurde. Er besichtigte die Örtlichkeiten und unterhielt sich kurz mit dem Sohn des Beklagten Y. Er erstellte tags darauf eine Aktennotiz, von welcher er den Parteien je eine Kopie zusandte. BGE 114 Ia 153 S. 155 Mit Eingabe vom 13. Mai 1987 verlangte der Beklagte vom Bezirksgericht Z., die Aktennotiz sei aus dem Recht zu weisen. Gleichzeitig stellte er gegen den Gerichtspräsidenten Dr. A. ein Ablehnungsbegehren. Mit Beschluss vom 26. Mai 1987 wies das Bezirksgericht Z. unter dem Vorsitz des abgelehnten Gerichtspräsidenten diese Anträge ab. Das Obergericht des Kantons Thurgau hat am 8. September 1987 eine von Y. gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Z. eingereichte Beschwerde abgewiesen, soweit es auf sie eintreten konnte. Y. führt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt, es sei der Beschluss des Obergerichts vom 8. September 1987 aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von Art. 4 und Art. 58 BV . Erwägungen Erwägungen: 3. Sowohl gestützt auf Art. 58 Abs. 1 BV wie auch auf Art. 6 Ziffer 1 EMRK hat jedermann unter anderem einen Anspruch darauf, dass seine Streitsache von einem unparteiischen Richter beurteilt wird. Damit soll garantiert werden, dass keine Umstände, welche ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger Weise zugunsten oder zuungunsten einer Partei auf das Urteil einwirken; es soll mit andern Worten mit diesem verfassungsmässigen Recht verhindert werden, dass jemand als Richter tätig wird, der unter solchen Einflüssen steht und deshalb kein "rechter Mittler" mehr sein kann. Voreingenommenheit in diesem Sinne ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu erwecken. Solche Umstände können entweder in einem bestimmten subjektiven Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen funktionellen und organisatorischen, d.h. objektiven Gegebenheiten begründet sein. In beiden Fällen wird aber nicht verlangt, dass der Richter deswegen tatsächlich voreingenommen ist; es genügt vielmehr bereits der objektiv gerechtfertigte Anschein, die für ein gerechtes Urteil notwendige Offenheit des Verfahrens sei nicht mehr gewährleistet. Angesichts der Bedeutung des Anspruchs auf einen unparteiischen und unabhängigen Richter für die Akzeptanz des Urteils beim Rechtsuchenden sowie für die Legitimation der Rechtsprechung in einem demokratischen Rechtsstaat lässt sich eine restriktive Auslegung und Anwendung von Art. 58 BV und Art. 6 Ziffer 1 EMRK BGE 114 Ia 153 S. 156 nicht vertreten. Anderseits steht die Ablehnung eines Richters in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Anspruch auf den gesetzlichen Richter. Der Ausstand muss deshalb die Ausnahme bleiben, damit die regelhafte Verfahrensordnung nicht ausgehöhlt wird (vgl. BGE 114 Ia 53 E. 3b und c mit zahlreichen Hinweisen). a) aa) Der Gerichtspräsident des Bezirks Z., Dr. A., hat als Vorsitzender beim Entscheid des Bezirksgerichts Z. vom 26. Mai 1987 über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsbegehren mitgewirkt. Das Obergericht des Kantons Thurgau hat dies zu Recht als unzulässig beurteilt. Niemand kann unparteiischer Richter sein, wenn seine eigene Sache zum Entscheid steht. Diese Unfähigkeit gilt auch für den Fall eines Ablehnungsbegehrens (vgl. Art. 70 Abs. 1 ZPO sowie MAX GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich 1979, S. 14). bb) Das Obergericht hat aber befunden, dieser prozessuale Mangel des Beschlusses des Bezirksgerichts werde durch das Beschwerdeverfahren geheilt. Der Beschwerdeführer rügt dies als völlig falsch; das Bundesgericht habe zu dieser Frage in seinem Entscheid vom 2. April 1987 i.S. H. gegen den Kanton Schaffhausen klar festgehalten, dass das Verfahren, an welchem ein unfähiger oder rechtsgültig abgelehnter Richter teilgenommen habe, zur absoluten (zwingenden) Nichtigkeit dieses Verfahrens und damit auch des Urteils führe. Dieser Nichtigkeitsgrund wirke ohne Rücksicht darauf, ob das Erkenntnis richtig gewesen sei; er könne mit anderen Worten nicht geheilt werden. Mit diesen Ausführungen rügt der Beschwerdeführer sinngemäss eine formelle Rechtsverweigerung. Er macht indessen nicht geltend, die Verfassung verbiete ganz allgemein die Heilung eines formellen Mangels im Rechtsmittelverfahren. Es ist deshalb nur zu prüfen, ob die Auffassung des Obergerichts aufgrund des kantonalen Rechts oder allgemeiner Rechtsgrundsätze als völlig unhaltbar erscheint (vgl. BGE 113 Ia 19 E. 3a; BGE 112 Ia 122 E. 4; BGE 111 Ia 163 E. 1a; je mit Hinweisen). Dies würde dann zutreffen, wenn sich erweisen sollte, dass ein Entscheid über ein Ablehnungsbegehren, an welchem die abgelehnte Gerichtsperson teilnimmt, nichtig ist und dass die Nichtigkeit im Rechtsmittelverfahren nicht heilbar wäre. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass aufgrund des kantonalen Rechts ein Entscheid, an welchem ein iudex inhabilis mitwirkt, nichtig ist. Es wäre somit nur zu untersuchen, ob sich die absolute Unwirksamkeit aus allgemeinen Rechtsprinzipien ergäbe. BGE 114 Ia 153 S. 157 Da indessen die nachfolgenden Erwägungen zeigen, dass auf jeden Fall die Auffassung des Obergerichts, der Mangel lasse sich im Beschwerdeverfahren heilen, haltbar ist, kann das Problem der Nichtigkeit offenbleiben. Die Nichtigkeit kann nicht nachträglich bloss durch Zeitablauf heilen. Es bedarf dazu vielmehr eines neuen, rechtlich einwandfreien Hoheitsaktes, welcher den mit einem Nichtigkeitsgrund behafteten insoweit ersetzt (vgl. dazu MAX IMBODEN, Der nichtige Staatsakt, Zürich 1944, S. 58 f.; FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 306). Ob dies durch die gleiche Behörde oder eine andere, z.B. die Rechtsmittelinstanz, geschehen kann, ergibt sich aber nicht aus dem Begriff der Nichtigkeit, sondern entscheidet sich allein nach dem massgebenden Recht (MAX IMBODEN, a.a.O., S. 59). Der Beschwerdeführer rügt zwar sinngemäss, das Obergericht lege dem Beschwerdeverfahren nach § 73 ZPO eine völlig falsche Bedeutung zu; aber auch er vertritt nicht die Auffassung, die Beschwerdeinstanz verfüge über eine beschränktere Kognition als das Bezirksgericht oder die Beschwerde nach § 292 ff. in Verbindung mit § 73 ZPO habe nur kassatorische Wirkung und es sei deshalb dem Obergericht verwehrt, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn es einen angefochtenen Beschluss aufhebt (vgl. BGE 98 Ia 470 E. 3). Dementsprechend hatte der Beschwerdeführer auch vor Obergericht nicht bloss beantragt, es sei die Nichtigkeit des angefochtenen Bezirksgerichtsbeschlusses festzustellen, sondern verlangt, es sei sein Ablehnungsbegehren gegen Gerichtspräsident Dr. A. gutzuheissen. Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer zudem auf das Urteil des Bundesgerichts vom 2. April 1987 i.S. H. gegen den Kanton Schaffhausen. Aus diesem Entscheid lässt sich für den vorliegenden Fall nichts ableiten, denn es betraf ein Strafverfahren, welches nach dem Prozessrecht des Kantons Schaffhausen durchgeführt wurde. In der Beschwerde wird nicht geltend gemacht, das im Ablehnungsverfahren anwendbare Recht des Kantons Thurgau weise in den entscheidenden Punkten einen mit dem Strafprozessrecht des Kantons Schaffhausen vergleichbaren Inhalt auf. Schliesslich wendet der Beschwerdeführer auch nicht substantiiert ein, die von ihm gerügte Meinung des Obergerichts sei mit Art. 58 BV unvereinbar. Die Auffassung des Obergerichts, der Mangel im bezirksgerichtlichen Verfahren werde durch das Beschwerdeverfahren geheilt, ist deshalb, soweit sie zu überprüfen ist, verfassungsrechtlich gesehen, nicht zu beanstanden. BGE 114 Ia 153 S. 158 b) Ein Richter kann aufgrund seines subjektiven Verhaltens als voreingenommen erscheinen. Bei der Befangenheit handelt es sich allerdings um einen innern Zustand, der nur schwer belegt werden kann. Es muss deshalb für die Ablehnung nicht nachgewiesen werden, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Dabei kann allerdings nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abgestellt werden. Das Misstrauen in den Richter muss vielmehr wegen gewisser Umstände oder eines bestimmten, den Verdacht der Parteilichkeit erweckenden Verhaltens in objektiver Weise begründet erscheinen (Urteil des Bundesgerichts vom 4. Juni 1986, E. 3a mit Hinweisen, in EuGRZ 1986, S. 670 ff. 671). aa) Der Beschwerdeführer macht folgende Gründe geltend, welche die Ablehnung des Gerichtspräsidenten rechtfertigen würden: Dr. A. habe im Zivilprozess zwischen ihm und den Ehegatten X. einen "informellen" Augenschein durchgeführt und eigenmächtig Tatsachen erhoben, obwohl es nach der thurgauischen Zivilprozessordnung keinen informellen Augenschein gebe und die Sammlung des Prozessstoffes allein den Parteien vorbehalten sei. Die Befangenheit des Gerichtspräsidenten komme vor allem in der Aktennotiz vom 5. Mai 1987 zum Ausdruck, in welcher dieser statt objektivsachlicher Feststellungen in erster Linie persönliche Wertungen und Emotionen festgehalten habe. Mit einem Rechtfertigungsschreiben an die Parteivertreter vom 18. Mai 1987 habe der Gerichtspräsident sodann auf das gegen ihn laufende Verfahren Einfluss zu nehmen versucht und den gegen den Sohn des Beschwerdeführers erhobenen Vorwurf der Rücksichtslosigkeit und damit die negative Einstellung ihm gegenüber sogar noch bestätigt. Dr. A. habe zudem den Tatbestand des Berichtens gemäss § 68 Ziffer 5 ZPO erfüllt, und schliesslich gehe auch aus der Tatsache, dass Dr. A. am Entscheid über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsbegehren mitgewirkt habe, hervor, dass er die richterliche Unabhängigkeit verloren habe. bb) Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung vermögen Verfahrensmassnahmen, seien sie richtig oder falsch, als solche keinen objektiven Verdacht der Voreingenommenheit des Richters zu begründen, der sie verfügt hat ( BGE 111 Ia 264 3b/aa mit Hinweisen). Allgemeine Verfahrensverstösse sind im dazu vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu rügen und können grundsätzlich nicht als Begründung für eine Verletzung von Art. 58 BV herangezogen BGE 114 Ia 153 S. 159 werden ( BGE 113 Ia 410 E. 2b). Diese Differenzierung rechtfertigt sich auch deshalb, weil eine staatsrechtliche Beschwerde, mit welcher die Garantie des verfassungsmässigen Richters angerufen wird, nicht die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraussetzt ( Art. 86 Abs. 2 OG ). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Gerichtspräsident von Z. erscheine deshalb als befangen, weil er Bestimmungen der kantonalen Zivilprozessordnung verletzt habe, ist seine Beschwerdebegründung von vornherein nicht geeignet, den Anschein der Befangenheit objektiv als gerechtfertigt zu beurteilen. cc) Es ist somit einzig zu prüfen, ob das Verhalten von Dr. A. am Abend des 4. Mai 1987 auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers sowie der Inhalt der von ihm darüber erstellten Aktennotiz und seines Schreibens vom 18. Mai 1987 an die Parteien objektiv den Anschein zu begründen vermögen, der Bezirksgerichtspräsident sei voreingenommen und vermöge deshalb nicht mehr unparteiisch zu urteilen. Im Rahmen einer Gesamtbeurteilung können zudem weitere Tatsachen berücksichtigt werden, welche die Bewertung dieser Vorkommnisse bekräftigen. Schliesslich ist auch nicht ohne Bedeutung, welche Maximen das Verfahren beherrschen. Die Aktennotiz vom 5. Mai 1987 hat folgenden Wortlaut: "Anlässlich der Feuerwehrübung vom 4.5.1987 ... in ... werde ich ... durch das Aufheulenlassen eines Motors darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Scheune/Werkstatt Y. immer noch an Autos gearbeitet wird. Um 20.10 Uhr spreche ich dort Herrn Y. jun. an, stelle mich vor, sage, gemeint gelesen zu haben, abends würde da nicht gearbeitet, und jetzt sehe ich mir die Sache einmal an. ... In Arbeit sind ein alter Alfa nebst einem grösseren Fz. Typ à la Landrover. Der Vorplatz ist überstellt, recht eigentlich vollgepfercht mit insgesamt 4 Fahrzeugen (drei davon à la Landrover) nebst einem Anhänger. ... Ab 20.55-21.10 Uhr findet die Einsatzbesprechung vor den Liegenschaften Y. und X. auf der Dorfstrasse statt. In dieser Zeit wird auf dem Vorplatz bei laut laufendem Radio geschweisst. Ich empfinde trotz der Distanz das Radio als lästig, die ständigen Lichtblitze des Schweissens als sehr ausgeprägt störend, ebenso das zischend-knarrende Schweissgeräusch. Der Werkplatz ist beleuchtet. Um 21.20 gehe ich nochmals auf den Platz Y. und orientiere Herrn Y. jun. nebst dem zweiten Herrn, ihr Verhalten als absolut rücksichtslos auf die Nachbarschaft zu betrachten. Er sagt, er müsste den Auspuff schweissen, und machte das eben dann, wenn er Zeit dafür habe. Ich frage ihn, wem die Autos auf dem Platz gehörten. Herrn Y. jun. führt aus, alle BGE 114 Ia 153 S. 160 abgestellten Fahrzeuge gehörten ihm. Ich frage ihn, ob dies auch für den weiteren PW in der Garage (grasgrüner unterer Mittelklasse PW) zutreffe. Herr Y. jun. bejaht. Mindestens ein Fz. à la Landrover hat keine Kennzeichen. Ich betrachte das Schweissen in diesem zusammengepferchten Fahrzeugpark als problematisch. Den Zeitpunkt der Arbeitseinstellung habe ich nicht festgestellt." Das Obergericht hat dazu erwogen, weder aus der Tatsache, dass Dr. A. aufgrund bestimmter Verumständungen persönliche Eindrücke habe gewinnen können, noch daraus, dass er hierüber eine Aktennotiz angelegt habe, könne objektiv auf eine Befangenheit geschlossen werden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lasse sich auch aus der Aktennotiz selber keine voreingenommene Haltung herauslesen. Dass der Gerichtspräsident die Aktennotiz verfasst und gleichzeitig den Parteien Gelegenheit gegeben habe, sich zu seinen persönlichen Wahrnehmungen zu äussern, zeuge vielmehr davon, dass er jegliche Art von Befangenheit bewusst habe vermeiden wollen. Es liegt auf der Hand, dass gerade der Präsident eines Bezirksgerichts vielfach ausserprozessual Kenntnis erhält über Vorgänge, die sich in seinem Bezirk abspielen. Aus der Tatsache allein, dass der Bezirksgerichtspräsident anlässlich einer Feuerwehrübung auf das Aufheulenlassen eines Motors auf der Liegenschaft des Beklagten aufmerksam wurde und der Ursache dafür nachging, lässt sich keine Befangenheit ableiten. Indessen hätte sich Dr. A., gerade weil er wusste, dass der von ihm wahrgenommene Lärm Streitgegenstand eines vor ihm hängigen Prozesses war, grösste Zurückhaltung und Neutralität auferlegen müssen. Aufgrund der Akten kann man sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass er es gerade daran fehlen liess: Nach seinen eigenen Angaben berief er sich gegenüber dem Sohn des Beschwerdeführers ausdrücklich auf das Verfahren wegen übermässiger Immissionen und konnte damit, zusammen mit seiner subjektiv bewerteten Äusserung, er betrachte das Verhalten als absolut rücksichtslos auf die Nachbarschaft, den Anschein erregen, er könne die Sache des Beschwerdeführers nicht mehr aus der notwendigen Distanz beurteilen. Zudem hielt Dr. A. in seinem Schreiben vom 18. Mai 1987 daran fest, er betrachte das Verhalten des Sohnes des Beschwerdeführers "als bar jeder Rücksicht", und sehe keinen Grund, von diesem spontanen Vorwurf abzurücken. Dass er das Handeln des Sohnes negativ bewertete und nicht dasjenige des Beschwerdeführers, ändert an dieser Beurteilung nichts, denn BGE 114 Ia 153 S. 161 Streitgegenstand des vor ihm hängigen Prozesses sind Emissionen aus dem Grundstück des Beschwerdeführers, unabhängig davon, wer sie verursacht hat. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, die Befangenheit des Gerichtspräsidenten komme vor allem in der Aktennotiz vom 5. Mai 1987 selber zum Ausdruck. Statt einer Sachverhaltsaufnahme enthalte dieses Aktenstück vielmehr in erster Linie eine zumindest moralische (Vor-)Verurteilung des Beschwerdeführers bzw. dessen Sohnes. Dass der Gerichtspräsident sein privates Wissen, also seine Eindrücke und den Inhalt seines Gesprächs mit dem Sohn des Beschwerdeführers, in Form einer Aktennotiz aktenkundig gemacht und die Parteien zugleich informiert hat, kann keine Befangenheit begründen. Im Gegenteil, es entsprach dem Gebot der Fairness, die Parteien über sein privat gewonnenes Wissen zu orientieren. Ob und inwieweit er dieses bei der Urteilsfindung verwerten darf (vgl. dazu MAX GULDENER, Beweiswürdigung und Beweislast nach schweizerischem Zivilprozessrecht, Zürich 1955, S. 4, Anm. 21; GEORG LEUCH, Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 3. Auflage, Bern 1956, N 3 zu Art. 213; WALTER J. HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, Basel/ Frankfurt a.M. 1984, S. 454, N 1233 - für die Schiedsgerichtsbarkeit; PETER HARTMANN, in Baumbach, Zivilprozessordnung, 46. Auflage, München 1988, N 2 f. zu § 286; STEIN/JONAS/LEIPOLD, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 20. Auflage, Tübingen 1987, N 18 zu § 286), kann offenbleiben, da diese Frage hier nicht zum Entscheid steht. Im vorliegenden Fall hat der Gerichtspräsident aber nicht bloss das festgehalten, was er wahrgenommen hat, sondern er hat dies auch bewertet, und zwar so, dass beim Beschwerdeführer durchaus der Eindruck entstehen konnte, der Ausgang seines Prozesses sei nicht mehr offen. Insbesondere brachte Dr. A. zum Ausdruck, dass er den Lärm trotz der Distanz als "lästig", die ständigen Lichtblitze des Schweissens als "sehr ausgeprägt störend" empfinde. Auch wenn er sich damit nicht bereits den Standpunkt der Kläger zu eigen gemacht hatte, so waren diese Einschätzungen doch geeignet, beim Beklagten und Beschwerdeführer ein entsprechendes Misstrauen zu erregen, welches durch sein Verhalten gegenüber dem Sohn des Beschwerdeführers sowie durch die Bestätigung des Vorwurfes im Schreiben vom 18. Mai 1987 noch verstärkt werden konnte. BGE 114 Ia 153 S. 162 Es ist zwar richtig, dass der Richter im Laufe eines Zivilprozesses verschiedentlich in die Situation kommt, wo er im Interesse der Parteien gehalten ist, seine vorläufige Auffassung über den Streitgegenstand zum Ausdruck zu bringen, etwa bei der Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls welche Beweise abzunehmen oder welche Zeugen- oder Expertenfragen zu stellen sind. Ebenso kann es im Interesse der Parteien liegen, im Hinblick auf einen möglichen Vergleich seine einstweilige Auffassung zum Streit kundzutun. Aber auch eine solche richterliche Verfahrensleitung hat immer die dafür gesetzlich vorgesehenen Formen einzuhalten und die prozessleitenden Maximen zu beachten. Im vorliegenden Fall hätte es durchaus genügt, das Gesehene festzuhalten und die Parteien darüber zu informieren. Das subjektiv Empfundene hätte im Zusammenhang mit der Frage, welche Beweise beizubringen seien, einfliessen können und hätte in der entsprechenden Verfügung mit der notwendigen Zurückhaltung zum Ausdruck gebracht werden müssen. Selbst wenn man bezüglich der obgenannten Vorkommnisse noch Zweifel haben könnte, ob sie geeignet seien, objektiv den Anschein von Befangenheit zu rechtfertigen, so kann eine solche Beurteilung dann nicht mehr von der Hand gewiesen werden, wenn auch das weitere Verhalten von Dr. A. in Betracht gezogen wird: Gerichtspräsident Dr. A. sandte am 18. Mai 1987 das gegen ihn gerichtete Ablehnungsbegehren nicht kommentarlos an die Gegenpartei zur Vernehmlassung, sondern er erläuterte zusätzlich seine Haltung in bezug auf den von ihm vorgenommenen "Augenschein" und die darüber erstellte Aktennotiz. Zudem bestätigte er nochmals seinen "spontanen Vorwurf" gegenüber dem Sohn des Beschwerdeführers, er betrachte sein Verhalten am Abend des 4. Mai 1987 "als bar jeder Rücksicht". Schliesslich wirkte Dr. A. auch noch als Präsident mit, als das Bezirksgericht Z. über das gegen ihn gestellte Ablehnungsbegehren entschied. Dass dies offensichtlich unzulässig war, hat bereits das Obergericht zu Recht festgestellt (vgl. E. 3a/aa). Auch wenn dieses letzte Element ein reiner Verfahrensfehler war und dieser als solcher nicht geeignet ist, Voreingenommenheit zu begründen, so ist es doch verständlich, wenn der Beschwerdeführer auch darin einen weiteren Ausdruck von Befangenheit erblickt. Zwar darf ein objektiv gerechtfertigter Anschein von Befangenheit nicht leichthin angenommen werden, weil sonst die gesetzliche Zuständigkeitsordnung für die Gerichte bis zu einem gewissen Grad illusorisch würde. Indessen ist im vorliegenden Fall auch zu BGE 114 Ia 153 S. 163 berücksichtigen, dass das Ablehnungsbegehren in einem Zivilprozess gestellt worden ist. In einem solchen Verfahren, das von der Verhandlungs- und der Dispositionsmaxime beherrscht wird und in welchem der Richter aufgrund des Gesetzes ausdrücklich auf strengste Unparteilichkeit verpflichtet ist ( § 75 Abs. 1 ZPO ), rechtfertigt es sich, dem Gesichtspunkt der Legitimation des Urteilsspruchs grössere Bedeutung zuzumessen als dem Anspruch auf den (primär) gesetzlichen Richter. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Obergericht Art. 58 BV verletzt hat, wenn es annahm, dass der Präsident des Bezirksgerichts Z. keinen Tatbestand erfüllt habe, der nach objektiven und vernünftigen Erwägungen Misstrauen in seine Unparteilichkeit rechtfertige. Werden das Verhalten von Gerichtspräsident Dr. A. am Abend des 4. Mai 1987 auf dem Grundstück des Beschwerdeführers sowie der Inhalt der von ihm darüber angelegten Aktennotiz vom 5. Mai 1987 und des Schreibens vom 18. Mai 1987 im Blick auf Art. 58 BV als Gesamtes gewürdigt und wird zudem berücksichtigt, dass er sich einen schweren Verfahrensmangel zuschulden kommen liess, indem er beim Entscheid über das gegen ihn gestellte Ablehnungsbegehren mitwirkte, so kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass Dr. A. in einem Ausmass Anlass zu Zweifeln an seiner Unbefangenheit erweckte, dass der Anschein der Befangenheit objektiv gerechtfertigt ist. 4. Die staatsrechtliche Beschwerde ist gutzuheissen, und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 8. September 1987 ist aufzuheben, soweit das Gericht damit das Rechtsmittel des Beschwerdeführers abgewiesen hat.
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Urteilskopf 137 II 222 17. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause Commission fédérale des maisons de jeu et Fédération suisse des casinos contre Société de la Loterie de la Suisse Romande (Loterie Romande), Swisslos, Interkantonale Landeslotterie et l'ensemble des Cantons (recours en matière de droit public) 2C_186/2010 / 2C_187/2010 du 18 janvier 2011
Regeste Art. 106 BV ; Art. 1 Abs. 2 LG ; Art. 1 Abs. 2 SBG ; Begriff der Lotterie; Spiel "Tactilo". Das Verhältnis zwischen dem Lotteriegesetz und dem Spielbankengesetz bestimmt sich nach der gesetzlichen Unterscheidung aus den 1920er Jahren (E. 6.1). Das Lotteriegesetz stellt gegenüber dem Spielbankengesetz eine lex specialis dar (E. 6.2). Die verwendete Technik (hier elektronischer Natur) hat keinen Einfluss auf die juristische Qualifikation als Glücksspiel im Sinne des Lotteriegesetzes, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (E. 6.3). Begriff der Lotterie im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LG ; Erfordernis der "Planmässigkeit" (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 7.1 und 7.2); aufgrund der festgestellten konkreten Umstände erfüllt das Gerät "Tactilo" die Voraussetzungen einer Lotterie (E. 7.3 und 7.4); die Frage, ob eine vergleichbare Gefahr der Abhängigkeit wie bei einem klassischen Geldspielautomaten besteht, ist nicht geeignet, seine juristische Qualifikation in Frage zu stellen, sondern bildet Gegenstand von vorzusehenden Sicherheits- und Überwachungsmassnahmen (E. 7.5).
Sachverhalt ab Seite 223 BGE 137 II 222 S. 223 Le 5 mars 1998, la Conférence Romande de la Loterie et des jeux a autorisé la Société de la Loterie de la Suisse Romande (ci-après: la Loterie Romande) à exploiter des distributeurs du jeu "Tactilo". Cette société a mis en service environ 400 appareils dans les différents cantons de la Suisse romande, qui donnent accès, au moyen d'un écran tactile, à des versions électroniques de billets à gratter, vendus également en version papier. Depuis mai 2004, Swisslos Interkantonale Landeslotterie (ci-après: Swisslos) a exprimé l'intention d'exploiter des appareils du même type, désignés sous le terme de "Touchlot" en Suisse alémanique. Le 10 juin 2004, la Commission fédérale des maisons de jeu (ci-après: la Commission fédérale) a ouvert une procédure, afin de BGE 137 II 222 S. 224 déterminer si les distributeurs de jeux "Tactilo" et "Touchlot" étaient assujettis à la législation sur les loteries et les paris professionnels ou tombaient sous le coup des dispositions légales régissant les jeux de hasard et les maisons de jeu. La Fédération Suisse des Casinos (ci- après: la FSC) a été admise à participer à la procédure en qualité de partie. Par décision du 21 décembre 2006, la Commission fédérale, qualifiant les distributeurs "Tactilo" de jeux de hasard au sens de la législation sur les maisons de jeu, a interdit leur exploitation - ainsi que celle des appareils présentant les mêmes caractéristiques techniques - à l'extérieur des maisons de jeu au bénéfice d'une concession. La Loterie Romande, l'ensemble des cantons et Swisslos ont recouru auprès du Tribunal administratif fédéral contre la décision précitée. Par arrêt du 18 janvier 2010, le Tribunal administratif fédéral a admis les recours, annulé la décision attaquée et constaté que les distributeurs "Tactilo" sont soumis à la législation fédérale sur les loteries et les paris professionnels. La Commission fédérale des maisons de jeu et la FSC ont, chacun de leur côté, interjeté un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral contre l'arrêt précité, en concluant à son annulation. Par arrêt du 18 janvier 2011, le Tribunal fédéral, après avoir joint les causes, a pour l'essentiel rejeté les recours dans la mesure où ils étaient recevables. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 6. 6.1 Selon l' art. 106 Cst. (art. 35 de l'ancienne Constitution), la législation sur les jeux de hasard et les loteries relève de la compétence de la Confédération. Contrairement à ce que pourrait laisser croire le texte de cette disposition, les loteries sont des jeux de hasard (JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Petit commentaire de la Constitution fédérale, Aubert/Mahon [éd.], 2003, n° 3 ad art. 106 Cst. ), mais elles sont soumises à une réglementation particulière. Du reste, dès que la Confédération s'est mise à légiférer à ce sujet, soit au cours des années 1920, deux lois ont été élaborées, l'une sur les maisons de jeu et l'autre sur les loteries et les paris (AUBERT, op. cit., n° 5 ad art. 106 BGE 137 II 222 S. 225 Cst. ). Cette répartition de la matière a été maintenue jusqu'à présent ( ATF 133 II 68 consid. 3.2 p. 71). La première loi fédérale sur les maisons de jeu adoptée en 1929 a été révisée, le texte actuel, qui date de 1998 étant entré en vigueur le 1 er avril 2000 (loi sur les maisons de jeu, LMJ; RS 935.52). Pour sa part, la loi originaire sur les loteries du 8 juin 1923 est toujours d'actualité (LLP; RS 935.51). Une révision a été projetée, mais elle a été suspendue provisoirement le 18 mai 2004. En contrepartie, les cantons, qui s'étaient engagés à remédier eux-mêmes aux carences constatées par la commission d'experts dans le domaine des loteries et des paris, ont adopté une convention intercantonale sur la surveillance, l'autorisation et la répartition du bénéfice de loteries et paris exploités sur le plan intercantonal ou sur l'ensemble de la Suisse (ci- après: CILP), entrée en vigueur le 1 er juillet 2006 (cf. Message du 20 octobre 2010 concernant l'initiative populaire "Pour des jeux d'argent au service du bien commun", FF 2010 7266 ch. 2.1.3.2). Il convient encore de relever qu'une initiative populaire "Pour des jeux d'argent au service du bien commun" visant à modifier et à compléter l' art. 106 Cst. a été valablement déposée le 10 septembre 2009. Le Conseil fédéral a élaboré un contre-projet direct à cette initiative qui pourrait déboucher sur une révision de la LLP et de la LMJ. Il y est en effet proposé de conférer à la Confédération une compétence législative étendue à tout le domaine des jeux d'argent - dans le respect des intérêts des cantons - et de créer un organe de coordination pour éviter les conflits de compétence entre la Confédération et les cantons. A cette fin, la délimitation des compétences serait facilitée par la suppression de la notion de "loteries" et du critère du plan qui caractérisent ces dernières (cf. Message précité du 20 octobre 2010, FF 2010 7290 ch. 4.2 et passim; voir aussi ATF 137 II 164 consid. 3.3 p. 170). Il en découle que, pour l'instant, la répartition de la matière repose encore sur la distinction initiale faite dans les années 1920 entre loteries et jeux de hasard ( ATF 137 II 164 consid. 4.1 p. 170). 6.2 L' art. 1 al. 2 LMJ prévoit que la loi sur les maisons de jeu "ne s'applique pas aux loteries et aux paris professionnels, ceux-ci étant régis par la loi fédérale du 8 juin 1923 les concernant." Les versions allemande et italienne de cette disposition sont rédigées quelque peu différemment, dans la mesure où elles ne font que réserver l'application de la LLP en ces termes: "Vorbehalten bleiben die BGE 137 II 222 S. 226 Vorschriften des Bundesgesetzes vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten." - "Sono fatte salve le disposizioni della legge federale dell'8 giugno 1923 concernente le lotterie e le scommesse professionalmente organizzate." Cette réserve ne saurait, à elle seule, avoir pour effet de restreindre la portée de la législation sur les loteries, pour autant évidemment qu'un jeu tombe dans son champ d'application. L' art. 1 al. 2 LMJ indique seulement, comme l'a rappelé récemment la jurisprudence, que la LLP est une lex specialis par rapport à la LMJ, qui fait figure de lex generalis (cf. ATF 136 II 291 consid. 3.1 p. 293; ATF 133 II 68 consid. 3.2 p. 71). 6.3 Encore faut-il se demander si, comme l'affirment les recourantes, les loteries exploitées sur la base d'un support électronique, par le biais d'un réseau de télécommunication, ne sont pas, en raison du support utilisé, d'emblée exclues du champ d'application de la LLP. A cet égard, celles-ci perdent de vue que la volonté exprimée par le Conseil fédéral d'inclure, lors de la révision de la législation sur les maisons de jeu de 1998, dans le champ d'application de la nouvelle loi tous les appareils à sous, y compris les appareils servant aux jeux de loteries qui présentent une surface électronique sur laquelle le joueur peut se livrer à un jeu de loterie (cf. Message du 26 février 1997 relatif à la loi fédérale sur les jeux de hasard et les maisons de jeu, FF 1997 III 137, 163 ch. 22), n'a pas été confirmée par le législateur. Les parlementaires ont estimé qu'une telle modification devait être envisagée dans le cadre de la révision de la LLP (BO 1998 CN 1943 ss), car elle constituait une entorse à l' art. 1 al. 2 LMJ et n'avait pas sa place dans la législation sur les maisons de jeu (BO 1998 CE 1173). Tant que cette loi n'a pas été révisée et que la question des jeux de hasard sur support électronique n'a pas été expressément réglée et ce de manière unifiée (cf. supra consid. 6.1 in fine), il appartient certes aux tribunaux fédéraux de se prononcer sur la soumission de tels jeux à la LMJ ou à la LLP, comme l'a encore rappelé récemment le Conseil fédéral (Message précité du 20 octobre 2010, FF 2010, 7271 ch. 2.1.7), mais en fonction du droit actuel. Lors de cette analyse, il ne revient en effet pas au Tribunal fédéral de tenir compte des modifications non retenues par les Chambres lors de la révision de la LMJ ni d'anticiper une éventuelle nouvelle répartition de la matière entre la LLP et la LMJ, qui découlerait soit de l'adoption de l'initiative populaire précitée, soit du contre-projet direct du Conseil fédéral (cf. supra consid. 6.1 et la référence à l' ATF 137 II 164 consid. 4.1 p. 170). BGE 137 II 222 S. 227 Il se trouve que, dans le droit positif, ni la LMJ ni la LLP ne définissent leur champ d'application respectif en fonction du support technique utilisé pour transposer le jeu de hasard. Le critère essentiel réside dans l'existence d'une loterie, dont la définition légale laisse place à une interprétation dynamique. C'est du reste grâce à ce critère évolutif que la LLP, qui date de 1923, régit aujourd'hui encore les jeux de loteries dont la plupart se présentent dans des formes qui, sur le plan technique, étaient inexistantes au moment de son élaboration (cf. CLAUDE ROUILLER, Jeux de loteries et paris professionnels, RDAF 2004 I p. 429 ss, 438). Par conséquent, dans leurs versions actuelles, on ne peut déduire ni de la LMJ ni de la LLP l'existence, à propos de la qualification juridique des jeux de hasard sur support électronique, d'une véritable lacune qu'il faudrait combler en appliquant à ce type de jeux la législation générale, soit la loi sur les maisons de jeu. L'interprétation préconisée par les recourantes ne peut donc être suivie. 7. Dès lors qu'il n'est pas d'emblée exclu qu'un jeu de hasard sur support électronique puisse tomber sous le coup de la LLP, il faut se demander si le jeu "Tactilo" peut être qualifié de loterie. 7.1 Selon l' art. 1 al. 2 LLP , est réputée loterie toute opération qui offre, en échange d'un versement ou lors de la conclusion d'un contrat, la chance de réaliser un avantage matériel consistant en un lot, l'acquisition, l'importance ou la nature de ce lot étant subordonnées, d'après un plan, au hasard d'un tirage de titres ou de numéros ou de quelque procédé analogue. La jurisprudence constante, rendue tant en matière de droit pénal que de droit administratif, considère que, pour qu'il y ait loterie au sens de l' art. 1 al. 2 LLP , il faut que les quatre éléments constitutifs suivants soient réunis: 1° le versement d'une mise ou la conclusion d'un contrat; 2° la chance de réaliser un avantage matériel, c'est-à-dire un gain; 3° l'intervention du hasard, qui détermine, d'une part, si un gain est acquis et qui en fixe, d'autre part, l'importance ou la nature; enfin, 4° la planification ( ATF 133 II 68 consid. 7.2 p. 75; ATF 132 IV 76 consid. 3.2 et 4.2.1 p. 80 s.; ATF 125 IV 213 consid. 1a p. 215; ATF 85 I 168 consid. 5 p. 176). La condition la plus délicate à apprécier est celle de la planification. C'est aussi la plus importante, car c'est avant tout cet élément qui permet de distinguer un jeu de hasard d'une loterie (cf. ATF 137 II 164 consid. 3.1 p. 168 et la référence à l'arrêt 6S.50/2005 du 26 octobre 2005 consid. 3; LEONOR PERRÉARD, Monopole des loteries et BGE 137 II 222 S. 228 paris en Suisse, Cahier de l'IDHEAP n° 238, 2008, p. 16; ROUILLER, op. cit., p. 434; MARKUS SCHOTT, Les jeux sont-ils faits-, auf dem Weg zu einer kohärenten Regulierung des Glücksspiels in der Schweiz, in Risiko und Recht, Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 2004, p. 495 ss, 502). Selon une pratique établie, la planification suppose l'existence d'un plan qui, d'avance, mesure exactement les gains en jeu attribués par l'organisateur, de sorte que ce dernier exclut son propre risque. Tel est le cas lorsque l'organisateur pose une limite au montant des sommes d'argent ou des marchandises offertes (lots clairement définis). En revanche, si l'organisateur promet un prix à tout participant sans pouvoir déterminer à l'avance leur nombre, il prend le risque d'avoir à verser des sommes importantes sans pouvoir les prévoir. Dans ce cas, la planification fait défaut. En principe, la détermination du risque sur la base d'un calcul de probabilités n'est pas suffisante pour admettre l'existence d'une planification ( ATF 137 II 164 consid. 4.2.1 et 4.2.2 p. 171 s.; ATF 133 II 68 consid. 7.2 p. 75 et les références). Le plan de loterie joue un rôle protecteur. Pour l'organisateur tout d'abord, dans la mesure où il supprime pratiquement tout risque de jeu; celui-ci n'assume qu'un risque commercial s'il ne place pas tous ses billets, surtout si seuls les billets gagnants sont vendus. Toutefois, le chiffre d'affaires et la perte éventuelle sont circonscrits par le plan (PERRÉARD, op. cit., p. 16 s.; ROUILLER, op. cit., p. 434). Ce dernier protège aussi les joueurs, qui ne jouent pas individuellement contre l'organisateur, mais les uns contre les autres; chaque joueur est en outre conscient à l'avance que le montant total des gains est inférieur au montant total des mises; enfin, le plan permet de garantir la sincérité et la loyauté du jeu ( ATF 137 II 164 consid. 4.3 p. 172; PERRÉARD, op. cit., p. 17; ROUILLER, op. cit., p. 434). 7.2 Les recourantes contestent l'importance donnée à la planification en tant que critère permettant de distinguer les loteries des jeux de hasard. Selon elles, la seule existence d'un plan n'a pas pour conséquence d'entraîner systématiquement la qualification de loterie. Ce faisant, elles souhaitent que le Tribunal fédéral revienne sur les critères de distinction mis en place depuis de nombreuses années (le premier arrêt posant les bases de l'exigence de la planification étant l' ATF 52 I 64 consid. 4 p. 66 s.). Une telle modification ne paraît pas opportune. D'une part, elle reviendrait à changer sans véritable motif, des critères de distinction certes imparfaits, mais qui ont néanmoins permis de délimiter la matière tant sur le plan pénal qu'administratif durant des années. BGE 137 II 222 S. 229 D'autre part et surtout, comme déjà indiqué en relation avec la distinction reposant sur le support utilisé (cf. supra consid. 6.3), des travaux législatifs sont en cours tendant à répartir différemment les matières entre la LMJ et la LLP. Dans ce contexte, on voit mal que le Tribunal fédéral, au travers d'une modification des critères de distinction de la législation actuelle, anticipe une révision qui devrait intervenir dans un proche avenir en changeant la répartition des compétences entre les cantons et la Confédération (cf. ATF 137 II 164 consid. 4.4 p. 173). C'est donc sur la base des conditions et de la notion de planification telles qu'elles ressortent de la jurisprudence établie (cf. supra consid. 7.1) que la qualification du jeu "Tactilo" doit être examinée. 7.3 En l'espèce, il n'est pas contesté que le jeu "Tactilo" réunit les trois première conditions pour être qualifié de jeu de hasard. Pour y jouer, il faut acheter un billet; le joueur obtient ainsi une chance de réaliser un gain patrimonial, qui dépend d'un tirage au sort. Quant à la planification, il ressort des faits constatés par le Tribunal administratif fédéral, d'une manière qui lie la Cour de céans ( art. 105 al. 2 LTF ) que les jeux sont organisés sur la base de plans qui se révèlent identiques à ceux des loteries à prétirage sur papier. Ainsi, tous les billets émis lors d'un jeu sont prédéfinis, de même que tous ceux permettant la réalisation d'un gain. Une fois acheté, un billet est retiré du système et ne peut plus être acquis par un autre joueur. Le jeu se termine nécessairement avec la vente de tous les billets ou par son interruption par l'organisateur, faute d'un nombre suffisant de billets restants. Si une nouvelle émission est mise en place, celle-ci se conforme à un nouveau plan. Le plan des jeux indique en outre le prix de chacun des billets mis en vente, leur nombre et la liste complète des billets gagnants avec les gains correspondants. Le tirage a lieu avant la distribution du jeu. Le risque que court l'organisateur est donc limité par le plan et, du point de vue des joueurs, le montant des gains étant défini à l'avance et inférieur à la somme des mises attendues, ceux-ci sont conscients que, même en achetant tous les billets disponibles, leur gain resterait inférieur à la mise totale qu'ils auront déboursée. Les joueurs jouent les uns contre les autres et non contre l'organisateur, dans la mesure où ils savent que chaque lot gagné par l'un ne pourra pas l'être par un autre. La détermination du risque diffère des règles de probabilité des pures machines à sous, dès lors que celles-ci ne visent qu'à réduire le risque des exploitants et que les chances de chaque joueur sont les mêmes pour chaque BGE 137 II 222 S. 230 mise, ce qui n'est pas le cas du jeu "Tactilo". Il est vrai que la machine offre au joueur la possibilité de choisir un billet et de le jouer plusieurs fois (au maximum 5), ce qui permet d'accroître son gain si le billet est gagnant (fonction "BET"). Selon les constatations de l'arrêt attaqué, cette fonction n'influe toutefois ni sur la masse totale des gains, ni sur le nombre total des billets reçus, de sorte qu'elle ne remet pas en cause le plan. En outre, des modérateurs sont mis en place. Ainsi, les billets de banque ne peuvent être utilisés; la mise maximale est de 5 fr.; lorsqu'un joueur dépasse un crédit de plus de 50 fr., le jeu s'interrompt; la machine imprime des tickets de paiement à encaisser et les gains de plus de 50 fr. ne peuvent être recouvrés qu'après l'écoulement de 48 heures. Compte tenu de ces éléments, on ne peut faire grief au Tribunal administratif fédéral d'avoir admis que les jeux "Tactilo" répondaient à l'exigence de la planification et que, partant, ils entraient dans la définition d'une loterie au sens de l' art. 1 al. 2 LPP , même s'il est indéniable que le support électronique utilisé rend la distinction avec les machines à sous que l'on trouve dans les casinos moins évidente qu'en présence d'une loterie sur tirage papier (cf. ATF 137 II 164 consid. 3.2.1 p. 168; PERRÉARD, op. cit., p. 22 s.). 7.4 Lorsque les recourantes reprochent au Tribunal administratif d'avoir retenu que, pour les joueurs, les appareils "Tactilo" sont reconnaissables comme jeux de loterie, elles perdent de vue que savoir ce qu'une personne sait ou comprend relève des constatations de fait ( ATF 132 III 122 consid. 4.5.3 p. 136; ATF 124 III 182 consid. 3 p. 183 s.), qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ), à moins que les faits aient été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit (cf. art. 105 al. 2 LTF ), soit arbitrairement (arrêt 2C_239/2010 du 30 juin 2010 consid. 2.1). Or, sur ce point, les recourantes ne font qu'opposer leur propre appréciation à celle de l'autorité inférieure, ce qui n'est pas suffisant. Il ne sera donc pas entré plus avant sur ces critiques appellatoires. 7.5 Il n'est pas contesté que le jeu "Tactilo", dès lors qu'il a pour support une machine électronique, présente des différences par rapport à une loterie dont les billets sont émis sur papier. Ces différences, tels la vitesse de jeu, le potentiel de pertes ou le taux de redistribution, sont inhérentes au support utilisé, tout en étant tempérées par les modérateurs mis en place. Comme l'a du reste relevé pertinemment le Tribunal administratif fédéral, le point de savoir si ces BGE 137 II 222 S. 231 caractéristiques représentent, pour le joueur, un risque d'addiction comparable à celui d'une machine à sous traditionnelle, n'est pas propre à remettre en cause la qualification juridique du jeu "Tactilo", mais relève des mesures de sécurité et de surveillance propres à de tels jeux. De telles mesures sont non seulement prévues partiellement dans la LLP (cf. art. 7 ss LLP ), mais les cantons peuvent aussi adopter des législations complémentaires à cet égard (cf. ATF 135 II 338 consid. 3.2.1 p. 346 s.), ce qu'ils ont fait au travers de la Convention intercantonale entrée en vigueur en 2006 (CILP; cf. supra consid. 6.1). Les mesures prises par les cantons ont du reste fait l'objet d'une évaluation par la Confédération, qui a retenu que ceux-ci avaient remédié à un grand nombre des carences constatées dans le domaine des loteries et paris (Message précité du 20 octobre 2010, FF 2010 7270 ch. 2.1.6). Le fait que les machines "Tactilo" puissent comporter un risque supérieur, pour les joueurs, à une loterie sur tirage papier n'est donc, en vertu des critères figurant dans le droit en vigueur, pas déterminant pour les qualifier de jeux de hasard et prohiber leur installation et leur exploitation en dehors des maisons de jeu titulaires d'une concession. On ne voit pas qu'en adoptant ce raisonnement le Tribunal administratif fédéral aurait violé l' art. 106 al. 2 Cst. ou l' art. 2 LMJ , contrairement à ce qu'affirment les recourantes. Les critiques des recourantes concernant le refus du Tribunal administratif fédéral de soumettre les distributeurs "Tactilo" à la LMJ sont donc infondées.
public_law
nan
fr
2,011
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f96422a8-e872-45c4-8c49-3659c5640616
Urteilskopf 140 III 320 49. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Nachlassmasse der SAirLines AG in Nachlassliquidation und Nachlassmasse der SAirGroup AG in Nachlassliquidation gegen Masse en faillite ancillaire de Sabena SA (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014
Regeste Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ ; sachlicher Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens; Ausschluss von Konkursen, Vergleichen und ähnlichen Verfahren. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils gegen Gesellschaften in Nachlassliquidation nach Art. 317-331 SchKG . Ausnahme gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ vorliegend bejaht (E. 6-10).
