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bfh_047-20
22. Oktober 2020
Pflegegelder aus öffentlichen Mitteln für die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder und Jugendlicher können steuerfreie Beihilfen sein 22. Oktober 2020 - Nummer 047/20 - Urteil vom 14.07.2020 VIII R 27/18 Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht wird, kann beim Betreuer gem. § 3 Nr. 11 EStG zu steuerfreien Bezügen führen, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.07.2020 (VIII R 27/18) unter Hinweis auf die Vergleichbarkeit mit den Fällen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII entschieden. Der Kläger, ein ausgebildeter Erzieher, hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt aufgenommen und dort intensiv sozialpädagogisch betreut. Er nahm immer nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf. Für diese „Vollzeitbetreuung“ erhielt er auf der Grundlage jederzeit kündbarer vertraglicher Vereinbarungen aus öffentlichen Mitteln monatlich zwischen 3.000 € und 3.600 €. Finanzamt und Finanzgericht meinten, der Kläger habe erwerbsmäßig Pflegeleistungen erbracht. Das Pflegegeld sei nicht wie bei einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Dies sah der BFH anders. Pflegegeld aus öffentlichen Mitteln, das im Rahmen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gezahlt wird, beurteilt der BFH grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG, da mit der Zahlung des Pflegegeldes weder der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeeltern vollständig ersetzt noch die Pflegeleistung vergütet wird. Das vom Kläger vereinnahmte Pflegegeld sei damit vergleichbar. Maßgeblich für die steuerliche Einordnung seien Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses. Dieses sei vorliegend – wie bei einer Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII – dadurch geprägt, dass der Kläger die verhaltensauffälligen Jugendlichen und Kinder in seinen Haushalt aufgenommen und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt habe. Dass der Kläger die Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen habe, stehe der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen. Bundesfinanzhof Pressestelle       Tel. (089) 9231-400 Pressesprecher  Tel. (089) 9231-300 Siehe auch: VIII R 27/18
1. Für die Beantwortung der Frage, ob eine gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Beihilfe oder die steuerpflichtige Vergütung einer erwerbsmäßigen Tätigkeit vorliegt, sind Inhalt und Durchführung des jeweiligen Betreuungsverhältnisses maßgebend.2. Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, können gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Bezüge sein. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 30.01.2018 - 9 K 9105/16 aufgehoben.Die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2012 und 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 02.05.2016 werden dahin geändert, dass die Einkommensteuer auf jeweils 0 € herabgesetzt wird.Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Tatbestand I.Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der ausgebildeter Erzieher ist, nahm in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt auf und betreute diese dort. Die jüngste von ihm betreute Person war damals elf Jahre alt. Der Kläger nahm stets nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf.Den Jugendlichen B betreute der Kläger vom 16.08.2010 bis zu dessen Volljährigkeit im Juli 2012. Hierfür erhielt er nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) vom Verein C ein monatliches Honorar in Höhe von durchschnittlich rund 3.600 €. Der Betreuung lag ein "Vertrag über Freie Mitarbeit" vom 29.08.2010 zugrunde, dessen Bestandteil auch das pädagogische Konzept des Klägers war. Der Kläger übernahm die Tätigkeit "in einem Vollzeitumfang mit einem Betreuungsschlüssel von 1:1". Die Betreuungsleistungen waren in der Vereinbarung spezifiziert. Der Vertrag war jederzeit ohne Einhaltung einer Frist mit sofortiger Wirkung kündbar.Nach dem Ende der Betreuung des Jugendlichen B schloss sich bis September 2013 die Betreuung weiterer Kinder bzw. Jugendlicher im Auftrag des Vereins C an. Es galten entsprechende vertragliche Vereinbarungen. Der Kläger betreute von August 2012 bis April 2013 D, im Juni und Juli 2013 E und im September 2013, für zehn Tage, F.Der Kläger rechnete seine Vergütungsansprüche gegenüber dem Verein C monatlich ab. In den Rechnungen heißt es zu "Art und Umfang der Leistung": "Für die Betreuung im Rahmen einer stationären Jugendhilfemaßnahme nach § 35 SGB VII berechne ich ...".Der Verein C bescheinigte dem Kläger am 31.12.2012, "dass die von uns gezahlten Sachkosten und das ausgezahlte Honorar ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand stammen".In den Monaten November und Dezember 2013 übernahm der Kläger die Betreuung des Jugendlichen G im Rahmen eines Jugendhilfeprojektes. Grundlage war ein mit der H-GmbH in I geschlossener "projektbezogener Honorarvertrag", dessen Bestandteil wiederum das pädagogische Konzept des Klägers war. Auch hier verpflichtete sich der Kläger zur stationären Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Hierfür erhielt er ein Honorar von monatlich 3.000 €. Der Vertrag, der jederzeit kündbar war, weist zudem auf den "Projektcharakter" und die damit verbundene Möglichkeit eines jederzeitigen, plötzlichen Abbruchs der Maßnahme hin.Gegenüber der H-GmbH rechnete der Kläger seine Vergütungsansprüche in gleicher Weise wie gegenüber dem Verein C monatlich ab.Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) schätzte zunächst die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer der Streitjahre mit Bescheiden vom 08.04.2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Zur Begründung der hiergegen gerichteten Einsprüche reichte der Kläger Einkommensteuererklärungen ein, in denen er ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Erzieher erklärte.Das FA setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre mit Änderungsbescheiden vom 11.06.2015 (2012) und 25.02.2016 (2012 und 2013) herab. Dabei legte es der Besteuerung des Klägers Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 21.069 € (2012) bzw. 11.568 € (2013) zugrunde. Aus hier nicht streitgegenständlichen Gründen änderte das FA die Steuerfestsetzung 2013 am 02.05.2016 erneut. Im Übrigen blieben die Einsprüche des Klägers jedoch ohne Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 02.05.2016), ebenso die nachfolgende Klage. Das FG hat zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) veröffentlichten Urteils (EFG 2018, 1699) darauf abgestellt, dass eine unmittelbare Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht vorliege, wenn die Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen in den Haushalt der Pflegeperson als Erwerbstätigkeit anzusehen sei. Dies sei bei der Erbringung von --mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) nicht vergleichbaren-- Leistungen gemäß § 35 SGB VIII der Fall.Seine hiergegen gerichtete Revision begründet der Kläger mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts.Er beantragt,das angefochtene FG-Urteil aufzuheben, die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2012 und 2013 vom 25.02.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 02.05.2016 zu ändern und die Einkommensteuer jeweils auf 0 € herabzusetzen.Das FA beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Es meint, Leistungen des Jugendamtes für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung i.S. des § 35 SGB VIII stellten steuerpflichtige Einnahmen dar. Gründe II.Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).Das FG hat die Steuerfreiheit der Einnahmen, die der Kläger in den Streitjahren für die Betreuung verhaltensauffälliger Jugendlicher und Kinder in seinem Haushalt bezogen hat, zu Unrecht verneint. Es hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe erwerbsmäßig nicht mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII vergleichbare Leistungen gemäß § 35 SGB VIII erbracht, für die die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 11 EStG nicht gelte.1. Nach § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern.a) Öffentliche Mittel sind solche, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d.h. haushaltsmäßig als Ausgaben festgelegt und verausgabt werden. Diese Voraussetzung ist auch gewahrt, wenn die derart in einem Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt werden, sofern über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt. Der Annahme von Zahlungen "aus öffentlichen Mitteln" steht nicht entgegen, wenn zur Begründung von Pflegeverhältnissen der Abschluss eines zivilrechtlichen Pflegevertrages erforderlich ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 05.11.2014 - VIII R 29/11, BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; VIII R 27/11, BFH/NV 2015, 960, und VIII R 9/12, BFH/NV 2015, 967; BFH-Beschluss vom 10.12.2019 - VIII S 12/19 (AdV), BFH/NV 2020, 357).b) Aus öffentlichen Mitteln an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder sind regelmäßig dazu bestimmt, die Erziehung der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und Jugendlichen unmittelbar zu fördern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432). Ist mit den Zahlungen keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt, sind sie als steuerfreie Beihilfe i.S. des § 3 Nr. 11 EStG anzusehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.06.1984 - IV R 49/83, BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571). Am Charakter einer Beihilfe i.S. des § 3 Nr. 11 EStG fehlt es hingegen, wenn die Zahlungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erfolgen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; in BFH/NV 2015, 960, und in BFH/NV 2015, 967, m.w.N.), z.B. weil sie an Personen erbracht werden, die Kinder von Erwerbs wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.05.1990 -IV R 14/87, BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018).c) Pflegegelder und anlassbezogene Beihilfen sowie Zuschüsse jeweils aus öffentlichen Mitteln, die im Rahmen einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII ausgezahlt werden, beurteilt die Rechtsprechung des BFH grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe gemäß § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, da mit der Zahlung der Pflegegelder keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; in BFH/NV 2015, 960, und in BFH/NV 2015, 967; BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 357, m.w.N.; so auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 22.10.2018 - IV C 3-S 2342/07/0001:138, BStBl I 2018, 1109, unter A). Weder die besondere Qualifikation der Pflegeperson noch ein in diesem Kontext für eine Familienpflege für besonders beeinträchtigte Kinder gezahltes bedarfsabhängiges, erhöhtes Pflegegeld schließt die Annahme einer Beihilfe zur Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG aus (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter A). Die Voraussetzungen eines erwerbsmäßigen Bezugs von Pflegegeld nimmt die Rechtsprechung im Zusammenhang mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII erst an, wenn von der Pflegeperson mehr als sechs Kinder gleichzeitig in den Haushalt aufgenommen werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; in BFH/NV 2015, 960; in BFH/NV 2015, 967; BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 357, m.w.N.; vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter A).2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das FG rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe erwerbsmäßig Leistungen gemäß § 35 SGB VIII erbracht, für die die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 11 EStG nicht gelte. Seine Würdigung, der Kläger habe keine Beihilfen erhalten, weil er Hilfeleistungen i.S. des § 35 SGB VIII erbracht habe, die insbesondere wegen des vertraglich vereinbarten voraussetzungslosen Kündigungsrechts nicht mit der Hilfe zur Erziehung in der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII vergleichbar seien und für die er vollständig vergütet worden sei, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.a) Für die Beurteilung der Frage, ob die an Pflegeeltern gezahlten Erziehungsgelder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern, kommt es maßgeblich auf Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses an (vgl. BFH-Urteile in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; in BFH/NV 2015, 960, und in BFH/NV 2015, 967, m.w.N.).Dieses war im Streitfall in besonderer Weise dadurch geprägt, dass der Kläger die von ihm betreuten, verhaltensauffälligen Kinder und Jugendlichen in seinen Haushalt aufgenommen hat und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft lebte. In diesem Umfeld betreute der Kläger jeweils lediglich ein Kind bzw. einen Jugendlichen, bei dem ein besonderer Unterstützungsbedarf bestand, wobei die Betreuung nicht nur individuell, sondern auch umfassend war. Die Betreuungsverhältnisse waren ausweislich der geschlossenen Verträge zeitlich nicht befristet. Das danach vorliegend prägende Element der vollzeitigen Betreuung von Kindern und Jugendlichen im eigenen Haushalt kennzeichnet auch die Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII.b) Da es maßgeblich auf Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses ankommt, ist es im Streitfall ohne Belang, ob der Kläger seine Leistungen in den von ihm erteilten Rechnungen als "Betreuung im Rahmen einer stationären Jugendhilfemaßnahme nach § 35 SGB VII" bezeichnet hat und diese sozialrechtliche Einordnung zutreffend ist. Letzteres ist --entgegen der Auffassung des FG-- zudem zweifelhaft, weil die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung gemäß §§ 27 Abs. 2, 35 SGB VIII zum einen regelmäßig ambulante Leistungen betrifft und zum anderen Adressaten dieser Leistungen nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes allein Jugendliche, d.h. junge Menschen im Alter von 14 bis 18 Jahren, nicht aber Kinder --die der Kläger ebenfalls betreut hat-- sind (vgl. hierzu z.B. Nellissen in Schlegel/Voelzke, § 35 SGB VIII Rz 11; Stähr in Hauck/Noftz, § 35 SGB VIII Rz 1, 4).c) Dass der Kläger die in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen hat, steht der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.aa) Der Umstand, dass wegen der besonderen Situation der Kinder und Jugendlichen hohe Anforderungen an die persönliche und fachliche Qualifikation des Klägers bestanden und dementsprechend dessen pädagogisches Konzept Bestandteil des Betreuungsverhältnisses war, kann keine Erwerbsmäßigkeit der Tätigkeit begründen (anderer Ansicht BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter D; vgl. auch Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 11 EStG Rz 7). Sowohl die besondere Qualifikation des Betreuers als auch ein in diesem Kontext gezahltes bedarfsabhängiges erhöhtes Pflegegeld (vgl. zu Leistungen im Rahmen der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGV VIII BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter A) sind dem besonderen Bedarf des jeweils betreuten Jugendlichen bzw. Kindes geschuldet, ohne dass hieraus abgeleitet werden kann, dessen Aufnahme in den Haushalt des Klägers sei des Erwerbs wegen erfolgt. Gegen eine erwerbsmäßige Aufnahme spricht auch, dass der Senat nicht erkennen kann, dass die gezahlten Gelder den mit der vollzeitigen Betreuung der verhaltensauffälligen Kinder und Jugendlichen verbundenen sachlichen und zeitlichen Aufwand des Klägers tatsächlich abdecken konnten. Auch die Höhe des jeweils vereinbarten Tagessatzes lässt einen solchen Schluss nicht zu (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432: Tagessatzhöhe von 83,82 € im Fall einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII). Die Annahme einer erwerbsmäßigen Betreuung ist im Zusammenhang mit einer Aufnahme von Kindern und Jugendlichen in den eigenen Haushalt --wie in den Fällen der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII-- nur dann gerechtfertigt, wenn andere Umstände, wie z.B. die Anzahl der durch die Pflegeperson betreuten Kinder bzw. Jugendlichen, für einen Vergütungscharakter der gezahlten Gelder sprechen.bb) Entgegen der Auffassung des FG führt schließlich auch die Tatsache, dass die vom Kläger mit den Trägern der freien Jugendhilfe geschlossenen Verträge jederzeit kündbar waren, nicht zur Annahme einer Erwerbstätigkeit. Die dem Schutz der Kinder und Jugendlichen dienende Möglichkeit einer kurzfristigen Beendigung des Betreuungsverhältnisses besagt nicht, dass dieses lediglich auf einen kurzen Zeitraum angelegt war. Die geschlossenen Verträge lassen ebenfalls nicht erkennen, dass eine nur kurzzeitige Betreuung durch den Kläger beabsichtigt war, zumal eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung --entgegen der Auffassung des FG-- gemäß § 35 Satz 2 SGB VIII grundsätzlich auf längere Zeit angelegt ist, während eine Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII auch in der Form einer zeitlich befristeten Erziehungshilfe erfolgen kann.3. Die Entscheidung des FG war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Da es sich bei den Zahlungen an den Kläger um steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Nr. 11 EStG handelt, ist die Einkommensteuer für die Streitjahre antragsgemäß auf 0 € festzusetzen.a) Die Einnahmen des Klägers stammen aus öffentlichen Mitteln i.S. des § 3 Nr. 11 EStG. Sie wurden nach den Feststellungen des FG konkret bezogen auf den jeweils vom Kläger betreuten Jugendlichen bzw. das von ihm betreute Kind aus Mitteln der öffentlichen Hand gezahlt. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass die Zahlungen nicht im Haushaltsplan der Stadt festgelegt gewesen sein und das Jugendamt nicht der öffentlichen Rechnungskontrolle unterlegen haben könnten. Der Umstand, dass diese Zahlungen über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe an den Kläger als Erziehenden auf der Grundlage eines Vertrages zwischen ihm und dem Träger geleistet wurden, steht der Annahme öffentlicher Mittel nicht entgegen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; in BFH/NV 2015, 960; in BFH/NV 2015, 967; BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 357, m.w.N.).b) Die streitigen Gelder dienten --wie dargelegt-- auch der unmittelbaren Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG. Es handelte sich um Zahlungen mit Beihilfecharakter und nicht um Zahlungen im Zusammenhang mit einer erwerbsmäßigen Betreuungstätigkeit des Klägers.4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
bundesfinanzhof
bfh_054-22
10. November 2022
Unternehmereigenschaft bei planmäßigem An- und Verkauf von Waren über die Internetplattform „ebay“ 10. November 2022 - Nummer 054/22 - Urteil vom 12.05.2022 V R 19/20 Mit Urteil vom 12.05.2022 ‑ V R 19/20 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Verkäufer, der auf jährlich mehreren hundert Auktionen Waren über „ebay" veräußert, eine nachhaltige und damit umsatzsteuerrechtlich eine unternehmerische steuerpflichtige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ausübt. Die Klägerin erwarb bei Haushaltsauflösungen Gegenstände und verkaufte diese über einen Zeitraum von fünf Jahren auf der Internet-Auktions-Plattform "ebay" in ca. 3.000 Versteigerungen und erzielte daraus Einnahmen von ca. 380.000 €. Der BFH hat unter Hinweis auf sein Urteil vom 26.04.2012 - V R 2/11 entschieden, dass dies als nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist. Der BFH hat in seiner Zurückverweisung dem Finanzgericht aber aufgegeben, bisher fehlende Feststellungen zur Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nachzuholen. Danach wird bei einem Wiederverkäufer, der gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert und an den diese Gegenstände – wie hier im Rahmen von privaten Haushaltsauflösungen – geliefert wurden, ohne dass dafür Umsatzsteuer geschuldet wurde, der Umsatz nicht nach dem Verkaufspreis, sondern nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt. Fehlende Aufzeichnungen über Einkäufe stehen nach dem Urteil des BFH der Differenzbesteuerung nicht zwingend entgegen, so dass dann zu schätzen sein kann. Ist auf dieser Grundlage die Differenzbesteuerung anzuwenden, kommt es zu einer erheblichen Minderung des Steueranspruchs.  Bundesfinanzhof Pressestelle       Tel. (089) 9231-400 Pressesprecher  Tel. (089) 9231-300 Siehe auch: V R 19/20