Sachverhalt ab Seite 321 BGE 140 III 320 S. 321 Die Masse en faillite ancillaire de Sabena SA (Beschwerdegegnerin) ist die schweizerische IPRG-Konkursmasse (im Sinne von Art. 170 IPRG ) der am 7. November 2001 in Konkurs geratenen belgischen Luftfahrtgesellschaft Sabena SA (nachfolgend: Sabena). Die SAirLines AG (nachfolgend: SAirLines) war eine im Jahr 1997 gegründete Tochtergesellschaft der SAirGroup AG (nachfolgend: SAirGroup), der ehemaligen "Swissair" Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft. Am 5. Oktober 2001 wurde der SAirLines und der SAirGroup je die provisorische Nachlassstundung bewilligt. Sodann wurde am 20. Juni 2003 der jeweilige Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ( Art. 317 SchKG ) bestätigt. Die Beschwerdeführerinnen sind die Massen dieser beiden Gesellschaften in Nachlassliquidation (vgl. Art. 319 SchKG ). In Belgien ist vor der Cour d'appel de Bruxelles ein Zivilprozess hängig (nachfolgend: belgischer Prozess), der zum Gegenstand hat, ob unter anderem die SAirGroup und die SAirLines im Zusammenhang mit der kommerziellen Kooperation zwischen dem SAir-Konzern und der Sabena vertragliche und/oder ausservertragliche Verpflichtungen verletzt haben respektive ob dadurch eine Schadenersatzpflicht ausgelöst wurde. Am 27. Januar 2011 erging in diesem Verfahren ein Vorentscheid (nachfolgend: belgisches Urteil). Gemäss den Erläuterungen der Vorinstanz wird in Dispositivziffer 7 lit. a festgestellt, dass die SAirGroup und SAirLines direkt für den Konkurs von Sabena verantwortlich seien, da sie die Vereinbarung vom 2. August 2001 (Astoria Agreement) nicht erfüllt hätten. In Dispositivziffer 7 lit. b hält der Gerichtshof fest, dass der kausal daraus resultierende Schaden der Passivenzunahme aufgrund der Eröffnung des Konkurses (über die Sabena) entspreche (sog. Diskontinuitätsschaden). Sodann werden in Dispositivziffer 7 lit. c die SAirGroup und SAirLines unter solidarischer Haftbarkeit verpflichtet, an die Konkursmasse der BGE 140 III 320 S. 322 Sabena - einstweilen - die Summe von EUR 18'290'800.60 zu bezahlen. Die Beschwerdegegnerin beantragte daraufhin beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich, das belgische Urteil sei anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte die vom Einzelrichter ausgesprochene Vollstreckbarerklärung von Dispositivziffer 7 lit. c und anerkannte das belgische Urteil hinsichtlich der Dispositivziffern 7 lit. a und b. Das Bundesgericht heisst die dagegen gerichtete Beschwerde gut und weist das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des belgischen Urteils ab, soweit darauf einzutreten ist. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. 6.1 Das Bundesgericht folgt bei der Auslegung des Lugano-Übereinkommens (LugÜ; SR 0.275.12) nach ständiger Praxis grundsätzlich der Rechtsprechung des EuGH zum Europäischen Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) sowie zur Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO; ABl. L 12 vom 16. Januar 2001 S. 1), die das EuGVÜ für die Vertragsstaaten der Europäischen Union ersetzt hat. Soweit ein Entscheid des EuGH sich indessen massgeblich auf gemeinschaftsrechtliche Grundsätze stützt, die weder dem LugÜ noch den Rechtsordnungen der Vertragsstaaten entnommen worden sind, ist diesem Umstand insofern Rechnung zu tragen, als diese Grundsätze und die sich daraus ergebenden Auslegungsfolgen nicht unbesehen auf die Auslegung des revidierten LugÜ zu übertragen sind ( BGE 139 III 345 E. 4, BGE 139 III 232 E. 2.2; BGE 138 III 386 E. 2.6; BGE 135 III 185 E. 3.2; siehe Art. 1 zu Protokoll Nr. 2 LugÜ). 6.2 Nach der grundlegenden Rechtsprechung des EuGH erfasst der Ausschlusstatbestand von Art. 1 Abs. 2 Ziff. 2 EuGVÜ neben dem Insolvenzverfahren als solchem (Gesamtverfahren) auch sogenannte Einzelverfahren. Allerdings sind "Entscheidungen, die sich auf ein Insolvenzverfahren beziehen, (...) nur dann von der Anwendung des Übereinkommens ausgeschlossen, wenn sie unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und sich eng innerhalb des Rahmens eines BGE 140 III 320 S. 323 Konkurs- oder Vergleichsverfahrens (...) halten" (Urteil des EuGH vom 22. Februar 1979 C-133/78 Gourdain gegen Nadler, Randnr. 4). Eine Klage, die derartige Merkmale aufweist, fällt daher nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens (vgl. Urteil des EuGH vom 12. Februar 2009 C-339/07 Seagon gegen Deko Marty Belgium NV, Randnr. 19). 6.3 In seiner auf dieser Rechtsprechung aufbauenden publizierten Praxis erachtete es das Bundesgericht hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des Lugano-Übereinkommens für massgebend, ob das betreffende Verfahren seine Grundlage im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht hat. Verfahren, die aller Wahrscheinlichkeit nach auch ohne den Konkurs erhoben worden wären, fallen nicht unter den Ausschlusstatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ ( BGE 131 III 227 E. 3.2; BGE 129 III 683 E. 3.2; BGE 125 III 108 E. 3d S. 111). Bedeutung wurde sodann unter anderem der Frage zugemessen, ob das Verfahren der Vergrösserung der Konkursmasse dient ( BGE 131 III 227 E. 4.1; BGE 129 III 683 E. 3.2). Aus diesen Grundsätzen folgerte das Bundesgericht namentlich, dass das Lugano-Übereinkommen auf die nach Konkurseröffnung eingeleitete Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG nicht anwendbar ist ( BGE 131 III 227 E. 3.3 und 4). Weiter führte das Bundesgericht in einer nicht publizierten Erwägung aus, die Klage einer italienischen Konkursverwaltung gegen einen in der Schweiz wohnhaften Schuldner bezwecke die Vergrösserung der ausländischen Konkursmasse und wäre ohne das Konkursverfahren in Italien nicht eingeleitet worden, weshalb sie nicht unter das LugÜ falle (Urteil 4A_231/2007 vom 6. März 2008 E. 4.2, nicht publ. in: BGE 134 III 366 ). Ferner qualifizierte das Bundesgericht eine Widerklage als konkursrechtlich, mit der die Widerklägerin eine Vereinbarung rückabzuwickeln suchte, die sie mit einem deutschen Insolvenzverwalter abgeschlossen hatte ( BGE 139 III 236 E. 5.2). Unter anderem wurde in diesem Urteil auf die (Widerklage-)Begründung abgestellt, aus der sich ergab, dass der Prozess inhaltlich die Anfechtungsansprüche der Konkursmasse gegen die Widerklägerin nach deutschem Insolvenzrecht betraf, womit er einen konkursrechtlichen Gegenstand hatte. 6.4 In seiner jüngeren Rechtsprechung hat sich der EuGH seinerseits zweimal zum Ausnahmetatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO geäussert: Im Streitfall, der dem Urteil des EuGH vom 2. Juli 2009 C-111/08 SCT Industri gegen Alpenblume zugrunde lag, hatte ein schwedischer BGE 140 III 320 S. 324 Konkursverwalter Anteile an einer österreichischen Gesellschaft an eine schwedische Gesellschaft verkauft. Letztere wurde in Österreich als Inhaberin der Gesellschaftsanteile eingetragen. Ein österreichisches Urteil stellte in der Folge fest, dass diese Eintragung ungültig gewesen sei. Die Käuferin erhob daraufhin in Schweden Klage auf Rückübertragung der Anteile. Im Rahmen dieses Verfahrens war die Anerkennung des österreichischen Urteils streitig. Der EuGH hielt fest, für die Anwendung von Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO sei die "Enge des Zusammenhangs" entscheidend, der im Sinne des Urteils Gourdain zwischen einer gerichtlichen Klage und dem Konkursverfahren bestehe (Randnr. 25). Sodann befand er, vorliegend sei dieser Zusammenhang besonders eng (Randnr. 26), da zum einen die streitige Übertragung und die daran anknüpfende Rückforderungsklage "unmittelbare und untrennbare Folge dessen [seien],dass der Konkursverwalter, also ein Rechtssubjekt, das erst nach Einleitung eines Konkursverfahrens tätig wird, ein Vorrecht ausgeübt hat, das er eigens Bestimmungen des nationalen Rechts entnimmt, die für diese Art von Verfahren gelten." Dies spiegle sich darin, dass sich nach dem Verkauf der fraglichen Gesellschaftsanteile durch den Konkursverwalter die Masseaktiven erhöht hätten (Randnr. 28 f.). Zum anderen - so der EuGH weiter - stelle das österreichische Urteil, das die Unwirksamkeit der Übertragung der Gesellschaftsanteile erklärt habe, einzig und allein auf den Umfang der Befugnisse des betreffenden Konkursverwalters im Rahmen eines Konkursverfahrens und insbesondere dessen Befugnis ab, über Vermögen in Österreich zu verfügen (Randnr. 30). Dieser Entscheid wurde in der Literatur kritisiert (siehe PETER MANKOWSKI, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung[NZI] 2009 S. 572;PAUL OBERHAMMER, Im Holz sind Wege [...], Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts [IPRax]2010 S. 318 und 322-324; WALTER/DOMEJ, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 5. Aufl. 2012, S. 189 Fn. 52; zweifelnd auch: CHRISTOPH THOLE, Vis attractiva concursus europaei? [...],Zeitschrift für Europäisches Privatrecht [ZEuP] 2010 S. 919 f.;RAINER HAUSMANN, in: Brüssel I-Verordnung, Kommentar [...], 2012,N. 82 zu Art. 1 EuGVVO, Fn. 258). So wurde namentlich zu bedenken gegeben, es könne für eine Ausnahme vom Übereinkommen nicht genügen, dass ein ausländisches Zivilverfahren Auswirkungen auf die Konkursmasse habe, da sich mit diesem Kriterium die notwendige "Enge" zum Konkurs nicht abgrenzen lasse (MANKOWSKI, a.a.O., S. 572; OBERHAMMER, a.a.O., S. 323; THOLE, a.a.O., S. 919). Sodann BGE 140 III 320 S. 325 wurde vorgebracht, die Verfügungsmacht des Konkursverwalters sei vorliegend lediglich eine Vorfrage gewesen, was für einen Ausschluss nach Art. 1 Abs. 2 LugÜ nicht ausreiche (MANKOWSKI, a.a.O., S. 572; OBERHAMMER, a.a.O., S. 322). Von anderer Seite erhielt der Entscheid allerdings auch Zustimmung (siehe KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, N. 35 zu Art. 1 EuGVVO; HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 4. Aufl. 2010, S. 40; ANDREAS PIEKENBROCK, Zeitschrift für Insolvenzrecht [KTS] 2009 S. 539 und 546 f.). Insbesondere wurde geltend gemacht, die von den Kritikern geforderte Abgrenzung einer (insolvenzrechtlichen) Vorfrage vom (nicht insolvenzrechtlichen) Streitgegenstand trage dem Streitgegenstandsverständnis des EuGH nicht Rechnung (PIEKENBROCK, a.a.O., S. 546 f.; KROPHOLLER/VON HEIN, a.a.O., N. 35 zu Art. 1 EuGVVO). Einigkeit besteht hingegen darüber, dass der EuGH im Urteil SCT Industri den Ausschlusstatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO in der praktischen Anwendung weit interpretiert hat (siehe FELIX DASSER, in: Lugano-Übereinkommen [...], Dasser/Oberhammer [Hrsg.],2. Aufl. 2011, N. 83 zu Art. 1 LugÜ ; THOLE, a.a.O., S. 919; vgl. auch OBERHAMMER, a.a.O., S. 324, der mit Blick auf dieses Urteil eine "exzessiv[e] Ausdehnung des Insolvenztatbestands"befürchtet). In dem kurz danach ergangenen Urteil vom 10. September 2009 C- 292/08 German Graphics gegen van der Schee ging es demgegenüber um die Abgrenzung zwischen der EuGVVO und der Verordnung (EG) Nr.1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 160 vom 30. Juni 2000 S. 1). In diesem Entscheid verneinte der EuGH die Frage, ob eine auf einen Eigentumsvorbehalt gestützte Klage eines Verkäufers gegen einen Käufer aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Letzteren vom Anwendungsbereich der EuGVVO ausgeschlossen ist. Zur Begründung verwies er in allgemeiner Form auf die Intention des Gemeinschaftsgesetzgebers, den Anwendungsbereich der EuGVVO "weit" zu fassen (Randnrn. 23-25). Gleichzeitig erwähnte er aber das Urteil SCT Industri in anderer Hinsicht ohne jede Einschränkung (Randnr. 28) und stellte weiterhin auf die "Enge der Verbindung" zwischen der Klage und dem Konkursverfahren ab. Im vorliegenden Fall hielt er den Zusammenhang weder für unmittelbar noch eng genug (Randnrn. 29-34). Diese Beurteilung wurde in der Literatur gutgeheissen (MORITZ BRINKMANN, Der Aussonderungsstreit BGE 140 III 320 S. 326 im internationalen Insolvenzrecht [...],IPRax 2010 S. 327; OBERHAMMER, a.a.O., S. 324; THOLE, a.a.O., S. 922). 7. Die Beschwerdeführerinnen weisen zu Recht darauf hin, dass das Verhältnis zwischen den in der Schweiz laufenden Nachlassverfahren betreffend den SAir-Konzern und den vor ausländischen Gerichten hängigen Zivilprozessen gegen die Konzerngesellschaften schon in der Vergangenheit zu Gerichtsverfahren geführt hat. So hatten insbesondere die in der Beschwerde als Präjudizien angerufenen BGE 133 III 386 und BGE 135 III 127 Ansprüche der belgischen Mehrheitsaktionäre der Sabena gegen die SAirLines zum Gegenstand. 7.1 In BGE 133 III 386 erkannte das Bundesgericht, dass die Vormerkung streitiger Forderungen (pro memoria) im Kollokationsplan (der SAirLines) gemäss Art. 63 der Verordnung des Bundesgerichts vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter (KOV; SR 281.32) bei einem Prozess in Belgien ausser Betracht falle. Als entscheidend beurteilte es dabei, dass aufgrund der verfahrensrechtlichen Natur der Auseinandersetzung das Territorialitätsprinzip gelte und die schweizerischen Gerichte für das Kollokationsverfahren ( Art. 244-251 SchKG ) im hierzulande durchgeführten Nachlassvertrag international zuständig seien (E. 4). Bereits in BGE 130 III 769 hatte das Bundesgericht erwogen, Art. 207 SchKG beziehe sich nur auf Prozesse im Inland, weshalb der darauf beruhende Art. 63 KOV bei Prozessen im Ausland nicht anwendbar sei. Folglich habe die Konkursverwaltung eine angemeldete Forderung ohne Rücksicht auf den im Zeitpunkt der Konkurseröffnung hängigen Prozess im Ausland zu erwahren (E. 3). In BGE 135 III 127 ging es sodann um die Sistierung des Kollokationsprozesses gegen die SAirLines AG in Nachlassliquidation im Hinblick auf den in Belgien gegen dieselbe Beklagte hängigen Zivilprozess. Das Bundesgericht hob in seinem Urteil die kantonal gewährte Sistierung auf. In der Begründung setzte es sich mit dem Argument auseinander, dass der belgische Richter für den schweizerischen Kollokationsrichter verbindlich über den Bestand der Forderung entscheiden könne. Es verneinte "diese Verbindlichkeit" (E. 3.3.2), so wie auch die Frage nach der "Anerkennbarkeit eines ausländischen Urteils als Kollokationsurteil" (E. 3.3.3). Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, mangels einer gesetzlichen Grundlage sei das in Belgien ergehende Urteil "hinsichtlich der Konkursforderungen in materieller Hinsicht für den schweizerischen Kollokationsrichter nicht verbindlich" (E. 3.3.4). BGE 140 III 320 S. 327 7.2 Der letztgenannte Entscheid hat zu einer Intervention des Königreichs Belgien gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag (IGH) wegen einer Verletzung des Lugano-Übereinkommens geführt (siehe Requête introductive d'instance vom 21. Dezember 2009; vgl. zu diesem Verfahren auch CHRISTIAN KOHLER, La Convention de Lugano devant la Cour internationale de Justice: L'affaire Belgique c. Suisse, SZIER 2012 S. 441-485). Auch in der Lehre ist die bundesgerichtliche Rechtsprechung auf Kritik gestossen. So wurde insbesondere geltend gemacht, die Auffassung, das künftige belgische Urteil wäre im Kollokationsverfahren unverbindlich, verletze das LugÜ. Da es sich dabei um ein anerkennungsfähiges Zivilurteil handle - so die Kritik -, müsse das schweizerische Kollokationsgericht seine Rechtskraft respektieren, d.h. den darin beurteilten Bestand der Forderung dem Kollokationsurteil zugrunde legen (siehe KOHLER, a.a.O., S. 477-479; IVO SCHWANDER, SZIER 2009 S. 426 f.; ROHNER/LERCH, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 58 zu Art. 1 LugÜ ; vgl. ferner auch DANIEL HUNKELER, Entwicklung des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts in den Jahren 2007 und 2008, in: Aktuelle Anwaltspraxis 2009, Fellmann/Poledna [Hrsg.], S. 1369; FRANCO LORANDI, AJP 2008 S. 485-487). Belgien zog das Begehren vor dem IGH schliesslich zurück, nachdem die Schweiz im Wesentlichen argumentiert hatte, das Bundesgericht habe sich noch gar nicht rechtskräftig zur Anerkennung eines zukünftigen belgischen Urteils geäussert (vgl. Exceptions préliminaires de la Confédération suisse vom 17. Februar 2011, Rz. 74- 87 und 103 sowie Ordonnance vom 5. April 2011). 7.3 In der Tat hat das Bundesgericht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen in BGE 135 III 127 nicht entschieden, ob das dereinstige belgische Urteil in der Schweiz ungeachtet des Umstands, dass sich die Beklagten in Nachlassliquidation befinden und ihre Verbindlichkeiten Gegenstand des Kollokationsverfahren sind, anerkannt respektive für vollstreckbar erklärt werden kann. Es verneinte in diesem Entscheid lediglich die Anerkennbarkeit eines ausländischen Urteils "als Kollokationsurteil". Zur Begründung führte es unter Berufung auf BGE 133 III 386 E. 4.3.2 und 4.3.3 aus, die schweizerischen Gerichte seien für das Kollokationsverfahren wegen der verfahrens- und vollstreckungsrechtlichen Natur der Auseinandersetzung international zwingend zuständig. Weiter erwog es, dass Kollokationsurteile unter den Begriff der Entscheidungen in "Konkurs- und Nachlassvertragssachen" gemäss Art. 1 Abs. 2 des Abkommens vom 29. April 1959 zwischen der Schweiz und Belgien über die Anerkennung und BGE 140 III 320 S. 328 Vollstreckung von gerichtlichen Entscheiden und Schiedssprüchen (SR 0.276.191.721) fielen und dass auch eine Anerkennung nach den allgemeinen Bestimmungen gemäss Art. 25 ff. IPRG [SR 291] ausser Betracht falle (E. 3.3.3). Der Sache nach wurde damit gleichzeitig erkannt, dass Kollokationsurteile als konkursrechtliche Entscheidungen nicht unter das Lugano-Übereinkommen fallen, wie es denn auch der herrschenden Lehre in der Schweiz entspricht (DASSER, a.a.O., N. 88 zu Art. 1 LugÜ ; WALTER/DOMEJ, a.a.O., S. 190 f.; DOMENICO ACOCELLA, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ] zum internationalen Zivilverfahrensrecht, Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 110 zu Art. 1 LugÜ ; BRUNNER/REUTTER, Kollokations- und Widerspruchsklage nach SchKG, 2. Aufl. 2002, S. 50 f.), in BGE 133 III 386 E. 4 aber noch offengelassen worden war. Mit dieser Erläuterung nahm das Bundesgericht auf die in der Literatur vertretene Meinung Bezug, wonach ein nach Beginn der Generalexekution fortgeführter ausländischer Prozess aus schweizerischer Sicht gemäss Art. 63 Abs. 3 KOV zum Kollokationsprozess gemäss Art. 250 SchKG und das Urteil zum Kollokationsurteil werde (so noch ANDREA BRACONI, La collocation des créances en droit international suisse de la faillite, 2005, S. 150 f., unter Hinweis auf mittlerweile überholte Rechtsprechung). Diese Auffassung machte sich das Bundesgericht indessen nicht zu eigen, zumal es an anderer Stelle ausdrücklich unter Hinweis auf BGE 130 III 769 bemerkte, Art. 63 KOV sei auf im Ausland hängige Prozesse gerade nicht anwendbar (E. 3.3.1). 8. 8.1 Wie der angefochtene Entscheid zutreffend bemerkt, hat das belgische Urteil, über dessen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung vorliegend zu befinden ist, keine Kollokationsklage, sondern eine zivilrechtliche Forderungs- respektive Haftungsklage zum Gegenstand. Es beurteilt den Schadenersatzanspruch der Sabena gegen die SAirGroup sowie die SAirLines wegen Nichterfüllung des Astoria Agreement. Dem entspricht es, dass sich das belgische Urteilsdispositiv nicht dazu äussert, ob und in welcher Form die Sabena (oder ihre Masse) im Nachlassverfahren der SAirGroup und der SAirLines zu kollozieren und folglich bei der Liquidation der Insolvenzmassen zu berücksichtigen ist. 8.2 Umgekehrt ist der zivilrechtliche Bestand der Forderung genau genommen nicht Gegenstand des in der Schweiz hängigen Kollokationsprozesses. Dieser dient vielmehr ausschliesslich der Bereinigung des BGE 140 III 320 S. 329 Kollokationsplans, d.h. der Feststellung der Forderungen, die am Konkursergebnis nach Bestand, Höhe, Rang und allfälligen Vorzugsrechten am Vermögen des Schuldners teilzunehmen haben ( BGE 133 III 386 E. 4.3.3 S. 390; BGE 98 II 313 E. 4). Allerdings hat der schweizerische Kollokationsrichter den zivilrechtlichen Bestand der Forderung vorfrageweise zu überprüfen, um über die Kollokation zu befinden (vgl. BGE 133 III 386 E. 4.3.3 S. 390). 8.3 Dieser Zusammenhang wirft die grundsätzliche Frage auf, inwiefern allfällige zivilrechtliche Forderungsprozesse gegen den insolventen Schuldner mit dem (die identischen Forderungen betreffenden) zwangsvollstreckungsrechtlichen Kollokationsstreit zu koordinieren sind: 8.3.1 In diesem Sinne ist - für nationale Sachverhalte - anerkannt, dass die Konkursverwaltung und das Kollokationsgericht an die Feststellungen über Bestand und Höhe einer Forderung gebunden sind, die sich aus einem vor der Konkurseröffnung in Rechtskraft erwachsenen Urteil ergeben (Urteil 5A_476/2007 vom 2. November 2007 E. 3; DIETER HIERHOLZER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 2. Aufl. 2010, N. 15 zu Art. 244 SchKG ). Entsprechendes hat ohne Weiteres auch im internationalen Verhältnis zu gelten: So ist die Rechtskraft einer nach dem Lugano-Übereinkommen anerkennbaren ausländischen Entscheidung grundsätzlich bei jeder inländischen Rechtsanwendung als Vorfrage zu beachten (siehe ROLF SCHULER, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 8 zu Art. 33 LugÜ ; KROPHOLLER/VON HEIN, a.a.O., N. 11 vor Art. 33 EuGVVO; vgl. auch FRIDOLIN WALTHER, in: Lugano-Übereinkommen [...], Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2011,N. 10 zu Art. 33 LugÜ ). Dementsprechend ist ein rechtskräftiges ausländisches Zivilurteil aus dem Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens, das ergeht, bevor der schweizerische Konkurs eröffnet worden ist, im schweizerischen Kollokationsverfahren zu beachten, sofern die Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind (siehe HIERHOLZER, a.a.O., N. 35 zu Art. 247 SchKG ; FRANCO LORANDI, Grenzüberschreitende Aspekte in der Insolvenz - ausgewählte Fragen [imFolgenden: Aspekte], in:Sanierung und Insolvenz von Unternehmen II, Sprecher [Hrsg.],2012, S. 37; ähnlich auch THOMAS SPRECHER, Schweizerischer Konkurs und ausländischer Prozess, in: Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht III, Spühler [Hrsg.], 2003,S. 35 f.). Wie bei inländischen Zivilurteilen bleibt immerhin die Überprüfung unter konkursrechtlichen Aspekten, so etwa der BGE 140 III 320 S. 330 Anfechtbarkeit nach den Art. 285 ff. SchKG , vorbehalten (vgl. LORANDI, Aspekte, a.a.O., S. 37; SCHWANDER, a.a.O., S. 427; ROHNER/LERCH, a.a.O., N. 58 zu Art. 1 LugÜ ; vgl. auch BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 62 f.). 8.3.2 Weitere Gesichtspunkte müssen demgegenüber beachtet werden, wenn wie vorliegend bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch kein rechtskräftiges Urteil über die Forderung gegen den Schuldner vorliegt. In dieser Konstellation ist einerseits zu überlegen, ob der Forderungsprozess und der die gleiche Forderung betreffende Kollokationsstreit grundsätzlich unabhängig voneinander stattfinden können, und andererseits, was zu geschehen hat, wenn der Zivilprozess zu einer rechtskräftigen Beurteilung des Forderungsstreits führt, solange noch nicht rechtskräftig über die Kollokation entschieden worden ist. Für das Binnenverhältnis ordnen Art. 207 Abs. 1 SchKG sowie Art. 63 KOV an, dass ein bei Konkurseröffnung bereits hängiger Zivilprozess grundsätzlich eingestellt wird, später aber von der Masse oder von einzelnen Gläubigern nach Artikel 260 SchKG fortgeführt werden kann. Der Zivilprozess wird gegebenenfalls zum Kollokationsprozess ( BGE 135 III 127 E. 3.3.1). Dadurch wird grundsätzlich verhindert, dass während des Konkursverfahrens parallel zum Kollokationsstreit ein Zivilprozess über die zu kollozierende Forderung stattfindet und darin ein Urteil ergeht (vgl. immerhin BGE 133 III 377 E. 8; BGE 132 III 89 E. 2). Im internationalen Verhältnis, wo entsprechende Koordinationsregeln fehlen, nimmt das Kollokationsverfahren am schweizerischen Konkursort demgegenüber unbeeinflusst von der Rechtshängigkeit eines ausländischen Forderungsprozesses seinen Lauf (vgl. E. 7.1). Es ist demzufolge möglich, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein ausländisches Zivilurteil ergeht und sodann im Kollokationsprozess vorgelegt wird. Welche Wirkungen das entsprechende Zivilurteil gegenüber der Konkursmasse respektive den anderen Gläubigern entfaltet, wenn eine autonome Rechtsbestimmung oder gar ein völkerrechtlicher Vertrag seine Anerkennung und Vollstreckung vorschreibt, braucht an dieser Stelle indessen - wie sogleich aufzuzeigen ist (E. 9 und 10) - nicht beurteilt zu werden. 9. 9.1 Mit der Bewilligung der provisorischen Nachlassstundung am 5. Oktober 2001 wurde über die Beschwerdeführerinnen je ein Nachlassverfahren eröffnet, das am 20. Juni 2003 jeweils in einen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ( Art. 317-331 SchKG ) mündete. BGE 140 III 320 S. 331 Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ist eine konkursähnliche Generalliquidation des Schuldnervermögens; wie im Konkurs wird das Schuldnervermögen verselbständigt und bildet die Nachlassmasse ( BGE 134 III 273 E. 4.6.2 mit weiteren Hinweisen). Er bezweckt, das abgetretene Schuldnervermögen zur Gläubigerbefriedigung zu liquidieren (siehe AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 9. Aufl. 2013, § 55 Rz. 21). Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung enthält den Verzicht der Gläubiger auf den durch den Verwertungserlös nicht gedeckten Forderungsbetrag ( Art. 318 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG ). Das Liquidationsverfahren findet seinen Abschluss darin, dass das abgetretene Schuldnervermögen verwertet ist. Nach Beendigung der Liquidation meldet der Liquidator beim Handelsregister die Löschung der Rechtseinheit an (Art. 161 Abs. 4 der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 [SR 221.411]). Dies bedeutet, dass die Gläubiger nach Eröffnung des Nachlassverfahrens ihre Forderungen nur noch in dessen Rahmen durchsetzen können. In Übereinstimmung hiermit bestreitet die Beschwerdegegnerin denn auch nicht die Ausführung der Beschwerdeführerinnen, wonach das belgische Urteil ausserhalb der Nachlassliquidation keine Bedeutung habe, sondern hält diesen Umstand bloss für unerheblich für die Frage der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. Die von ihr und der Vorinstanz immerhin erwähnte theoretische Möglichkeit, dass ein Nachlassvertrag widerrufen werden könnte ( Art. 313 SchKG ), ändert an dieser Sachlage nichts. Denn hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. 9.2 Die Beschwerdegegnerin trat im Februar 2003 dem von ihren belgischen Mehrheitsaktionären beim Handelsgericht von Brüssel anhängig gemachten Verfahren infolge Streitverkündung bei. Den vorliegend prozessgegenständlichen (Konkurs-)Schaden aus der Verletzung des Astoria Agreement machte sie nach unbestritten gebliebener und mit dem Urteil des Obergerichts vom 8. November 2012 übereinstimmender Darstellung der Beschwerdeführerinnen erstmals im Rahmen einer Klageergänzung vom 14. Februar 2003 geltend. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Beschwerdeführerinnen seit geraumer Zeit in einem Nachlassverfahren und somit in Generalexekution. An dieser zeitlichen Abfolge vermag auch der von der Beschwerdegegnerin hervorgehobene Umstand nichts zu ändern, dass die Liquidationsvergleiche in den Nachlassverfahren erst am 20. Juni 2003 vom Nachlassrichter bestätigt wurden und bis zu diesem Zeitpunkt BGE 140 III 320 S. 332 nicht feststand, ob nicht doch noch der Konkurs über die Beschwerdeführerinnen eröffnet würde (vgl. Art. 309 SchKG ). Denn bereits die Nachlassstundung zeitigt gleichartige Wirkungen wie die Konkurseröffnung: Die individuelle Weiterverfolgung von Gläubigeransprüchen ist ausgeschlossen, wie auch die Veränderung der Verhältnisse unter den Gläubigern (vgl. BGE 125 III 154 E. 3b S. 157 f.; LUCIEN GANI, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 1 zu Art. 297 SchKG ; ALEXANDER VOLLMAR, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 2. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 297 SchKG ; vgl. auch AMONN/WALTHER, a.a.O., § 54 Rz. 27; siehe zu den Rechtsfolgen im Einzelnen Art. 297 SchKG ). Sodann stellt Art. 331 Abs. 2 SchKG für die Anfechtung von Rechtshandlungen hinsichtlich der Verdachtsfristen auf die Bewilligung der Nachlassstundung ab, setzt diese also insofern mit der Konkurseröffnung gleich (vgl. bereits BGE 134 III 273 E. 4). Somit markiert bereits die Nachlassstundung den Beginn des Insolvenzverfahrens. 9.3 Diesen offensichtlichen Zusammenhang zwischen dem belgischen Prozess und dem schweizerischen Nachlassverfahren verkannte die Vorinstanz: Für die Beschwerdegegnerin konnte im Zeitpunkt der Anhängigmachung des hier interessierenden Begehrens beim belgischen Gericht kein Zweifel daran bestehen, dass sie das dereinstige - nun vorliegende - Urteil ausschliesslich im Nachlassverfahren über die Beschwerdeführerinnen (gegenüber deren Massen) würde vollstrecken können. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Klage in Belgien in der Absicht eingeleitet hat, mit dem Zivilurteil ihre Kollokation im schweizerischen Nachlassverfahren erwirken zu können. Diesem Vorhaben entspricht es, dass die Beschwerdegegnerin den identischen Anspruch (betreffend den wegen Nichterfüllung des Astoria Agreement entstandenen Diskontinuitätsschaden) parallel zum belgischen Prozess im Nachlassverfahren der SAirLines eingab und sich im anschliessenden Kollokationsprozess auf das inzwischen ergangene belgische Urteil berief. Die Beschwerdegegnerin beabsichtigte mit anderen Worten bei Einleitung des Forderungsprozesses beim Handelsgericht von Brüssel, über die Frage des zivilrechtlichen Bestandes der Forderung statt im Kollokationsverfahren am schweizerischen Vollstreckungsort in einem Zivilverfahren vor belgischen Gerichten zu prozessieren, um mit dem Urteil an der Generalexekution gegen die Beschwerdeführerinnen teilzunehmen. BGE 140 III 320 S. 333 Mit dem belgischen Verfahren verfolgte die Beschwerdegegnerin somit jedenfalls mittelbar das gleiche Ziel wie mit einer Kollokationsklage. Die in Belgien erhobene Klage erscheint unter diesen Umständen - wenn nicht formell, so immerhin von ihrer Funktion her - als Bestandteil des schweizerischen Nachlassverfahrens. 9.4 Angesichts dieser funktionalen Beziehung stellt die in Belgien nach der Eröffnung des schweizerischen Nachlassverfahrens ausschliesslich im Hinblick auf die Kollokation erhobene Klage ein insolvenzrechtliches Verfahren im Sinne der massgeblichen Rechtsprechung des EuGH und des Bundesgerichts dar (E. 6.2-6.4), das gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens fällt: Wohl ist das belgische Verfahren streng genommen nicht aus dem Nachlassverfahren hervorgegangen , wie es der im Urteil Gourdain geprägten Formel entsprechen würde (vgl. E. 6.2), da die Klage - zumindest theoretisch - auch ohne das Nachlassverfahren über die Beschwerdeführerinnen unter Geltendmachung einer von diesen begangenen Vertragsverletzung hätte erhoben werden können. Demgegenüber spricht die nach dem EuGH-Urteil SCT Industri massgebliche "Enge des Zusammenhangs" (E. 6.4) unter den vorliegenden Umständen für den Ausschluss vom Lugano-Übereinkommen, da bei Anhängigmachung der Klage absehbar war, dass das Urteil ausschliesslich im schweizerischen Nachlassverfahren würde vollstreckt werden können - einmal abgesehen von der in jedem Insolvenzverfahren verbleibenden Möglichkeit einer Einzelzwangsvollstreckung in einem Drittstaat, wo das Insolvenzverfahren nicht anerkannt ist. Der Zusammenhang ist vorliegend sogar enger als im Ausgangsverfahren von SCT Industri , indem sich hier nicht bloss eine insolvenzrechtliche Vorfrage stellt, sondern die insolvenzrechtliche Wirkung des Entscheids das eigentliche Klageziel war. Dass die vorliegende Streitsache nicht unter das Lugano-Übereinkommen fällt, entspricht somit jedenfalls der weiten Interpretation des Ausnahmetatbestandes von Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO in der jüngeren Rechtsprechung des EuGH. Die entsprechende Anwendung von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ trägt sodann vor allem den Interessen Rechnung, die bei einem Konkurs mit internationalen Bezügen in Erscheinung treten: Sie verhindert, dass nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über den Schuldner die Masseverwaltung von den einzelnen Gläubigern mit Blick auf die BGE 140 III 320 S. 334 bevorstehende Kollokation systematisch vor Gerichten in anderen Staaten des Lugano-Übereinkommens verklagt wird, was die wirtschaftliche Abwicklung der Generalexekution in Frage stellen könnte. Die Interessenlage ist in dieser Beziehung vergleichbar mit derjenigen bei Insolvenzanfechtungsklagen, wo eine Bündelung der Verfahren am Vollstreckungsort eine effiziente und rasche Durchführung des Konkurses fördert. Diese Zielsetzung hat denn etwa auch der EuGH ins Feld geführt, um die - auf Art. 3 Abs. 1 EuInsVO gestützte - internationale Zuständigkeit für derartige Klagen am Ort des Insolvenzverfahrens zu begründen (Urteil Seagon , Randnrn. 22-24). Die resultierende Konzentration der nach Insolvenzeröffnung eingeleiteten Verfahren am Konkursort kommt in beiden Fällen letztlich der Gläubigergesamtheit zu Gute. Sie geht indessen - was die hier interessierenden Ansprüche gegen den (insolventen) Schuldner betrifft - nicht so weit, dass jedem hängigen Zivilprozess an einem besonderen Gerichtsstand mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die Beklagte die zuständigkeitsrechtliche Grundlage entzogen würde oder dass ausländische Entscheidungen gar generell nicht mehr unter dem Lugano-Übereinkommen anerkannt und vollstreckt werden könnten, wenn ein Schuldner der Generalexekution unterliegt. Die dahingehende Befürchtung der Beschwerdegegnerin erweist sich als unbegründet. 10. Das belgische Urteil fällt aus den dargelegten Gründen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens. Dass das Urteil unter diesen Umständen nach den Regeln des IPRG anzuerkennen wäre, wird nicht geltend gemacht und ist aufgrund der insolvenzrechtlichen Natur der Streitsache auch nicht ersichtlich (vgl. BGE 139 III 236 E. 5.3). Bei dieser Sachlage kommt eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von vornherein nicht in Frage, und es erübrigt sich, darüber zu befinden, ob die Anerkennungsvoraussetzungen gemäss dem LugÜ gegeben wären und ob die Beschwerdegegnerin überhaupt ein genügendes Rechtsschutzinteresse an einer selbstständigen Anerkennungsfeststellung und Vollstreckbarerklärung gemäss Art. 33 Abs. 2 und Art. 38 Abs. 1 LugÜ hätte, wie die Vorinstanz annahm, die Beschwerdeführerinnen hingegen bestreiten.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
f96594e1-04d4-48d6-999e-c94eada7c084
Urteilskopf 112 Ia 136 24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. August 1986 i.S. X. gegen Grossen Rat des Kantons Schaffhausen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a und Art. 88 OG ; Legitimation zur Anfechtung einer kantonalen Delegationsvorschrift. Die Legitimation zur Anfechtung einer kantonalen Delegationsvorschrift richtet sich nach Art. 85 lit. a OG , soweit eine Verletzung des politischen Stimmrechts gerügt (E. 2a), und nach Art. 88 OG , soweit eine Verletzung von Art. 4 BV , Art. 2 Üb.Best. BV sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung geltend gemacht wird (E. 2b). Politisches Stimmrecht; Verletzung durch eine Delegationsnorm? Die in Art. 44 des Schaffhauser Gesetzes über die Organisation der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit vom 18. Februar 1985 enthaltene Ermächtigung an den Regierungsrat, in Gesetzen oder Dekreten enthaltene Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften für die kantonale Verwaltung auf dem Verordnungsweg anzupassen, verletzt das politische Stimmrecht der Bürger nicht (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 137 BGE 112 Ia 136 S. 137 Der Grosse Rat des Kantons Schaffhausen verabschiedete am 18. Februar 1985 das Gesetz über die Organisation der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit (Organisationsgesetz). Der Abschnitt "D. Schlussbestimmungen" enthält unter anderem folgende Vorschrift: Art. 44 Organisationsrechtliche Befugnisse des Regierungsrates Der Regierungsrat ist ohne Rücksicht auf abweichende Vorschriften in bestehenden Gesetzen befugt, in Gesetzen oder Dekreten enthaltene Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften für die kantonale Verwaltung im Sinne dieses Gesetzes auf dem Verordnungsweg anzupassen. Er ist ermächtigt, im Falle einer solchen Anpassung gesetzliche Kompetenzvorschriften zugunsten eines bestimmten Departements oder einer bestimmten nachgeordneten Dienststelle allgemeiner zu fassen. Die Volksabstimmung über das Organisationsgesetz wurde auf den 22. September 1985 angesetzt. Mit Eingabe vom 5. September 1985 erhob X. staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Er rügt die in Art. 44 des Organisationsgesetzes enthaltene Delegationsnorm zugunsten des Regierungsrates als eine Verletzung des Stimmrechts sowie einen Verstoss gegen Art. 4 BV und Art. 2 Üb.Best. BV. BGE 112 Ia 136 S. 138 Eine weitere Verletzung des Stimmrechts sieht er in einer angeblich unzulässigen Beeinflussung des Stimmbürgers durch die Botschaft des Grossen Rates. Er beantragt, Art. 44 des Organisationsgesetzes als "verfassungswidrig unzulässig und somit unanwendbar zu erklären und aufzuheben". In der Volksabstimmung vom 22. September 1985 wurde das Organisationsgesetz angenommen. Mit Teilurteil vom 24. April 1986 wies das Bundesgericht die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit sie sich gegen die Volksabstimmung vom 22. September 1985 richtet. Im übrigen wurde das Verfahren bis zur amtlichen Veröffentlichung des Gesetzes sistiert. Mit der Veröffentlichung des Gesetzes am 9. Mai 1986 ist die Sistierung dahingefallen. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit darüber nicht bereits entschieden wurde und darauf eingetreten werden kann. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Der Beschwerdeführer ist stimmberechtigter Einwohner des Kantons Schaffhausen und damit grundsätzlich berechtigt, im Zusammenhang mit der Volksabstimmung über das neue Organisationsgesetz Stimmrechtsbeschwerde zu führen ( Art. 85 lit. a OG ). Mit dieser Beschwerde kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gerügt werden, ein Erlass enthalte eine Delegationsnorm, durch die eine referendumspflichtige Materie künftig der Volksabstimmung entzogen werde ( BGE 105 Ia 361 E. 4b; BGE 104 Ia 307 /308 E. 1b). Die Beschwerde ist daher zulässig, soweit mit ihr die Aufhebung von Art. 44 des Organisationsgesetzes beantragt wird, der nach der Auffassung des Beschwerdeführers eine unzulässige Kompetenzdelegation enthält. b) Soweit der Beschwerdeführer jedoch die Verletzung von Art. 4 BV und Art. 2 Üb.Best. BV sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung rügt, bestimmt sich die Legitimation zur Beschwerdeführung nach Art. 88 OG . Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Erlass in seiner persönlichen Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weshalb in dieser Hinsicht auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann ( BGE 105 Ia 359 E. 3d). 3. a) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch jene anderer kantonaler Vorschriften, BGE 112 Ia 136 S. 139 die den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts regeln oder mit diesem eng zusammenhängen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst es sich jedoch der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an; als solche gelten das Parlament und das Volk ( BGE 111 Ia 117 /118 E. 2a; BGE 110 Ia 181 E. 3a, je mit Hinweisen). b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Schaffung der Delegationsnorm von Art. 44 des Organisationsgesetzes hebe das Stimmrecht in unzulässiger Weise auf. Wie es sich damit verhält, hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob die mit dieser Vorschrift ausgesprochene Delegation an den Regierungsrat zulässig ist, in Gesetzen und Dekreten enthaltene Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften für die kantonale Verwaltung auf dem Verordnungsweg anzupassen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Delegation rechtsetzender Befugnisse an Verwaltungsbehörden zulässig, wenn sie nicht durch das kantonale Recht ausgeschlossen wird, wenn sie auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt wird und das Gesetz die Grundzüge der Regelung selbst enthält, soweit sie die Rechtsstellung der Bürger schwerwiegend berührt, und wenn sie in einem der Volksabstimmung unterliegenden Gesetz enthalten ist. Ob die Delegationsnorm diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 104 Ia 310 E. 3c mit Hinweisen). c) Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob bestehendes formelles Gesetzesrecht überhaupt auf dem Verordnungsweg geändert werden kann. Aus dem rechtsstaatlichen Prinzip des Vorrangs des Gesetzes folgt unter anderem der Grundsatz der Parallelität der Formen. Danach kann eine Behörde ihre Anordnungen nur in jener Form gültig ändern, in der sie erlassen wurden ( BGE 108 Ia 184 E. 3d; BGE 105 Ia 81 E. 6a; BGE 101 Ia 591 E. 4a; BGE 100 Ia 162 E. 5d; 98 Ia 111 E. 2d; BGE 94 I 36 E. 3a). Mehr folgt aus diesem Grundsatz nicht; namentlich ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, die Kompetenz zur Änderung oder Aufhebung einer Norm des formellen Gesetzes an den Verordnungsgeber zu delegieren (vgl. BGE 103 Ia 379 E. 4b). Hingegen muss sich die Befugnis zur Aufhebung oder Änderung formellen Gesetzesrechts durch den Verordnungsgeber in klarer Weise aus der Delegationsnorm ergeben, die ihrerseits in einem dem Referendum unterstehenden Gesetz enthalten sein muss ( BGE 103 Ia 378 /379 E. 4b; BGE 94 I 36 E. 3a). BGE 112 Ia 136 S. 140 Diesem Erfordernis wurde im vorliegenden Fall dadurch Genüge getan, dass die Delegationsnorm im Organisationsgesetz enthalten und dem Volk unterbreitet worden ist. d) Der umstrittenen Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen an den Regierungsrat stehen im weitern keine Normen des kantonalen Rechts entgegen. Zwar beruft sich der Beschwerdeführer auf die Art. 41 Ziff. 4, Art. 42 Ziff. 1 und Art. 66 KV. Die Vorschrift von Art. 41 Ziff. 4 KV bestimmt jedoch lediglich, dass dem Grossen Rat unter Vorbehalt der Volksrechte das Recht der Gesetzgebung nach Massgabe der Verfassung zustehe. Art. 42 Ziff. 1 KV schreibt vor, dass unter anderem Gesetze der Volksabstimmung zu unterstellen sind. Art. 66 KV zählt die Befugnisse des Regierungsrates auf. Über die Frage der Zulässigkeit einer Delegation dieser Rechtssetzungsbefugnisse an den Regierungsrat lässt sich diesen Verfassungsvorschriften nichts entnehmen. Namentlich schliessen sie eine solche Delegation nicht aus. e) Die Delegation ist sodann auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt. Zwar sollen nach Art. 44 des Organisationsgesetzes sämtliche Gesetze und Dekrete angepasst werden können. Wortlaut, systematische Stellung unter dem Titel "D. Schlussbestimmungen" und die Beratungen der grossrätlichen Spezialkommission (Protokoll, S. 78/79) zeigen, dass es nur um Anpassung bestehender Gesetze und Dekrete an das neue Gesetz gehen kann. Obwohl sich die Delegation auf sämtliche bestehenden Gesetze und Dekrete bezieht, ist das Erfordernis der Beschränkung auf ein bestimmtes Gebiet gewahrt. Die Delegation beschränkt sich auf den klar abgegrenzten, engen Bereich der Anpassung von Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften für die kantonale Verwaltung im Sinne des neuen Gesetzes. f) Die Delegation nach Art. 44 des Organisationsgesetzes betrifft ferner keine Regelung, welche die Rechtsstellung der Bürger berührt. Es geht um blosse Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften innerhalb der Verwaltung. Solche bereits bestehenden Vorschriften sollen mit dem neuen Gesetz in Übereinstimmung gebracht werden. Dabei hat sich der Regierungsrat an das Organisationsgesetz zu halten und ist nicht befugt, von Bestimmungen dieses Gesetzes abzuweichen. Wie sich auch aus der Liste ergibt, die bei der Beratung für das neue Gesetz vorlag, halten sich die vorgesehenen Gesetzesänderungen durchaus im Rahmen der Delegationsnorm. Substanzielle Änderungen wie jene des Verwaltungsrechtspflegegesetzes, die den Rechtsmittelweg im Verwaltungsverfahren BGE 112 Ia 136 S. 141 regelt (Art. 16) und somit die Rechte des Einzelnen berührt, wurden durch Aufnahme in das Gesetz selbst vorgenommen (Art. 42 des Organisationsgesetzes). Der Grund zur Übertragung der allgemeinen Anpassungskompetenz liegt einzig darin, die betreffenden Vorschriften, die den Einzelnen in seinen Rechten nicht berühren, auf einfache Weise dem Organisationsgesetz anzupassen. Zwar wäre das auch ohne weiteres unmittelbar durch das neue Gesetz selbst möglich gewesen. Doch ist die Begründung der kantonalen Behörden berechtigt, wonach die Gesetzesvorlage durch den Verzicht auf eine in das Gesetz integrierte Anpassung an Übersicht gewonnen hat und zudem allfällige Fehler bei der Durchsicht des Rechtsbuchs auf einfache Art korrigiert werden können. Die entgegenstehenden Bedenken des Beschwerdeführers sind unbegründet. Namentlich kann der Regierungsrat die Gesetze nicht "nach Gutdünken" anpassen, da Art. 44 des Organisationsgesetzes die Kompetenz klar umschreibt, begrenzt und inhaltlich in den Rahmen des neuen Gesetzes weist. Es liegt auch im Wesen einer jeden vom Volk ausgesprochenen Delegation, dass der Stimmbürger dadurch sein Stimmrecht einschränkt. Genügt die Delegationsnorm den verfassungsrechtlichen Anforderungen, so hat sich der einzelne Stimmbürger diese Einschränkung gefallen zu lassen, auch wenn er ihr nicht zugestimmt hat. g) Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, durch eine allfällige Änderung anderer Gesetze auf dem Verordnungsweg werde der Grundsatz der Einheit der Materie verletzt. Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete politische Stimmrecht gibt dem Bürger unter anderem Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Daraus wird unter anderem das generell gültige Prinzip der Einheit der Materie abgeleitet, wonach verschiedene Materien nicht zu einer einzigen Abstimmungsvorlage verbunden werden dürfen ( BGE 111 Ia 198 E. 2b mit Hinweis auf BGE 108 Ia 157 E. 3b und BGE 104 Ia 223 E. 2b). Im vorliegenden Fall ist der Grundsatz der Einheit der Materie klarerweise nicht verletzt. Die Gesetzesvorlage hat die Organisation der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit im Kanton Schaffhausen zum Gegenstand. Der umstrittene Art. 44 des Organisationsgesetzes ermöglicht dem Regierungsrat die Anpassung anderer Gesetze und Dekrete in bezug auf Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften im Rahmen dieses neuen Gesetzes. Es handelt BGE 112 Ia 136 S. 142 sich demnach um dieselbe Materie, wie sie im Organisationsgesetz geregelt ist. Darauf, ob jene Gesetze an sich verschiedene Materien regeln, kann es nicht ankommen.
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nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
f965de69-2aa5-4688-9168-b73c4e042251
Urteilskopf 105 IV 12 3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. März 1979 i.S. T. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 18 Abs. 2, 71 Abs. 2, 148 Abs. 2 StGB. 1. Sowohl beim gewerbsmässigen wie beim fortgesetzten Delikt beginnt die Verjährung erst mit der Ausführung der letzten Teilhandlung (E. 4a). 2. Der Fortsetzungszusammenhang wird nicht unterbrochen, wenn ein gewerbsmässiger Betrüger zunächst mit Eventualvorsatz, in der Folge mit direktem Vorsatz handelt (E. 4b).
Erwägungen ab Seite 12 BGE 105 IV 12 S. 12 Aus den Erwägungen: 4. Der Beschwerdeführer wendet ein, ein Teil der Betrugshandlungen sei verjährt. Auch bei Annahme der Gewerbsmässigkeit BGE 105 IV 12 S. 13 hätten die einzelnen Handlungen ihre Selbständigkeit nicht verloren und müssten daher auch selbständig verjähren. a) Die betrügerische Geldaufnahme fiel in die Zeit vom 1. Februar 1962 bis zum 10. April 1965. Als die Strafuntersuchung am 22. Februar 1971 abgeschlossen wurde, war die für Verbrechen geltende Verjährungsfrist von 10 Jahren ( Art. 70 Abs. 2 StGB ) noch nicht abgelaufen. In der Folge wurde sie auch durch richterliche Verfügungen immer wieder unterbrochen. Im Zeitpunkt des obergerichtlichen Urteils, d.h. am 8. November 1978, war die absolute Verfolgungsverjährung von 15 Jahren ( Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ) noch nicht eingetreten; denn die Frist beginnt, wenn der Täter die strafbare Tätigkeit zu verschiedenen Zeiten ausführt, mit dem Tag, an dem er die letzte Tätigkeit ausführt ( Art. 71 Abs. 2 StGB ). T. hat sämtliche Betrüge seit Februar 1962 gewerbsmässig begangen. Er hat sie aber auch fortgesetzt verübt; es lag ihnen der einheitliche Willensentschluss zu Grunde, unter falschen Angaben die sogenannten Beteiligungszertifikate B abzusetzen und auf diese Weise durch gleichartige Handlungen ein Kapital von Fr. 900'000.-- zu beschaffen. Die Gewerbsmässigkeit schliesst den Fortsetzungszusammenhang nicht aus ( BGE 76 IV 101 ). Sowohl bei gewerbsmässiger wie bei fortgesetzter Begehung liegt ein sogenanntes Kollektivdelikt vor, das rechtlich eine Einheit bildet, für welche die Verjährung gemäss Art. 71 Abs. 2 StGB erst mit der letzten Teilhandlung zu laufen beginnt. Ist diese nicht verjährt, so bleiben alle vorausgegangenen Teilhandlungen dieses Kollektivdelikts strafbar ( BGE 93 IV 94 E. 1, BGE 72 IV 184 f. für das fortgesetzte Delikt; BGE 77 IV 9 . E. 3 für das gewerbsmässige Delikt; HAFTER, AT, Bd. 2, S. 348 für das fortgesetzte und BT, S. 80, betreffend Art. 119 Ziff. 3, für das gewerbsmässige Delikt; LOGOZ, AT, Art. 71 N. 2 für das fortgesetzte und BT, Art. 119 N. 5a für das gewerbsmässige Delikt; SCHWANDER, S. 220, Nr. 411 Ziff. 3 für das fortgesetzte und das gewerbsmässige Delikt; THORMANN/VON OVERBECK, BT, Art. 119 N. 21 für das gewerbsmässige Delikt; ARDINAY, ZStR 86/1970 S. 262). T. wurde somit zu Recht für alle seine Betrugshandlungen ab 1. Februar 1962 bestraft. b) Der Beschwerdeführer ist indessen der Auffassung, der Fortsetzungszusammenhang sei im März 1963 unterbrochen BGE 105 IV 12 S. 14 worden. Er erblickt die Zäsur darin, dass die Vorinstanz bis zum März 1963 lediglich Eventualdolus, für die folgenden Handlungen dagegen unbedingten Vorsatz angenommen hat. Es lägen somit zwei Handlungskomplexe vor, und die vor März 1963 verübten Delikte seien verjährt. Das trifft nicht zu. Die beiden Vorsatzformen, die das Gesetz selber in Art. 18 Abs. 2 StGB nicht unterscheidet, sind nicht derart verschieden, dass der Übergang von der einen Form zur andern den Fortsetzungszusammenhang zu unterbrechen vermöchte. Denn beiden Formen ist das voluntative Element eigen, d.h. das Willenselement muss beim Eventualvorsatz in gleicher Weise vorhanden sein wie beim direkten Vorsatz ( BGE 98 IV 66 ). Gerade auf das, was der Täter will, kommt es aber beim gewerbsmässigen wie beim fortgesetzten Delikt entscheidend an. Die beiden Arten des Vorsatzes unterscheiden sich nicht durch den Inhalt und die Intensität des Willens, sondern durch das Wissen, die Erkenntnis, die Vorstellung des Täters ( BGE 86 IV 11 ). Ob der Täter den Erfolg als sicher oder nur als möglich voraussieht, hat auf seinen einmal gefassten Willen, auf seine Bereitschaft zu delinquieren, wo immer sich ihm Gelegenheit dazu bietet, keinen Einfluss. Durch den Übergang von der einen zur andern Vorsatzform werden die Merkmale der Kollektivdelikte nicht berührt.
null
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de
1,979
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CH
Federation
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Urteilskopf 110 II 423 81. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 22 mai 1984 dans la cause Secura contre G. (recours en réforme)
Regeste Art. 58 Abs. 1 SVG , Begriff des Betriebs. Der Ablauf einer gewissen Zeit zwischen dem Betrieb eines Motorfahrzeuges und dem Unfall genügt nicht, den Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und Schaden zu unterbrechen. Hingegen kann er ihn, je nach Umständen, als nicht mehr adäquat erscheinen lassen.
Sachverhalt ab Seite 423 BGE 110 II 423 S. 423 A.- Le 9 janvier 1976, vers 5 h 20, par suite de verglas, C. perdit la maîtrise du train routier qu'il conduisait, sur la route cantonale conduisant d'Yvonand à Yverdon, peu après la sortie d'Yvonand, dans le virage précédant l'intersection avec la voie de chemin de fer. La remorque se renversa et le camion fut immobilisé sur la voie ferrée. C. arrêta son moteur et actionna l'avertisseur d'alarme et les feux de panne, en se proposant de désaccoupler la remorque pour pouvoir ensuite dégager le camion. Trois à quatre minutes après l'arrêt du train routier, un convoi des CFF provenant d'Yvonand entra en collision, à 110 km/h, avec le camion. Le chef de train, G., qui se trouvait à côté du mécanicien, fut grièvement blessé. B.- Le 23 septembre 1981, G. a assigné la compagnie d'assurances Secura, qui couvre la responsabilité civile du détenteur du camion conduit par C., en paiement de fr. 400'000.--. BGE 110 II 423 S. 424 avec intérêt à 5% dès le 1er janvier 1981. La défenderesse a conclu au rejet de la demande. Par jugement du 7 septembre 1983, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, admettant la responsabilité totale de la défenderesse, a condamné celle-ci à payer au demandeur fr. 118'777.90 en capital. C.- Le Tribunal fédéral admet partiellement un recours en réforme de la défenderesse et rejette le recours joint du demandeur. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Selon l' art. 58 al. 1 LCR , si, par suite de l'emploi d'un véhicule automobile, une personne est tuée ou blessée ou qu'un dommage matériel est causé, le détenteur est civilement responsable. La cour cantonale a nié que cette disposition fût applicable et elle a jugé la cause sur la base de l' art. 58 al. 2 LCR . Bien que les parties ne remettent pas en cause sur ce point le jugement cantonal, il y a lieu d'examiner d'office si les conditions de l' art. 58 al. 1 LCR sont remplies. La question doit être résolue par l'affirmative. La cour cantonale considère à tort que le véhicule automobile doit être à l'emploi "au moment de l'accident". La loi exige seulement que l'emploi soit la cause du dommage ("par suite de l'emploi"). L'écoulement d'un certain temps entre l'emploi et l'accident, cause immédiate du dommage, ne supprime pas en soi le lien de causalité. Suivant les circonstances, il pourra seulement lui faire perdre son caractère adéquat ( ATF 95 II 635 , ATF 81 II 557 s.; cf. aussi ATF 107 II 271 ; BUSSY-RUSCONI, Code suisse de la circulation routière annoté, n. 7.4 ad art. 58; OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 2e éd. II/2 p. 521, n. 339, 543; KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, 3e éd., p. 234; GREC, La situation juridique du détenteur de véhicule automobile en cas de collision de responsabilités, thèse Lausanne 1969, pp. 34, 38, 45 ss). En l'espèce, lorsque le chauffeur a perdu la maîtrise de son train routier, celui-ci, mû par son moteur, circulait sur la voie publique. Le camion était donc à l'emploi et la perte de maîtrise apparaît comme la réalisation du risque spécifique résultant de l'utilisation des organes mécaniques du véhicule (cf. ATF 107 II 271 et les arrêts cités). Comme la perte de maîtrise a eu pour effet d'obstruer la voie du chemin de fer, elle est sans conteste la cause de la collision entre BGE 110 II 423 S. 425 le convoi CFF et le train routier, laquelle est elle-même la cause des lésions subies par le demandeur. Le lien de causalité entre l'emploi et le dommage est donc avéré. Au demeurant, rien n'a "interrompu" ce lien de causalité. En effet, il ne s'est écoulé que trois à quatre minutes entre la perte de maîtrise et la collision; pendant ce court laps de temps, le chauffeur du camion n'a pas été en mesure de dégager son véhicule en difficulté; il n'a pas non plus été possible - ni à lui-même ni à un tiers - de prendre d'autres mesures propres à éviter la réalisation du risque ainsi créé, notamment en signalant au conducteur du train l'existence de l'obstacle. La défenderesse soutient à tort que le lien de causalité aurait été interrompu du fait que le dispositif de sécurité des CFF destiné à arrêter les trains lorsque les barrières sont ouvertes n'aurait pas fonctionné. La cour cantonale constate à ce sujet que l'une des barrières du passage à niveau s'était arrêtée sur le toit du camion, mais n'avait pas fait fonctionner l'alarme du "signum" de la locomotive, car elle s'était inclinée en formant un angle inférieur à 83 degrés, insuffisant à déclencher l'alarme; elle relève en outre que cette installation était conforme aux ordonnances du Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie, ainsi qu'à l'ordre de service établi par les CFF, en leur état au jour de l'accident. Il n'est pas nécessaire de juger si l'insuffisance du dispositif de sécurité, quoique réglementaire, pourrait être qualifiée de négligence des CFF, car il ne s'agirait de toute manière pas d'une négligence grave propre à "interrompre" le lien de causalité adéquat, c'est-à-dire à supprimer le caractère adéquat du lien de causalité, en faisant apparaître la cause invoquée comme trop éloignée du dommage, par rapport à une autre cause largement prépondérante. En effet, la cause immédiate de la collision réside dans la présence illicite et hautement dangereuse du camion sur la voie ferrée. Cette présence est la cause largement prépondérante du dommage, et il appartenait au premier chef au chauffeur du camion d'éviter de créer un tel danger. Le dispositif de sécurité n'est qu'un moyen supplémentaire destiné à éviter la réalisation du risque créé par ailleurs; or il faut en général compter avec la possibilité que, pour une raison ou une autre, un tel dispositif puisse ne pas fonctionner; aussi celui qui crée le risque ne peut-il en principe se décharger en soutenant que le système de protection mis en place par autrui s'est révélé inefficace. BGE 110 II 423 S. 426 L'emploi du véhicule automobile demeure donc la cause adéquate du dommage subi par le demandeur ( ATF 81 II 557 s.). b) Les conditions d'une exclusion de responsabilité, prévues par l' art. 59 al. 1 LCR , ne sont pas non plus réalisées. En effet, le demandeur n'a commis aucune faute à l'origine de l'accident. Celui-ci n'est dû non plus ni à la force majeure ni à la faute grave d'un tiers. C'est donc en vain que la défenderesse s'efforce de démontrer que le train routier aurait glissé sur le verglas sans faute du conducteur. Comme assureur du détenteur, la défenderesse doit ainsi répondre du dommage du demandeur consécutif à l'accident.
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Urteilskopf 80 II 109 18. Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. März 1954 i. S. Pimea S.à r.l. gegen Kündig.
Regeste Das in Art. 895 Abs. 1 ZGB vorgesehene Retentionsrecht gehört zu den Nebenrechten, die grundsätzlich auf den Zessionar der Forderung übergehen ( Art. 170 Abs. 1 OR ). Wie verhält es sich mit dem Retentionsrecht unter Kaufleuten nach Art. 895 Abs. 2 ZGB ? Frage offen gelassen.
Sachverhalt ab Seite 109 BGE 80 II 109 S. 109 A.- Die in Oran (Algerien) domizilierte Klägerin PIMEA, Gesellschaft m.b.H., vertreibt technische Artikel, u.a. Traktoren, in Nordafrika. Sie wurde durch die Famag, A.-G. für Flugzeuge, Automobile und Motoren in Vaduz, mit Traktoren der Firma Fritz Bührer in Hinwil beliefert. Vertreter der Firmen Famag und Bührer für Nordafrika BGE 80 II 109 S. 110 war Claude Voisine. Auch der Beklagte Kündig in Zürich, der ebenfalls technische Artikel exportiert, belieferte die Klägerin durch Vermittlung von Voisine. B.- Im Jahre 1947 begann Voisine selbst, Raupentraktoren in der Schweiz, im Atelier mécanique von Ch. A. Bertrand in Genf, herzustellen. Finanzielle Mittel hiezu wurden ihm zunächst von der Famag zur Verfügung gestellt. Als diese in der Folge ausblieben, wandte sich Voisine an den Beklagten, und dieser eröffnete ihm am 23. März 1948 einen Kredit von Fr. 8000.-- für die Konstruktion zweier Prototypen. Dieser Betrag wurde als "premier plafond" gewährt und später erhöht. Der Beklagte sollte am Vertrieb der Traktoren mitarbeiten und am Reingewinn mit 25% beteiligt sein. (Vgl. "Aide Mémoire" vom 22. März 1948 und "Complément à l'aidemémoire" vom 23. September 1948). Für den Prototyp II verschaffte sich Voisine einen Motor der Etablissements Saurer SA in Suresnes (Frankreich) zum Preise von ffrs. 587'529.--. Es ist unklar und umstritten, woher er diesen Betrag erhalten hat und wer Eigentümer des Motors geworden ist. Nach der Darstellung des Beklagten hat die Klägerin das Eigentum nie erworben, vielmehr habe die Famag dem Voisine Fr. 7000.-- für diesen Ankauf gegeben, und dieser habe als Stellvertreter der Famag gekauft. Die Klägerin behauptet, sie sei durch Voisine vertreten gewesen, habe ihm das Geld zur Verfügung gestellt und das Eigentum am Motor am 30. Oktober 1948 erworben. C.- Als die Konstruktionsarbeiten in der Werkstatt von Ch. A. Bertrand in Genf - wohin der Motor am 11. September 1948 geliefert worden war - sich verzögerten, weil Voisine sie nicht mehr finanzieren konnte, suchte der Beklagte sich gegen den Verlust seiner Vorschüsse zu sichern. In einer Besprechung vom 23. Dezember 1948 mit Voisine und einem Vertreter der Famag erreichte er, dass die weitere Überwachung der Konstruktion des Prototyps II ihm übertragen wurde. Zu diesem Zweck sollte das gesamte Material zu seiner Verfügung in die BGE 80 II 109 S. 111 Fabrik E. Wirz, Uetikon (Zürich), verbracht werden. Der Beklagte bezahlte die bei Ch. A. Bertrand in Genf aufgelaufenen Rechnungen in der Höhe von Fr. 2864.60, um das Material auszulösen, und er liess sich von Voisine am 24./27. Dezember 1948 alle zum Prototyp II gehörenden Bestandteile verpfänden, "à l'exclusion de Moteur et radiateurs Saurer appartenant à PIMEA Oran". Von Bertrand erhielt er am 28. gl. Mts. dessen Forderungen gegen Voisine laut Rechnungen vom 31. August, 30. September und 24. November 1948 im Betrage von Fr. 5248.-- zediert, mit Einschluss des Retentionsrechts "pour l'ensemble du matériel avec moteur appartenant aux deux tracteurs à chenilles en construction". Der Saurer-Motor wurde am 7. Januar 1949 nach Uetikon geführt, die übrigen Bestandteile waren schon im Dezember 1948 dort eingetroffen. Der Beklagte brachte in der Folge noch weitere Mittel für die Fortsetzung der Konstruktion des Prototyps II auf, stellte aber im Herbst 1949 die Arbeit ein, weil weder die Famag noch die Klägerin sich daran beteiligten. Die Klägerin verlangte von ihm die Herausgabe des Saurer-Motors, die er aber verweigerte. D.- Mit Klageschrift vom 20. Juni 1952 verlangte die Klägerin, der Beklagte habe ihr das von der Firma Saurer in Suresnes bezogene Material (Motor, Kühler, Getriebe nebst Zubehör) sofort und unbeschwert herauszugeben. Sie machte geltend, sie sei Eigentümerin dieses Materials, und es bestünden inbezug auf dasselbe keinerlei rechtliche Verpflichtungen zwischen ihr und dem Beklagten. Ein Retentionsrecht könne der Beklagte ihr gegenüber nicht erworben haben, weil er beim Abschluss des Zessionsvertrages mit Voisine nicht gutgläubig habe annehmen können, dieser besitze ein dingliches Recht am Motor. Der Beklagte bestritt das Eigentum der Klägerin an diesem Material und damit ihre Aktivlegitimation zur Forderung auf Herausgabe. Im weitern berief er sich auf sein Retentionsrecht. Er habe annehmen dürfen, Voisine BGE 80 II 109 S. 112 sei entweder Eigentümer des Motors oder doch zu dinglicher Verfügung darüber berechtigt. Selbst wenn Voisine sich aber die Eigentümer-Funktion nur angemasst hätte, so habe die Klägerin die Besitzübertragung an den Beklagten nachträglich genehmigt, wenn sie ihn mit Schreiben vom 13. September 1949 aufforderte, die Konstruktionsarbeiten fortzusetzen. Auf jeden Fall aber habe er das Retentionsrecht durch die Zession von Bertrand erworben, der seinerseits zweifellos inbezug auf das Verfügungsrecht Voisines gutgläubig gewesen sei, habe er doch den Besitz am Motor zu einem Zeitpunkt erlangt, da die Klägerin nach ihrer eigenen Darstellung noch nicht Eigentümerin desselben gewesen sein konnte. E.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich liess in seinem Urteil vom 27. April 1953 offen, ob die Klägerin Eigentümerin des Motors sei. Es wies die Klage ab aus der Erwägung, der Beklagte sei auf jeden Fall zur Retention berechtigt. Zwar habe er ein selbständiges Retentionsrecht gegenüber der Klägerin nicht erworben; einerseits sei nicht erwiesen, dass er dieser gegenüber eine Forderung besitze, anderseits könne er nicht gutgläubig der Ansicht gewesen sein, sein Schuldner, Voisine, sei berechtigt, über den Motor dinglich zu verfügen. Jedoch besitze er ein abgeleitetes, d.h. durch Zession von Bertrand auf ihn übergangenes Retentionsrecht. Denn nach den Akten könne nicht zweifelhaft sein, dass Bertrand seinerseits den Voisine, als dieser ihm den Besitz am Motor verschaffte, nicht als Stellvertreter der Klägerin habe betrachten können. Vielmehr habe er annehmen müssen, Voisine handle kraft eigener Verfügungsmacht. Das demnach Bertrand zustehende Retentionsrecht sei nun aber mit dessen Forderung infolge der Zession auf den Beklagten übertragen worden, ohne Rücksicht darauf, ob bei diesem die persönlichen Voraussetzungen für einen direkten Erwerb dieses Rechtes gegenüber der Klägerin vorgelegen hätten. Die in der Literatur umstrittene Frage, ob das auf Art. 895 ff. ZGB gestützte Retentionsrecht zu den nach Art. 170 Abs. 1 OR mit der BGE 80 II 109 S. 113 Forderungszession übergehenden Vorzugs- und Nebenrechten gehöre, müsse richtigerweise bejaht werden. F.- Mit der vorliegenden Berufung beharrt die Klägerin auf ihrem Antrag auf Gutheissung der Klage. Der Beklagte trägt auf deren Abweisung an; eventualiter verlangt er Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach den unbestrittenen Feststellungen des Handelsgerichtes hat der Zedent Bertrand am 11. September 1948, als er das streitige Material aus Frankreich erhielt, daran für seine Forderungen an Voisine ein Retentionsrecht erworben. Die Voraussetzungen dieses Rechtes waren schon vor Handelsgericht unbestritten mit Ausnahme der Gutgläubigkeit Bertrands. Diese ist jedoch im angefochtenen Urteil wenigstens für diejenigen Forderungen bejaht, die Bertrand beim Besitzerwerb, also am 11. September 1948, gegen Voisine bereits zustanden, laut Rechnungen vom 31. August 1948. Die Klägerin lässt dies nunmehr auch gelten. Über die Abtretung der soeben erwähnten und späterer Forderungen samt dem Retentionsrecht liegt eine schriftliche Zessionserklärung vom 28. Dezember 1948 vor. Umstritten ist aber, ob das Retentionsrecht auf den Beklagten gültig übergegangen sei, von Gesetzes wegen oder kraft der dahingehenden Erklärung des Zedenten. 2. Die Klägerin hält den Übergang eines Retentionsrechtes auf einen Zessionar der Forderung schon begrifflich für ausgeschlossen. Denn dieses Recht hange vom Besitz ab und könne daher nicht durch blosse Verpflichtung verändert werden. Erhalte aber ein neuer Gläubiger den Besitz, so erwerbe er nicht das Retentionsrecht, wie es dem Vorbesitzer zustand, sondern nur allenfalls ein neues Retentionsrecht. Beim Beklagten sei dies jedoch wegen seines bösen Glaubens nicht möglich gewesen. Übrigens sei ihm der Motor erst einige Tage nach der Zession, und BGE 80 II 109 S. 114 zwar nicht unmittelbar, sondern durch einen Spediteur, geliefert worden und daher ein Übergang des Retentionsrechtes Bertrands auf ihn vollends ausgeschlossen. Indessen lässt sich ebenso wie beim Faustpfandrecht auch beim Retentionsrecht die gesetzliche Fiktion des Überganges (cessio legis) anwenden. Danach geht das Recht mit der Forderung von Gesetzes wegen über. Den Besitz übt der Zedent (oder ein für ihn besitzender Dritter) vom Zeitpunkt der Zession an für den Zessionar aus, der alsdann auf Grund des bereits erworbenen Rechtes grundsätzlich die tatsächliche Besitzübergabe verlangen kann (vgl. OFTINGER, N. 162 zu Art. 884 ZGB für das Faustpfandrecht und N. 168 zu Art. 895 ZGB für das Retentionsrecht; ebenso LEEMANN, N. 69 zu Art. 895 ZGB ). So muss es sich auch bei ausdrücklicher Mitabtretung verhalten. Ob sie wirksam sei, hängt nur davon ab, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Überganges erfüllt sind. 3. Nach Art. 170 Abs. 1 OR gehen die Nebenrechte ohne weiteres auf den Zessionar über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind. Darüber, wie es sich in dieser Hinsicht mit dem Retentionsrecht gemäss Art. 895 ff. ZGB verhält, sind die Lehrmeinungen geteilt. Zwar ist es herrschende Ansicht geworden, dass das besondere Retentionsrecht des Vermieters und Verpächters ( Art. 272 ff. und 286 Abs. 3 OR ) mit der Miet- oder Pachtzinsforderung auf einen Zessionar übergehe (vgl. GUHL, Schweizerisches Obligationenrecht, 4. Auflage, 194; v. TUHR, Allg. Teil des schweizerischen OR § 95 I 1 , a). Dagegen bejaht nur ein Teil der Autoren den Übergang auch für das allgemeine Retentionsrecht nach ZGB (das sog. bürgerliche nach Art. 895 Abs. 1 und das sog. kaufmännische nach Abs. 2 daselbst), so OFTINGER (N. 167 zu Art. 895 ZGB ) und LEEMANN (N. 69 dazu). Andere lassen zwar das bürgerliche, nicht aber das kaufmännische Retentionsrecht übergehen, oder sie begnügen sich damit, den Übergang des kaufmännischen Retentionsrechtes zu verneinen, ohne zum Schicksal des bürgerlichen BGE 80 II 109 S. 115 Retentionsrechtes bei Abtretung der Forderung Stellung zu nehmen (so BECKER, N. 2 und 5 zu Art. 170 OR ). Daneben gibt es Gegner jeglichen Überganges des Retentionsrechtes, ausser demjenigen von Vermietern und Verpächtern (so v. TUHR, a.a.O.; OSER-SCHÖNENBERGER, N. 4 und 8 zu Art. 170 OR ; WIELAND, N. 2, c zu Art. 895 ZGB ; GEIGER, Begriff und Arten der Konnexität im Retentionsrecht 57 ff.; RENE DES GOUTTES, Abtretung von Forderungen, Schweizerische Juristische Karthothek 704 IV 17, b'bb). Im vorliegenden Falle braucht nur das bürgerliche Retentionsrecht des Art. 895 Abs. 1 ZGB ins Auge gefasst zu werden. Denn ein solches stand dem Zedenten Bertrand zu. Allerdings konnten sich die Arbeiten, für die er dem Voisine am 31. August 1948 Rechnung stellte, nicht auf das streitige Material beziehen, das erst am 11. September 1948 in die Werkstätte Bertrands gelangte. Allein der Einbau dieses Materials gehörte zu den gesamten von Bertrand im Auftrag Voisines an den zwei Prototypen auszuführenden Konstruktionsarbeiten. Diese sind allesamt mit den dafür bestehenden Forderungen und dem diese sichernden Retentionsrecht als Einheit zu betrachten (vgl. BGE 71 II 86 ). Nun mochten zwar ausserdem die Voraussetzungen eines kaufmännischen Retentionsrechtes gegeben sein. Daraus könnte allenfalls ein Einwand gegenüber dem Beklagten hergeleitet werden, wenn Bertrand dieses Retentionsrecht noch für andere als die ihm abgetretenen Forderungen in Anspruch nähme. Allein er hat ihm ja seine Retentionsrechte für das gesamte Material abgetreten und damit eindeutig auf irgendwelche ihm selbst allenfalls verbliebene Retentionsrechte an diesen Sachen verzichtet. 4. Es besteht kein zureichender Grund, das nichtkaufmännische Retentionsrecht, wie es zugunsten jedermanns entstehen kann, als "mit der Person des Abtretenden untrennbar verknüpft" zu betrachten. Mit Unrecht berufen sich einige Gegner der Abtretbarkeit solcher Rechte BGE 80 II 109 S. 116 aufBGE 27 II 64ff. Diese Entscheidung betraf ein Garantieversprechen, das der Zedent von seinem Rechtsvorgänger erhalten hatte. Die ihm daraus erwachsene Forderung war - im Unterschied zu Pfand- und Retentionsrechten - kein Nebenrecht im Sinne von Art. 170 Abs. 1 OR . Es bedurfte daher einer besondern Abtretung dieser neben der garantierten Forderung ihrerseits. Die ausdrückliche Abtretung in diesem Sinne wurde aber als gültig anerkannt. Daraus könnte eher der Beklagte als die Klägerin etwas für sich herleiten. Indessen ist die Frage nach dem Übergang eines Retentionsrechtes, sei es von Gesetzes wegen nach Art. 170 Abs. 1 OR , sei es kraft ausdrücklicher Abtretungserklärung, wie sie hier auch vorliegt, nach der besondern Rechtsnatur des gesetzlichen Retentionsrechtes zu beurteilen. Mit dessen Zweck, die Forderung ähnlich einem Pfandrechte zu sichern, verträgt sich nun der Übergang auf einen Zessionar der Forderung durchaus. Jedenfalls steht solchem Übergang nicht entgegen, dass die Sache "mit Willen des Schuldners" in den Besitz des Gläubigers gelangt sein muss. Einmal entstanden, ist das Retentionsrecht nicht mehr vom Willen des Schuldners abhängig. Hat dieser es aber zu dulden, dass die Sache vom Gläubiger zurückbehalten und gegebenenfalls wie ein Faustpfand verwertet werde ( Art. 898 ZGB ), so würde ihm ein unverdienter Vorteil erwachsen, wenn bei einer Abtretung der Forderung das Retentionsrecht dahinfallen müsste. Geht es auf den Zessionar über, so wird dadurch die Rechtsstellung des Schuldners nicht verschlechtert. Er ist einfach, wie zuvor gegenüber dem Zedenten, zur Erfüllung seiner Schuld verpflichtet und kann im übrigen die Verwertung der zurückbehaltenen Sache durch Leistung einer andern genügenden Sicherheit abwenden (vgl. die soeben erwähnte Bestimmung). Anderseits würde dem Zessionar, wenn er das Retentionsrecht nicht erwerben könnte, ein unter Umständen wichtiges Nebenrecht entgehen, und der Zedent wäre gehindert, über die Forderung mit vollem BGE 80 II 109 S. 117 Nutzen durch Zession zu verfügen, wenn sie eben ohne das sichernde Nebenrecht nicht vollwertig wäre. Selbst Autoren, die sich gegen die Abtretbarkeit des Retentionsrechts aussprechen, geben zu, dass das Erfordernis eines mit Willen des Schuldners erlangten Besitzes des Zedenten dem Übergang dieses Nebenrechtes auf einen Zessionar nicht entgegenstehe (so WIELAND, a.a.O.). Derselbe Autor hält dann allerdings dafür, das Retentionsrecht solle im wesentlichen als Druckmittel gegen den Schuldner dienen, könne aber diesen Zweck nur in der Hand desjenigen erfüllen, "der zur Rückgabe verpflichtet ist", also des ursprünglichen Gläubigers. Das trifft jedoch nicht zu, denn das Retentionsrecht kann einem Zessionar in gleicher Weise dienlich sein (wie JACOB, Le droit de rétention, S. 133, zutreffend ausführt). Grundsätzlich geht somit das nichtkaufmännische Retentionsrecht auf einen Zessionar der Forderung über. 5. Besondere Verhältnisse, die eine Ausnahme zu begründen vermöchten, liegen nicht vor. Von einem Verzicht auf das Retentionsrecht, sei es durch den Zedenten vor der Zession, sei es durch den Zessionar, kann nicht die Rede sein. Ist dieses Recht dem Beklagten doch ausdrücklich mitabgetreten und damit jedem Zweifel in dieser Hinsicht vorgebeugt worden. Sodann war Bertrand nicht etwa kraft Vereinbarung mit seinem Schuldner Voisine oder nach der Natur des mit diesem eingegangenen Rechtsverhältnisses verpflichtet, die Sachen auf alle Fälle in eigener Obhut zu behalten und keinesfalls einem Dritten, und wäre es auch ein Zessionar seiner Forderungen, in Gewahrsam zu geben. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob ein derartiger dauernder Ausschluss Dritter vom unmittelbaren Besitz (bis zur allfälligen Verwertung der Sachen) auch einem Übergang des Retentionsrechtes selbst entgegenstünde (wie dies v. TUHR, a.a.O., Fussnote 17, für Auftragsverhältnisse annimmt, ohne jedoch die oben in Erw. 2 dargelegte Möglichkeit des Rechtsüberganges ohne Gewahrsamsänderung in Betracht zu ziehen). BGE 80 II 109 S. 118 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 27. April 1953 bestätigt.
public_law
nan
de
1,954
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CH
Federation
f977482b-2e9b-4dd1-bdc3-054e42f9c61d
Urteilskopf 83 II 297 44. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Juni 1957 i.S. Häring gegen Beglinger.
Regeste Aktienrecht, Kauf vinkulierter Namenaktien. Rechtsnatur der vinkulierten Namenaktie. Folgen der Nichtzustimmung der Gesellschaft zur Aktienübertragung. Vertragslücke, Ausfüllung durch den Richter. Art. 627 Ziff. 8, 685/6 OR, 2 ZGB.
Sachverhalt ab Seite 297 BGE 83 II 297 S. 297 A.- In Winterthur besteht seit dem Jahre 1934 die Joh. Lerch A.-G., Bauunternehmung. Ihr Gesellschaftskapital von Fr. 450'000.-- ist in 450 volleinbezahlte Namenaktien zu je Fr. 1000.-- eingeteilt. § 5 Abs. 2 der Statuten der Gesellschaft vom 1. Januar 1943 bestimmt: "Jede Übertragung von Aktien bedarf zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung einer Generalversammlung, in der mindestens 2/3 sämtlicher Aktionäre vertreten sind. Der Genehmigungsbeschluss muss mit einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Die Genehmigung kann, vorbehältlich Art. 686 Abs. 4 des OR, ohne Grundangabe verweigert werden." Die Joh. Lerch A.-G. war ursprünglich eine FamilienA.-G. Noch im Jahre 1951 befanden sich 425 von den insgesamt 450 Aktien in der Hand von Mitgliedern der Familie Häring-Lerch. Von den restlichen 25 Aktien gehörten damals 3 dem Vizepräsidenten des Verwaltungsrates, Dr. Hess, und je 11 dem heutigen Beklagten Beglinger, der die technische Leitung der Gesellschaft innehat, und dem kaufmännischen Leiter Labhart. In der Folge veräusserten verschiedene Familienmitglieder Aktien an Dritte. So verkaufte der Kläger Emil Häring am 25. Januar BGE 83 II 297 S. 298 1952 von den in seinem Besitz befindlichen 108 Aktien 30 Stück an den Beklagten und Ende 1952/Anfangs 1953 weitere 20 Stück an Dritte. Nachdem auch noch andere Familienmitglieder Aktienpakete verschiedenen Umfangs an Aussenstehende verkauft hatten, befanden sich im Frühjahr 1954 mehr als die Hälfte der 450 Aktien, nämlich 249 Stück, in familienfremden Händen. Das zwischen den Prozessparteien am 25. Januar 1952 abgeschlossene Kaufgeschäft über 30 Aktien beruhte auf folgender schriftlicher "Vereinbarung über das Rückkaufsrecht von Aktien der Firma Joh. Lerch A.-G.": "1. Der Verkauf der Aktien erfolgt zum Nominalwert durch Gutschrift des Verkaufserlöses auf dem Kto. Korrentkonto des Verkaufers bei der Joh. Lerch A.-G. 2. Damit der Verkauf von 30 Aktien, Wert 31.12.51, erfolgen kann, geben Verkäufer und Käufer zu Handen des Verwaltungsrates der Joh. Lerch A.-G. die Erklärung ab, dass sie dieser Transaktion und eventuellen späteren zwischen den gleichen Kontrahenten an der nächstfolgenden Generalversammlung zustimmen werden. Damit die nach den Statuten notwendige Dreiviertels-Mehrheit für die Genehmigung der Aktienübertragungen gewährleistet ist, ist der Käufer dafür besorgt, dass auch Luc und Alice Wortmann-Häring, Hans Häring, Jakob Labhart und Herr Dr. Max Hess ihre Zustimmung zu Handen des Verwaltungsrates hierzu geben. Anderseits verpflichtet sich Emil Häring, bei einem Aktienverkauf von Hans Häring an den jetzigen Käufer sowie an Luc und Alice Wortmann, J. Labhart, Dr. M. Hess und Hermann Wismer ebenfalls vorbehaltlos seine Zustimmung zu geben. 3. Der Käufer gewährt Emil Häring ein auf 10 Jahre ab Vertragsschluss befristetes Rückkaufsrecht der üb-ernommenen Aktien zu folgenden Bedingungen: a) der Rückkaufspreis entspricht dem jetzigen Nominalwert der Aktien und ist bar zu bezahlen; b) dieses Rückkaufsrecht gilt nur für den Verkäufer persönlich und ist nicht übertragbar." Die Übertragung der 30 Aktien vom Kläger auf den Beklagten wurde durch die ausserordentliche Generalversammlung vom 4. Juni 1952 genehmigt. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1953 eröffnete der Kläger dem Beklagten, dass er vom Rückkaufsrecht gemäss Vertrag vom 25. Januar 1952 Gebrauch machen wolle. Der Beklagte antwortete am 19. Dezember 1953, BGE 83 II 297 S. 299 er sei bereit, die vertragliche Verpflichtung zur Rückübertragung der 30 Aktien an den Kläger zu erfüllen; da jedoch ein Rückkauf der Aktien bezw. die Übertragung an den Erwerber nur mit Zustimmung der Generalversammlung erfolgen könne, gebe er die Aktien bis zum Vorliegen dieser Zustimmung nicht heraus. An der zur Beschlussfassung über diese Aktienübertragung einberufenen ausserordentlichen Generalversammlung vom 26. März 1954, an welcher sämtliche 450 Aktien vertreten waren, wurden 201 Stimmen für und 193 Stimmen gegen die Genehmigung abgegeben; der Beklagte enthielt sich mit seinen 56 Aktien der Stimme. Die Übertragung war somit mangels Erreichung der nach den Statuten erforderlichen Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen nicht genehmigt. Der Kläger verlangte vom Beklagten gleichwohl die Herausgabe der Aktien. Der Beklagte verweigerte diese unter Hinweis auf den ablehnenden Beschluss der Generalversammlung. B.- Darauf reichte der Kläger am 27. August 1954 Klage ein mit dem Begehren, der Beklagte sei zu verpflichten, ihm 30 Stück volliberierte Namenaktien der Joh. Lerch A.-G. zu Eigentum zu übertragen. Zur Begründung machte er geltend, der Vertrag der Parteien vom 25. Januar 1952 sei wegen Willensmängeln für ihn unverbindlich, da er vom Beklagten über die Rückübertragbarkeit der Aktien getäuscht worden sei oder sich mindestens in einem Grundlagenirrtum darüber befunden habe. Bei Verbindlichkeit des Vertrages aber sei der Beklagte zur Erfüllung seines Versprechens auf Rückgabe der Aktien verpflichtet; dass die Generalversammlung die Zustimmung zur Übertragung verweigert habe, stehe nur dem Übergang der aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte entgegen, während die Übertragung des Eigentums an den Aktienurkunden und der Übergang der darin verbrieften Vermögensrechte davon nicht berührt werde. BGE 83 II 297 S. 300 Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt die behauptete Mangelhaftigkeit des Geschäftes und hielt daran fest, dass das Begehren des Klägers auf Rückübertragung der Aktien an der Verweigerung der Zustimmung der Generalversammlung scheitere. C.- Das Bezirksgericht Winterthur und das Obergericht Zürich wiesen die Klage ab. Beide Instanzen verneinten eine Unverbindlichkeit des Vertrages vom 25. Januar 1952 wegen Willensmangels und erklärten, allerdings mit verschiedener Begründung, auch das Erfüllungsbegehren des Klägers als unberechtigt. D.- Gegen das Urteil des Obergerichts vom 30. November 1956 hat der Kläger die Berufung ergriffen mit dem erneuten Antrag auf Gutheissung seines vor den kantonalen Instanzen gestellten Klagebegehrens. Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides. Erwägungen Das Bundesgericht hat in Erwägung gezogen: 1. Dass der Kläger in erster Linie die Unverbindlichkeit des am 25. Januar 1952 vorgenommenen Aktienverkaufs wegen Willensmangels geltend macht, hindert ihn nicht, für den Fall der Verwerfung dieses Rechtsstandpunktes vom Beklagten die Erfüllung des in jenem Vertrag weiter vereinbarten Rückkaufsvertrages zu fordern ( BGE 79 II 146 ). Massgebend ist, dass sein Rechtsbegehren dasselbe bleibt: Er verlangt im einen wie in andern Falle vom Beklagten die Übertragung des Eigentums an 30 volliberierten Namenaktien der Joh. Lerch A.-G. 2. Soweit die Klage sich auf Unverbindlichkeit des Aktienverkaufs wegen Willensmängeln stützt, ist sie von der Vorinstanz mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen werden kann, abgewiesen worden. 3. Bezüglich des Begehrens auf Erfüllung der Rückkaufsvereinbarung streiten die Parteien zunächst darüber, wie sich die Genehmigungsverweigerung der Generalversammlung der Joh. Lerch A.-G. rechtlich auf den zwischen BGE 83 II 297 S. 301 ihnen vereinbarten Rückkaufsvertrag auswirke. Der Beklagte vertritt die Auffassung, infolge des Beschlusses der Generalversammlung sei der Rückkaufsvertrag schon darum hinfällig geworden, weil § 5 Abs. 2 der Statuten nicht bloss die Eintragung des Erwerbers im Aktienbuch, sondern die Übertragung der Aktien als solche von der Genehmigung der Generalversammlung abhängig mache; die Genehmigung sei also Gültigkeitserfordernis des ganzen Geschäftes. Dieser Standpunkt ist jedoch mit der Vorinstanz abzulehnen. Das Gesetz spricht zwar in Art. 627 Ziff. 8 OR vom Verbot oder der Beschränkung der Übertragung von Aktien, während dann in Art. 685/6 OR von der Verweigerung der Eintragung die Rede ist. Aus dieser Verschiedenheit des Ausdrucks ist im Schrifttum schon gelegentlich gefolgert worden, das Gesetz lasse der A.-G. die Wahl, ob sie in den Statuten die Übertragbarkeit der Aktien als solche beschränken oder lediglich durch die Verweigerung der Eintragung dem Erwerber formrichtig übertragener Aktien die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte verwehren wolle (vgl. z.B. SCHLATTER, Die schweiz. Aktiengesellschaft - SAG - 15, S. 43, 123 ff.). Diese aus dem Wortlaut des Gesetzes abgeleitete Unterscheidung ermangelt jedoch der inneren Begründung. In Frage steht immer das Verhältnis des Aktionärs, bezw. Erwerbers zur Gesellschaft. Der Entscheid über die Zulassung oder Abweisung des Erwerbers liegt im Beschluss des dafür nach den Statuten zuständigen Organs. Der Vornahme oder Verweigerung der Eintragung im Aktienbuch kommt keine selbständige Bedeutung zu. Sie stellt lediglich die Vollzugsmassnahme des bereits getroffenen Entscheides dar. Die Ausdrücke "Übertragung" in Art. 627 Ziff. 8 und "Eintragung in das Aktienbuch" in Art. 686 OR sind deshalb als gleichbedeutend zu betrachten. Auf diesem Boden steht denn auch die im Schrifttum herrschende Meinung (vgl. A. WIELAND, Das Aktienbuch und der Rechtsübergang an Namenaktien nach dem rev. OR, S. 53; BGE 83 II 297 S. 302 PESTALOZZI-HENGGELER, Die Namenaktie und ihre Vinkulierung, S. 116 ff., insbes. 122/6; BÜRGI, Art. 686 OR N. 43 und dort Genannte). Wenn § 5 Abs. 2 der Statuten der Joh. Lerch A.-G. von der Genehmigung der Aktienübertragung spricht, kann deshalb aus dieser offensichtlich in Anlehnung an Art. 627 Ziff. 8 OR gewählten Ausdrucksweise keine weitere Schlussfolgerung gezogen werden als die, dass die Aktien in ihrer Übertragbarkeit beschränkt, vinkuliert sein sollen. 4. Der Kläger leitet den Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den streitigen Aktien daraus ab, dass die Nichtzustimmung der Gesellschaft nur die Mitgliedschaftsrechte betreffe, während die Vermögensrechte aus den Aktien davon nicht berührt würden. a) Richtig ist, dass die Aktie als mitgliedschaftliches Wertpapier sowohl Mitgliedschaftsrechte (insbesondere das Stimmrecht, das Kontrollrecht, das Recht zur Stellung von Anträgen, das Anfechtungsrecht gegenüber Generalversammlungsbeschlüssen), als auch ausgesprochene Vermögensrechte (so den Anspruch auf Dividende, auf Bauzinsen, auf den Liquidationsanteil) in sich vereinigt. Ebenso ist allgemein anerkannt, dass die Nichtzustimmung der Gesellschaft zur Übertragung vinkulierter Aktien lediglich den Übergang der Mitgliedschaftsrechte verhindern kann. Denn der Zweck der Vinkulierung besteht darin, der Gesellschaft ein Mittel in die Hand zu geben, um Personen, die unter dem Gesichtspunkt irgendwelcher Gesellschaftsinteressen unerwünscht sind, vom Gesellschaftsleben fern zu halten (BÜRGI, OR Art. 686 N. 6). Eine unerwünschte Einmischung in das Gesellschaftsleben, insbesondere in die Willensbildung der Gesellschaft, ist jedoch bei einem Übergang nur der aus der Aktie fliessenden Vermögensrechte nicht zu befürchten. Es besteht daher kein Grund zur Annahme, dass die Vinkulierung auch die freie Umlaufsfähigkeit der Aktie als Wertpapier beeinträchtige. Der Nichtgenehmigung eines Verkaufs vinkulierter Namenaktien durch die Gesellschaft kommt lediglich gesellschaftsinterne BGE 83 II 297 S. 303 Bedeutung zu, während sie dem Übergang der Vermögensrechte nicht entgegensteht. Sie vermag daher auch das Kaufsgeschäft zwischen Aktionär und abgewiesenem Erwerber nicht zum vornherein ungültig zu machen; dieses kann vielmehr bestehen bleiben, mit der Folge, dass die Mitgliedschaftsrechte und die Vermögensrechte aus der Aktie verschiedenen Trägern zustehen. Diese Trennbarkeit der Rechte ist heute allgemein anerkannt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob im übrigen die vinkulierte Namenaktie als Ordre- oder als Namenpapier aufgefasst wird (vgl. z.B. BÜRGI, OR Art. 686 N. 95; PESTALOZZI-HENGGELER S. 140). b) Aus der Trennbarkeit von Mitgliedschaftsrechten einerseits und Vermögensrechten anderseits folgt nun aber entgegen der Meinung des Klägers nicht notwendigerweise, dass er ohne Rücksicht auf die Nichtzustimmung der Gesellschaft gestützt auf das obligatorische Grundgeschäft Anspruch auf die Übertragung des Eigentums an den streitigen Aktien habe. Die Entscheidung hierüber hängt vielmehr von der Rechtsnatur der vinkulierten Namenaktie ab. Sofern diese nämlich als Namenpapier (Rektapapier) zu betrachten sein sollte, bliebe bei Nichtgenehmigung der Übertragung durch die Gesellschaft das Eigentum an der Aktie beim Veräusserer, da beim Namenpapier das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier folgt. Damit wäre dem Begehren des Klägers auf Übertragung der Aktien zu Eigentum trotz Aufrechtbleibens des obligatorischen Verpflichtungsgeschäftes der Erfolg versagt. Die Vorinstanz hat zu der Frage der Rechtsnatur der vinkulierten Namenaktie nicht abschliessend Stellung genommen, weil sie zum Schluss gelangte, dass die Klage auch abzuweisen sei, wenn die vinkulierte Namenaktie als Ordrepapier aufzufassen wäre. Da ihr jedoch, wie noch darzulegen sein wird, in diesem Punkte nicht gefolgt werden kann, muss die erwähnte Frage, die auch das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen BGE 83 II 297 S. 304 gelassen hat (vgl. BGE 78 II 276 f.), entschieden werden. c) Im Schrifttum sind die Meinungen über die Rechtsnatur der vinkulierten Namenaktie geteilt (als Namenpapier wird sie u.a. angesehen von A. WIELAND, Aktienbuch, S. 48 f., PESTALOZZI-HENGGELER, S. 183, CARRY, Festgabe für Carl Wieland, S. 34 f.; als Ordrepapier fassen sie dagegen auf BÜRGI, Vorbem. zu Art. 683/87 OR, N. 3, Art. 686 N. 97 ff.; JÄGGI, OR Art. 967 N. 156; FLATTET, Mélanges François Guisan, S. 156 f.). Massgebend für die Entscheidung dieser Frage ist, dass auch die vinkulierte Namenaktie nach allgemein anerkannter Auffassung gleich wie die ungebundene Namenaktie durch Indossament übertragen werden kann. Die Indossierung bewirkt den Übergang der sämtlichen in der Aktie wertpapiermässig verkörperten Vermögensrechte, die von der Vinkulierung nicht erfasst werden. Sie führt also im wesentlichen die Wirkungen herbei, die ihr beim Ordrepapier zugedacht sind. Da die Vermögensrechte wertpapiermässig mit der Aktienurkunde verknüpft sind, der Besitz der letzteren somit für die Geltendmachung dieser Rechte unerlässlich ist, besteht kein Anlass, nur wegen der Vinkulierung, die lediglich die Mitgliedschaftsrechte berührt, der Namenaktie die ihr vom Gesetz ( Art. 684 OR ) zuerkannte Eigenschaft eines Ordrepapiers abzusprechen. Etwas anderes gilt einzig dort, wo die Statuten die Übertragung durch Indossament ausschliessen und eine solche nur in der Form der Zession zulassen. Damit wird die Namenaktie unstreitig zum Rektapapier und verliert den ihr vom Gesetz zugewiesenen Charakter eines Ordrepapiers (BÜRGI, Art. 684 OR N. 3; JÄGGI, Art. 967 OR N. 156). Eine solche Beschränkung der Zirkulationsfähigkeit der Aktie muss aber, gleich wie beim Rektawechsel ( Art. 1001 Abs. 2 OR ), auf der Urkunde selbst vermerkt werden. Eine Statutenbestimmung dieses Inhalts fehlt indessen im vorliegenden Fall; der auf den Aktien angebrachte Vermerk, dass für die Übertragung § 5 der Statuten BGE 83 II 297 S. 305 massgebend sei, kann deshalb nicht die Wirkung einer Rektaklausel haben, sondern stellt nur einen Hinweis auf die Tatsache der Vinkulierung dar. In der Literatur wird nun allerdings auch die Auffassung vertreten, bei der Abspaltung der Vermögensrechte teile der Aktientitel das Schicksal der Mitgliedschaftsrechte und bleibe deshalb im Eigentum des im Aktienbuch Eingetragenen selbst dann, wenn die Urkunde dem Erwerber übergeben werde (A. WIELAND, Aktienbuch, S. 47). Diese Auffassung wird jedoch dem Wertpapiercharakter der vinkulierten Namenaktie nicht gerecht. Die Vermögensrechte, die vor ihrer Abspaltung in der Aktienurkunde verkörpert waren, müssen auch nachher mit dieser verbunden sein; denn sie können ja nur gestützt auf den Titel geltend gemacht werden. Für die Ausübung der beim Buchaktionär verbliebenen Mitgliedschaftsrechte dagegen bedarf es der Aktienurkunde nicht. Hierfür genügt der allein massgebende Eintrag im Aktienbuch. Eine weitere Legitimation (beispielsweise durch Vorlegung des Titels) zu verlangen, ist die Gesellschaft nicht befugt. Unter diesen Umständen ist daher nicht einzusehen, weshalb der Erwerber, der die Vermögensrechte aus der Aktie auf Grund eines ordnungsgemässen Indossaments erworben hat, nicht auch das Eigentum an dem diese Rechte verkörpernden Titel erlangen soll. Ihm nur den Anspruch auf den Besitz des Titels zuzugestehen, erscheint gekünstelt. Es ist deshalb anzunehmen, dass mit den Vermögensrechten auch das Eigentum am Titel auf den Erwerber übergeht. Diese Lösung entspricht den praktischen Bedürfnissen des Geschäftsverkehrs, für den es erforderlich ist, dass über die Rechtsfolgen einer Übertragung vinkulierter Titel, insbesondere über das Schicksal der darin verkörperten Vermögensrechte, Klarheit besteht. Nur bei dieser Betrachtungsweise ist auch erklärlich, dass vinkulierte Aktien an der Börse gehandelt werden, wobei der Titel regelmässig mitgeliefert wird. BGE 83 II 297 S. 306 Hat somit nach dem Gesagten die vinkulierte Namenaktie als Ordrepapier zu gelten, so steht die Nichtzustimmung der Gesellschaft der vom Kläger auf Grund des obligatorischen Veräusserungsgeschäftes geforderten Übertragung des Eigentums an den streitigen Aktien nicht im Wege. 5. Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, selbst wenn die streitigen Aktien als Ordrepapiere zu betrachten wären, erweise sich die Klage gleichwohl als unbegründet. Denn die Frage der Rückwirkung der Zustimmungsverweigerung auf den Veräusserungsvertrag sei eine solche der Auslegung der Parteiabsichten. Bei deren Ermittlung seien die Gegebenheiten des Einzelfalles entscheidend. Die im Vertrag verurkundeten Erklärungen der Parteien seien so auszulegen, wie sie nach Massgabe der beteiligten Personen und nach dem Zweck und dem Gesamtzusammenhang des Rechtsgeschäftes in guten Treuen im Verkehr verstanden werden müssten. Auf Grund dieser Auslegung ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, dass sich das Rückkaufsrecht nach der Parteimeinung nur auf die Gesamtheit aller durch die streitigen Aktien vermittelten Rechte beziehen sollte und dass es mit dem Vertragswortlaut wie auch mit den persönlichen und sachlichen Gegebenheiten im Widerspruch stünde, wenn man annehmen wollte, es sei den Parteien und insbesondere dem Kläger von vorneherein gleichgültig gewesen, ob bei der Durchführung des Rückkaufsgeschäftes Aktien mit der Gesamtheit der Rechte oder nur solche ohne Mitgliedschaft zurückübertragen werden könnten. Diese Auslegung ficht der Kläger mit der Berufung an. Er macht geltend, da die Parteien mit der Nichtgenehmigung der Rückübertragung der Aktien nicht gerechnet und die Möglichkeit des Auseinanderfallens von Mitgliedschafts- und Vermögensrechten nicht gekannt hätten, sei im Vertrag vom 25. Januar 1952 über die Folgen einer Zustimmungsverweigerung der Gesellschaft nichts vereinbart worden. Der Vertrag weise deshalb eine Lücke auf, BGE 83 II 297 S. 307 welche die Vorinstanz durch Ermittlung des vermutlichen Parteiwillens hätte ausfüllen sollen. Das habe sie unterlassen und sei daher zu einer Auslegung des Vertrages gekommen, die gegen Art. 2 ZGB und Art. 18 OR verstosse. a) Mit der Vorinstanz und der in diesem Punkte einhelligen Literatur ist davon auszugehen, dass in erster Linie der Wille der Parteien des Veräusserungsgeschäftes dafür massgebend ist, welches die Rückwirkungen der Nichtzustimmung der Gesellschaft zur Übertragung vinkulierter Namenaktien auf das obligatorische Grundgeschäft sein sollen (A. WIELAND, Aktienbuch, S. 83 ff.; PESTALOZZI-HENGGELER, S. 140; BÜRGI, Art. 686 OR N. 102; JÄGGI, Art. 967 OR N. 153/54). Ob die Zustimmungsverweigerung der Gesellschaft zum Hinfall des Veräusserungsgeschäftes führt oder ob dieses gleichwohl grundsätzlich bestehen bleiben soll, bestimmt sich somit nach den zwischen den Parteien getroffenen Abmachungen, deren Inhalt an Hand des Vertragswortlautes und - sofern dieser keinen klaren und eindeutigen Aufschluss gibt - auf dem Wege der Auslegung der im Vertrag niedergelegten Parteierklärungen zu ermitteln ist. Im vorliegenden Falle wird im Vertrag vom 25. Januar 1952 nicht ausdrücklich bestimmt, was gelten solle, wenn die Gesellschaft die Zustimmung zu der vorgesehenen Rückübertragung der Aktien verweigere. Es fragt sich daher, ob durch Auslegung des Vertragswortlautes festgestellt werden könne, welche Folgen die Zustimmungsverweigerung nach der Meinung der Parteien für den von ihnen vereinbarten Rückkaufsvertrag haben sollte. Diesen Weg hat denn auch die Vorinstanz eingeschlagen, indem sie nach dem Sinne forschte, der im Hinblick auf die Umstände nach allgemeiner Lebenserfahrung dem Vertragswortlaut beigelegt werden müsse. Eine auf diesem Wege getroffene Auslegung ist, weil Rechtsfrage, vom Bundesgericht frei überprüfbar ( BGE 69 II 323 ). b) Wie aus dem Vertrag vom 25. Januar 1952 ersichtlich BGE 83 II 297 S. 308 ist, war den Parteien die Notwendigkeit der Zustimmung der Gesellschaft zu einer Rückübertragung der Aktien bekannt. Ferner hat der Kläger im kantonalen Verfahren (Berufungsschrift an das Obergericht, S. 17) ausdrücklich zugestanden, dass beide Parteien, auch er, mit der Nichterteilung der Genehmigung rechnen mussten. Nicht bekannt war dagegen beiden Parteien gemäss Feststellung der Vorinstanz (Urteil S. 28) die rechtliche Möglichkeit des Auseinanderfallens der in den Aktien verbrieften Vermögensrechte einerseits und der Mitgliedschaftsrechte anderseits. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich; denn was eine Partei gewusst oder nicht gewusst hat, ist Tatfrage ( BGE 77 II 145 ). Bei dieser Sachlage erscheint es aber als ein müssiges Unterfangen, durch Auslegung des Vertragswortlautes unter Heranziehung der übrigen Umstände ermitteln zu wollen, ob der Wille der Parteien für den Fall der Nichtzustimmung der Gesellschaft auf Preisgabe oder Aufrechterhaltung des Veräusserungsgeschäftes gerichtet gewesen sei. Denn diese Frage lag, da die Parteien die Möglichkeit der Aufspaltung der Aktienrechte nicht kannten, überhaupt ausserhalb ihrer Vorstellung und konnte darum von ihnen gar nicht geregelt werden. Eine Auslegung des Vertrags zum Zwecke der Erforschung des Parteiwillens kann darum folgerichtig nicht in Betracht kommen. Der Vertrag weist vielmehr in dieser Hinsicht eine Lücke auf. Da diese Unvollständigkeit nicht einen grundlegenden Punkt betrifft, bei dem das Fehlen einer Einigung der Parteien das Zustandekommen des Vertrags als solchen in Frage zu stellen vermöchte, ist dieser aus seinem Sinn und Zweck heraus vom Richter zu ergänzen. Das hat in der Weise zu geschehen, dass gefragt wird, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die rechtliche Möglichkeit der Aufspaltung der Aktienrechte und die Zulässigkeit der Rückübertragung nur des Eigentums an der Aktie mit den daran geknüpften Vermögensrechten bekannt gewesen wären. Dabei hat der Richter als diesem mutmasslichen BGE 83 II 297 S. 309 Parteiwillen entsprechend diejenige Lösung zu wählen, die sich angesichts der gesamten Sachlage nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufdrängt (vgl. v. TUHR/-SIEGWART OR I S. 48, 262; EGGER, Art. 2 ZGB N. 18; fernerBGE 51 II 309). c) Für die Entscheidung der danach massgebenden Frage, wie die Parteien bei Kenntnis der Möglichkeit einer Spaltung der Aktienrechte die Folgen einer Zustimmungsverweigerung der Gesellschaft geregelt hätten, ist zunächst von Belang, dass der Kläger zum Verkauf der Aktien gezwungen war, weil er Geld benötigte. Da er sich aber nach seiner von der Vorinstanz als glaubwürdig befundenen Darstellung die Möglichkeit offen behalten wollte, später seinen angestammten Platz im Familienunternehmen wieder einzunehmen, liess er sich vom Erwerber der Aktien das im Vertrag vom 25. Januar 1952 vorbehaltene Rückkaufsrecht einräumen. Daraus darf nun zwar mit der Vorinstanz abgeleitet werden, dass sein Wille in erster Linie auf die Rückerlangung der Aktien mit sämtlichen Rechten gerichtet war. Der hieraus von der Vorinstanz gezogenen weiteren Schlussfolgerung, er habe nur die Aktien mit sämtlichen Rechten zurücknehmen, bei Nichterreichbarkeit dieses Zieles aber auf den Rückkauf verzichten wollen, kann dagegen nicht beigepflichtet werden. Hätte der Kläger davon Kenntnis gehabt, dass er sich bei Verweigerung der Zustimmung der Gesellschaft zur Rückübertragung wenigstens die Vermögensrechte und mit diesen das Eigentum an den Aktienurkunden sichern könne, so darf nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als sicher betrachtet werden, dass er von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte. Denn wenn er damit auch keine Mitgliedschaftsrechte als Aktionär zu erlangen vermochte, so bestand für ihn als Eigentümer der Aktienurkunden und Träger der darin verkörperten Vermögensrechte immerhin die Möglichkeit, bei einer allfälligen Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft später die Genehmigung doch noch zu erhalten und damit BGE 83 II 297 S. 310 in die angestrebte Stellung eines vollberechtigten Aktionärs zu gelangen. Der Beklagte wendet ein, die Rückkaufsklausel sei lediglich in den Vertrag aufgenommen worden, weil der Kläger für den Fall des Ansteigens des Wertes der Aktien über ihren Nominalbetrag hinaus sich diesen Mehrwert habe sichern wollen. Sollte es sich so verhalten haben, so wäre die Frage nach dem mutmasslichen Parteiwillen erst recht nicht im Sinne des angefochtenen Urteils zu beantworten. Eine solche Absicht des Klägers würde nämlich gerade eine Regelung voraussetzen, die dem Kläger wenigstens die Wiedererlangung des Eigentums an den Aktien gewährleistete; denn nur so hatte er die Möglichkeit, durch erneuten Verkauf der Aktien, d.h. durch Übertragung des Eigentums an den Aktientiteln mit den darin verbrieften Vermögensrechten vermittelst Indossament, aus dem Steigen des Aktienwerts Nutzen zu ziehen. Der vom Beklagten behauptete Beweggrund des Klägers bewiese sodann auch, dass dieser den Vermögensrechten aus den Aktien keineswegs nur die untergeordnete Bedeutung beimass, wie die Vorinstanz sie angenommen hat, sondern dass er auf sie mindestens so viel Wert legte wie auf die Mitgliedschaftsrechte. Vom Standpunkt des Klägers aus betrachtet hat die notwendige Vertragsergänzung deshalb unzweifelhaft dahin zu lauten, dass das obligatorische Rückkaufsgeschäft auch bei Nichterhältlichkeit der Genehmigung durch die Gesellschaft wirksam bleiben sollte. Aber auch vom Standpunkt des Beklagten aus betrachtet kann die Lösung keine andere sein, wenn auf die Grundsätze von Treu und Glauben abgestellt wird. Der Beklagte war, wie nicht streitig ist, zur Rückübertragung mit allen Rechten bereit und ist für den Fall der Genehmigung einer solchen Übertragung durch die Gesellschaft eine dahingehende Verpflichtung eingegangen. Hätte er gewusst, dass trotz Nichtgenehmigung der Übertragung der Mitgliedschaftsrechte sich immerhin eine Rückübertragung BGE 83 II 297 S. 311 der Vermögensrechte bewerkstelligen lasse, so hätte er vernünftigerweise auch zu einer solchen Ausgestaltung des Vertrages Hand bieten müssen, zumal er für die Rückübertragung nur eines Teils der Rechte den vollen Kaufpreis, den er seinerzeit für die Übertragung der gesamten Aktienrechte ausgelegt hatte, zurückerhält. Irgendwelche Gründe, die es für ihn als unzumutbar erscheinen liessen, nur die Mitgliedschaftsrechte beizubehalten, sind nicht ersichtlich. Als technischer Leiter des Unternehmens hatte er gegenteils ein unbestreitbares Interesse daran, gestützt auf die ihm verbliebenen Mitgliedschaftsrechte auf die für das Schicksal der Gesellschaft massgebende Willensbildung einen möglichst grossen Einfluss ausüben zu können. 6. Werden die Vereinbarungen im Sinne der vorstehenden Darlegungen ergänzt, so kann entgegen der Meinung der Vorinstanz auch von einem Dahinfallen des Vertrages wegen Unmöglichkeit der Erfüllung ( Art. 119 OR ) nicht die Rede sein. Denn die Übertragung nur der Vermögensrechte und des Eigentums an den Aktien, die (neben der Übertragung der Aktien zu vollem Recht) ebenfalls als Gegenstand der vertraglichen Verpflichtung des Beklagten zu gelten hat, ist auch ohne die Zustimmung der Gesellschaft möglich. Durch die Verweigerung der Zustimmung verunmöglicht die Gesellschaft allerdings die Übertragung der Aktien zu vollem Recht, mit Einschluss der Mitgliedschaftsrechte, was von den Parteien in erster Linie beabsichtigt war. Es handelt sich dabei aber lediglich um eine teilweise Unmöglichkeit, deren Folgen durch den - ergänzten - Vertrag in dem Sinne geordnet sind, dass der Vertrag wenigstens erfüllt werden soll, soweit dies möglich ist, d.h. eben durch Übertragung der Aktien mit den daran geknüpften Vermögensrechten. Da nach dem ergänzten Vertrag als Leistungsgegenstand auch bloss die Vermögensrechte an den Aktien in Betracht kommen, sind die Ausführungen gegenstandslos, mit denen BGE 83 II 297 S. 312 die Vorinstanz eine bloss teilweise Unmöglichkeit glaubt verneinen zu müssen. Denn diese Ausführungen beruhen auf der nicht zutreffenden Voraussetzung, dass Leistungsgegenstand ausschliesslich Aktien mit sämtlichen Rechten gewesen seien. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. November 1956 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, dem Kläger 30 Stück volliberierte Namenaktien zu Fr. 1000.-- der Joh. Lerch Aktiengesellschaft, Bauunternehmung, Winterthur, zu Eigentum zu übertragen.
public_law
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f97f65f6-3e6d-4abb-8c30-bed4afe2bec9
Urteilskopf 120 Ia 321 46. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Dezember 1994 i.S. Verein für den Einsatz ökologisch und ökonomisch sinnvoller PVC Produkte gegen Amt für Technische Anlagen und Lufthygiene (ATAL) sowie Hochbauamt des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 84 OG ; Kantonale Merkblätter über "ökologisches Bauen". Beweisverfahren (Offizialmaxime): Die Stellungnahme eines Bundesamts, das in einem bestimmten Sachbereich über Fachkenntnisse verfügt, wird gestützt auf Art. 95 Abs. 1 OG als Amtsbericht zu den Akten genommen (E. 1). Die kantonalen Merkblätter über "ökologisches Bauen" sind Empfehlungen ohne Rechtsverbindlichkeit für Personen ausserhalb der Verwaltung (E. 3b). Sie enthalten vorwiegend blosse Dienstanweisungen an Beamtinnen und Beamte, die mit Submissionsgeschäften betraut sind (E. 3c), und haben auch über diesen Bereich hinaus keine Aussenwirkungen (E. 3d).