1. Die Gegenleistung ist in Entgelt und Steuerbetrag aufzuteilen.2. Veräußert ein Verkäufer auf jährlich mehreren hundert Auktionen Waren über die Internetplattform "ebay", liegt eine nachhaltige und damit umsatzsteuerrechtlich unternehmerische Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG vor.3. Die Aufzeichnungspflichten gemäß § 25a Abs. 6 Satz 1 UStG gehören nicht zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung. Ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten führt deshalb nicht grundsätzlich zur Versagung der Differenzbesteuerung. Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 19.07.2018 - 2 K 1835/16 aufgehoben.Die Sache wird an den zuständigen Vollsenat des Hessischen Finanzgerichts zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen. Tatbestand I.Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) kaufte in den Streitjahren (2009 bis 2013) Gegenstände aus Haushaltsauflösungen an und bot sie auf der Internet-Auktions-Plattform "ebay" (ebay) in Form von Versteigerungen zum Verkauf an. Dazu legte sie vier Konten auf ebay an und eröffnete zwei Girokonten. Die Klägerin verkaufte 2009 auf 577 Auktionen, 2010 auf 1 057 Auktionen, 2011 auf 628 Auktionen, 2012 auf 554 Auktionen und 2013 auf 260 Auktionen Waren über ebay. Steuererklärungen gab sie nicht ab. Eine Steuerfahndungsprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ergab folgende Einnahmen:AuktionenEinnahmen200957740.000 €20101 05770.000 €201162890.000 €201255490.000 €201326080.000 €Das FA erließ entsprechende Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, in denen es die Betriebsausgaben und Vorsteuern in Höhe von 30 % der Einnahmen schätzte. In den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre jeweils vom 20.05.2016 setzte das FA Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf die festgestellten Einnahmen fest. Vorsteuerbeträge erkannte das FA nicht an.Die Klägerin erhob nach erfolglosem Vorverfahren Klage. Die Klage hatte teilweise Erfolg (Hessisches Finanzgericht --FG--, Urteil vom 19.07.2018 - 2 K 1835/16, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2019, 777). Das FG entschied, die Einnahmen seien zu Recht dem Grunde nach der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer unterworfen worden. Die Klägerin habe nicht nur privates Vermögen veräußert, sondern sei nach Würdigung der gesamten Umstände wie eine typische Einzelhändlerin aufgetreten. Dafür spreche u.a. die Anzahl der über viele Jahre getätigten Verkäufe und der Aufwand. Sie habe An- und Verkäufe mit auf Güterumschlag gerichteter Absicht getätigt und sei dauerhaft am Markt als Anbieter verschiedener Güter aufgetreten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen (FG Köln, Urteil vom 04.03.2015 - 14 K 188/13, EFG 2015, 1103, und Niedersächsisches FG, Beschluss vom 26.05.2010 - 4 V 210/09, juris) den Ansatz von Betriebsausgaben mit Werten von 40 % bzw. 80 % des Nettoumsatzes für angemessen befunden habe, sei eine Schätzung der Betriebsausgaben bei der Einkommensteuer- und Gewerbesteuerfestsetzung von 60 % des Nettoumsatzes gerechtfertigt. Im Übrigen wies das FG die Klage ab.In dem vor dem X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) geführten Revisionsverfahren X R 26/18 hat der X. Senat das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2009 bis 2013 mit Beschluss vom 17.06.2020 abgetrennt und zuständigkeitshalber an den V. Senat abgegeben. Mit Urteil vom selben Tag hat der X. Senat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen (BFH-Urteil vom 17.06.2020 - X R 26/18, BFH/NV 2021, 314).Mit ihrer Revision rügt die Klägerin insbesondere die Verletzung materiellen Rechts. Sie sei nicht als Händlerin anzusehen, da sie weder ein Konzept noch eine Organisation noch Vorkenntnisse im Handel habe. Sie kaufe gelegentlich aus Haushaltsauflösungen und verkaufe die Gegenstände wieder über ebay für ein Mindestgebot von 1 €. Es sei wie bei einer Lotterie unsicher, ob Gewinne entstünden. Zahlreiche Gegenstände verkaufe sie deutlich unter Einkaufswert, andere werfe sie einfach weg. Sie habe auch nichts dafür getan, die Gegenstände gewinnbringend zu veräußern (z.B. Mindestpreise, Werbung, besondere Darstellung der Gegenstände, Auswahl gutgehender Gegenstände) und jedenfalls per Saldo keinen Gewinn erzielt. Ihr Ziel sei der Nervenkitzel bzw. die Spannung gewesen, zu welchem Preis die Gegenstände gekauft würden. Für sie sei es Zeitvertreib bzw. Hobby bzw. Liebhaberei gewesen. Bei ebay sei sie nur private Kundin gewesen. Das FG habe auch nicht dargelegt, wann die Gewerblichkeit begonnen und geendet habe. Es müsse zunächst das Bestehen eines Gewerbebetriebs festgestellt werden, bevor mangels ordnungsgemäßer Buchführung zur Schätzung übergegangen werden könne. Zudem habe das FG keine anerkannte Schätzungsmethode gewählt. Eine Betriebsausgabenquote von 60 % des Nettoumsatzes sei willkürlich. Der Schätzungsbescheid sei nichtig.Die Klägerin beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung vom 12.09.2016 sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2013 vom 20.05.2016 aufzuheben,hilfsweise die Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG.Das FA beantragt,die Revision zurückzuweisen. Gründe II.Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG-Urteil ist aufzuheben, weil es § 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verletzt, indem es zu Unrecht die Festsetzung von Umsatzsteuer auf die (Brutto-)Einnahmen bestätigt hat. Die Sache ist insbesondere im Hinblick auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht spruchreif.1. Gemäß § 12 Abs. 1 UStG beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 % der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und 25a Abs. 3 und 4 UStG).a) Bemessungsgrundlage ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das Entgelt. Entgelt war gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG nach der in den Streitjahren geltenden Fassung dieser Vorschrift alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. Deshalb hätte die festzusetzende Umsatzsteuer in den angefochtenen Bescheiden aus den sog. (Brutto-)Einnahmen herausgerechnet werden müssen. Das wird das FG bei seiner erneuten Entscheidung berücksichtigen müssen.Dass die Klägerin mit ihrer Revision nicht die Verletzung dieser Vorschrift rügt, ist ohne Bedeutung. Denn stützt ein Revisionskläger --wie im vorliegenden Fall-- sein Rechtsmittel in zulässiger Weise auf die Verletzung materiellen Rechts, prüft der BFH nach dem Grundsatz der Vollrevision das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (§ 118 Abs. 3 Satz 2 FGO; vgl. BFH-Urteile vom 27.01.2016 - X R 2/14, BFHE 253, 89, BStBl II 2016, 534; vom 19.10.2011 - X R 65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345, und vom 23.10.2019 - V R 46/17, BFHE 267, 140).b) Diese Beurteilung entspricht auch der unionsrechtlichen Grundlage in Art. 73 und Art. 78 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach ist die Besteuerungsgrundlage die vom Steuerpflichtigen tatsächlich erhaltene Gegenleistung, wobei die Mehrwertsteuer nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Die Gegenleistung beinhaltet somit im Gegensatz zur Bemessungsgrundlage den Steuerbetrag. Denn wird z.B. ein Kaufvertrag ohne Hinweis auf die Mehrwertsteuer abgeschlossen und kann der Lieferer die später von der Steuerbehörde verlangte Mehrwertsteuer vom Erwerber nicht wiedererlangen, hätte die Berücksichtigung des Gesamtpreises ohne Abzug der Mehrwertsteuer als Grundlage für die Erhebung der Mehrwertsteuer zur Folge, dass die Mehrwertsteuer diesen Lieferer belasten würde, und verstieße somit gegen den Grundsatz, dass es sich bei der Mehrwertsteuer um eine Verbrauchsteuer handelt, die vom Endverbraucher zu tragen ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Tulică vom 07.11.2013 - C-249/12 und C-250/12, EU:C:2013:722, Rz 35). Dabei ist der vereinbarte Betrag auch dann in Entgelt und in die darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen, wenn die an der Leistung Beteiligten z.B. rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2016 - V R 1/16, BFHE 256, 542, BStBl II 2017, 1079, Leitsatz 2).2. Im Ergebnis zu Recht entschieden hat das FG, dass die streitigen Leistungen der Klägerin der Umsatzsteuer unterliegen.a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.b) Bei richtlinienkonformer Anwendung muss dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL ausgeübt werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26.04.2012 - V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; vom 18.12.2008 - V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.; vom 11.04.2008 - V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1. zu Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 9 MwStSystRL der Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist (EuGH-Urteile Van Tiem vom 04.12.1990 - C-186/89, EU:C:1990:429, Rz 17; EDM vom 29.04.2004 - C-77/01, EU:C:2004:243, Rz 47 zu Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG).c) Hinsichtlich der weiteren Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Verkäufen über ebay verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634.Danach ist im vorliegenden Streitfall die Würdigung des FG, wonach es sich bei den Verkäufen um eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG handelt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat ausdrücklich auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abgestellt und berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Verkaufstätigkeit über viele Jahre hinweg nachhaltig ausgeübt hat, weil auch die Anzahl der Verkäufe von beträchtlichem Umfang war. So hat die Klägerin 2009 auf 577 Auktionen, 2010 auf 1 057 Auktionen, 2011 auf 628 Auktionen, 2012 auf 554 Auktionen und 2013 auf 260 Auktionen Waren veräußert. Das FG hat weiter berücksichtigt, dass der Umfang dieser Tätigkeit eine Betriebsorganisation erforderte. Sie hat Verpackungsmaterial kaufen, Waren verpacken, Porto zahlen und digitale Bilder der angebotenen Gegenstände fertigen müssen. Das FG hat diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend gewürdigt, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen ("ebay"-Plattform) vorliegt, die deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Klägerin einen privaten oder einen gewerblichen Zugang gewählt hat, weil die Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit keinem Wahlrecht unterliegen.Auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es im Umsatzsteuerrecht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht an.3. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif, weil Feststellungen zur Differenzbesteuerung nach § 25a UStG fehlen.a) Angesichts der nachhaltigen selbständigen Tätigkeit ist davon auszugehen, dass die Klägerin Wiederverkäuferin i.S. des § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist, weil sie gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt. Welche Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a UStG, und zwar insbesondere dafür, dass der Vorlieferant die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG erfüllt, zu stellen sind, ist zwar höchstrichterlich noch nicht entschieden (vgl. hierzu z.B. FG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2021 - 5 K 1414/18 U, EFG 2021, 1948 - Revision eingelegt, Az. des BFH: XI R 15/21). Da die Klägerin die von ihr weiter veräußerten Gegenstände nach den Feststellungen des FG "beim Stöbern bei Haushaltsauflösungen" erworben hat, kann aber nach den Verhältnissen des Streitfalls von einem Erwerb, für den keine Umsatzsteuer geschuldet wurde (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG), auszugehen sein.b) Ob die Klägerin auch auf gewerblichen Haushaltsauflösungen Gegenstände erworben hat und ob es sich dabei um Edelsteine oder Edelmetalle gehandelt hat (§ 25a Abs. 1 Nr. 3 UStG), wird das FG feststellen müssen.c) In Bezug auf die Aufzeichnungspflichten gemäß § 25a Abs. 6 Satz 1 UStG weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass diese --entgegen dem FG-Urteil-- nicht zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung gehören, sodass ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten grundsätzlich nicht dazu führt, die Differenzbesteuerung zu versagen, sondern vielmehr --ggf. zu Lasten des Wiederverkäufers-- nach § 162 der Abgabenordnung (AO) zu schätzen sein kann (vgl. Grebe in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 25a Rz 56; zur Zulässigkeit der Schätzung vgl. bereits FG Berlin, Urteil vom 21.12.1999 - 7 K 5176/98, EFG 2000, 521).Unionsrechtlich erklärt sich dies zum einen daraus, dass nur eine Pflicht zu (getrennten) Aufzeichnungen nach Art. 324 MwStSystRL besteht, wenn die Differenzbesteuerung neben der Regelbesteuerung angewendet wird. Zum anderen hat der EuGH zwar entschieden, dass sich die Bemessungsgrundlage, die nach der Differenzbesteuerung bestimmt wird, aus Aufzeichnungen ergeben muss, die es ermöglichen, zu überprüfen, ob sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteil Sjelle Autogenbrug vom 18.01.2017 - C-471/15, EU:C:2017:20, Rz 43). Danach müssen die Aufzeichnungen des steuerpflichtigen Wiederverkäufers und die damit in Zusammenhang stehenden Rechnungen --abgesehen von Ausnahmefällen-- objektive Informationen zu dem betreffenden Umsatz und den verkauften Gegenständen liefern können (vgl. EuGH-Urteil E LATS vom 11.07.2018 - C-154/17, EU:C:2018:560, Rz 38). Steht aber fest, dass die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung vorliegen, kann ein Ausnahmefall in diesem Sinne vorliegen, bei dem aufgrund des Fehlens von Aufzeichnungen die Anwendung der Differenzbesteuerung nicht zwingend zu versagen ist. Es ist dann vielmehr zu prüfen, ob Einkaufspreise ggf. mit einem (erheblichen) Sicherheitsabschlag zu Lasten des Wiederverkäufers nach § 162 AO geschätzt werden können (so im Ergebnis auch Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 25a Rz 176). Der Senat berücksichtigt dabei auch, dass im Rahmen der Differenzbesteuerung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (EuGH-Urteil Litdana vom 18.05.2017 - C-624/15, EU:C:2017:389, Rz 44) und danach eine derartige Schätzung --als milderes Mittel-- in Betracht zu ziehen sein kann.d) Soweit eine Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht in Betracht kommen sollte, wird das FG noch Feststellungen zum Vorsteuerabzug und zum Steuersatz nachholen müssen.aa) Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und ggf. in welcher Höhe die Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs vorgelegen haben. Die Feststellung des FG, dass die Klägerin die von ihr verkauften Gegenstände "beim Stöbern bei Haushaltsauflösungen" erworben hat, deutet darauf hin, dass es sich um Erwerbe von Nichtunternehmern gehandelt hat, die gemäß § 15 Abs. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (s. oben unter II.3.a.). Hierzu wird das FG aber noch Feststellungen nachholen müssen. Dasselbe gilt für das Vorliegen von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen und den übrigen Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG.bb) Soweit die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nicht vorliegen sollten, wird das FG ferner zu prüfen haben, ob auf einzelne Umsätze der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG Anwendung findet. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Tatbestände des § 12 Abs. 2 UStG als Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind (EuGH-Urteile Kommission/Frankreich vom 06.05.2010 - C-94/09, EU:C:2010:253; Erotic Center vom 18.03.2010 - C-3/09, EU:C:2010:149, m.w.N.) und dass der Steuerpflichtige die Feststellungslast für das Vorliegen der Merkmale der Steuerermäßigung trägt (BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634).4. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 19 UStG im Streitfall nicht vorliegen.a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die für die Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Diese Voraussetzungen waren in den Streitjahren nicht erfüllt, weil der jeweils maßgebliche Vorjahresumsatz 17.500 € überstiegen hat. Die Umsatzgrenze von 50.000 € hat keine eigene Bedeutung, wenn der Vorjahresumsatz bereits die Grenze von 17.500 € übersteigt; Bedeutung hat die Umsatzgrenze nur für den Fall, dass die Umsätze des vorangegangenen Jahres geringer sind als 17.500 €, aber im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € übersteigen (BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; BFH-Beschluss vom 18.10.2007 - V B 164/06, BFHE 219, 400, BStBl II 2008, 263, unter II.2.b, m.w.N.).b) Auch für das Erstjahr 2009 ist die Grenze der Kleinunternehmerbesteuerung überschritten. Denn in Kalenderjahren, in denen der Unternehmer sein Unternehmen beginnt, ist die Umsatzgrenze von 17.500 € für das laufende Kalenderjahr maßgeblich (BFH-Urteil vom 22.11.1984 - V R 170/83, BFHE 142, 316, BStBl II 1985, 142; BFH-Beschluss in BFHE 219, 400, BStBl II 2008, 263).c) Auch soweit die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG in Betracht kommt (s. oben II.3.), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) ist bei einem Händler, der der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) unterliegt, nicht auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne), sondern auf die Gesamteinnahmen abzustellen (BFH-Urteil vom 23.10.2019 - XI R 17/19 (XI R 7/16), BFHE 267, 154).5. Die von der Klägerin beantragte Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG ist im Streitfall nicht geboten, da ernstliche Zweifel an dessen Unvoreingenommenheit (vgl. zu den Voraussetzungen BFH-Urteil vom 04.09.2002 - XI R 67/00, BFHE 200, 1, BStBl II 2003, 142) nicht zu erkennen sind und auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden sind. Allein die Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils genügt hierfür nicht.Der vom FG dem Einzelrichter übertragene Rechtsstreit wird allerdings unter Aufhebung des Beschlusses betreffend die Übertragung des Streitfalls auf den Einzelrichter an den Vollsenat zurückverwiesen, da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 FGO im Streitfall nicht gegeben sind (vgl. BFH-Urteile vom 13.12.2018 - III R 13/15, BFH/NV 2019, 1069; vom 30.11.2010 - VIII R 19/07, BFH/NV 2011, 449, und in BFH/NV 2021, 314).6. Der Senat hat die Entscheidung in einer Videokonferenz unter den hierfür von der BFH-Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen getroffen (vgl. BFH-Urteil vom 10.02.2021 - IV R 35/19, BFHE 272, 152).7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
bundesfinanzhof
bfh_042-21
18. November 2021
Keine Kostenerstattung im Einspruchsverfahren wegen Hinterziehungszinsen 18. November 2021 - Nummer 042/21 - Urteil vom 01.09.2021 III R 18/21 Mit Urteil vom 01.09.2021 – III R 18/21 - hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass es bei einem erfolgreichen Einspruch gegen Hinterziehungszinsen auch im Kindergeldverfahren keine Kostenerstattung gibt.Die Klägerin hatte zu Unrecht Kindergeld bezogen. Deshalb setzte die Familienkasse gegen sie Hinterziehungszinsen fest. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin war zwar in der Sache erfolgreich. Die Familienkasse entschied aber, die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten der Klägerin nicht zu erstatten. Das Finanzgericht gab der daraufhin erhobene Klage statt und verpflichtete die Familienkasse zur Erstattung der Aufwendungen.Der BFH sah die Sache anders. Das Einspruchsverfahren nach der Abgabenordnung ist grundsätzlich für beide Seiten kostenfrei, d.h. Einspruchsführer und Behörde haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen. Abweichend von diesem Grundsatz werden nach § 77 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Einspruchsverfahren gegen Kindergeldfestsetzungsbescheide dem erfolgreichen Rechtsbehelfsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet. Diese Vorschrift kann aber nach dem Urteil des BFH  nicht herangezogen werden, wenn der Einspruchsführer sich erfolgreich gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen gewandt hat. § 77 EStG ist seinem Wortlaut nach nur anwendbar,  soweit der Einspruch "gegen die Kindergeldfestsetzung" erfolgreich war. Als Ausnahme von Grundsatz der Kostenfreiheit des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens kann die Kostenerstattungspflicht auch nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 77 EStG begründet werden. Denn es fehlt für eine solche Analogie an einer planwidrigen Gesetzeslücke. Bundesfinanzhof Pressestelle       Tel. (089) 9231-400 Pressesprecher  Tel. (089) 9231-300 Siehe auch: III R 18/21