Sachverhalt ab Seite 322 BGE 120 Ia 321 S. 322 Das Amt für Technische Anlagen und Lufthygiene (ATAL) und das Hochbauamt des Kantons Zürich (HBA) haben im November 1993 unter dem Titel "OEKOLOGISCH BAUEN" Merkblätter nach Baukostenplan (BKP) für Ausschreibungen herausgegeben. Im Vorwort zu diesen Merkblättern schreibt der Kantonsbaumeister des Kantons Zürich an die Adressaten unter anderem, sie würden als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder als Beauftragte mit den vorliegenden Arbeitsblättern einmal mehr aufgerufen, den ökologischen Aspekten im Bauen ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. In den letzten Jahren seien verschiedene Gesetze und Verordnungen zum Schutz der Umwelt entstanden, und die Kenntnis der Umweltproblematik weite sich aus. Von allen am Bau Beteiligten sei eine umweltbewusste Haltung gefordert. Zu deren Umsetzung in die tägliche Arbeit müssten die rechtlichen Vorgaben bekannt sein und die Kenntnisse über das vorhandene Wissen erweitert werden. Diesem Zweck sollten die Merkblätter dienen; die nach Baukostenplan geordneten Arbeitsblätter sollten insbesondere ermöglichen, die ökologischen Aspekte bis ins Detail zu verwirklichen. Die Blätter seien indessen unvollständig und würden sogar Widersprüche aufweisen wie etwa in den Bereichen Ökologie/Ökonomie, Ökologie/Hygiene und Haltbarkeit, weshalb man um zeitintensive Abwägungen nicht herumkommen werde. Die Hinweise in den Arbeitsblättern sollten dabei als Arbeitshilfe dienen und zu selbständigem Abwägen zwischen verschiedenen Lösungsmöglichkeiten anregen, da für jede Bauaufgabe aufeinander abgestimmte Konstruktions- und Materialentscheide zu treffen seien. BGE 120 Ia 321 S. 323 Hierauf werden zehn Leitsätze wiedergegeben, die einen allgemeinen Orientierungsrahmen für ökologisches Verhalten im Bauen bilden sollten; die ökologische Gewichtung könne im Einzelfall unterschiedlich sein. Die Leitsätze sieben und acht haben zum Beispiel folgenden Wortlaut: "7. Baumaterialien aus erneuerbaren und einheimischen Rohstoffen bevorzugen Die Verwendung von erneuerbaren Rohstoffen belastet, bei Beachtung nachhaltiger Nutzung, die Rohstoffhaushalte längerfristig nicht. Durch den Einsatz von einheimischen (europäischen) Rohstoffen wird die Umwelt durch kürzere Transportwege weniger belastet. 8. Schwierig zu entsorgende Baumaterialien möglichst vermeiden Um künftige Entsorgungsprobleme zu vermeiden, sollen in Neu- und Umbauten möglichst keine Materialien oder Materialkombinationen verwendet werden, die schwierig zu entsorgen sind. Das betrifft vor allem Materialien und Produkte, die nach VVS (Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen vom 12.11.1986) als Sonderabfall zu behandeln sind, ferner Stoffe, die nach StoV nicht unschädlich vernichtbar (verbrennbar) sind, sowie Verbundmaterialien und -bauteile, die sich nur schwer trennen und deshalb nicht verwerten lassen." Im nächsten Abschnitt wird unter dem Titel "Hinweise für die Anwendung" erklärt, die Arbeitsblätter richteten sich in erster Linie "an die Baufachleute unserer Ämter sowie an die von uns beauftragten Architekten und Ingenieure. Sie sind anzuwenden für Neu- und Umbauten, ebenso für Unterhaltsarbeiten. Es wird empfohlen, sie auch anzuwenden für Bauten der Beamtenversicherungskasse und für Bauten, die Staatsbeiträge erhalten." Weiter wird in diesem Abschnitt festgehalten, Bauten würden zusammengesetzt aus einer grossen Zahl von Arbeitspositionen, welche über Arbeitsbeschriebe verschiedener Arbeitsgattungen an die Unternehmer zur Ausführung gelangten. In Ausrichtung auf Submissionen sei für die Arbeitsblätter das Ordnungsprinzip des Baukostenplanes (BKP) übernommen worden. Zu vielen Arbeitsgattungen wolle die Behörde mit den Arbeitsblättern durch Hinweise auf kritische Materialien oder auf problematische Entsorgungswege den Anwendern Entscheidungshilfen bieten. In den Merkblättern selbst werden dann in detaillierten Listen verschiedene Materialien (für Erdbewegungen, Baumeisterarbeiten, Spenglerarbeiten, Fenster, Bedachungsarbeiten, usw.) in "problematisch" und "ökologisch empfehlenswert" aufgeteilt und einander gegenübergestellt. Dabei werden Materialien aus PVC (Polyvinylchlorid) an verschiedenen Stellen als BGE 120 Ia 321 S. 324 problematisch und PVC-freie Produkte als ökologisch empfehlenswert bezeichnet (Merkblätter BKP 211, 221, 224, 226, 230 ff., 241-243, 251-255, 271, 281, 282). Verschiedentlich wird darauf hingewiesen, Produkte aus PVC seien nicht unschädlich vernichtbar (die Höchstwerte für unschädliche Vernichtbarkeit nach Stoffverordnung [SR 814.013], Anhang 4.11., würden überschritten). In bezug auf Kabelmaterial, Rohre und Kanäle aus PVC wird erklärt, diese Materialien seien in der Entsorgung problematisch, im Brandfall setzten sie sehr giftige und korrosive Gase frei. Halogenfreie Produkte enthielten hingegen kein PVC; ihr Brandverhalten sei gegenüber PVC besser. Gegen diese Merkblätter führt der Verein für den Einsatz ökologisch und ökonomisch sinnvoller PVC Produkte mit Eingabe vom 14. Januar 1994 staatsrechtliche Beschwerde und beantragt im wesentlichen, die Merkblätter seien aufzuheben; eventualiter seien sie insoweit aufzuheben, als alle Aussagen in bezug auf PVC für nichtig erklärt werden. Mit Präsidialverfügung vom 12. Juli 1994 wurde das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zur Vernehmlassung eingeladen. Im Auftrag des EDI kam das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) am 30. September 1994 dieser Einladung nach. Es beantragt, auf die staatsrechtliche Beschwerde sei nicht einzutreten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, es fehle der Präsidialverfügung vom 12. Juli 1994, mit welcher das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zu einer Stellungnahme an das Bundesgericht eingeladen worden sei, die gesetzliche Grundlage. Insbesondere würden die Art. 93 und 95 OG die Einholung einer solchen Stellungnahme nicht zulassen. Dies ist unzutreffend. Die Stellungnahme vom 30. September 1994, welche das BUWAL im Auftrag des EDI eingereicht hat, stellt einen Amtsbericht dar, dessen Beizug durch das Bundesgericht gestützt auf Art. 95 Abs. 1 OG durchaus zulässig ist. Nach dieser Bestimmung ordnet der Instruktionsrichter die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Beweismassnahmen an; für das Beweisverfahren im Sinne von Art. 95 Abs. 1 OG gilt die Offizialmaxime ( BGE 107 Ia 187 E. 2b S. 191 mit Hinweis). Dabei kann das Bundesgericht selbständig massgebliche Sachverhaltsfeststellungen BGE 120 Ia 321 S. 325 vornehmen. Als Beweismittel kommen vor allem Urkunden, Augenscheine sowie die Einholung von Amtsberichten zur Anwendung (WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage, S. 382). Der Antrag, die Stellungnahme des EDI vom 30. September 1994 sei aus den Akten zu weisen, ist daher abzuweisen. 3. a) Mit staatsrechtlicher Beschwerde können Hoheitsakte angefochten werden, die in irgendeiner Weise die Rechtsstellung des einzelnen Bürgers berühren, indem sie ihn verbindlich und erzwingbar zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden verpflichten oder sonstwie seine Rechtsbeziehung zum Staat autoritativ festlegen ( BGE 114 Ia 452 E. 1a, S. 455 mit Hinweisen). Das Bundesgericht stellt primär auf den materiellen Inhalt des angefochtenen Hoheitsakts und nicht auf dessen Bezeichnung ab (Urteil des Bundesgerichts vom 30. Mai 1984 in ZBl 85/1984, S. 538 ff. E. 5c; RHINOW/KRÄHENMANN, Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband Nr. 9 IV). Die umstrittenen Merkblätter und Leitsätze fallen unter den Begriff der Verwaltungsverordnung, die mit staatsrechtlicher Beschwerde nur anfechtbar ist, wenn sie über den Verwaltungsbereich hinaus Aussenwirkungen auf die Rechtsstellung der Bürger entfaltet und wenn gestützt auf sie keine Verfügungen getroffen werden, deren Anfechtung möglich ist und den Betroffenen zugemutet werden kann ( BGE 114 Ia 452 ff. E. 1a, S. 455 mit Hinweisen). b) Die angefochtenen Merkblätter enthalten Grundsätze für die ökologisch ausgerichtete Wahl von Baumaterialien, welche von ihrem Inhalt her lediglich Wertungshilfen für die Materialauswahl darstellen, diese jedoch nicht verbindlich regeln. Die Bewertung der Materialien in den einzelnen Blättern soll als Arbeitshilfe dienen und zum Abwägen zwischen verschiedenen Lösungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Umwelt anregen. Die Merkblätter richten sich ausdrücklich nur an "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" der öffentlichen Verwaltung sowie an "Beauftragte". Adressat ist somit vor allem ein verwaltungsinterner Kreis von Beamtinnen und Beamten sowie von diesen beauftragte verwaltungsexterne Architekten und Ingenieure. Weitere Personen werden durch diese Verwaltungsverordnung nicht verpflichtet. Soweit sie an Personen ausserhalb der Verwaltung verteilt oder von solchen beigezogen und verwendet werden, stellen die Merkblätter für diese Personen unverbindliche Empfehlungen dar, und damit keine mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbaren Hoheitsakte, weil solchen Empfehlungen jede Rechtsverbindlichkeit fehlt (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 11. September 1989 in ZBl 92/1991, S. 117 f.; BGE 120 Ia 321 S. 326 BGE 108 Ia 264 E. 5 S. 268; KÄLIN, a.a.O., S. 129). Dabei ist unerheblich, ob Art. 6 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) als gesetzliche Grundlage für die umstrittenen Merkblätter betrachtet werden kann. c) Die angefochtenen Merkblätter enthalten vorwiegend Dienstanweisungen an Beamtinnen und Beamte, welche mit Submissionsgeschäften betraut sind. So sollen die nach Baukostenplan geordneten Arbeitsblätter ausdrücklich bei der Devisierung der einzelnen Arbeitsgattungen helfen, die ökologischen Aspekte bis ins Detail zu verwirklichen. Es handelt sich somit bei den Merkblättern und Leitsätzen in erster Linie um Richtlinien, die bei der Durchführung von Submissionsverfahren zu berücksichtigen sind. Verstösse gegen rein interne Richtlinien für die vergebende Behörde kann der Bewerber regelmässig nicht mit einer förmlichen Beschwerde, sondern nur mit einer Aufsichtsbeschwerde bei einer oberen Verwaltungsinstanz rügen. Die Aufsichtsbeschwerde gibt ihm keinen Anspruch auf Erledigung ( BGE 103 Ib 154 ff. E. 2c). Submissionsvorschriften stellen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts grundsätzlich keine öffentlichrechtlichen Bestimmungen mit Rechtssatzcharakter dar. Soweit der Bewerber aus der Submissionsordnung überhaupt Ansprüche ableiten kann, sind sie privatrechtlicher Natur und daher vor dem Zivilrichter geltend zu machen. Einzig wenn Submissionsbestimmungen den Schutz der unmittelbaren Interessen der Bewerber bezwecken, bejaht das Bundesgericht implizit den Rechtssatzcharakter solcher Bestimmungen ( BGE 115 Ia 76 E. 1d S. 79, BGE 102 Ia 533 ff.; KÄLIN, a.a.O., S. 122; RHINOW/KRÄHENMANN, a.a.O., Nr. 47 BV). In solchen Fällen ist die staatsrechtliche Beschwerde nicht nur zulässig, wenn diese Submissionsbestimmungen im einzelnen Anwendungsfall verletzt werden, sondern es muss auch die abstrakte Normenkontrolle gegen sie zugelassen werden. Die hier umstrittene Verwaltungsverordnung enthält keine Submissionsgrundsätze und insbesondere keine solchen, welche den Schutz der unmittelbaren Interessen der Bewerber bezwecken. Die angefochtenen Merkblätter sollen vielmehr den vergebenden Behörden Entscheidungshilfen für die Materialauswahl vermitteln und stellen insoweit keinen mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbaren Hoheitsakt (Erlass) dar; ferner ist die Legitimation des Beschwerdeführers nach Art. 88 OG zu verneinen ( BGE 115 Ia 76 E. 1d S. 79 mit Hinweis). d) Die Empfehlungen in den angefochtenen Merkblättern haben entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch ausserhalb des eben behandelten BGE 120 Ia 321 S. 327 Bereichs der Submission keine Aussenwirkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 114 Ia 452 E. 1a S. 455, BGE 105 Ia 349 E. 2a S. 353; KÄLIN, a.a.O., S. 143). Die vom Beschwerdeführer behauptete "Aussenwirkung" bezieht sich nicht auf seine Rechtsstellung im Verhältnis zum Staat; er beschwert sich vielmehr über allfällige indirekte im vorliegenden Zusammenhang jedoch rechtlich unerhebliche Auswirkungen auf die privatrechtliche Tätigkeit seiner Mitglieder. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, dass die in den angefochtenen Merkblättern enthaltenen Empfehlungen auch an die Baubewilligungsbehörden gerichtet seien, welche diese im Baubewilligungsverfahren anzuwenden hätten. Sie würden in diesem Sinne Aussenwirkungen entfalten. Selbst wenn diese Behauptung des Beschwerdeführers zuträfe, was die Baudirektion bestreitet und hier offengelassen werden kann, könnte auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Verwaltungsverordnung nur mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar, wenn gestützt auf sie keine Verfügungen ergehen, deren Anfechtung möglich ist und den Betroffenen zugemutet werden kann ( BGE 114 Ia 455 , BGE 105 Ia 353 ). Für den unwahrscheinlichen Fall, dass die umstrittenen Empfehlungen entgegen der Darstellung der Baudirektion in einem baurechtlichen Bewilligungsverfahren dennoch in unzulässiger Weise angewendet würden, könnten der Bauherr oder die betroffenen Nachbarn die Baubewilligungsverfügung ohne weiteres anfechten, und eine entsprechende Anfechtung wäre auch zumutbar. e) Nach dem Gesagten sind die angefochtenen Merkblätter als Verwaltungsverordnung ohne Aussenwirkung und damit ohne Erlasscharakter zu bezeichnen. Sie stellen keinen staatlichen Hoheitsakt dar und sind somit nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar. Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden.
public_law
nan
de
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CH
Federation
f98000ad-d0c9-42ad-8ac6-de32a286b341
Urteilskopf 100 IV 176 43. Urteil des Kassationshofes vom 30. Juli 1974 i.S. Heeb gegen Bundesanwaltschaft und Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen
Regeste BRB vom 18.7.1958/10.6.1968 über die Förderung des Absatzes von inländischer Schafwolle. Art. 251 und 148 StGB . Urkundenfälschung und Betrug(sversuch) des Wollproduzenten durch falsche Absenderangabe auf Frachtbriefen für Wollsendungen an die Schweiz. Inlandwollzentrale.
Sachverhalt ab Seite 176 BGE 100 IV 176 S. 176 A.- Friedrich Heeb, Landwirt und Schafzüchter, verkaufte im Januar 1971 seine Schafwolle der Herbstschur 1970 der Schweizerischen Inlandwollzentrale. Da er wusste, dass er nur für die ersten 100 kg den staatlich festgesetzten Produzentenpreis erhalten konnte, teilte er die Wolle in sechs Posten zwischen 80 und 120 kg auf und schickte diese am 12. Januar 1971 unter Angabe von fünf Drittpersonen und seines eigenen Namens auf den Frachtbriefen an die Inlandwollzentrale. Diese schöpfte Verdacht, bezahlte lediglich für die ersten 100 BGE 100 IV 176 S. 177 kg den erhöhten Preis und rechnete die übrigen Sendungen (480 kg) zu normalen Preisen ab. B.- Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement erstattete Strafanzeige. Das Bezirksgericht Werdenberg sprach Heeb frei. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und der Bundesanwaltschaft verurteilte das Kantonsgericht St. Gallen Heeb am 22. April 1974 wegen Urkundenfälschung und Betrugsversuchs zu einem Monat Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug. C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Heeb Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zum Freispruch. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Bundesratsbeschluss vom 18. Juli 1958 über die Förderung des Absatzes von inländischer Schafwolle, in der Fassung vom 10. Juni 1968, übernimmt der Bund für inländische Schafwolle, welche die Produzenten der Inlandwollzentrale direkt abliefern, die Differenz zwischen den vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) festgesetzten Produzentenpreisen und den Weltmarktpreisen, zu denen die Wollfabrikanten die Wolle von der Inlandwollzentrale beziehen. Diese Subvention wird jedoch je Produzent nur für 100 kg der Herbstschur ausgerichtet (AS 1958 460, 1967 1260, 1968 792). Die Beiträge erreichten in den letzten Jahren im Durchschnitt Fr. 3.- je kg (vgl. Verfügung EVD vom 5. Oktober 1970, AS 1970 1269). 2. Der Beschwerdeführer wurde wegen Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB bestraft. Die Fälschung wurde darin gesehen, dass er auf den Frachtbriefen für 5 der 6 Wollsendungen an die Inlandwollzentrale andere Personen statt sich selber als Absender angeführt hat. Dadurch habe er bei der Zentrale den Anschein erwecken wollen, die sechs Sendungen stammten von verschiedenen Produzenten und seien daher alle bis zur Höhe von 100 kg Wolle subventionsberechtigt. Es stellt sich daher die Frage, ob die Angabe verschiedener Absender bestimmt oder geeignet war, die Herkunft der Wolle aus verschiedenen Betrieben zu beweisen ( Art. 110 Ziff. 5 StGB ). Die Inlandwollzentrale war verpflichtet, die Schurwolle zu den festgesetzten Preisen von den inländischen Produzenten abzunehmen und bis zu 100 kg Wolle je Produzent die Subvention BGE 100 IV 176 S. 178 auszurichten. Unter Vorbehalt gegenteiliger Mitteilung war daher die Sendung dahin zu verstehen, der auf dem Frachtbrief genannte Absender verkaufe als Eigentümer und Produzent die Wolle zu den gesetzlich vorgesehenen Preisen. Nach verbindlicher Feststellung legte der Beschwerdeführer der Absenderangabe diese Beweisbestimmung zu. Die Nennung verschiedener Absender War auch geeignet, die Herkunft der Wolle aus verschiedenen Betrieben zu beweisen. Die Inlandwollzentrale hat den Produzenten den Absatz ihrer Wolle zu sichern. Die Schafbesitzer pflegen daher ihre Wolle direkt, ohne Zwischenhandel, der Zentrale zu verkaufen. Ohne gegenteiligen Vermerk ist der Gegenwert der Wolle dem Absender zu bezahlen, der gleichzeitig als Eigentümer und Produzent angesehen wird. Der Produzent handelt - von unredlichen Vereinbarungen oder andern abnormen Umständen abgesehen - gegen seine Interessen, wenn er seine Wolle unter Angabe eines falschen Absenders der Inlandwollzentrale verkauft und damit bewirkt, dass ein anderer als Verkäufer seiner Ware erscheint und den Preis erhält. Im Streit, wem der Preis für die an die Zentrale gelieferte Wolle zukomme, ist die Angabe des Absenders auf dem Frachtschein ein taugliches Beweismittel, das der Richter im Rahmen der Parteibehauptungen und der übrigen Beweiserhebungen zu würdigen hat. Dass es den vollen Beweis für die Berechtigung erbringe, ist nicht erforderlich ( BGE 97 IV 213 E 3, BGE 81 IV 243 ). Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auf BGE 96 IV 153 f. È 2 lit. b-d. Dort gmg es um die Frage, ob Gewichtsangaben des Absenders im Frachtbrief geeignet seien, die Menge der beförderten Ware zu beweisen. Das war ein anderes Beweisthema als im vorliegenden Fall. Nicht die im Frachtbrief angegebene Menge der Wolle, sondern die Herkunft der Wolle von einem bestimmten Produzenten sollte mit der falschen Absenderbenennung dargetan werden. Falsch aber war die Angabe des Absenders in jenen Fällen, wo der Beschwerdeführer eigenmächtig Dritte als Absender eingesetzt hatte, unwahr aber auch im Fall Eggenberger, der gutgläubig als Absender zeichnete. Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass der Beschwerdeführer die falschen Angaben über die Absender "zur Erlangung eines unrechtmässigen Vorteils", nämlich eines "bessern Preises", gemacht hat und dass er wusste, es sei ihm nicht erlaubt, auf BGE 100 IV 176 S. 179 diese Weise die Beschränkung der Subvention auf 100 kg je Produzent zu umgehen. Damit sind auch Vorsatz und besondere Absicht des Art. 251 StGB verbindlich erstellt (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277bis Abs. 1 BStP). 3. Dieser Sachverhalt ist zugleich vollendeter Betrugsversuch ( Art. 22 Abs. 1, 148 StGB ). Durch Angabe falscher Absender wollte der Beschwerdeführer bei der Inlandwollzentrale die Meinung wecken, die Wolle stamme aus verschiedenen Betrieben, von jeder Sendung seien daher bis 100 kg Wolle zu subventionieren. Massgeblich ist hierbei, dass der Beschwerdeführer die Organe der Zentrale, die den Preis auszuzahlen hatten, täuschen wollte. Ob die Bahnbeamten, welche die Wolle zum Versand entgegennahmen, den wahren Sachverhalt kannten und ob die angeblichen Absender von diesem Vorgehen wussten oder dieses nachträglich genehmigten, ist belanglos. Dem Beschwerdeführer hilft auch nicht, wenn er mit der Angabe falscher Absender auf die Verfügung über die Wolle und auf den Erlös aus der Wolle verzichtet haben sollte. Die Subvention ist an den Betrieb des Produzenten gebunden und kann nicht durch Absendung der Wolle unter falschen Namen auf Dritte ausgedehnt werden. Wollte der Beschwerdeführer die Subvention unentgeltlich den fiktiven Absendern und Produzenten zugehen lassen, so beabsichtigte er, diese unrechtmässig zu bereichern. Auch wer einen andern unrechtmässig bereichern will, betrügt aber nach Art. 148 StGB . Übrigens sollte die Zahlung der Inlandwollzentrale an die fiktiven Absender und Produzenten der Tilgung von Schulden dienen, die der Beschwerdeführer aus Pacht oder Dienstleistung diesen gegenüber eingegangen war. Insoweit hätte er sich selber unrechtmässig bereichert. Als Täuschungsmittel bediente sich der Beschwerdeführer falscher Urkunden, die geeignet waren, über die Herkunft der Wolle zu täuschen. Der Beschwerdeführer hat somit auch arglistig gehandelt. Weil die Täuschung keinen Erfolg hatte, wurde er nur wegen vollendeten Versuchs bestraft. Dieser setzt aber nicht voraus, dass die unwahre Angabe zur Täuschung und Schädigung führe. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f982fd79-9744-4cee-897a-44ca52c27402
Urteilskopf 112 V 220 39. Urteil vom 20. Juni 1986 i.S. T. gegen Arbeitslosenkasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 9 Abs. 2 und 3 AVIG : Beginn der Rahmenfristen. Unter den Anspruchsvoraussetzungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 AVIG sind jene des neuen Rechts ( Art. 8 Abs. 1 AVIG ) zu verstehen. Der erste Tag, von dem aus die Rahmenfrist für die Beitragszeit rückwirkend zu berechnen ist ( Art. 9 Abs. 3 AVIG ) kann demnach frühestens der 1. Januar 1984 sein (Erw. 2b). Art. 23 Abs. 1 AVIG : Versicherter Verdienst bei Ersatzarbeit. Hat der Versicherte zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine Ersatzarbeit oder Teilzeitbeschäftigung angenommen oder einen Zwischenverdienst erzielt und dabei weniger als normalerweise verdient, so ist für die Bestimmung des versicherten Verdienstes auf den letzten ordentlichen Verdienst abzustellen, den der Versicherte innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit noch während mindestens eines Monats erzielt hat (Erw. 2c). Art. 11 Abs. 4 und 23 Abs. 1 AVIG, Art. 11 Abs. 3 AVIV : Ferienentschädigung. Bedeutung der Ferienentschädigung für den anrechenbaren Arbeitsausfall, die Beitragszeit und den versicherten Verdienst (Präzisierung der Rechtsprechung; Erw. 2d).
Sachverhalt ab Seite 221 BGE 112 V 220 S. 221 A.- Die 1962 geborene Versicherte ist von Beruf Kindergärtnerin. Da es ihr nach dem Abschluss der Seminarausbildung am 23. März 1982 nicht gelang, auf ihrem erlernten Beruf eine feste Anstellung zu finden, versah sie zwei Stellvertretungen und beschäftigte sich daneben als Kindermädchen, Haushalthilfe und Leiterin einer Spielgruppe. Sie erzielte in der Zeit vom 1. Mai 1982 bis 31. Dezember 1983 folgende Beitragszeiten und Erwerbseinkommen: Beitragszeit Beitragstage Bruttolohn 1. 5.- 15.10.1982 165,4 Fr. 2'750.-- (Kindermädchen) 25.10.-24.12.1982 63 Fr. 6'952.-- (Stellvertretung als Kindergärtnerin; Vollpensum) 1. 1.- 31. 3.1983 90 Fr. 1'500.-- (Kindermädchen) 11. 4.- 8. 7.1983 88 Fr. 10'957.50 (Stellvertretung als Kindergärtnerin; Vollpensum) 25. 7.-25. 8.1983 33,6 Fr. 600.-- (Haushalthilfe) 18.10.-31.12.1983 74 Fr. 1'860.-- (Leitung einer Spielgruppe) Während der insgesamt 514 Beitragstage entrichtete die Versicherte Beiträge an die Arbeitslosenversicherung im Betrag von total Fr. 73.85. Sie besuchte seit dem 25. August 1983 beim Arbeitsamt der Stadt Bern die Stempelkontrolle und bezog seit diesem Zeitpunkt von der Arbeitslosenkasse des Kantons Bern (Zweigstelle Bern-Mittelland) Taggelder. Die Kasse stellte für die Berechnung des versicherten Verdienstes per 1. Januar 1984, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts, auf den Bemessungszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 1983 ab und bezifferte den Taggeldansatz auf Fr. 37.90. BGE 112 V 220 S. 222 Am 21. Juni 1984 zahlte sie die Arbeitslosenentschädigung für die Monate Januar, Februar und März 1984 unter Berücksichtigung des erzielten Zwischenverdienstes aus. Dank einer zusätzlich angenommenen Teilzeitbeschäftigung bei der Firma M. erzielte die Versicherte in den Monaten April bis Juni 1984 ein Erwerbseinkommen, das den errechneten Taggeldansatz überstieg. Die Kasse richtete daher für diese Monate keine Arbeitslosenentschädigung aus, wobei sie für den Monat Juni 1984 am 23. Juli 1984 eine Verfügung erliess, in welcher sie das Vorliegen eines anrechenbaren Verdienstausfalles verneinte. In der Folge führte die Kasse anhand des Hilfsformulars für Lehrer folgende neue Taggeldberechnung durch: Beitragszeit Beitragstage Bruttolohn 18.10.-31.12.1983 74 Fr. 1'860.-- 25. 7.-25. 8.1983 33,6 Fr. 600.-- 11. 4.- 8. 7.1983 88 Fr. 10'957.-- 1. 1.- 31. 3.1983 90 Fr. 1'500.-- ---------------------------- 285,6 Fr. 14'917.-- ./. Fr. 2'739.25 (25% Ferienentschädigung von Fr. 10'957.--) ------------- Fr. 12'177.75 Tagesverdienst: 12'177.75/285,6 = Fr. 42.65 Versicherter Verdienst: 30 x Fr. 42.65 = Fr. 1'279.20 Aufgrund dieses versicherten Verdienstes ermittelte die Kasse neu einen Taggeldansatz von Fr. 40.70 (Fr. 1'279.20 : 22 = Fr. 58.14, davon 70%). Den sich gegenüber der früheren Berechnung ergebenden Saldobetrag zugunsten der Versicherten zahlte sie gemäss Bezügerabrechnung vom 26. Juli 1984 aus. B.- Die Versicherte bestritt in ihrer Beschwerde an das Versicherungsgericht des Kantons Bern die Richtigkeit des von der Arbeitslosenkasse berechneten Taggeldansatzes und verlangte ab 3. Januar 1984 eine Arbeitslosenentschädigung aufgrund des "gesetzlich gültigen Ansatzes für eine Kindergärtnerin mit Diplom-Abschluss". Das Versicherungsgericht hiess die Beschwerde mit BGE 112 V 220 S. 223 Entscheid vom 9. April 1985 teilweise gut, indem es sowohl die Verfügung vom 23. Juli 1984 als auch die Bezügerabrechnung vom 26. Juli 1984 dahin abänderte, dass es das Taggeld statt auf Fr. 40.70 nunmehr auf Fr. 44.55 festsetzte; sodann wies es die Sache an die Kasse zurück, damit diese die Arbeitslosenentschädigung für die Monate Januar bis Juni 1984 im Sinne der Erwägungen neu berechne. Dabei ging das Gericht davon aus, dass die Ferienentschädigung zu berücksichtigen sei, indem sowohl bezüglich der Berechnung der Beitragszeit ( Art. 13 AVIG ) und des versicherten Verdienstes ( Art. 23 AVIG ) als auch bezüglich der Festlegung des anrechenbaren Arbeitsausfalls ( Art. 11 Abs. 4 AVIG ) eine entsprechende Anrechnung vorgenommen werden müsse. Ferner liess es die Frage offen, welcher Bemessungszeitraum der Bestimmung des versicherten Verdienstes im vorliegenden Fall zugrunde zu legen sei, weil die innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit geleisteten Beiträge von nur Fr. 73.85 den versicherten Verdienst auf höchstens Fr. 1'400.-- begrenzten ( Art. 23 Abs. 4 AVIG ; Art. 40 Abs. 2 und 3 AVIV ). C.- Die Versicherte beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, der versicherte Verdienst sei in einer für sie günstigeren Weise neu zu berechnen. Der Rechtsdienst des Kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA), der die Arbeitslosenkasse vertritt, weist in seiner Vernehmlassung darauf hin, dass die bezogene Ferienentschädigung eine entsprechende Aufrechnung der Beitragszeit nach sich ziehe. Gemäss seiner Auffassung dürfen die entschädigten Ferientage bei Teilzeitstellvertretungen zur Vermeidung von stossenden Ergebnissen nicht voll berücksichtigt werden, sondern in jenem Verhältnis, in welchem die Teilzeitbeschäftigung zum Vollpensum stehe. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) hat vorerst auf eine Stellungnahme verzichtet, weil es die besonderen Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Entschädigung der Lehrer ergeben, in Weisungen behandeln werde. Nachdem es ein "Hilfsformular für die Rahmenfrist Beitragszeit" der Lehrer erarbeitet hatte (AlV-Praxis 1985/5 Anhang), gelangt es im Rahmen des angeordneten zweiten Schriftenwechsels zum Ergebnis, dass der massgebende Verdienst an sich Fr. 2'801.65 betragen würde; im Hinblick auf die erforderlichen Mindestbeiträge müsse aber von einem versicherten Verdienst von nur Fr. 1'400.-- im Monat ausgegangen werden. Der versicherte Tagesverdienst betrage Fr. 64.52 (Fr. 1'400.-- : 21,7 nach Art. 40a AVIV in Verbindung mit Ziff. II der Änderung vom 25. April 1985). BGE 112 V 220 S. 224 Daraus ergebe sich ein Taggeld von Fr. 45.15 (70% von Fr. 64.52). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei daher in dem Sinne gutzuheissen, dass das Taggeld statt auf Fr. 44.55 auf den erwähnten Betrag von Fr. 45.15 festzulegen sei. Im übrigen halten die Parteien an ihren Anträgen fest. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Rechtzeitigkeit der Beschwerde an die Vorinstanz; Kognition.) 2. a) Die Arbeitslosenentschädigung wird als Taggeld ausgerichtet. Für eine Woche werden fünf Taggelder ausbezahlt ( Art. 21 AVIG ). Ein volles Taggeld für einen unverheirateten Versicherten ohne Unterhaltspflichten beträgt 70% des versicherten Verdienstes ( Art. 22 Abs. 1 Satz 1 AVIG ). Als versicherter Verdienst gilt der für die Beitragsbemessung massgebende Lohn - d.h. grundsätzlich der massgebende Lohn im Sinne der AHV-Gesetzgebung, aber für jedes Arbeitsverhältnis begrenzt auf den Höchstbetrag des in der obligatorischen Unfallversicherung versicherten monatlichen Verdienstes (vgl. Art. 3 Abs. 1 AVIG ) -, der während eines Bemessungszeitraumes normalerweise erzielt wurde, einschliesslich der vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen sind. Der Verdienst gilt nicht als versichert, wenn er eine Mindestgrenze nicht erreicht. Der Bundesrat bestimmt den Bemessungszeitraum und die Mindestgrenze ( Art. 23 Abs. 1 AVIG ). Gestützt auf diese Kompetenzdelegation erliess der Bundesrat Art. 37 AVIV , wonach als Bemessungszeitraum für den versicherten Verdienst in der Regel der letzte Beitragsmonat im Sinne von Art. 11 AVIV vor Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug gilt (Abs. 1). Weicht der Lohn im letzten Beitragsmonat um mindestens 10% vom Durchschnittslohn der letzten drei Monate ab, so wird der versicherte Verdienst aufgrund dieses Durchschnittslohnes berechnet (Abs. 2). Wirkt sich die Bemessung aufgrund der Absätze 1 und 2 für den Versicherten unbillig aus, so kann die Kasse auf einen längeren Bemessungszeitraum, höchstens aber auf die letzten 12 Beitragsmonate, abstellen (Abs. 3). Der versicherte Verdienst wird während der Rahmenfrist für den Leistungsbezug neu berechnet, wenn der Versicherte ununterbrochen während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung zu einem höheren Lohn ausgeübt BGE 112 V 220 S. 225 hat und erneut arbeitslos wird (Abs. 4; BGE 111 V 246 Erw. 1). b) Die Rahmenfrist für die Beitragszeit, in welche der Bemessungszeitraum für den versicherten Verdienst fällt ( Art. 37 Abs. 1 AVIV ), beträgt zwei Jahre ( Art. 9 Abs. 1 AVIG ). Sie beginnt zwei Jahre vor dem ersten Tag, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 9 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 AVIG). Die Verwaltungspraxis geht davon aus, dass der Tag, von dem aus die Rahmenfrist rückwirkend zu berechnen ist, erst unter der Herrschaft des neuen Rechts eingetreten sein kann, d.h. frühestens am 1. Januar 1984; auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem eine Arbeitslosenentschädigung bereits unter der Herrschaft des alten Rechts ausgerichtet worden ist, soll die Rahmenfrist ab dem 1. Tag, an welchem die Anspruchsvoraussetzungen unter dem neuen Recht gegeben sind, zurückberechnet werden (vgl. ARV 1985 S. 29). Da das Gesetz die übergangsrechtliche Frage der Festlegung der Rahmenfrist nicht beantwortet (vgl. auch die Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980; BBl 1980 III 559), liesse sich allerdings auch die Meinung vertreten, dass im Sinne der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung ( BGE 111 V 273 mit Hinweisen) die Arbeitslosenentschädigung des neuen Rechts aufgrund einer Rahmenfrist ermittelt wird, deren Ausgangspunkt (für die Rückrechnung) zeitlich unter der Herrschaft des alten Rechts liegt. Diese Konstruktion ist indessen zu verwerfen. Denn wenn die Rahmenfristen vom ersten Tag aus berechnet werden müssen, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind ( Art. 9 Abs. 2 und 3 AVIG ), so sind darunter nicht jene des alten, sondern die davon abweichenden Anspruchsvoraussetzungen des neuen Rechts zu verstehen (vgl. Art. 8 Abs. 1 AVIG mit Art. 24 Abs. 2 des bis Ende 1983 gültig gewesenen AlVG). Zudem würde es zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, wenn die Organe der Arbeitslosenversicherung die Entschädigungen nach neuem Recht aufgrund einer Rahmenfrist (für die Beitragszeit) errechnen müssten, deren Ende im Maximum bis zu zwei Jahren minus einen Tag in die Herrschaft des alten Rechts zurückreichte. c) Wie das BIGA unter Berufung auf Rz. 132 des Kreisschreibens über die Arbeitslosenentschädigung zu Recht festhält, kann als Bemessungsgrundlage für den versicherten Verdienst nur der normalerweise erzielte Verdienst herangezogen werden ( Art. 23 Abs. 1 AVIG ). BGE 112 V 220 S. 226 Wenn der Versicherte zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine Ersatzarbeit oder Teilzeitbeschäftigung angenommen oder einen Zwischenverdienst erzielt und dabei weniger verdient hat, so ist auf den letzten ordentlichen Verdienst abzustellen, den der Versicherte innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit noch während mindestens eines Monats erzielt hat. Damit soll verhindert werden, dass der Versicherte, der zum Zwecke der Schadensminderung eine Ersatzarbeit oder Teilzeitbeschäftigung angenommen hat, für sein Verhalten Nachteile in Kauf nehmen muss. d) Wenn in dem innerhalb der Beitragsrahmenfrist erzielten Bruttolohn eine Ferienentschädigung enthalten ist, stellt sich die Frage, welchen Einfluss diese Ferienentschädigung auf die Höhe des versicherten Verdienstes, aber auch auf die Ermittlung der Beitragszeit und auf die Festlegung des anrechenbaren Arbeitsausfalles auszuüben vermag. Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE 111 V 249 Erw. 3b festgestellt, dass die Ferienentschädigung bei der Berechnung des versicherten Verdienstes nicht gemäss dem damaligen Vorschlag des BIGA vom Bruttolohn abzuziehen sei, sondern dass sie einen Bestandteil des massgebenden Verdienstes darstelle ( Art. 23 Abs. 1 AVIG ; vgl. demgegenüber Art. 33 Abs. 1 der bis Ende 1983 gültig gewesenen AlVV, wonach die Ferienentschädigung vom versicherten Verdienst ausgeschlossen war). Im nicht veröffentlichten Urteil Marquis vom 15. November 1985 hat es festgehalten, dass die für die Arbeitslosenentschädigung geltende Regelung auch bei der Bemessung der Kurzarbeitsentschädigung ( Art. 34 AVIG ) und der Schlechtwetterentschädigung ( Art. 44 AVIG ) angewandt werden müsse. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen - was in der erwähnten Rechtsprechung übersehen worden ist -, dass Zeiten, für welche der Versicherte einen Ferienlohn bezogen hat, als Beitragszeiten gelten ( Art. 11 Abs. 3 AVIV ). Demnach muss im Anwendungsfall nicht nur ermittelt werden, auf welchen Betrag sich die Ferienentschädigung in Franken beziffert, sondern auch, wie viele Ferientage oder -wochen mit der Ferienentschädigung abgegolten werden. Durch die Zahl der abgegoltenen Ferientage oder -wochen erhöht sich einerseits die anzurechnende Beitragszeit ( Art. 13 Abs. 1 AVIG ), was sich nicht nur auf den Anspruchsbeginn ( Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG ), sondern auch auf die Höchstzahl der Taggelder ( Art. 27 Abs. 1 AVIG ) auswirken kann. Anderseits ist nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der Arbeitsausfall - unter Vorbehalt von Art. 9 AVIV - für BGE 112 V 220 S. 227 jene Tage nicht anrechenbar, die bereits durch die Ferienentschädigung abgegolten sind ( Art. 11 Abs. 4 AVIG ). Das KIGA weist darauf hin, dass die Anrechnung der abgegoltenen Ferientage dann zu stossenden Ergebnissen führen könnte, wenn ein Lehrer eine Stellvertretung nicht als Vollpensum, sondern nur in Teilzeit übernommen hat; es schlägt deshalb vor, dass bei Teilzeitstellvertretungen die Anrechnung der Ferienentschädigung zeitlich nicht voll, sondern nur entsprechend dem Verhältnis vorgenommen wird, in welchem die Teilzeit- zur Vollzeitbeschäftigung steht. Diese Frage kann indessen offengelassen werden, da es im vorliegenden Fall um Stellvertretungen im Vollpensum geht. Damit braucht auch die Frage nicht entschieden zu werden, ob und inwiefern die Gesetzgebung, welche die Berücksichtigung der abgegoltenen Ferientage vorschreibt, für Lösungen, wie sie das KIGA vorgeschlagen hat, einen Ermessensspielraum zulässt. e) Schliesslich ist zu beachten, dass der ermittelte Verdienst nur so weit als versichert gilt, als die Beiträge innerhalb der Rahmenfrist eine vom Bundesrat zu bestimmende Mindesthöhe erreichen ( Art. 23 Abs. 4 AVIG ). Der Bundesrat hat mit der Festlegung des Mindestbeitrages das BIGA betraut ( Art. 40 Abs. 3 AVIV ), welches hierüber verbindliche Tabellen erlässt. 3. Die Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zu folgenden Ergebnissen: a) Da die Beschwerdeführerin am 1. Januar 1984 sämtliche Voraussetzungen des neuen Rechts für den Leistungsbezug erfüllt hat, erstreckt sich die Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 1. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1983 ( Art. 9 Abs. 3 AVIG ) - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, die vom 25. August 1983 als dem Zeitpunkt ausgehen möchte, da sie zu stempeln begonnen hatte. Die Bemessung des versicherten Verdienstes ist innerhalb dieser Frist gemäss den in Erw. 2 erwähnten Grundsätzen vorzunehmen. Dabei fällt der Lohn, den die Beschwerdeführerin vom 18. Oktober bis 31. Dezember 1983 als Leiterin einer Spielgruppe und vom 25. Juli bis 25. August 1983 als Haushalthilfe erhalten hat, ausser Betracht. Denn die Beschwerdeführerin legt glaubhaft dar, dass sie die vom 25. Juli bis 31. Dezember 1983 ausgeübten Erwerbstätigkeiten nur zur Vermeidung einer ganzen Arbeitslosigkeit angenommen hat. Ab 25. August 1983 besuchte sie denn auch die Stempelkontrolle und erhielt Taggelder der Arbeitslosenversicherung. BGE 112 V 220 S. 228 b) Als letzter normalerweise erzielter Verdienst ist daher - gemäss dem Vorschlag des BIGA - das Einkommen aus der Tätigkeit im Kindergarten E. in der Zeit vom 11. April bis 8. Juli 1983 zu betrachten. Gemäss Arbeitgeberbescheinigung vom 6. Januar 1984 erzielte die Beschwerdeführerin dort in zwei Monaten und 28 Kalendertagen (88 Stellvertretungstagen) einen AHV-pflichtigen Bruttolohn von Fr. 10'957.50. Dieser Bruttolohn entschädigt - weil darin die Ferienentschädigung mitenthalten ist - nicht nur die 88 Tage der Stellvertretungszeit, sondern zusätzlich die abgegoltene Ferienzeit. Diese macht entsprechend dem Verhältnis der 39 Schulwochen zu 13 Ferienwochen, die zusammen das Schuljahr bilden, einen Drittel der Stellvertretungszeit von 88 Tagen oder 29 1/3 Tage aus. Demgemäss stellt der für die Stellvertretung entrichtete Lohn von Fr. 10'957.50 den Verdienst für insgesamt 117 1/3 anrechenbare Tage (88 Stellvertretungstage plus 29 1/3 Ferientage) dar. Der versicherte Monatsverdienst beträgt somit Fr. 2'801.70 (Fr. 10'957.50 : 117 1/3 x 30). c) Der ermittelte Verdienst von Fr. 2'801.70 ist versichert, soweit innerhalb der Beitragsrahmenfrist die erforderlichen Mindestbeiträge geleistet wurden ( Art. 23 Abs. 4 AVIG , Art. 40 Abs. 2 und 3 AVIV ). Die Beschwerdeführerin weist unter Berücksichtigung der in Beitragstage umzurechnenden Ferienentschädigungen (insgesamt 50 1/3 Ferientage auf die 151 Tage der beiden Stellvertretungen) mehr als 18 Beitragsmonate auf. Sie hat unbestrittenermassen in der Rahmenfrist insgesamt Fr. 73.85 an Beiträgen geleistet. Nach der ab Anfang 1984 gültigen Beitragstabelle des BIGA decken die geleisteten Beiträge von Fr. 73.85 einen versicherten Verdienst von Fr. 1'400.-- pro Monat. Der versicherte Tagesverdienst beträgt danach nur Fr. 64.52 (Fr. 1'400.-- : 21,7 gemäss Art. 40a AVIV in Verbindung mit Ziff. II der Änderung vom 25. April 1985). Damit ergibt sich ein Taggeldansatz von Fr. 45.15 (70% von Fr. 64.52). Die Arbeitslosenkasse wird anhand des neu festgelegten Taggeldansatzes von Fr. 45.15 die Arbeitslosenentschädigung für die Kontrollmonate Januar bis Juni 1984 neu berechnen und die sich gegenüber der alten Berechnung ergebenden Differenzbeträge der Beschwerdeführerin auszahlen. BGE 112 V 220 S. 229 Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in Abänderung des Entscheides des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 9. April 1985 das Taggeld auf Fr. 45.15 festgelegt.
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
f9887496-b954-4377-b7c9-09714dde373d
Urteilskopf 117 Ia 393 61. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. August 1991 i.S. J. gegen Stadtgemeinde Zürich sowie Obergericht (II. Zivilkammer) und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste 1. Art. 86 f. OG. Letztinstanzlichkeit des angefochtenen Entscheides. Ob der Entscheid einer unteren kantonalen Instanz neben dem letztinstanzlichen Entscheid im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren mitangefochten werden kann, hängt von der Überprüfungsbefugnis der letzten kantonalen Rechtsmittelinstanz ab (E. 1b). 2. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG . Anforderungen an die Substantiierung einer staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1c).
Sachverhalt ab Seite 393 BGE 117 Ia 393 S. 393 Im Umfeld der Jugendunruhen im Zusammenhang mit der Schliessung des "Autonomen Jugendzentrums" in Zürich kam es am Abend des 10. Juli 1981 am Limmatquai zu Sachbeschädigungen, Auseinandersetzungen mit der Polizei und Festnahmen. J. veranlasste am 3. August 1981 eine Strafuntersuchung gegen mehrere Polizeibeamte sowie gegen Unbekannt. Er machte geltend, er sei während und nach seiner Festnahme am 10./11. Juli BGE 117 Ia 393 S. 394 1981 von Polizisten massiv geschlagen, getreten und beschimpft worden. Das betreffende Strafverfahren wurde von der Bezirksanwaltschaft Zürich am 6. März 1984 eingestellt. Mit Klage vom 20. November 1985 verlangte J. von der Stadtgemeinde Zürich die Bezahlung einer Genugtuungsentschädigung von Fr. 10'000.-- sowie Schadenersatz von Fr. 3'400.-- nebst Zinsen. Das Bezirksgericht Zürich und das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich wiesen die Klage mit Urteilen vom 4. September 1987 bzw. 5. September 1989 ab. Am 10. Oktober 1990 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich eine von J. gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab. Gegen die Urteile des Kassations- und des Obergerichtes gelangte J. mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Er rügt eine Verletzung von Art. 4 BV , Art. 7 der zürcherischen Kantonsverfassung, Art. 3 und 5 EMRK sowie des ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes der persönlichen Freiheit. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition ( BGE 116 Ia 79 E. 1; BGE 114 Ia 81 E. 1, 223 E. 1b, 462 E. 1). b) Die vorliegende Beschwerde richtet sich sowohl gegen das Urteil des Kassationsgerichtes des Kantons Zürich vom 10. Oktober 1990 als auch gegen das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 5. September 1989. Mit der staatsrechtlichen Beschwerde kann - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - nur ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid angefochten werden (Art. 86 f. OG). Der Entscheid einer unteren Instanz kann dann mitangefochten werden, wenn die letzte kantonale Rechtsmittelinstanz nicht alle Fragen, die Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden, beurteilen konnte, oder wenn sie die Rügen nur mit einer engeren Kognition, als sie dem Bundesgericht zukommt, zu überprüfen befugt war. In solchen Fällen kann ausnahmsweise auch das vorangegangene kantonale Sachurteil mitangefochten werden. War jedoch die Überprüfungsbefugnis der letzten kantonalen Behörde nicht beschränkter als diejenige des Bundesgerichtes im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, so kann sich die Beschwerde nur BGE 117 Ia 393 S. 395 gegen den letzten kantonalen Entscheid richten ( BGE 115 Ia 414 f.; BGE 114 Ia 311 E. 3a mit Hinweisen). aa) Die Kognition, über die das Kassationsgericht bei der Beurteilung der Nichtigkeitsbeschwerde gemäss § 281 ff. ZPO /ZH verfügte, war nicht eingeschränkter als die Überprüfungsbefugnis, die dem Bundesgericht bei Entscheid über die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV zukommt (vgl. STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 1982, N 45 f. zu § 281; OSCAR VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Aufl., Bern 1988, S. 290 f.). Soweit mit der staatsrechtlichen Beschwerde auch das Urteil des Obergerichtes als gegen Art. 4 BV verstossend gerügt wird, kann daher nicht darauf eingetreten werden. bb) Demgegenüber überprüft das Bundesgericht die Anwendung von kantonalem Verfassungsrecht grundsätzlich frei ( BGE 114 Ia 170 E. 2b; BGE 112 Ia 342 E. 2 mit Hinweisen); ebenso besteht freie Kognition bei der Beurteilung von schwerwiegenden Eingriffen in die persönliche Freiheit ( BGE 114 Ia 283 E. 3; BGE 112 Ia 162 f. E. 3a mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die kantonalen Instanzen hätten das Recht auf persönliche Freiheit, Art. 7 KV/ZH sowie Art. 3 und 5 EMRK verletzt, reicht die Kognition des Bundesgerichtes somit weiter als diejenige des Kassationsgerichtes, war doch bei der Beurteilung der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde lediglich zu prüfen, ob die Vorinstanz gegen "klares materielles Recht" verstossen hatte ( § 281 Ziff. 3 ZPO ). Insofern könnte das Urteil des Obergerichtes mitangefochten werden. Dem Eintreten auf die genannten Rügen stehen jedoch die nachfolgenden Gründe entgegen (E. 1c). c) Weil das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren nicht das vorangegangene kantonale Verfahren weiterführt, sondern als ausserordentliches Rechtsmittel ein selbständiges staatsgerichtliches Verfahren darstellt, das der Kontrolle kantonaler Hoheitsakte unter dem spezifischen Aspekt ihrer Verfassungsmässigkeit dient, prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen ( BGE 115 Ia 14 E. 2b, 30 und 100 E. 5a). Zur tatsächlichen und rechtlichen Substantiierung von staatsrechtlichen Beschwerden hat der Beschwerdeführer gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ausser dem wesentlichen Sachverhalt nicht nur die als verletzt behaupteten Rechtssätze zu nennen, sondern auch darzulegen, inwiefern diese Rechtssätze bzw. Rechte verletzt sein sollen ( BGE 115 Ia 14 E. 2; BGE 110 Ia 3 E. 2a). BGE 117 Ia 393 S. 396 Diesen gesetzlichen Anforderungen vermag die Beschwerde nicht in allen Teilen zu genügen. Namentlich setzt sich der Beschwerdeführer mit der von ihm angerufenen verfassungsmässigen Garantie der persönlichen Freiheit bzw. mit Art. 3 und 5 EMRK und den Bestimmungen von Art. 7 KV/ZH sowie Art. 5 Ziff. 5 EMRK , welche bei rechtswidriger Festnahme einen Anspruch auf Schadenersatz und Genugtuung gewährleisten, nicht in einer den genannten Anforderungen genügenden Form auseinander. Er legt nicht dar, inwiefern die kantonalen Instanzen mit der - in erster Linie aus Beweisgründen erfolgten - Klageabweisung gegen die erwähnten verfassungsmässigen Individualrechte verstossen haben sollen. Mit Bezug auf jene Rügen kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Wie aus den nachfolgenden Erwägungen ergeht, wäre die Beschwerde aber insoweit ohnehin unbegründet. Das Kassationsgericht ist nämlich ohne Verletzung von Art. 4 BV zum Schluss gekommen, dass die Verhaftung des Beschwerdeführers rechtmässig erfolgt sei und dass die von ihm behaupteten massiven Übergriffe durch Polizeibeamte nicht rechtsgenüglich bewiesen seien. Damit erwiese sich selbst bei Eintreten auf die entsprechenden Rügen der Vorwurf der Verletzung der persönlichen Freiheit und des Folterverbotes als ebenso unbegründet wie der Anspruch des Beschwerdeführers auf Schadenersatz und Genugtuung. d) Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und brauchen nicht weiter erörtert zu werden. Auf die Beschwerde ist daher im aufgezeigten Umfang - nämlich hinsichtlich der Rügen der Verletzung von Art. 4 BV durch das Urteil des Kassationsgerichtes - einzutreten.
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Urteilskopf 98 Ia 239 35. Urteil vom 10. Mai 1972 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Staatsrechtliche Beschwerde. Art. 87 OG . Der Entscheid, mit welchem der Rekurs gegen die Einstellung einer Strafuntersuchung gutgeheissen wird, ist ein Zwischenentscheid, der für den Betroffenen keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 239 BGE 98 Ia 239 S. 239 A.- Mit Verfügung vom 30. Juli 1971 stellte die Bezirksanwaltschaft Zürich eine gegen X. wegen Veruntreuung und ungetreuer Geschäftsführung geführte Strafuntersuchung ein. Am 10. November 1971 erfuhr X., dass inzwischen ein von der Geschädigten gegen die Einstellungsverfügung erhobener Rekurs von der Staatsanwaltschaft Zürich gutgeheissen worden war. Auf seine Anfrage hin bestätigte ihm die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 16. November 1971, dass ihre Rekurskommission mit Beschluss vom 7. Oktober 1971 den gegen die Einstellungsverfügung der Bezirksanwaltschaft vom 30. Juli 1971 erhobenen Rekurs gutgeheissen habe. Im Interesse der Wahrheitsfindung sei gemäss ständiger Praxis davon abgesehen worden, die Rekursschrift dem Rekursgegner zur Stellungnahme vorzulegen. Die für den Rekursgegner bestimmte Ausfertigung des Rekursentscheides sei der Bezirksanwaltschaft Zürich zur Aushändigung im geeigneten Zeitpunkt überwiesen worden. B.- X. führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung seines Anspruches auf rechtliches Gehör, welcher nach § 406 der Zürcher Strafprozessordnung (StPO) darin bestehe, dass BGE 98 Ia 239 S. 240 der Rekurs - stelle er sich nicht sofort als unstatthaft oder unbegründet dar - der Gegenpartei zur Beantwortung mitzuteilen sei. Er beantragt unter anderem die Aufhebung des Entscheides der Rekurskommission der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 7. Oktober 1971. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Nach Art. 87 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV erst gegen letztinstanzliche Endentscheide zulässig, gegen letztinstanzliche Zwischenentscheide nur, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben. Zwischenentscheide sind Entscheide, die das kantonale Verfahren nicht abschliessen. Das trifft auch zu für den Entscheid, mit welchem ein Rekurs gegen die Einstellung einer Strafuntersuchung gutgeheissen wird. Denn die Gutheissung des Rekurses hat zur Folge, dass die eingestellte Strafuntersuchung weitergeführt wird (STRÄULI, Komm. zu § 402 Ziff. 2 StPO N 3 Abs. 2). Der Rekursgegner wird wiederum zum Angeschuldigten, übrigens nicht anders, als wenn gegen ihn aufgrund der im Rekurs vorgebrachten Tatsachen eine neue Strafuntersuchung eingeleitet würde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist darin kein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 87 OG zu sehen. Der Beurteilung der Schuldfrage wird dadurch nicht vorgegriffen. Dem Beschuldigten bleiben alle Verteidigungsmittel gewahrt. Sollte es zu einem verurteilenden Enderkenntnis kommen, so steht die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV zur Rüge aller Verletzungen kantonalen Verfahrensrechts offen ( BGE 68 I 169 , nicht publiziertes Urteil vom 24. November 1971 i.S. H.). Die Voraussetzungen von Art. 87 OG sind somit nicht erfüllt. Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 82 IV 194 42. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. November 1956 i.S. Polizeirichteramt der Stadt Zürich gegen Sp.
Regeste Art. 206 StGB . Zumutungen oder Anträge. Sie brauchen nicht öffentliches Ärgernis zu erregen, mussen aber objektiv als solche erkennbar sein.
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 82 IV 194 S. 194 A.- Sp. obliegt seit 1950 gewerbsmässiger Unzucht. In der ersten Morgenstunde des 6. September 1955 ging sie in einem grell roten Mantel vor dem Nachtcafé "Noé" an der Ecke Stadelhoferstrasse/Gottfried Keller-Strasse in Zürich langsam auf und ab, schaute auffällig umher und fixierte die Männer, die ihr begegneten oder an ihr vorbeifuhren. Als sich kein Freier einstellte, schlenderte sie durch die Theaterstrasse und über den Bellevueplatz nach der Quaibrücke, wo sie sich auf dem Gehsteig langsam auf den Randstein zu bewegte. Ihr Verhalten veranlasste den Führer eines grossen Amerikanerwagens, BGE 82 IV 194 S. 195 in ihrer Nähe anzuhalten. Den Anruf der Wageninsassen beantwortete sie mit der Bemerkung, dass ihrer zu viele seien. Kurz darauf hielt der Führer eines Renault-Heck an und öffnete die Türe. Sp. begab sich sofort zum Wagen. Als sie einsteigen wollte, wurde sie von einer Polizeistreife angehalten. B.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich büsste Sp. wegen Anlockens zur Unzucht ( Art. 206 StGB ) mit Fr. 100.--. Die Gebüsste verlangte gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich sprach sie am 9. Februar 1956 mit der Begründung frei, Art. 206 StGB sei nur auf jene Dirnen anzuwenden, die öffentliches Ärgernis erregen, indem sie sich für jedermann erkennbar zur Unzucht anbieten. Uneingeweihte hätten indes nicht erkennen können, das Sp. einen Freier suche; der Fahrzeugführer, der sie zum Mitfahren eingeladen habe, habe sie denn auch nicht als Dirne erkannt, sondern nur angehalten, um festzustellen, ob sie auf das Öffnen der Türe reagiere. C.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Anwendung des Art. 206 StGB an den Einzelrichter zurückzuweisen. D.- Sp. beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales.) 2. Gemäss Art. 206 StGB ist strafbar, wer gewerbsmässig und öffentlich jemanden durch Zumutungen oder Anträge zur Unzucht anlockt. Die Dirne oder der männliche Prostituierte erfüllen diese Bestimmung, wie der Kassationshof in BGE 81 IV 109 ausgeführt hat, wenn sie durch ihr Verhalten in der Öffentlichkeit das Zustandekommen des unsittlichen Geschäfts bewusst und gewollt fördern. Unter "Anträge oder Zumutungen" fällt dabei jeder Hinweis auf die Bereitschaft zur Unzucht (THORMANN-OVERBECK, N. 3 zu Art. 206 StGB ), gleichviel, ob er BGE 82 IV 194 S. 196 sich an eine ganz bestimmte Person oder an jeden Vorbeigehenden richte. Dass der Hinweis besonders aufdringlich oder auffällig sei, ist nicht erforderlich. Zumutungen oder Anträge können auch in eine Form gekleidet sein, die sie als solche nur dem Eingeweihten oder einzelnen unauffällig angesprochenen Personen verraten, von Uneingeweihten hingegen nicht sofort oder nicht ohne weiteres erkannt werden (vgl. für das deutsche Recht: Leipziger Kommentar, 2. Bd., S. 735; SCHWARZ, DStGB, S. 720). Dies gilt ohne Einschränkung, wenn sich die Dirne an einen ganz bestimmten Mann wendet. Spricht sie ihn öffentlich an oder lädt sie ihn im Verlauf eines in der Öffentlichkeit geführten Gesprächs zur Unzucht ein, so macht sie sich auch dann strafbar, wenn sie sich bemüht, von Dritten nicht bemerkt zu werden. Bietet sie sich dagegen, ohne einen bestimmten Mann ins Auge zu fassen, jedem Vorübergehenden an, so zieht sie notwendigerweise die Aufmerksamkeit eines grösseren Kreises auf sich. Ein Antrag ist in diesen Fällen in der Regel darin zu erblicken, dass die Dirne ihren Leib zur Schau stellt wie der Kaufmann seine Waren, um damit Kunden zu werben und Geschäfte abzuschliessen ( BGE 81 IV 110 ). Ihr Verhalten muss für jedermann als Aufforderung oder Angebot zur Unzucht erkennbar sein, was objektiv zu verstehen ist und nicht heisst, dass es tatsächlich auch von jedermann erkannt werde oder erkannt werden müsse, und dass von Anfang an über die Absichten der Dirne kein Zweifel herrschen könne. Nicht selten wird demgemäss nur ein kleiner Teil der Vorübergehenden auf eine Dirne oder einen männlichen Prostituierten aufmerksam, die in der Öffentlichkeit Kunden suchen, während die meisten sie übersehen. Anträge oder Zumutungen von Prostituierten brauchen daher nicht stets öffentliches Ärgernis zu erregen; strafbar kann auch ein Verhalten sein, dem die Mehrzahl keine weitere Beachtung schenkt. Zwar weist BGE 81 IV 110 darauf hin, zum Schutz vor individueller Belästigung durch Anträge zur Unzucht sei BGE 82 IV 194 S. 197 schon Art. 205 StGB erlassen worden. Die Folgerung, Art. 206 StGB sei unter diesem Gesichtspunkt überflüssig, dieser Tatbestand schütze nur die Interessen der Allgemeinheit, nicht die des einzelnen, darf indes nicht missverstanden werden. Dass die unzüchtige Belästigung auf Antrag, das gewerbsmässige Anlocken zur Unzucht dagegen von Amtes wegen verfolgt wird, erklärt sich nicht daraus, dass die Belästigung in jedem Fall weniger Anstoss erregen würde als das Anlocken; die Anrempelung einer ehrbaren Frau kann beispielsweise ebenso sehr zum öffentlichen Ärgernis werden wie das Auftreten von Prostituierten. Wenn das Anlocken zur Unzucht von Amtes wegen zu verfolgen ist, so ist dies vielmehr darauf zurückzuführen, dass die Bekämpfung der Auswüchse der Strassenprostitution den Behörden anheimgestellt werden muss und nicht vom Antrag eines wider seinen Willen Belästigten abhängig gemacht werden kann. Die Allgemeinheit ist daran interessiert, dass auch jenen Dirnen und männlichen Prostituierten Einhalt geboten wird, die sich lediglich einzelnen Vorübergehenden bemerkbar machen. 3. Der Einzelrichter stellt nicht in Abrede, dass die Beschwerdegegnerin gewerbsmässig und öffentlich zur Unzucht anlockte. Dass sie durch ihr Verhalten auf der Strasse das Zustandekommen des unsittlichen Geschäfts bewusst und gewollt förderte und es damit zu Zumutungen oder Anträgen kommen liess, steht nach dem Gesagten ausser Frage. Wenn sie in auffälliger Kleidung nach Dirnenart langsam auf- und abging, umherblickte und Männer fixierte, so liess sie damit deutlich genug erkennen, dass sie ihren Leib feilhielt. Die Annahme der Vorinstanz, der Führer des Renault-Heck habe die Beschwerdegegnerin, als er sie zur Mitfahrt einlud, nicht (mit Sicherheit) als Dirne erkannt, steht dem nicht entgegen. Dass er angehalten haben will, um festzustellen, ob sie auf das Öffnen der Türe reagiere, zeigt, dass er dies zumindest stark vermutete. Die Insassen des Amerikanerwagens scheinen darüber vollends nicht im Zweifel gewesen zu sein. Im BGE 82 IV 194 S. 198 übrigen genügt es, dass das Vorhaben der Beschwerdegegnerin objektiv erkennbar war; dass die Vorübergehenden es tatsächlich erkannten, ist, wie dargelegt, nicht erforderlich. Ebenso wenig fällt ins Gewicht, dass die Strassen, auf denen sich die Beschwerdegegnerin aufhielt, nach Annahme der Vorinstanz nicht als Marktstand Prostituierter bekannt sein sollen. Lässt der Strichgang als solcher erkennen, dass sich die Dirne gegen Bezahlung zur Unzucht anbietet, so ist es im Hinblick auf die Anwendung des Art. 206 StGB ohne Belang, ob sie sich auf einem als Marktstand Prostituierter bekannten Platz oder an einem andern Ort aufhalte (vgl. SCHWARZ, DStGB, S. 720; Juristische Wochenschrift 1934, S. 501, Nr. 12). Die Beschwerdegegnerin hat den Tatbestand des Art. 206 StGB somit in jeder Hinsicht erfüllt. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirkes Zürich vom 9. Februar 1956 aufgehoben und die Sache zur Verurteilung der Beschwerdegegnerin im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 117 Ib 172 23. Estratto della sentenza 8 maggio 1991 della I Corte di diritto pubblico nella causa X. e Y. Z. c. Consiglio di Stato del Cantone Ticino e Consorzio per il raggruppamento dei terreni di Cavergno (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Voraussetzungen und Ersatzverpflichtungen einer Rodungsbewilligung. 1. Die in Art. 26bis FPolV enthaltene Pflicht zur Ersatzaufforstung ist nicht abschliessend geregelt. Art. 2 des Tessiner Ausführungsreglements betreffend Rodungen vom 3. Dezember 1976, wonach der an der Rodung interessierte Grundeigentümer zur Neuaufforstung auf einem Ersatzgrundstück verpflichtet ist, widerspricht nicht Bundesrecht. Im konkreten Fall Verneinung eines unmittelbaren Interesses des Grundeigentümers an der Rodung (E. 2). 2. Anwendung des Legalitätsprinzips auf Annexverpflichtungen; Auflagen und Bedingungen, die völlig ausserhalb des Gesetzeszwecks liegen, sind unzulässig (E. 3). 3. Gemäss Art. 27bis FPolV sind Rodungsbewilligungen befristet, wobei die Befristung gemäss Art. 4 BV von den jeweiligen konkreten Verhältnissen abhängt. Im konkreten Fall rechtfertigt es sich, die Rodungsbewilligung in Übereinstimmung mit Art. 15 lit. b und 21 Abs. 2 RPG auf 15 Jahre zu befristen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 173 BGE 117 Ib 172 S. 173 X. e Y. Z. acquistarono il 26 novembre 1988 il fondo n. 683 del Comune di Cavergno come terreno edificabile, sulla base delle indicazioni fornite loro dal Municipio e di quelle risultanti dai vari piani ufficiali. Il piano regolatore comunale inserisce il mappale - eccettuata una superficie di 48 m2 definita boschiva - nella zona residenziale semi-estensiva (R2 - 0.4). In sede di raggruppamento il fondo è stato valutato come terreno edificabile; stimato fr. 45.-- il m2, esso è stato assegnato ai precedenti proprietari in cambio di altri fondi di natura edilizia da loro conferiti al raggruppamento. Nell'ambito della procedura ricorsuale contro il progetto di nuovo riparto dei fondi del raggruppamento dei terreni, con istanza del 23 gennaio 1989 i coniugi Z. chiesero al Consiglio di Stato di compiere un accertamento della natura formale della loro particella. Con risoluzione governativa del 2 agosto 1989 l'esecutivo cantonale si limitò a definire boschiva la superficie di 48 m2 del fondo, di cui non era contestata la natura silvestre; ai rimanenti 601 m2 fu negato tale carattere. Fu così confermata la linea di delimitazione del bosco tracciata nel piano regolatore. Contro questa decisione il 12 settembre 1989 la Fondazione svizzera per la tutela del paesaggio insorse al Tribunale federale con ricorso di diritto amministrativo; proponeva di annullare la risoluzione impugnata e di definire silvestre conformemente alla normativa forestale federale tutta la superficie ricoperta di alberi e arbusti del fondo all'esame. Nell'ambito di questa procedura una delegazione del Tribunale federale esperì un sopralluogo e constatò la natura boschiva di circa 300 m2 della particella n. 683. Al fine di facilitare la conclusione della procedura di raggruppamento, in atto da più di un decennio, e di evitare una nuova ricomposizione particellare, come pure nella salvaguardia delle zone pianificatorie, la delegazione suggerì al Consiglio di Stato di BGE 117 Ib 172 S. 174 autorizzare il dissodamento dell'area litigiosa. Data l'importanza degli interessi pubblici in gioco le parti acconsentirono alla proposta. Sulla base delle risultanze del sopralluogo, il 19 giugno 1990 il Consiglio di Stato ha revocato la sua precedente risoluzione del 2 agosto 1989, autorizzando il dissodamento di una superficie di 300 m2. Il rilascio del permesso è stato subordinato alle seguenti condizioni: 3. Il proprietario, non essendo nella condizione di provvedere personalmente al rimboschimento di compensazione, è tenuto a versare alla Cassa cantonale un contributo di fr. 400.-- per ara dissodata (in totale fr. 1'200.--) per opere di rimboschimento da eseguire secondo le direttive e per iniziativa della Sezione forestale cantonale. 4. Il taglio degli alberi, rispettivamente la nuova destinazione dell'area boschiva, può compiersi solo quando sono adempiute cumulativamente le seguenti condizioni, ossia: - siano trascorsi 15 giorni dalla scadenza del termine utile per la presentazione del ricorso e nessuno si sia aggravato (in totale 45 giorni dopo la pubblicazione sul Foglio ufficiale); - sia stato effettuato il pagamento, dietro fatturazione, del contributo di compensazione; - sia stata rilasciata l'autorizzazione edilizia corrispondente allo scopo per cui è chiesto il dissodamento. 5. La presente autorizzazione ha una validità di due anni. In seguito alla revoca della risoluzione impugnata dalla Fondazione svizzera per la tutela del paesaggio, il Tribunale federale ha stralciato dai ruoli la relativa causa, siccome divenuta priva d'oggetto. Il 14 luglio 1990 X. e Y. Z. hanno chiesto all'esecutivo ticinese il riesame della risoluzione del 19 giugno 1990, postulando l'annullamento del dispositivo n. 5 e la modifica dei dispositivi n. 3 e 4. Nonostante alcune esitazioni di carattere formale, il Consiglio di Stato è entrato nel merito dell'istanza, per poi respingerla con decisione del 9 agosto 1990. Con ricorso di diritto amministrativo, il 24 agosto 1990 i coniugi Z. hanno adito il Tribunale federale. In accoglimento del ricorso postulano, oltre all'annullamento del dispositivo n. 5 della risoluzione governativa del 19 giugno 1990, la modifica dei dispositivi n. 3 e 4 della stessa decisione, ossia, da un lato, che sia annullato il contributo sostitutivo di fr. 1'200.--, subordinatamente, che lo stesso sia posto a carico del Consorzio per il raggruppamento dei terreni di Cavergno, salva la sua facoltà di regresso presso i proprietari che hanno apportato l'attuale fondo RT 683; dall'altro, che il dissodamento debba essere effettuato entro BGE 117 Ib 172 S. 175 un anno dalla crescita in giudicato della decisione governativa, senza ulteriori condizioni. Sia nel primo che nel secondo scambio di scritti il Consorzio per il raggruppamento dei terreni e il Governo ticinese chiedono il rigetto dell'impugnativa. Per il DFI, l'UFAFP propone il parziale accoglimento dell'impugnativa, considerando troppo restrittivo il termine di due anni fissato dal Consiglio di Stato per il dissodamento. Chiamati dal Tribunale federale a determinarsi in merito, i ricorrenti hanno dichiarato di accettare per il permesso di dissodamento il proposto termine di validità di 15 anni. Nella duplica il Consorzio per il raggruppamento dei terreni chiede al Tribunale di porre direttamente a carico dei "proprietari anteriori" del fondo n. 683 il contributo sostitutivo. Il Tribunale federale ha accolto il gravame, annullando la decisione governativa del 9 agosto 1990 e i dispositivi n. 3, 4 e 5 della risoluzione del 19 giugno 1990 e invitando contemporaneamente l'esecutivo cantonale a riformulare le disposizioni accessorie della concessa autorizzazione di dissodamento (300 m2 alla particella n. 683 del Comune di Cavergno). Erwägungen Dai considerandi: 2. I ricorrenti ravvisano in primo luogo una violazione del diritto federale nel fatto che l'esecutivo ticinese ha posto a loro carico il contributo sostitutivo di fr. 1'200.--, ossia fr. 400.-- per ara. Secondo l' art. 26bis OVPF , di norma, ogni dissodamento dev'essere compensato con un rimboschimento di superficie equivalente, nella stessa regione (cpv. 1); la compensazione in natura comprende l'acquisto del terreno, la piantagione, gli allacciamenti necessari a tale fine e tutti i provvedimenti indispensabili a garantire durevolmente, di diritto e di fatto, il rimboschimento. Il cpv. 3 dello stesso disposto dà ai cantoni la possibilità di riscuotere, in sostituzione di tale compensazione, una somma di denaro commisurata alle esigenze poste nei capoversi 1 e 2. I cantoni si obbligano pertanto a provvedere al rimboschimento compensativo a breve scadenza. In quest'ambito il Tribunale federale ha già avuto modo di decidere che, ove manchi o sia insufficiente la compensazione reale, una disposizione cantonale volta a precisare in modo auspicabile il precetto del risarcimento non contraddice il diritto federale, BGE 117 Ib 172 S. 176 l' art. 26bis OVPF non dovendo essere inteso come esauriente ( DTF 112 Ib 319 ). Nel Cantone Ticino, l' art. 2 del decreto esecutivo concernente i dissodamenti di bosco del 3 dicembre 1976 stabilisce che, in principio, l'obbligo di compensare con rimboschimenti la superficie dissodata spetta al proprietario interessato. Contrariamente a quanto sostiene il Consiglio di Stato, i ricorrenti non erano direttamente interessati al disboscamento. In effetti, il rilascio del permesso di dissodamento avvenuto nell'ambito della prima procedura condotta davanti al Tribunale federale non aveva lo scopo principale di permettere ad ogni costo ai ricorrenti di edificare la particella litigiosa, ma voleva piuttosto salvaguardare interessi pubblici preminenti, come la rapida conclusione di una già lunga procedura di raggruppamento. In quell'occasione si era considerato che la rinuncia alla nuova ricomposizione particellare di un vasto comprensorio prevaleva sul dissodamento di una superficie boschiva di 300 m2. A prescindere da ciò, l'interesse dei ricorrenti all'ottenimento di un'area edificabile era già dimostrato a sufficienza dal fatto che i precedenti proprietari del fondo - cui i ricorrenti sono succeduti in diritto - avevano apportato al raggruppamento terreno edificabile. In queste circostanze, non solo mancano le premesse dell' art. 2 del decreto esecutivo ticinese, ma, secondo lo scopo della legge, nemmeno rimane spazio per applicare l' art. 26bis OVPF a scapito dei ricorrenti. L'addossamento del contributo sostitutivo agli attuali proprietari del fondo configura pertanto una lesione del diritto federale. 3. I coniugi Z. pretendono di poter procedere al dissodamento senza restrizione di sorta, in particolare senza essere costretti a utilizzare il terreno a scopi edilizi entro il breve termine di due anni, il fondo in discussione essendo stato attribuito loro come terreno edificabile. Definiscono gli oneri previsti dal Consiglio di Stato ingiustificati, non avendo essi responsabilità alcuna per la situazione venutasi a creare nel caso in esame. Il principio della legalità vale anche per le disposizioni accessorie, le quali non devono tuttavia essere previste espressamente da una norma legale. Infatti, una disposizione accessoria, per esempio una condizione o un onere, è ammissibile anche quando è connessa allo scopo della legge o a un interesse pubblico basato sulla stessa. Inammissibili sono per contro condizioni e oneri completamente estranei allo scopo della normativa (GYGI, Verwaltungsrecht, Berna 1986, pag. 292 seg.; HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zurigo 1990, n. 721). Nel BGE 117 Ib 172 S. 177 caso concreto trattasi di una condizione che non c'entra con la disposizione principale. In effetti, l'autorizzazione di dissodamento è stata rilasciata - com'è stato illustrato - perché si è considerato l'interesse pubblico a una celere conclusione della procedura di raggruppamento superiore all'interesse alla conservazione di 300 m2 di area boschiva. Manca però qualsiasi nesso tra questa problematica e l'ottenimento di un permesso di costruzione da parte dei ricorrenti. In assenza di una base legale sufficiente, la relativa condizione dev'essere soppressa. 4. I ricorrenti contestano infine l'onere di utilizzare il fondo a scopo edilizio entro due anni. Reputano la limitazione sproporzionata, non sussistendo alcun obbligo giuridico di ottenere entro un così breve termine un permesso di costruzione e di iniziare a edificare il loro mappale. Secondo l' art. 27bis OVPF le autorizzazioni di dissodamento hanno una durata di validità limitata che, giusta l' art. 4 Cost. , dev'essere stabilita sulla base della situazione concreta. Nel caso in esame anche il Direttore federale delle foreste reputa il termine di due anni fissato dall'esecutivo ticinese troppo restrittivo. Cita la prassi adottata in casi del genere dall'UFAFP, la quale consiste nell'adeguare il termine di dissodamento a quello previsto dalla normativa pianificatoria per le zone edificabili, fissando - conformemente agli art. 15 lett. b e 21 cpv. 2 LPT - termini fino a 15 anni di validità, oppure in corrispondenza del prossimo adeguamento dei piani comunali. Su richiesta del Tribunale federale i ricorrenti si sono dichiarati disposti ad accettare il termine di dissodamento di 15 anni suggerito dall'autorità federale. La proposta del Direttore federale delle foreste prende in considerazione sia il coordinamento con il diritto pianificatorio sia le particolarità di casi come quello che ci occupa. La limitazione a due anni della validità del termine di dissodamento fissata nella fattispecie dall'autorità cantonale in base all' art. 27bis OVPF risulta pertanto ingiustificata.
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Urteilskopf 89 II 396 51. Arrêt de la Ie Cour civile du 15 octobre 1963 dans la cause Helvétia-Accidents contre Stragiotti.
Regeste 1. Die Faktoren des Versorgerschadens sind von Fall zu Fall zu würdigen. Ermittlung des zukünftigen Verdienstes des Verunfallten, Tat- und Rechtsfrage. Art. 45 Abs. 3 OR (Erw. 1). 2. Möglichkeit der Wiederverheiratung der Witwe. Auswirkungen auf die Ermittlung des Versorgerschadens. Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Wiederverheiratung (Erw. 2). 3. Genugtuungsanspruch eines Bruders, der mit dem Getöteten nicht in Hausgemeinschaft gelebt hat (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 396 BGE 89 II 396 S. 396 A.- Le relieur Bernard Stragiotti est décédé le 21 décembre 1960, victime d'un accident de la circulation dont la responsabilité civile incombe uniquement à Herbert Sutter, respectivement à son assureur la Compagnie Helvetia-Accidents. Le jugement pénal rendu le 8 juin 1961 contre le détenteur a fixé les indemnités dues à la veuve, Ginette Stragiotti, et à ses enfants mineurs Chantal et Nicole, en réparation du tort moral qu'elles ont subi. BGE 89 II 396 S. 397 B.- Le 14 avril 1962, la veuve et ses enfants, les père et mère du défunt et son frère ont actionné l'assureur en paiement de divers montants. Celui-ci en a versé une partie et a conclu à libération pour le surplus. Pour calculer la perte de soutien, le jugement rendu le 29 mars 1963 par le Tribunal cantonal du Valais constate que le chiffre d'affaires de la victime a passé de 1953 à 1959 de 11 492 fr. 75 à 21 114 fr. 10 et son bénéfice brut de 8294 fr. 70 à 14 272 fr. 60. En 1959, le produit net de l'entreprise s'élevait à 10 772 fr. 60, après déduction de 3500 fr. pour les frais. Conjecturant l'avenir selon le cours normal des choses, la Cour cantonale estime que si Bernard Stragiotti, dont l'entreprise était en constant développement, avait survécu, son chiffre d'affaires se serait élevé en moyenne, de 1960 à 1969, à 30 000 fr. et le bénéfice brut à 19 000/20 000 fr.; un montant de 4000 à 5000 fr. étant nécessaire pour couvrir les frais, le gain servant au calcul de la perte de soutien peut être fixé à 15 000 fr. Ce point étant acquis, la Cour cantonale réduit de 25% l'indemnité pour perte de soutien, en raison de la possibilité d'un remariage de la veuve. Celle-ci était âgée de 27 ans lors du décès et l'un de ses deux enfants est assez gravement atteint dans sa santé. Quant à l'indemnité réclamée par Roger Stragiotti en réparation du tort moral subi, le jugement constate que ce frère, domicilié à Lausanne, ne vivait pas en ménage commun avec le défunt. Or le choc moral provoqué par le décès d'un proche, s'il est toujours cruel, est moins brutalement ressenti lorsqu'on est séparé. Une dérogation se justifie cependant en l'espèce, car Roger et Bernard étaient les seuls enfants des époux Stragiotti; ils avaient conservé des relations très vivaces et se voyaient souvent, presque chaque semaine. Aussi la Cour alloue-t-elle 500 fr. au survivant. C.- La défenderesse prie le Tribunal fédéral de réformer ce jugement, de fixer à 12 000 fr. le gain servant à déterminer BGE 89 II 396 S. 398 les indemnités en raison de la perte de soutien, de réduire de 35% celle qui a été accordée à la veuve et de rejeter la prétention de Roger Stragiotti. Les intimés concluent au rejet du recours. La défenderesse a formé également un recours de droit public, qui a été rejeté le 19 septembre 1963. Erwägungen Considérant en droit: 1. De par l'art. 62 al. 1 LCR (applicable dès le 1er janvier 1960: art. 61 de l'ordonnance sur la responsabilité civile et l'assurance en matière de circulation routière, du 20 novembre 1959 et art. 107 LCR), le mode et l'étendue de la réparation ainsi que l'octroi d'une indemnité à titre de réparation morale sont régis par les principes du code des obligations concernant les actes illicites. Lorsque, par suite de la mort d'un proche, des personnes ont été privées de leur soutien, il y a lieu de les indemniser de cette perte (art. 45 al. 3 CO). La réparation se fonde notamment sur le revenu futur du défunt, dont une part eût été affectée à l'entretien de la personne soutenue. Selon la recourante, ce revenu se serait élevé en l'espèce à 12 000 fr. D'après la jurisprudence, les éléments de la perte de soutien doivent s'apprécier de cas en cas. Il en est ainsi du gain futur de la victime et de la part que celle-ci en aurait soustraite pour l'entretien des personnes soutenues. Le Tribunal fédéral, comme cour de réforme, peut revoir l'opinion du juge cantonal lorsque celui-ci, pour estimer le cours futur prévisible des choses, s'est laissé guider par des prémisses erronées en droit ou par des considérations qu'il ne justifie pas in concreto et qui sont en contradiction avec l'expérience générale de la vie (RO 72 II 166/167 et 196 consid. 3; 79 II 355 consid. 3; 81 II 42 ). Les faits passés et présents, en revanche, sont pour lui constants, sous réserve d'une inadvertance manifeste (art. 63 al. 2 OJ). La Cour cantonale a fixé à 15 000 fr. le gain net moyen des années 1960 à 1969, en tenant compte de frais généraux BGE 89 II 396 S. 399 proportionnels à ceux des exercices connus (cf. arrêt du 19 septembre 1963 sur le recours de droit public). De l'avis de la recourante, rien n'étaie cette opinion. Mais la démonstration s'arrête là. Vu son pouvoir d'examen, il suffit au tribunal de céans de constater qu'il n'est pas contraire au cours ordinaire des choses qu'un relieur de 30 ans - le seul du Bas-Valais -, sérieux, travailleur et compétent, développe aujourd'hui son entreprise, en constante progression.auprès d'une clientèle étendue et confiante, de façon à augmenter en dix ans son chiffre d'affaires de 21 000 à 30 000 fr., son revenu brut de 14 000 à 19 000/20 000 fr. et son gain net de 10 772 fr. 60 à 15 000 fr. environ. 2. Citant une publication de la Caisse nationale et les Tables de capitalisation de Stauffer/Schaetzle (1e partie, chapitre V), la recourante prie le Tribunal fédéral de réduire de 35% (et non seulement de 25%) l'indemnité pour perte de soutien allouée à la veuve, en raison des chances de remariage. La recourante doit réparer le dommage concret résultant de la perte de soutien. La réduction demandée ne peut donc se fonder que sur la possibilité réelle, en l'espèce, d'un nouveau mariage, et elle se justifie dans la seule mesure où ce dernier améliorerait sensiblement la situation de la veuve. Cette possibilité dépend surtout des circonstances particulières (RO 72 II 215 et les arrêts cités; arrêt Weimer c. Brühlmann et consort, du 23 mars 1960, p. 5). Celles-ci sont constatées souverainement par le juge le plus proche du justiciable (art. 63 al. 2 OJ). Ce sont notamment l'âge, le caractère, la condition sociale, le milieu local, les attaches familiales, la santé, l'attrait physique et la situation économique. Mais encore faut-il vouloir se remarier. Cette volonté relève d'une décision éminemment personnelle, qui repose sur des considérations diverses et, parfois, très intimes. Il suit de là que les résultats de statistiques, consignés dans des tabelles, et que les principes valables à d'autres points de vue, notamment BGE 89 II 396 S. 400 en matière d'assurances (RO 81 II 48 consid. 4), ne règlent pas dans un procès en responsabilité civile le calcul du capital représenté par la rente due pour la perte de soutien (arrêt Weimer précité). Ils peuvent tout au plus, faute de circonstances décisives, aider le juge dans la constatation des faits. Comme cour de réforme, le Tribunal fédéral intervient lorsque le droit fédéral est violé, qui oblige par exemple à ne tenir compte que d'une possibilité sérieuse. Dans le cas particulier du remariage de la veuve, on peut se demander s'il lui est en outre réservé de faire appel à l'expérience de la vie, soit qu'il revoie l'opinion que les premiers juges s'en sont faite, soit qu'il corrige les constatations de la décision attaquée parce qu'elles ne s'y conforment pas. Peu importe toutefois en l'espèce que le pouvoir de la cour de céans soit étendu ou restreint. Dans l'un et l'autre cas, en effet, la solution est claire. La demanderesse avait 27 ans lors du décès de son mari. L'un de ses deux enfants est assez gravement atteint dans sa santé. Dans ces circonstances, on ne saurait préférer une réduction de 35%. Il n'est certes pas contraire à l'expérience générale de la vie que le juge local, élucidant les faits, estime que cette veuve de Martigny a, dans son milieu, 25% de chances sérieuses de se remarier. La faible divergence qui l'oppose à la recourante est du reste d'autant moins importante que l'on ignore si le nouvel époux éventuel pourrait subvenir à l'entretien de l'intimée dans la même mesure que son mari défunt (RO 56 II 126). 3. De par l'art. 62 al. 1 LCR, l'octroi d'une indemnité à titre de réparation morale est régi par les principes du code des obligations concernant les actes illicites. L'art. 47 CO oblige le juge à tenir compte des circonstances particulières. Comme cette disposition n'est qu'un cas d'application de l'art. 49 al. 1 du même code, l'atteinte aux intérêts personnels, et notamment la douleur morale éprouvée, doit être particulièrement grave. Il est à présumer que la souffrance causée à une personne par la mort d'un BGE 89 II 396 S. 401 parent est d'autant plus intense que le degré de parenté était plus rapproché (RO 22 p. 762). En outre, lorsqu'un adulte quitte la maison paternelle, les liens qui l'unissaient à ses frères et soeurs se distendent quelque peu, surtout s'il fonde son propre foyer (RO 66 II 222). Aussi bien, après avoir été plus large (RO 22 p. 763, 34 II 457, pour la demanderesse Bertschi), la jurisprudence en est-elle venue à n'accorder en principe une indemnité en réparation du tort moral causé par la mort de l'un d'eux que si le demandeur vivait avec le défunt (RO 63 II 220; 64 II 62 ; arrêt Salomon c. La Zurich-Accidents SA et Moret et Cie SA, du 19 février 1963, p. 10). Dans la négative, elle ne fait droit à la demande que s'il existait des liens d'amitié et d'affection tels que la rupture a causé une affliction et une souffrance morale d'une intensité exceptionelle. En l'espèce, la Cour cantonale a alloué 500 fr. à Roger Stragiotti parce que son frère et lui étaient les seuls enfants de leurs parents, qu'ils avaient conservé des relations très vivaces et se voyaient souvent. Ces faits ne permettent pas de conclure que le cas est exceptionnel. Les familles de deux enfants ne sont pas rares en effet et il est normal qu'un fils habitant Lausanne visite fréquemment ses parents domiciliés à Martigny, et son frère par la même occasion. Une réparation du tort moral n'eût été justifiée que si le juge avait en outre constaté des attaches particulièrement fortes, fondées sur des indices précis. La demande doit donc être rejetée sur ce point. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Admet partiellement le recours et, réformant dans cette mesure le jugement attaqué, rejette la prétention de Roger Stragiotti à une indemnité pour tort moral.
public_law
nan
fr
1,963
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f9978a27-cd26-4d91-8a19-f99b0693bfec
Urteilskopf 98 Ia 27 6. Auszug aus dem Urteil vom 2. Februar 1972 i.S. Isler gegen Gemeinderat Waltenschwil und Regierungsrat des Kantons Aargau.
Regeste Eigentumsgarantie, Art. 22ter BV ; Zonenplan, Gewässerschutz, Bauverbot; rechtliches Gehör. 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde zur Anfechtung eines Zonenplans, der aus Gründen des Gewässerschutzes für ein generell-abstrakt bezeichnetes Gebiet ein Bauverbot vorsieht; Verhältnis zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1). 2. Anfechtung eines Zonenplans nach aargauischem Recht; Verfahren, Anspruch auf rechtliches Gehör (Erw. 2). 3. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Eigentumsbeschränkung mit der Eigentumsgarantie vereinbar? (Präzisierung der Rechtsprechung). Zulässigkeit eines aus Gründen des Gewässerschutzes verfügten Bauverbots (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 28 BGE 98 Ia 27 S. 28 A.- Frau Elsa Isler ist Eigentümerin des in der Gemeinde Waltenschwil gelegenen Grundstücks Nr. 1548 im Halte von ungefähr 5000 m2. Die mit einem Wohnhaus bebaute Parzelle liegt in der Nähe der Bahnstation in einem Gebiet, das im Norden durch die Bahnhofstrasse und im Südwesten durch die Bahnlinie begrenzt wird. In der Zeit vom 20. Oktober bis 18. November 1969 legte die Gemeinde Waltenschwil öffentlich einen Zonenplan mit Zonenordnung auf, der unter anderem Bauzonen erster und zweiter Etappe vorsah. Zum Schutz der Wasserfassungen von Waltenschwil und Wohlen wurden sodann im Bahnhofgebiet eine weitere und engere Schutzzone ausgeschieden, wobei für die letztere ein generelles Bauverbot erlassen werden sollte (Anhang IV der Zonenordnung). Das im sog. "Bahnhofdreieck" gelegene Grundstück Nr. 1548 wurde nicht eingezont, doch wurde seine Zuweisung in die "Wohn-Gewerbezone" (WG 3) für die zweite Etappe nicht ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 17. November 1969 erhob Frau Isler gegen den erwähnten Zonenplan BGE 98 Ia 27 S. 29 Einsprache mit dem Begehren, das Gebiet südlich der Bahnhofstrasse und östlich der Bahnlinie sei anlässlich einer späteren Einzonung zur reinen Wohnzone zu erklären. Mit Beschluss vom 26. November 1969 wies der Gemeinderat Waltenschwil die Einsprache ab mit der Begründung, das Grundstück Nr. 1548 liege ausserhalb der Bauzone; sollte das sog. "Bahnhofdreieck" später eingezont werden, so sei es der Einsprecherin unbenommen, zu gegebener Zeit erneut Einsprache zu erheben. Am 19. Dezember 1969 nahm die Gemeindeversammlung Waltenschwil den Zonenplan und die Zonenordnung in geheimer Abstimmung mit 69 gegen 29 Stimmen an. Der Regierungsrat des Kantons Aargau erteilte dem Zonenplan und der Zonenordnung am 28. Mai 1970 die Genehmigung. Vorbehalten blieb die im vorliegenden Verfahren nicht streitige Einzonung des Grundstücks Nr. 514. B.- Bereits am 8. Mai 1970 hatte der Gemeinderat Waltenschwil eine Änderung des Zonenplans öffentlich aufgelegt, mit welcher das sog. "Bahnhofdreieck" - und damit auch das Grundstück Nr. 1548 - der gemischten "Wohn- und Gewerbezone" der zweiten Etappe zugewiesen werden sollte. Frau Isler erhob am 20. Mai 1970 unter Hinweis auf mögliche Immissionen erneut Einsprache; gleichzeitig machte sie geltend, die beanstandete Planungsmassnahme gefährde den Schutz des Grundwassers, da sie gestatte, in der im Zonenplan vom 19. Dezember 1969 ausgeschiedenen Grundwasserschutzzone Gewerbebetriebe zuzulassen. Der Gemeinderat Waltenschwil wies die Einsprache am 16. Juni 1970 ab mit der Begründung, die Grundwasserschutzbestimmungen seien im Anhang IV der genehmigten Zonenordnung "genauestens umschrieben", und die beanstandete Einzonung führe zu keinen unzulässigen Immissionen. Mit Schreiben vom 25. Juni 1970 hielt Frau Isler ihre Einsprache aufrecht, ohne erneut auf den Grundwasserschutz Bezug zu nehmen. Am 10. Juli 1970 stimmte die Gemeindeversammlung Waltenschwil der Abänderung bzw. Ergänzung des Zonenplans zu. Mit Schreiben vom 30. Oktober 1970 machte das Baudepartement des Kantons Aargau den Gemeinderat Waltenschwil darauf aufmerksam, dass die "Wohn- und Gewerbezone" im Bahnhofgebiet nicht genehmigt werden könne, da sie in die BGE 98 Ia 27 S. 30 engere Grundwasserschutzzone hineinreiche, für die nach den Bestimmungen der Zonenordnung vom 19. Dezember 1969 ein Bauverbot bestehe. In der Folge erklärte sich der Gemeinderat bereit, das in die engere Schutzzone hineinreichende Gebiet des sog. "Bahnhofdreiecks" von der geplanten Wohn- und Gewerbezone auszunehmen. Auf Weisung der kantonalen Baudirektion stellte er der Einsprecherin, deren Grundstück in der erwähnten engeren Schutzzone liegt, am 1. Dezember 1970 eine entsprechende Verfügung zu mit dem Hinweis, dass dagegen innert 20 Tagen beim Regierungsrat des Kantons Aargau Einsprache erhoben werden könne. C.- In ihrer an den Regierungsrat gerichteten Einsprache vom 18. Dezember 1970 beantragte Frau Isler, die angefochtene Verfügung vom 1. Dezember 1970 aufzuheben, eventuell das Enteignungsverfahren einzuleiten. Zur Begründung machte sie im wesentlichen geltend, das im Anhang IV der Zonenordnung vom 19. Dezember 1969 aufgestellte Bauverbot für die engere Grundwasserschutzzone sei nicht rechtskräftig und sachlich nicht begründet, da die Schutzzone willkürlich festgelegt worden sei. Mit Beschluss Nr. 1700 vom 20. Juli 1971 genehmigte der Regierungsrat des Kantons Aargau die um das Gebiet der engeren Schutzzone verminderte Wohn- und Gewerbezone beim Bahnhof. Mit Beschluss Nr. 1703 vom gleichen Tag wies er sodann die von Frau Isler erhobene Einsprache gegen die gemeinderätliche Verfügung vom 1. Dezember 1970 ab, soweit er darauf eintrat. In der Begründung führte er im wesentlichen aus, auf die Einsprache gegen das mit der Zonenordnung vom 19. Dezember 1969 aufgestellte Bauverbot innerhalb der engeren Grundwasserschutzzone könne wegen Verspätung nicht mehr eingetreten werden. Die angefochtene Verfügung des Gemeinderats sei vernünftig und gebe keinen Anlass zu Kritik. Ob das angefochtene Bauverbot in der engeren Schutzzone enteignungsähnlich wirke, sei im Genehmigungsverfahren nicht zu entscheiden. Die Einsprecherin habe ihre angeblichen Entschädigungsansprüche vielmehr vor dem zuständigen Richter geltend zu machen. D.- Frau Isler führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 22ter BV . Sie beantragt, den angefochtenen Regierungsratsbeschluss Nr. 1703 vom 20. Juli 1971 aufzuheben. Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen. BGE 98 Ia 27 S. 31 E.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau und der Gemeinderat Waltenschwil beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann. Gegenstand des kantonalen Beschwerdeverfahrens bildete der Beschluss des Gemeinderats Waltenschwil, das innerhalb der engeren Grundwasserschutzzone gelegene Gebiet nicht in die gemischte Wohn- und Gewerbezone einzubeziehen. Diese ausschliesslich aus Gründen des Gewässerschutzes getroffene Planungsmassnahme betrifft ein generell und abstrakt bezeichnetes Gebiet. Unter diesen Umständen mag der erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 1. Dezember 1970 eher als "Erlass" denn als "Verfügung" gelten (vgl. BGE 90 I 350 Erw. 2 b, BGE 94 I 350 Erw. 5). Der angefochtene Entscheid des Regierungsrats stellt mithin eine "Verfügung über die Genehmigung eines Erlasses" ( Art. 99 lit. a OG ) dar und unterliegt daher nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. OG . Als zulässiger Rechtsbehelf fällt somit nur die staatsrechtliche Beschwerde in Betracht. 2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Regierungsrat habe ihr im angefochtenen Entscheid in unzulässiger Weise den Rechtsweg zur Anfechtung des für die engere Schutzzone erlassenen Bauverbots abgeschnitten. Sie habe bereits am 17. November 1969 gegen die Zonenordnung Einsprache erhoben und verlangt, dass das Bahnhofgebiet der Wohnzone zugewiesen werde. Der Gemeinderat habe diese Vorkehr mit Beschluss vom 26. November 1969 als verfrüht bezeichnet und ausgeführt, sie könne sich gegen eine allfällige Einzonung ihres Grundstücks in einem späteren Zeitpunkt zur Wehr setzen. Gestützt auf diese Erwägungen habe sie den erwähnten Gemeinderatsbeschluss nicht weitergezogen, sondern die angekündigte Ergänzung des Zonenplans abgewartet, die sie in der Folge ordnungsgemäss angefochten habe. Die im angefochtenen Entscheid enthaltene Feststellung, die im Anhang IV der Zonenordnung vom 19. Dezember 1969 aufgestellte Nutzungsbeschränkung für das Gebiet der engeren Grundwasserschutzzone könne im Anschluss an die Zonenergänzung vom 10. Juli 1970 nicht mehr angefochten BGE 98 Ia 27 S. 32 werden, verstosse daher gegen das Willkürverbot und stelle eine Gehörsverweigerung dar. Im Zonenplan vom 19. Dezember 1969 wurde das sog. "Bahnhofdreieck" - und damit auch das Grundstück der Beschwerdeführerin - nicht eingezont. In ihrer Einsprache vom 17. November 1969 erhob die Beschwerdeführerin dagegen keine Einwendungen; ebensowenig beanstandete sie die für das Gebiet der engeren Schutzzone verfügte Nutzungsbeschränkung. Sie beantragte bloss, das Bahnhofgebiet anlässlich einer späteren Einzonung einer reinen Wohnzone zuzuweisen. Richtig ist freilich, dass die Zonenergänzung vom 10. Juli 1970 die sich aus dem Zonenplan vom 19. Dezember 1969 ergebende Eigentumsbeschränkung für das Grundstück Nr. 1548 abgeschwächt hätte, wenn sie vom Regierungsrat ohne Abänderung genehmigt worden wäre. Auch in ihrer Einsprache vom 20. Mai 1970 wandte sich die Beschwerdeführerin jedoch bloss gegen die Zuweisung ihres Grundstücks in die gemischte Wohn- und Gewerbezone mit der Begründung, die Zulassung von Gewerbebetrieben im Bahnhofgebiet führe zu übermässigen Immissionen und gefährde das Grundwasser. Erst in ihrer Einsprache gegen die gemeinderätliche Verfügung vom 1. Dezember 1970 (Nichteinzonung des Gebiets der engeren Schutzzone) machte die Beschwerdeführerin geltend, die aus Gründen des Gewässerschutzes verfügte Eigentumsbeschränkung (Bauverbot) in der Zonenordnung vom 19. Dezember 1969 verstosse gegen die Eigentumsgarantie. Dazu hätte sie indessen bereits in ihrer ersten Einsprache vom 17. November 1969 Anlass gehabt. Möglich ist allerdings, dass sich die Beschwerdeführerin gestützt auf den Gemeinderatsbeschluss vom 26. November 1969 im Glauben wähnte, sie könne sämtliche sich aus dem Zonenplan vom 19. Dezember 1969 ergebenden Eigentumsbeschränkungen mittels Einsprache gegen eine spätere Zonenplanergänzung anfechten. Wie es sich damit verhält, mag indessen offen bleiben, denn der Beschwerdeführerin sind aus dem Vorgehen des Gemeinderats keine Rechtsnachteile erwachsen, zumal sich der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid (Erw. 2 und 3) mit der beanstandeten Eigentumsbeschränkung auseinandersetzt und sie - zum mindesten sinngemäss - als zweckmässig bezeichnet. Eine Gehörsverweigerung seitens des Regierungsrats liegt daher nicht vor. 3. Das angefochtene Bauverbot für die in der engeren Grundwasserschutzzone gelegene Parzelle der Beschwerdeführerin BGE 98 Ia 27 S. 33 stellt eine schwere Eigentumsbeschränkung dar (vgl. BGE 94 I 133 ), die vor der Verfassung nur standhält, wenn sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht und im öffentlichen Interesse liegt. Wirkt sie enteignungsähnlich, so ist sie nach Massgabe von Art. 22 ter Abs. 3 BV zu entschädigen; die Kantone haben von Bundesrechts wegen ein gerichtliches Verfahren vorzusehen, in dem der Betroffene seine Ansprüche geltend machen kann. Dass die angefochtene Eigentumsbeschränkung auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht, ist unbestritten. Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, das Bauverbot für die Parzelle Nr. 1548 sei sachlich nicht gerechtfertigt und liege daher nicht im öffentlichen Interesse. Wie es sich damit verhält, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei ( BGE 97 I 648 oben mit Verweisungen). Der Rüge, die angefochtene Massnahme verstosse gegen das Willkürverbot, kommt demnach keine selbständige Bedeutung zu. a) In der unmittelbaren Nachbarschaft der Parzelle Nr. 1548 befinden sich die Fassungen der Wasserversorgungen von Waltenschwil und Wohlen. Daraus ergibt sich ohne weiteres die Pflicht der Gemeinde Waltenschwil, zweckdienliche Schutzmassnahmen zu ergreifen (vgl. Art. 2 Abs. 3 GSchG in der Fassung vom 16. März 1955 und BGE 96 I 355 /6 sowie die bundesrätliche Botschaft vom 26. August 1970 zu einem neuen Gewässerschutzgesetz, BBl 1970 II S. 425 ff., insbesondere S. 436/7). Auch die Beratungen in den eidgenössischen Räten lassen keinen Zweifel darüber offen, dass der Gewässerschutz und damit insbesondere auch der Schutz des Brauch- und Trinkwassers eine vordringliche nationale Aufgabe darstellt (StenB 1971 NR S. 691 ff., StR S. 116 ff.). Wie sich aus der Einsprache vom 20. Mai 1970 ergibt, anerkennt dies im übrigen auch die Beschwerdeführerin. Zur Festlegung der im Bereich der Wasserfassungen erforderlichen Schutzzonen holte der Gemeinderat Waltenschwil von Dr. Heinrich Jäckli, Zürich, ein geologisch-hydrologisches Gutachten ein. Der Sachverständige kam in seinem Bericht vom 12. September 1969 zum Schluss, die Einzugsgebiete der beiden Wasserfassungen von Waltenschwil und Wohlen bildeten in hydrologischer Sicht eine Einheit. In Anbetracht der Strömungsrichtung und mit Rücksicht auf den Verlauf der grundwasserführenden Schichten erscheine es deshalb als notwendig, im BGE 98 Ia 27 S. 34 sog. Bahnhofgebiet eine weitere und eine engere Schutzzone auszuscheiden. Für die engere Schutzzone, in der das Grundstück der Beschwerdeführerin liegt, beantragte der Experte den Erlass eines generellen Bauverbots. Der Gemeinderat von Waltenschwil kam dieser Empfehlung dadurch nach, dass er im Anhang IV der Zonenordnung vom 19. Dezember 1969 entsprechende "Grundwasserschutzbestimmungen" aufstellte. Wohl wären diese durch die Zonenergänzung vom 10. Juli 1970 für das Grundstück der Beschwerdeführerin gelockert worden. Angesichts des Widerstandes des kantonalen Baudepartements, das die Einzonung des engeren Schutzgebiets im Genehmigungsverfahren als unzweckmässig bezeichnete, beschloss der Gemeinderat jedoch mit Verfügung vom 1. Dezember 1970,die engere Schutzzone nicht zur Überbauung freizugeben. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, für das angefochtene Bauverbot bestehe kein hinreichendes öffentliches Interesse und die Massnahme verletze den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Ihre Vorbringen sind indessen nicht geeignet, die im hydrologisch-geologischen Gutachten vom 12. September 1969 enthaltenen Schlussfolgerungen zu widerlegen. Dass ein Abschnitt der Eisenbahnlinie durch die engere Schutzzone führt, lässt ein generelles Bauverbot in diesem Gebiet nicht als unzweckmässig erscheinen, denn die auf den Eisenbahnbetrieb zurückzuführenden geringfügigen Oberflächenverschmutzungen dringen in aller Regel nicht bis zu den grundwasserführenden Schichten vor und führen kaum zu einer ernstlichen Gefährdung des Grundwassers. Aus der bisherigen Nutzung des Grundstücks Nr. 1548 vermag die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten abzuleiten; dass sich bisher keine schädigenden Einwirkungen auf das Grundwasser ergeben haben, berechtigt keineswegs zur Annahme, das Erstellen weiterer Bauten in der engeren Schutzzone lasse keine wesentliche Gefährdung des Gundwassers erwarten. Gestützt auf die überzeugenden Ausführungen im erwähnten Gutachten vom 12. September 1969 ist vielmehr davon auszugehen, dass sich ein wirksamer Schutz der benachbarten Wasserfassungen nur mit einem generellen Bauverbot in der engeren Schutzzone gewährleisten lässt. Die Beschwerdeführerin nennt denn auch keine andere Vorkehr, die einen ähnlichen zuverlässigen Schutz zu bieten vermöchte. Dass das öffentliche Interesse am Erlass des angefochtenen Bauverbots gegenüber dem privaten Interesse der Beschwerdeführerin BGE 98 Ia 27 S. 35 an der Überbauung ihrer Parzelle überwiegt, bedarf unter diesen Umständen keiner weiteren Erörterung. Ebenso besteht kein Anlass, ein Ergänzungsgutachten einzuholen. Das angefochtene Bauverbot entspricht durchaus der Rechtsprechung des Bundesgerichts, das die wirksame Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Gewässerschutzes ohne weiteres als Grund für einschneidende Eigentumsbeschränkungen anerkennt (vgl. BGE 96 I 357 ff. und 762). Die Beschwerdeführerin wird durch die angefochtene Nutzungsbeschränkung im übrigen nicht besonders hart getroffen, denn sie wird nicht zum Abbruch ihres nunmehr an die Kanalisation angeschlossenen Hauses gezwungen, sondern es wird ihr bloss untersagt, auf ihrer Parzelle weitere Gebäude zu errichten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
f99b8dd8-efd2-479b-9872-278cfff2629b
Urteilskopf 88 IV 107 29. Urteil des Kassationshofes vom 22. Oktober 1962 i.S. Jordan gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 238 StGB . Adäquater Kausalzusammenhang. Die Rechtserheblichkeit eines zu einem Bahnunfall führenden fehlerhaften Verhaltens wird durch andere mitwirkende Ursachen (Verschulden Dritter, Versagen technischer Sicherungen) nicht ausgeschlossen, wenn nicht ganz aussergewöhnliche Umstände vorliegen. Keine solchen Umstände waren hier, dass der Lokomotivführer das geschlossene Ausfahrsignal nicht beachtete und die automatische Bremsanlage unwirksam war.