1. § 77 EStG ist bei einem erfolgreichen Einspruch gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen weder unmittelbar noch analog anwendbar.2. Es liegt keine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit vor, soweit § 77 EStG seinem Wortlaut nach eine Kostenerstattung nur für Einspruchsverfahren wegen Kindergeldfestsetzungen vorsieht. Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 25.03.2021 - 2 K 179/20 (3) aufgehoben.Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Tatbestand I.Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung nach § 77 des Einkommensteuergesetzes (EStG).Mit Bescheid vom 14.05.2019 setzte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) gegenüber der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) Hinterziehungszinsen in Höhe von 2.163 € fest. Dieser Festsetzung lag eine zu Unrecht erfolgte Kindergeldzahlung in Höhe von 16.800 € zugrunde.Auf den am 18.06.2019 eingelegten Einspruch der Klägerin hob die Familienkasse den Bescheid vom 14.05.2019 mit Abhilfeentscheidung vom 16.09.2020 auf. Zugleich entschied sie, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen nicht zu erstatten seien. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG sei eine Kostenerstattung ausschließlich in Einspruchsverfahren vorgesehen, die sich gegen die Aufhebung oder Ablehnung einer Kindergeldfestsetzung durch die Familienkasse gerichtet hätten.Den gegen die Kostenentscheidung eingelegten Einspruch vom 21.09.2020 wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 22.10.2020 als unbegründet zurück.Die anschließend erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG sei auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden.Mit der Revision rügt die Familienkasse die unzutreffende Auslegung des § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG und damit die Verletzung von Bundesrecht.Die Familienkasse beantragt,das Urteil des FG Bremen vom 25.03.2021 - 2 K 179/20 (3) aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen. Gründe II.Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG (analog) besteht.1. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Familienkasse dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist.a) § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG ist seinem Wortlaut nach nicht anwendbar, da es an einem erfolgreichen Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung fehlt. "Erfolgreich" i.S. des § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG ist ein Einspruch nur dann, wenn die Familienkasse zugunsten des Einspruchsführers tatsächlich über den Streitgegenstand entscheidet (Senatsbeschluss vom 09.12.2010 - III B 115/09, BFH/NV 2011, 434; FG Düsseldorf, Urteil vom 07.08.2003 - 18 K 1088/03 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2003, 1802). Es muss daher grundsätzlich ein erfolgreicher Einspruch in einem das Kindergeld betreffenden Festsetzungsverfahren nach §§ 70, 72 EStG vorliegen. Dementsprechend ist § 77 EStG beispielsweise bei Billigkeitsentscheidungen in Kindergeldsachen nicht anwendbar (Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 434). Ebenso wird bei der Frage, ob Hinterziehungszinsen nach § 235 der Abgabenordnung (AO) festzusetzen sind, nicht über einen Streitgegenstand nach dem X. Abschnitt des EStG entschieden. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO erfordert das Vorliegen einer vollendeten Steuerhinterziehung (§§ 370, 373 AO). Nach § 370 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 AO werden zwar auch Steuervergütungen und damit das Kindergeld erfasst, welches gemäß § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt wird. Für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist aber allein maßgebend, ob der subjektive und objektive Tatbestand der Strafrechtsnorm sowie Rechtswidrigkeit und Schuld zu bejahen sind.b) Als Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens kann die Kostenerstattungspflicht nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG für die hier vorliegende Konstellation auch nicht extensiv (analog) ausgelegt werden. Es fehlt an einer für einen Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Gesetzeslücke.aa) Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Hiervon zu unterscheiden ist der sog. rechtspolitische Fehler, der gegeben ist, wenn sich eine gesetzliche Regelung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber doch nicht --gemessen an der dem Gesetz immanenten Teleologie-- als planwidrig unvollständig und ergänzungsbedürftig erweist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24.01.1974 - IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295, und vom 26.06.2002 - IV R 39/01, BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697; BFH-Beschluss vom 28.05.1993 - VIII B 11/92, BFHE 171, 300, BStBl II 1993, 665, m.w.N.). Ob eine Regelungslücke anzunehmen ist, ist unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln, wobei für den danach erforderlichen Vergleich auf die Wertungen des Gesetzes, insbesondere die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist (BFH-Urteil vom 12.10.1999 - VIII R 21/97, BFHE 190, 343, BStBl II 2000, 220, m.w.N.).bb) Ob im Streitfall eine Gesetzeslücke vorliegt, kann offenbleiben. Jedenfalls lässt sich keine planwidrige Lücke feststellen.Bis zum 31.12.1995 galt hinsichtlich der Kostenerstattung für Widerspruchsverfahren gegen Entscheidungen der Kindergeldkasse § 63 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass --soweit der Widerspruch erfolgreich ist-- der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen zu erstatten hat. In § 63 Abs. 2 SGB X heißt es, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig sind, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist zwar auf das Widerspruchsverfahren (vgl. §§ 83 ff. des Sozialgerichtsgesetzes) beschränkt, nicht aber auf bestimmte Verfahrensgegenstände. Er erfasste daher auch Rechtsbehelfe im Zusammenhang mit der Abzweigung des Kindergelds nach § 48 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, einer dem § 74 Abs. 1 EStG entsprechenden Regelung (Senatsurteil vom 26.06.2014 - III R 39/12, BFHE 246, 410, BStBl II 2015, 148). Mit der Neuregelung der einkommensteuerrechtlichen Kindergeldvorschriften durch das Jahressteuergesetz 1996 wurde § 77 EStG in das EStG aufgenommen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 77 EStG war beabsichtigt, eine dem § 63 SGB X entsprechende Vorschrift zu schaffen (BTDrucks 13/1558, S. 162).Gleichwohl regelt das Gesetz die Erstattungspflicht nicht allgemein für Einspruchsverfahren in Kindergeldangelegenheiten, sondern setzt einen erfolgreichen Einspruch gegen eine Kindergeldfestsetzung voraus (Senatsurteil in BFHE 246, 410, BStBl II 2015, 148). Insoweit kann die Kostenerstattungspflicht bei Kindergeldsachen grundsätzlich auch nicht extensiv ausgelegt werden (Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 434).Aus der Gesetzesbegründung wird vielmehr erkennbar, dass der Gesetzgeber nicht in sämtlichen das Kindergeld auch nur am Rande betreffenden Verfahren eine Kostenerstattungspflicht regeln wollte. Vielmehr wollte er in erster Linie eine Gleichstellung bei den bisher im SGB X verankerten Kostenerstattungsfällen erreichen, soweit es um erfolgreiche Einsprüche gegen Kindergeldfestsetzungen geht. Geht es hingegen nicht um Fragen der Leistungsgewährung im weitesten Sinne, war eine Gleichstellung auch im Hinblick auf die vor 1996 getroffenen Regelungen im Sozialrecht nicht erforderlich. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kostenerstattung im sog. isolierten Vorverfahren im Rahmen der AO grundsätzlich in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (BFH-Beschluss vom 23.07.1996 - VII B 42/96, BFHE 180, 529, BStBl II 1996, 501, m.w.N.) nicht vorgesehen ist, entspricht die Nichteinbeziehung von Einspruchsverfahren gegen Billigkeitsentscheidungen oder Hinterziehungszinsen auch dem Gleichheitsgrundsatz. In diesen Verfahren liegt der Schwerpunkt nicht auf der Feststellung eines Kindergeldanspruchs, sondern auf der Prüfung von Billigkeitserwägungen (unbillige Erhebung oder Einziehung, §§ 163, 227 AO) und der Feststellung, ob eine Steuerhinterziehung (hinterzogene Steuern, § 235 AO) vorliegt. Die entsprechend zu prüfenden Voraussetzungen unterscheiden sich aber in keiner Weise von Verfahren nach der AO, denen eine Steuerfestsetzung zugrunde liegt. Auch im Hinblick auf die Rechtsnatur der Kindergeldregelungen sind keine Gründe ersichtlich, die es gebieten, die Ausnahmeregelung des § 77 EStG entgegen dem Wortlaut auf Verfahren auszudehnen, die vergleichbaren Verwaltungsverfahren im Steuerrecht entsprechen. Eine unterschiedliche Behandlung der Kostenerstattungspflicht, je nachdem ob es um die Frage geht, ob eine Steuer oder eine Steuervergütung (§ 31 Satz 3 EStG) hinterzogen worden ist, ist zudem sachlich nicht zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls nicht mit der gebotenen Gewissheit festgestellt werden, dass es der Gesetzgeber planwidrig unterlassen hat, die Kostenerstattungspflicht auch auf Fälle auszudehnen, die mit der Kindergeldfestsetzung an sich nichts zu tun haben. Ein Versehen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Eine analoge Anwendung des § 77 EStG auf das erfolgreiche Einspruchsverfahren gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen scheidet daher aus.cc) Soweit die Rechtsprechung der FG und des BFH die Ausnahmevorschrift des § 77 EStG erweiternd (analog) ausgelegt hat, umfasst dies grundsätzlich nur --mit dem Streitfall nicht vergleichbare-- Fälle, in denen der Verfahrensgegenstand mit einer (erfolgreichen) Kindergeldfestsetzung zusammenhing (BFH-Urteil vom 23.07.2002 - VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25; Hessisches FG vom 18.03.2015 - 12 K 1651/11, EFG 2015, 1616, rechtskräftig: Festsetzungs-, Ablehnungs-, Aufhebungsbescheide; BFH-Urteil vom 18.11.2015 - XI R 24-25/14, BFH/NV 2016, 418; ebenso Sächsisches FG vom 10.12.2008 - 5 K 2065/06, juris, rechtskräftig: Rückforderungsbescheide: Senatsurteil in BFHE 246, 410, BStBl II 2015, 148; BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 418; (erfolgreiche) Untätigkeitseinsprüche, mit dem Ziel einer Kindergeldfestsetzung: FG München, Urteil vom 25.10.2017 - 7 K 2111/17, juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011 - 7 K 3951/10 Kg, juris; FG Köln, Urteil vom 21.11.2012 - 14 K 1020/12, EFG 2013, 713; vgl. Senatsurteil vom 18.12.2019 - III R 46/17, BFH/NV 2020, 690; Abzweigungsbescheide nach § 74 EStG: Senatsurteil in BFHE 246, 410, BStBl II 2015, 148; BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 418).Die ausnahmsweise angenommene analoge Anwendung des § 77 EStG bei der Anfechtung eines Abrechnungsbescheids nach § 218 AO hat der BFH damit begründet, dass die Auswirkungen einer Abzweigungsentscheidung der Familienkasse (§ 74 Abs. 1 EStG) und eines Abrechnungsbescheids wegen des Erstattungsanspruchs eines Trägers von Sozialleistungen (§ 74 Abs. 2 EStG) sich gleichen, da in beiden Fällen das zugunsten des Kindergeldberechtigten festgesetzte Kindergeld nicht an diesen, sondern an einen Dritten ausgezahlt wird (Senatsurteil vom 23.06.2015 - III R 31/14, BFHE 250, 28, BStBl II 2016, 26, Rz 19).2. Da das FG seiner Entscheidung eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, war das Urteil aufzuheben. Der Klägerin steht eine Kostenerstattung nicht zu, weshalb die Klage als unbegründet abzuweisen ist.3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.
bundesfinanzhof
bfh_012-20
05. März 2020
Vorlage an das BVerfG: BFH hält rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf im Mai 2003 erfolgte Veräußerungen von Anteilscheinen aus einem Wertpapier-Sondervermögen für verfassungswidrig 05. März 2020 - Nummer 012/20 - Beschluss vom 23.10.2019 XI R 43/18 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG), der die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (sog. Korb II-Gesetz) auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen des Veranlagungszeitraums 2003 anordnet, aufgrund eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist. Im Streitfall hat der Kläger, ein Versicherungsverein a.G., im Mai 2003 Anteilscheine an Spezialfonds veräußert und hierbei sog. negative (Anleger-) Aktiengewinne realisiert. Das Finanzamt rechnete bei der Körperschaftsteuerveranlagung diese negativen Gewinne dem zu versteuernden Einkommen des Klägers hinzu, wodurch sich dessen Steuerlast erhöhte. Es zog hierbei § 43 Abs. 18 KAGG heran, der die rückwirkende Anwendung der im Dezember 2003 eingeführten Hinzurechnungsvorschrift (§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG) auf alle noch offenen Veranlagungen vorsieht. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es ging von der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Rückwirkung aus. Das sah der BFH anders. Er führte aus, dass das am 27.12.2003 im Bundesgesetzblatt verkündete sog. Korb II-Gesetz zu einer sog. unechten Rückwirkung führe, da seine belastenden Rechtsfolgen erst im Zeitpunkt des Entstehens der Körperschaftsteuer am 31.12.2003 eintreten. Die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf den Veranlagungszeitraum 2003 verstoße gegen den Grundsatz rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes, soweit Veräußerungen im Mai 2003 betroffen seien. Vor dem Gesetzeserlass getätigte verbindliche Dispositionen des Klägers verdienten dem Grundsatz nach Vertrauensschutz. Das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage sei im Streitfall erst mit dem öffentlich bekannt gewordenen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.08.2003 (BRDrucks 560/03) erschüttert worden. Soweit § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG mit Wirkung für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 eingeführt wurde, hat bereits das BVerfG mit Beschluss vom 17.12.2013 – 1 BvL 5/08 diese gesetzgeberische Maßnahme als verfassungswidrig angesehen und § 43 Abs. 18 KAGG insoweit für nichtig erklärt. Bundesfinanzhof Pressestelle          Tel. (089) 9231-400 Pressesprecher    Tel. (089) 9231-300 Siehe auch: XI R 43/18
Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 43 Abs. 18 KAGG, der die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des sog. Korb II-Gesetzes auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen auch des Veranlagungszeitraums 2003 anordnet, soweit Veräußerungen im Mai 2003 betroffen sind, infolge Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist. Tenor Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften, der die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften i.d.F. des sog. Korb II Gesetzes auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen auch des Veranlagungszeitraums 2003 anordnet, soweit Veräußerungen im Mai 2003 betroffen sind, infolge Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist. Tatbestand A.Streitig ist, ob sog. negative Aktiengewinne aus der Veräußerung von Sonder-Wertpapiervermögen bei der Einkommensermittlung nach § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Jahr 2003 (Streitjahr) geltenden Fassung (KStG) i.V.m. § 40a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) i.d.F. des Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (sog. Korb II-Gesetz) vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) im Streitjahr hinzuzurechnen sind.Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Versicherungsverein a.G., gehört zu einem ...konzern und betreibt für diesen (als Unternehmen in einem sog. Gleichordnungskonzern i.S. des § 18 Abs. 2 des Aktiengesetzes) das Versicherungsgeschäft. Im Jahr 2003 veräußerte er Anteilscheine an drei Spezialfonds und erzielte hieraus Buchgewinne:FondsAnzahl der AnteileVeräußerung amBuchgewinnFonds A ...  15.05.2003Fonds A ...  19.05.2003Fonds A ...  20.05.2003Fonds A ...  23.05.2003 ... €Fonds B ...  19.05.2003 ... €Fonds C ...  29.08.2003 ... €Gesamt... €Aus der Veräußerung der Anteilscheine an dem Fonds D erzielte er einen buchtechnischen Verlust in Höhe von ... €.Im Rahmen seiner Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger die Buchgewinne (Fonds A, B, C) als nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG steuerfrei ("Steuerfreie Erträge aus dem Abgang von Investmentfondsanteilen"). Einen Anleger-Aktiengewinn oder -verlust ermittelte er nicht.Mit Körperschaftsteuerbescheid vom 06.07.2005, der gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, und mit Bescheid vom 06.01.2009, der den Ausgangsbescheid aus anderen Gründen änderte, veranlagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Kläger hinsichtlich der Buchgewinne aus der Veräußerung der Anteilscheine erklärungsgemäß. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb im Änderungsbescheid vom 06.01.2009, mit dem die Körperschaftsteuer auf ... € festgesetzt wurde, bestehen.Im Zuge einer Außenprüfung ermittelte man zu der Veräußerung der Anteilscheine an den Fonds A, B und C die folgenden Anleger-Aktienverluste, die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig sind (Tz. 2.11.8 des Außenprüfungsberichts vom 09.03.2011):FondsAnleger-AktienverlustA... €B... €C... €Gesamt... €Das FA änderte den Körperschaftsteuerbescheid in der Weise, dass dieser Betrag (als sog. negativer Aktiengewinn) dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet und zugleich die Steuerfreistellung der Buchgewinne rückgängig gemacht wurde; der Verlust aus dem Verkauf des Fonds D wurde nicht hinzugerechnet.Betrag der Einkommenskorrektur:Bisher ... €abzgl. bisher steuerfrei belassene Buchgewinne    ... €errechneter Anleger-Aktienverlust ... €Korrektur Verkauf Rentenfonds ... €... €Die Einkommenserhöhung betrug folglich ... € und der Betrag der nicht abziehbaren Kosten minderte sich um ... € (Änderungsbescheid vom 12.04.2011; Festsetzung der Steuer auf ... €).Mit seinem hiergegen erhobenen Einspruch wandte sich der Kläger gegen die Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne aus der Veräußerung der Investmentfonds. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG dürfe als Verweisungsnorm auf § 8b Abs. 3 KStG nicht herangezogen werden, da diese Regelung erst mit dem Korb II-Gesetz vom 22.12.2003 (Verkündung am 27.12.2003; Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.08.2003, Einbringung in den Bundestag am 08.09.2003) in Kraft getreten sei. Vor Einführung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG habe es keine dem § 8b Abs. 3 KStG entsprechende Regelung für Wertpapier-Sondervermögen gegeben. Die rückwirkende Einführung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG durch § 43 Abs. 18 KAGG sei unzulässig. Der Einspruch wurde zurückgewiesen (Einspruchsentscheidung vom 12.12.2016).Im Klageverfahren, das erfolglos blieb (Finanzgericht --FG-- Münster, Urteil vom 20.06.2018 - 10 K 3981/16 K, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2018, 1478), hatte das FA den Körperschaftsteuerbescheid aus nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen am 11.05.2018 geändert.Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.Er beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom 11.05.2018 dahingehend abzuändern, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne in Höhe von ... € rückgängig gemacht und das zu versteuernde Einkommen entsprechend gemindert wird, und regt eine Normenkontrollvorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) an.Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Gründe B.Infolge der vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 43 Abs. 18 KAGG, der die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des sog. Korb II-Gesetzes auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen auch des Veranlagungszeitraums 2003 anordnet, soweit Veräußerungen im Mai 2003 betroffen sind, war das Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen.Nach Überzeugung des Senats ist § 43 Abs. 18 KAGG mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar und verstößt insoweit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, als durch die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des sog. Korb II-Gesetzes auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen auch des Veranlagungszeitraums 2003 Veräußerungen im Mai 2003 betroffen und dabei erzielte sog. negative Anleger-Aktiengewinne unter Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen sind.I. Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschrift1. Das Recht der inländischen Investmentgesellschaften war bis zum 31.12.2003 im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften geregelt (ursprüngliche Fassung vom 16.04.1957, BGBl I 1957, 378). Dieses Gesetz enthielt die aufsichts- und steuerrechtlichen Vorschriften für inländische Kapitalanlagegesellschaften. Es wurde im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2676) mit Wirkung vom 01.01.2004 durch das Investmentgesetz für das Aufsichtsrecht und das Investmentsteuergesetz (InvStG 2004) für das Steuerrecht abgelöst. Das Investmentgesetz wurde inzwischen durch das am 22.07.2013 in Kraft getretene Kapitalanlagegesetzbuch ersetzt (BGBl I 2013, 1981), das Investmentsteuergesetz durch das Investmentsteuergesetz 2018 (Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung vom 19.07.2016, BGBl I 2016, 1730).In dem Gesetzgebungsverfahren zum Investmentmodernisierungsgesetz setzte sich der Gesetzgeber u.a. mit einem Auslegungsproblem zur ertragsteuerrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen auseinander (vgl. § 8 InvStG 2004). Es ging um die Frage, ob der in § 8b Abs. 3 KStG in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung vorgesehene Ausschluss der Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen (vgl. BTDrucks 14/2683, 79) auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung findet, obwohl § 40a KAGG auf diese Vorschrift nicht verwies. Der Gesetzgeber erstreckte die seiner Auffassung nach im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nur klarstellende Lösung, wonach § 8b Abs. 3 KStG auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finde, durch eine Änderung des auslaufenden KAGG zugleich auf die Vergangenheit. Die dies anordnenden Regelungen des § 40a Abs. 1 Satz 2 und des § 43 Abs. 18 KAGG wurden in das sog. Korb II-Gesetz aufgenommen. Die Gesetzgebungsverfahren zum Korb II-Gesetz und zum Investmentmodernisierungsgesetz wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2003 durchgeführt (vgl. zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung BRDrucks 560/03 vom 15.08.2003 und BRDrucks 609/03 vom 28.08.2003; vgl. BTDrucks 15/1518 vom 08.09.2003 und BTDrucks 15/1553 vom 19.09.2003). Das Investmentmodernisierungsgesetz wurde am 19.12.2003, das Korb II-Gesetz am 27.12.2003 im Bundesgesetzblatt verkündet.2. Hintergrund der Einführung des § 40a Abs. 1 KAGG war der Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (später Teileinkünfteverfahren). Dieser Systemwechsel hatte u.a. zu Änderungen des KAGG geführt (vgl. BTDrucks 14/2683, 132). An den durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz --StSenkG--) vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) eingeführten --zunächst nur aus einem Satz bestehenden-- § 40a Abs. 1 KAGG a.F. wurde durch das Korb II-Gesetz vom 22.12.2003 ein zweiter Satz angefügt, für den es in der vorherigen Fassung noch keine Entsprechung gegeben hatte:"(1) 1Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören. ²Auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören."Die zeitliche Anwendung des § 40a Abs. 1 KAGG wurde durch das Korb II-Gesetz in § 43 Abs. 18 KAGG wie folgt festgelegt:"(18) § 40a Abs. 1 in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2840) ist für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind."Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 15/1518, 17) handelt es sich bei § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG um eine "redaktionelle Klarstellung, dass § 8b Abs. 3 KStG auch bei Investmentanteilen gilt, wenn Verluste aus der Veräußerung der Anteilsscheine oder Teilwertminderungen auf Wertminderungen der in dem Wertpapier-Sondervermögen befindlichen Beteiligungen beruhen". Zur Regelung ab Veranlagungszeitraum 2004 s. § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 i.V.m. § 8b KStG.3. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 (BVerfGE 135, 1) ist § 43 Abs. 18 KAGG wegen Verletzung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots partiell (Veranlagungszeiträume 2002 und früher) nichtig; dazu heißt es in den Leitsätzen: "1. Den Inhalt geltenden Rechts kann der Gesetzgeber mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den verfassungsrechtlichen Grenzen für eine rückwirkende Rechtsetzung feststellen oder klarstellend präzisieren. 2. Eine nachträgliche, klärende Feststellung des geltenden Rechts durch den Gesetzgeber ist grundsätzlich als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn dadurch eine in der Fachgerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden wird oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen werden soll." Das BVerfG hat in seinem Beschluss die auf den Veranlagungszeitraum 2002 abzielende Vorlagefrage auf den Veranlagungszeitraum 2001 erstreckt, da sich die nach der Vorlage für den im Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Veranlagungszeitraum 2002 erheblichen Verfassungsrechtsfragen in gleicher Weise für das Jahr 2001 stellen würden. Im Weiteren ist dort (zu B.I.5. [= Rz 37]  - Station "Zulässigkeit der Vorlage") ausgeführt: "... Eine Erstreckung der Vorlage auf den Veranlagungszeitraum 2003 kommt hingegen nicht in Betracht, weil die verfassungsrechtliche Beurteilung bezüglich dieses Veranlagungszeitraums (vgl. Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 21. Juli 2009 - 1 K 733/2007 -, EFG 2010, S. 163) schon im Hinblick auf die Einordnung der gesetzlichen Rückwirkung eigene Probleme und teilweise andere Fragen aufwirft."§ 43 Abs. 18 KAGG ist damit verfassungswidrig, soweit er für Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anordnet. Insoweit entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG schon in formaler Hinsicht echte Rückwirkung. Die rückwirkende Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG ist aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutive Änderung der bisherigen Rechtslage zu behandeln und damit auch materiell an den Grundsätzen einer echten Rückwirkung zu messen. Die Voraussetzungen einer nur ausnahmsweise zulässigen echten Rückwirkung liegen nicht vor.4. Die Rechtsfrage, ob auf eine Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG --ohne Berücksichtigung des § 43 Abs. 18 KAGG-- durch Auslegung "einfachen Rechts" für den Veranlagungszeitraum 2002 geschlossen werden kann, hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 25.06.2014 - I R 33/09 (BFHE 246, 310, BStBl II 2016, 699) abschlägig beantwortet: "Der in § 40a Abs. 1 KAGG i.d.F. des StSenkG vom 23. Oktober 2000 enthaltene Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG 2002 umfasst nicht zugleich die Rechtsfolge des § 8b Abs. 3 KStG 2002 als Rechtsgrundlage für die Hinzurechnung eines sog. negativen Aktiengewinns aus der Rückgabe von Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen zum Steuerbilanzgewinn." Diese Linie wurde durch Urteil vom 30.07.2014 - I R 74/12 (BFHE 249, 430, BStBl II 2016, 701) bestätigt. Insbesondere ist im BFH-Urteil in BFHE 246, 310, BStBl II 2016, 699 herausgestellt, dass das "Transparenzprinzip" (da nur als eingeschränktes zu verstehen, s. sogleich) nicht als teleologisches Leitprinzip geeignet ist, die Gesetzeslücke belastend und damit eingriffsrechtfertigend zu schließen.II. Einfachgesetzliche RechtslageDie Revision ist unbegründet, wenn § 43 Abs. 18 KAGG verfassungsgemäß ist. Sie hat jedoch Erfolg, wenn die Regelung (gegebenenfalls in bestimmten Fallsituationen, die im Streitfall "auch" vorliegen) gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz verstößt.Unter Anwendung des § 43 Abs. 18 KAGG ist der im Streitfall (Streitjahr 2003) im Zuge der Veräußerung der Anteilscheine realisierte sog. negative (Anleger-)Aktiengewinn bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens hinzuzurechnen (§ 8b Abs. 3 KStG). Dem entspricht die --von der Vorinstanz als rechtmäßig bestätigte-- angefochtene Steuerfestsetzung (zur Verwaltungsauffassung [Anwendung der Regelung ab Veranlagungszeitraum 2003] s. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25.07.2016, BStBl I 2016, 763). Dies ist unter den Beteiligten nicht im Streit.Sollte allerdings § 43 Abs. 18 KAGG nicht oder jedenfalls in bestimmten Fallsituationen, die im Streitfall "auch" vorliegen, nicht anzuwenden sein, ist das im angefochtenen Steuerbescheid berücksichtigte zu versteuernde Einkommen des Klägers herabzusetzen. Denn der in § 40a Abs. 1 KAGG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000 enthaltene Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG erfasst nicht zugleich die Rechtsfolge des § 8b Abs. 3 KStG als Rechtsgrundlage für die Hinzurechnung eines sog. negativen Aktiengewinns aus der Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen zum Steuerbilanzgewinn (s. die zu B.I.4. angeführte Rechtsprechung des BFH).III. Verfassungsrechtliche BeurteilungNach Überzeugung des vorlegenden Senats verletzt die bezogen auf das Streitjahr in § 43 Abs. 18 KAGG angeordnete und --(streitfallbezogen:) für Veräußerungen im Mai 2003-- rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG den Grundsatz rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes und verstößt insoweit gegen Art. 20 Abs. 3 GG.1. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 08.06.1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75, BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, Rz 41). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 262; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 132, 302, Rz 41; BVerfG-Urteil vom 10.04.2018 - 1 BvR 1236/11, BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 134). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 22.03.1983 - 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343, 356 f.; vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 242; vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78 f.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 134).a) Eine sog. unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet (vgl. BVerfG-Urteile in BVerfGE 101, 239, 263; vom 10.06.2009 - 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, BVerfGE 123, 186, 257), beispielsweise, wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 63, 343, 356; in BVerfGE 72, 200, 242; in BVerfGE 97, 67, 79; vom 05.02.2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, 37 f.; vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, 17). Sie ist grundsätzlich zulässig (so BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 132, 302, Rz 43; in BVerfGE 135, 1, Rz 40; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 136). Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 132, 302, Rz 43, m.w.N.).b) Im Steuerrecht liegt eine unechte Rückwirkung vor, wenn der Gesetzgeber Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum ändert; denn nach § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1, § 25 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes bzw. § 30 Nr. 3 KStG entsteht die Einkommensteuer bzw. die Körperschaftsteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, d.h. des Kalenderjahres (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, 252 f.; in BVerfGE 97, 67, 80; in BVerfGE 132, 302, Rz 44; in BVerfGE 135, 1, Rz 42; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 142).Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 132, 302, Rz 46; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 139). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass rückwirkende Regelungen innerhalb eines Veranlagungszeitraums, die danach der unechten Rückwirkung zugeordnet werden, in vielerlei Hinsicht den Fällen echter Rückwirkung nahestehen. Allerdings ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 1, 17 f.; vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BVerfGE 127, 31, 47 f.; vom 07.07.2010 - 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61, 76 f.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138 f.). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht aber insbesondere nicht so weit, den Regelungsadressaten vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 08.03.1983 - 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312; vom 10.04.1984 - 2 BvL 19/82, BVerfGE 67, 1; vom 30.09.1987 - 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256; vom 10.12.1985 - 2 BvL 18/83, BVerfGE 71, 255). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 105, 17, 40; vom 08.12.2009 - 2 BvR 758/07, BVerfGE 125, 104, 135; in BVerfGE 132, 302, Rz 45; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138).c) Wenn der Gesetzgeber das Körperschaftsteuerrecht während des laufenden Veranlagungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens deshalb stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 1, 20; in BVerfGE 127, 31, 48 f.; in BVerfGE 132, 302, Rz 46; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 139).Wo danach jeweils die Grenzen verfassungsrechtlich zulässiger unechter Rückwirkung innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums liegen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Vertrauen ist besonders schutzwürdig, wenn die Betroffenen zum Zeitpunkt der Verkündung der Neuregelung nach der alten Rechtslage eine verfestigte Erwartung auf Vermögenszuwächse erlangt und realisiert hatten oder hätten realisieren können (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 1, 21; in BVerfGE 127, 61, 79 f.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 140). Das gilt vor allem dann, wenn auf der Grundlage des geltenden Rechts vor Verkündung des rückwirkenden Gesetzes bereits Leistungen zugeflossen waren (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 31, 56 ff.; einschränkend insoweit BVerfG-Beschluss in BVerfGE 132, 302, Rz 64 ff.). Besonders schutzwürdig ist das Vertrauen der Betroffenen zudem dann, wenn diese vor der Einbringung des neuen Gesetzes in den Bundestag verbindliche Festlegungen getroffen hatten (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 31, 50; in BVerfGE 132, 302, Rz 54 ff.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 140). Umgekehrt werden grundsätzlich (allgemeine) Gegenfinanzierungsinteressen (s. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 31, 59; s. zur nicht ausreichenden Rechtfertigung durch das Argument der Erhöhung des Steueraufkommens auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 132, 302, Rz 73) und Vorhaben, die die Rechtslage verbessern oder Besteuerungslücken schließen sollen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 1, 26; in BVerfGE 127, 31, 59), nicht als ausreichend angesehen.2. Nach diesen Maßstäben führt § 43 Abs. 18 KAGG im Streitjahr nach der Maßgabe dieser formalen ("tatbestandstechnischen") Unterscheidung zu einer unechten Rückwirkung. Denn das sog. Korb II-Gesetz wurde am 27.12.2003 im Bundesgesetzblatt verkündet, seine belastenden Rechtsfolgen (hier: Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) treten jedoch --unter Rückgriff auf einen bereits zuvor ins Werk gesetzten Sachverhalt (Veräußerung der Anteilscheine im Lauf des Jahres 2003)-- erst im Zeitpunkt der Entstehung der Körperschaftsteuer für das Streitjahr, also am 31.12.2003, ein (s.a. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, Rz 42; gl.A. --neben der Vorinstanz-- auch FG Nürnberg, Urteil vom 21.07.2009 - 1 K 733/2007, EFG 2010, 163; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017 - 4 K 3397/15, EFG 2018, 401 [anhängige Revision IV R 19/17]; s.a. Maciejewski/Thelen, Die Öffentliche Verwaltung 2015, 271, 275; Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, AO/FGO, § 4 AO Rz 733; ablehnend Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz 16a, jeweils m.w.N.).3. Vor dem Gesetzeserlass getätigte verbindliche Dispositionen des Klägers (hier: Veräußerung/Rückgabe der Anteilscheine) verdienen nach Auffassung des vorlegenden Senats dem Grundsatz nach Vertrauensschutz.a) Allerdings hat die Vorinstanz auf ein Fehlen eines schutzwürdigen Vertrauens bei dem Kläger erkannt, und dies damit begründet, dass die Rechtslage von Anfang an umstritten gewesen sei (ebenso in der Sache FG Baden-Württemberg, Urteil in EFG 2018, 401; FG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2016 - 1 K 1214/14, EFG 2017, 1606; Hinweis auf das Sondervotum von Masing zum BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, BVerfGE 135, 29, Rz 85 ff.). Auch wenn der BFH in seinem Urteil in BFHE 246, 310, BStBl II 2016, 699 die Auffassung vertreten habe, dass § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum sog. Korb II-Gesetz geltenden Fassung keine Rechtsgrundlage für die Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG "darstelle", ändere dies jedoch nichts daran, dass weder die eine noch die andere Auslegung "von Verfassungs wegen" zwingend geboten gewesen sei. Die Fachgerichte hätten ("von Verfassungs wegen") eine Auslegung von § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum sog. Korb II-Gesetz geltenden Fassung i.S. einer Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG ohne Weiteres herbeiführen können, womit die betroffenen Steuerpflichtigen auch hätten rechnen müssen.b) Diese Deutung von "Vertrauen" wird jedoch sowohl der verfassungsrechtlichen Maßgabe einer "Kontinuitätsgewähr" des geltenden Rechts (s. allgemein Birk in Pezzer [Hrsg.], Vertrauensschutz im Steuerrecht, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft --DStJG-- 27 [2004], 9, 13 ff.; Mellinghoff, ebenda, 25, 30 und 34 ff.) auf der Grundlage einer sog. Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung als auch der Grundstruktur der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (als Vorbehalt des Gesetzes [z.B. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 3 Rz 230]; Waldhoff, DStJG 27 [2004], 129, 143 f.; s.a. § 85 AO) nicht gerecht.Der BFH hat zwar erst im Jahr 2014 (BFH-Urteil in BFHE 246, 310, BStBl II 2016, 699) eine die Auslegungsfrage "einfachen Rechts" abschließend beantwortende Entscheidung getroffen; er hat dabei --in Kenntnis des BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 135, 1 und der im Sondervotum von Masing konkret formulierten Rechtseinschätzung, der Gesetzeszweck erzwinge eine belastende Entscheidung-- auf das Fehlen eines allgemein auslegungsleitenden Gesetzesprinzips erkannt und dabei auch zugrunde gelegt, dass sich eine (etwaige) rechtspolitische Fehlerhaftigkeit nicht eingriffsrechtfertigend auswirken kann. Aber diese Entscheidung zum dortigen Streitjahr 2002 hat uneingeschränkt (rechtsbeschreibende) Wirkung auf den Folge-Veranlagungszeitraum 2003. Es kommt nicht in Betracht, für diesen Veranlagungszeitraum (das hier einschlägige Streitjahr 2003) relativierend zu berücksichtigen, dass "nur eine unechte Rückwirkung vorliegt, so dass die Erwägungen des BVerfG" (wohl gemeint: zur offenen Auslegungsfrage "einfachen Rechts", die eine "echte Rückwirkung" nicht rechtfertigt) "hier nicht in gleicher Schärfe gelten" (so Oellerich, EFG 2018, 406, 407; in der Sache aber ebenfalls FG Baden-Württemberg, Urteil in EFG 2018, 401). Wenn es dem Gesetzgeber nicht ohne weiteres zuzugestehen ist, durch rückwirkende "klarstellende" Gesetzgebung eine Gesetzesauslegung seines Verständnisses unabhängig von der zur Norminterpretation berufenen Fachgerichtsbarkeit zu installieren (so die Erkenntnis aus dem BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1; s.a. z.B. Birk, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 338, 339; differenzierend Osterloh, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2015, 201, 206 ff.), hat dies nichts damit zu tun, ob als Prüfungsmaßstab auf der Grundlage der rein formalen Begrifflichkeit eine "echte" oder eine "unechte Rückwirkung" heranzuziehen ist. Jedenfalls kann sich die einzelfallbezogene Vertrauensfrage nicht an den Maßgaben des jahresbezogenen Veranlagungszeitraums ausrichten, so dass etwa eine Disposition am 31.12.2002 "schützenswerter" wäre als eine solche am 01.01.2003 (s.a. Pelka, DStJG 27 [2004], 118 f., und Spindler, ebenda, 119 f. [Diskussionsbeiträge]), sondern wird allein durch die vertrauensbezogenen Umstände --die im Streitjahr (zunächst) gegenüber dem Vorjahr unverändert vorliegen-- bestimmt (so im Ergebnis auch z.B. Mellinghoff, DStJG 27 [2004], 25, 53 und 59 [Diskussionsbeitrag]; Spindler, DStJG 27 [2004], 69, 88; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz 28; wohl auch Osterloh, StuW 2015, 201, 206).Eine andere Deutung lässt sich abweichend zur Auffassung des FG Baden-Württemberg (im Urteil in EFG 2018, 401) auch nicht aus Rz 37 des BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 135, 1 zur Zulässigkeit der dortigen Vorlage (bzw. der Frage der [weiteren] Erstreckung der Vorlage auf das Folgejahr mit der Situation einer "unechten Rückwirkung") schließen, indem dort für die verfassungsrechtliche Beurteilung (schon im Hinblick auf die Einordnung der gesetzlichen Rückwirkung) auf "eigene Probleme und teilweise andere Fragen" hingewiesen wird. Denn diese Passage erklärt sich ohne weiteres schon aus dem eigenständigen Prüfungspunkt einer etwaigen "Vertrauenszerstörung" im Änderungsjahr (hier: 2003), die auch Sachgegenstand der vom BVerfG (Beschluss in BVerfGE 135, 1, Rz 37) zitierten Entscheidung des FG Nürnberg (Urteil in EFG 2010, 163) ist. Jedenfalls kann der Senat nicht darin zustimmen, dass abgesehen von den (auch) eine "echte Rückwirkung" rechtfertigenden Situationen (s. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, Rz 65, m.w.N.; s.a. Hey in Tipke/Lang, a.a.O., § 3 Rz 269; Wernsmann in HHSp, § 4 AO Rz 752 ff.  - insbesondere: Beteiligte mussten mit einer belastenden Änderung rechnen; es lag eine "unklare/verworrene Rechtslage" vor; das Recht war systemwidrig/unbillig, so dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestanden) allein der Umstand einer offenen Auslegungsfrage --wenn bislang eine abschließende Entscheidung des zuständigen Fachgerichts zur Auslegung nicht vorliegt-- "vertrauenshindernd" ist. Denn eine Rechtslage ist nicht allein unter dem Aspekt "unklar", dass eine solche gerichtliche Entscheidung noch aussteht; und von einer "verworrenen Rechtslage" konnte mit Blick auf § 40a Abs. 1 KAGG nicht die Rede sein (s. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, Rz 67 ff.), ebenfalls nicht (s. die angeführte BFH-Rechtsprechung) von einer "systemwidrigen und unbilligen Regelung".Nach der Überzeugung des Senats vertraut der Steuerpflichtige, wenn der (steuerrechtliche) Eingriffstatbestand nicht ausdrücklich normiert ist, auch nicht "lediglich" auf seine eigene (im Zweifel ihm "günstige") Rechtsauslegung bzw. "die Chance einer für ... (ihn) günstigen Rechtsprechung" (so aber Masing, Sondervotum zu BVerfGE 135, 1, BVerfGE 135, 29, Rz 90). Vielmehr vertraut er auf den Grundsatz, nicht ohne klare Rechtsgrundlage mit einer Steuerpflicht belastet zu werden (so im Ergebnis auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, Rz 69; s. insbesondere auch Hey, DStJG 27 [2004], 91, 101; Birk, FR 2014, 338, 339 f.). Und es ist bereits im Vorlagebeschluss des FG Münster vom 22.02.2008 - 9 K 5096/07 K (EFG 2008, 983, zum Verfahren 1 BvL 5/08 in BVerfGE 135, 1) ausgeführt, dass zeitlich vor der Gesetzesinitiative der Bundesregierung von einer ernsthaft umstrittenen Rechtsfrage nicht ausgegangen wurde (s. insoweit auch allgemein BFH-Beschluss vom 06.06.2013 - I R 38/11, BFHE 241, 530, BStBl II 2014, 398, Rz 54).Jedenfalls ist der Senat davon überzeugt, dass allein der abstrakte Umstand einer Möglichkeit belastender Rechtsauslegung nicht bereits vertrauenshindernd ist. "Vertrauen" wird man nicht dadurch begrenzen können, dass dem Steuerpflichtigen angemaßt wird, eine Auslegung "von Verfassung wegen" i.S. einer nicht zweifelsbefreiten Erkenntnis, dass im Zeitpunkt der Disposition eine Situation der "verfassungswidrigen Besserstellung" vorliegt, auf deren Fortbestand nicht zu vertrauen ist, vorzunehmen (s.a. Hey in DStJG 27 [2004], 91, 104 f.). Der Steuerpflichtige wäre "vorauseilend" gehalten, stets eine (nachteilige) Änderung der bestehenden Rechtslage zu antizipieren und sein Verhalten danach auszurichten. Dem kann nicht zugestimmt werden. Vielmehr muss es nach der Überzeugung des Senats auch ein "Vertrauen in das fehlerhafte Steuergesetz" geben (s. den Beitragstitel von Hey in DStJG 27 [2004], 91; s.a. dies. in Tipke/Lang, a.a.O., § 3 Rz 268).c) Vertrauensschutz ist allerdings nicht mehr zu gewähren, wenn der Vertrauenstatbestand entfallen ist. Ein solcher Umstand ist nach der Überzeugung des Senats jedenfalls vor der auf den 29.08.2003 datierenden Veräußerung der Anteile des Fonds C durch den Kläger eingetreten.aa) Die Veräußerung (oder Rückgabe) der Anteilscheine ist ein verbindlicher und willensgetragener Dispositionsakt; an ein solches "definitives" Ereignis (als abgeschlossener Lebensvorgang) ist für die vertrauensschutzbezogene Prüfung eines Besteuerungstatbestands zur Besteuerung von Veräußerungstatbeständen in zeitlicher Hinsicht anzuknüpfen (zur Diskussion einer differenzierten --unter möglicherweise zeitlich auf den Erwerb vorgezogenen-- Sicht je nach der Art der Dispositionsbezogenheit der Norm s. Spindler in DStJG 27 [2004], 69, 88 f.; Kirchhof in Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., § 118 Rz 114; Wernsmann in HHSp, § 4 AO Rz 772). Dabei ist nach der Überzeugung des Senats --entgegen der Ansicht des Klägers-- für die Frage, ob ein Vertrauensschutz gerechtfertigt ist, ohne Bedeutung, dass im Realisationszeitpunkt ein besitzzeitanteiliger Wert die Besteuerung (mit-)bestimmen soll, der je nach der (von der Vorinstanz nicht festgestellten) Behaltenszeit der Anteilscheine auch auf Vorjahre entfallen kann. Es handelt sich insoweit nicht um behaltenszeitzugehörige Komponenten eines Einkünftetatbestands, sondern um Komponenten, die den Veräußerungs- bzw. Rückgabepreis der Anteilscheine (die "Substanz") betreffen (s. die Darstellung der Funktionsweise z.B. bei FG Nürnberg, Urteil in EFG 2010, 163 Rz 39 f.). Insoweit kann allenfalls die Höhe der Besteuerung in Frage stehen, nicht aber die hier maßgebliche Entscheidung zur Besteuerung der Veräußerung/Rückgabe "dem Grunde nach".bb) Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt bereits vor Verkündung einer Neuregelung nicht mehr auf den Bestand der noch geltenden Rechtslage vertraut werden kann, ist in erster Linie der Gang des Gesetzgebungsverfahrens bis zur Neuregelung entscheidend, und dabei vor allem die öffentliche Bekanntgabe entsprechender Entwurfstexte (BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 150). Dabei kann nicht nur die Einbringung eines Gesetzesvorhabens in den Bundestag (Art. 76 Abs. 1 GG), sondern bereits dessen Zuleitung zum Bundesrat (Art. 76 Abs. 2 GG) vertrauenszerstörende Wirkung haben (BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 152; wohl auch Maurer in Isensee/Kirchhof, a.a.O., § 79 Rz 72; Kirchhof in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., Einleitung Rz 49 a.E.; ders., Deutsches Steuerrecht 2015, 717, 720 ["bei einer noch in der Entwicklung begriffenen Rechtslage"]; eher kritisch Hey in Tipke/Lang, a.a.O., § 3 Rz 270 [enge Grenzen]; ablehnend Schaumburg/Schaumburg in Mellinghoff/Schön/Viskorf [Hrsg.], Festschrift Spindler, 2011, 171, 185, m.w.N.). Denn in beiden Fällen hat sich ein nach dem Grundgesetz initiativberechtigtes Verfassungsorgan entschlossen, ein Gesetzgebungsverfahren förmlich einzuleiten. Hierzu muss ein ausformulierter Gesetzentwurf als Beschlussvorlage vorliegen. Mit einer Veröffentlichung haben die durch das Vorhaben Betroffenen die Möglichkeit, sich in ihrem Verhalten auf die etwaige Gesetzesänderung einzustellen. Es ist ihnen zumutbar, jedenfalls bei in die Zukunft wirkenden Dispositionen darauf Bedacht zu nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303; s.a. das --Veräußerungen nach dem Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzentwurfs zum sog. Korb II-Gesetz in den Bundestag betreffende-- Urteil des FG Nürnberg in EFG 2010, 163). Dies gilt unbeschadet des zutreffenden Hinweises, dass "bis zur Verkündung (des Gesetzes) der maßgebliche Gesetzentwurf ein rechtliches Nullum ist" (Schaumburg/Schaumburg, a.a.O., Festschrift Spindler, 171, 185), da es hier nicht um Rechtswirkungen geht, sondern um die Frage, inwieweit ein individuelles Vertrauen in Abwägung zu (entgegenstehenden) öffentlichen Belangen "schutzwürdig" ist.Auch wenn der Gesetzentwurf der Bundesregierung nach den Bedingungen des Art. 76 Abs. 2 Satz 3 GG in den Bundestag (erst) am 08.09.2003 eingebracht wurde, ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass sich die spätere Änderung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG nicht erst in diesem Zeitpunkt "vertrauenszerstörend" abzeichnete. Denn der Gesetzentwurf der Bundesregierung datiert vom 15.08.2003 (BRDrucks 560/03, 8 f. und 20). Das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage im Streitfall wird nach der Überzeugung des Senats (schon) mit dem öffentlich gewordenen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.08.2003 (BRDrucks 560/03) erschüttert. Ab diesem Zeitpunkt sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen ungeachtet der nicht prognostizierbaren Unwägbarkeiten betreffend Änderungsvorhaben im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens allgemein vorhersehbar (s. z.B. allgemein auch BFH-Beschluss in BFHE 241, 530, BStBl II 2014, 398 [Az. beim BVerfG: 2 BvL 7/13]). Denn Gegenstand dieses Gesetzentwurfs waren sowohl der Hinweis auf eine "redaktionelle Änderung" des § 40a Abs. 1 KAGG als auch die Anwendungsregelung auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen. Für einen steuerrechtlich beratenen Marktteilnehmer bestand schon zu diesem Zeitpunkt ein erkennbares Risiko, dass der --bislang in der Situation negativer Aktiengewinne "günstige"-- Rechtszustand keinen Bestand mehr haben könnte (so auch FG Nürnberg, Urteil in EFG 2010, 163, Rz 49; s.a. die --wenn auch jeweils normspezifischen-- Erwägungen [dort zu § 2a EStG a.F.] zu Grenzen des Vertrauensschutzes im BFH-Urteil vom 22.02.2017 - I R 2/15, BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709). Auch wenn die Überlegungen zum (eingeschränkten) sog. Transparenzprinzip nicht dazu ausreichen konnten, als teleologisches Leitprinzip eine Auslegung der Ursprungsnorm i.S. der Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG zu ermöglichen (s.o. zu der konkret das Jahr 2002 betreffenden BFH-Rechtsprechung), konnte eine situationsbezogene Konkretisierung des Prinzips bzw. (so das FG Nürnberg im Urteil in EFG 2010, 163) eine weitere Realisierung des Transparenzprinzips bei der Besteuerung der Anteilscheininhaber von Investmentfonds durch die klare gesetzliche Anordnung einer Anwendung der Abzugsbeschränkung in § 8b Abs. 3 KStG kraft ausdrücklicher und im Gesetzgebungsverfahren erfolgreich umgesetzter Initiative der gesetzgebenden Organe naheliegen.Immerhin wird ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Steuerrechtslage für den davor liegenden Zeitraum (hier: Mai 2003) durch diese Vorgänge im Gesetzgebungsverfahren (s. dazu oben) nicht beseitigt.4. Der Kläger muss eine Enttäuschung seines in den Veräußerungszeitpunkten Mai 2003 bestehenden Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzung ist nach der Überzeugung des Senats im Streitfall nicht erfüllt.a) Allerdings hat die Vorinstanz insoweit abweichend erkannt (ebenfalls FG Nürnberg, Urteil in EFG 2017, 1606; FG Baden-Württemberg, Urteil in EFG 2018, 401 [anhängige Revision IV R 19/17]). Die Rechtslage vor der Gesetzesergänzung sei systemwidrig gewesen. Und die Beseitigung dieser Systemwidrigkeit und der damit verbundenen Besserstellung der Fondsanleger habe im Interesse der Allgemeinheit gelegen. Dem Vertrauen der Betroffenen in die Nichtanwendung von § 8b Abs. 3 KStG sei wegen der unsicheren Rechtslage kein besonderes Gewicht beizumessen, wohingegen die unbillige Begünstigung der Fondsanleger eklatant gewesen sei.b) Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. In der BFH-Rechtsprechung wurde in ausreichender Deutlichkeit geklärt, dass das von der Vorinstanz bemühte sog. Transparenzprinzip, das zum Gegenstand hat, dass im Prinzip dieselben Besteuerungsfolgen eintreten sollen wie bei einer sog. Direktanlage, nicht als allgemeines teleologisches Leitprinzip für die Besteuerungsfolgen bei Besitz von Anteilscheinen herhalten kann, auch wenn es einzelnen KAGG-Strukturen --insbesondere den positiven Aktiengewinnen (s. z.B. Gosch, BFH-PR 2014, 422, 423)-- zugrunde lag (s. dazu die oben angeführte BFH-Rechtsprechung mit den dortigen Nachweisen, insbesondere das BFH-Urteil in BFHE 246, 310, BStBl II 2016, 699, Rz 14; s.a. ["eingeschränktes Transparenzprinzip"] FG Nürnberg in EFG 2010, 163, Rz 31 f.; FG München, Urteil vom 25.06.2019 - 6 K 1543/16, EFG 2019, 1608, Rz 29 [anhängige Revision I R 38/19]). Die Gesetzesänderung kann daher nicht als "systemlückenausfüllende" gesetzgeberische Maßnahme (zu einer solchen Situation z.B. BFH-Urteil in BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709, Rz 25) verstanden werden, weil keine "Systemlücke" bestand. Wenn auf dieser Grundlage aber allenfalls eine "rechtspolitische Fehlerhaftigkeit" der geltenden Rechtslage zu erkennen sein könnte (ausstehende Parallelbehandlung zur Steuerfreistellung positiver Aktiengewinne), wird die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung zugunsten des Steuerpflichtigen aktiviert (wohl ablehnend Osterloh, StuW 2015, 201, 208 f.). Er vertraut --unabhängig davon, ob er einen besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinn, wenn ein solcher errechnet worden wäre, steuerfrei erzielt hätte-- darauf, dass der auf seine Anteile entfallende besitzzeitanteilige Anleger-Aktienverlust bei einem Anteilsverkauf bzw. einer Anteilsrückgabe (der den Rückgabepreis negativ beeinflusst --s. z.B. FG Nürnberg, Urteil in EFG 2010, 163, Rz 40) nicht zu einer Einkommenserhöhung (auf der Grundlage der typisierenden Überlegung, dass der Veräußerungs-/Rückgabepreis um diesen Betrag gemindert ist) führt. Diese (erwartete) Besteuerungsfolge kann als "Planungs- und Handlungsgrundlage" (Mellinghoff, DStJG 27 [2004], 25, 46) für den Deinvestitionsentschluss bestimmend sein.Der Senat weist auf dieser Grundlage und zur Vermeidung von "Vertrauensschutzlücken" (Hey in Drüen/Hey/Mellinghoff [Hrsg.], Festschrift BFH, 2018, 451, 475 f.) der "Enttäuschung" des Rechtsunterworfenen ein erhebliches Gewicht zu, da (auch) im Fall des Klägers nicht ersichtlich ist, dass dem Erwerb, dem Behalten und der Veräußerung der Anteilscheine eine Situation einer "gezielten und spekulativen Steuerplanung" (s. allgemein Mellinghoff, DStJG 27 [2004], 25, 51 f.) zugrunde liegt. Demgegenüber wird man dem allgemeinen Ziel der Weiterentwicklung oder Umgestaltung des Steuerrechts und der Erhöhung des Steueraufkommens --die schon nicht als Begründung des Änderungsvorhabens, das vermeintlich nur "klarstellend" sein sollte, angeführt waren-- jedenfalls nicht das ausschlaggebende Gewicht zuweisen können, eine rückwirkende Steuerbelastung zu rechtfertigen (s. allgemein z.B. BFH-Beschluss in BFHE 241, 530, BStBl II 2014, 398, Rz 55 und 57; BFH-Urteil in BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709, Rz 23; s.a. Hey in Tipke/Lang, a.a.O., § 3 Rz 272; Wernsmann in HHSp, § 4 AO Rz 773, m.w.N.). Nach der Überzeugung des Senats führt dann aber eine Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe im Streitfall dazu, dass das Vertrauen des Klägers im konkreten Fall ("Bestandsinteresse" - hier bezogen auf die Veräußerungen im Mai 2003) einen Vorrang vor dem (aus fiskalischen Interessen auch möglichst rückwirkenden) Änderungsinteresse des Gesetzgebers hat (in der Tendenz für vergleichbare Konstellationen wohl ablehnend Osterloh, StuW 2015, 201, 208). Damit wird vertrauensbezogenen Dispositionen des Steuerpflichtigen nicht durchgehend ein Vorrang zugewiesen; aber der Gesetzgeber ist zur Wahrung eines berechtigten individuellen Vertrauensschutzinteresses gehalten, sein Änderungsinteresse grundsätzlich auf solche Dispositionen zu beschränken, die zeitlich nach der erkennbaren Initiative zur Änderung des Gesetzes unternommen worden sind.Wenn man für den Zeitpunkt einer öffentlich erkennbaren Initiative zur Änderung des Gesetzes von einer "vertrauenszerstörenden Wirkung" bezogen auf die Gewährleistungsfunktion der (bestehenden) Rechtsordnung ausgeht, besteht nach der Überzeugung des Senats auch kein gesetzgeberischer Bedarf, zur gezielten Verhinderung eines sog. Ankündigungs- bzw. Mitnahmeeffekts eine Rückwirkung anzuordnen.5. Eine verfassungskonforme Auslegung von § 43 Abs. 18 i.V.m. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG ist nicht möglich. Der Gesetzgeber hat durch seine Vorstellung, eine "klarstellende Regelung" für alle offenen Verfahren (sowohl für das Streitjahr als auch alle Vorjahre) zu schaffen, ausreichend deutlich gemacht, dass er einen Vertrauensschutz nicht vorsehen wollte. Es ist nicht ersichtlich, dass die zeitliche Anwendungsvorschrift eine verdeckte Regelungslücke (s. allgemein BFH-Beschluss in BFHE 241, 530, BStBl II 2014, 398, Rz 60) aufweist.6. Indem der Senat zunächst den Vertrauensbegriff auch bei der Prüfung der rechtsstaatlichen Grenzen einer unechten Rückwirkung im Grundsatz auf eine Weise versteht, die den Maßgaben der Prüfung bei der echten Rückwirkung nahekommt (s. z.B. auch Mellinghoff, DStJG 27 [2004], 25, 40 ff. und 53; Spindler, DStJG 27 [2004], 69, 75 und 88; Schaumburg/Schaumburg, a.a.O., Festschrift Spindler, 171, 184; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz 28; Kirchhof, FR 2016, 530, 531 f.), dabei aber gerade dem Korrektiv eines etwaigen "vertrauenszerstörenden Umstandes" im Zuge der belastenden Gesetzgebungsinitiative eine besondere Bedeutung beimisst, und der Senat im Streitfall bei der gebotenen Gesamtabwägung zwischen Bestandsinteresse des Steuerpflichtigen und Änderungsinteresse des Gesetzgebers dem Letzteren auch bei einem möglicherweise legitimen (rechtspolitischen) Änderungsgrund nicht zwangsläufig den Vorrang einräumt, behindert er die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers des Jahres 2003 nicht unangemessen (wohl abweichend Masing, Sondervotum zum BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, BVerfGE 135, 29, Rz 92). Er sieht vielmehr das verfassungsrechtlich gebotene Bedürfnis, Rechtssicherheit und Rechtsrichtigkeit durch spezifisch einzelfallbezogene Abwägung beider als zunächst gleichwertig anzusehender Gesichtspunkte zu einem Ausgleich zu bringen; nicht zuletzt ist die Möglichkeit des Gesetzgebers einzuberechnen, "Steuergleichheit ... unter Wahrung des Vertrauensschutzes (in der Zukunft) zu verwirklichen" (s. Hey, DStJG 27 [2004], 91, 110 f.; s.a. dies. in Tipke/Lang, a.a.O., § 3 Rz 268; Drüen, StuW 2015, 210, 220 f.). Dies lässt das "Anliegen, die notwendige Flexibilität der Rechtsordnung zu wahren", unberührt, und "zielt ... auf künftige Rechtsänderungen und relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums" (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 132, 302, Rz 54 a.E.; in BVerfGE 135, 1, Rz 63).7. Im Rahmen des anhängigen Revisionsverfahrens ist eine abschließende Sachentscheidung zu treffen. Ist die Regelung in § 43 Abs. 18 i.V.m. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG verfassungsgemäß, ist die Revision des Klägers unbegründet. Hält es das BVerfG hingegen für mit den Grundsätzen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar, dass § 43 Abs. 18 KAGG die rückwirkende Anwendung von § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen auch des Veranlagungszeitraums 2003 anordnet, soweit Veräußerungen im Mai 2003 betroffen sind, führt die Revision zur Herabsetzung des Einkommens des Klägers. Das dem BVerfG vorgelegte Normenkontrollersuchen ist damit entscheidungserheblich.