Sachverhalt ab Seite 108 BGE 88 IV 107 S. 108 A.- (Zusammengefasst.) Am 21. Juni 1961 wollte Betriebsbeamter Jordan den fahrplanmässig verkehrenden, nur aus einer Lokomotive bestehenden Zug 5832 Biel-Lyss auf der Station Brügg anhalten und vom Gleis 2, auf dem er einfuhr, auf Gleis 3 umsetzen, um die Kreuzung mit dem Güterzug 5827 Lyss-Biel zu ermöglichen. Er gab zu diesem Zwecke dem Führer der einfahrenden Lokomotive, Simon, durch Armschwenken Zeichen zum Vorfahren und rief ihm gleichzeitig zu, er solle über die Weiche 1 auf Gleis 3 zurückfahren. Simon verstand jedoch die Zurufe nicht und schloss aus den Handzeichen Jordans, dass er zur Weiterfahrt aufgefordert werde. Da er seine Aufmerksamkeit auf den Betriebsbeamten gerichtet hatte, übersah er das wegen einer Kurve erst auf kurze Entfernung sichtbare, geschlossene Ausfahrsignal und fuhr Richtung Busswil weiter. Zudem sprach die automatische Zugsicherung, da die Signumanlage defekt war, beim Überfahren des geschlossenen Ausfahrsignals nicht an. Kurz darauf kam es zwischen der Lokomotive 5832 und dem von Busswil entgegenkommenden Güterzug trotz der beidseits eingeleiteten Schnellbremsung zum Zusammenstoss, der Sachschaden zur Folge hatte. B.- Das Obergericht des Kantons Bern erklärte am 25. Januar 1962 Jordan der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs schuldig und verurteilte ihn in Anwendung von Art. 238 Abs. 2 StGB zu einer Busse von Fr. 50.-. C.- Jordan beantragt mit der Nichtigkeitsbeschwerde, er sei freizusprechen. Er bestreitet, dass sein reglementswidriges Verhalten adäquate Ursache des Zugszusammenstosses gewesen sei. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Es war in der Fahrordnung vorgesehen, dass der Zug 5832 in Brügg einen bedingten Halt zu machen hatte. Simon war daher im Sinne von Ziff. 4730 des Fahrdienstreglements vom 20. Mai 1951 auf den ausserordentlichen Halt vorbereitet. Für diesen Fall bestimmt Ziff. 4731 des BGE 88 IV 107 S. 109 Fahrdienstreglements, dass die ausserordentliche Haltstation den Zug durch Handsignale mit roter Flagge oder rotem Licht und durch das Ausfahrsignal anzuhalten hat. Anstatt das Haltezeichen mit der roten Flagge zu geben, versuchte der Beschwerdeführer durch zweideutiges Armschwenken und durch Zurufe, die für Simon unverständlich waren, den Zug anzuhalten. Er hat demnach in Missachtung der erwähnten Dienstvorschrift nicht die Vorsicht angewendet, zu der er verpflichtet war, weshalb ihm Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. 2. Nach der Feststellung der Vorinstanz hätte Simon den Zug angehalten, wenn das Haltsignal mit roter Flagge gegeben worden wäre. Damit steht verbindlich fest, dass die Unterlassung des Beschwerdeführers eine der natürlichen Ursachen des Zugszusammenstosses war. Dieser Kausalzusammenhang war auch rechtlich erheblich, wenn die Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geeignet war, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen oder zu begünstigen. Ob daneben noch andere Ursachen, z.B. pflichtwidriges Verhalten Dritter, technische Fehler, zum Erfolgseintritt beigetragen haben, ist insoweit unerheblich, als diese Mitursachen nach allgemeiner Erfahrung nicht ausserhalb normalen Geschehens liegen ( BGE 86 IV 155 ff., BGE 87 IV 65 , 159). Es liegt in der Natur der Sache, dass der Eisenbahnbetrieb, insbesondere der Zugsverkehr, Leib und Leben von Menschen erheblichen Gefahren aussetzt, die im Falle der Verwirklichung umso schwerwiegender sind, als regelmässig zahlreiche Personen betroffen werden. Um diesen Gefahren zu begegnen und Unfälle nach Möglichkeit zu verhüten, werden von den Bahnbehörden umfassende Sicherungsvorkehren verschiedener Art getroffen, sei es durch den Einbau technischer Einrichtungen, sei es durch den Erlass von Vorschriften, die das Verhalten des Bahnpersonals und dasjenige der Benützer regeln. Im vorliegenden Falle diente der Sicherung des ausserordentlichen BGE 88 IV 107 S. 110 Haltes das Handzeichen des Stationsbeamten, das Ausfahrsignal und schliesslich die automatische Bremsanlage beim Überfahren des geschlossenen Ausfahrsignals. Wenn die massgebenden Behörden zur Gewährleistung eines bestimmten Vorganges sich nicht mit einer einzigen Sicherungsmassnahme begnügen, sondern zugleich mehrere anordnen, so deshalb, weil die Erfahrung lehrt, dass immer wieder mit der Möglichkeit menschlichen Versagens gerechnet werden muss und auch auf technische Einrichtungen kein unbedingter Verlass ist. Damit ist bereits gesagt, dass der Ausfall einer der im Bahnverkehr vorgesehenen Sicherungen grundsätzlich kein so aussergewöhnliches Ereignis darstellt, dass es nach allgemeiner Erfahrung nicht hätte erwartet werden können. Wenn nicht ganz aussergewöhnliche Umstände vorliegen, kann sich daher derjenige, der zu einem Bahnunfall beiträgt, strafrechtlich nicht auf die von einem andern gesetzte Mitursache berufen, um die Rechtserheblichkeit seines eigenen Verhaltens auszuschliessen. Die Nichtbeachtung des geschlossenen Ausfahrsignals durch Simon und das Nichtfunktionieren der automatischen Bremsanlage liegen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht ausserhalb normalen Geschehens, sodass der vom Beschwerdeführer begangene Fehler als adäquate Ursache des nachfolgenden Zugszusammenstosses erscheint. Da für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit des Kausalzusammenhanges objektive Gesichtspunkte, die allgemeine Lebenserfahrung und nicht die Vorstellungen des Täters, massgebend sind, kommt es nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer die Nachlässigkeit des Lokomotivführers und das technische Versagen der automatischen Bremse habe voraussehen können oder nicht ( BGE 86 IV 156 /7, BGE 87 IV 160 , BGE 87 II 127 /8). Die Beschwerde wirft Simon übrigens zu Unrecht vor, dieser habe auch Ziff. 76 des Reglements über den Rangierdienst verletzt, indem er sich nicht über die Bedeutung des Armschwenkens und der Zurufe des Beschwerdeführers erkundigt habe. Die Bestimmungen dieses Reglements beziehen sich gemäss Ziff. 2 nur auf den eigentlichen BGE 88 IV 107 S. 111 Rangierdienst, nicht aber auf die Ein-, Aus- und Durchfahrten der Züge, sodass die angerufene Bestimmung der Ziff. 76 hier nicht anwendbar ist. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,962
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f99cbecf-424b-418d-8d79-7653c3cabc67
Urteilskopf 114 V 6 3. Auszug aus dem Urteil vom 3. Februar 1988 i.S. A. gegen Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 23 Abs. 4 AHVV : Steuermeldung. Eine Steuermeldung, die auf einer Ermessenstaxation der aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielten Einkommen von Ehepaaren beruht, ist für die Beitragsbemessung auf dem Einkommen der Ehefrau nicht verbindlich. Art. 23 Abs. 4 AHVV kommt nicht zur Anwendung.
Erwägungen ab Seite 6 BGE 114 V 6 S. 6 Aus den Erwägungen: 3. c) Die Steuermeldung beruht auf einer rechtskräftigen Ermessenseinschätzung der Erwerbseinkommen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes. Es entspricht der Regelung von Art. 13 des Bundesbeschlusses über die direkte Bundessteuer (BdBSt) und den meisten kantonalen Steuergesetzgebungen, dass bei Ehegatten, die in ungetrennter Ehe leben, das aus selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen der Ehefrau ohne Rücksicht auf den Güterstand dem Einkommen des Ehemannes zugerechnet wird. Der Ehemann vertritt die Ehefrau sowohl in materieller wie in formeller Hinsicht, was zur Folge hat, dass die Ehefrau weder am Veranlagungs- noch am Beschwerdeverfahren beteiligt ist; insbesondere ist allein der Ehemann BGE 114 V 6 S. 7 legitimiert, ein Rechtsmittel gegen die Veranlagung auch des Einkommens der Ehefrau zu ergreifen. Indessen haftet die Ehefrau solidarisch für den auf sie entfallenden Anteil an der Gesamtsteuer ( Art. 13 Abs. 2 BdBSt ; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl., S. 69 N 1 ff. zu Art. 13 BdBSt ). Gemäss bisheriger Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts ändert die gemeinsame Veranlagung der Einkommen von Ehepaaren und die damit verbundene gesetzliche Vertretung der Ehefrau durch den Ehemann im Steuerverfahren an der Verbindlichkeit von Meldungen der Steuerbehörden über die rechtskräftige Einschätzung des selbständigen Erwerbseinkommens der Ehefrau gemäss Art. 23 Abs. 4 AHVV nichts. Um ihre Rechte im Steuerveranlagungsverfahren zu wahren, habe die Ehefrau dem Ehemann alle nötigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und von ihm Auskunft über den Gang und das Ergebnis des Veranlagungsverfahrens zu verlangen. Falls sich der Ehemann im Steuerverfahren pflichtwidrig nachlässig verhalte, habe die Ehefrau die damit verbundenen Rechtsnachteile zu tragen (unveröffentlichtes Urteil B. vom 4. November 1981). An dieser Rechtsprechung kann nicht festgehalten werden. Eine analoge Anwendung des Prinzips der Steuersubstitution gemäss Art. 13 BdBSt ist im Beitragsrecht nicht vorgesehen. Die Erwerbseinkommen der Ehegatten werden hinsichtlich der Beitragspflicht getrennt behandelt, indem die Sozialversicherungsbeiträge auf jedem Einkommen separat erhoben werden und jeder Ehegatte für die auf seinem Einkommen erhobenen Beiträge haftet. Die Ehefrau muss daher das Recht und die Pflicht haben, an der Bestimmung ihres beitragspflichtigen Einkommens teilzuhaben. Daran fehlt es, wenn das für die Beitragserhebung massgebliche, aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen aufgrund einer Ermessenseinschätzung der Einkommen beider Ehegatten festgelegt wurde. Es widerspricht dem in Art. 4 Abs. 2 BV verankerten bundesrechtlichen Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau, wenn die selbständigerwerbende Ehefrau persönliche Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat aufgrund einer Ermessenstaxation durch die Steuerbehörde, in welchem Verfahren sie weder gehört wurde noch zur Ergreifung eines Rechtsmittels legitimiert war. In diesem Fall kann Art. 23 Abs. 4 AHVV nicht zur Anwendung gelangen.
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de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
f99d8688-7d59-4155-aa08-fa20d479a5ad
Urteilskopf 141 III 13 3. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre Office du Registre foncier du canton de Genève (recours en matière civile) 5A_240/2014 du 18 décembre 2014
Regeste Art. 201 Abs. 2 i.V.m. Art. 204 Abs. 2 ZGB , Art. 965 ff. ZGB und Art. 83 ff. GBV ; Zustimmung des Ehegatten zur Übertragung eines Miteigentumsanteils im Scheidungsfall; Prüfungsbefugnisse des Grundbuchverwalters. Der Grundbuchverwalter verletzt kein Bundesrecht, wenn er eine Anmeldung mangels Zustimmung des Miteigentümer-Ehegatten abweist. Eine Sistierung der Eintragung bis zum Ausspruch des Scheidungsurteils ist im Übrigen nicht denkbar (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 141 III 13 S. 13 A. A.a Le 22 décembre 2008, B.B., domiciliée à V., a déposé une requête unilatérale en divorce contre C.B., actuellement domicilié à X. L'époux ayant consenti au divorce, la procédure est pendante uniquement sur les effets accessoires du divorce. Les époux, tous deux citoyens russes, sont parents de A., née en 1989, qui vit également à X. A.b Par ordonnance sur mesures provisionnelles du 20 mars 2012, le Tribunal de première instance du canton de Genève a donné acte à C.B. de son engagement de ne pas disposer, ni d'engager au sens de l' art. 646 al. 3 CC , sauf jugement contraire ou accord exprès de son épouse, de ses parts de copropriété sur les biens immobiliers situés sur les parcelles n° w de la Commune de U. et n os x et y de la Commune de V. Il y a été condamné en tant que de besoin. Le Tribunal de première instance a ordonné au conservateur du Registre BGE 141 III 13 S. 14 foncier de mentionner cette restriction audit registre. Cette ordonnance n'a toutefois pas été communiquée au Registre foncier et aucune mention n'a été apportée sur les feuillets ad hoc. B. B.a Par acte authentique du 3 juin 2013, C.B. a fait donation à sa fille A., à titre d'avance d'hoirie, de ses parts de copropriété sur les parcelles n os z, x et y de la Commune de V. B.b Le 5 juin 2013, A. a requis l'inscription de cette donation au Registre foncier. Sa réquisition a été inscrite au journal et publiée dans la Feuille d'avis officielle du 14 juin 2013. B.c Par courrier du 17 juin 2013 de son mandataire, B.B. s'est opposée à l'inscription requise par sa fille au Registre foncier. B.d Par décision du 2 juillet 2013, le Registre foncier a rejeté la réquisition de A. tendant à son inscription en tant que propriétaire des droits cédés par son père, à défaut de consentement de B.B., épouse de C.B. et copropriétaire avec celui-ci des parcelles en cause. C. C.a Parallèlement, par ordonnance de mesures superprovisionnelles du 17 juin 2013 rendue à la requête de B.B., le Tribunal de première instance a ordonné le blocage auprès du conservateur du registre foncier de Genève des parts de copropriété sur les parcelles n os x, y et z de la Commune de V. appartenant à C.B. C.b Par ordonnance de mesures provisionnelles du 20 novembre 2013, le Tribunal de première instance a ordonné au conservateur du Registre foncier de procéder à la mention de blocage sur les feuillets relatifs aux parcelles n os x, y et z de la Commune de V. et a dit que celle-ci déploierait ses effets jusqu'à droit jugé dans la procédure de divorce. D. Statuant le 18 février 2014 sur le recours formé par A. contre la décision du 2 juillet 2013 du Registre foncier, la Cour de justice du canton de Genève a rejeté le recours et confirmé la décision querellée. E. Par acte du 21 mars 2014, A. forme un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre cette décision concluant principalement à l'annulation de la décision entreprise ainsi qu'à l'annulation de la décision du Registre foncier du 2 juillet 2013 rejetant la réquisition de l'inscrire en tant que propriétaire des droits cédés par son père, à savoir comme copropriétaire pour moitié des parcelles n os x, y et z BGE 141 III 13 S. 15 de la Commune de V., et qu'il soit ordonné à l'Office du registre foncier de Genève de l'inscrire en tant que telle; subsidiairement, elle requiert qu'il soit ordonné au Registre foncier de mettre en suspens jusqu'à droit jugé quant à la procédure de divorce opposant ses parents la réquisition de l'inscrire comme copropriétaire desdits droits. A l'appui de ses conclusions, elle invoque la constatation arbitraire des faits, la violation de son droit d'être entendue et semble en outre alléguer une violation, respectivement une application erronée, de l' art. 57 LDIP et des art. 178, 201 al. 2 et 204 al. 2 CC. Invités à se déterminer, la Cour de justice s'est référée aux considérants de sa décision et le Registre foncier a conclu au rejet du recours. La recourante a répliqué le 19 novembre 2014. (...) G. Le 18 décembre 2014, le Tribunal fédéral a délibéré sur le recours en séance publique. Il l'a rejeté par arrêt du même jour. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 4. 4.1 Sauf dans certains cas particuliers non pertinents en l'espèce, l'inscription au registre foncier est nécessaire pour l'acquisition de la propriété foncière ( art. 656 al. 1 CC ). Constitutive, l'inscription s'opère sur déclaration écrite du propriétaire de l'immeuble auquel se rapporte son objet ( art. 963 al. 1 CC ; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, tome II, 4 e éd. 2012, n. 1539 ss et les références; HERMANN LAIM, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4 e éd. 2011, n os 10 ss ad art. 656 CC ; cf. ATF 135 III 585 consid. 2.1). Le pouvoir d'examen du conservateur du registre foncier se limite principalement à un examen formel. Il ne peut procéder à aucune opération sans légitimation préalable du requérant quant à son droit de disposition et au titre sur lequel se fonde l'opération ( art. 965 al. 1 CC ). La réquisition doit être écartée si la légitimation fait défaut ( art. 966 al. 1 CC ). S'agissant du titre d'acquisition, son contrôle porte avant tout sur l'observation des formes auxquelles la validité de l'acte est subordonnée ( art. 965 al. 3 CC ). En principe, le conservateur ne doit pas examiner la validité matérielle du titre d'acquisition, à moins que le défaut soit manifeste ( ATF 124 III 341 consid. 2b p. 344; arrêt 5A.14/2001 du 29 janvier 2002 consid. 3; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, tome I, 5 e éd. 2012, n. 849 ss). Ainsi, des questions de droit matériel ne peuvent pas être revues dans le cadre de la BGE 141 III 13 S. 16 procédure de recours de l' art. 956a CC ( ATF 124 III 341 consid. 2b p. 344 concernant le recours selon les anciens art. 101 ss ORF ). Aux termes de l'art. 46 al. 1 de l'ordonnnance du 23 septembre 2011 sur le registre foncier (ORF; RS 211.432.1), l'office du registre foncier n'opère d'inscription que sur réquisition. La réquisition ne peut être subordonnée à aucune condition ni réserve ( art. 47 al. 1 ORF ). L'office du registre foncier vérifie que les conditions légales de l'inscription au grand livre sont réunies sur la base des autres pièces justificatives accompagnant la réquisition ( art. 83 al. 1 ORF ). Il contrôle ainsi notamment le droit de disposer de la personne qui présente la réquisition ( art. 83 al. 2 let . c ORF) et les autorisations et les consentements nécessaires, pour s'assurer qu'ils ont été produits ( art. 83 al. 2 let. i ORF ). L' art. 51 al. 2 ORF prévoit en outre que les pièces justificatives accompagnant la réquisition d'inscription doivent contenir les indications permettant d'apprécier si le consentement du conjoint est nécessaire pour disposer de l'immeuble. Lorsque les conditions de l'inscription au grand livre ne sont pas remplies, l'office du registre foncier rejette la requête ( art. 87 al. 1 ORF ). Il peut toutefois fixer un bref délai au requérant pour produire les pièces justificatives manquantes, à l'échéance duquel il rejettera la requête si le défaut n'est pas réparé ( art. 87 al. 2 ORF ). 4.2 Aux termes de l' art. 201 al. 2 CC , lorsqu'un bien appartient en copropriété aux deux époux, aucun d'eux ne peut, sauf convention contraire, disposer de sa part sans le consentement de l'autre. Cette disposition est applicable aux époux soumis au régime ordinaire de la participation aux acquêts. L' art. 201 al. 2 CC introduit uniquement une restriction du pouvoir de disposer de l'époux qui est copropriétaire avec son conjoint. Cette interdiction n'a donc pas d'effet sur la capacité de l'époux copropriétaire de conclure un acte générateur d'obligations relatif à sa part de copropriété mais uniquement sur l'acte de disposition qui s'ensuit. Ainsi, le contrat sur lequel se fonde le transfert de propriété n'est pas nul du fait de l'absence de consentement. En revanche, l'acte ne pourra pas être exécuté valablement si le conjoint n'y consent pas (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1992, n° 29 ad art. 201 CC ; ALEXANDRA RUMO-JUNGO, in Personen- und Familienrecht inkl. Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2 e éd. 2012, n° 7 ad art. 201 CC ). BGE 141 III 13 S. 17 4.3 Dans le cas d'espèce, il n'est pas contesté que les époux B. étaient, du moins avant le dépôt de la requête en divorce, soumis au régime matrimonial de la participation aux acquêts en application des art. 54 al. 1 let. b LDIP (RS 291) et 181 CC, de sorte que la restriction au pouvoir de disposer prévue par l' art. 201 al. 2 CC leur était en principe applicable. L' art. 204 al. 2 CC dispose cependant, qu'en cas de divorce, la dissolution du régime ordinaire rétroagit au jour de la demande. Cette formulation ambiguë a donné lieu à diverses interprétations en doctrine (cf. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n os 27 ss ad art. 204 CC ). Certains auteurs estiment que les époux sont soumis au régime de la séparation de biens dès le dépôt de la demande en divorce, pour autant qu'elle ne soit pas ensuite rejetée ou abandonnée, et ce autant dans leurs rapports juridiques internes qu'à l'égard des tiers (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n o 35 ad art. 204 CC ; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2 e éd. 2009, n. 1141b; HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. I, 4 e éd. 2010, n° 13 ad art. 204 CC ; PAUL-HENRI STEINAUER, in Commentaire romand, Code civil, vol. I, 2010, n° 12 ad art. 204 CC ). Une autre solution proposée consiste à retenir que la dissolution du régime ordinaire intervient seulement lorsque le prononcé de divorce entre en force, de sorte que l'effet rétroactif au jour du dépôt de la demande prévu par l' art. 204 al. 2 CC n'a d'effets que pour les rapports juridiques entre les époux (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n o 29 ad art. 204 CC ). Dans la première hypothèse, défendue par la recourante, les époux sont soumis au régime de la séparation de biens à compter du dépôt de la requête en divorce, ce qui entraîne la suppression de l'interdiction de disposer sans le consentement du conjoint prévue par l' art. 201 al. 2 CC dès cette date. Ceci vaut toutefois uniquement pour autant que le divorce soit ensuite prononcé et entre en force, à défaut de quoi les actes de disposition accomplis sans le consentement requis entre le moment où la litispendance a été créée et le prononcé de divorce doivent être rectifiés, l'effet rétroactif prévu par l' art. 204 al. 2 CC n'étant dès lors plus applicable. En revanche, dans la seconde hypothèse évoquée les époux restent soumis au régime de la participation aux acquêts durant la procédure de divorce et l'interdiction de disposer de l' art. 201 al. 2 CC continue à déployer ses effets à l'égard des tiers également durant cette période. 5. Comme exposé précédemment (cf. supra consid. 4.1), le pouvoir d'examen du conservateur du registre foncier est limité. En effet, il BGE 141 III 13 S. 18 ne lui appartient pas de trancher une question de droit matériel, controversée en doctrine, pour déterminer si le consentement de l'époux copropriétaire est encore nécessaire une fois la procédure de divorce pendante. Lorsque le conservateur est confronté à un acte de disposition portant sur une part de copropriété, qu'il constate que les copropriétaires sont mariés, que l'autre époux n'a pas consenti audit acte et qu'il a des doutes quant à la nécessité du consentement de l'époux copropriétaire, il ne viole pas le droit fédéral en procédant au rejet de la demande d'inscription (voir aussi l'arrêt 5C.13/1999 du 23 mars 2000 consid. 3a). En effet, alors que l'exigence du consentement de l' art. 201 al. 2 CC est claire, reconnaissable à la simple lecture de la loi, et ne souffre aucune interprétation, la portée de la rétroactivité de l' art. 204 al. 2 CC est controversée. En fondant sa disposition uniquement sur l'absence de consentement de l'épouse, le conservateur a par conséquent fait, à titre préjudiciel, un choix non critiquable en tant qu'il a ainsi exprimé l'idée selon laquelle il n'a pas à interpréter la loi civile et en l'occurrence l' art. 204 al. 2 CC dans son examen (cf. dans le même sens: ATF 117 II 541 consid. 3). Il s'ensuit que la décision attaquée peut être confirmée par substitution de motifs. Le sort du recours est ainsi scellé sans qu'il soit nécessaire de se prononcer sur le bien-fondé de la conclusion subsidiaire de la recourante tendant à "mettre en suspens" la réquisition d'inscription jusqu'à droit jugé quant à la procédure de divorce opposant ses parents. Il suffit de rappeler à cet égard, comme le fait à juste titre la conservatrice dans sa réponse du 4 novembre 2014 au présent recours, que le registre foncier a pour but de donner l'état des droits en relation avec des immeubles, de sorte qu'il serait contraire au principe de la foi publique du registre foncier d'accepter de suspendre pour une durée indéterminée l'inscription d'un transfert de propriété. En effet, lorsque les conditions de l'inscription au grand livre ne sont pas remplies, l'office du registre foncier doit rejeter la requête ( art. 87 al. 1 ORF ). Il ne peut "suspendre" l'inscription que dans certains cas particuliers. Ainsi, l' art. 966 al. 2 CC permet au conservateur de procéder à une inscription provisoire dans l'attente que la légitimation soit complétée; de même, l' art. 87 al. 2 ORF , lui, permet de fixer un bref délai au requérant lorsque certaines pièces justificatives nécessaires à sa légitimation sont manquantes, la doctrine considérant toutefois que le requérant n'a pas un droit à obtenir la suspension dans un tel cas (PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, tome I, op. cit., n. 856d et la référence citée). Or, BGE 141 III 13 S. 19 indépendamment de la question de savoir si le problème qui se pose en l'espèce relève d'un défaut de légitimation visé par l' art. 966 al. 2 CC , ici, seule une inscription définitive a été requise par la recourante. Par ailleurs, même si l'office peut différer sa décision et impartir un délai pour demander l'inscription provisoire, il ne viole cependant pas le droit fédéral en optant pour le rejet de la réquisition. Un autre cas de "suspension" est le sursis à la procédure d'inscription à proprement parler prévu par l' art. 88 ORF . Cette disposition précise toutefois que le conservateur doit surseoir à l'inscription au grand livre uniquement lorsqu'un acte législatif fédéral le prévoit (comme par exemple l'art. 81 de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le droit foncier rural [LDFR; RS 211.412.11] et l'art. 18 de la loi fédérale du 16 décembre 1983 sur l'acquisition d'immeubles par des personnes à l'étranger [LFAIE; RS 211.412.41]). Ceci n'est manifestement pas le cas en l'espèce, de sorte que la conclusion subsidiaire du recours devrait de toute évidence également être rejetée.
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nan
fr
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
f9a1a26c-6c36-4717-914e-364c6bd0b591
Urteilskopf 118 II 313 62. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Juni 1992 i.S. A. gegen v. B. und Mitbeteiligte (Berufung)
Regeste Art. 396 Abs. 2, Art. 543 Abs. 3 OR . Vollmacht des Architekten, der zugleich Mitglied der Bauherrschaft (Konsortium) ist. Die verbindliche Anerkennung von Unternehmerrechnungen durch den Architekten setzt in der Regel eine ausdrückliche Vollmacht des Bauherrn voraus. Auch die Übertragung der Bauleitung an den Architekten berechtigt den Unternehmer nicht, allein aufgrund von Art. 396 Abs. 2 OR anzunehmen, der Architekt sei zur Anerkennung der von ihm geprüften Rechnungen ermächtigt (E. 2). Die nach dem Gesellschaftsvertrag fehlende Geschäftsführungsbefugnis des am Baukonsortium beteiligten Architekten hat zur Folge, dass auch die Vollmachtsvermutung des Art. 543 Abs. 3 OR nicht zum Tragen kommt (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 314 BGE 118 II 313 S. 314 A.- Zum Zweck der Planung, Ausführung und Finanzierung eines Bauvorhabens in Ebikon hatten F., A., Be. und Bi. im Jahr 1972 die einfache Gesellschaft Konsortium H. gegründet. Der Architekturauftrag einschliesslich Bauleitung war den beiden Gesellschaftern und Architekten Be. und Bi. vom Konsortium gemeinsam erteilt worden (Ziff. 10 des Gesellschaftsvertrags). Die am 18. Februar 1981 noch ausstehende Werklohnforderung der vom Konsortium seinerzeit mit den Schreinerarbeiten beauftragten Firma H. AG belief sich gemäss der von Bi. unterzeichneten Bauabrechnung dieses Datums auf Fr. 286'009.15. B.- Als Abtretungsgläubiger der inzwischen in Konkurs gefallenen H. AG klagte u.a. Christoph v. B. beim Kantonsgericht Nidwalden gegen den Gesellschafter A. auf Zahlung dieses Betrags. Das Kantonsgericht schützte die Klage am 19. Dezember 1990 für Fr. 106'009.15, entsprechend der Werklohnrestanz gemäss Bauabrechnung abzüglich einer zur Verrechnung zugelassenen Konkursforderung des Beklagten von Fr. 180'000.--. Dessen Appellation wies das Nidwaldner Obergericht am 17. Oktober 1991 ab. Gegen den Appellationsentscheid führt der Beklagte eidgenössische Berufung mit der Begründung, entgegen der Auffassung der Vorinstanzen BGE 118 II 313 S. 315 sei Bi. weder als Architekt noch als Gesellschafter ermächtigt gewesen, durch seine Unterschrift auf der Bauabrechnung die Werklohnschuld für die Mitglieder des Baukonsortiums verbindlich anzuerkennen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache an die Vorinstanz zurück, damit diese die Höhe des Werklohns unabhängig von der Bauabrechnung festsetze. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 396 Abs. 2 OR ist im Auftrag die Ermächtigung zu allen Rechtshandlungen enthalten, die zu seiner Ausführung gehören. In welchem Umfang der Architekt in einem in dieser Hinsicht den Regeln des einfachen Auftrags unterstehenden umfassenden Architektenvertrag ( BGE 110 II 382 E. 2 mit Hinweis) ermächtigt ist, den Bauherrn durch Willenserklärungen gegenüber dem Unternehmer zu verpflichten, hängt deshalb in erster Linie von den Aufgaben ab, die dem Architekten übertragen worden sind. a) Wie das Bundesgericht in BGE 109 II 459 f. E. 5c ausgeführt hat, zieht der Bauherr den Architekten bei als Fachmann für die Planung und Projektierung sowie für die Leitung und Überwachung der Bauausführung. Demgegenüber behält sich der Bauherr den Entscheid über finanzielle Verpflichtungen im Normalfall selbst vor, braucht er doch dazu nicht das besondere Fachwissen des Architekten. Daher gilt nach der neueren Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre, dass der Architekt für im Namen des Bauherrn abgegebene rechtsgeschäftliche Erklärungen, welche wie die Anerkennung einer Schlussrechnung den Bauherrn finanziell in erheblichem Mass verpflichten, einer ausdrücklichen Ermächtigung bedarf (BGE a.a.O. mit Hinweis auf SCHWAGER, Baurecht 1980 S. 36 f. und REBER, Rechtshandbuch, 4. A., S. 259 f. und 261). Dieser Grundsatz hat jedenfalls dann zu gelten, wenn der Architekt seine Vollmacht allein aus Art. 396 Abs. 2 OR herleiten kann (GAUCH, Der Werkvertrag, 3. A., S. 246 Rz. 864; SCHWAGER, Die Vollmacht des Architekten, in: GAUCH/TERCIER, Das Architektenrecht, S. 237 f. Rz. 812-814, sowie BRUNO STIERLI, Die Architektenvollmacht, Diss. Freiburg 1988, S. 99 ff. Rz. 316-319, je mit Hinweisen). Aber auch unter der SIA-Ordnung 102, die dem Architekten in Art. 4.4.4. die Rechnungskontrolle überträgt, ist dieser nicht zur Anerkennung der kontrollierten Unternehmerrechnungen ermächtigt BGE 118 II 313 S. 316 (SCHWAGER, a.a.O., S. 238 Rz. 813; STIERLI, a.a.O., S. 170 f. Rz. 606 f.; GAUCH, a.a.O.; aus der neuesten Rechtsprechung vgl. die Urteile in Baurecht 1991 S. 41 f. Nr. 57 und 58). Der Lehrmeinung von HESS (Der Architekten- und Ingenieurvertrag, Kommentar, insbesondere N. 45 und 56 zu Art. 1.4.3. SIA-Ordnung 102), der bereits aufgrund von Art. 396 Abs. 2 OR und unbekümmert um die finanziellen Konsequenzen für den Bauherrn eine umfassende Vertretungsmacht des Architekten befürwortet, kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt, dass die aus Art. 396 Abs. 2 OR abgeleitete Ermächtigung zu direkter oder indirekter Stellvertretung ( BGE 41 II 271 E. 3) auf die für die Auftragsausführung notwendigen Rechtshandlungen beschränkt ist ( BGE 90 II 288 f. E. 1a). Während die Überprüfung von Unternehmerrechnungen auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit (STIERLI, a.a.O., S. 101 Rz. 319) Fachkenntnis erfordert und deshalb zur Auftragsausführung gehört, darf der Unternehmer im allgemeinen nicht davon ausgehen, die blosse Tatsache der Auftragserteilung ermächtige den Architekten auch zur Anerkennung des von ihm geprüften Rechnungsergebnisses. Weil der Unternehmer vielmehr davon auszugehen hat, der Bauherr habe sich diese Rechtshandlung mit erheblichen finanziellen Konsequenzen selbst vorbehalten, setzt eine verbindliche Schuldanerkennung durch den Architekten regelmässig eine Sondervollmacht des Bauherrn an den Architekten voraus. Eine - tatsächlich u. U. gar nie erteilte - Vollmacht kann aber auch dadurch begründet werden, dass der Bauherr sie dem gutgläubigen Unternehmer gegenüber kundgibt ( Art. 33 Abs. 3 OR ). Diese Kundgabe erlangt namentlich Bedeutung im Bereich der gültig zum Bestandteil von Werkverträgen erhobenen SIA-Norm 118 (vgl. das Urteil in Baurecht 1991 S. 41 f. Nr. 58 mit Anmerkung von GAUCH). Unter welchen besonderen Umständen der Unternehmer ausnahmsweise zur Annahme berechtigt ist, der Architekt sei trotz fehlender Sondervollmacht bzw. trotz unterbliebener Vollmachtskundgabe des Bauherrn zur Anerkennung von Rechnungen ermächtigt (zur Duldungs- und Anscheinsvollmacht vgl. GAUCH/SCHLUEP, OR Allgemeiner Teil, Bd. I, 5. A., S. 264 Rz. 1411 ff.), kann im vorliegenden Fall offenbleiben (E. 2b hienach). b) Der zwischen dem Baukonsortium H. und den Architekten Bi. und Be. abgeschlossene Architekturvertrag übertrug den beiden Architekten auch die Bauleitung, so dass ein umfassender Architekturauftrag vorlag. Daraus schloss das Obergericht zu Recht, nach allgemeiner Usanz sei auch die Rechnungsprüfung BGE 118 II 313 S. 317 übertragen worden. Nach dem Gesagten zum vornherein nicht zutreffen kann jedoch die vorinstanzliche Annahme, als bauleitender Architekt des Konsortiums, dem auch der Beklagte angehörte, sei Bi. aufgrund von Art. 396 Abs. 2 OR ermächtigt gewesen, durch seine Unterschrift auf der Bauabrechnung vom 18. Februar 1981 mit Wirkung für die Bauherrschaft gegenüber der H. AG als Unternehmerin eine Werklohnschuld in der Höhe von Fr. 286'009.15 anzuerkennen. Diese Annahme kann sich auch nicht auf eine Sondervollmacht, eine kundgegebene Vollmacht oder einen vertrauensbegründenden Tatbestand abstützen. Entscheidend für die Zusprechung der um Fr. 180'000.-- reduzierten Werklohnforderung von Fr. 286'009.15 war für beide kantonalen Instanzen die Qualifikation der von Bi. unterzeichneten Bauabrechnung als einer Werklohnanerkennung. Auch die Kläger stellen in ihrer Berufungsantwort entscheidend auf die Unterschrift von Bi. auf diesem Schriftstück ab, dem die Bedeutung einer vorbehaltlosen und damit auch die Bauherrschaft verpflichtenden Schuldanerkennung zukomme. Nach der im Berufungsverfahren zu prüfenden Auslegung dieses Schriftstücks nach dem Vertrauensgrundsatz ( BGE 116 II 696 E. 2a mit Hinweis) kann es diese Bedeutung aber nicht haben. Gegen eine das Konsortium bindende Werklohnanerkennung spricht, dass die Bauabrechnung lediglich die Unterschriften von Bi. und eines Vertreters der H. AG trägt, während die für die Unterschrift der Bauherrschaft bestimmte Rubrik "Genehmigt - Die Bauherrschaft" leer blieb, obgleich auf der Bauabrechnung als Bauherr ausdrücklich das Baukonsortium H. aufgeführt ist. Damit brachte der Architekt gegenüber der Unternehmerin zum Ausdruck, dass die Anerkennung des von ihm geprüften Rechnungsbetrags dem Konsortium vorbehalten, seine Unterschrift also gerade nicht als solche zu verstehen sei. Eine verbindliche Werklohnanerkennung, die nach dem vorstehend Ausgeführten grundsätzlich eine ausdrückliche oder unmissverständlich bekundete Ermächtigung vorausgesetzt hätte, durfte die H. AG in der Bauabrechnung um so weniger erblicken, als die Mitglieder des Konsortiums über Bauerfahrung verfügten und ein erhebliches, für die Unternehmerin erkennbares Interesse daran hatten, sich die Genehmigung selbst vorzubehalten. Die Unternehmerin hatte nämlich nur für einen Teil der Schreinerarbeiten Preise offeriert, so dass die Höhe des Werklohns weitgehend nach Ergebnis ( Art. 374 OR ) festzusetzen und bereits vor Unterzeichnung der Abrechnung entsprechend umstritten war. BGE 118 II 313 S. 318 3. Es bleibt die Frage, ob Bi. in seiner Eigenschaft als Mitglied des Konsortiums den beklagten Gesellschafter durch die Unterzeichnung der Bauabrechnung vom 18. Februar verpflichtet hat. a) Schliesst ein Gesellschafter mit einem Dritten Geschäfte ab, so werden die übrigen Gesellschafter dem Dritten gegenüber nur berechtigt und verpflichtet, wenn der Gesellschafter im Namen der Gesellschaft oder sämtlicher Gesellschafter handelt und ihm auch die entsprechende Vertretungsmacht zusteht ( Art. 543 Abs. 2 OR ). Im Namen des Konsortiums hatte Bi. die Bauabrechnung jedoch nicht unterzeichnet. Aufgrund des Schriftstücks musste der H. AG als Unternehmerin vielmehr klar sein, dass Bi. unterschieden hatte zwischen der zwar aufgeführten, jedoch nicht unterzeichnenden Bauherrschaft einerseits und dem unterzeichnenden Architekten anderseits. Die Situation war keine andere, als wenn statt eines Mitglieds des Konsortiums ein aussenstehender Architekt die Bauabrechnung unterzeichnet hätte. b) Zu einer Werklohnanerkennung im Namen der Gesellschaft wäre Bi. auch nicht ermächtigt gewesen. Wohl wird die Ermächtigung zur Vertretung der Gesellschaft vermutet, sobald dem Gesellschafter die Geschäftsführung der Gesellschaft überlassen ist ( Art. 543 Abs. 3 OR ). Gemäss Ziff. 11 des Gesellschaftsvertrags sollte die "Geschäftsführung" jedoch durch alle Gesellschafter gemeinsam erfolgen. Im dritten Absatz dieser Ziffer war sogar ausdrücklich vereinbart, dass für sämtliche Werkverträge und Anweisungen aus dem Baukredit die Unterschriften sowohl der Architekten als auch der Gesellschafter erforderlich seien. Dementsprechend hatte Bi. laut Ziff. 10 des Gesellschaftsvertrags den Architekturauftrag nur "in Arbeitsgemeinschaft" mit Be. erhalten, und zwar nicht als "Geschäftsführung", sondern bloss als "Dienstleistung". Bi. allein sollten nach der gleichen Ziffer einzig die Dienstleistungen der "Buchführung und Abschlüsse" obliegen. Sonst hatte dieser keinerlei Einzelkompetenzen und damit auch keine gesellschaftsvertragliche Befugnis zur Anerkennung von Werklöhnen. Fehlte es nach dem Gesellschaftsvertrag an der Geschäftsführungsbefugnis, kann auch die zu Verträgen und Gesellschaftsbeschlüssen subsidiäre gesetzliche Regelung nicht zum Tragen kommen, welche die Geschäftsführung allen Gesellschaftern zugesteht ( Art. 535 Abs. 1 OR ; SIEGWART, N. 24 zu Art. 535 OR , VON STEIGER, SPR VIII/1, S. 398). Damit entfällt aber die gegenüber gutgläubigen Dritten unwiderlegbare Vollmachtsvermutung des Art. 543 Abs. 3 OR ( BGE 116 II 709 E. 1b). Unter welchen Voraussetzungen es die BGE 118 II 313 S. 319 geduldete Geschäftsführung eines Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern nach Art. 2 ZGB verwehrt, sich auf die fehlende Geschäftsführungsbefugnis zu berufen ( BGE 79 II 392 f. E. 1), kann offenbleiben, nachdem für die Unternehmerin schon aus der Bauabrechnung selbst ersichtlich war, dass Bi. sie nicht als Gesellschafter, sondern als vom Konsortium beauftragter Architekt unterzeichnet hatte.
public_law
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
f9a3e280-4399-42b3-8275-ef0864971c27
Urteilskopf 86 I 293 41. Arrêt du 4 novembre 1960 dans la cause Lear, Incorporated contre Administration fiscale du canton de Genève.
Regeste Wehrsteuer. Wann hat die Veranlagungsbehörde einen Vorentscheid darüber zu treffen, ob jemand grundsätzlich steuerpflichtig sei? (Erw. 2). Ein solcher Entscheid kann gemäss Art. 99 WStB durch Einsprache und sodann durch Beschwerde bei der kantonalen Rekurskommission angefochten werden. (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 293 BGE 86 I 293 S. 293 A.- La société anonyme Lear, Incorporated (en abrégé: Lear Inc.), entreprise des Etats-Unis d'Amérique, a ouvert à Genève un bureau technique qui sert de liaison entre elle et ses représentations en Europe, en Afrique du Nord et dans le Proche-Orient. S'opposant à l'opinion soutenue par l'autorité fiscale genevoise, elle conteste que ce bureau constitue un établissement fixe selon la loi genevoise sur les contributions publiques, l'arrêté du Conseil fédéral concernant la perception d'un impôt pour la défense nationale et la convention du 24 mai 1951, conclue entre la Suisse et les Etats-Unis d'Amérique en vue d'éviter les doubles impositions dans le domaine de l'impôt sur le revenu (en abrégé: la Convention du 24 mai 1951); elle en conclut qu'elle n'est pas assujettie à l'impôt à Genève. Après que l'administration genevoise l'eut invitée, à plusieurs reprises, à remplir une formule de déclaration, elle demanda à cette autorité de prendre, sur la question de l'assujettissement, une décision en la forme, qui lui permette de recourir. BGE 86 I 293 S. 294 Le 30 août 1960, le chef de l'Administration fiscale genevoise lui répondit que le bureau technique entretenu par elle à Genève constituait sans conteste un établissement fixe selon les art. 63 de la loi genevoise sur les contributions publiques, 6 AIN, ainsi que selon la Convention du 24 mai 1951 et qu'elle était, par conséquent, assujettie aux impôts cantonaux et fédéraux. Il lui assigna un délai pour le dépôt de la déclaration et ajouta que sa décision ne pouvait faire l'objet ni d'un recours, s'agissant de l'impôt cantonal (art. 329 de la loi genevoise sur les contributions publiques), ni d'une réclamation, s'agissant de l'impôt fédéral (art. 99 AIN. B.- Lear Inc. a formé un recours de droit administratif. Elle demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision attaquée et de constater qu'elle n'est pas assujettie à l'impôt pour la défense nationale, subsidiairement, pour le cas où la lettre du chef de l'administration fiscale genevoise ne pourrait être considérée comme une décision, de renvoyer la cause à l'autorité cantonale pour que celle-ci se prononce préjudiciellement sur le principe de l'assujettissement à l'impôt. Son argumentation se résume comme il suit: La lettre du chef de l'Administration fiscale genevoise constitue une décision préjudicielle, rendue à la demande de la recourante sur le principe de l'assujettissement à l'impôt; elle se fonde sur les art. 3 ch. 3 lit. d'et 6 AIN, ainsi que sur les art. II al. 1 lit. c et III al. 1 lit. b de la Convention du 24 mai 1951. Elle viole les dispositions précitées et peut donc être attaquée par la voie du recours de droit administratif de par l'art. 97 al. 1 OJ. De plus, elle a été prise en dernière instance cantonale (art. 102 lit. b OJ), car, selon son texte même, elle ne peut ni faire l'objet d'une réclamation, ni être déférée à la Commission genevoise de recours. Les art. 99 et 106 AIN n'ouvrent ces voies de droit cantonales que contre les taxations, mais non pas contre les autres décisions relatives à l'impôt pour la défense nationale. L'art. 112 AIN ne déroge pas BGE 86 I 293 S. 295 davantage au principe général posé par l'art. 97 OJ. Aussi bien, dans son arrêt B., du 23 novembre 1945 (Archives de droit fiscal suisse, t. 14, p. 345), statuant sur les règles analogues applicables à l'impôt sur les bénéfices de guerre, le Tribunal fédéral a-t-il statué qu'il était admissible de trancher, à titre préjudiciel, la question de l'assujettissement à l'impôt et que de telles décisions ne pouvaient être attaquées par la voie de la réclamation, mais seulement par celle du recours de droit administratif. Il a en outre dit que la question devait être liquidée préjudiciellement lorsque les moyens soulevés imposaient d'emblée une solution négative. La recourante a néanmoins formé une réclamation par prudence. Sur le fond, la recourante affirme n'être pas imposable en Suisse, d'après la Convention du 24 mai 1951, et n'être pas tenue, par conséquent, de remplir une formule de déclaration. En matière de double imposition intercantonale, le Tribunal fédéral a jugé que l'autorité est tenue, lorsque le contribuable présumé le demande, de se prononcer sur l'assujettissement avant toute autre procédure de taxation. Il doit en aller de même en matière internationale lorsque l'assujettissement est contesté, parce que contraire à un traité conclu entre Etats. Les clauses d'un tel traité ont le pas sur les règles de la loi suisse, de même que la Constitution fédérale l'emporte sur le droit cantonal. C.- L'Administration fédérale des contributions conclut à l'irrecevabilité du recours; l'Administration fiscale genevoise déclare s'en référer à ce préavis. Erwägungen Considérant en droit: 1. - La recourante lui ayant demandé de prendre, en la forme, une décision de principe sur son assujettissement à l'impôt, le chef de l'Administration fiscale genevoise lui a répondu, le 30 juillet 1960, qu'elle était soumise, à Genève, non seulement à l'impôt cantonal, mais aussi à l'impôt pour la défense nationale et il lui a assigné un délai pour déposer sa déclaration. Cette lettre constitue BGE 86 I 293 S. 296 manifestement une décision préjudicielle sur l'assujettissement à l'impôt, contesté par la recourante. En effet, d'une part son signataire la désigne lui-même comme une "décision", d'autre part elle contient, en plus du dispositif, des motifs - à la vérité quelque peu sommaires -, d'où il ressort que la recourante est imposable à Genève, parce que le bureau qu'elle y entretient constituerait un établissement stable selon les art. 63 de la loi genevoise sur les contributions publiques, 6 AIN et aussi d'après la Convention du 24 mai 1951. La voie du recours de droit administratif n'étant ouverte qu'en matière de contributions fédérales (art. 97 OJ), l'assujettissement à l'impôt cantonal n'est pas litigieux dans la présente procédure. L'autorité genevoise affirme que sa décision, dans la mesure où elle vise l'impôt pour la défense nationale, ne peut faire l'objet d'une réclamation, car c'est seulement à l'encontre des taxations que l'art. 99 AIN prévoit ce moyen. La recourante estime que, si la réclamation est exclue, la décision attaquée a été prise en dernière instance cantonale (art. 102 lit. b OJ) et peut faire l'objet d'un recours de droit administratif; qu'en effet, l'art. 97 OJ, qui ouvre cette voie contre les décisions touchant le principe de l'assujettissement aux contributions de droit fédéral, vise aussi les décisions préjudicielles sur ce point. L'Administration fédérale des contributions objecte en premier lieu qu'en matière d'impôt pour la défense nationale, les dispositions applicables ne prévoient point de décisions de ce genre, subsidiairement que les voies de droit cantonales n'auraient pas été épuisées, contrairement à ce qu'exige l'art. 102 lit. b OJ. Il échet d'examiner tout d'abord ces objections à la recevabilité du présent recours. 2. - Les décisions préjudicielles sur le principe de l'assujettissement à l'impôt sont expressément prévues par maintes lois fiscales, s'agissant des impôts sur les transactions notamment, que le contribuable doit acquitter spontanément, sans qu'intervienne une taxation par l'autorité BGE 86 I 293 S. 297 (par exemple: art. 5 al. 1 lit. a AChA, art. 4 al. 1 lit. a AIL'art. 3 al. 1 OT). L'arrêté concernant la perception d'un impôt pour la défense nationale ne prévoit, ni n'exclut les décisions préjudicielles de ce genre. La doctrine et la pratique les admettent en général aussi pour les impôts avec procédure de taxation (METTLER, Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht in Steuersachen, p. 51 et les citations). Le Tribunal fédéral les a déclarées licites dans deux arrêts concernant l'impôt sur les bénéfices de guerre (affaires B., du 23 novembre 1945, et M., du 30 avril 1948; Archives de droit fiscal suisse, t. 14, p. 347 et t. 16, p. 500, consid. 1). Il a même dit, dans le premier de ces arrêts, que l'autorité de taxation est tenue de prendre une telle décision lorsque les arguments soulevés excluent à l'évidence tout assujettissement et, de plus, lorsque le choix de la voie préjudicielle peut entraîner une simplification importante de la procédure. Ces principes s'appliquent également à l'impôt pour la défense nationale, où la déclaration obligatoire et la procédure de taxation sont, pour l'essentiel, soumises aux mêmes règles. En particulier, l'autorité fiscale doit se prononcer par la voie préjudicielle lorsque le principe de l'assujettissement est contesté en vertu d'un accord international. Le Tribunal fédéral a adopté la même solution dans le cas analogue où, vu l'art. 46 al. 2 Cst., un contribuable dénie à tel canton le droit de l'imposer (RO 62 I 75; Archives de droit fiscal suisse, t. 28, p. 252, consid. 1). Celui qui n'est pas soumis à la souveraineté fiscale suisse, non seulement ne peut être astreint à payer l'impôt pour la défense nationale, mais encore ne saurait être soumis à une procédure de taxation proprement dite. Les art. 80, 82 et 85 AIN ne portent aucune atteinte à ce principe; "le contribuable présumé" peut contester en principe que ces dispositions lui soient applicables et exiger que ce point soit tranché tout d'abord. C'est seulement lorsque son assujettissement a été constaté par une décision passée en force qu'il est tenu de déposer une déclaration et de BGE 86 I 293 S. 298 donner tous les renseignements nécessaires pour le calcul de l'impôt. Auparavant, il ne doit révéler que les faits dont résulte son obligation de payer l'impôt en Suisse. Si ces faits coïncidaient avec ceux sur lesquels la taxation elle-même se fonde, il apparaîtrait, à la vérité, inutile de trancher séparément les deux points. Mais il n'est pas nécessaire d'examiner, dans la présente espèce, si l'autorité cantonale avait seulement le droit ou était bien plutôt tenue de prendre une décision préjudicielle, car elle en a effectivement pris une. 3. - Il reste à rechercher si cette décision peut être attaquée et, dans l'affirmative, par quelle voie. Dans le premier des arrêts précités, touchant l'impôt sur les bénéfices de guerre (Archives de droit fiscal suisse, t. 14, p. 347, consid. 1), le Tribunal fédéral a dit que la décision préjudicielle, prise par l'autorité de taxation sur le principe de l'assujettissement à l'impôt, pouvait être attaquée directement par la voie du recours de droit administratif. Dans ce cas, en effet, a-t-il dit, les dispositions de l'ACF du 12 janvier 1940 ne prévoient pas expressément la réclamation, laquelle n'est pas non plus indispensable, tout au moins lorsqu'il s'agit exclusivement de trancher une question de droit. Peu après, dans le second arrêt (Archives de droit fiscal suisse, t. 16, p. 500), il a, après nouvel examen de la question, modifié sa jurisprudence, ouvrant la voie de la réclamation. Il a dit, en particulier, que le contribuable avait le droit de soumettre le litige à la Commission de l'impôt sur les bénéfices de guerre (art. 19 et 27 al. 4 ABG). Cet organe n'existe pas en matière d'impôt pour la défense nationale, mais sa consultation est remplacée par le recours à la commission cantonale (art. 106 ss. AIN). Les autres motifs donnés dans l'arrêt précité valent aussi en matière d'impôt pour la défense nationale: Lorsque la procédure de taxation est exécutée en plusieurs étapes, les mêmes voies de droit doivent être ouvertes contre chacune des décisions partielles que contre une décision d'ensemble. La décision préjudicielle constitue BGE 86 I 293 S. 299 une partie de la procédure de taxation, limitée tout d'abord aux questions préalables; il faut lui appliquer les dispositions qui régissent la taxation elle-même. Il s'ensuit, en matière d'impôt pour la défense nationale, que la décision préjudicielle relative au seul principe de l'assujettissement peut faire l'objet tout d'abord d'une réclamation, puis d'un recours à la commission cantonale. Le chef de l'Administration genevoise des contributions a, par conséquent, affirmé à tort, dans sa décision du 30 août 1960, que celle-ci ne pouvait être attaquée par la voie de la réclamation, parce que l'art. 99 AIN n'ouvrait cette voie qu'à l'encontre de la taxation elle-même. La décision entreprise dans la présente espèce n'a donc pas été rendue en dernière instance cantonale selon l'art. 102 lit. b OJ, de sorte que le Tribunal fédéral ne peut se saisir du recours de droit administratif formé contre elle. 4. Bien que l'indication des voies de droit dans la décision entreprise ait été erronée, la recourante a formé une réclamation, outre son recours de droit administratif. Il n'y a donc pas lieu d'examiner quelle serait la situation si elle avait agi autrement. En tout cas, vu l'erreur commise par l'autorité cantonale, il se justifie de dispenser la recourante du paiement des frais de justice pour la procédure devant le Tribunal fédéral. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Déclare le recours irrecevable.
public_law
nan
fr
1,960
CH_BGE
CH_BGE_001
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Federation
f9a8490a-06b3-4403-8b58-074726c6c10d
Urteilskopf 135 III 470 69. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG in Nachlassliquidation (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_629/2008 vom 10. April 2009
Regeste Kollokationsklage im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG ); Streitwertgrenze ( Art. 74 Abs. 1 BGG ); Frage der Kostenlosigkeit des Verfahrens ( Art. 343 Abs. 3 OR ). Die Kollokation von Ansprüchen aus Arbeitsrecht wird als betreibungs- und nicht als arbeitsrechtliche Angelegenheit behandelt, weshalb die Streitwertgrenze Fr. 30'000.- beträgt (E. 1.2). In einem solchen Fall gelangt Art. 343 Abs. 3 OR nicht zur Anwendung (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 470 BGE 135 III 470 S. 470 A. X. (nachfolgend: Beschwerdeführer) trat am 1. März 1983 in die Dienste einer Rechtsvorgängerin der Y. AG ein. Im Dezember 1999 schloss die Y. AG mit den Sozialpartnern einen Gesamtarbeitsvertrag inkl. Sozialplan. Laut dem am 31. März 2002 mit dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Arbeitsvertrag für Kadermitarbeiter verdiente dieser ab 1. April 2002 13 x Fr. 6'288.- brutto jährlich. Am 22. September 2002 wurde der Y. AG die provisorische Nachlassstundung gewährt. Wenige Tage später teilte der Sachwalter den BGE 135 III 470 S. 471 Arbeitnehmern mit, dass er nicht in die Arbeitsverhältnisse und in allenfalls bestehende Sozialpläne eintrete. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2002 kündigte die Y. AG "vorsorglich" das Arbeitsverhältnis mit dem Beschwerdeführer per 30. April 2003. Mit Schreiben vom 27. Januar 2003 teilte die Y. AG dem Beschwerdeführer mit, er werde ab dem 8. Februar 2003 freigestellt. Gegen die Kündigung per 30. April 2003 erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Januar 2003 Einsprache, weil diese missbräuchlich erfolgt sei. Die Parteien einigten sich offenbar in der Folge nicht zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, der Beschwerdeführer hob aber dennoch keine Klage an. Nachdem der Schuldenruf ergangen war, gab der Beschwerdeführer mit Anmeldung vom 13. Februar 2003 auch Forderungen aus dem Sozialplan ein. Am 6. November 2003 bestätigte der zuständige Gerichtspräsident des Gerichtskreises Z. den von der Y. AG mit ihren Gläubigern geschlossenen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. In der Kollokationsverfügung vom November 2006 wurden Forderungen des Beschwerdeführers aus dem Arbeitsverhältnis in der ersten Klasse im Umfang von Fr. 35'222.10 anerkannt. B. Mit Klage vom 11. Mai 2007 und Ergänzung vom 7. September 2007 beantragte der Beschwerdeführer beim Gerichtskreis Z. in der Nachlassliquidation der Y. AG die Anerkennung von Fr. 54'899.10, eventualiter von Fr. 40'297.10 brutto in der 1. Klasse. Mit Urteil vom 7. September 2007 wies der Gerichtspräsident 4 des Gerichtskreises Z. die Klage ab. C. Gegen diesen Entscheid appellierte der Beschwerdeführer am 17. September 2007 beim Obergericht des Kantons Bern. Mit Urteil vom 8. Juli 2008 wies das Obergericht die Kollokationsklage ab. D. Mit Beschwerde vom 15. September 2008 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils sowie - in Abänderung bzw. Aufhebung der Verfügung in der Nachlassliquidation der Y. AG und des Kollokationsplans - die Anerkennung von Fr. 54'899.10, eventualiter von Fr. 40'297.10 brutto in der 1. Klasse. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. (Zusammenfassung) Erwägungen BGE 135 III 470 S. 472 Aus den Erwägungen: 1. 1.1 (Feststellung, dass der Streitwert Fr. 19'677.- beträgt.) 1.2 Gegenstand des Verfahrens ist der Bestand und der Umfang von Ansprüchen eines Arbeitnehmers im Rahmen eines Kollokationsverfahrens. Fraglich ist, ob es sich um einen arbeitsrechtlichen Fall handelt und die Streitwertgrenze demzufolge Fr. 15'000.- betrüge ( Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG ) oder ob der vorliegende Fall unter die übrigen Fälle zu subsumieren ist und demzufolge die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.- massgeblich wäre ( Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ). In der Literatur wird die Auffassung vertreten, die niedrige Streitwertgrenze für arbeits- und mietrechtliche Fälle müsse auch in SchKG-Verfahren zur Anwendung kommen, wenn sie, wie etwa bei der Kollokationsklage, eng mit einer materiellrechtlichen Frage aus dem Arbeits- oder Mietrecht verbunden seien (BEAT RUDIN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 13 zu Art. 74 BGG ; DENIS TAPPY, Le recours en matière civile, in: La nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, 2007, S. 63 Rz. 20). Zweck des Kollokationsverfahrens im Konkurs bzw. im Nachlassverfahren (Art. 321 Abs. 2 i.V.m. 244 bis 251 SchKG) ist die Feststellung der Passivmasse, d.h. der Forderungen, die am Liquidationsergebnis nach Bestand, Höhe, Rang und allfälligen Vorzugsrechten an Vermögen des Schuldners teilzunehmen haben ( BGE 133 III 386 E. 4.3.3 S. 390). Der Kollokationsprozess dient ausschliesslich der Bereinigung des Kollokationsplanes und hat so wenig wie dieser irgendwelche Rechtskraftwirkung über das Konkurs- bzw. Nachlassverfahren hinaus. Das Schuldverhältnis als solches - zwischen Schuldner und Gläubiger - wird dadurch nicht rechtskräftig festgelegt. Im Kollokationsprozess kann der Bestand einer Forderung wohl Gegenstand gerichtlicher Prüfung, nicht aber Gegenstand rechtskräftiger Beurteilung sein. Vielmehr ist Gegenstand des Kollokationsurteils nur die Feststellung, inwieweit die streitigen Gläubigeransprüche bei der Liquidationsmasse zu berücksichtigen sind ( BGE 133 III 386 E. 4.3.3 S. 390 mit Hinweisen). Steht vorliegend die Kollokation von Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis in Frage, handelt es sich somit nicht um einen arbeitsrechtlichen Fall, sodass die Streitwertgrenze Fr. 30'000.- BGE 135 III 470 S. 473 beträgt und die Beschwerde in Zivilsachen insoweit nicht gegeben ist. Gemäss der Rechtsmittelbelehrung des obergerichtlichen Entscheids sollte der Beschwerdeführer berechtigt sein, gegen diesen Beschwerde in Zivilsachen aus den in Art. 95 bis 97 BGG genannten Gründen zu erheben. Zwar dürfen den Parteien aus einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung keine Nachteile erwachsen ( Art. 49 BGG ). Indes kann die Vorinstanz in einem solchen Fall kein vom Gesetzgeber nicht vorgesehenes Rechtsmittel verschaffen. (...) 3. Zusammenfassend ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Betreffend die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren verweist der Beschwerdeführer auf Art. 343 Abs. 3 OR , wonach bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- weder Gebühren noch Auslagen des Gerichts auferlegt werden dürfen. Diese Bestimmung gilt auch in Streitigkeiten über prozessuale Nebenpunkte ( BGE 104 II 222 E. 2b S. 223 f.). Indes verkennt der Beschwerdeführer, dass es um die Beurteilung einer Kollokationsklage und somit nicht um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit geht (s. oben, E. 1.2). Damit gelangt Art. 343 Abs. 3 OR nicht zur Anwendung (vgl. BGE 131 III 451 E. 3 S. 455, wo die Frage der Anwendbarkeit von Art. 343 OR auf Kollokationsverfahren betreffend den Anspruch an sich offengelassen wurde; a.M. DIETER HIERHOLZER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. III, 1998, N. 80 zu Art. 250 SchKG ; MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1992, N. 18 zu Art. 343 OR ; ADRIAN STAEHELIN, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1996, N. 10 zu Art. 343 OR ). Im Übrigen würde nach Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG auch im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit für das bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 200.- bis 1'000.- erhoben. Diese Bestimmung geht Art. 343 Abs. 3 OR vor (Urteil 4A.152/2008 vom 11. September 2008 E. 8.2). Demzufolge sind die Gerichtskosten zu erheben und dem Beschwerdeführer aufzuerlegen ( Art. 66 Abs. 1 BGG ).
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f9aa239c-46c4-4f23-ba48-625b00ea11b0
Urteilskopf 101 V 56 9. Urteil vom 31. Januar 1975 i.S. Schweizer gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 12 Abs. 1 IVG . Medizinische Massnahmen bei habitueller Patellarluxation. Wesentlichkeit des wahrscheinlichen Eingliederungserfolges.
Sachverhalt ab Seite 56 BGE 101 V 56 S. 56 A.- Der am 18. August 1953 geborene Herbert Schweizer leidet an habitueller Luxation der rechten Patella auf Grund einer kongenitalen Dysplasie ( Art. 2 Ziff. 177 GgV ) und an Status nach gleichem Zustand links, operiert 1971 (Bericht von Dr. med. P. vom 26. Mai 1973). Die Ausgleichskasse wies durch Verfügung vom 13. Juni 1973 ein am 23. Mai 1973 gestelltes Gesuch um Übernahme der Operation des rechten Knies mit folgender Begründung ab: "Dieses Gebrechen kann nicht unter die Ziffer 177 der Geburtsgebrechenliste subsumiert werden. Nach einem Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts bilden Operationen im Kniegelenk nur dann Eingliederungsmassnahmen, wenn sie der Korrektur eines stabilen Skelettdefektes und dessen unmittelbaren mechanischen Folgen gelten. Als stabile Skelettanomalien sind nur Defekte im knöchernen Bereich, nicht auch solche in Knorpelpartien zu betrachten. Bei der Chondropathia patellae handelt es sich um eine degenerative Knorpelveränderung der Kniescheibe und somit um ein labiles pathologisches Geschehen. Auch die eine Chondropathia verursachenden habituellen Patellarluxationen bilden keinen skelettalen Defektzustand." B.- Der Vater des Versicherten erhob Beschwerde und verwies auf eine Stellungnahme von Dr. P. vom 23. Juni 1973. Danach handelt es sich bei der habituellen Patellarluxation um einen stabilen Skelettdefekt, nämlich um die relative Unterentwicklung des äusseren Condylus des Oberschenkelknochens, wozu eine relativ zu weit nach lateral gelagerte Insertion des Ligamentum patellae hinzukomme. Von einem Knorpeldefekt BGE 101 V 56 S. 57 oder von einer Chondropathia patellae könne gar keine Rede sein. Die Operation diene ausdrücklich der Korrektur eines stabilen knöchernen Skelettdefektes und dessen unmittelbaren mechanischen Folgen. Die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich wies durch Entscheid vom 2. April 1974 die Beschwerde ab. Das Gericht bejahte das Vorliegen eines Geburtsgebrechens, verneinte indessen einen Anspruch des Versicherten auf Leistungen nach Art. 13 IVG , weil die Durchführung des chirurgischen Eingriffs, um dessen Übernahme knapp drei Monate vor dem 20. Altersjahre ersucht wurde, erst auf einen Zeitpunkt nach Erreichung der Volljährigkeit vorgesehen sei. Es entfalle aber auch eine Leistungspflicht der Invalidenversicherung gemäss Art. 12 IVG . Zwar könne das Grundleiden, nämlich die kongenitale ungenügende Bildung des äusseren Gelenkkopfes des Oberschenkelknochens, als stabil betrachtet werden; dessen Folgeerscheinung bzw. die immer wiederkehrenden Verrenkungen der Kniescheibe stellten jedoch labiles Krankheitsgeschehen dar. Die verlangte Operation bezwecke die Beseitigung dieser Tendenz der Kniescheibe; zudem gelte es, eine künftige Arthrose zu verhüten, was darauf hindeute, dass das Krankheitsgeschehen, auf längere Sicht betrachtet, keineswegs stabilisiert sei. Der Eingriff falle daher in den Aufgabenbereich der sozialen Krankenversicherung. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, die Invalidenversicherung habe die operative Korrektur des Gebrechens des Versicherten zu übernehmen. Zur Begründung wird ein Bericht von Dr. P. aufgelegt, der zusammenfassend folgendes festhält: "Ich komme zum Schluss, dass bei Herbert Schweizer eine habituelle Patellarluxation mit mechanischer Instabilität d.h. funktionellem Versagen des rechten Kniegelenkes besteht. Es bestehen zur Zeit keine Zeichen einer Chondropathia patellae noch einer Arthrose noch anderer "labiler pathologischer Geschehen". Es geht jetzt darum, diese das Stehen, Gehen und Arbeiten störende Dysfunktion des re Knies operativ zu beheben." Während die Ausgleichskasse auf einen Antrag verzichtet, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei in dem Sinne gutzuheissen, dass die Sache zu zusätzlicher Abklärung an die Verwaltung zurückgewiesen werde. BGE 101 V 56 S. 58 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. In Anbetracht der Tatsache, dass Herbert Schweizer knapp drei Monate vor Erreichen der Volljährigkeit zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung angemeldet wurde, ist mit Dr. P. und dem Bundesamt für Sozialversicherung anzunehmen, dass die Operation objektiv nicht mehr rechtzeitig vor dem 20. Altersjahr hätte durchgeführt werden können ( BGE 98 V 37 Erw. 2a). Ein Anspruch des Versicherten auf medizinische Massnahmen gestützt auf Art. 13 IVG fällt daher ausser Betracht, auch wenn sein Leiden angeboren sein sollte. Somit ist zu prüfen, ob die Invalidenversicherung für die Operation der Patellarluxation gemäss Art. 12 IVG leistungspflichtig ist. 2. a) Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung ist - im Gegensatz zu demjenigen auf eine Rente - an keinen bestimmten Invaliditätsgrad gebunden. Dieser Grundsatz gilt indessen u.a. nicht auf dem Gebiete der medizinischen Massnahmen. Denn der Versicherte kann laut Art. 12 Abs. 1 IVG nur medizinische Massnahmen beanspruchen, die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher - auch drohender ( Art. 8 Abs. 1 IVG ) - Beeinträchtigung zu bewahren. Massnahmen, welche nur eine geringfügige Verbesserung der Erwerbsfähigkeit bewirken, werden von der Invalidenversicherung nicht übernommen. Nach der Rechtsprechung ist der durch eine Behandlung erzielte Nutzeffekt nur dann wesentlich, wenn er in einer bestimmten Zeiteinheit einen erheblichen absoluten Grad erreicht ( BGE 98 V 211 Erw. 4c). Das Gericht hat in einem nicht veröffentlichten Urteil festgestellt, dass eine habituelle Patellarluxation für eine Büroangestellte keine wesentliche Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit nach sich ziehe (Urteil vom 26. Januar 1971 i.S. Schöni). Die Frage nach der Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges hängt ab von der Schwere des Gebrechens einerseits sowie von der Art der Erwerbstätigkeit anderseits; persönliche Verhältnisse des Versicherten, welche mit seiner Erwerbstätigkeit nicht zusammenhängen, sind dabei nicht zu berücksichtigen. b) Im vorliegenden Fall erlauben es die Akten nicht, diese Frage klar zu beantworten. In der Anmeldung zum Leistungsbezug BGE 101 V 56 S. 59 wird angegeben, der Versicherte sei Schreibmaschinenmechaniker-Lehrling. Sollte er dem erlernten Beruf oder einem bezüglich der Anforderungen an den Gehapparat ähnlichen Beruf nachgehen, so wäre damit nur eine geringe Belastung des Knies verbunden. Eine gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG wesentliche Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit käme wohl nur im Sinne von Arbeitsausfällen infolge gelegentlicher Verrenkungen in Betracht. Die Feststellung im Bericht von Dr. P. vom 26. Mai 1973, dass die häufigen Luxationen immer wieder Arbeitsunterbrüche bewirkten, steht im Gegensatz zu den Aussagen in lit. A des gleichen Berichts sowie in der Eingabe vom 7. Juni 1974, wonach einzig im Dezember 1972 und im Mai 1973 Luxationen erfolgt seien. Die Verwaltung, an welche die Sache zurückgewiesen wird, hat die Frage der Häufigkeit und der effektiven Auswirkung dieser Luxationen auf die Erwerbsfähigkeit näher abzuklären, wobei nach dem Gesagten beispielsweise Luxationen infolge vermeidbarer extremer Beanspruchung durch sportliche Tätigkeit nicht berücksichtigt werden dürfen. 3. Sofern die Wesentlichkeit des Eingliederungserfolges zu bejahen ist, stellt sich die weitere Frage, ob die verlangte Operation als medizinische Massnahme gemäss Art. 12 IVG zu betrachten ist. a) Der Versicherte hat laut Art. 12 Abs. 1 IVG Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Behandlung des Leidens an sich ist rechtlich jede medizinische Vorkehr, sei sie auf das Grundleiden oder auf dessen Folgeerscheinungen gerichtet, solange labiles pathologisches Geschehen vorhanden ist. Eine solche Vorkehr bezweckt nicht unmittelbar die Eingliederung. Durch den Ausdruck labiles pathologisches Geschehen wird der juristische Gegensatz zu wenigstens relativ stabilisierten Verhältnissen hervorgehoben. Erst wenn die Phase des labilen pathologischen Geschehens insgesamt abgeschlossen ist, kann sich - bei volljährigen Versicherten - die Frage stellen, ob eine medizinische Vorkehr Eingliederungsmassnahme sei. Die Invalidenversicherung übernimmt daher in der Regel nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände BGE 101 V 56 S. 60 oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern sie die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen. Als stabile oder mindestens relativ stabilisierte Defektzustände oder Funktionsausfälle bei Gelenkschäden gelten nach ständiger Rechtsprechung nur solche im knöchernen Bereich, d.h. im Bereiche des Skelettes selbst unter Ausschluss der Knorpelpartien sowie des Bänder- und Muskelsystems. In diesem Sinne können Skelettdeformitäten als Ursache der Patellarluxation durch medizinische Massnahmen der Invalidenversicherung korrigiert werden, nicht aber Störungen an den Knorpelpartien oder am Zug- und Haltesystem des Knies. Bei Mischformen ist jeweils zu prüfen, ob die Luxation vorwiegend auf die Knochenmissbildung oder auf andere Ursachen zurückgeführt werden muss, was sich gewöhnlich anhand der angewandten Operationsmethode zuverlässig beurteilen lässt (vgl. BGE 99 V 33 ). An dieser Praxis ist laut einem Beschluss des Gesamtgerichtes vom 23. Oktober 1974 festzuhalten. b) Im vorliegenden Fall steht nach den Ausführungen des Facharztes fest, dass nebst der Patellarluxation keinerlei krankhafte Prozesse, insbesondere keine Chondropathia patellae oder ähnliche Leiden bestehen; es handle sich "um die relative Unterentwicklung des äusseren, knöchernen Condylus des Oberschenkelknochens, wozu eine relativ zu weit nach lateral gelagerte Insertion des Ligamentum patellae am Knochen hinzukommt"; die Operation werde am Knochen vollzogen (Bericht von Dr. P. vom 4. August 1973). Es gehe darum, die mechanische Instabilität des Gelenkes, d.h. dessen funktionelles statisches und dynamisches Versagen zu beheben. Aus den Akten geht indessen nicht eindeutig hervor, ob die Patellarluxation vorwiegend auf die Knochenmissbildung oder aber auf das Versagen des Zugsystems zurückzuführen ist und ob ein von der Invalidenversicherung als medizinische Eingliederungsmassnahme zu übernehmender Eingriff im knöchernen Bereich vorgenommen wird oder aber eine Operation am Bandapparat, für welche die Invalidenversicherung nicht leistungspflichtig ist. Die Verwaltung hat gegebenenfalls auch diesen Punkt näher abzuklären. BGE 101 V 56 S. 61 Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 2. April 1974 sowie die angefochtene Kassenverfügung vom 13. Juni 1973 aufgehoben. Die Sache wird an die Ausgleichskasse des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, neu verfüge.
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Urteilskopf 105 IV 278 70. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 12 novembre 1979 dans la cause B. contre S. (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 270 Abs. 3 BStP . Wenn der öffentliche Ankläger des Kantons Bern ausdrücklich darauf verzichtet hat, die Anklage zu vertreten, steht dem Kläger die Nichtigkeitsbeschwerde als Privatstrafkläger im Sinne dieser Bestimmung zu (Erw. 1). Art. 292 StGB . Anwendung bei einem Konkurrenzverbot (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 279 BGE 105 IV 278 S. 279 A.- Le 5 novembre 1976, S. a conclu avec B., devant la Première Chambre civile de la Cour d'appel du canton de Berne, une transaction aux termes de laquelle il s'est engagé à cesser son activité de maître d'auto-école "dans les districts de La Neuveville et au Landeron", pendant un délai de deux ans. A la suite d'une réclamation de B., le Président du Tribunal du district de La Neuveville a rendu le 6 décembre 1977 une décision aux termes de laquelle S. était rendu attentif aux conséquences d'une infraction aux dispositions de la transaction, celle-ci lui étant désormais signifiée sous la commination des peines d'arrêts ou d'amende prévues à l' art. 292 CP pour sanctionner l'insoumission à une décision de l'autorité. A la demande de B., le président ad hoc de la Première Chambre civile de la Cour d'appel du canton de Berne a précisé qu'à son avis la transaction signifiait que S. cessait son activité, c'est-à-dire que dans le rayon fixé il ne recrutait pas d'élèves conducteurs, qu'il n'y donnait ni leçon pratique, ni leçon de théorie, et qu'il ne pouvait pas, dans ce rayon, annoncer ou se faire connaître en qualité de maître de conduite pour véhicules à moteur. Le 4 janvier 1978, B. a porté plainte contre S. pour insoumission à une décision de l'autorité, alléguant que le prévenu n'avait pas respecté les termes de la transaction. L'instruction de la cause a révélé un certain nombre de faits que l'on peut résumer de la manière suivante: Le bureau des experts d'automobiles du canton de Berne a fourni une liste de 28 élèves du district de La Neuveville que S. a présentés à l'examen de conduite entre le 6 décembre 1977 et le 31 mai 1978. Sept de ces personnes ont été entendues comme témoins. A l'exception de l'une d'elles, qui n'avait pas pris de leçon avec S., les six autres ont affirmé avoir suivi les cours de celui-ci, lequel venait certes les chercher dans le district, à leur domicile ou à sa proximité, mais ne leur passait le volant qu'une fois sortis du district; BGE 105 IV 278 S. 280 ces personnes ont ainsi déclaré n'avoir jamais conduit dans le district. En ce qui concerne la théorie, deux témoins ont déclaré qu'elle avait été enseignée par le frère du prévenu. Un encart publicitaire découpé dans le journal local porte la mention "Auto-école A. S." (A étant l'initiale du prénom du frère du prévenu) et indique deux numéros de téléphone, l'un étant celui de la Société anonyme F. et l'autre celui du prévenu lui-même. B.- Le 7 novembre 1978, le Président du Tribunal de La Neuveville a libéré S. des fins de la prévention d'insoumission à une décision de l'autorité. B. ayant fait appel, le procureur général du canton de Berne a écrit le 8 janvier 1979 à la Première Chambre pénale de la Cour suprême du canton de Berne, à propos de cette affaire dont les débats avaient été fixés au 15 février 1979: "...je déclare par les présentes que le Ministère public renonce à occuper en seconde instance et qu'il laisse entièrement à la partie plaignante le soin de représenter l'accusation. Motifs: Il manque en particulier un intérêt public pour que la participation d'un accusateur public intervienne à côté de l'accusateur privé". Le 15 février 1979, la Première Chambre pénale de la Cour suprême du canton de Berne a libéré derechef S. des fins de la prévention d'insoumission à une décision de l'autorité. C.- B. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral; il conclut à la condamnation de S. pour insoumission à une décision de l'autorité. Invité à se prononcer sur la qualité du recourant pour déposer en qualité d'accusateur privé un pourvoi en nullité au Tribunal fédéral, le Procureur général du canton de Berne a estimé que le recourant avait cette légitimation. L'intimé propose de ne pas entrer en matière sur le pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) L'infraction en cause, celle de l' art. 292 CP , est une infraction qui se poursuit d'office. C'est donc à la lumière de l' art. 270 al. 3 PPF et non pas de l'art. 270 al. 1, 2e phrase PPF que doit donc, contrairement au point de vue du procureur général, être examinée la qualité pour recourir de l'accusateur privé. Selon l' art. 270 al. 3 PPF , l'accusateur privé peut se pourvoir en nullité si, conformément au droit cantonal, il a soutenu BGE 105 IV 278 S. 281 l'accusation à lui seul sans intervention de l'accusateur public. De ce point de vue, la seule disposition cantonale, dont le sens et la portée doivent être analysés ici, est l'art. 311 al. 4 du code de procédure pénale du canton de Berne (ci-après PP), selon lequel: "Lorsque le plaignant a interjeté appel au pénal, le dossier est soumis au procureur général. Celui-ci doit déclarer dans les huit jours s'il se propose à soutenir l'accusation en instance supérieure. Si tel n'est pas le cas, le plaignant soutient seul l'accusation." b) Il a été jugé depuis longtemps déjà que l'on ne peut considérer que l'accusateur privé a soutenu l'accusation à lui seul, sans intervention de l'accusateur public, au sens de l' art. 270 al. 3 PPF , que si - et seulement si - d'après la procédure cantonale, le procureur général n'a pas la faculté d'exercer les droits accordés aux parties ou du moins de faire valoir l'intérêt public devant les autorités du canton. Il faut en d'autres termes que l'accusateur privé soit seul détenteur de l'action pénale et qu'il exerce en lieu et place du Ministère public, totalement absent de la procédure. En revanche, aussitôt que l'accusateur public possède le droit d'intervenir, l'accusateur privé ne peut plus prétendre qu'il soutient l'accusation à lui seul. Il suffit d'ailleurs que le procureur général ait ce droit, sans qu'il importe de savoir s'il en a fait ou non usage in casu. Il n'est pas non plus nécessaire qu'il ait eu la faculté d'intervenir devant l'autorité de première instance, s'il est en état de former l'un ou l'autre des recours prévus par la procédure cantonale ( ATF 93 IV 101 ; ATF 85 IV 110 ; ATF 84 IV 135 ; ATF 77 IV 126 ). Le Tribunal fédéral n'a pas encore eu l'occasion de se prononcer clairement sur la portée de l'art. 311 al. 4 PP à cet égard. Dans un arrêt non publié (Lüscher c. Schwarz, Cour de Cassation, 17 septembre 1954), il est bien posé que l'absence du procureur général du canton de Berne aux débats devant la Cour suprême et le fait qu'il n'y ait pas pris de conclusions, ne conférait pas à l'accusateur privé la qualité pour se pourvoir en nullité au Tribunal fédéral, étant donné que le Ministère public avait tant en première qu'en seconde instance la position d'une partie et qu'il était ainsi habilité aussi bien à interjeter appel contre le jugement de première instance qu'à prendre des conclusions dans une procédure d'appel engagée par l'accusateur privé. Toutefois, comme il n'est fait dans cet arrêt aucune allusion à l'art. 311 al. 4 PP, entré pourtant en vigueur en 1952 BGE 105 IV 278 S. 282 et qu'il est fait référence à une décision antérieure ( ATF 62 I 58 , citée par Waiblinger in RJB 80 (1944), p. 212) remontant à une époque où l'art. 311 al. 4 PP n'existait pas - on doit admettre que la question de la portée de cette disposition au regard de l' art. 270 al. 3 PPF n'est pas résolue. Tel est d'ailleurs l'avis de la doctrine bernoise à laquelle le problème n'a pas échappé (SCHULTZ, in RJB 97 (1961), p. 221/222), et qui estime que lorsque le procureur général a déclaré expressément renoncer à soutenir l'accusation en instance supérieure, c'est l'accusateur privé qui soutient alors seul l'accusation et qui a dès lors la qualité pour se pourvoir en nullité au Tribunal fédéral (WAIBLINGER, in RJB (1960), p. 144/145; FALB, in lebendiges Strafrecht, Festgabe Schultz, RPS 94, p. 361 ss.; cf. BAUMANN, Die Stellung des Geschädigten in schweiz. Strafprozess, thèse Zurich 1958, p. 176). Certes, si l'on voulait prendre la jurisprudence au pied de la lettre, on pourrait dénier à l'accusateur privé bernois la qualité pour se pourvoir en nullité, puisque le Ministère public a toujours le droit - qu'il en fasse usage ou non - d'interjeter appel auprès de la dernière instance cantonale, mais ce serait méconnaître trop légèrement la teneur et le caractère bien particuliers de l'art. 311 al. 4 PP. A la différence de la plupart des procédures cantonales qui n'attachent aucune conséquence légale expresse à la renonciation du Ministère public ou à son refus d'intervenir devant les instances cantonales, l'art. 311 al. 4 PP prévoit d'une part en toutes lettres que le procureur général doit déclarer s'il se propose d'intervenir, et d'autre part attache expressément une conséquence précise à son abstention, à savoir que dans ce cas le plaignant soutient seul l'accusation. Ainsi, quand bien même le Ministère public avait la faculté d'exercer devant la cour cantonale supérieure les droits accordés aux parties, la loi prévoit tout à fait clairement qu'il perd ces droits s'il renonce à soutenir l'accusation. Toute autre interprétation du texte de l'art. 311 al. 4 PP serait spécieuse. Bien plus, la loi elle-même confère dans ce cas sans aucune équivoque au seul plaignant la charge de soutenir l'accusation. Comme la loi cantonale, pour définir cette conséquence, use des mêmes termes que ceux qui figurent à l' art. 270 al. 3 PPF (aussi bien dans les versions française qu'alémanique), on ne saurait guère, sans artifices difficilement soutenables, attribuer à l'art. 311 al. 4 PP un sens différent. BGE 105 IV 278 S. 283 Il s'ensuit qu'en tout cas lorsque le procureur général du canton de Berne a expressément renoncé à soutenir l'accusation en application de l'art. 311 al. 4 PP, il perd à ce moment-là toute faculté d'exercer les droits accordés aux parties par la procédure cantonale, et que l'accusateur privé, qui soutient dès lors ex lege seul l'accusation, remplit les conditions de l' art. 270 al. 3 PPF et a qualité pour se pourvoir en nullité au Tribunal fédéral. Comme, dans la présente espèce, le procureur général a expressément renoncé à représenter l'accusation en seconde instance et qu'il a laissé ce soin au plaignant, ce dernier est légitimé à se pourvoir en nullité au Tribunal fédéral. 2. a) Sur le fond, après avoir donné à la transaction liant les parties le sens que lui avait conféré le président a.h. de la Première Chambre civile devant laquelle elle avait été conclue, l'autorité cantonale a considéré qu'il n'était pas établi que l'intimé ait violé ses engagements ni qu'il aurait exercé une activité de maître d'auto-école "dans le district de La Neuveville et au Landeron". Elle a estimé que "cesser son activité" ne saurait signifier que le prévenu s'engageait à refuser les clients provenant de La Neuveville, et que partant, il n'avait pas violé la transaction en acceptant des élèves de La Neuveville et en les inscrivant aux examens à Bienne. b) A l'instar de la cour cantonale, on doit considérer que la transaction en cause doit être interprétée dans le sens que lui a donné le président a.h. de la Cour devant laquelle elle a été conclue, à savoir que l'intimé cessait son activité, c'est-à-dire que dans le rayon fixé il ne recrutait pas d'élève, qu'il n'y donnait ni leçon pratique, ni leçon de théorie, et qu'il ne pouvait pas, dans ce rayon, annoncer ou se faire connaître en qualité de maître de conduite pour véhicules à moteur. Cette transaction ayant été expressément signifiée par le juge, en vue d'assurer son application, sous la menace des peines d'arrêts ou d'amende prévues à l' art. 292 CP en cas d'insoumission, l'intimé doit tomber sous le coup de cette disposition s'il apparaît qu'il a violé ladite transaction. Interprété comme il doit l'être, c'est-à-dire conformément aux règles de la bonne foi, un engagement de cesser une activité de maître d'auto-école dans un district signifie que l'on s'interdit de fournir, sur place, aux habitants du district des prestations semblables ou équivalentes à celles que fournirait ou pourrait fournir tout maître d'auto-école exerçant son BGE 105 IV 278 S. 284 activité dans ce district. Or l'une de ces prestations essentielles, même si elle n'est qu'accessoire, est de garantir à l'élève qu'il sera pris en charge sur place, sans avoir à se transporter dans une autre ville ou dans un autre district. Entre ainsi dans l'activité commerciale du maître d'auto-école, à côté de son activité d'enseignement proprement dite, le transport de l'élève jusqu'au lieu où pourra commencer la leçon. Au vu des faits retenus dans la présente espèce, il n'est pas sérieusement contestable que l'intimé a exercé son activité dans le district de La Neuveville. L'interprétation étroite de l'autorité cantonale ne saurait être retenue sans mettre en cause le sens même des mots et partant la sécurité du droit. Dans les six cas examinés - alors qu'une vingtaine d'autres eussent encore mérité de l'être - il est sans importance que les élèves n'aient tenu le volant qu'après être sortis du district de La Neuveville, ce qui compte c'est qu'ils pouvaient obtenir sur place, dans leur district, en s'adressant à l'intimé les mêmes avantages et prestations que celles que pouvait leur offrir le recourant. Ce n'est pas un court transport hors des limites d'un district aussi peu étendu géographiquement qui pouvait les gêner en quoi que ce soit. Ainsi en venant chercher ses élèves sur place, le recourant exerçait déjà son activité commerciale de maître d'auto-école et violait la transaction. Il ne fait pas davantage de doute, en dépit du libellé d'une annonce publicitaire à l'initiale du prénom de son frère, que l'intimé recrutait une partie de ses élèves dans le district prohibé, puisqu'un des numéros de téléphone figurant dans l'annonce était le sien. Quant au fait que c'est par l'entremise de son frère qu'étaient données les leçons de théorie des élèves de l'intimé, il constitue également une part de l'activité de maître d'auto-école de l'intimé qui s'exerçait en fait à La Neuveville; sa collaboration avec une personne donnant la théorie dans le district prohibé constitue en effet une activité s'étendant dans ce district, en contradiction flagrante avec la façon dont la transaction devait être appliquée de bonne foi. Quant aux photographies prises par le recourant, et auxquelles se réfère expressément la cour cantonale, si elles ne permettent peut-être pas d'affirmer que l'intimé a donné des leçons de conduite à l'endroit où elles ont été prises, elles ne permettent pas - et c'est ce qui importe - de nier qu'il exerçait à ce moment-là une activité de maître d'auto-école. En effet, fait partie de l'activité du maître d'auto-école BGE 105 IV 278 S. 285 sa seule présence comme titulaire du permis de conduire aux côtés d'un élève au volant. C'est donc à tort que les juges précédents ont libéré l'intimé de la prévention d'insoumission aux actes de l'autorité. L'arrêt attaqué doit ainsi être cassé et la cause renvoyée à la cour cantonale afin qu'elle condamne S. pour infraction à l' art. 292 CP . 3. Le recourant ayant procédé seul sans formuler d'ailleurs de conclusions en dépens, il n'y a pas lieu de lui allouer d'indemnité. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour qu'elle condamne l'intimé pour infraction à l' art. 292 CP .