bundesfinanzhof
bfh_062-22
22. Dezember 2022
Kein Abzug von Mitgliedsbeiträgen an Vereine, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen 22. Dezember 2022 - Nummer 062/22 - Urteil vom 28.09.2022 X R 7/21 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28.09.2022 - X R 7/21 entschieden, dass Mitgliedsbeiträge an Vereine, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, nicht bei der Einkommensteuer abgezogen werden können. Im Grundsatz können sowohl Spenden als auch Mitgliedsbeiträge als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Eine gesetzliche Sonderregelung (§ 10b Abs. 1 Satz 8 des Einkommensteuergesetzes) schließt jedoch u.a. bei Vereinen den Abzug von Mitgliedsbeiträgen aus, die kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Dasselbe gilt z.B. für Sportvereine. Spenden an solche Vereine bleiben hingegen abziehbar. In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um einen gemeinnützigen Verein, der ein Blasorchester für Erwachsene und eines für Jugendliche unterhält. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, der Kläger dürfe keine Zuwendungsbestätigungen („Spendenbescheinigungen“) für Mitgliedsbeiträge ausstellen. Das von dem Verein erstinstanzlich angerufene Finanzgericht (FG) Köln gab der Klage hingegen statt. Es hielt die dargestellte gesetzliche Einschränkung für Mitgliedsbeiträge nicht für anwendbar, weil der Verein nicht nur die Freizeitgestaltung, sondern auch die Erziehung und Ausbildung Jugendlicher fördere. Der BFH ist demgegenüber der Ansicht der Finanzverwaltung gefolgt und hat das Urteil des FG Köln aufgehoben. Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung sind Mitgliedsbeträge schon dann nicht abziehbar, wenn der Verein auch kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. In einem solchen Fall kommt es nicht mehr darauf an, ob der Verein daneben auch noch andere Zwecke fördert. Gleiches folgt aus der Entstehungsgeschichte der Norm sowie aus ihrem Zweck. Damit kam es nicht darauf an, dass der klagende Verein --wovon das FG ausgegangen war-- neben den Freizeitbetätigungen noch andere Zwecke fördert.  Bundesfinanzhof Pressestelle       Tel. (089) 9231-400 Pressesprecher  Tel. (089) 9231-300 Siehe auch: X R 7/21
1. § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG ist dahin auszulegen, dass Mitgliedsbeiträge an eine gemeinnützige Körperschaft, die kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, auch dann nicht als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn die Körperschaft daneben noch einen weiteren Zweck fördert, der nicht in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG genannt ist.2. Die Rechtmäßigkeit der --in Körperschaftsteuer-Freistellungsbescheiden für die unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Körperschaften regelmäßig enthaltenen-- Hinweise zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen kann im Wege der Feststellungsklage überprüft werden.3. Für die Beurteilung von Feststellungsklagen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG maßgeblich. Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25.02.2021 - 10 K 1622/18 aufgehoben.Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Tatbestand I.Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke steuerbefreiter Verein. Satzungsmäßiger Zweck des Klägers ist seit 2009 die Förderung der Volksbildung, der Erziehung und Ausbildung sowie der Kunst im Bereich der Bläsermusik (§ 2 Abs. 2 der Vereinssatzung). Gemäß § 2 Abs. 3 der Satzung wird der Satzungszweck insbesondere durch Unterhaltung und Betrieb eines sinfonischen Blasorchesters, die Förderung der musikalischen Bildung und Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen in praktischer und theoretischer Hinsicht sowie die Aufführung von und Mitwirkung an Konzerten, Platzmusiken, kulturellen und kirchenmusikalischen Veranstaltungen, Musikfesten und -wettbewerben verwirklicht. Aktive Mitglieder mit einer mindestens fünfjährigen Mitgliedschaft sind berechtigt, bei besonderen persönlichen Anlässen das Orchester in vereinsüblichem Umfang in Anspruch zu nehmen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 der Satzung).Ausweislich der vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Geschäftsberichte sowie Einnahmen-Überschuss-Rechnungen hatte der Kläger in den Jahren 2017 bis 2019 die folgenden Mitgliederzahlen bzw. Beitrags- und Spendeneinnahmen:Jahr201720182019aktive Mitglieder       26 30 28Fördermitglieder 6 4 7Mitgliedsbeiträge      1.164,00 €      1.466,00 €      1.576,00 €Spenden 1.334,70 € 340,00 € 1.332,50 €Der jährliche Mitgliedsbeitrag für erwachsene, nicht in Ausbildung befindliche Mitglieder beläuft sich auf 36 €. Nach dem vom FG übernommenen, nicht mit konkreten Zahlenangaben unterlegten Sachvortrag des Klägers sind die Mitglieder des Klägers "überwiegend" musikalische Laien, "teilweise" Musikstudenten und "vereinzelt" Berufsmusiker.Der Kläger unterhält ein Blasorchester, seit 2017 auch ein Vororchester (Juniororchester mit Kindern und Jugendlichen), seit 2019 zudem ein Zwischenorchester, das ausweislich des Geschäftsberichts 2019 der vertieften Ausbildung für fortgeschrittene Mitglieder des Vororchesters und zur ergänzenden Probenarbeit für Mitglieder des Orchesters dient. Orchesterproben finden grundsätzlich wöchentlich statt.Ausweislich des Geschäftsberichts hat der Kläger im Jahr 2019 im ideellen Bereich (Veranstaltungen ohne Einnahmeerzielung) eine Kirchenmusik und eine Totenehrung musikalisch gestaltet; ferner ist er in Altenheimen und einem Blindenheim aufgetreten. Zur Einnahmeerzielung (Zweckbetriebe) hat er vier Konzerte durchgeführt sowie gegen Entgelt an vier Schützenfesten und drei Martinsumzügen die Marschmusik gespielt. Darüber hinaus hat er einen viertägigen Bigband-Workshop veranstaltet, für den ein Teilnehmerbeitrag von 115 € (für Mitglieder 65 €) erhoben wurde; Zielgruppe waren ausweislich der --vom Kläger für das Jahr 2017 vorgelegten-- Werbebroschüre "junge und junggebliebene Musikerinnen und Musiker". Der Workshop wurde im Rahmen der Kulturförderung des zuständigen Landkreises bezuschusst.Für Mitglieder, die Führungsaufgaben im Orchester innehaben (z.B. Dirigenten, Stimmführerschaft, Durchführung von Satzproben), übernimmt der Kläger die Kosten von Fortbildungen. Gelegentlich spielen Musikstudenten Solopartien oder dirigieren das Orchester.Am 31.05.2017 erließ der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) einen Freistellungsbescheid für 2014 bis 2016 zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer. Darin wurden für den Kläger die folgenden gemeinnützigen Zwecke aufgeführt:-Förderung von Kunst und Kultur (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 der Abgabenordnung --AO--);-Förderung der Erziehung (aus § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AO).Unter der Überschrift "Hinweise zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen" hieß es: "Die Körperschaft ist nicht berechtigt, für Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (§ 50 Abs. 1 EStDV) auszustellen, weil Zwecke im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG gefördert werden." In den Freistellungsbescheiden für die Vorjahre waren hingegen noch Hinweise dahingehend enthalten, dass der Kläger sowohl für Spenden als auch für Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfe.Am 16.06.2017 erging ein nach § 129 AO berichtigter Freistellungsbescheid, in dem als zusätzlicher gemeinnütziger Zweck die Förderung der Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe (aus § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AO) aufgeführt wurde.Mit einem weiteren Bescheid vom 06.06.2017 stellte das FA gemäß § 60a Abs. 1 AO gegenüber dem Kläger die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gesondert fest. Im Hinweisteil dieses Bescheids wurde hinsichtlich der Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen auf den letzten Freistellungsbescheid verwiesen.Der Kläger legte gegen alle genannten Bescheide Einspruch ein und wandte sich gegen den Hinweis, dass für Mitgliedsbeiträge keine Zuwendungsbestätigungen erteilt werden dürften.Das FA entschied nur über den Einspruch gegen den Freistellungsbescheid, den es als unzulässig verwarf. Zur Begründung führte es aus, ein Einspruch sei nicht statthaft, da der Hinweis keinen Verwaltungsakt darstelle, sondern die unverbindliche Äußerung einer Rechtsauffassung des FA. In der Sache sei der Hinweis allerdings zutreffend. Gemäß § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien Mitgliedsbeiträge bei Körperschaften, die kulturelle Betätigungen förderten, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienten, nicht abziehbar. Das Musizieren der Mitglieder des Klägers bei Auftritten und Proben sei eine Form der Freizeitgestaltung.Der Kläger erhob Anfechtungsklage gegen den Freistellungsbescheid und Untätigkeitsklage wegen des nicht beschiedenen Einspruchs gegen den Feststellungsbescheid. Diese Begehren wurden im weiteren Verlauf des Klageverfahrens vom FG und den Beteiligten einvernehmlich als Feststellungsklage behandelt. Zur Begründung dieser Klage führte der Kläger aus, § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG enthalte eine gesetzliche Typisierung, die bei einem atypischen Fall nicht anwendbar sei. Der Kläger fördere nicht in erster Linie kulturelle Betätigungen, die der Freizeitgestaltung dienten. Vielmehr hätten zahlreiche Betätigungen des Klägers ausschließlich bildenden Charakter, insbesondere der Bigband-Workshop und das Vororchester. Letzteres sei Teil der Neustrukturierung der Nachwuchsarbeit des Vereins; hier seien Vereinsmitglieder mit erheblichem organisatorischen und musikpädagogischen Aufwand unterrichtend tätig. Auch bei der Gestaltung von Gottesdiensten spiele der Freizeitaspekt keine Rolle; diese Auftritte seien in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass der Kläger kirchliche Räume für Proben nutzen könne. Die Auftritte in den Heimen seien durch eine soziale Komponente gekennzeichnet. Die Marschmusiken seien Zweckbetriebe zur Einnahmeerzielung; sie seien für die Vereinsmitglieder wegen des niedrigen musikalischen Niveaus und der erforderlichen Anreise unattraktiv. Soweit Musikstudenten und Berufsmusiker an den Orchesterproben und Konzerten teilnähmen, sei dies nicht Freizeitgestaltung, sondern Teil ihrer Ausbildung bzw. beruflichen Fortbildung. Die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen seien im Interesse aller Mitglieder, weil sie für den Bestand und die Entwicklung des Orchesters unerlässlich seien. Die Ausgaben des Klägers seien zu mehr als 50 % unmittelbar für Zwecke der Ausbildung verwendet worden. Aufgrund der gegenwärtigen Pandemielage könne das Orchester derzeit nicht proben, die Ausbildungstätigkeiten würden allerdings über Videokonferenzen fortgeführt.Es verstoße gegen das Gebot der Folgerichtigkeit, wenn Mitgliedsbeiträge bei passiven Kulturvereinen (Fördervereine i.S. des § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG) abziehbar seien, bei aktiven Kulturvereinen (Freizeitgestaltung i.S. des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG) aber nicht. Große Vereine seien in der Lage, diese Beschränkung durch Aufspaltung in einen aktiven und einen passiven Teil zu umgehen, kleine Vereine hingegen nicht.Das FA brachte demgegenüber vor, die Wendung "in erster Linie" stehe im Gesetzeswortlaut nicht vor dem Begriff "kulturelle Betätigungen", sondern vor dem Begriff "der Freizeitgestaltung". Daraus folge, dass ein Abzug von Mitgliedsbeiträgen schon dann ausgeschlossen sei, wenn --unabhängig davon, welche Tätigkeiten der Verein ansonsten ausübe-- auch die in § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG genannten kulturellen Betätigungen gefördert würden. Dies sei hier der Fall. Zwar entfalte ein Laienorchester regelmäßig auch Nebenwirkungen wie die Jugendbildung. Im Wesentlichen handele es sich aber um Freizeitgestaltung, so dass in Bezug auf die Mitgliedsbeiträge der Gegenleistungsgedanke überwiege. Auch das Vor- und Zwischenorchester solle den Fortbestand des Vereins und seines Orchesters sichern; die Ausbildung der Mitglieder solle das kulturelle Niveau des Orchesters heben; daher seien diese Betätigungen ebenfalls als der Förderung von Kunst und Kultur dienend anzusehen. Aus den Bigband-Workshops habe der Kläger aufgrund von Einnahmen und Zuschüssen einen Überschuss erzielt, so dass hierfür keine Mitgliedsbeiträge verwendet worden sein könnten.Das FG stellte mit dem angegriffenen Urteil fest, der Kläger sei berechtigt, auch für Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (§ 50 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV--) auszustellen (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2021, 1167).Die Feststellungsklage sei zulässig, da eine andere Klageart nicht zur Verfügung stehe und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung habe. Die Klage sei auch begründet, da § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG nicht anwendbar sei, wenn die Körperschaft unterschiedliche Zwecke verfolge und einer der --nicht untergeordneten-- Zwecke nicht der Freizeitgestaltung diene. Dies zeige die Entstehungsgeschichte: In § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV in der von 2000 bis 2006 geltenden Fassung (EStDV 2000), der Vorläuferregelung des § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG, sei ausdrücklich geregelt worden, dass Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die sowohl kulturelle als auch andere Zwecke förderten, nicht abziehbar seien. Diese Regelung sei indes nicht in das EStG übernommen worden. Dies müsse als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers angesehen werden. Die vom Kläger betriebene musikalische Ausbildung und Anleitung junger Menschen erscheine in der heutigen Zeit überragend wichtig und förderungswürdig. Der Kläger beschränke sich nicht auf die Förderung von Kunst und Kultur, sondern fördere auch die Erziehung, Volks- und Berufsbildung. Exemplarisch seien die Bigband-Workshops und das Vororchester zu nennen. Insofern unterscheide sich der Kläger von einem klassischen Laienorchester, dessen Aktivitäten sich im Orchesterbetrieb erschöpften.Mit seiner Revision hält das FA --insbesondere unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut-- an seiner Auffassung fest.Das FA beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.Er hält die Revisionsbegründung des FA für unzureichend, da die erforderliche Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils fehle. Der Gesetzeswortlaut sei gerade nicht eindeutig, sondern lasse auch die vom FG vertretene Auslegung zu. § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG gelte nur für Einkommensteuersubjekte, jedoch nicht für Körperschaften wie den Kläger. Die für den Kläger geltende Norm des § 50 Abs. 1 EStDV differenziere gerade nicht zwischen Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Daher dürfe der Kläger für beide Arten der Zuwendungen Bestätigungen ausstellen.Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Es hat keinen Antrag gestellt, unterstützt in der Sache jedoch die Position des FA. Die hier vorliegenden gemischten Mitgliedsbeiträge seien nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut vom Abzugsverbot umfasst. Der vom FG vermissten ausdrücklichen Kollisionsregelung (zuvor § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000) habe es wegen der geänderten Gesetzessystematik nicht mehr bedurft. Der Normzweck spreche ebenfalls für die von der Finanzverwaltung vertretene Gesetzesauslegung, da Mitgliedsbeiträge sich nicht einzelnen Teilzwecken einer steuerbegünstigten Körperschaft, die mehrere Förderzwecke --darunter einen in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG genannten-- verfolge, zurechnen ließen, sondern stets die gesamte Körperschaft beträfen. Gründe II.Die Revision ist zulässig. Insbesondere erfüllt die Revisionsbegründung trotz ihrer Kürze noch die Darlegungsanforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a der Finanzgerichtsordnung (FGO).1. Die Revisionsbegründung muss die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art enthalten, die das FG-Urteil als unrichtig erscheinen lassen, sowie angeben, welche Punkte des angefochtenen Urteils änderungsbedürftig sind. Erforderlich ist ferner eine --wenn auch kurze-- Auseinandersetzung mit den Gründen des vorinstanzlichen Urteils (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung; vgl. statt aller nur Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16.03.2000 - III R 21/99, BFHE 192, 169, BStBl II 2000, 700, unter II.1.; vom 20.04.2010 - VI R 44/09, BFHE 228, 407, BStBl II 2010, 691, und vom 18.06.2015 - IV R 5/12, BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935, Rz 25). Die Revisionsbegründung muss erkennen lassen, dass der Revisionskläger sein eigenes bisheriges Vorbringen anhand der Begründung des FG-Urteils überprüft hat (BFH-Entscheidungen vom 08.03.1967 - I R 185/66, BFHE 88, 230, BStBl III 1967, 342; vom 01.06.2006 - I R 12/05, BFH/NV 2006, 2088, unter II.2., und vom 11.01.2017 - VI R 26/15, BFH/NV 2017, 473, Rz 20). Dabei ist allerdings keine vollständige und umfassende Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil erforderlich; auch ist nicht geboten, dass die Revisionsbegründung die Argumentation des FG widerlegt (BFH-Urteil vom 03.02.2010 - IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751, unter II.1.).2. Diese Anforderungen sind vorliegend noch erfüllt. Die erforderliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils ist schon darin zu sehen, dass das FA auf den Gesetzeswortlaut verweist, den das FG bei seiner Auslegung gerade nicht berücksichtigt hat (vgl. dazu noch unten III.3.a). Außerdem hat das FA in der Revisionsbegründung erstmals eine Auswertung von Teilen der einschlägigen Literatur vorgenommen.III.Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).Zwar hat das FG die vom Kläger erhobene Feststellungsklage zu Recht als zulässig angesehen (dazu unten 1.) und seiner Beurteilung --wenn auch unausgesprochen-- zutreffend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der tatrichterlichen mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt (unten 2.). Die entscheidungserhebliche Norm des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG ist aber gegenteilig zur Auffassung des FG auszulegen (unten 3.). Zudem dürfen Beträge, die keine Zuwendungen i.S. des § 10b EStG sind, entgegen der Ansicht des Klägers nicht in förmliche Zuwendungsbestätigungen nach § 50 EStDV aufgenommen werden (unten 4.). Da das FG alle maßgebenden Tatsachen festgestellt hat, kann der Senat selbst über die Klage entscheiden. Sie ist abzuweisen (unten 5.).1. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist zulässig.Gemäß § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage u.a. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (dazu unten a) begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (unten b). Dies gilt jedoch nicht, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO; unten c).a) "Rechtsverhältnis" i.S. des § 41 Abs. 1 FGO ist jede auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen, sofern es sich um ein abgabenrechtliches Verhältnis handelt, für das der Finanzrechtsweg eröffnet ist (BFH-Urteile vom 29.07.2003 - VII R 39, 43/02, BFHE 202, 411, BStBl II 2003, 828, unter 2.b, und vom 30.03.2011 - XI R 12/08, BFHE 233, 304, BStBl II 2011, 819, Rz 18 f.).Ob der Kläger im Verhältnis zur Finanzverwaltung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen auch für Mitgliedsbeiträge berechtigt ist, ist eine Frage, die --schon wegen ihrer Normierung in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG-- ein "Rechtsverhältnis" i.S. des § 41 Abs. 1 FGO darstellt (ebenso für die Rechtslage vor Schaffung des § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG in Bezug auf die Frage, ob die Befugnis zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen nach früherem Recht besteht, BFH-Urteil vom 23.09.1999 - XI R 66/98, BFHE 190, 278, BStBl II 2000, 533, unter II.1.).b) Für das erforderliche berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung genügt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen (vgl. auch insoweit BFH-Urteil in BFHE 202, 411, BStBl II 2003, 828, unter 2.b, m.w.N.).Dieses Interesse ergibt sich hier aus dem Umstand, dass der Kläger gemäß § 10b Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG für zumindest grob fahrlässig ausgestellte unrichtige Zuwendungsbestätigungen haftet. Darüber hinaus führt der Kläger zu Recht an, dass auch die Möglichkeit, mit der steuerlichen Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen werben --oder eben nicht werben-- zu können, ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung begründet (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 190, 278, BStBl II 2000, 533, unter II.1.).c) Die Anforderungen der Subsidiaritätsklausel des § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO sind ebenfalls gewahrt.aa) Eine Anfechtungsklage kommt vorliegend nicht in Betracht, da es sich bei dem im Freistellungsbescheid enthaltenen bloßen Hinweis auf die vom FA vorgenommene Subsumtion unter § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG nicht um einen Verwaltungsakt (§ 118 AO) handelt. Schon nach seinem objektiven Gehalt fehlt dem Hinweis der für die Annahme eines Verwaltungsakts erforderliche Regelungscharakter. Darüber hinaus hat das FA auch keinen Anschein eines Verwaltungsakts gesetzt, denn der Hinweis ist optisch deutlich vom Regelungsteil des Feststellungsbescheids getrennt und die Rechtsbehelfsbelehrung bezieht sich ausdrücklich nicht auf den Hinweis.bb) Die Verpflichtungsklage ist ebenfalls nicht eröffnet.Zwar dürfen mit einer (vorbeugenden) Feststellungsklage die gesetzlichen Regelungen über die Erteilung verbindlicher Auskünfte durch die Finanzbehörden (§ 89 Abs. 2 bis 7 AO) nicht unterlaufen werden (FG Münster, Urteil vom 27.07.2016 - 10 K 584/16, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2018, 312, unter 3.); ein Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wäre im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 89 AO Rz 307, 308, m.w.N.).Allerdings setzt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft voraus, dass der maßgebliche Sachverhalt noch nicht verwirklicht worden ist (§ 89 Abs. 2 Satz 1 AO). Vorliegend geht es im Kern nicht um die Klärung des künftigen gemeinnützigkeits- und zuwendungsrechtlichen Status des Klägers, sondern um dessen gegenwärtigen Status. Der Rechtsstreit beruht auf einer vergangenheitsbezogenen Überprüfung der Tätigkeiten des Klägers durch das FA in Bezug auf frühere Veranlagungszeiträume. Damit könnte der Kläger im Streitfall keine verbindliche Auskunft für die streitgegenständliche Frage erhalten, so dass kein Konkurrenzverhältnis zu § 89 Abs. 2 AO besteht und eine Verpflichtungsklage ausscheidet.cc) Auch im Wege einer allgemeinen Leistungsklage könnte vorliegend kein vorrangiger Rechtsschutz erlangt werden. Denn außerhalb des --hier nicht einschlägigen-- § 89 Abs. 2 AO besteht kein Anspruch auf Leistungen der Finanzverwaltung in Gestalt der Erteilung unverbindlicher Hinweise oder Rechtsauskünfte. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Finanzverwaltung in Freistellungsbescheide regelmäßig Hinweise hinsichtlich der Befugnis zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen aufnimmt; die früher gegenteilige Auffassung des FG Köln (Urteil vom 23.08.1991 - 13 K 3592/89, EFG 1992, 159, unter I., rkr.) ist jedenfalls durch die BFH-Urteile vom 10.06.1992 - I R 107/91 (BFH/NV 1993, 13) und in BFHE 190, 278, BStBl II 2000, 533 überholt (wie hier im Ergebnis auch FG Berlin, Urteile vom 06.10.2003 - 8 K 8844/99, EFG 2004, 316, rkr., und vom 23.03.2004 - 7 K 7175/02, EFG 2004, 1338, rkr.; FG Münster, Urteil vom 16.02.2007 - 9 K 4907/02, EFG 2007, 1434, unter II.1., rkr.).2. Auch bei einer Feststellungsklage ist --wie bei Anfechtungsklagen (dazu BFH-Urteil vom 28.07.2005 - III R 68/04, BFHE 211, 107, BStBl II 2008, 350, unter II.2.)-- die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG maßgeblich. Es kommt damit weder auf die Sach- und Rechtslage zum Schluss des Zeitraums, auf den sich der Freistellungsbescheid bezieht, an (hier: Ende 2016) noch auf den Zeitpunkt des Ergehens des beanstandeten Hinweises des FA (hier: Juni 2017).a) Für das maßgebliche anwendbare Recht ist dies bereits entschieden (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.02.2009 - B 2 U 35/07 R, Neue Zeitschrift für Sozialrecht 2010, 49; Steinhauff in HHSp, § 41 FGO Rz 544). Hinsichtlich der Sachlage, die der Entscheidung zugrunde zu legen ist, kann indes nichts anderes gelten. Wäre auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen und entschiede das FG auf dieser Tatsachengrundlage über den Feststellungsantrag, hätte sich die Sachlage aber bis zur Entscheidung des FG geändert, so bestünde sogleich ein Anspruch auf eine erneute --abweichende-- Entscheidung über den Feststellungsantrag. Dies wäre mit dem Gebot prozessökonomischen Handelns nicht vereinbar.b) Das FG hat seiner Betrachtung daher zutreffend die vom Kläger in den Jahren 2017 bis 2019 entfalteten Aktivitäten zugrunde gelegt. Die gravierenden Einschränkungen der Tätigkeit des Klägers infolge der --insbesondere für Blasorchester geltenden-- gesetzlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie seit März 2020, die noch bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG im Februar 2021 andauerten, hat es demgegenüber in vertretbarer Weise außer Betracht gelassen, weil diese temporären Beschränkungen für die Beurteilung der Tätigkeit des Klägers nicht typisch sind.3. Zu Unrecht hat das FG die streitentscheidende Norm des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG indes dahin ausgelegt, dass diese dann nicht anwendbar sein soll, wenn die Körperschaft unterschiedliche Zwecke verfolgt und einer der --nicht untergeordneten-- Zwecke nicht der Freizeitgestaltung diene. Vielmehr tritt die Rechtsfolge der genannten Norm bereits dann ein, wenn die Körperschaft auch kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Dies folgt sowohl aus dem klaren Wortlaut der Regelung (dazu unten a) als auch aus ihrer Entstehungsgeschichte (unten b) sowie aus dem Normzweck (unten c). Dieses Auslegungsergebnis ist nicht verfassungswidrig (unten d).a) Das FG hat eine Betrachtung des Gesetzeswortlauts unterlassen. Wie das FA und das BMF zu Recht vorbringen, ist der Wortlaut des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG eindeutig in dem dort formulierten Sinne, dass Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, nicht abziehbar sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Körperschaft neben den beschriebenen kulturellen Betätigungen auch andere Zwecke fördert, da die im Gesetzeswortlaut für die Versagung des Abzugs von Mitgliedsbeiträgen genannte Voraussetzung schon erfüllt ist, wenn überhaupt derartige kulturelle Betätigungen gefördert werden.Der Kläger und ihm folgend das FG lesen die Norm hingegen so, als ob darin formuliert wäre: "Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die in erster Linie kulturelle Betätigungen fördern, die der Freizeitgestaltung dienen." Auf dieser --vom tatsächlichen Gesetzeswortlaut abweichenden-- Grundlage gelangen sie zu ihrer Auffassung, dass eine Abwägung zwischen dem Gewicht der kulturellen Freizeitbetätigungen und anderen Betätigungen vorzunehmen sei. Richtigerweise ist die Wendung "in erster Linie" aber kraft ihrer Stellung im Wortlaut des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG --eindeutig-- dahingehend zu verstehen, dass eine quantitative oder qualitative Gewichtung bzw. Abwägung nur insoweit zu erfolgen hat, als zu beurteilen ist, ob eine kulturelle Betätigung in erster Linie der Freizeitgestaltung (dann tritt die Rechtsfolge des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG ein) oder in erster Linie Nicht-Freizeitzwecken dient (dann fällt die Körperschaft unter die Komplementärregelung des § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG). Für eine Abwägung mit weiteren Zwecken, die die Körperschaft neben den kulturellen Freizeitbetätigungen verfolgt, lässt der Wortlaut hingegen keinen Raum.Dies entspricht nicht nur der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. R 10b.1 Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 2005 in der Fassung der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien --EStÄR-- 2008 [BStBl I 2008, 1017] und der EStÄR 2012 [BStBl I 2013, 276]), sondern auch des überwiegenden Teils der Literatur (vgl. Schauhoff/Kirchhain, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 1985, 1987; Fritz, Betriebs-Berater 2007, 2546, 2547; Brandl in Brandis/Heuermann, § 10b EStG Rz 25; KKB/Eckardt, § 10b EStG, 7. Aufl., Rz 17; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 10b Rz 169; offengelassen von Drüen/Liedtke, Finanz-Rundschau 2008, 1, 4; andeutungsweise wie das FG hingegen Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl. 2021, Rz 8.101; für eine Aufteilung in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Anteil Strahl/Stahl/Demuth in Korn, § 10b EStG Rz 28.7; differenzierend BeckOK EStG/Unger, 13. Ed. [01.07.2022], EStG § 10b Rz 107). Ganz einhellig wird diese Ansicht zudem zur --wortlautidentischen-- Parallelvorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 KStG vertreten, soweit sich in der Kommentarliteratur überhaupt Aussagen zu der vorliegend zu beurteilenden Problematik finden (vgl. Märtens in Gosch KStG, 4. Aufl., § 9 Rz 39; Kirchhain in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 1. Aufl. 2015, § 9 Rz 225; Schulte in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 9 Rz 53; Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG, § 9 Rz 125).b) Das FG hat seine Gesetzesauslegung allein auf die Entstehungsgeschichte des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG gestützt, diese jedoch nicht vollständig ausgewertet und ist so zu fehlerhaften Ergebnissen gelangt.aa) Die genannte Norm geht auf eine lange Tradition zunächst außer-, später untergesetzlicher Regelungen zurück.(1) Bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 mussten gemeinnützige Zwecke durch allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, die der Zustimmung des Bundesrates bedurfte, allgemein als besonders förderungswürdig anerkannt sein (§ 48 Abs. 2 EStDV 1955/1990). Damit verwies die EStDV auf die Anlage 7 zu R 111 Abs. 1 EStR (zuletzt EStR 1999). Nach Anlage 7 Nr. 4 zu R 111 Abs. 1 EStR 1999 war u.a. die Förderung kultureller Zwecke als besonders förderungswürdig anerkannt; jedoch nur, wenn der Empfänger der Zuwendung eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle war. Das für derartige Zuwendungen damit angeordnete Durchlaufspendenverfahren schloss nach damaliger Verwaltungsauffassung Mitgliedsbeiträge aus (R 111 Abs. 3 Satz 1 EStR 1999), so dass die Mitglieder von Körperschaften, die kulturelle Zwecke förderten, ihre Pflichtbeiträge --anders als Spenden-- nicht als Sonderausgaben abziehen konnten.In Bezug auf Körperschaften, die mehrere --rechtlich unterschiedlich zu behandelnde-- Förderzwecke verfolgten, hatte der BFH seinerzeit die Auffassung vertreten, dass alle Zuwendungen einheitlich zu beurteilen seien und es nicht auf den tatsächlichen Verwendungszweck der einzelnen Zuwendung ankomme (BFH-Urteil vom 18.11.1966 - VI R 167/66, BFHE 88, 282, BStBl III 1967, 365: für Zuwendungen an eine kirchliche Körperschaft sollten stets die --geringeren-- Abzugsmöglichkeiten gelten, auch wenn die Zuwendung im Einzelfall zur Förderung --steuerlich günstiger behandelter-- wissenschaftlicher Zwecke gegeben und tatsächlich verwendet wurde; später als "Überlagerungs- und Abfärbetheorie" bezeichnet).(2) Da die Delegation der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des § 10b EStG an die Finanzverwaltung in Rechtsprechung und Literatur zudem zunehmend kritisch gesehen wurde (vgl. statt aller Senatsurteil vom 24.11.1993 - X R 5/91, BFHE 173, 519, BStBl II 1994, 683, unter IV.), wurde mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2000 die Bestimmung der als besonders förderungswürdig geltenden Zwecke nicht mehr der Finanzverwaltung überlassen, sondern erstmals (unter)gesetzlich --§ 48 Abs. 2 i.V.m. Anlage 1 EStDV 2000-- geregelt (Verordnung zur Änderung der EStDV vom 10.12.1999, BGBl I 1999, 2413). Für die in Anlage 1 Abschn. A zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000 bezeichneten Zwecke waren sowohl Spenden als auch Mitgliedsbeiträge abziehbar; für die in Anlage 1 Abschn. B zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000 bezeichneten Zwecke hingegen nur Spenden (§ 48 Abs. 4 Satz 1 EStDV 2000). Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die Zwecke förderten, die sowohl in Abschn. A als auch in Abschn. B der Anlage 1 bezeichnet waren, durften nach der ausdrücklichen Regelung des § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000 nicht abgezogen werden.Hinsichtlich aller in Anlage 1 Abschn. B zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000 genannten Zwecke (u.a. kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, vgl. Nr. 2 des Abschn. B) war ein Abzug von Mitgliedsbeiträgen auch schon nach den früheren Regelungen der Anlage 7 zu R 111 Abs. 1 EStR ausgeschlossen gewesen. Für die Zuordnung zu den Abschn. A oder B war maßgeblich, ob die Mitgliedsbeiträge bei typisierender Betrachtung in der Regel aus altruistischen Motiven geleistet werden oder ob sie überwiegend der Finanzierung von Leistungen an Mitglieder dienen bzw. in erster Linie der eigenen Freizeitgestaltung förderlich sind (Begründung zum Entwurf der Verordnung zur Änderung der EStDV, BRDrucks 418/99, S. 11, 15). Das in § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000 angeordnete Aufteilungsverbot wurde damit begründet, dass Mitgliedsbeiträge den Gesamtverein beträfen und nicht seinen einzelnen Zwecken zugeordnet werden könnten (BRDrucks 418/99, S. 15).Nahezu zeitgleich gab der BFH --in Entscheidungen, die noch zur Rechtslage vor der EStDV 2000 ergangen waren-- die Rechtsprechung zur Überlagerungs- und Abfärbetheorie auf. Zuwendungen an Körperschaften, die mehrere Zwecke verfolgten, die hinsichtlich des Abzugs von Zuwendungen unterschiedlich behandelt wurden, waren nunmehr (außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000) nach Maßgabe derjenigen einkommensteuerrechtlichen Regelungen abziehbar, die für den Zweck galten, der durch die Verwendung der Spende tatsächlich gefördert wurde (BFH-Urteile in BFHE 190, 278, BStBl II 2000, 533, unter II.2.c, und vom 15.12.1999 - XI R 93/97, BFHE 190, 478, BStBl II 2000, 608, unter II.2.b).(3) Mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements (GSbE) vom 10.10.2007 (BGBl I 2007, 2332) wurden ab dem Veranlagungszeitraum 2007 die §§ 48, 49 EStDV 2000 sowie die Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000 aufgehoben. Die steuerbegünstigten Zwecke wurden fortan im Katalog des § 52 Abs. 2 AO --und damit in einem formellen Gesetz-- abschließend aufgeführt. § 10b Abs. 1 EStG wurde neu gefasst und enthielt in Satz 2 die Regelung, die heute in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG zu finden ist. Eine Norm, die dem Aufteilungsverbot des früheren § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000 entspricht, wurde hingegen nicht in das EStG aufgenommen.(4) Das Jahressteuergesetz (JStG) 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) hat in § 10b Abs. 1 EStG den heutigen Satz 7 (damals Satz 2) eingefügt. Danach sind Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die Kunst und Kultur gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AO fördern, abziehbar, soweit es sich nicht um Mitgliedsbeiträge nach Satz 8 Nr. 2 handelt, auch wenn den Mitgliedern Vergünstigungen gewährt werden. Diese begünstigende Änderung sollte rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2007 --dem Inkrafttreten des GSbE-- gelten (§ 52 Abs. 24b EStG i.d.F. des JStG 2009). Sie diente der "Klarstellung", dass aufgrund des Wegfalls des § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000 Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereine selbst bei Gewährung von Vergünstigungen abziehbar sein sollten (Begründung zum Regierungsentwurf des JStG 2009 vom 02.09.2008, BTDrucks 16/10189, S. 49).bb) Aus dieser Gesetzeshistorie kann --entgegen der Auffassung des FG-- nicht abgeleitet werden, dass Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die neben kulturellen Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, noch einen anderen --nicht von § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG erfassten-- Zweck fördern, abziehbar sein sollen, obwohl aus dem Gesetzeswortlaut das gegenteilige Ergebnis folgt.