null
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1,979
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
f9b0d580-ff2c-4521-a6eb-85aa4a661c54
Urteilskopf 136 II 165 16. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. und Mitb. gegen unique zurich airport Flughafen Zürich AG und Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_286/2009 vom 13. Januar 2010
Regeste Streitigkeiten um Fluglärmentschädigung für Ostanflüge; Nichteintreten des Bundesverwaltungsgerichts auf erst in der Replik erhobene Rügen betreffend direkten Überflug; Streitgegenstand ( Art. 91 und 93 Abs. 1 lit. a BGG ; Art. 12, 32, 52 und 62 VwVG). Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist kein (Teil-)Endentscheid (Art. 90 f. BGG), sondern ein Zwischenentscheid (E. 1.1). Eintreten auf die Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG , weil es rechtsstaatlich unzumutbar wäre, die Beschwerdeführer in einem komplexen, aufwändigen, viele Beteiligten umfassenden Verfahren wie dem Vorliegenden auf die Anfechtung des Endentscheids zu verweisen (E. 1.2). Zwar ist die Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht innerhalb der Beschwerdefrist zu begründen; dies schliesst jedoch spätere Vorbringen tatsächlicher und rechtlicher Art nicht aus. Dies gilt jedenfalls, wenn den Beschwerdeführern - wie hier - weder nachlässige Prozessführung noch Prozessverschleppung vorgeworfen werden kann (E. 4). Die in der Replik erfolgten Ausführungen der Beschwerdeführer zum direkten Überflug bewegten sich im Rahmen des Streitgegenstandes. Dieser umfasste die Entschädigung für die fluglärmbedingte Wertminderung der Liegenschaften, gleich, ob diese mit übermässigen Lärmimmissionen oder mit direktem Überflug begründet werden (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 136 II 165 S. 167 A. Am 22. Mai 2000 kündigte Deutschland die schweizerisch-deutsche Vereinbarung von 1984 über die An- und Abflüge zum bzw. vom Flughafen Zürich über deutschem Hoheitsgebiet. Im Herbst 2001 einigten sich die Parteien auf einen Staatsvertrag, mit dessen Umsetzung - voranwendungs- und schrittweise - sogleich zu beginnen war. So wurde am 19. Oktober 2001 ein neues, den deutschen Luftraum entlastendes Nachtflugregime eingeführt; die Landungen, die bis dahin von Norden erfolgt waren, wurden auf die Piste 28 verlegt, mit Anflug aus Osten. Weitere Ostanflüge wurden eingeführt, als am 27. Oktober 2002 die neue staatsvertragliche Wochenend- und Feiertagsregelung zu greifen begann. Dem bloss vorläufig angewandten, aber noch nicht ratifizierten Staatsvertrag erwuchs im schweizerischen Parlament Widerstand; am 18. März 2003 scheiterte er dort endgültig. Die Beschränkungen des Staatsvertrags entfielen jedoch nicht, da sie von Seiten Deutschlands in einer einseitigen Durchführungsverordnung (DVO) verankert wurden. Die DVO wurde sukzessive verschärft, so dass es zu stets noch mehr Anflügen aus Osten kam, v.a. während der Nachtstunden. B. Seit der Einführung der Ostanflüge im Herbst 2001 meldeten eine Vielzahl von Grundeigentümern aus dem betroffenen Gebiet bei der Flughafen Zürich AG Entschädigungsbegehren an. Diese übermittelte die Gesuche an die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (ESchK), die ab dem 11. August 2003 - für jede der 24 betroffenen Gemeinden und Städte separat - Enteignungsverfahren einleitete. Auf Antrag der Flughafen Zürich AG beschränkte die ESchK am 2. März 2005 die Verfahren auf die Frage der Unvorhersehbarkeit als eine der Anspruchsvoraussetzungen. (...) C. Am 17. Dezember 2007 kam die ESchK zum Schluss, massgeblicher Stichtag für die Unvorhersehbarkeit sei der 1. Januar 1961. Sie wies daher die Begehren all jener ab, die ihr Grundeigentum nach diesem Datum erworben hatten und die auch nicht von einem BGE 136 II 165 S. 168 direkten Überflug betroffen seien. Dieser Entscheid wurde den Betroffenen in 29 Sammel- und Einzelentscheiden eröffnet. (...) D. Gegen 17 dieser 29 Entscheide gingen beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) vom 20. März bis zum 23. Mai 2008 insgesamt 37 Beschwerden mit 1'093 beschwerdeführenden Parteien ein. Alle Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung des sie betreffenden Entscheids sowie - ausdrücklich oder sinngemäss - die Feststellung der Unvorhersehbarkeit der Ostanflüge. Ausserdem wurde bezogen auf viele einzelne Grundeigentümer eine Aufhebung des jeweils fraglichen Entscheids verlangt, weil die ESchK angeblich zu Unrecht ein Erwerbsdatum nach dem 1. Januar 1961 bzw. keinen direkten Überflug angenommen habe. E. Das BVGer vereinigte alle Beschwerdeverfahren in dieser Sache. Am 26. Mai 2009 hiess es die Beschwerden gut, soweit die ESchK die Entschädigungsforderungen wegen Lärmimmissionen abgewiesen hatte. Es (...) wies die Sache an die ESchK zurück mit der Anweisung, für die Frage der Vorhersehbarkeit das Stichdatum 23. Mai 2000 zu berücksichtigen (...). Die Beschwerden betreffend Entschädigungsforderungen wegen direkten Überflugs hiess das BVGer überwiegend gut, weil die ESchK die Rechtslage zur horizontalen und vertikalen Umschreibung des eigentlichen Überflugs nicht erläutert und sich nicht genügend mit den tatsächlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt habe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb im Einzelfall ein direkter Überflug verneint worden sei. Das BVGer hob daher die (...) angefochtenen Entscheide auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Urteilserwägungen an die ESchK zurück (Dispositiv-Ziff. 5.5). Dagegen trat es auf die Beschwerden von A., Eheleute B., C., Eheleute D., E.G. und F.G., H., Eheleute I., Eheleute J., Eheleute K., L.O., M.O. und N.O., Eheleute P., Eheleute Q. sowie von R. nicht ein (Dispositiv-Ziff. 5.1), weil diese erst in der Replik geltend gemacht hatten, dass sie - entgegen den Feststellungen der ESchK - direkt und in einer die Entschädigung nicht ausschliessenden Höhe überflogen würden. F. Die zuvor genannten Beschwerdeführer haben am 29. Juni 2009 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben und beantragen, Ziff. 5.1 des Erkenntnisses der Vorinstanz sei ersatzlos aufzuheben und sie seien in die in Ziff. 5.5 des BGE 136 II 165 S. 169 vorinstanzlichen Erkenntnisses verfügte Neubeurteilung des direkten Überflugs zu integrieren. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts schliesst das Entschädigungsverfahren nicht ab, sondern weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die ESchK zurück. 1.1 Allerdings ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde der Beschwerdeführer nicht eingetreten, soweit diese geltend gemacht hatten, sie würden direkt und in einer die Entschädigung nicht ausschliessenden Höhe überflogen. Dies hat zur Folge, dass die Beschwerdeführer vor der ESchK nicht mehr eine Entschädigung unter dem Titel "eigentlicher Überflug", sondern nur noch wegen übermässiger Lärmimmissionen verlangen können. Zu prüfen ist daher, ob dem angefochtenen Entscheid insofern prozessual die Bedeutung eines End- bzw. eines Teilendentscheids i.S.v. Art. 90 f. BGG zukommt. Ein selbstständig anfechtbarer Teilentscheid i.S.v. Art. 91 BGG liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid nur einen Teil der gestellten Begehren behandelt, und diese unabhängig von den anderen Begehren beurteilt werden können (lit. a), oder wenn es das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen abschliesst (lit. b). Das BVGer hat das Enteignungsverfahren für die Beschwerdeführer nicht abgeschlossen; vielmehr wurden auch ihre Entschädigungsbegehren an die ESchK zurückgewiesen, mit der Anweisung, sie neu zu beurteilen, wenn auch nur noch unter dem Aspekt der Lärmimmissionen. Die Beschwerdeführer hatten nicht mehrere, sondern nur ein Begehren um Entschädigung für den fluglärmbedingten Minderwert ihrer Liegenschaften gestellt, wenn auch mit zwei alternativen Begründungen (Enteignung von nachbarlichen Abwehransprüchen wegen übermässiger Lärmimmissionen bzw. Überflugs im engeren Sinne). Eine getrennte Entschädigungsbemessung für die Benutzung des zum Grundeigentum gehörenden Luftraums einerseits und für übermässige Lärmimmissionen aus der Nachbarschaft andererseits wurde BGE 136 II 165 S. 170 von den Beschwerdeführern nicht verlangt und wäre auch gar nicht durchführbar gewesen (vgl.MARGRIT SCHILLING, Enteignungsrechtliche Folgen des zivilen Luftverkehrs, ZSR 2006 I S. 26). Mit dem Nichteintreten des BVGer auf die erst in der Replik erhobenen Rügen der Beschwerdeführer betreffend Überflugs entfällt für die Beschwerdeführer die Möglichkeit, sich im neuen Verfahren vor der ESchK auf Überflug zu berufen. Damit wurde jedoch über ihr Entschädigungsbegehren noch nicht (teilweise) entschieden, sondern lediglich eine von zwei möglichen materiellen Anspruchsgrundlagen ausgeschlossen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Grundsatzentscheide, die einen Teilaspekt einer Streitsache, z.B. eine von mehreren materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen, beantworten, nach der Systematik des BGG nicht als Teil-, sondern als Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG zu qualifizieren ( BGE 135 II 30 E. 1.3.1 S. 34; BGE 134 II 137 E. 1.3.2 S. 140; BGE 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481 mit Hinweisen). Der angefochtene Entscheid ist daher ein Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93 BGG . 1.2 Zwischenentscheide i.S.v. Art. 93 Abs. 1 BGG können selbstständig angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die zweite Alternative kommt nach dem oben (E. 1.1) Gesagten nicht in Betracht. Näher zu prüfen sind die in Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG genannten Eintretensvoraussetzungen. 1.2.1 Nach dieser Bestimmung ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid zulässig, wenn dieser einen Nachteil bewirken könnte, der auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid (sei es im kantonalen Verfahren, sei es in einem anschliessenden Verfahren vor Bundesgericht) nicht mehr behoben werden könnte ( BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190 mit Hinweisen). Die blosse Verzögerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt generell nicht, um einen sofortigen Entscheid des Bundesgerichts zu erwirken (so schon die Rechtsprechung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter dem OG: vgl. BGE 134 II 137 E. 1.3.1 S. 140 mit Hinweisen). BGE 136 II 165 S. 171 Immerhin muss sichergestellt werden, dass das Verfahren insgesamt dem verfassungsrechtlichen Gebot genügt, im Rahmen eines fairen Verfahrens innert angemessener Frist einen wirksamen Rechtsschutz zu gewähren ( Art. 29 Abs. 1 BV ; Art. 6 Ziff. 1 EMRK ). Unter diesem Aspekt kann es ausnahmsweise verfassungsrechtlich geboten sein, bereits auf einen Zwischenentscheid einzutreten, wenn es rechtsstaatlich unzumutbar wäre, die Parteien auf die Anfechtung des Endentscheids zu verweisen (vgl. BGE 134 II 137 E. 1.3.2 und 1.3.3 S. 140 f.; BGE 135 II 30 E. 1.3.4 und 1.3.5 S. 35 ff.; vgl. auch BGE 135 I 261 E. 1.4 S. 263 f.). 1.2.2 Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Enteignungsverfahren bereits seit über 6 Jahren hängig sind und noch geraume Zeit bis zum Vorliegen eines vor Bundesgericht anfechtbaren Endentscheids vergehen wird. Unter dem Aspekt der angemessenen Verfahrensdauer ( Art. 29 Abs. 1 BV ; Art. 6 Ziff. 1 EMRK ) erscheint es unzumutbar, die Beschwerdeführer auf eine Anfechtung des Endentscheids zu verweisen, mit der Folge, dass das Verfahren bei Gutheissung der Beschwerde nochmals neu aufgerollt werden müsste. Auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs ( Art. 29 Abs. 2 BV ) und des Anspruchs der Parteien auf gleiche und gerechte Behandlung ( Art. 29 Abs. 1 BV ) wäre es (die Begründetheit ihrer Beschwerde unterstellt) fragwürdig, die Beschwerdeführer vom weiteren Verfahren der ESchK auszuschliessen. Diese wurde vom BVGer angewiesen, im neuen Verfahren den Überflugkorridor und die Überflughöhe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht näher zu definieren. Diese Sach- und Rechtsfragen müssen von der ESchK für alle Beteiligten einheitlich beantwortet werden, in Kenntnis und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen aller Betroffenen. Zwar könnte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs möglicherweise nachträglich geheilt werden. Unter dem Aspekt der Gewährleistung eines fairen Verfahrens, namentlich der Gleichbehandlung der Beteiligten und der Rechtssicherheit, erscheint es jedoch geboten, in einem komplexen, aufwändigen, viele Beteiligten umfassenden Verfahren wie dem vorliegenden die selbstständige direkte Anfechtung des umstrittenen Zwischenentscheids zuzulassen. 1.3 Da alle übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. Das BVGer vertrat die Auffassung, die ESchK habe einen Entschädigungsanspruch unter dem Titel des direkten Überflugs BGE 136 II 165 S. 172 verneint. Dies sei für die Beschwerdeführer ohne Weiteres erkennbar gewesen, weshalb die erst in der Replik vorgebrachten Rügen verspätet seien. (...) 2.1 Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, die ESchK habe die Überflugsituation in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ungenügend erläutert. Für die Enteigneten sei daher nicht ersichtlich gewesen, ob ihre Begehren abgewiesen worden seien, weil sie in zu grosser Höhe überflogen werden, oder weil ihre Grundstücke seitlich ausserhalb des Überflugkorridors liegen. Sie hätten insbesondere keine Kenntnis von den Überflugplänen erhalten, die von der Flughafen Zürich AG im Sommer 2007, lange nach Abschluss des Schriftenwechsels, unaufgefordert eingereicht worden seien. Diese Pläne seien auch in den Schätzungsentscheiden nicht erwähnt worden, weshalb die Beschwerdeführer erst bei der Vorbereitung der Replik darauf gestossen seien. Diese Pläne seien aber notwendig gewesen, um zu entscheiden, ob eine Liegenschaft, bezogen auf ihre Lage zum Leitstrahl des Instrumentenlandesystems für Piste 28 (ILS 28), sich im 1,25°-Korridor des eigentlichen Überflugs befindet oder nicht. Die Beschwerdeführer hätten deshalb erst in der Replik präzisieren können, dass - entgegen der Feststellung der ESchK - auch ihre Liegenschaften direkt überflogen werden. Die Beschwerdeführer räumen ein, dass ihr Anwalt bei der Abfassung der Beschwerdeschrift insofern einen Fehler gemacht habe, als er gewisse Betroffene namentlich identifiziert habe, ohne durch einen Zusatz erkennbar zu machen, dass es sich um eine beispielhafte und nicht um eine abschliessende Auflistung handelte. Dieser Fehler wäre ihm aber nicht unterlaufen, wenn die ESchK die vom eigentlichen Überflug Betroffenen konkret bezeichnet bzw. ihre Entscheidgrundlagen, namentlich den Überflugplan, im Entscheid genannt hätte. (...) 2.2 Die Beschwerdegegnerin ist dagegen der Auffassung, die heutigen Beschwerdeführer hätten in ihren Beschwerden vom 24. April 2008 (Kloten) und vom 7. Mai 2008 (Nürensdorf) in Bezug auf die Überflugproblematik die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids nur für die in der Beschwerdebegründung spezifizierten Personen beantragt. Alle anderen, nicht namentlich genannten Beschwerdeführer hätten somit die Verneinung der direkten Überflüge durch die ESchK akzeptiert. Damit hätten sie den Streitgegenstand festgelegt. Dieser habe nachträglich, in der Replik, nicht mehr erweitert, sondern nur noch eingeschränkt werden können. BGE 136 II 165 S. 173 3. Aus den Akten ergibt sich Folgendes (...) 4. Gemäss Art. 52 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerdeschrift an das Bundesverwaltungsgericht die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel zu enthalten. Sie ist innerhalb der Beschwerdefrist einzureichen ( Art. 50 VwVG ); u.U. kann gemäss Art. 52 Abs. 2 oder Art. 53 VwVG eine Nachfrist zur Beschwerdeverbesserung oder -ergänzung gesetzt werden. Diese Bestimmung schliesst jedoch spätere Vorbringen tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht aus (SEETHALER/BOCHSLER, in: VwVG, Praxiskommentar, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 80-82 zu Art. 52 VwVG ; PATRICK SUTTER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], 2008, N. 8-10 zu Art. 32 VwVG ). 4.1 Im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht gelten die Untersuchungsmaxime ( Art. 12 VwVG ) und der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen ( Art. 62 Abs. 4 VwVG ). Das Bundesverwaltungsgericht verfügt über eine umfassende Kognition ( Art. 49 VwVG ) und kann den angefochtenen Entscheid, im Rahmen von Art. 62 VwVG , zugunsten oder zuungunsten einer Partei abändern. 4.2 Art. 32 Abs. 2 VwVG bestimmt zudem ausdrücklich, dass verspätete Parteivorbringen, die ausschlaggebend erscheinen, trotz der Verspätung berücksichtigt werden können. Trotz der "Kann"-Formulierung geht die herrschende Lehre von einer Verpflichtung zur Berücksichtigung verspäteter Parteivorbringen aus, sofern diese ausschlaggebend sind (PATRICK SUTTER, a.a.O., N. 8 zu Art. 32 VwVG ; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl. 1998, N. 325 und 615; PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, 1979, Ziff. 16.232 S. 141; MOSER/UEBERSAX, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen: Die erstinstanzliche nachträgliche Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bund, 1998, N. 2.80; WALDMANN/BICKEL, in: VwVG, Praxiskommentar, N. 16 zu Art. 32 VwVG ; a.A. RHINOW/KOLLER/KISS, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, 1996, N. 1352). 4.3 Allerdings wird es im Beschwerdeverfahren überwiegend für zulässig erachtet, Vorbringen ausser Acht zu lassen, die auf nachlässiger Prozessführung beruhen oder der Verschleppung des Prozesses dienen (REKO EVD vom 5. Dezember 1996, in: VPB 61/1997 Nr. 31 E. 3.2.3; SUTTER, a.a.O., N. 11 zu Art. 32 VwVG ; MADELEINE BGE 136 II 165 S. 174 CAMPRUBI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 1983, N. 9 in fine zu Art. 62 VwVG ; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 67 f.; einschränkend KÖLZ/HÄNER, a.a.O., N. 615: nur soweit nicht ausschlaggebend). 4.4 Im vorliegenden Fall kann den Beschwerdeführern jedoch keine nachlässige Prozessführung vorgeworfen werden. Es ist unstreitig, dass ihnen der Eingang der von der Flughafen Zürich AG im Sommer 2007 eingereichten "Darstellung der Überflugsituation beim ILS-Anflug auf die Piste 28 des Flughafens Zürich" nicht angezeigt worden war. Diese - für die Beurteilung der Überflugsituation erhebliche Darstellung - wurde auch von der ESchK in ihren Entscheiden nicht erwähnt, wie das BVGer im angefochtenen Entscheid festgehalten hat (vgl. nicht publ. E. 3.6). Die Beschwerdeführer erfuhren somit erst im Verlauf des Beschwerdeverfahrens vor dem BVGer von der Existenz des Überflugsituationsplans und entdeckten erst aufgrund dieses Plans, dass auch ihre Liegenschaften (ganz oder teilweise) im Überflugkorridor liegen. Zwar ist dem BVGer einzuräumen, dass der Anwalt der Beschwerdeführer angesichts der Begründungsmängel der Schätzungsentscheide die Möglichkeit gehabt hätte, diese pauschal für alle von ihm vertretenen Enteigneten anzufechten, ohne die unmittelbar Betroffenen näher zu spezifizieren. Jedoch darf es ihm nicht zum Vorwurf gereichen, wenn er diese Spezifizierung versucht hat, diese aber - aufgrund der fehlenden Planunterlagen - unvollständig war. 5. Neue Vorbringen sind allerdings nur im Rahmen des Streitgegenstands zulässig (WALDMANN/BICKEL, a.a.O., N. 17 zu Art. 32 VwVG ; REKO EVD vom 5. Dezember 1996, in: VPB 61/1997 Nr. 31 E. 3.2.1). Dieser wird durch die Beschwerdeanträge festgelegt, die sich ihrerseits im Rahmen des Anfechtungsobjekts, d.h. des Dispositivs des angefochtenen Entscheids, bewegen müssen. Der Streitgegenstand kann von den Parteien im Lauf des Beschwerdeverfahrens grundsätzlich nicht mehr erweitert werden ( BGE 133 II 30 E. 2 S. 31 f.; CAMPRUBI, a.a.O., N. 5 und 9 zu Art. 62 VwVG ; KÖLZ/HÄNER, a.a.O., N. 405 und 612; MOSER/UEBERSAX, a.a.O., N. 2.13 und 2.85). 5.1 Abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Beschwerdeverfahrens lässt allerdings Art. 77 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG; SR 711) neue Begehren im Beschwerdeverfahren gegen Entscheide über die Festsetzung der Entschädigung zu, soweit sie nachweisbar nicht schon vor der ESchK BGE 136 II 165 S. 175 gestellt werden konnten. Diese Bestimmung übernimmt die schon bisher im Enteignungsrecht des Bundes geltende Regelung (Botschaft des Bundesrats zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4445 zu Art. 77 EntG ) und will dem Enteigneten die Möglichkeit geben, Entschädigungsforderungen für erst nachträglich aufgetretene oder erkennbar gewordene Schäden anzumelden (Urteil E.9/1992 vom 24. Juni 1993 E. 1a; HESS/WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes: Kommentar zum Bundesgesetz über die Enteignung, zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen und zur Spezialgesetzgebung des Bundes, Bd. I, 1986, N. 16 zu Art. 77 EntG ). Ob und inwieweit diese Spezialbestimmung eine Ausweitung von Beschwerdebegehren noch in der Replik zulässt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben. 5.2 Wie bereits oben (E. 1.1) dargelegt worden ist, verlangten die Beschwerdeführer im Schätzungsverfahren eine Entschädigung für die fluglärmbedingte Wertminderung ihrer Liegenschaften, wobei als Begründung sowohl die Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte wegen übermässiger Lärmimmissionen als auch eigentlicher Überflug in Betracht kamen. Streitgegenstand war somit die beantragte Entschädigung. Dass diese unter verschiedenen Voraussetzungen gewährt werden kann, schränkt den Streitgegenstand nicht ein: Die rechtliche Wirkung, nicht die Begründung oder Herleitung definiert den Streitgegenstand ( BGE 131 II 200 E. 3.3 S. 204). In ihrer Beschwerdeschrift ans BVGer hielten die Beschwerdeführer an ihren Entschädigungsbegehren vollumfänglich fest. Insofern erfolgte keine Einschränkung des Streitgegenstands. Die Ausführungen der Beschwerdeführer zu den vom direkten Überflug betroffenen Personen waren lediglich Begründungselemente, die nach dem oben Gesagten (E. 4) nachträglich ergänzt werden konnten. Zudem hat das BVGer innerhalb des Streitgegenstands das Recht von Amtes wegen anzuwenden und grundsätzlich den Sachverhalt zugrundezulegen, wie er sich im Zeitpunkt des Entscheids verwirklicht hat und bewiesen ist (KÖLZ/HÄNER, a.a.O. Rz. 615; CAMPRUBI, a.a.O., N. 10 zu Art. 62 VwVG ; REKO EVD vom 6. April 1995, in: VPB 60/1996 Nr. 48 E. 6 S. 429 f.). 6. Das BVGer hätte somit auf die Beschwerden der Beschwerdeführer insgesamt, auch im Hinblick auf den direkten Überflug, eintreten müssen. In diesem Fall hätte es diese - wie die übrigen Beschwerden betreffend direkten Überflugs - gutheissen, die angefochtenen BGE 136 II 165 S. 176 Entscheide der ESchK insoweit aufheben und die Sache zur Neubeurteilung der Entschädigungsansprüche auch unter dem Blickwinkel des direkten Überflugs an die ESchK zurückweisen müssen. (...)
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f9b26b18-89c5-4de3-994b-e07d42cfba60
Urteilskopf 107 IV 158 45. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 21. Juli 1981 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 58 und Art. 351 StGB . Zuständigkeit zur Einziehung. Übernimmt ein Kanton die Verfolgung und Beurteilung der vom Angeschuldigten in einem andern Kanton verübten strafbaren Handlungen, so ist er auch zum Entscheid darüber zuständig, ob die von diesem Kanton beim Angeschuldigten beschlagnahmten, im Zusammenhang mit dessen strafbaren Handlungen stehenden Gegenstände und Vermögenswerte einzuziehen sind.
Sachverhalt ab Seite 158 BGE 107 IV 158 S. 158 A.- Die thailändische Staatsangehörige P. V. alias M. N. stand seit August 1979 im Kanton Aargau und seit Oktober 1980 auch im Kanton Zürich in Strafuntersuchung wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die anlässlich ihrer Verhaftung in Zürich bei ihr sichergestellten, vermutlich Haschisch und vor allem Heroin enthaltenden Plastiksäckchen und Briefcouverts, die Barbeträge von Fr. 174'500.-- und DM 610.-- sowie ein bei der Schweizerischen Kreditanstalt unter ihrem Namen angelegter Betrag von Fr. 5'013.20 wurden von der Bezirksanwaltschaft Zürich einstweilen beschlagnahmt. BGE 107 IV 158 S. 159 Auf Ersuchen der Bezirksanwaltschaft Zürich anerkannte die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau am 16. Februar sowie erneut am 23. März 1981 die Zuständigkeit des Kantons Aargau zur Verfolgung und Beurteilung sämtlicher P. V. zur Last gelegten Taten. P. V. verübte in der Nacht vom 30./31. März 1981 im Bezirksgefängnis Zürich Selbstmord. Die Bezirksanwaltschaft Zürich schlug der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau daraufhin vor, dass jeder Kanton die gegen sie angehobene Untersuchung selbständig abschliesse; sie erklärte sich bereit, der Einfachheit halber die im Kanton Aargau angehobene Untersuchung in die von ihr zu erlassende Einstellungsverfügung einzubeziehen. Dem widersetzte sich die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau unter Hinweis auf den von ihr anerkannten Gerichtsstand; sie hielt dafür, die aargauischen Behörden seien insbesondere auch zum Entscheid über die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände und Gelder befugt. Die Bezirksanwaltschaft Zürich und sodann auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beharrten demgegenüber darauf, die zürcherischen Gerichte, welche die Mittäter von P. V. zu beurteilen hätten, seien hiefür zuständig. B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau stellte am 30. Juni 1981 bei der Anklagekammer das Begehren, "es sei die örtliche Zuständigkeit zum Entscheid über die Einziehung beschlagnahmter Werte (Bargeld, Bankguthaben und Drogen), bzw. die Bedeutung einer an sich bestehenden Einigung über den Gerichtsstand bezüglich der Einziehung gemäss Art. 58 StGB von beschlagnahmten Werten zu bestimmen". Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragte "Eintreten auf das Begehren und Abweisung des Ersuchens zur Zeit, solange der Richter des Kantons Zürich nicht über die Verteilung der Gelder entschieden hat". Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach den Akten haben sich die Strafbehörden der Kantone Aargau und Zürich dahin geeinigt, dass jener die Verfolgung und Beurteilung der sämtlichen von P. V. verübten strafbaren Handlungen übernehme. Das wird von der Staatsanwaltschaft Zürich in ihrer Vernehmlassung denn auch nicht bestritten. Ein nachträglicher Wechsel des vereinbarten Gerichtsstands wäre nur aus triftigen Gründen zulässig ( BGE 98 IV 208 E. 2 mit Hinweisen). BGE 107 IV 158 S. 160 Solche Gründe werden von der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich nicht geltend gemacht und liegen aufgrund der Akten auch nicht vor. Insbesondere vermag der Tod eines Beschuldigten an der zwischen den Kantonen getroffenen Gerichtsstandsabrede nichts zu ändern. 2. Der Kanton, dessen Zuständigkeit feststeht, ist zur Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt ( Art. 351 StGB ). Diese Berechtigung schliesst insbesondere die Befugnis ein, das Strafverfahren durch Entscheid abzuschliessen. In einem solchen Entscheid ist stets auch über das endgültige Schicksal beschlagnahmter Gegenstände zu befinden (HAUSER, Grundzüge des Strafprozessrechts, S. 83; derselbe, Kurzlehrbuch des Schweiz. Strafprozessrechts, S. 177). So waren die fraglichen Vermögenswerte und Drogen in der Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 21. Oktober 1980 denn auch zutreffend "zu Handen des definitiv erkennenden Gerichtes einstweilen beschlagnahmt" worden. Es ist demnach offensichtlich, dass die Strafbehörden des Kantons Aargau, nicht jene des Kantons Zürich zur Einziehung zuständig sind, nachdem die aargauischen Behörden die Verfolgung und Beurteilung der von P. V. begangenen Straftaten übernommen hatten und die in Frage stehenden Gegenstände und Gelder unbestrittenermassen bei P. V. sichergestellt worden waren, wie das aus den Beschlagnahmeverfügungen hervorgeht. Insoweit war der Gerichtsstand zwischen den beiden Kantonen trotz der seinerzeit durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau erklärten Anerkennung streitig, und er ist deshalb von der Anklagekammer zu bezeichnen.
null
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de
1,981
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CH
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Urteilskopf 84 II 57 9. Sentenza 27 gennaio 1958 della I Corte Civile nella causa Gnoli contro Tuor.
Regeste Nichtigkeitsbeschwerde gegen selbständige Entscheide über die Zuständigkeit ( Art. 68 Abs. 2 OG ). 1. Zulässigkeit der Beschwerde (Erw. 1). 2. Zuständigkeit der kantonalen Gerichte zur Beurteilung von Streitigkeiten aus einem in der Schweiz abgeschlossenen Mietvertrag, wenn der Beklagte - ein italienischer Staatsangehöriger - im Zeitpunkt der Klageerhebung keinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 57 BGE 84 II 57 S. 57 A.- Con petizione del 10 gennaio 1957, Gisella Tuor, a Tunisi, promuoveva azione creditoria contro il dott. Cesare Gnoli, console d'Italia a Johannesburg, chiedendo la condanna del convenuto al pagamento di 1936 fr. 12. Tale somma corrisponde, secondo l'attrice, al danno da BGE 84 II 57 S. 58 essa subito in seguito allo stato deplorevole in cui il convenuto avrebbe lasciato la sua villetta "Casa Gerbio" in Orselina, quando - dopo due anni di permanenza quale console d'Italia a Locarno - fu trasferito a Johannesburg. In corso di procedura, il convenuto contestava la competenza del pretore di Locarno-Città a decidere la vertenza, considerando tra l'altro che l'azione promossa rivestiva carattere personale e le azioni di questa natura, conformemente all'art. 59 CF, al trattato di domicilio e consolare 22 luglio 1868 tra la Svizzera e l'Italia e alla Convenzione 3 gennaio 1933 tra la Svizzera e l'Italia circa il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni giudiziarie, possono essere giudicate unicamente al luogo del domicilio, che nel caso del convenuto era Johannesburg. Tanto il pretore quanto, su appellazione incidentale del convenuto, il Tribunale di appello respingevano tale tesi e ammettevano, quale foro competente, quello di Locarno. Nel suo giudizio, del 10 dicembre 1957, il Tribunale di appello considerò, in sostanza, quanto segue: Trattandosi di azioni personali, oltre al foro generale del luogo di domicilio del convenuto ( art. 14 PCT ) la procedura civile ticinese (PCT) prevede, quando il convenuto non sia o non sia più domiciliato nel Cantone o in Svizzera, il foro speciale "del luogo ove fu contratta o deve eseguirsi l'obbligazione" (art. 15). A sua volta, l' art. 30 PCT dispone che lo straniero il quale non ha dimora nel Cantone "vi può essere convenuto ancorchè non vi si trovi:... 2) se si tratti di obbligazioni che abbiano origine da contratti o fatti seguiti nel Cantone o che debbano avervi esecuzione". Se si tiene conto di questo disciplinamento, manifestamente a torto il dott. Gnoli contesta la competenza del pretore di Locarno. Infatti, è pacifico che è qui in discussione una pretesa personale derivante da un rapporto di locazione concluso ed eseguito nel Ticino. È altrettanto pacifico che il dott. Gnoli, quando fu convenuto in giudizio nel gennaio 1957, non aveva nè dimora nè domicilio nel Ticino. Per giustificare l'incompetenza del giudice BGE 84 II 57 S. 59 di Locarno, non giova al convenuto invocare l'art. 59 CF e il trattato di domicilio e consolare con l'Italia, in quanto l'uno e l'altro presuppongono il domicilio nel Ticino o, comunque, in Svizzera. Nemmeno la convenzione del 1933 circa il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni giudiziarie è applicabile qui, dato che tale convenzione stabilisce i presupposti e le condizioni per il riconoscimento reciproco e l'esecuzione delle sentenze giudiziarie civili emanate in Italia e in Svizzera, ma non incide affatto sulla competenza dei giudici dell'uno o dell'altro Stato. B.- Il dott. Gnoli ha presentato al Tribunale federale, in tempo utile, un ricorso per nullità, che dovrebbe essere trattato - subordinatamente - quale ricorso di diritto pubblico a norma degli art. 83 sgg. OG . Egli chiede che, annullata la sentenza impugnata, la petizione dell'attrice sia respinta per incompetenza del giudice svizzero a statuire. Nel suo gravame, il Dott. Gnoli fa in sostanza valere quanto segue: Egli contesta l'incompetenza del giudice svizzero per una questione di principio, con riferimento "al trattato di domicilio e consolare italo-svizzero, alla Convenzione internazionale sul riconoscimento e sull'esecuzione delle sentenze emanate nei due Stati, all'art. 59 CF applicabile per analogia, alla dottrina e alla giurisprudenza svizzera". In virtù del trattato di domicilio, il ricorrente "si ritiene abilitato a invocare le norme legali che disciplinano la materia nello stesso modo che possono farlo i cittadini del Paese". Anche dall'art. 2 num. 1 della Convenzione del 1933 circa il riconoscimento e l'esecuzione delle sentenze appare che la competenza dei tribunali dello Stato nel quale la decisione è stata pronunciata è fondata qualora sia prevista da una convenzione internazionale "o il convenuto avesse - quando la causa fu promossa - il suo domicilio in questo Stato". Poichè le convenzioni internazionali devono prevalere sulle disposizioni cantonali di procedura, la decisione impugnata dev'essere annullata, tanto più che è illogico pronunciare una sentenza BGE 84 II 57 S. 60 della quale si sappia sin dall'inizio che nell'altro Stato non sarà eseguita perchè contraria a un accordo di diritto internazionale. Del resto, il criterio del domicilio per l'accertamento del foro è, nel diritto internazionale privato, generalmente riconosciuto. Il messaggio del Consiglio federale concernente l'approvazione della Convenzione del 1933 condivide, in ultima analisi, questa tesi, in quanto precisa - dopo aver esposto che la nuova convenzione con l'Italia non è "un traité réglementant la compétence judiciaire mais une convention d'exécution" - che questa si limita a indicare i casi in cui la competenza dei tribunali di uno Stato dev'essere riconosciuta da quelli dell'altro Stato. Nel messaggio citato, il Consiglio federale va oltre e afferma che "la Suisse ne reconnaît pas le for du contrat, ni celui de l'action conjointe", salvo nei casi in cui le parti medesime abbiano convenuto un foro siffatto. In realtà, l'attrice avrebbe potuto promuovere causa davanti al giudice di Locarno solo se avesse chiesto e ottenuto un sequestro (art. 9 della Convenzione del 1933). Erwägungen Considerando in diritto: 1. La sentenza impugnata costituisce una decisione separata sulla competenza in una causa che non potrà essere deferita al Tribunale federale mediante ricorso per riforma a motivo del suo valore litigioso insufficiente. Ora, contro decisioni di questa natura il ricorso per nullità è per sè ammissibile conformemente all' art. 68 cp . 2 OG. Trattasi inoltre di una decisione cantonale, emanata in ultima istanza e riguardante un procedimento civile nel senso dell' art. 68 cp . 1 OG. Infatti, oggetto del processo è una pretesa fondata su un contratto di locazione a norma del CO. Ne segue che il presente gravame è ammissibile. 2. Sebbene il ricorrente non lo dica espressamente, risulta dalla motivazione del gravame che egli invoca, a sostegno della domanda d'annullamento della sentenza impugnata, non già la lettera a dell' art. 68 cp . 1 OG, bensì BGE 84 II 57 S. 61 la lettera b, la violazione cioè di prescrizioni del diritto federale (art. 59 CF) e dei trattati internazionali conclusi dalla Confederazione sulla competenza delle autorità per territorio. A questo proposito, occorre avantutto considerare quanto segue. In assenza di prescrizioni di diritto internazionale, spetta ai singoli Stati stabilire in quali casi intendano affermare la competenza dei propri tribunali a giudicare contestazioni che si riallacciano territorialmente a più Stati e in quali casi siano invece disposti a riconoscere, per tali contestazioni, la giurisdizione straniera. La situazione, nel campo della procedura civile internazionale, è cioè identica a quella che si presenta nel campo del diritto internazionale privato. In Svizzera, spetta ai Cantoni emanare le norme di procedura civile che devono essere applicate al giudizio delle contestazioni che in virtù delle leggi federali e dei trattati internazionali conclusi dalla Confederazione non sono riservate a un'altra giurisdizione. Ne segue che da noi il diritto processuale civile internazionale è di massima diritto cantonale e, inoltre, che esistono da noi tanti diritti processuali internazionali quanti sono i Cantoni. In queste circostanze, si tratta qui esclusivamente di esaminare se, ritenendosi competenti a statuire sulla contestazione che oppone il dott. Gnoli alla sua precedente locatrice di Locarno in applicazione degli art. 15 e 30/31 PCT, le autorità ticinesi abbiano effettivamente violato prescrizioni del diritto federale o dei trattati internazionali conclusi dalla Confederazione. a) In primo luogo, la censura di violazione dell'art. 59 CF è irricevibile in questa sede. Giusta l' art. 68 cp . 1 lett. b ultima frase OG, la violazione dell'art. 59 CF può infatti essere allegata unicamente mediante ricorso di diritto pubblico. .. b) Con ragione il ricorrente non pretende che al disciplinamento della competenza dei tribunali per territorio, BGE 84 II 57 S. 62 qual'è sancita dalla PCT nei confronti degli stranieri non domiciliati nel Cantone o in Svizzera, si opporrebbero altre prescrizioni di diritto federale. Rimane dunque solo da esaminare se il foro del luogo in cui l'obbligazione fu contratta o doveva essere eseguita non possa essere riconosciuto, in concreto, perchè vi si opporrebbero i due trattati internazionali citati dal ricorrente. A questo riguardo, occorre distinguere tra convenzioni internazionali che hanno per oggetto il disciplinamento della competenza giudiziaria in senso proprio e quelle che concernono esclusivamente le condizioni poste al riconoscimento e all'esecuzione da parte di uno Stato contraente delle sentenze pronunciate dall'altro Stato contraente (cfr., tra l'altro, RU 76 II 250 e GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, pag. 118/119 sgg.). Mediante le prime, due Stati convengono reciproche limitazioni della propria competenza giudiziaria, con l'effetto che in luogo e vece del foro giurisdizionale previsto dalla legge nazionale vale esclusivamente quello indicato nel trattato. Mediante le seconde, i due Stati contraenti si occupano - appunto - delle condizioni cui intendono sottoporre il riconoscimento e l'esecuzione delle rispettive sentenze, impregiudicato il diritto dei due Stati di applicare, per il giudizio, le norme di competenza giurisdizionale proprie. aa) Se si tien conto di quanto precede, non si può fare a meno di rilevare che già il trattato di domicilio e consolare tra la Svizzera e l'Italia, del 22 luglio 1868, è qui invocato a torto. Infatti, detto trattato disciplina questioni di competenza giudiziaria solo nel suo art. 17 e questo disposto concerne esclusivamente il foro in caso di contestazioni ereditarie. Il ricorrente nemmeno pretende che il trattato conterrebbe altre disposizioni in materia di foro in genere o una prescrizione relativa al riconoscimento del foro del domicilio per debitori convenuti in seguito a un rapporto giuridico di natura personale, in particolare. Certo è che non possono segnatamente essere ritenuti tali BGE 84 II 57 S. 63 gli art. 3 e 6 del trattato (cfr., per ciò che riguarda l'art. 3, RU 23 I 591 consid. 3). bb) Manifestamente a torto il ricorrente invoca poi la Convenzione tra l'Italia e la Svizzera, del 3 gennaio 1933, circa il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni giudiziarie. Conformemente a quanto è stato esposto più sopra, convenzioni di questa natura non incidono infatti per nulla sul diritto di uno Stato di stabilire, nell'ambito del suo diritto processuale internazionale proprio, in quali casi e a quali condizioni i suoi tribunali siano competenti a giudicare una contestazione loro sottoposta. Certo, la questione della competenza riveste pure in tali convenzioni importanza, nel senso che da essa dipenderanno tra l'altro il riconoscimento e l'esecuzione in uno Stato di una sentenza pronunciata nell'altro. Cionondimeno, ciascun Stato rimane libero di decidere, in base alle norme di procedura propria, se la competenza dei suoi tribunali sia data o meno per statuire su una causa determinata (cfr. GULDENER, op.cit. pag. 119/120 e 133 lett. C num. I). Non giovano al ricorrente, per giustificare una tesi contraria, le citazioni di passaggi diversi del messaggio del Consiglio federale relativo all'approvazione della Convenzione del 1933. In realtà, proprio la frase citata dal ricorrente, secondo cui la nuova convenzione non è "un traité réglementant la compétence mais une convention d'exécution" basta a demolire la sua tesi. Così stando le cose, non occorre esaminare più da vicino gli argomenti che il ricorrente vorrebbe trarre da talune opinioni della dottrina circa il senso e la portata delle convenzioni internazionali. Nella misura in cui non si riferiscono alle condizioni poste al riconoscimento e all'esecuzione delle sentenze, tali opinioni sono lungi dall'essere unanimi. Ciò vale segnatamente per l'affermazione che il criterio del domicilio per l'accertamento del foro sarebbe generalmente riconosciuto nel diritto internazionale privato (cfr., per esempio, l'opinione di GULDENER, op.cit. pag. 82 nota 169, secondo cui tale criterio - generalizzato BGE 84 II 57 S. 64 - condurrebbe, nel campo internazionale, a difficoltà pratiche e, inoltre, a soluzioni poco sodisfacenti sotto l'aspetto dell'equità). Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: In quanto ricevibile, il ricorso è respinto.
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1,958
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Urteilskopf 115 II 305 55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. September 1989 i.S. H. gegen K. Immobilien AG (Berufung)
Regeste Art. 8 ZGB . Recht zum Gegenbeweis.
Erwägungen ab Seite 305 BGE 115 II 305 S. 305 Aus den Erwägungen: Das Bundesgericht ergänzt die in BGE 114 II 290 f. zusammengefasste bisherige Rechtsprechung zu Art. 8 ZGB wie folgt: Art. 8 ZGB gewährleistet nach der Rechtsprechung ebenfalls das Recht zum Gegenbeweis ( BGE 88 II 190 mit Hinweisen), d. h. er gibt dem Gegner des Beweisbelasteten einen Anspruch darauf, zum Beweis von konkreten Umständen zugelassen zu werden, die beim Richter Zweifel an der Richtigkeit der Gegenstand des Hauptbeweises bildenden Sachbehauptung wachhalten und diesen dadurch vereiteln sollen (KUMMER, N 107 zu Art. 8 ZGB ; EGGER, N 18 zu Art. 8 ZGB ). Auch dieser Beweisführungsanspruch schliesst aber die vorweggenommene Beweiswürdigung nicht aus, verbietet also dem Richter nicht, einem beantragten Beweismittel die Erheblichkeit oder Tauglichkeit abzusprechen. Zudem wird Art. 8 ZGB auch hinsichtlich des Gegenbeweises gegenstandslos, wenn das dem Hauptbeweis unterstellte Tatbestandsmerkmal beweismässig bereits feststeht (vgl. LEUCH, N 1 zu Art. 215 ZPO /BE). Erforderlich ist dabei allerdings, dass der Richter aufgrund einer Würdigung der erhobenen Beweise zur festen Überzeugung gelangt, der Hauptbeweis sei unumstösslich bereits erbracht. Wo er dagegen bloss auf die allgemeine Lebenserfahrung, auf allgemeine tatsächliche Vermutungen oder auf Indizien abstellt, darf er prozesskonform zum Gegenbeweis angebotene, erhebliche und taugliche Mittel nicht mit der Begründung ablehnen, die Beweislastregel BGE 115 II 305 S. 306 sei bereits gegenstandslos geworden; damit würde er den bundesrechtlichen Anspruch des Beweisgegners auf Führung des konkreten Gegenbeweises verletzen.
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Urteilskopf 89 II 387 50. Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Dezember 1963 i.S. Kellerhals gegen Holliger.
Regeste Schuldbrief und Gült; Einrede der Handlungsunfähigkeit des Schuldners; Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers (Art. 872, 865/866 ZGB). Wer einen von einem Handlungsunfähigen errichteten Pfandtitel von diesem selber erwirbt, muss sich auch im Falle seiner Gutgläubigkeit die Einrede gefallen lassen, das Erwerbsgeschäft sei wegen der Handlungsunfähigkeit des Schuldners ungültig und vermöge ihm deshalb die im Titel verbrieften Rechte nicht zu verschaffen. Dagegen ist die Einrede, der Schuldner sei zur Zeit der Errichtung des Titels handlungsunfähig gewesen, gegenüber einem gutgläubigen spätern Erwerber (Dritterwerber) nicht zulässig.
Sachverhalt ab Seite 388 BGE 89 II 387 S. 388 A.- Paul Holliger, geb. 1887, liess am 7./8. März 1956 zulasten seines Hälfte-Anteils am Grundstück Section VII Parzelle 20041 mit Wohnhaus Feldbergstrasse 15 in Basel einen im 3. Rang stehenden Inhaberschuldbrief über Fr. 15'000. - errichten. Dieser Titel befindet sich heute im Besitz der Eheleute Kellerhals. B.- Am 15. August 1961 reichte Holliger, vertreten durch den ihm von der Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt bestellten Beistand, gegen die Eheleute Kellerhals Klage ein mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass der erwähnte Schuldbrief wegen Urteilsunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Errichtung nichtig sei und dass die darin verbriefte Forderung nicht bestehe und der Kläger folglich den Beklagten nichts schulde. Diese machten geltend, sie hätten den Schuldbrief von ihrem Schwager Stöcklin gutgläubig erworben, so dass er für sie gemäss Art. 865/866 ZGB auf jeden Fall zu Recht bestehe. Eventuell bestritten sie die Urteilsunfähigkeit des Klägers. In Übereinstimmung mit dem Zivilgericht hat das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die Klage am 14. Juni 1963 gutgeheissen mit der Begründung, auf Grund des Gutachtens von Prof. Dukor sei anzunehmen, dass der Kläger zur Zeit der Errichtung des Schuldbriefs urteilsunfähig gewesen sei. Dass die Beklagten dies gewusst und den Schuldbrief somit bösgläubig erworben hätten, behaupte der Kläger nicht. Streitig sei dagegen, ob sie als Dritterwerber oder als die "ersten Nehmer" des Titels zu betrachten seien. Diese Frage könne jedoch offen bleiben, da auch dem gutgläubigen Dritterwerber eines Schuldbriefs die Handlungsunfähigkeit des Ausstellers entgegengehalten werden könne. C.- Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Der Kläger stellt das Begehren, die Berufung sei abzuweisen; eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Beurteilung der Frage, BGE 89 II 387 S. 389 ob die Beklagten die ersten Inhaber oder Drittinhaber des angefochtenen Schuldbriefs seien. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beklagten bestreiten vor Bundesgericht wie schon vor dem Appellationsgericht nicht mehr, dass dem Kläger die für die Errichtung (und Begebung) des streitigen Schuldbriefs erforderliche Urteilsfähigkeit fehlte. Es kann denn auch keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz Bundesrecht ( Art. 16 ZGB ) verletzt habe, indem sie den Kläger auf Grund des Gutachtens von Prof. Dukor im Hinblick auf das erwähnte Geschäft als urteilsunfähig betrachtete. Wer nicht urteilsfähig ist, vermag nach Art. 18 ZGB unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen durch seine Handlungen keine rechtliche Wirkung herbeizuführen. Von einem Urteilsunfähigen vorgenommene Rechtsgeschäfte sind also unter dem erwähnten Vorbehalte nichtig. Es besteht keine Gesetzesbestimmung, aus der sich ableiten liesse, dass der streitige Inhaberschuldbrief trotz der Urteilsunfähigkeit des Klägers, der ihn errichten liess und als Schuldner unterzeichnete, auf Grund des Errichtungsaktes gültig zustande gekommen sei. Dieser Titel war deshalb im Zeitpunkte seiner Errichtung ungültig, der bezügliche Eintrag im Grundbuch ungerechtfertigt. Mit dieser Feststellung ist jedoch der vorliegende Prozess noch nicht entschieden. Vielmehr bleibt zu prüfen, ob die Beklagten, die beim Erwerb des Schuldbriefs unstreitig gutgläubig waren, in ihrem guten Glauben zu schützen seien und daher die nach dem Wortlaut des Schuldbriefs dem Inhaber zustehenden Rechte geltend machen können, obwohl der Schuldbrief wegen Wirkungslosigkeit des Errichtungsaktes zunächst ungültig war. 2. Abgesehen von gewissen Sonderfällen (vgl. insbesondere Art. 375 Abs. 3 und Art. 411 Abs. 2 ZGB ), von denen hier keiner gegeben ist, schützt das Gesetz den guten Glauben in die Handlungsfähigkeit des Geschäftspartners BGE 89 II 387 S. 390 nicht. Vielmehr hat derjenige, der mit einem Handlungsunfähigen ein Geschäft abschliesst, auch im Falle seiner Gutgläubigkeit die gewöhnlichen Folgen des Fehlens der Handlungsfähigkeit einer Vertragspartei zu tragen (EGGER, 2. Aufl., N. 3 zu Art. 18 ZGB ; v. TUHR/SIEGWART, § 23 II S. 172 und § 27 V S. 202; JÄGGI N. 69 zu Art. 3 ZGB ). Dies gilt nicht nur für schuld-, sondern auch für sachenrechtliche Geschäfte (EGGER a.a.O.; V. TUHR/SIEGWART § 27 V; WIELAND N. 3 a zu Art. 656 und N. 3 c dd zu Art. 714 ZGB ; LEEMANN, 2. Aufl., N. 37 zu Art. 656 und N. 43 zu Art. 714 ZGB ; OFTINGER N. 341 zu Art. 884 ZGB ; OSTERTAG, 2. Aufl., und HOMBERGER, je N. 13 zu Art. 973 ZGB ). Die Beklagten haben den streitigen Schuldbrief folglich nicht gültig erworben, wenn die Personen, durch deren Vermittlung er vom Kläger an sie überging, nur Boten oder Vertreter des einen oder andern Teils und sie (die Beklagten) selber demgemäss die "ersten Nehmer" des Titels waren, wie der Kläger dies behauptet. Trifft diese Behauptung zu, so können also die Beklagten aus dem Erwerb des Schuldbriefs keine Rechte gegen den Kläger ableiten. Vielmehr kann sich in diesem Falle der Kläger ihnen gegenüber auf seine Handlungsunfähigkeit berufen. Sind die Beklagten seine Geschäftspartner, so bildet die Einrede, das Erwerbsgeschäft sei wegen seiner Urteilsunfähigkeit nichtig, eine ihm gegen die Gläubiger persönlich zustehende Einrede im Sinne von Art. 872 ZGB . Die Beklagten bestreiten jedoch, dass sie die ersten Erwerber des Schuldbriefs seien. Sie machen geltend, Ersterwerber sei Wilhelm Ketterer als Vormann Stöcklins; sie seien Dritterwerber. Wie es sich damit verhalte, lässt sich auf Grund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diese Frage offen gelassen hat, nicht entscheiden. Der Prozess ist also nur spruchreif, falls die Auffassung der Vorinstanz zutrifft, dass der Kläger den Beklagten seine Handlungsunfähigkeit selbst dann entgegenhalten könne, wenn sie als Dritterwerber des Titels BGE 89 II 387 S. 391 betrachtet werden. Andernfalls ist die Sache zur Vervollständigung des Tatbestandes an die Vorinstanz zurückzuweisen. 3. Nach Art. 872 ZGB kann der Schuldbrief- oder Gültschuldner neben den Einreden, die ihm persönlich gegen den ihn belangenden Gläubiger zustehen, (nur) solche Einreden geltend machen, "die sich entweder auf den Eintrag oder auf die Urkunde beziehen" (dérivant de l'inscription ou du titre; le quali si riferiscono all'iscrizione od al titolo). Unter den Wortlaut dieser Bestimmung lässt sich auch die Einrede ziehen, der Eintrag sei ungerechtfertigt und der Titel ungültig, weil der Schuldner, der den Schuldbrief oder die Gült errichten liess, handlungsunfähig gewesen sei ( BGE 58 II 114 /115). Das Wertpapierrecht des OR lässt denn auch, wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, die Einrede der Handlungsunfähigkeit des Ausstellers allgemein zu (JÄGGI N. 69 zu Art. 3 ZGB , N. 28 zu Art. 979 und N. 14 zu Art. 1146 OR ). Bei Beurteilung der Tragweite von Art. 872 ZGB ist indessen zu berücksichtigen, dass Schuldbrief und Gült Wertpapiere eigener Art sind, für die besondere Vorschriften gelten, die im Wertpapierrecht des OR kein Gegenstück haben. Für den Inhaberschuldbrief behält Art. 989 OR diese Vorschriften ausdrücklich vor. Die Besonderheiten der für Schuldbrief und Gült massgebenden Regelung ergeben sich daraus, dass sie gemäss Art. 856 ff. ZGB durch den Grundbuchverwalter ausgestellt und im Grundbuch eingetragen werden (JÄGGI, Bem. zu Art. 989 OR ). Diese Besonderheiten bestehen darin, dass Schuldbrief und Gült nach Massgabe von Art. 865 ff. in Verbindung mit Art. 973 ZGB öffentlichen Glauben geniessen. Nach Art. 865 ZGB besteht die Forderung aus Schuldbrief oder Gült dem Eintrage gemäss für jedermann zu Recht, der sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen hat (La teneur de l'inscription fait règle, pour la cédule hypothécaire ou la lettre de rente, à l'égard BGE 89 II 387 S. 392 de toute personne qui s'en est rapportée de bonne foi aux énonciations du registre; Il credito derivante da una cartella ipotecaria o da una rendita fondiaria esiste a norma dell'inscrizione per chiunque in buona fede siasi riferito al registro fondiario). Nach Art. 866 ZGB besteht der formrichtig erstellte Pfandtitel seinem Wortlaute gemäss für jedermann zu Recht, der sich in gutem Glauben auf die Urkunde verlassen hat. Diese Bestimmungen erweitern den Schutz, den die gutgläubigen Dritten nach Art. 973 ZGB geniessen (vgl. BGE 56 II 176 ). Art. 973 ZGB gilt nur für den im Vertrauen auf das Grundbuch erfolgten Erwerb des Eigentums oder anderer dinglicher Rechte an Grundstücken. Art. 865 ZGB gewährleistet demjenigen, der sich beim Erwerb eines Schuldbriefs oder einer Gült (sei es zu Eigentum, zu Faustpfand oder zur Nutzniessung, vgl. BGE 64 III 69 , BGE 71 III 156 ) gutgläubig auf das Grundbuch verlassen hat und für den daher nach Art. 973 ZGB das Grundpfandrecht gemäss dem Eintrag zu Recht besteht, in gleicher Weise auch den Bestand der aus dem Grundbuch ersichtlichen Grundpfandforderung (die sich bei Schuldbrief und Gült mit der im Grundbuch angegebenen Pfandsumme deckt). Dies kommt im deutschen und italienischen Text von Art. 865 ZGB klar zum Ausdruck, lässt sich aber auch dem französischen Text entnehmen, da der hienach massgebende Wortlaut des Eintrags (teneur de l'inscription) nicht nur über das Pfandrecht, sondern auch über die Forderung des Schuldbrief- oder Gültgläubigers Auskunft gibt. (Dass der Grundbucheintrag, wie in BGE 68 II 88 f. dargetan, für die Person des - im Grundbuch nicht anzugebenden - Titelschuldners keine Gewähr bietet, spielt im vorliegenden Falle keine Rolle.) Art. 866 ZGB dehnt den öffentlichen Glauben, der nach Art. 973 ZGB dem Grundbuch zukommt, auf den formrichtig als Schuldbrief oder Gült errichteten Pfandtitel aus. Dieser umschreibt die Forderung und das Pfandrecht. Für den Dritterwerber eines Schuldbriefs oder einer Gült, der sich in gutem Glauben auf den Pfandtitel BGE 89 II 387 S. 393 verlassen hat, besteht also die Forderung wie das Pfandrecht gemäss den Angaben dieser Urkunde zu Recht. (Vorbehalten bleibt für den hier nicht gegebenen Fall der Abweichung des Titels vom Eintrag die Vorschrift von Art. 867 ZGB ). Aus welchem Grunde das Grundbuch die Rechtslage nicht richtig darstellt, ist unter dem Gesichtspunkte von Art. 973 ZGB grundsätzlich unerheblich. Der gutgläubige Dritte, der im Vertrauen auf das Grundbuch ein darin eingetragenes Grundpfandrecht erwirbt, ist also (die Gültigkeit des Erwerbsgeschäfts und im Fall einer Grundpfandverschreibung der Bestand der Forderung vorausgesetzt; vgl. BGE 88 II 425 ) in seinem Erwerb auch dann zu schützen, wenn die Eintragung des Grundpfandrechts wegen Handlungsunfähigkeit des Verpfänders ungerechtfertigt war. Da die Art. 865/866 ZGB den Schutz des gutgläubigen Dritten auf die Forderung aus Schuldbrief oder Gült ausdehnen und den formrichtigen Pfandtitel hinsichtlich des öffentlichen Glaubens dem Grundbuch gleichstellen, ist der gutgläubige Dritterwerber eines Schuldbriefes oder einer Gült unabhängig davon, ob der Pfandtitel wegen Handlungsunfähigkeit des Schuldners oder aus andern materiellen Gründen nicht gültig zustande gekommen sei, auch bezüglich der Forderung in seinem Erwerbe zu schützen. Der Gesetzeswortlaut enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers eines solchen Titels wegfalle, wenn der Schuldner zur Zeit der Errichtung des Titels nicht handlungsfähig war, und es bestehen entgegen der Ansicht von WIELAND (N. 2 zu Art. 865/866 und N. 2 zu Art. 872 ZGB ) und LEEMANN (N. 8 zu Art. 872 ZGB ), welche die Einrede der Handlungsunfähigkeit des Schuldners bei Errichtung des Titels unter allen Umständen zulassen wollen, auch keine sachlichen Gründe, die eine einschränkende Auslegung der Art. 865/866 ZGB im erwähnten Sinne fordern würden. Der Hinweis auf die im Wertpapierrecht des OR geltenden Grundsätze schlägt BGE 89 II 387 S. 394 nicht durch, weil Schuldbrief und Gült eben Wertpapiere eigener Art sind, die am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teilnehmen. Die Überlegung, dass der Schutz des gutgläubigen Dritterwerbs dinglicher Rechte den wahren Berechtigten höchstens das Eigentum verlieren, also einen "begrenzten" Verlust erleiden lasse, wogegen die persönliche Haftung für eine wegen Handlungsunfähigkeit des Schuldners nicht gültig entstandene Forderung den Schuldner der Gefahr "schrankenloser" Verluste aussetzen würde, kann sich in ihrem zweiten Teil von vornherein nur auf den Schuldbrief, nicht auch auf die (keine persönliche Haftung begründende) Gült beziehen und bildet ebenfalls keinen genügenden Grund dafür, gegenüber dem gutgläubigen Dritterwerber eines Pfandtitels entgegen dem Wortlaut von Art. 865/866 ZGB, der einen umfassenden Gutglaubensschutz vorsieht, die Einrede der Handlungsunfähigkeit des Schuldners zuzulassen. Dass ein Handlungsunfähiger einen Schuldbrief errichtet, wie es hier geschehen ist, darf als seltene Ausnahme angesehen werden, weil der Grundbuchverwalter die Handlungsfähigkeit des Antragstellers im Rahmen seiner Möglichkeiten mindestens insoweit zu prüfen hat, als die für die Pfandbestellung beigezogene Urkundsperson dies nicht bereits getan hat (WIELAND N. 3 e cc, OSTERTAG N. 9/10 und HOMBERGER N. 41 zu Art. 965 ZGB ). Für diesen und ähnliche Ausnahmefälle (z.B. für den Fall der Fälschung oder versehentlichen Erstellung von Eintrag und Pfandtitel durch den Grundbuchverwalter) die klare Regel von Art. 865/866 ZGB zu durchbrechen und damit die Vertrauenswürdigkeit der Pfandtitel zu erschüttern, rechtfertigt sich nicht (vgl. EUGEN HUBER, Zum schweiz. Sachenrecht, 1914, S. 120 ff., wo u.a. auf die grosse volkswirtschaftliche Bedeutung des Schutzes gutgläubiger Erwerber von Pfandtiteln hingewiesen wird). Vielmehr ist anzunehmen, dass das ZGB im Widerstreit zwischen den Interessen des Schuldners eines nicht gültig errichteten Pfandtitels einerseits und des gutgläubigen Dritterwerbers BGE 89 II 387 S. 395 sowie des Grundpfandkredites anderseits auch in Fällen der eben erwähnten Art diesen letztern den Vorzug geben will. Ob das ZGB den Schutz des öffentlichen Glaubens im Sachenrecht zu weit getrieben habe, wie LIVER dies behauptet (N. 86 und 111 der Allg. Einleitung im Berner Kommentar zu Art. 1-10 ZGB ), hat der an das Gesetz gebundene Richter nicht zu prüfen. Die Gefahr, welcher der als Titelschuldner Belangte im Falle einer dem Wortlaut entsprechenden Anwendung von Art. 865/866 ZGB ausgesetzt ist, wird im übrigen durch die Vorschriften über die - ein Verschulden des Grundbuchverwalters nicht voraussetzende - Haftung der Kantone für den aus der Grundbuchführung entstehenden Schaden gemildert (vgl. hiezu HOMBERGER N. 5 zu Art. 955 ZGB ). Gegenüber dem gutgläubigen Dritterwerber eines Pfandtitels wird demnach die Einrede der Handlungsunfähigkeit des Schuldners zur Zeit der Errichtung des Titels durch die Sondervorschriften von Art. 865/866 ZGB ausgeschlossen. Die Sache ist daher gemäss Erwägung 2 hievor zur Prüfung der Frage, ob die Beklagten erste Nehmer oder Dritterwerber des streitigen Inhaberschuldbriefs seien, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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nan
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1,963
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CH_BGE_004
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