(1) Das FG hat für seine abweichende Auffassung in erster Linie auf den Umstand hingewiesen, dass durch das GSbE die --für "Mehr-Zweck-Körperschaften" geltende-- Regelung des damaligen § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000 aufgehoben worden ist, ohne zugleich eine identische Regelung in § 10b EStG zu schaffen. Es hat hierin eine "bewusste Entscheidung des Gesetzgebers" gesehen.Damit lässt das FG jedoch außer Acht, dass sich die Regelungstechniken in § 48 Abs. 4 Satz 1 EStDV 2000 i.V.m. der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000 einerseits und in § 10b Abs. 1 Sätze 7 und 8 EStG andererseits grundlegend voneinander unterscheiden. Für die bis 2006 geltende Rechtslage ergab sich allein aus der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000 noch keine Antwort auf die Frage, wie Mitgliedsbeiträge an Körperschaften zu behandeln waren, die sowohl Zwecke nach Abschn. A als auch nach Abschn. B der Anlage 1 förderten. Beide Abschnitte waren gesetzestechnisch gleichrangig; ein Vorrang des Abschn. B konnte aus der Gesetzesfassung jedenfalls nicht herausgelesen werden. Es bedurfte daher --insbesondere nach der Aufgabe der Überlagerungs- und Abfärbetheorie durch den BFH-- der ausdrücklichen Kollisionsregelung des § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000, um das vom Normgeber gewünschte Ergebnis zu erreichen, dass bei "Mehr-Zweck-Körperschaften" ein Abzug von Mitgliedsbeiträgen schon dann ausgeschlossen sein sollte, wenn die Körperschaft auch Zwecke nach Abschn. B der Anlage 1 förderte.Die ab 2007 geltenden Normen sind demgegenüber grundlegend anders formuliert. § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG schließt den Abzug von Mitgliedsbeiträgen an Körperschaften, die kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, generell aus (vgl. ausführlich oben a). Ein Konkurrenzverhältnis zu einer anderen Norm, die den Abzug von Mitgliedsbeiträgen zulässt, kann bei dieser Regelungstechnik --anders als beim Konkurrenzverhältnis zwischen den gleichrangigen Abschn. A und B der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV 2000-- von vornherein nicht entstehen, so dass es einer besonderen gesetzlichen Regelung, die ein solches Konkurrenzverhältnis auflöst (seinerzeit § 48 Abs. 4 Satz 2 EStDV 2000), nicht mehr bedurfte.Dies wird durch § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG bestätigt, der für Körperschaften, die Kunst und Kultur fördern, ausdrücklich den Vorrang des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG anordnet und seine begünstigende Rechtsfolge nur auf die nicht von der zuletzt genannten Norm erfassten Körperschaften beschränkt.(2) Darüber hinaus hat das FG sich entscheidend auf eine Passage in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum GSbE gestützt, in der es heißt, der Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge an Vereine zur Förderung kultureller Einrichtungen solle verbessert werden (BTDrucks 16/5200, S. 12). Aus dieser --sehr allgemein gehaltenen-- Formulierung hat es gefolgert, der heutige § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG sei in besonderer Weise zugunsten kulturfördernder Vereine auszulegen. Dabei übersieht das FG jedoch, dass diese Formulierung in den Gesetzesmaterialien sich nicht auf jede Körperschaft bezieht, die auch die Kultur fördert, sondern nur auf die --heute durch § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG begünstigten-- "passiven" Kulturfördervereine ("Förderung kultureller Einrichtungen"), worauf in den Gesetzesmaterialien nur zwei Absätze nach der vom FG herangezogenen Formulierung hingewiesen wird. Darüber hinaus heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich, Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die "insbesondere die aktiv ausgeführten eigenen kulturellen Betätigungen der Mitglieder (z.B. im Laientheater, Laienchor, Laienorchester)" fördern, seien weiterhin vom Abzug ausgeschlossen; demgegenüber seien Mitgliedsbeiträge an Körperschaften zur Förderung kultureller Einrichtungen künftig als Sonderausgaben abziehbar (BTDrucks 16/5200, S. 16). Die vom FG vorgenommene Gleichsetzung der Förderung kultureller Einrichtungen mit der Förderung eigener kultureller Betätigungen der Mitglieder wird daher der vom Gesetzgeber gewollten und unmissverständlich in den Gesetzesmaterialien vorgenommenen Differenzierung zwischen diesen Betätigungen nicht gerecht.c) Auch der erkennbare Normzweck spricht gegen die vom FG vorgenommene Auslegung des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG.aa) Die mit dieser Regelung für bestimmte Körperschaften angeordnete Differenzierung zwischen Spenden und Mitgliedsbeiträgen nimmt die erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Unterschiede zwischen diesen beiden Unterfällen der "Zuwendung" (§ 10b Abs. 1 Satz 1 EStG) auf. Spenden sind begrifflich entscheidend durch ihre Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit --d.h. das Fehlen einer Gegenleistung-- gekennzeichnet (Senatsurteil vom 15.01.2019 - X R 6/17, BFHE 263, 325, BStBl II 2019, 318, Rz 40, m.w.N.). Demgegenüber fehlt es Mitgliedsbeiträgen infolge der rechtlichen Verpflichtung zu ihrer Zahlung zumindest an der Freiwilligkeit. Darüber hinaus wird in vielen Fällen ein Mitgliedsbeitrag auch in Erwartung einer Gegenleistung --zumindest im wirtschaftlichen Sinne-- gezahlt werden (vgl. zu Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine BFH-Urteil vom 28.04.1987 - IX R 7/83, BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814, m.w.N. auf die Literatur; zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung BFH-Urteil vom 09.08.2007 - V R 27/04, BFHE 217, 314, unter II.4.).Der Katalog des § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG will erkennbar aus den zahlreichen in § 52 Abs. 2 AO genannten begünstigten Förderzwecken diejenigen herausgreifen, in denen bei typisierender Betrachtung die Wertung, Mitgliedsbeiträge seien zumindest im wirtschaftlichen Sinne als Gegenleistung anzusehen, naheliegt. Dies wird --hinsichtlich der Vorläuferregelung-- schon aus der Begründung der Verordnung zur Änderung der EStDV deutlich (vgl. ausführlich oben III.3.b aa (2); ebenso zur aktuellen Gesetzesfassung nochmals die Antwort der Bundesregierung vom 08.09.2021 auf eine Kleine Anfrage von Bundestagsabgeordneten, BTDrucks 19/32370, S. 2).Die in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG getroffene Abgrenzung ist auch sachgerecht und bildet den Normzweck zutreffend ab. Alle dort genannten Förderzwecke zeichnen sich durch eine große Nähe zum Freizeit- bzw. Hobbybereich aus. Es wäre --auch verfassungsrechtlich-- kaum zu rechtfertigen, wenn Steuerpflichtige ihre Aufwendungen für die Freizeitgestaltung nur deshalb einkommensteuerlich geltend machen könnten, weil die Freizeitgestaltung mittels Zusammenschlusses zu einer Körperschaft erfolgt, während alle anderen Steuerpflichtigen ihre Freizeitaufwendungen aus versteuertem Einkommen decken müssten.Der Abzug von (echten) Spenden bleibt demgegenüber auch im Anwendungsbereich des § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG im Rahmen der allgemeinen Höchstbeträge möglich. Bei Spenden geht der Gesetzgeber, auch wenn diese an einen --im Übrigen Mitgliedsbeiträge erhebenden-- Freizeitverein geleistet werden, in typisierender Weise davon aus, dass sie nicht in erster Linie für die eigene Freizeitgestaltung geleistet werden, deren Kosten schon durch die nicht abziehbaren Mitgliedsbeiträge abgedeckt sein sollten.bb) Vor diesem Hintergrund stützt der Normzweck die bereits aus dem Gesetzeswortlaut und der Entstehungsgeschichte folgende Auslegung, dass die Rechtsfolge des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG bereits dann eintritt, wenn die Körperschaft neben einem der dort genannten Zwecke auch noch einen anderen Zweck verfolgt. Denn wenn der gegenteiligen Auffassung des FG zu folgen wäre, könnten Mitgliedsbeiträge, die der Finanzierung eigener Freizeitaktivitäten des Steuerpflichtigen dienen, allein deshalb abgezogen werden, weil die Körperschaft neben dem Freizeitzweck noch einen anderen Zweck verfolgt. Dies stünde dem erkennbaren Bestreben des Gesetzgebers, die Finanzierung eigener Freizeitaktivitäten von der einkommensteuerlichen Begünstigung auszuschließen, gerade entgegen.cc) Die gesetzliche Differenzierung zwischen den in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG genannten Körperschaften einerseits und den übrigen Körperschaften andererseits lässt damit eine klare Entscheidung des Gesetzgebers erkennen. Diese darf nicht --so aber das FG-- mit der Erwägung überlagert werden, die vom Kläger betriebene musikalische Ausbildung und Anleitung junger Menschen erscheine "in der heutigen Zeit" überragend wichtig und förderungswürdig.d) Entgegen der Auffassung des Klägers ist weder die gesetzliche Regelung als solche noch die vom Senat vorgenommene Gesetzesauslegung verfassungswidrig.aa) Der Kläger sieht --im Anschluss an Nacke, Deutsche Steuerzeitung 2008, 445, 447 f.-- einen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abzuleitende Gebot folgerichtiger Normausgestaltung darin, dass passive Kulturvereine Mitgliedsbeiträge abziehen können (§ 10b Abs. 1 Satz 7 EStG), aktive Kulturvereine aber nicht (§ 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG).bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG; grundlegend zum Folgenden Urteil vom 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210, unter C.I.2., m.w.N.) wird der bei der Auswahl des Steuergegenstands und der Bestimmung des Steuersatzes grundsätzlich weitreichende Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich des EStG vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt, nämlich das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Letzteres bedeutet, dass die einmal getroffene Belastungsentscheidung bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden muss. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes; insoweit sind außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt. Der Gesetzgeber darf grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Er darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.Im Übrigen geht das Gebot folgerichtiger Ausgestaltung der Normen über die allgemeinen Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinaus (BVerfG-Beschluss vom 06.06.2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, BVerfGE 149, 126, Rz 70).cc) Nach diesen Maßstäben ist Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Gebots folgerichtiger Normausgestaltung vorliegend nicht verletzt, da die Grenzen zulässiger Typisierung gewahrt sind. Es ist nicht sachwidrig, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, durch die aktive Mitwirkung in Laienorchestern usw. werde auch ein Freizeitbedürfnis des Mitglieds verfolgt, so dass gezahlte Mitgliedsbeiträge bei typisierender Betrachtung auch der Finanzierung eigener Freizeitaktivitäten dienten. Umgekehrt ist es noch vertretbar, in den Fällen des § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG einen Abzug von Mitgliedsbeiträgen zuzulassen, wenn zwar ein kultureller Zweck gefördert wird, aber eben keine selbst ausgeübte laienkulturelle Freizeittätigkeit. Der Gesetzgeber ist hier in typisierender Weise davon ausgegangen, dass das altruistische Handeln einen eventuellen eigenen Vorteil des Mitglieds aus der kulturfördernden Tätigkeit der Einrichtung überwiegt. Es kann dahinstehen, ob die vorgenommene Differenzierung zwingend ist, sie stellt sich aber nicht als evident sachwidrig dar (kritisch aber wesentliche Teile der Literatur; vgl. Hüttemann, Der Betrieb 2007, 2053, 2058: "rechtspolitisch wenig einleuchtend"; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl. 2021, Rz 8.99: "inhaltlich nicht befriedigende Regelung"; Schauhoff/Kirchhain, DStR 2007, 1985, 1987: "Wertungsentscheidung des Gesetzgebers bleibt ungewiss"; Strahl/Stahl/Demuth in Korn, § 10b EStG Rz 28.6: "kein vernünftiger Grund ersichtlich").dd) Auch ist darauf hinzuweisen, dass die "Eingriffsintensität" des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG --tatsächlich bewegt sich diese Norm im Bereich der Einschränkung einer Begünstigung und ist daher für die verfassungsrechtliche Betrachtung eher dem Subventions- als dem Eingriffsrecht zuzuordnen-- sich als vergleichsweise gering darstellt. Zum einen betrifft die Regelung nur den Abzug von Mitgliedsbeiträgen; demgegenüber können Spenden --also freiwillige und unentgeltliche Zuwendungen-- auch bei aktiven Kulturvereinen in dem für alle steuerbegünstigten Körperschaften geltenden Umfang abgezogen werden. Zum anderen sind gerade im Fall des Klägers die vom Abzug ausgeschlossenen Mitgliedsbeiträge sowohl aus Sicht der Mitglieder des Klägers (36 € jährlich) als auch aus Sicht des Klägers absolut und relativ geringfügig. Beim Kläger belaufen sich die Mitgliedsbeiträge in den drei Jahren, zu denen das FG Feststellungen getroffen hat (2017 bis 2019), auf durchschnittlich weniger als 1.400 € jährlich und deutlich weniger als 10 % seiner Gesamteinnahmen.ee) Einen weiteren Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sieht der Kläger darin, dass große Vereine die durch § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG angeordnete Beschränkung --seiner Auffassung nach-- dadurch umgehen könnten, dass sie sich in einen aktiven und einen passiven Kulturverein aufspalten, während kleine Vereine --wie der Kläger-- diese Möglichkeit nicht hätten.Jedoch würde es sich wertungsmäßig um einen mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt handeln, wenn das Ergebnis einer solchen "Aufspaltung" wäre, dass die aktiven Mitglieder weiterhin unter § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG fallende Mitgliedsbeiträge zahlen, während andere --nicht aktiv im Bereich der Laienmusik tätige-- Personen dem Förderverein beitreten und ihre dortigen Mitgliedsbeiträge gemäß § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG abziehen könnten. Denn diese Personen würden dann gerade nicht ihre eigene Freizeitgestaltung fördern, sondern die Freizeitgestaltung Dritter. Ein solches --im Kern altruistisches-- Verhalten durfte der Gesetzgeber in auch verfassungsrechtlich vertretbarer Weise vom Anwendungsbereich des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG ausnehmen.Sollte das --nicht näher erläuterte-- Beispiel des Klägers hingegen dahingehend zu verstehen sein, dass ein bisher einheitlicher Verein in zwei Vereine aufgespalten wird, der aktive Kulturverein fortan auf die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen verzichtet, die aktiv im Bereich der Freizeitmusik tätigen Mitglieder zugleich Mitglieder des Fördervereins werden und dort ihre bisherigen Mitgliedsbeiträge leisten, die der Förderverein verabredungsgemäß dem aktiv tätigen Kulturverein zur Verfügung stellt, könnte die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) naheliegen. Mit der theoretischen Möglichkeit der Gesetzesumgehung durch eine missbräuchliche Gestaltung kann aber ein Verfassungsverstoß der allgemein geltenden gesetzlichen Regelung nicht begründet werden.4. Der vom Kläger sowohl während des Klage- als auch während des Revisionsverfahrens --wohl hilfsweise-- geäußerten Auffassung, § 50 EStDV enthalte keine Regelung, die die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen für Mitgliedsbeiträge untersage, vermag der Senat nicht zu folgen.Einer derartigen ausdrücklichen Regelung bedarf es angesichts der klaren Gesetzessystematik nicht. Zum einen nimmt § 50 Abs. 1 EStDV auf "Zuwendungen im Sinne der §§ 10b, 34g des Gesetzes" Bezug und bezieht damit auch die Regelung des § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG ein, wonach Mitgliedsbeiträge an bestimmte Körperschaften nicht nach § 10b EStG abziehbar sind. Hieraus ergibt sich denklogisch, dass derartige Beiträge in einer Zuwendungsbestätigung nicht als "Zuwendung i.S. des § 10b EStG" bescheinigt werden dürfen. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt aus dem Umstand, dass § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG unmittelbar nur für Einkommensteuersubjekte gilt, nichts anderes, da diese Regelung durch § 50 Abs. 1 EStDV in Bezug genommen wird und die Vorschriften über die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen gerade für steuerbegünstigte Körperschaften wie den Kläger gelten.Zum anderen zeigt § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG, dass der Gesetzgeber das mindestens grob fahrlässige Ausstellen einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung durch eine Haftungsfolge sanktioniert.5. Die Sache ist entscheidungsreif.Der Kläger fördert --was auch das FG im Ausgangspunkt nicht anders sieht-- durch den Betrieb des Laienorchesters kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Denn die tatsächliche Geschäftsführung des Klägers wird ausweislich der vorgelegten und vom FG in Bezug genommenen --und damit i.S. des § 118 Abs. 2 FGO festgestellten-- Unterlagen durch das Unterhalten von Laien-Blasorchestern, die gemeinsamen Proben der Mitglieder sowie die Auftritte der Blasorchester bei Konzerten und Marschmusiken geprägt. Damit erfüllt der Kläger die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG, so dass Mitgliedsbeiträge nicht als Sonderausgaben abziehbar sind.Hierfür kommt es nach den Rechtsausführungen unter 3. nicht darauf an, ob der Kläger zusätzlich auch noch andere Zwecke fördert, so dass es für die Entscheidung über die Klage und die Revision unerheblich ist, ob bzw. in welchem Umfang derartige Zweckverfolgungen beim Kläger überhaupt feststellbar sind. Damit steht der begehrte Feststellungsausspruch dem Kläger nicht zu, weil der von ihm beanstandete Hinweis des FA in den Freistellungsbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 und 2017 bis 2019 zutreffend ist; die Feststellungsklage ist abzuweisen.6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis des Klägers und des FA --auf das (hier nicht erklärte) Einverständnis des beigetretenen BMF soll es nicht ankommen (BFH-Urteile vom 06.10.2005 - V R 64/00, BFHE 212, 132, BStBl II 2006, 212, unter II.5., und vom 11.11.2010 - VI R 17/09, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969, Rz 11)-- ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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